Psychotherapie bei Persönlichkeitsstörungen Hildesheim, 2011 Peter Fiedler Psychologisches Institut der Universität Heidelberg 1 Das Diagnosogenik-Problem Das Problem der kategorial-negativen Stigmatisierung: • Empirisch gesichertes Haupt-Problem heute: „Der Bauch-Diagnostiker“ – Kategorial-Diagnosen werden oft zu schnell und ohne hinreichende Datenbasis gestellt – Klinische Diagnosen sind unzuverlässig! (z.B. Zimmerman, 1994; Mestel, 2006; Fiedler, 2006) • (nur z.B.) die Epidemiologie der „Narzisstischen Persönlichkeitsstörung“ mittels SKID II – Bevölkerungsstudien: 0,2 % – Klinik-Untersuchungen: 0,2 % – In Kliniken vergebene (Eindrucks-)Diagnosen: zwischen 10 % und 20 % 2 Persönlichkeitsstörungen: Probleme der Diagnostik • Verhalten • Denken Person • Symptomatik • Delikt 3 ICD-10 Diagnostische Leitlinien Allgemeine Kriterien: 1992/1993 1. 2. 3. 4. 5. 6. Die Zustandsbilder sind nicht direkt auf Hirnschädigungen oder Hirnkrankheiten oder auf eine andere psychiatrische Störung zurückzuführen und erfüllen die folgenden Kriterien: Deutliche Unausgeglichenheit in den Einstellungen und im Verhalten in mehreren Funktionsbereichen wie Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmen und Denken sowie in Beziehungen zu anderen. Das abnorme Verhaltensmuster ist andauernd und nicht auf Episoden psychischer Krankheiten begrenzt. Das abnorme Verhaltensmuster ist tiefgreifend und in vielen persönlichen und sozialen Situationen eindeutig unpassend. Die Störungen beginnen immer in Kindheit oder Jugend und manifestieren sich auf Dauer im Erwachsenenalter. Die Störung führt zu deutlichem subjektiven Leiden, manchmal erst im späteren Verlauf. Die Störung ist meistens mit deutlichen Einschränkungen der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit verbunden. 4 ICD-10 Diagnostische Leitlinien Allgemeine Kriterien: nicht hinreichend beachtet, obwohl im DSM und in der ICD gefordert 1. 2. 3. 4. 5. 6. Die Zustandsbilder sind nicht direkt auf Hirnschädigungen oder Hirnkrankheiten oder auf eine andere psychiatrische Störung zurückzuführen und erfüllen die folgenden Kriterien: Deutliche Unausgeglichenheit in den Einstellungen und im Verhalten in mehreren Funktionsbereichen wie Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmen und Denken sowie in Beziehungen zu anderen. Das abnorme Verhaltensmuster ist andauernd und nicht auf Episoden psychischer Krankheiten begrenzt. Das abnorme Verhaltensmuster ist tiefgreifend und in vielen persönlichen und sozialen Situationen eindeutig unpassend. Die Störungen beginnen immer in Kindheit oder Jugend und manifestieren sich auf Dauer im Erwachsenenalter. Die Störung führt zu deutlichem subjektiven Leiden, manchmal erst im späteren Verlauf. Die Störung ist meistens mit deutlichen Einschränkungen der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit verbunden. 5 vom DSM-III über die ICD-10 bis zum DSM-IV: die heutige Epidemiologie-Generation: das Stabilitätskonzept gerät ins Wanken die 2-Jahres-Stabilität der unterschiedlichen Persönlichkeitsstörungs-Diagnosen liegt bei bis 40 bis höchstens 50 % (Shea et al., 2002) (schwankt jedoch zwischen Störungen; Beispiele:) die 2-Jahres-Stabilität bei zwanghafter Persönlichkeitsstörung beträgt nur etwa 20 % (Shea et al., 2002) Borderline-Persönlichkeitsstörungen (Zanarini et al. 2004): 60 % nach 2 Jahren 50 % nach 4 Jahren 25 % nach 6 Jahren 10 % nach 8 Jahren (Paris et al., 2006) (deshalb wird unter Forschern allgemein immer davon gesprochen, dass Borderline jenseits des 40. Lebensjahres nur noch selten zu finden sei) 6 vom DSM-III über die ICD-10 bis zum DSM-IV: die heutige Epidemiologie-Generation: das Stabilitätskonzept gerät ins Wanken Collaborative Longitudinal Personality Study (Clark, 2005, 2007): orientiert an Kriterien-Zahlen, nicht an Diagnosen (wichtig, denn bereits ein Kriterium mehr oder weniger entscheidet pro/contra Diagnose) Mit zunehmender Zeit nach Erst-Diagnostik sinkt die Zahl erfüllter Kriterien kontinuierlich und z.T. beträchtlich: Erstdiagnose / Basislinie: Patienten mit PSt-Diagnose erfüllen durchschnittlich 71% der Kriterien ihrer Störungen (teils komorbid) 6 Monate später: 55% 1 Jahr später: 48% (d.h. zumeist keine PSt mehr) 2 Jahre später: 42% (d.h. erst recht keine PSt mehr) 32 Prozent der Patienten mit ursprünglicher PSt-Diagnose erfüllen nach 2 Jahren nur noch 2, 1 oder keines der Kriterien ihrer ursprünglichen Störungen Forderung wurde lauter: zukünftig dimensionale Beurteilungen! 7 Struktur und Vulnerabilität Zielvariable: erfahrungsoffene Selbstsicherheit normorientiert rigide stimmungsabhängig unkontrolliert << Ambivalenz >> VernunftVernunft-Orientierung Gefü Gefühlshls-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität / Selbstsicherheit Selbst sichernd, wachsam Struktur Vulnerabilität Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität gefühlsorientiert, erfahrungsoffen Seit Sullivan, 1952; ausführlich in Millon, T. (1996). Disorders of Personality. New York: Wiley. Fiedler, P. (2003). Integrative Psychotherapie bei Persönlichkeitsstörungen (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. 8 Beziehung und Interaktion rechthaberisch, dominierend selbstbezogen, lenkend Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit Autonomie << Konflikt >> Beziehung Interaktion Bindung Zielvariable: sozial bezogene Autonomie SelbstSelbst-Orientierung ObjektObjekt-Orientierung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal, anhänglich unterwürfig, nachgiebig Seit Sullivan, 1952; ausführlich in Millon, T. (1996). Disorders of Personality. New York: Wiley. Fiedler, P. (2003). Integrative Psychotherapie bei Persönlichkeitsstörungen (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. 9 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität Persönliche Stile und Persönlichkeitsstörungen 10 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit schizoid 1–3 paranoid 4–6 dissozial 20–30 Autonomie negativistisch 15–25 histrionisch 40–50 Borderline zwanghaft 3–5 narzisstisch 10-20 emotional instabil dependent 10–20 vermeidend 15–25 schizotypisch 20–30 Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität Komorbiditäts-Chart: Borderline 11 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst spontan-sprunghaft zwanghaft narzisstisch Borderline loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität Persönliche Stile und Persönlichkeitsstörungen 12 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit Autonomie einzelgängerisch scharfsinnig schizoid 0,8 1,8 abenteuerlich paranoid 0,4 3,4 dissozial 0,6 2,0 kritisch, skeptisch expressiv negativistisch 0,4 5,0 histrionisch 2,5 5 gewissenhaft selbstbewusst spontan-sprunghaft zwanghaft 5,0 4,5 narzisstisch 0,2 0,2 Borderline 2 14 loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent 6,7 4,6 vermeidend 1,1 15 Schizotypisch 5 3,5 Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität Fiedler, P. (2007). Persönlichkeitsstörungen (6., völlig neue Aufl.). Weinheim: Beltz-PVU 13 Wann kann und darf die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung vergeben werden ? Persönlichkeitsstörungs-Diagnosen sollten und dürfen nur dann vergeben werden, • wenn die betreffende Person selbst unter ihrer Persönlichkeit leidet (Vor-Kriterium: DSM/ICD) und / oder: • wenn die betreffende Person wegen ihrer Persönlichkeitseigenarten ihre existenziellen Verpflichtungen nicht mehr erfüllt (z.B. deutlich gesunkenes psychosoziales Funktionsniveau; Vor-Kriterien DSM/ICD) was zumeist ( und / oder ) heißt: • wenn die betreffende Person mit Ethik, Recht oder Gesetz in Konflikt geraten ist und wenn deren Probleme mit der Persönlichkeit begründet werden können (nur in diesem Fall brauchen die Patienten die Diagnosevergabe nicht zwingend teilen) und / oder: • wenn Persönlichkeit(–sstil oder –sstörung) das Risiko der Entwicklung oder Verschlechterung einer psychischen Störung impliziert: Depression, Dissoziation, Suizidalität etc. (in diesem Fall besteht Aufklärungspflicht dem Patienten gegenüber) . 14 Wann kann und darf die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung vergeben werden ? Persönlichkeitsstörungs-Diagnosen sollten und dürfen nur dann vergeben werden, • wenn die betreffende Person selbst unter ihrer Persönlichkeit leidet (Vor-Kriterium: DSM/ICD) und / oder: • wenn die betreffende Person wegen ihrer Persönlichkeitseigenarten ihre existenziellen Verpflichtungen nicht mehr erfüllt (z.B. deutlich gesunkenes psychosoziales Funktionsniveau; Vor-Kriterien DSM/ICD) was zumeist ( und / oder ) heißt: • wenn die betreffende Person mit Ethik, Recht oder Gesetz in Konflikt geraten ist und wenn deren Probleme mit der Persönlichkeit begründet werden können (nur in diesem Fall brauchen die Patienten die Diagnosevergabe nicht zwingend teilen) und / oder: • wenn Persönlichkeit(–sstil oder –sstörung) das Risiko der Entwicklung oder Verschlechterung einer psychischen Störung impliziert: Depression, Dissoziation, Suizidalität etc. (in diesem Fall besteht Aufklärungspflicht dem Patienten gegenüber) . 15 F0 organisch psychische Störungen F1 psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F61 kombinierte Persönlichkeitsstörungen F2 schizophrene, schizotype und wahnhafte Störungen F62 andauernde Persönlichkeitsänderungen F3 affektive Störungen F63 abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle F4 neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F6 Persönlichkeitsund Verhaltensstörungen F7 Intelligenzminderung Ausfaltungsstruktur in der ICD-10 F60 spezifische Persönlichkeitsstörungen F8 Entwicklungsstörungen F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F64 Störungen der Geschlechtsidentität F65 Störungen der Sexualpräferenz F66 psychische Verhaltensstörungen in Verbindung mit der sexuellen Entwicklung und Orientierung F68 andere Persönlichkeitsund Verhaltensstörungen F60.0 paranoide Persönlichkeitsstörung F60.1 schizoide Persönlichkeitsstörung F60.2 dissoziale Persönlichkeitsstörung F60.3 emot.-instabile Persönlichkeitsstörung F60.30 impulsiver Typ F60.31 Borderline Typ F60.4 histrionische Persönlichkeitsstörung F60.5 anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung F60.6 ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung F60.7 abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung F60.8 andere spezifische Persönlichkeitsstörungen 16 Achse V Globalbeurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus Achse IV Psychosoziale und kontextuelle Belastungsfaktoren Achse III Körperliche Störungen und Zustände Achse II Persönlichkeitsstörungen (und geistige Behinderungen) paranoid antisozial selbstunsicher Achse I Borderline dependent schizoid schizotypisch histrionisch narzißtisch zwanghaft Multiaxiale Diagnosesystematik des DSM-IV(-TR) negativistisch Klinische Störungen und Syndrome Störungen durch psychotrop. Substanzen *** depressiv Schizophrenie Eß-Störungen Stimmungsstörungen Angststörungen Schlafstörungen *** usw. *** Sexuelle Störungen Somatoforme Störungen Dissoziative Störungen 17 Hier orientieren sich die USUS- Amerikaner an der ICD –10 (auß (außer Kapitel V) Achse V Globalbeurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus Achse IV Psychosoziale und kontextuelle Belastungsfaktoren Achse III Körperliche Störungen und Zustände Achse II Beachte ! ICDICD-10: F62.1 Persö Persönlichkeitsä nlichkeitsänderung ... nach psychischer Erkrankung (DSM:) ... in der Folge eines medizinischen Krankheitsfaktors Persönlichkeitsstörungen (und geistige Behinderungen) paranoid antisozial selbstunsicher Achse I Borderline dependent schizoid schizotypisch histrionisch narzißtisch zwanghaft Multiaxiale Diagnosesystematik des DSM-IV(-TR) negativistisch Klinische Störungen und Syndrome Störungen durch psychotrop. Substanzen *** depressiv Schizophrenie Eß-Störungen Stimmungsstörungen Angststörungen Schlafstörungen *** usw. *** Sexuelle Störungen Somatoforme Störungen Dissoziative Störungen 18 Gleichzeitigkeitsdiagnosen PAR SZD STP HIS NAR DIS BOR SUP DEP ZWA NEG Majore Depression Zwangsstörung Panikstörung Soziale Phobie Einfache Phobie Somatoforme St. Alkohol/Drogen Anorexie Bulimie Schizophrenie die Sorgenkinder !! unter 10 % 10 – 19 % 20 – 29 % über 30 % 19 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität erhöhtes Vulnerabilitäts-Risiko für Entwicklung von Symptom-Störungen: Phobien, Ängste, Dissoziative und Zwangsstörungen, Somatoforme Störungen, Akute und Posttraumatische Belastungsstörungen wichtig weiter: sekundär beobachtbare Hilflosigkeitsdepression, Selbstverletzungen und Suizidalität 20 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität Und das sind die zu erwartenden nur noch 5 (!) DSM-V-Persönlichkeitsstörungen !!! 21 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität erhöhtes Vulnerabilitäts-Risiko für Entwicklung von Symptom-Störungen: Phobien, Ängste, Dissoziative und Zwangsstörungen, Somatoforme Störungen, Akute und Posttraumatische Belastungsstörungen wichtig weiter: sekundär beobachtbare Hilflosigkeitsdepression, Selbstverletzungen und Suizidalität 22 In der Behandlung bei Persönlichkeitsstörungen: Ressourcen-Orientierung und -Aktivierung In der Problemanalyse und Behandlung bei Persönlichkeitsstörungen steht die Aktivierung persönlicher Ressourcen im Vordergrund: Schritt 1: Positive Funktionsanalyse der bisherigen Persönlichkeitsstile (Vorsicht: keine Reaktanz provozierende Stigmatisierung !) Schritt 2: Suche nach interpersonellen Problemen und Konfliktbereichen, in denen sich die bisherigen Persönlichkeitsstile als nicht hinreichend erwiesen haben Schritt 3: Anreicherung und Ausgestaltung der Persönlichkeit Therapieprinzipien: (bio-)psycho-soziales Konfliktmanagement; Beratung, Coaching und Supervision des Patienten. 23 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität erhöhtes Vulnerabilitäts-Risiko für Entwicklung von Symptom-Störungen: Phobien, Ängste, Dissoziative und Zwangsstörungen, Somatoforme Störungen, Akute und Posttraumatische Belastungsstörungen wichtig weiter: sekundär beobachtbare Hilflosigkeitsdepression, Selbstverletzungen und Suizidalität 24 Innovation Exposition; Vorsicht bei erhöhter Vulnerabilität Der innere Teufelskreis angstvollen Teufelskreise bei Vulnerabilit ät ! Erlebens Unbedingt ärtige Probleme, z.B. Fiedler gegenw (2008). Dissoziative Stö Konversion (3. Aufl.). BeltzStörungen und Hintergrundbelastungen Beltz-PVU und bekannte Rückfallursachen beachten ! evtl. Hypo-Cortisolismus = Erhöhung der Vulnerabilität = Symptomverstärkung Vermeidung symptomauslösender Situationen innerer Kampf gegen Symptome Hilflosigkeit und Erwartungsangst körperliche Symptome physiologische Veränderungen Wahrnehmung Angst vor der Symptomatik „Angst“ Gedanken „Gefahr“ sekundär: Depression SelbstAufmerksamkeit verschiebt sich „phobophobisch“ nach Innen z.B. Fiedler (2008). Dissoziative Stö Störungen und Konversion (3. Aufl.). Weinheim: BeltzBeltz-PVU 25 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität Stabilisierung bei hoher Aktivierung: Fürsorgliche Therapie! Therapeut als Modell für vernünftige Lösungen: Psychoedukation first! Coaching, Training, Beratung; Kontext-Analysen; Lebensplanung! 26 Gleichzeitigkeitsdiagnosen PAR SZD STP HIS NAR DIS BOR SUP DEP ZWA NEG Majore Depression Zwangsstörung Panikstörung Soziale Phobie Einfache Phobie Somatoforme St. Alkohol/Drogen Anorexie Bulimie Schizophrenie unter 10 % 10 – 19 % 20 – 29 % über 30 % 27 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität erhöhtes Depressionsrisiko (zumeist: Verstärker-Verlust-Depression): dependent, zwanghaft, schizoid, paranoid, negativistisch, narzisstisch 28 Zunehmende Selbstentfremdung Stress – Dysphorie – Depression: Patienten und Therapeuten verwechseln häufig Der „innere Teufelskreis Erlebens Dysphorie “ / „Depression“depressiogenen mit „negativen Gefühlen “ richtig ist vielmehr:Rundschau, 55, 61Kuhl & Kaschel (2004). Psychologische 61-71 Depression ≠ negative Emotion Depression = Stress-Erleben (= keine Emotion) = fehlende Mentalisierung evtl. Hyper-Cortisolismus = zunehmende Selbstentfremdung = Stupor / Dysphorie zunehmend: Verlust von Gefühl ohne Gefühl: kein Handeln möglich Depression aktiviert körperliche Symptome Wahrnehmung StressStress-Erleben: Kampf gegen negative physiologische Gefü Gefühle Veränderungen Gedanken „Gefahr“ depressiogenes Denken SelbstAufmerksamkeit verschiebt sich nach Innen „Angst“ 29 Emotionstherapie und Achtsamkeit: Allgemeines Behandlungskonzept: Die Psychotherapie Selbstentfremdung Der innere Teufelskreisder depressiogenen Erlebens Emotions - und(2004). realitä tsfokussierte Psychotherapie Kuhl & Kaschel Psychologische Rundschau, 55, 6161-71 Aktivierung, Achtsamkeit, Akzeptanz, Wertschätzung Keine „Löschung“ oder Bagatellisierung realistischer Sorgen ! Teasdale/Segal Teasdale/Segal (2000; 2002); de Jonge (2001); Young (2004); Greenberg (2006) evtl. Hyper-Cortisolismus = zunehmende Selbstentfremdung = Stupor / Dysphorie zunehmend: Verlust von Gefühl ohne Gefühl: kein Handeln möglich Depression aktiviert körperliche Symptome Wahrnehmung StressStress-Erleben: Kampf gegen negative physiologische Gefü Gefühle Veränderungen Gedanken „Gefahr“ depressiogenes Denken SelbstAufmerksamkeit verschiebt sich nach Innen „Angst“ 30 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität Vorrangig: Stress-Management Empathie first –> Selbst-/Identitäts-Findung anregen Gefühlsorientiert (auch: Sport-, Tanz-, Kunst-Therapie) Coaching später! 31 „Stresserleben“ versus [bei Depression] „Vulnerabilität“ [bei „Angst“-Symptomen] vorrangig: vorrangig: Gefühls-Aktivierung Gefühls-Stabilisierung und: Emotions-Förderung und: Emotions-(-De-)-Regulierung durch: Emotionen stimulierende Therapie und Achtsamkeit durch: Habituation/Exposition; SymptomAkzeptanz und -Selbstkontrolle Für beide Seiten der Polarisierung günstig sind: Stress sowie Vulnerabilität gleichzeitig senkenden Maßnahmen: Achtsamkeitstraining, Sport, Tanz- und Kunsttherapie Kluge Lebensberatung bei existenziellen Krisen, extremen Belastungen und ungelösten Konflikten Behandlungsperspektiven 32 Bei Selbstverletzungen und zur Abschätzung der Suizidalität sind zwingend psychosoziale Faktoren zu beachten !!! Allgemeine Belastungen („im Hintergrund“ der Symptomstörungen): • Einsamkeit, soziale Zurückweisungen, Alleinsein • Arbeitsplatzprobleme • Arbeitslosigkeit • Familiäre Konflikte • Finanzielle Schwierigkeiten • Gerichtliche Anklagen / Verurteilungen • Interpersonelle Verluste (durch Tod, Trennung oder Scheidung) ... und auffällig auch: • Immer wieder vollendete Suizide bei vorzeitiger Entlassung aus einer Klinik wegen Verletzung von Klinikregeln bzw. Beendigung einer Behandlung durch Therapeuten bei nicht hinreichender Compliance. Quellen: Comprehensive Psychological Autopsy Studies; sowie: Interviewstudien bei Selbstverletzung und nach Suizidversuch (Links & Kolla, 2006) 33 Beziehungsgestaltung bei schwankender Compliance, Selbstverletzungen und Suizidneigung Wichtiges Arrangement (1): Ambulant: Telefonkontakt ermöglichen ! Bereits konzeptuell verankert in der Borderline-Behandlung (DBT / Linehan, Bohus) Wichtiges Arrangement (2): Maximale Stützung und Fürsorge durch Therapeuten und ein gezieltes Sich-Kümmern um die Patienten – vor allem: zwischen den Sitzungen ! „Blinde Löschungsversuche“ von vermeintlich therapiehinderlichen Verhaltensweisen (etwa durch Nichtbeachtung oder Ärgerbekundungen) können verheerende Folgen haben: ..10 % vollendete Suizide nach Borderline-Diagnose ! (Fonagy & Roth, 2004; Schmidtke, 2005) 34 SelbstSelbst-Orientierung Bedürfnis nach persönlicher Unabhängigkeit einzelgängerisch scharfsinnig schizoid abenteuerlich paranoid dissozial Autonomie kritisch, skeptisch expressiv negativistisch histrionisch gewissenhaft selbstbewusst emotional-instabil zwanghaft narzisstisch Borderline Bindung Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit loyal-anhänglich selbstkritisch ahnungsvoll dependent vermeidend schizotypisch ObjektObjekt-Orientierung VernunftVernunft-Orientierung Selbstkontrolle Bedürfnis nach Sinnstabilität/Selbstsicherheit Gefü Gefühlhl-Orientierung Selbstaktualisierung Bedürfnis nach Sinnfindung / Spontaneität Persönliche Stile und Persönlichkeitsstörungen 35 Literatur (6. neue Aufl., 2007) (nach 12.000 der 1. Aufl. 2. neue Aufl. 2005) (2004) (3. neue Aufl. 2008) Peter Fiedler Verhaltenstherapie mon amour Mythos – Fiktion – Wirklichkeit … und seit 2010 gibt es zwei TaschenBücher: 200 S. € 5,-5,-- (2006) 500 S. € 24,95 36 Immer nur Probleme? Nein! Positive Funktionsanalyse: vermeintlich „störende“ bzw. „regressive“ Verhaltensweisen und „schlechte Gewohnheiten“ bei vorhandener Ich-Dystonie Alternative 3 Funktionsbestimmung und die Suche nach Alternativen !! Alternative 2 Sinn, Funktion, Motiv Alternative 1 Problemhandlung Symptom Abgelehntes Verhalten bestimmen (was soll geä geändert werden?) Trennung von Sinn (Motiv) und Verhalten (Empathie >> Akzeptanz >> Positivierung = Verantwortung zuweisen! Sic!) Sic!) Neue Handlungen fü für gute Sinnhaftigkeit (Motive) entwickeln Neue Alternativen bewerten Eine neue Alternative aussuchen und erproben (evtl. aber auch bisherige Strategie beibehalten !!! ) Ressourcenorientierung 1 Merke: Das können die Patienten übrigens selbst! 37