Strahlentherapie und Onkologie Literatur kommentiert Kann die WHO-Klassifikation für pankreatische endokrine Neoplasmen vereinfacht werden? Fragestellung und Hintergrund: Die WHO-Klassifikation für gut differenzierte neuroendokrine Tumoren des Pankreas (P-NET) gründet sich sowohl auf das Tumorstadium als auch auf das Grading [3]. Die hier vorgestellte große monozentrische Studie [1] vergleicht den prognostischen Wert eines vereinfachten Stagingund Gradingsystems mit dem der WHO-Klassifikation. Patienten und Methodik: Über eine „prospektive“ Datenbank (1982–2005) wurden 183 Patienten identifiziert, die wegen eines P-NET operiert worden waren. Das Staging erfolgte gemäß einem vereinfachten Schema nach Stadium (Primärtumor < 2 cm oder ≥ 2 cm oder Präsenz von Metastasen) und Grading (niedriger Grad: keine Nekrosen und < 2 Mitosen/50 Hochvergrößerungsfelder [HPF]; mittlerer Grad: Nekrosen oder ≥ 2 Mitosen/ 50 HPF). Der Einfluss auf das Auftreten von Rezidiven und das krankheitsspezifische Überleben (DSS) wurde bestimmt, die prognostische Aussagekraft mit dem Konkordanzindex beurteilt. Ergebnisse: Das mediane Alter der 183 Patienten lag bei 56 Jahren, 53% der Patienten waren Frauen. Die mediane Nachbeob- achtungszeit betrug 44 Monate (1–226 Monate). Die Stadiengruppierung unterschied 28 Patienten (15%) im WHO-Stadium 1.1, 74 (41%) im Stadium 1.2 und 81 (44%) im Stadium 2.0, außerdem 35 Patienten (19%) mit Tumoren < 2 cm, 96 (52%) mit Tumoren ≥ 2 cm und 52 (29%) mit regionären oder Fernmetastasen. Bei 102 Patienten waren die Tumoren niedriggradig (56%), in frühen Stadien häufiger (< 2 cm: 83%; ≥ 2 cm: 61%; Metastasen: 28%; p < 0,001). WHO-Klassifikation, Tumorstaging und Grading waren mit dem 5-Jahres-DSS korreliert (p < 0,001). Tumoren einer Größe von ≥ 2 cm oder mit Metastasen wurden nach dem Grading stratifiziert (5-Jahres-DSS-Rate für niedriges vs. intermediäres Grading: ≥ 2 cm: 97% vs. 80%; p < 0,001; Metastasen: 93% vs. 62%; p = 0,05). Der Konkordanzindex betrug für die WHO-Klassifikation 0,72, für das Staging 0,71, für das Grading 0,66 und für das Stadium in Kombination mit dem Grading 0,76. Schlussfolgerung: Durch die Kombination von Tumorgröße und M-Status mit dem Grading (beruhend auf Nekrosen und Mitoserate) kann die Prognose recht genau abgeschätzt werden. Kommentar Die WHO-Klassifikation teilt die P-NET nach morphologischen, klinischen und funktionellen Gesichtspunkten ein. Morphologische Kriterien sind histologische Differenzierung, Größe sowie Angioinvasion, klinisch funktionelle Kriterien das Vorhandensein hormoneller Symptome, verursacht durch Übersekretion von Insulin, Glucagon usw. Auf dieser Basis ist eine Klassifikation möglich, die sowohl für die Morphologie und Funktion als auch für die Prognose von Relevanz ist. Die hier kommentierte Arbeit [1] zeigt jedoch, dass die derzeit gültige WHO-Klassifikation auch ihre Schwächen hat. Während die Unterscheidung von niedriggradig malignen Tumoren (WHO-Klasse 2.0) gegenüber Tumoren mit benignem Verhalten (WHO 1.1) oder fraglicher Dignität (WHO 1.2) eine hohe prognostische Relevanz aufweist, war mit Hilfe der WHO-Klasse 1 (1.1 vs. 1.2) diesbezüglich kein prognostischer Unterschied messbar. Darüber hinaus ist die Unterteilung der WHO-Klasse 1 kompliziert: In die Untergruppe 1.1 fallen Tumoren, die auf das Pankreas beschränkt sind, eine Größe von < 2 cm haben, nicht angioinvasiv sind, bis zu 2 Mitosen/50 HPF und ≤ 2% Ki-67-positive Zellen aufweisen. Die Untergruppe 1.2 schließt Tumoren ein, die auf das Pankreas beschränkt sind, eine Größe von ≥ 2 cm haben, > 2 Mitosen/50 HPF und > 2% Ki-67-positive Zellen aufweisen oder angioinvasiv sind. Demgegenüber besitzt die vorgestellte, vereinfachte Einteilung von Ferrone et al. nach dem Stadium (< 2 cm Strahlenther Onkol 2008 · No. 8 © Urban & Vogel vs. ≥ 2 cm, Metastasen) und Grading (niedriggradig, intermediär) eine deutlich höhere Praktikabilität und ist damit vermutlich auch weniger anfällig für Fehlinterpretationen. Dies und die hohe Transparenz des vorgeschlagenen Systems bieten den Vorteil, Studienergebnisse bei Patienten mit P-NET besser vergleichen zu können (Übersicht bei [2]). Das System ist nicht nur für das DSS, sondern auch für das rezidivfreie Überleben von Bedeutung, denn angesichts der langen Krankheitsverläufe von Patienten mit P-NET ist es für klinische Studien wichtig, einen möglichst frühen Endpunkt für die Einschätzung des Therapieeffekts wählen zu können; dies ist das rezidivfreie Überleben. Es drängt sich somit der Gedanke auf, die WHO-Klassifikation zu revidieren. Literatur 1. Ferrone CR, Tang LH, Tomlinson J, et al. Determining prognosis in patients with pancreatic endocrine neoplasms: can the WHO classification system be simplified? J Clin Oncol 2007;25:5609–15. 2. Jani N, Moser AJ, Khalid A. Pancreatic endocrine tumors. Gastroenterol Clin North Am 2007;36:431–9, x–i. 3. Solcia E, Klöppel G, Sobin L. Histological typing of endocrine tumours, WHO international histological classification of tumours, 2nd edn. Berlin–Heidelberg–New York–Tokyo: Springer, 2000. Thomas Brunner, Oxford, UK 431 Literatur kommentiert Systemische Therapie beim lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Magenkarzinom. Eine randomisierte Phase-II-Studie Fragestellung und Hintergrund: Das Magenkarzinom nimmt trotz sinkender Inzidenz eine führende Rolle bei den tumorbedingten Todesursachen ein. Neben den neueren Chemotherapeutika Irinotecan und Oxaliplatin zeigen die Taxane eine hohe Wirksamkeit in der Therapie des Magenkarzinoms. Das Ziel der vorgestellten randomisierten Phase-II-Studie ist die Überprüfung der Toxizität, Lebensqualität und Effektivität (primäres Ansprechen, Überleben) zweier docetaxelhaltiger Schemata im Vergleich zu einem mutmaßlichen Standard aus Epirubicin, Cisplatin und 5-Fluorouracil (5-FU) [7]. Patienten und Methodik: In die Studie wurden chemotherapienaive Patienten mit lokal fortgeschrittenem, inoperablem Magenkarzinom oder im metastasierten Stadium eingeschlossen, wobei zwischen folgenden 3 wöchentlichen Therapieschemata randomisiert wurde: ECF (Epirubicin 50 mg/m2, i.v. Bolus, d1; Cisplatin 60 mg/m2, 4 h Gabe, d1; 5-FU 200 mg/m2, Dauerinfusion, d1–21), TC (Docetaxel 85 mg/m2 [später reduziert auf 75 mg/m2], 1 h Infusion, d1; Cisplatin 75 mg/m2, 4 h Gabe, d1), TCF (TC und 5-FU 300 mg/m2, d1–14). Geplant waren acht Kurse, Dosismodifikationen und Abbruchkriterien waren definiert. Ergebnisse: Von 121 Patienten im Zeitraum 09/1999 bis 07/2003 sind die Daten von 119 (ECF : TC : TCF = 40 : 38 : 41) auswertbar. Die vorherrschende Toxizität war die Hämatotoxizität. So lag die Rate an Neutropenien Grad 3/4, bezogen auf die Patienten (nicht wie im Artikelabstract bezogen auf die Anzahl der applizierten Kurse), für ECF : TC : TCF bei 59% : 76% : 80% (kein p-Wert angegeben) und an febrilen Neutropenien bei 18% : 21% : 41%. Die 5-FU-Dosis musste bei ECF in 19% und bei TCF in 32% der Fälle reduziert werden. Die Lebensqualität der Patienten besserte sich unter ECF und stabilisierte sich unter TC und TCF. Die Patienten mit TCF wiesen einen medianen Gewichtsverlust von 3 kg während der ersten vier Kurse auf, bei den anderen beiden Schemata blieb das Gewicht konstant. Das Ansprechen im Sinne einer objektivierbaren Remission lag für ECF : TC : TCF bei 25% : 18,4% : 36,6% (wiederum keine p-Werte angegeben), die mediane Zeit bis zur Progression bei 4,9 : 3,6 : 4,6 Monaten, das Gesamtüberleben betrug im Median 8,3 : 11 : 10,4 Monate. Eine Progression während der ersten zwei Kurse wurde in 15% : 15% : 12% beobachtet. Schlussfolgerung: Das TCF-Schema ist vielversprechender als das TC-Schema und sollte in einer randomisierten Phase-III-Studie mit ECF verglichen werden. Aufgrund seiner hohen Ansprechrate könnte TCF das Schema für neoadjuvante Therapiestrategien sein. Kommentar Die Studie wurde von der Firma Sanofi-Aventis unterstützt. Bei kritischer Betrachtung der Punkte Toxizität und Lebensqualität, die für eine palliative Therapie im Stadium IV im Sinne des Patienten im Vordergrund stehen müssen, ergibt sich eigentlich kein zwingender Grund, TCF in dieser Situation weiter zu favorisieren, da ECF hier in allen Punkten überlegen war. Insbesondere verbesserte sich nur durch ECF die Lebensqualität der Patienten. Bei der medianen Zeit bis zur Progression und der medianen Gesamtüberlebenszeit ergaben sich keine großen Unterschiede. Ein wesentlicher Schwachpunkt der Arbeit ist, dass keine Angaben zur statistischen Signifikanz gemacht werden. Erschreckend ist die Ignoranz vor der hohen Grad3/4-Toxizität. Würde in einer Studie zur palliativen Radiochemotherapie in 80% eine Grad-3/4-Toxizität beobachtet werden, würde dies von den anderen Fachrichtungen und sicher auch von uns als unverantwortlich angesehen. Die in der Schlussfolgerung gemachte Aussage zur hohen Tumoransprechrate durch TCF und der daraus abgeleitete Anspruch zum Einsatz von TCF als neoadjuvante Therapie müssen ebenfalls kritisch hinterfragt werden. Bei uns Strahlentherapeuten müssen sämtliche Alarmglocken 432 läuten. Gerade bei lokal fortgeschrittenen, primär inoperablen Magenkarzinomen erreicht eine neoadjuvante Radiochemotherapie mit Ansprechraten von 70–80% [1, 5] das Doppelte einer alleinigen Chemotherapie. Dies wird sich sicherlich nur positiv auf die Rate an kompletten Resektionen auswirken. Denn nach wie vor ist die Rate an R0-Resektionen einer der wichtigsten prognostischen Faktoren beim Magenkarzinom [2, 3]. Darüber hinaus wird durch den Einsatz der Strahlentherapie insgesamt die Prognose dieser Patienten verbessert (Übersicht bei [4]). Unsere Probleme dabei sind, dass – nicht zuletzt wegen Chemotherapiestudien wie der vorgestellten – die Radiotherapiestudien im Vergleich zu großen Chemotherapiestudien nur geringe Fallzahlen aufweisen können. Dies erschwert die Diskussion mit anderen Fachrichtungen. Des Weiteren scheinen Teile unserer Arbeitsgruppen den eigenen Ergebnissen zur neoadjuvanten Radiochemotherapie nicht zu trauen bzw. diese nicht nachhaltig genug zu verteidigen. Beispielhaft hierfür ist offensichtlich die Arbeitsgruppe um Roth. Gerade Roth hatte mit die ersten, sehr erfreulichen Daten zur neoadjuvanten Radiochemotherapie publiziert [6]. In der jetzigen Publikation wird dies nicht einmal mehr bei inoperablen Tumoren diskutiert. Strahlenther Onkol 2008 · No. 8 © Urban & Vogel Literatur kommentiert Literatur 1. Ajani JA, Mansfield PF, Janjan N, et al. Multi-institutional trial of preoperative chemoradiotherapy in patients with potentially resectable gastric carcinoma. J Clin Oncol 2004;22:2774–80. 2. Bonenkampp JJ, Hermans J, Sasako M, et al. Extended lymph node dissection for gastric cancer. N Engl J Med 1999;340:908–14. 3. Hundahl SA, Phillips JL, Menck HR. The National Cancer Data Base report on poor survival of US gastric carcinoma patients treated with gastrectomy. Cancer 2000;88:921–32. 4. Klautke G, Fietkau R. Significance of radiation therapy for adenocarcinomas of the esophagus, gastroesophageal junction and gastric cancer in the wake of the MAGIC Trial. Strahlenther Onkol 2007; 183:163–9. 5. Klautke G, Foitzik T, Ludwig K, et al. Neoadjuvant radiochemotherapy in cases of locally advanced gastric carcinoma. Strahlenther Onkol 2004;180:695–700. 6. Roth AD, Allal AS, Brundler MA, et al. Neoadjuvant radiochemotherapy for locally advanced gastric cancer: a phase I–II study. Ann Oncol 2003;14:110–5. 7. Roth AD, Fazio N, Stupp R, et al. Docetaxel, cisplatin and fluorouracil; docetaxel and cisplatin; and epirubicin, cisplatin and fluorouracil as systemic treatment for advanced gastric carcinoma: a randomized phase II trial of the Swiss Group for Clinical Cancer Research. J Clin Oncol 2007;25:3217–23. Gunter Klautke, Rostock Ergebnisse der Ganzlungenbestrahlung bei Patienten mit primär pulmonal metastasiertem Wilms-Tumor Fragestellung: Die britische Wilms-Tumor-Arbeitsgruppe [3] analysiert den Einfluss einer Ganzlungenbestrahlung mit 12 Gy auf das ereignisfreie Überleben und das Gesamtüberleben. Patienten und Methodik: 72 von 102 auswertbaren Patienten der britischen Therapiestudien UKW 2 und 3 wiesen initial im Röntgen-Thorax Lungenmetastasen auf und erhielten nach Chemotherapie und Operation des Primärtumors eine Ganzlungenbestrahlung mit 12 Gy in acht Fraktionen. Ergebnisse: Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 9,3 Jahren ergab sich ein signifikant besseres ereignisfreies Überleben der bestrahlten Patienten (79,2% vs. 53,3%; p = 0,009); beim Gesamtüberleben zeigte sich nur ein nicht signifikanter Trend mit 84,7% für bestrahlte versus 73,2% für nicht bestrahlte Patienten (p = 0,157). Rezidive in der Lunge wurden durch die Radiotherapie signifikant reduziert (8,3% vs. 23,3%; p = 0,039). Ein Unterschied im Hinblick auf mögliche Risikofaktoren war bei den bestrahlten und den nicht bestrahlten Patienten nicht erkennbar. Neun der 30 Patienten (30%) wurden wegen guten Ansprechens auf die Chemotherapie, wegen Vorerkrankung der Lunge bzw. schlechten Allgemeinzustands nicht bestrahlt. Schlussfolgerung: Die Analyse bestätigt die Bedeutung der Ganzlungenbestrahlung bei Patienten mit primär pulmonal metastasiertem Nephroblastom. Das Auslassen der protokollgemäßen Ganzlungenbestrahlung verschlechtert das ereignisfreie Überleben und die pulmonale Tumorkontrolle. Da kein signifikanter Unterschied im Gesamtüberleben gesehen wurde, spekulieren die Autoren, dass die Analyse unterpowert oder aber im Rezidivfall die Zweitlinienbehandlung effektiv war. Kommentar Die Arbeit von Nicolin et al. [3] zeigt eindrucksvoll mögliche Folgen des Verzichts auf eine Ganzlungenbestrahlung bei Patienten mit pulmonal metastasiertem Wilms-Tumor. Hauptgrund für den gegen das Protokoll verstoßenden Verzicht waren das initial gute Ansprechen auf die Chemotherapie sowie vorbestehende Lungenkrankheiten. Auch die Sorge um mögliche Spätfolgen mag eine Rolle gespielt haben. Nach Ganzlungenbestrahlung bei Nephroblastompatienten wurden zwar gewisse Einschränkungen der Lungenfunktionsparameter beschrieben, wirklich symptomatische Funktionseinschränkungen waren aber selten [1, 6]. In der aktuellen internationalen Studie der International Society of Pediatric Oncology (SIOP) unter Beteiligung der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie Strahlenther Onkol 2008 · No. 8 © Urban & Vogel (GPOH) wird auch anhand des Ansprechens der Lungenmetastasen auf die initiale Chemotherapie ausgewählt. Eine Ganzlungenbestrahlung unterbleibt nämlich, wenn nach der Chemotherapie keine Lungenmetastasen mehr nachweisbar sind. Eine Ausnahme bilden Patienten mit einer Hochrisikohistologie, die im Fall des initialen Vorliegens von Lungenmetastasen alle eine Ganzlungenbestrahlung erhalten [5]. Ob diese Art der Risikostratifizierung erfolgreich sein wird, darf aufgrund der hier vorgestellten Daten bezweifelt werden. Trotzdem sind für die kommentierte Arbeit auch Kritikpunkte zu nennen, die bereits von den Autoren eingeräumt werden: 1. Es gab ein Selektionskriterium, das den Vergleich mit anderen Studien einschränkt: Lungenmetastasen wurden 433 Literatur kommentiert nämlich mit konventionellen Röntgenaufnahmen diagnostiziert. Patienten, die nur im Computertomogramm, nicht jedoch im Röntgenbild sichtbare Metastasen aufwiesen, schieden aus der Studie aus. Insofern ist von einer ungünstigen Selektion auszugehen, da nur Patienten mit größeren, im Röntgen-Thorax sichtbaren Metastasen in die Studie zur Ganzlungenbestrahlung eingingen. 2. Eine weitere Schwäche ergibt sich aus der Tatsache, dass in der Arbeit die Gründe für den Verzicht auf eine Ganzlungenbestrahlung nur bei 30% der Patienten (neun von 30) eruierbar waren. Beruhte das auf mangelndem Interesse an einer Rechtfertigung? Letztlich darf man jedoch davon ausgehen, dass die genannten Gründe wie jugendliches Alter, vorbestehende Einschränkungen der Lungenfunktion und die individuelle klinische Entscheidung auch bei diesen Patienten eine wesentliche Rolle gespielt haben dürften. Fazit: Die Studie bestätigt den Stellenwert der Ganzlungenbestrahlung bei Patienten mit primär pulmonal metastasiertem Nephroblastom, wie sie auch bei anderen pädiatrischonkologischen Erkrankungen, z.B. dem Ewing-Tumor, erfolgreich [4] und ohne höhergradige Toxizität [2] eingesetzt wird. Literatur 1. Benoist MR, Lemerle J, Jean R, et al. Effects on pulmonary function of whole lung irradiation for Wilms’ tumour in children. Thorax 1982;37:175–80. 2. Bölling T, Schuck A, Paulussen M, et al. Whole-lung irradiation in the EICESS-92-study – results and toxicity. Strahlenther Onkol 2007;183: Suppl 1:134, V18.1. 3. Nicolin G, Taylor R, Baughan C, et al. Outcome after pulmonary radiotherapy in Wilms’ tumor patients with pulmonary metastases at diagnosis: a UK Children’s Cancer Study Group, Wilms’ Tumor Working Group study. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2008;70:175–80. 4. Paulussen M, Ahrens S, Craft AW, et al. Ewing’s tumors with primary lung metastases: survival analysis of 114 (European Intergroup) Cooperative Ewing’s Sarcoma Studies patients. J Clin Oncol 1998; 16:3044–52. 5. Pritchard-Jones K, Pritchard J. Success of clinical trials in childhood Wilms’ tumour around the world. Lancet 2004;364:1468–70. 6. Thomas PRM, Tefft M, d’Angio GJ, et al. Acute toxicities associated with radiation in the Second National Wilms’ Tumor Study. J Clin Oncol 1988;11:1694–8. Tobias Bölling, Normann Willich, Münster Revidierte Ansprechkriterien für maligne Lymphome: PET wird wichtiger, CRu ist gestrichen Fragestellung und Hintergrund: Standardisierte Ansprechkriterien sind erforderlich, um klinische Studien zu interpretieren und zu vergleichen. Es darf hierbei vorausgesetzt werden, dass die Remissionskriterien relativ gut bekannt sind, aber bzgl. der Studienendpunkte wie z.B. des Unterschieds zwischen „ereignisfreiem Überleben“ und „Zeit zur Progression“ bestehen oft Unklarheiten. Es scheint daher auch über das Gebiet der malignen Lymphome hinaus sinnvoll, die Arbeit von Cheson et al. [3] zu referieren. Patienten und Methodik: Die „International Working Group Response Criteria“ [1] wurden weitgehend angenommen, mussten aber wegen einzelner Definitionsprobleme und des zunehmenden Gebrauchs der Positronenemissions-Tomographie (PET), der Immunhistochemie (IHC) und der Durchflusszytometrie überarbeitet werden. Bezüglich des PET besteht dabei in Deutschland das Problem der Kostenübernahme, sodass in diesem Punkt noch keine allgemeine Anwendung der neuen Ansprechkriterien möglich ist. Ergebnisse: Es werden neue Leitlinien vorgestellt, die PET, IHC und Durchflusszytometrie für die Definition des Ansprechens von 434 Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen einschließen. Definiert werden komplette Remission (CR), Teilremission (PR), stationäres Verhalten (SD) und der Rückfall (nach Vollremission) bzw. der Krankheitsprogress (nach Teilremission und stationärem Verhalten). Insbesondere wegen der Einbeziehung des PET kann die Definition komplette Remission/unconfirmed (CRu) gestrichen werden. Unverändert übernommen werden die an anderer Stelle publizierten Ansprechkriterien für ZNS-Lymphome [2]. Auf die besonders bei Magenlymphomen bestehende Möglichkeit einer Persistenz von monoklonalen B-Zellen nach histologischer Vollremission wird hingewiesen. Als Endpunkte werden definiert: das Gesamtüberleben, das progressionsfreie Überleben, das ereignisfreie Überleben (= Zeit zum Behandlungsversagen), die Zeit zur Progression, das krankheitsfreie Überleben, die Remissionsdauer, das lymphomspezifische Überleben, die Zeit zur nächsten Behandlung und der klinische Nutzen. Schlussfolgerungen: Die hier erarbeiteten Definitionen dürften nicht nur für Lymphome, sondern auch für andere Tumoren relevant sein. Den Autoren ist daher zuzustimmen, wenn sie hoffen, dass diese Kriterien allgemein akzeptiert werden. Strahlenther Onkol 2008 · No. 8 © Urban & Vogel Literatur kommentiert Kommentar Eine einheitliche Sprache ist zum gegenseitigen Verständnis erforderlich. Deshalb sollen die hier vorgestellten Definitionen [3], die nicht zuletzt auf eine Initiative der deutschen Lymphomgruppe zurückgehen [4], im Folgenden unter Einschluss der englischen Nomenklatur vorgestellt und diskutiert werden. Positronenemissionstomographie (PET): Der Vorteil der PET besteht darin, dass es prinzipiell zwischen vitalen Tumorresten und nekrotischem oder fibrotischem Restgewebe unterscheiden kann. Falsch positive Befunde können aber u.a. durch posttherapeutische entzündliche Prozesse ausgelöst werden. Schon nach Gabe von hämatopoietischen Wachstumsfaktoren kann es zu einer diffusen Vermehrung der Knochenmarksbelegung kommen. Falsch negative Resultate entstehen durch die unterschiedliche FDG-(Fluorodeoxyglucose-)Avidität der verschiedenen histologischen Subtypen [5]. Ein PET wird vor der Therapie von Patienten mit üblicherweise FDG-aviden potenziell heilbaren Lymphomen empfohlen, um das Ausmaß der Erkrankung besser definieren zu können. Diese Empfehlung gilt nicht für inkurable und niedrigmaligne Lymphome. Ein PET nach ein bis vier Chemotherapiezyklen sagt zwar den Therapieerfolg voraus, eine therapeutische Konsequenz kann daraus aber nicht gezogen werden, sodass dafür ein PET nur in Studien empfohlen wird. Zudem ist ein PET essentiell für die Definition einer kompletten Remission. Die bisherigen Daten rechtfertigen aber nicht seinen Einsatz in der Nachsorge. Wird ein PET zur Definition einer Vollremission herangezogen, ist zu berücksichtigen, dass posttherapeutische entzündliche Veränderungen bis zu zwei Wochen nach Chemotherapie und bis zu zwei bis drei Monate oder länger nach Strahlentherapie persistieren können. Knochenmark: Hier kann bei histologisch normalem Bild mit unter 2% klonaler B-Zellpopulation in der Durchflusszytometrie eine Vollremission angenommen werden; vorausgesetzt wird hierbei, dass ein nodulärer Knochenmarksbefall in der Knochenmarksaspiration oft nicht nachweisbar ist. Die Benutzung von Rituximab kann zu einer falsch negativen Interpretation einer residuellen B-Zell-Erkrankung führen. Zu weiteren Details der Pathologie und der zurzeit noch problematischen Molekulargenetik sei auf die Originalarbeit verwiesen. Ansprechkriterien Komplette Remission: Die komplette Remission (Complete Remission; CR) schließt ein völliges Verschwinden aller erkennbaren Krankheitszeichen einschließlich der klinischen Symptome ein. Bei einem positiven prätherapeutischen PET, bei einem üblicherweise PET-positiven Lymphom oder bei fehlendem PET vor Behandlung wird ein residueller Tumor jeder Größe erlaubt, sofern er PET-negativ ist. Bei einem Strahlenther Onkol 2008 · No. 8 © Urban & Vogel typischerweise PET-negativen Lymphom müssen sich alle > 1,5 cm großen Lymphknoten auf ≤ 1,5 cm verkleinert haben. Prätherapeutisch bis 1,5 cm große Lymphknoten müssen sich auf ≤ 1 cm im kurzen Durchmesser verkleinern. Eine vergrößerte Leber und/oder Milz muss sich nach Therapie auf ein normales Maß zurückgebildet haben, eine diagnostische Unschärfe dieses Parameters wird eingeräumt. Ein initialer Knochenmarksbefall sollte in einem möglichst über 20 mm langen Knochenmarkszylinder nicht mehr nachweisbar sein. Der Begriff „CRu“ wird gestrichen. Teilremission: Die Teilremission (Partial Response; PR) erfordert eine mindestens 50%ige Verkleinerung der Summe der Produkte der Durchmesser von bis zu sechs der größten Knoten ohne Progression an anderer Stelle. Bei typischerweise PET-positiven Lymphomen sollte zumindest einer der zuvor positiven Knoten noch nachweisbar sein. Stable Disease: Im stationären Verhalten (Stable Disease; SD) sind weder die Kriterien einer Remission noch die einer Progression erfüllt. Im PET sollten keine neuen Herde auftreten. Bei initial negativen PET müssen die im CT nachweisbaren Herde unverändert sein. Rückfall: Im Rückfall (Relapse; nach kompletter Remission) und der Progression (Progression; nach partieller Remission oder stationärem Verhalten) werden Lymphknoten als befallen eingestuft, wenn ihr größter Durchmesser > 1,5 cm misst, der kleinere Durchmesser wird hier nicht berücksichtigt. Bei einem Lymphknoten mit einem größten Durchmesser von 1,1–1,5 cm wird ein Befall angenommen, wenn der kleinere Durchmesser > 1,0 cm misst. Weitere Kriterien sind das Auftreten einer Läsion mit einem maximalen Durchmesser > 1,5 cm, auch wenn andere Läsionen kleiner werden, oder die zunehmende PET-Aktivität eines Herdes sowie die Zunahme der Produkte der Durchmesser um mindestens 50% gegenüber dem Minimalwert. Wenn eine PET nicht verfügbar oder nicht sinnvoll ist, sollte das Ansprechen durch CT festgelegt werden. Ein residueller Befall wird nicht als CRu, sondern als Teilremission eingestuft. Studienendpunkte Gesamtüberleben: Das Gesamtüberleben (Overall Survival) ist die Zeit vom Eintritt in eine Studie – also nicht vom Auftreten der Krankheit – bis zum Tod (unabhängig von der Ursache). Progressionsfreies Überleben: Das progressionsfreie Überleben (Progression Free Survival) ist die Zeit vom Eintritt in eine Studie bis zur Krankheitsprogression oder zum Tod. Daten zum progressionsfreien Überleben liegen früher vor als der Endpunkt des Gesamtüberlebens und es wird nicht durch die Gabe von Zweit- oder Drittlinientherapien beeinflusst. Allerdings ist das progressionsfreie Überleben weniger genau zu messen als das Gesamtüberleben. 435 Literatur kommentiert Ereignisfreies Überleben: Das ereignisfreie Überleben (Event-free Survival) wird gleichgesetzt mit der Zeit bis zum Versagen der Behandlung (Time to Treatment Failure) und reicht vom Eintritt in die Studie bis zum Therapieversagen, das von der Krankheitsprogression über den Abbruch der Behandlung aus irgendeinem Grund wie z.B. der Toxizität, dem Patientenwunsch, der Umstellung der Behandlung ohne dokumentierte Progression oder dem Tod reicht. Dieser Parameter wird durch viele Ereignisse beeinflusst, ist aber v.a. sinnvoll bei der Bewertung besonders toxischer Therapien. Zeit zur Progression: Die Zeit zur Progression (Time to Progression; TTP) reicht vom Eintritt in die Studie bis zur dokumentierten Krankheitsprogression oder dem Tod als Ergebnis der Krankheit. Krankheitsfreies Überleben: Das krankheitsfreie Überleben (Disease-free Survival) beginnt erst mit Erreichen der Vollremission und endet beim Rückfall oder dem Tod als Ergebnis der Krankheit oder einer akuten Behandlungstoxizität. Allerdings ist nicht immer klar, ob Todesfälle durch die Grundkrankheit bedingt sind. Dauer des Ansprechens: Die Dauer des Ansprechens (Response Duration) zählt von dem Zeitpunkt, an dem die Kriterien für ein bestimmtes Ansprechen erreicht sind. Wenn also Patient A nach einem Monat eine Teilremission erreicht, während der Tumor des Patienten B nach zwei Monaten in Vollremission geht, und beide Tumoren nach drei Monaten progredient sind, beträgt die Dauer der Teilremission zwei Monate, die der Vollremission jedoch nur einen Monat. Krankheitsspezifisches Überleben: Das Lymphom- bzw. krankheitsspezifische Überleben (Lymphoma-specific Survival; Disease-free Survival) reicht vom Studienbeginn bis zum lymphom- bzw. krankheitsbedingten Tod. Auch hier besteht das Problem darin, dass die Todesursache nicht immer eindeutig zu klären ist; Tod aus ungeklärter Ursache wird als therapiebedingt angesehen. Zeit zur nächsten Behandlung: Die Zeit zur nächsten Behandlung (Time to Next Treatment) reicht vom Ende der primären Therapie bis zum Beginn der nächsten Behandlung. Klinischer Nutzen: Der klinische Nutzen (Clinical Benefit) wird interessanterweise als einer der wichtigsten Endpunkte bezeichnet. Er war vor zehn Jahren bei seiner Einführung in die Therapie des Pankreaskarzinoms [6] umstritten und umfasst die Verbesserung der Lebensqualität, die Reduktion von Symptomen, des Transfusionsbedarfs, von Infektionen u.a. Auch die Zeit zum Wiederauftreten von lymphombedingten Symptomen kann in diesen Endpunkt mit einbezogen werden. Fazit: Das Verdienst dieser Arbeit besteht darin, dass v.a. im Bereich der Studienendpunkte häufig benutzte und fast ebenso oft nicht verstandene Begriffe definiert sind. Zunächst mag die Auseinandersetzung mit diesen Definitionen wie ein mühsames Auswendiglernen erscheinen. Man wird jedoch bald feststellen, dass diese Kriterien begriffen werden können und erst dieses Begreifen den Vergleich mancher Publikationen ermöglicht. Literatur 1. Cheson BD, Vena DA, Barrett J, Freidlin B. Second malignancies as a consequence of nucleoside analog therapy for chronic lymphoid leukemias. J Clin Oncol 1999;17:1244–53. 2. Abrey LE, Batchelor TT, Ferreri AJ, et al. Report of an international workshop to standardize baseline evaluation and response criteria for primary CNS lymphoma. J Clin Oncol 2005;23:5034–43. 3. Cheson BD, Pfistner B, Malik E, et al. Revised response criteria for malignant lymphoma. J Clin Oncol 2007;25:579–86. 4. Pfistner B, Diehl V, Greb A, Cheson B. International harmonization of trial parameters in malignant lymphoma. Eur J Haematol Suppl July 2005:53–4. 5. Juweid ME, Stroobants S, Hoekstra OS, et al. Use of positron emission tomography for response assessment of lymphoma: consensus of the Imaging Subcommittee of International Harmonization Project in Lymphoma. J Clin Oncol 2007;25:521–8. 6. Burris HA, Moore MJ, Andersen J, et al. Improvements in survival and clinical benefit with gemcitabine as first-line therapy for patients with advanced pancreas cancer: a randomized trial. J Clin Oncol 1997; 15:2403–13. Michael Fink, Fürth Erstmals publiziert in In|Fo|Onkologie 2007;10:398–401 (No. 6) PSA-Wert unterhalb des alterstypischen Medians: Die Prostatakrebsgefahr ist sehr gering – auch bei Männern mit Risikofaktoren Hintergrund: Die Autoren berichteten vor Kurzem, dass der mediane PSA-Wert bei Männern zwischen 40 und 49 Jahren bei 0,7 ng/ml liegt und dass bei dieser Altersgruppe eine Erhöhung des PSA auf Werte zwischen 0,7 und 2,5 ng/ml das Prostatakrebsrisiko auf das 14,6-Fache erhöht. Obwohl dies bedeutet, dass Männer zwischen 40 und 49 Jahren mit einem PSA-Wert > 0,7 enger 436 kontrolliert werden sollten, ist das genaue Screening-Management unklar. In der hier vorgestellten Analyse [1] soll ein risikostratifiziertes Management für diese Altersgruppe entwickelt werden. Patienten und Methodik: Aus einer großen Prostata-ScreeningStudie wurden 581 Teilnehmer (40–49 Jahre) mit einem Basis- Strahlenther Onkol 2008 · No. 8 © Urban & Vogel Literatur kommentiert PSA-Wert < 0,7 ng/ml identifiziert. Alle Männer hatten aufgrund ihrer schwarzen Hautfarbe und/oder ihrer positiven Familienanamnese ein erhöhtes Tumorrisiko. Änderungen des PSA-Wertes über die Zeit, die Tumor-Detektionsrate und pathologische Tumorkriterien wurden mit dem Basis-PSA-Wert korreliert. Männern mit einem höheren PSA-Wert als der alterstypische Medianwert wies eine PSA-Velocity von mehr als 0,75 ng/ml/ Jahr auf (9% vs. 3%, p = 0,009) und entwickelte häufiger Prostatakarzinome vor der Altersgrenze von 50 Jahren (4,6% vs. 0,16%, p = 0,0001). Ergebnisse: Nach einem medianen Follow-up von 13 Monaten hatten zwei Patienten mit einem initialen PSA-Wert von 0,7 ng/ml das Biopsielevel von 2,5 ng/ml erreicht, davon ein Patient mit der Diagnose Prostatakarzinom. Eine signifikant größere Anzahl von Schlussfolgerungen: Männer zwischen 40 und 49 Jahren mit einem alterstypischen PSA-Wert < 0,7 ng/ml haben ein sehr geringes Prostatakarzinomrisiko. Dies gilt auch für Risikopatienten. Kommentar Die Gruppe von Stacey Loeb et al. konnte bereits in einer früheren Arbeit zeigen, dass der mediane PSA-Wert bei Männern zwischen 40 und 49 Jahren bei maximal 0,7 ng/ml liegt und dass ein erhöhter PSA-Wert (> 0,7 ng/ml) in dieser Altersgruppe das Risiko, in den folgenden Jahren ein Prostatakarzinom zu entwickeln, auf das 14,6-Fache erhöht. Die hier vorliegende Analyse [1] der gleichen Gruppe versucht nun, ein risikostratifiziertes Management für diese Altersgruppe zu entwickeln. In dieser Analyse von jungen Männern mit einem hohen Risiko für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms, aber einem niedrigen Basis-PSA-Wert unterhalb von 0,7 ng/ml wurde gezeigt, dass diese seltener eine PSA-Velocity von 0,75 ng/ml pro Jahr aufweisen und auch signifikant seltener die in der Studie festgesetzte Biopsiegrenze von 2,5 g/ml während der Studienzeit von fünf Jahren erreichen. Die Autoren schlussfolgern aus den vorliegenden Daten, dass durch einen niedrigen Basis-PSA-Wert eine Gruppe von Männern identifiziert werden kann, die ein ausgesprochen geringes Risiko für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms besitzen und daher nicht von einem engmaschigen Screening profitieren. Inwieweit man allerdings bei diesen Patienten mit niedrigem Risiko die Vorsorgeintervalle verlängern könnte, müssen weitere Beobachtungen dieser Gruppe über die nächsten zehn bis zwanzig Jahre zeigen. Fazit: Für die Detektion eines Prostatakarzinoms ist die PSA-Entwicklung über die Zeit, die sogenannte Velocity, von großer Bedeutung. Dies ist nur durch die regelmäßige Messung des PSA-Werts zu gewährleisten. Des Weiteren ist bei Männern unter 50 Jahren mit einem PSA-Wert ≤ 0,7 ng/ml die Entwicklung eines Prostatakarzinoms in den folgenden fünf Jahren extrem gering, auch bei Vorliegen von familiären Risikofaktoren. Literatur 1. Loeb S et al. Risk of prostate cancer for young men with a prostate specific antigen less than their specific median. J Urology 2007; 177:1745–8. Michael Siebels, München Erstmals publiziert in In|Fo|Onkologie 2007;10:404–405 (No. 6) Die in den letzten 12 Monaten in der Rubrik „Literatur kommentiert“ erschienenen Beiträge sind online verfügbar unter www.degro.org Strahlenther Onkol 2008 · No. 8 © Urban & Vogel 437