(Risikogeschäfte zwischen dem Gesellschafter

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FG München, Urteil v. 17.12.2013 – 6 K 1949/10
Titel:
(Risikogeschäfte zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und der GmbH als
verdeckte Gewinnausschüttungen)
Normenketten:
§ 8 Abs 3 S 2 KStG 2002
§ 181 BGB
Orientierungsatz:
Die Vergabe von Yen-Darlehen insbesondere in den Jahren 2001 bis 2005 an den GesellschafterGeschäftsführer, der von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war, als durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst, kann daraus abgeleitet werden, wenn deren Vergabe aus Sicht
der Gesellschaft als reines Spekulationsobjekt zu beurteilen ist, keine Börsensicherungsgeschäfte
getätigt wurden, das Geschäft in seiner Gesamtheit beim Gesellschafter-Geschäftsführer auf sein
Gesamtvermögen bestehend aus Privatvermögen und dem Wert der Geschäftsanteile durch die
Wechselkursschwankungen keine Auswirkung hat, aber er einen Vorteil durch Verlagerung der
Gewinne aus den Währungsschwankungen im Privatvermögen erzielen kann und der
Gesellschafter-Geschäftsführer es in der Hand hat, persönliche Nachteile durch
Vertragsänderungen zu verhindern .
Schlagworte:
Darlehen, Fremdwährungsdarlehen, Gesellschaft mbH, Gesellschaftergeschäftsführer,
Gesellschaftsverhältnis, Gewerbesteuer, Gewinn, Insichgeschäft, Kapitalgesellschaft, Körperschaftsteuer,
Kündigung, Kursschwankung, Kursverlust, Risikogeschäft, Spekulationsgeschäft, Verdeckte
Gewinnausschüttung, Verlust, Währung, Yen, Zinsen
Fundstellen:
GmbH-Stpr 2014, 247
GmbHR 2014, 434
LSK 2014, 170406
DStRE 2015, 414
EFG 2014, 579
BeckRS 2014, 94583
Tatbestand
1
I. Streitig ist für die Jahre 2001 bis 2006, ob verdeckte Gewinnausschüttungen aufgrund von Darlehen an
den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in Yen vorliegen.
2
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gegenstand ihres Unternehmens ist nach § 2
ihrer Satzung der Handel mit Waren aller Art. Nach § 7 der Satzung kann durch Gesellschafterbeschluss
einzelnen, mehreren oder allen Geschäftsführern allgemein oder für Einzelfälle Befreiungen von den
Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erteilt werden. In den Streitjahren war der
Geschäftsführer X einzelvertretungsberechtigt mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im
eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. Die entsprechende
Befreiung wurde in § 10 des Arbeitsvertrags erteilt. Die entsprechende Befugnis war auch im
Handelsregister eingetragen. Der Arbeitsvertrag sah ferner vor, dass X sein Amt mit der Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmanns zu führen hat.
3
Der Geschäftsführer X war für die Jahre 2001 bis 2005 alleiniger Gesellschafter der Klägerin. Nach
Einbringung der Anteile in die X-Holding GmbH war X mittelbar zu 100 % an der Klägerin beteiligt.
4
Von der Klägerin wurde an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer X eine Vielzahl von Darlehen vergeben.
Auf die Aufstellung dieser Darlehen in der Einspruchsentscheidung vom ……. wird Bezug genommen.
Hiernach gewährte die Klägerin in den 90-er Jahren ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer die Darlehen in
DM. Im Laufe des Jahres 2001 vergab die Klägerin fünf Darlehen in Yen mit einer Gesamtsumme von
…………... Ferner wandelte die Klägerin zum 31.12.2001 bisher in DM ausgegebene Darlehen in
Japanische Yen-Darlehen um. Das Volumen der umgewandelten Darlehen betrug ……….
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In den Jahren 2002 bis 2005 kam es zu weiteren Darlehensgewährungen in Yen. Der GesellschafterGeschäftsführer X stellte der Klägerin für die Darlehen keine Sicherheiten und verwendete die
Darlehensbeträge zum Erwerb von privaten Kapitalanlagen bzw. privaten Mietimmobilien. Er hielt die Mittel
nicht in Yen sondern konvertierte sie in andere Währungen. Ferner finanzierte X im November 2000 eine
private Immobilie in Deutschland mit einem von einer Bank gewährten Darlehen in Yen mit sechsjähriger
Laufzeit. Die Bank stellte im Jahr 2013 eine Bestätigung aus, nach deren Inhalt es für die Bank vorstellbar
gewesen wäre, an X aufgrund seiner Bonität weitere Yen-Darlehen auszugeben.
6
Nach dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom April 2004 wurde ein Darlehen in Yen mit der
Ankündigung verlängert, dass möglicherweise Darlehen vorzeitig gekündigt werden müssen. Mit
Gesellschafterbeschlüssen vom August 2003, November 2003 und April 2006 erfolgten
Darlehenskündigungen bzw. Verrechnungen. Im Juni 2006 beschloss die Klägerin weitere vorzeitige
Darlehenskündigungen. Im November 2006 beschloss die Klägerin sodann, alle offenen Darlehen
aufzulösen. Die Rückzahlung der entsprechenden Yen-Darlehen erfolgte nicht in Yen sondern in Euro.
7
In der Zeit bis 2006 verlor der Japanische Yen deutlich an Wert gegenüber der D-Mark bzw. dem Euro. Die
Wechselkursentwicklung des Japanischen Yen zum Euro ergibt sich aus nachfolgender Tabelle (Quelle:
Deutsche Bundesbank; Jahresdurchschnitt des Euroreferenzkurses):
8
Jahr
1 EUR
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
121,32 ¥
99,47 ¥
108,68 ¥
118,06 ¥
130,97 ¥
134,44 ¥
136,85 ¥
146,02 ¥
161,25 ¥
152,45 ¥
130,34 ¥
116,24 ¥
110,96 ¥
102,49 ¥
9
Aus heutiger, also nachträglicher Sicht gesehen, befand sich der Wert des Yen nach dieser Statistik im
Jahresdurchschnitt im Jahr 2000 auf einem Hoch und sank danach in der Gesamttendenz bis zur
Abwicklung der Yen-Darlehen im Jahr 2006 über einen Zeitraum von mehreren Jahren stetig ab. Bei der
Bewertung dieser Statistik ist zu beachten, dass aus der Jahresdurchschnittstabelle nur der längerfristige
Trend, nicht aber das kurz- und mittelfristige typische Auf und Ab der laufend ermittelten Wechselkurse
hervorgeht.
10
Aufgrund dieser Kursverluste und der Tatsache, dass die Darlehen in Yen mit 1,6 % verzinst waren –
während am deutschen Kapitalmarkt eine Verzinsung von ca. 3 % zu erzielen gewesen wäre – ging die
Veranlagung für die Jahre 2001 und 2002 sowie die Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2006 von
verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe der Kursverluste und der Differenz zwischen dem zu
erzielenden Zins auf dem deutschen Kapitalmarkt in Höhe von 3 % und den tatsächlich gezahlten Zins von
1,6 % aus.
11
Am …. erließ das FA nach § 164 Abgabenordnung (AO) entsprechend geänderte Bescheide für 2001 bis
2006. Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom …….
als unbegründet zurück.
12
Zur Begründung der anschließend erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, Hintergrund ihres
Darlehensvergabeverhaltens seit März 2001 sei folgender:
13
In den Jahren 1999 und 2000 sei der Yen im Vergleich zur DM stark gestiegen. Die damalige
Markterwartung sei von weiter steigenden Yen-Kursen ausgegangen. Trotz eines gewissen Wertverlustes
des Yen zum Ende des Jahres 2000 und zu Beginn des Jahres 2001 sei der Yen im Verhältnis zur DM
während des gesamten Jahres 2001 wesentlich stärker als im Jahr 1999 gewesen. Zu Beginn des Jahres
2001 habe sie auf ihrem auf Yen lautenden Bankkonto ein erhebliches Guthaben gehabt. Eine Verzinsung
dieses Guthabens durch die Bank sei nicht erfolgt. Die Klägerin sei angesichts der Marktstimmung von
einem weiteren Ansteigen des Yen-Kurses ausgegangen, weshalb das Yen-Guthaben nicht in DM
umgetauscht worden sei. Sie sei davon ausgegangen, dass die erwarteten Währungsgewinne den Nachteil
der fehlenden Verzinsung des Yen-Guthabens im Vergleich zur verzinslichen Anlage eines DM-Betrages
(Zinssatz ca. 3 %) ausgleichen würde. Durch den Entschluss des X als Geschäftsführer ab Beginn des
Jahres 2001 unverzinsliche Yen-Guthaben künftig als Yen-Darlehen an sich auszugeben, sei zugunsten der
Klägerin eine Verzinsung der Yen-Darlehen in Höhe von marktüblichen 1,6 % erreicht worden.
14
Im Verlauf des Jahres 2001 und in den Folgejahren habe der Yen wider erwarten gegenüber der DM bzw.
ab 2002 gegenüber dem Euro an Wert verloren. Die weiterhin in Yen stattfindende Darlehensgewährung an
X erkläre sich aus der in diesen Jahren bestehenden Unsicherheit bezüglich der Entwicklung des neu
eingeführten Euro. Die Klägerin habe einen weiteren Verfall des Euro und daraus resultierend einen
neuerlichen Anstieg des Yen erwartet. Als nach einer Phase der immer wieder durch Aufwärtstrends
unterbrochenen Seitwärtsbewegungen gegen Mitte des Jahres 2006 der Kurs des Yen gegenüber dem
Euro erheblich eingebrochen sei, habe die Klägerin ihre Darlehensvergaben an ihren GesellschafterGeschäftsführer in Yen eingestellt und sich sämtliche Kredite zurückzahlen lassen. So sei ab 15.11.2006
eine Darlehensgewährung nur noch in Euro erfolgt.
15
Bei Abschluss der einzelnen Darlehensverträge habe sich noch keine dauerhafte Verlustsituation
abgezeichnet. Zwar mag sich die Einschätzung, dass der Yen gegenüber dem Euro an Wert gewinnen und
daher eine Darlehensgewährung in Yen erhebliche Währungsgewinne ermöglichen würde, aus einer ExPost-Betrachtung heraus als falsch dargestellt haben.
16
Aus damaliger Sicht – auch nach dem Jahr 2002 – sei jedoch aufgrund der Wertschwankung des Euro
gegenüber dem Yen keineswegs absehbar gewesen, ob der Euro sich dauerhaft gegenüber dem Yen
behaupten würde. Deshalb seien in den Jahren 2001 bis 2006 an X im Rahmen der Gewährung von YenDarlehen keine Gewinne verdeckt ausgeschüttet worden. Die getroffenen Vereinbarungen seien klar im
Voraus getroffen und zivilrechtlich wirksam und tatsächlich durchgeführt worden. Auch sei eine
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (Fremdvergleich) nicht gegeben.
17
Was den Zinssatz betreffe, sei es den Beteiligten im Rahmen der Vertragsfreiheit unbenommen, eine
Vereinbarung über eine Darlehensgewährung in einer anderen Währung als DM bzw. Euro zu treffen. Der
vereinbarte Zinssatz für Japanische Yen liege genau in der Bandbreite, sogar im oberen Bereich, der zum
damaligen Zeitpunkt üblichen Verzinsung von Yen-Darlehen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer habe
damit keinen „Sondertarif“ erhalten. Die Verzinsung des Darlehens sei der Höhe nach üblich gewesen und
halte einem Fremdvergleich stand.
18
Die Frage der Besicherung der Darlehensforderung könne dahinstehen, da es bei Werthaltigkeit und der
damit verbundenen Aktivierung der Forderung auf Rückzahlung der ausgeliehenen Darlehensmittel an einer
Vermögensminderung auf Seiten der Klägerin fehle. Außerdem entspreche es der ständigen
Rechtsprechung, dass allein das Fehlen der Besicherung eines Darlehens nicht zur Annahme einer
verdeckten Gewinnausschüttung führe. Auch wenn die Ausreichung von Darlehen und die Tätigung von
Währungsspekulationsgeschäften nicht Kern des Unternehmensgegenstandes der Klägerin gewesen sei,
so sei es jedoch erlaubt, ihre Liquiditätsüberschüsse zur Erzielung von Einkünften auch über den
Unternehmensgegenstand hinaus einzusetzen. Die Ausreichung der Darlehen an den GesellschafterGeschäftsführer zu fremdüblichen Konditionen hätte daher erfolgen dürfen.
19
Die Tatsache, dass die Spekulation auf Währungsgewinne aus der Gewährung der Darlehen das Risiko
einer gegenteiligen Kursentwicklung barg, führe nicht dazu, dass die Klägerin diese Geschäfte nicht habe
vornehmen dürfen. Eine GmbH sei grundsätzlich darin frei, Risikogeschäfte und die damit verbundenen
Chancen wahrzunehmen, zugleich aber auch die Verlustgefahren in Kauf zu nehmen. Auch der Umstand,
dass die von Klägerin mit X geschlossenen Darlehensverträgen eine Klausel enthalten, nach der die
Darlehensvereinbarungen in beiderseitigem Einvernehmen gekündigt werden können, führe nicht zu
verdeckten Gewinnausschüttungen. Der Darlehensnehmer sei nicht berechtigt gewesen, einseitig zu
kündigen. Somit sei die Argumentation des FA, dass X automatisch gegen etwaige Kurssteigerungen des
Yen gesichert gewesen wäre, nicht zutreffend. Die Klägerin hätte ihn an der Darlehensvereinbarung und
damit an der vertraglich vereinbarten Laufzeit festhalten können. Insgesamt habe sich der GesellschafterGeschäftsführer wie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter verhalten.
Entscheidungsgründe
20
II. Die Klage ist unbegründet.
21
1. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz
(KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu
verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt
und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der
entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis
angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie
bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht
gewährt hätte. Ist der begünstigte Gesellschafter ein Beherrschender, so kann eine verdeckte
Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn
erbringt, für die es an einer klaren im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich
durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.12.1997 I R
70/97, BStBl II 1998, 545).
22
a) Aus zivilrechtlicher Sicht verletzt ein ordentlicher Gesellschafter seine Pflichten grundsätzlich nicht allein
dadurch, dass er risikoreiche Geschäfte eingeht. Denn unternehmerisches Handeln ist stets risikobehaftet.
Erst wenn ein Geschäftsführer die Grenzen des erlaubten Risikos überschreitet, handelt er pflichtwidrig.
Generalisierungsfähige Kriterien, bis wann ein Risikogeschäft noch erlaubt ist, lassen sich nicht aufstellen.
Entscheidend ist daher die Beurteilung im Einzelfall (vgl. Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17.
Auflage 2009, § 43 Rn. 16, 20). Dementsprechend ist es auch im Strafrecht eine Frage des Einzelfalls, ob
ein Geschäftsführer durch Risikogeschäfte eine zur Untreue (§ 266 Strafgesetzbuch –StGB-) führende
Pflichtwidrigkeit begeht. Aus der Verwirklichung eines Risikos, d.h. dem Eintritt eines Schadens, kann nicht
ohne weiteres auf eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht geschlossen werden. In manchen
Fallgruppen kann der Eintritt eines Schadens allerdings eine starke Indizwirkung für ein pflichtwidriges
Handeln des Geschäftsführers haben (vgl. hierzu Fischer, StGB, § 266 Rz. 63 ff.). Eine gravierende
Pflichtverletzung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung einer Untreue.
23
Korrespondierend zu dieser zivil- und strafrechtlichen Rechtslage liegt nach ständiger Rechtsprechung des
BFH eine verdeckte Gewinnausschüttung regelmäßig nicht vor, nur weil eine Körperschaft sich entschließt,
risikobehaftete Wertpapiergeschäfte einzugehen. Denn es ist die freie unternehmerische Entscheidung
einer Körperschaft, solche Geschäfte und die damit verbundenen Chancen, zugleich aber auch die
Verlustgefahren wahrzunehmen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist danach erst dann anzunehmen,
wenn durch Risikogeschäfte
- in erster Linie private Interessen und Neigungen der Gesellschafter abgedeckt werden
oder
- die Körperschaft Geschäfte erst dann übernimmt, wenn sich die dauerhafte Verlustsituation bereits konkret
abzeichnet.
Ob eine Kapitalgesellschaft Geschäft im privaten Interesse ihres Gesellschafters tätigt, ist nach denjenigen
Kriterien zu prüfen, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielungsabsicht und „Liebhaberei“ entwickelt
worden sind (vgl. BFH vom 31.3.2004 I R 83/03, BFH/NV 2004, 1482 und vom 16.2.2005 I B 154/04,
BFH/NV 2005, 1377).
24
b) Letztere Rechtsprechung des BFH ist anlässlich von Fällen entwickelt worden, in denen die
Kapitalgesellschaft Risikogeschäfte mit fremden Dritten eingegangen ist. Hat ein Geschäftsführer indes
Geschäfte der Kapitalgesellschaft mit sich selbst abgewickelt, sind zivil- und strafrechtlich weitere
Gesichtspunkte zu beachten.
25
Sowohl zivil- als aktienrechtlich als auch strafrechtlich gilt der Grundsatz, dass derjenige, der fremdes
Vermögen zu betreuen hat, ausschließlich und uneingeschränkt im Interesse des Vermögensinhabers
handeln muss (Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 21.12.2005 3 StR 470/04, NJW 2006, 522 unter
A. III. 1. b. cc. = Rz. 21 bei juris). Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch für
Geschäftsführer einer GmbH. Die organschaftliche Stellung als Geschäftsführer einer GmbH und der
Anstellungsvertrag führen zu einer Treuepflicht nur gegenüber der GmbH, nicht aber gegenüber den
Gesellschaftern der GmbH und deren Vermögen. Die Pflicht des Geschäftsführers zur Wahrung der
Interessen der GmbH kann einen Geschäftsführer daher auch dazu verpflichten, Entscheidungen zu treffen,
die den Vermögensinteressen der Gesellschafter zuwiderlaufen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen
Interessengegensätze bestehen, da Gesellschafter versuchen, ihre GmbH „auszubeuten“, um sich auf
deren Kosten zu bereichern (so BGH vom 25.04.2006 1 StR 519/05, NJW 2006, 1984).
26
In der Literatur wird für Fälle der Eigengeschäfte eines Geschäftsführers die Ansicht vertreten, dass das bei
Fremdgeschäften anzunehmende unternehmerische Gestaltungsermessen eingeschränkt ist und das
Handeln des Geschäftsführers der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (Kleindiek in
Lutter/Hommelhoff GmbHG, 17. Auflage, § 41 Rz.17).
27
Da jede Kreditbewilligung ihrer Natur nach ein mit einem Risiko behaftetes Geschäft ist, muss ein
Geschäftsführer bei der Kreditvergabe auf Grundlage umfassender Informationen diese Risiken gegen die
sich daraus ergebenden Chancen abwägen. Ist diese Abwägung sorgfältig vorgenommen worden, kann
eine Pflichtverletzung nicht deshalb angenommen werden, weil das Engagement später notleidend wird.
Tatsächlich Anhaltspunkte dafür, dass die Risikoprüfung nicht ausreichend vorgenommen worden ist,
können sich nach der Erfahrung des 1. Strafsenats des BGH daraus ergeben, dass die Entscheidungsträger
eigennützig gehandelt haben (BGH vom 6.4.2000 1 StR 280/99, NJW 2000, 2364; ebenso Fischer § 266
StGB, Rz. 71).
28
c) Genehmigen die Gesellschafter einer GmbH riskante Geschäfte ihres Geschäftsführers, liegt in der Regel
keine Pflichtverletzung des Geschäftsführers mehr vor. Im Rahmen des hier anzustellenden
Fremdvergleichs bleibt dies – jedenfalls unter den Umständen des Streitfalls – außer Betracht. Denn
zwischen fremden Dritten würden die Gesellschafter den Geschäftsführer darauf verweisen, dass ihm mehr
als das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt nicht zusteht und jegliche Geschäfte zu seinen eigenen
Gunsten ablehnen.
29
2. Nach diesen Grundsätzen kommt der Senat unter Abwägung aller erkennbaren Umstände des Streitfalls
zum Ergebnis, dass die Kreditvergaben in Yen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst waren.
30
a) Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung einer verdeckten Gewinnausschüttung ist im Streitfall der
Zeitpunkt der jeweiligen Vergabe der Darlehen, mithin für den größten Teil der Darlehen der 31.12.2001, da
zu diesem Zeitpunkt Darlehen in erheblicher Höhe in Yen umgewandelt wurden. Nachfolgende
Betrachtungen gelten indes auch für die während des Jahres 2001 und die später ausgegebenen YenDarlehen.
31
b) Aus den Geschäften der Klägerin mit japanischen Geschäftspartnern ergab sich keine betriebliche
Notwendigkeit, einen ins Gewicht fallenden Yenbetrag für zukünftige Zahlungspflichten vorzuhalten.
Nennenswerte Zahlungspflichten der Klägerin in Yen sind weder zum 31.12.2001 noch zu einem anderen
Zeitpunkt ersichtlich. So hat die Klägerin im Klageschriftsatz vom …… selbst ausgeführt, dass sich ihr
Bedarf liquider Mittel in Yen in Grenzen hält. Die Klägerin hätte die in Yen erhaltenen Vergütungen damit
ohne weiteres in Euro oder jede andere Währung umtauschen können. Aus der Sicht der Klägerin ist die
Vergabe von Darlehen in Yen daher als reines Spekulationsgeschäft zu beurteilen, das grundsätzlich in
gleicher Form - letztlich sogar ohne Geldumtausch – in jeder anderen Währung mit dem GesellschafterGeschäftsführer hätte vereinbart werden können.
32
c) Das Yen-Darlehen führt bei nach der Darlehensvergabe steigendem Wechselkurs des Yen zu einem
Vermögensnachteil des Gesellschafter-Geschäftsführers und einem entsprechenden Vorteil der Klägerin.
Bei sinkendem Wechselkurs des Yen führt das Darlehen zu einem Vermögensvorteil des GesellschafterGeschäftsführers und einen entsprechender Nachteil der Klägerin. Betrachtet man das Geschäft in seiner
Gesamtheit, ist es für den Gesellschafter-Geschäftsführer insoweit ein „Nullsummenspiel“, da nennenswerte
Transaktions- oder Vertragskosten nicht anfallen. Sein Gesamtvermögen, das sich aus Privatvermögen und
dem Wert der Gesellschaftsanteile zusammensetzt, bleibt durch die Wechselkursschwankungen unberührt.
33
Diese Betrachtung ändert sich indes unter Berücksichtigung der steuerlichen Situation der Streitjahre.
Währungsgewinne der Klägerin hätten bei ihr zu Körperschaftsteuer und zu Gewerbesteuer geführt,
während die Währungsverluste als steuerfreie Spekulationsverluste des Gesellschafter-Geschäftsführers im
Privatvermögen die Steuerlast nicht berührt hätten (vgl. BFH vom 30.11.2010 VIII R 58/07, BStBl II 2011,
491). Die tatsächlich angefallenen Währungsverluste der Klägerin mindern dagegen ihre Körperschaftsteuer
und die Gewerbesteuer, während die Währungsgewinne des Gesellschafter-Geschäftsführers in den
Streitjahren steuerfreie Spekulationsgewinne waren. Bei einer Gesamtbetrachtung konnte der
Gesellschafter-Geschäftsführer daher durch das Yen-Darlehen nur einen Vorteil erzielen, wenn der YenKurs sinkt.
34
Der Senat wertet diesen Umstand als gewichtiges Indiz dafür, dass es dem Gesellschafter-Geschäftsführer
beim Abschluss der Yen-Darlehen hierauf ankam. Letztlich ermöglicht es die Vertragsgestaltung, mit
geringem Risiko in der GmbH erzielte Gewinne steuerfrei ins Privatvermögen zu verlagern. Daraus ergibt
sich, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Prüfung des Währungsrisikos eine gute Chance
gesehen hat, dass er persönlich einen Vorteil hat und nicht die Klägerin. Bei einer solchen Risikobewertung
aber wäre ein seriöser Fremdgeschäftsführer das Währungsrisiko nicht eingegangen. Das private Darlehen
zur Finanzierung des Mietobjekts in Deutschland verstärkt diese Indizwirkung für geplante Geschäfte zu
Lasten der Klägerin, denn hier ist der Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber einer Bank das Risiko
eines vollen Währungsverlustes eingegangen.
35
Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass der Kursverlauf des Yen auch anders hätte verlaufen können.
Denn der Gesellschafter-Geschäftsführer hatte es durch die Möglichkeit, Verträge mit der Klägerin „auf
beiden Seiten“ zu unterschreiben, selbst in der Hand, ggf. durch Vertragsänderungen größere eigene
Verluste zu verhindern. Aus dem eigenen Vortrag der Klägerin zur Bonität des GesellschafterGeschäftsführers und der Bankbescheinigung vom ….. ergibt sich, dass Rückzahlungen jederzeit jedenfalls
kurzfristig finanzierbar waren. Die Möglichkeit, solche Vertragsänderungen plausibel beim FA vortragen zu
können, hat die Klägerin zudem bereits vorbeugend durch die Darlehensvertragsklausel geschaffen, dass
die Verträge stets einvernehmlich geändert werden können. Zudem kam es – wie die
Gesellschafterversammlungsprotokolle dokumentieren – auch tatsächlich zu vorzeitigen
Darlehensauflösungen.
36
Hilfsweise weist der Senat darauf hin, dass ein Indiz für verdeckte Gewinnausschüttungen auch dann
vorläge, wenn man annähme, der Gesellschafter-Geschäftsführer wäre im Rahmen der Risikoprüfung zum
Ergebnis gekommen, es läge ein gutes Geschäft für die Klägerin und ein schlechtes für ihn persönlich vor
(vgl. BFH-Urteil vom 19.5.1998 I R 36/97, BStBl II 1998, 689).
37
d) Als weiteres Indiz für die gesellschaftsrechtliche Motivation der Darlehensvergabe in Yen wertet der
Senat den Umstand, dass die Klägerin die Yen-Darlehen getätigt hat, ohne über die Börse
Sicherungsgeschäfte (Spekulation auf fallenden Yen) abzuschließen. Derartige Absicherungen sind im
Geschäftsleben bei Währungsgeschäften von Firmen mit Auslandsbeziehung zweckmäßig. Allerdings
wären durch Sicherungsgeschäfte über die Börsengeschäfte zusätzliche Kosten angefallen. Der Umstand,
dass der Geschäftsführer auf eine solche Absicherung verzichtet hat, ist ein weiteres Indiz, dass er die
Verluste der Klägerin gezielt in Kauf nahm, d.h. ihm als „Absicherung“ seine privaten Gewinne genügten.
38
3. Da die Klägerin die Darlehen in Yen aus gesellschaftsrechtlichen Gründen vergeben hat, liegt auch eine
verdeckte Gewinnausschüttung durch die Vereinbarung von Zinsen in einer bei Yen-Darlehen üblichen
Höhe vor. Bei einer Vergabe der Darlehen in Euro wäre der niedrige Zinssatz nicht in Betracht gekommen.
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