Eine Offene Volkswirtschaft

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Eine Offene Volkswirtschaft
Einführung in die Makroökonomie
Einführung in die Makroökonomie (SS 2012)
SS 2012
14. Juni 2012
Eine Offene Volkswirtschaft
14. Juni 2012
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Motivation
Bis jetzt haben wir nur geschlossene Volkswirtschaften betrachtet,
d.h. wir haben angenommen, dass es keine wirtschaftlichen
Beziehungen mit dem Rest der Welt gibt. Diese Annahme wurde nur
einfachheitshalber getroffen.
Im letzten Kapitel werden wir das IS-LM Modell erweitern, indem wir
offene Güter- und Finanzmärkte zulassen.
Auf einem offenen Gütermarkt können Konsumenten zwischen in- und
ausländischen Gütern entscheiden.
Auf einem offenen Finanzmarkt können Investoren zwischen in- und
ausländischen Anlageformen wählen.
Das auf diese Weise entstehende Modell ist als Mundell Fleming
Model bekannt.
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Außenbeziehungen des Österreichischen Güermarkts
Figure: Anteil der Österreichischen Exporte & Importe (OECD, 1970-2006)
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Offener Gütermarkt
In einer offenen Volkswirtschaft sind Konsumenten mit einer
Entscheidung zwischen Konsum und Sparen UND einer Entscheidung
zwischen in- und ausländischen Gütern konfrontiert
Die letztere Entscheidung hat wichtige Konsequenzen für das
Gleichgewicht auf dem Gütermarkt: Kaufen private Haushalte
ausländische Güter anstatt inländischer Güter, steigt das ausländische
BIP und nicht das inländische
Private Haushalte treffen diese Entscheidung auf Basis des Preises
von inländischen Gütern ausgedrückt in ausländischen Gütern. Diese
Variable wird als realer Wechselkurs bezeichnet
Der reale Wechselkurs kann nicht direkt beobachtet werden, kann
aber auf Basis des nominalen Wechselkurses berechnet werden
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Der Nominale Wechselkurs Der nominale Wechselkurs E kann auf zwei Arten definiert werden:
als der Preis der inländischen Währung gemessen in Einheiten der
ausländischen Währung (z.B.: als Preis von einem Euro in U.S.
Dollar; USD/EUR)
als der Preis der ausländischen Währung gemessen in Einheiten der
inländischen Währung (z.B.: als Preis eines U.S. Dollar in Euro;
EUR/USD)
Wir verwenden immer die erste Definition!
Beispiel
Ein nominaler Wechselkurs zwischen dem USD und dem Euro E = 1.2644
bedeutet, dass man 1.2644 U.S. Dollar für einen Euro bezahlen muss
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Veränderungen des Nominalen Wechselkurses
Aufwertung
Ein Anstieg des Preises der inländischen Währung gemessen in Einheiten
der ausländischen Währung (E ↑) wird als Aufwertung der inländischen
Währung bezeichnet.
In diesem Fall wird mehr ausländische Währung benötigt um eine Einheit
der inländischen Währung zu kaufen.
Abwertung
Ein Sinken des Preises der inländischen Währung gemessen in Einheiten
der ausländischen Währung (E ↓) wird als Abwertung der inländischen
Währung bezeichnet.
In diesem Fall wird weniger ausländische Währung benötigt um eine
Einheit der inländischen Währung zu kaufen.
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Nominaler Wechselkurs zwischen dem U.S. Dollar und dem
Euro
Figure: USD per EUR (ECB, 04/01/1999-20/12/2010)
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Der Reale Wechselkurs - Motivation
Aus dem Wert des nominalen Wechselkurses kann ein Konsument nur
ablesen in welchem Verhältnis die in- und ausländische Währung
getauscht werden können
Aus dieser Information kann ein Konsument nicht schließen in
welchem Verhältnis in- und ausländische Güter getauscht werden
können
Dazu müssen Konsument auch das Verhältnis zwischen den
Preisniveaus von in- und ausländischen Gütern berücksichtigen
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Berechnung des Realen Wechselkurses
Angenommen ein österreichischer Konsument muss sich entscheiden, ob er
ein österreichisches Gut oder ein Gut aus den USA kaufen soll.
Um diese Entscheidung treffen zu können, muss der Konsument wissen wie
viele U.S. Güter er kaufen könnte, wenn er ein inländisches Gut weniger
konsumiert
Der Preis eines Guts in Österreich ist EUR P, das selbe Gut kostet
USD P ∗ in den USA; Der nominale Wechselkurs zwischen dem USD
und dem EUR ist E .
Um ein inländisches Gut zu kaufen benötigt der Konsument P Euro
Wenn der Konsument stattdessen mit diesem Betrauf U.S. Güter
kauft, muss er den Betrag zuerst gegen USD wechseln. Bei einem
nominalen Wechselkurs von E erhält er EP USD. Mit diesem Betrag
kann er EP
P ∗ U.S. Güter kaufen.
Der Preis eines inländischen Guts gemessen in Einheiten des
ausländischen Guts ist daher
EP
ε≡ ∗
P
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Der Reale Wechselkurs - Beispiel
Beispiel
Angenommen der reale Wechselkurs zwischen den USA und Österreich ist
ε. Außerdem ist bekannt, dass der Euro um 2% aufwertet (d.h. der neue
nominale Wechselkurs ist E 0 = 1.02 · E ).
Der Preis von österreichischen Gütern steigt um 2% (d.h. P 0 = 1.02 · P),
während der Preis von U.S. Gütern um 5% steigt (d.h. P ∗ 0 = 1.05 · P ∗ ).
Werden durch diese Veränderungen österreichische oder U.S. Güter
attraktiver?
Auf der einen Seite erhalten Konsumenten mehr U.S. Dollar für eine
gegebene Menge Euro. Auf der anderen Seite ist die Inflationsrate in den
USA höher als in Österreich. Es könnten daher sowohl österreichische als
auch U.S. Güter attraktiver werden.
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Der Reale Wechselkurs - Beispiel
Lösung
Um die Frage zu beantworten, ist es notwendig den neuen realen
Wechselkurs zu berechnen:
E 0 · P0
P ∗0
1.02 · E · 1.02 · P
=
1.05 · P ∗
= 0.99 · ε
ε0 =
Das bedeutet, der Preis von österreichischen Gütern gemessen in
Einheiten von U.S. Gütern sinkt (um 1%). Daher werden österreische
Güter verglichen mit U.S. Gütern billiger und daher attraktiver.
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Der Reale Wechselkurs - Bemerkungen
Für die Berechnung eines realen Wechselkurses verwendet man im
Allgemeinen BIP Deflatoren
Da letztere Indexzahlen sind, ist der absolute Wert eines realen
Wechselkurses nicht informativ
Allerdings ist die Wachstumsrate des realen Wechselkurses
aussagekräftig
Ein Anstieg des realen Wechselkurses wird als reale Aufwertung, ein
Sinken als reale Abwertung bezeichnet
Eine reale Auf- bzw. Abwertung hängt von der Entwicklung von E ab,
kann aber auch durch Veränderungen in P oder P ∗ ausgelöst werden
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Österreichischer realer Wechselkurs mit den USA
Figure: Real Exchange Rate (ECB & OECD, 01/1999 - 12/2008)
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Multilateraler Wechselkurs
Der reale Wechselkurs gibt den Preis von inländischen Gütern
gemessen in Einheiten des Gutes aus nur einem anderen Land an
Wenn wir den Preis von inländischen Gütern relativ zu ausländischen
Gütern im Allgemeinen analysieren wollen, müssen wir auf den
sogenannten multilateralen Wechselkurs zurückgreifen
Letzterer wird als gewichtetes Mittel der bilateralen (realen)
Wechselkurse berechnet. Dabei werden die Handelsanteile mit dem
jeweiligen Handelpartner als Gewichte herangezogen The latter is a
weighted sum of real exchange rates, where the shares of trade with
the corresponding trading partners are used as weights
Der multilaterale Wechselkurs (oder effektiver Wechselkurs) kann
verwendet werden um die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines
Landes und seiner Güter zu bewerten
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Österreichischer Multilateraler Realer Wechselkurs
Figure: Effective Exchange Rate (OECD, 01/1970 - 12/2008)
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Offene Finanzmärkte
Auf offenen Finanzmärkten können Investoren sowohl inländische als
auch ausländische Anlageprodukte kaufen
Außerdem ermöglichen offene Finanzmärkte die Finanzierung eines
Leistungsbilanzdefizits (oder eines Leistungsbilanzüberschusses)
Zum Beispiel kann ein Land sein Leistungsbilanzdefizit finanzieren
indem es vom Rest der Welt leiht
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Die Zahlungsbilanz - Leistungsbilanz
Die Transaktionen zwischen der inländischen Volkswirtschaft und dem
Rest der Welt sind in der Zahlungsbiland zusammengefasst. Diese
besteht aus der Leistungsbilanz (LB) und der Kapitalbilanz (KA)
Die Leistungsbilanz erfasst alle Zahlungen zwischen der inländischen
Volkswirtschaft und dem Rest der Welt
1
2
3
Exporte (+) und Importe (-) von Gütern un Dienstleistungen
(Investitions-) Einkommen (erhalten (+) und bezahlt (-)): z.B.:
Dividenden, Zinseinkommen auf Anleihen, ...
Transfers (erhalten (+) und bezahlt (-)): z.B.: Entwicklungshilfe
Ist die Leistungsbilanz positiv (resp. negativ), hat die
Volkswirtschaft ein Leistungsbilanzdefizit (resp. einen
Leistungsbilanzüberschuss)
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Die Zahlungsbilanz - Kapitalbilanz
Ein Leistungsbilanzdefizit impliziert, dass die Volkswirtschaft vom
Rest der Welt leihen muss
”Leihen” bedeutet hier, dass mehr inländische Anlagen im Ausland
gehalten werden als ausländische Anlagen im Inland, d.h. dass der
Netto Kapitalfluss in die Volkswirtschaft negativ ist (Kapital fließt ab)
Die Kapitalbilanz beschreibt diese Kapitalflüsse
Positive (resp. negative) Netto Kapitalflüsse werden als
Kapitalbilanzüberschuss (resp. Kapitalbilanzdefizit) bezeichnet
Die Leistungsbilanz und die Kapitalbilanz sollten grundsätzlich gleich
sein (aber unterschiedliches Vorzeichen haben); in der Realität ist dies
allerdings nicht der Fall (unterschiedliche Datenquellen, statistische
Diskrepanzen, ...)
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Inländische vs. Ausländische Anlageformen - Motivation
In einer offenen Volkswirtschaft müssen sich Investoren entscheiden,
ob sie inländische oder ausländische zinsbringende Anlageformen
wählen
Entscheidet sich ein Investor für eine ausländische Anlageform, muss
er zuerst die ausländische Währung kaufen. Nachdem er Zinserträge
erhält, muss er den Erlös wieder in seine inländische Währung
wechseln.
Daher hängt die Entscheidung welche Anlageform gewählt wird nicht
nur von den entsprechenden Zinssätzen im In- und Ausland ab,
sondern auch vom nominalen Wechselkurs zum Kaufzeitpunkt der
Anlage und vom erwarteten Wechselkurs zum Fälligkeitsdatum der
Anlage.
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Inländische vs. Ausländische Anlageformen - Graphische
Darstellung
Periode t
Österreichische Anleihen
e1
Periode t+1
⇒
e1
U.S. Anleihen
e Et (1 + it∗ )
⇓
$Et
e (1 + it )
1
e
Et+1
⇑
⇒
$Et (1 + it∗ )
Table: Investition in österreischische und U.S. amerikanische Anleihen
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Inländische vs. Ausländische Anlageformen - Beispiel
Example
Angenommen ein österreichischer Investor möchte einen Euro entweder in
österreichische Anleihen oder U.S. Anleihen mit einer Laufzeit von einem
Jahr investieren. Wie kann er entscheiden welche Anlageform attraktiver
ist?
Lösung:
Ist der nominale Zinssatz auf österreichische Anleihen in Periode t
gleich it , erhält der Investor (1 + it ) Euro für einen investierten Euro
Will der Investor hingegen U.S. Anleihen kaufen, muss er zuert U.S.
Dollar kaufen: für einen Euro erhält er Et U.S. Dollar
Bei einem nominalen Zinssatz auf U.S. Anleihen in Periode t von it∗
erhält der Investor Et (1 + it∗ ) U.S. Dollar am Ende der Laufzeit der
Anleihe
Der Investor muss diesen Betrag in Euro zurückwechseln. Bei einem
e , hat der Investor daher einen
erwarteten Wechselkurs von Et+1
∗
t )
erwarteten Ertrag von Et E(1+i
Euro
e
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t+1
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Interest Parity Condition
Die Bewertung der Attraktivität von inländischen und ausländischen
Anlageformen soll daher nicht nur von den in- und ausländischen
Zinssätzen abhängen
Ein Investor muss auch den (erwarteten) Wechselkurs in seine
Entscheidung einfließen lassen
Interessiert sich ein Investor nur für den erwarteten Ertrag, ist er
indifferent zwischen der inländischen und der ausländischen Anleihe
wenn ihr (erwarteter) Ertrag gleich ist, d.h. wenn
1 + it = (1 + it∗ )
Et
e
Et+1
Diese Bedingung wird als uncovered interest parity condition
(UIP) oder nur ”interest parity condition” bezeichnet; die ist eine
sogenannte ”No-Arbitrage” Bedingung
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Konsequenzen der Interest Parity Condition
Es ist möglich, die UIP folgendermaßen umzuformen:
it ≈ it∗ −
e
Et+1
− Et
Et
Das bedeutet, der inländische Zinssatz muss ungefähr gleich groß sein
wie der ausländische Zinssatz minus der erwarteten Aufwertungsrate
der inländischen Währung
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Konsequenzen der Interest Parity Condition - Beispiel
Beispiel
Angenommen der nominale Zinssatz für Anleihen mit einer Jahr Laufzeit
beträgt in Österreich 2% und in den USA 5%.
Sollte ein Investor in österreichische oder in U.S. Anleihen investieren?
Auf den ersten Blick scheinen U.S. Anleihen attraktiver zu sein. Allerdings
muss man auch die Entwicklung des nominalen Wechselkurses
berücksichtigen:
Erwartet der Investor, dass der Euro um mehr (resp. weniger) als 3%
aufwertet, sind österreichische (resp. U.S.) Anleihen attraktiver
Die Erwartung, dass der Euro um 3% aufwertet ist mit der UIP
vereinbar
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Zusammenfassung
Offene Gütermärkte erlauben es Konsumenten sich zwischen in- und
ausländischen Produkten zu entscheiden
Diese Wahl hängt vom realen Wechselkurs, d.h. vom Preis der
inländischen Gütern gemessen in Einheiten des ausländischen Gutes,
ab
Offene Finanzmärkte erlauben es Investoren sich zwischen in- und
ausländischen Anlageformen zu entscheiden
Ihre Wahl hängt vor allem vom erwarteten Ertrag der beiden
Anlageformen ab, dieser wird durch die in- und ausländischen
Zinssätze, den aktuellen und den erwarteten nominalen Wechselkurs
bestimmt
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