Finanzmarkt Einführung in die Makroökonomie Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) SS 2012 Finanzmarkt 1 / 22 Was bisher geschah In der letzten Einheit haben wir das Gleichgewicht auf dem Gütermarkt analysiert. Dazu haben wir den Wert des (realen) BIP (Y ) bestimmt, für den Produktion und Nachfrage übereinstimmen. In dieser Einheit werden wir den Finanzmarkt betrachten und den Zinssatz (i) bestimmen, für den das Geldangebot und die Geldnachfrage übereinstimmen. Dieser Zinssatz wird vom nominal BIP ($Y ) abhängen. Im nächsten Kapitel werden eine Situation analysieren, in der beide Märkte gleichzeitig im Gleichgewicht sind und die Werte von Y und i in dieser Situation bestimmen. Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 2 / 22 Die Geldnachfrage - Vermögen Zu jedem Zeitpunkt verfügen private Haushalte über ein gewisses Vermögen Vermögen ist ein sogenannte Bestandsgröße, da sie zu einem gewissen Zeitpunkt definiert ist, und ”predetermined” (sie basiert auf Entscheidungen aus der Vergangenheit) Die gegenwärtigen Entscheidungen der Haushalte können daher keine Auswirkungen auf ihr derzeitiges Vermögen haben, sondern nur das Vermögen in der Zukunft beeinflussen. Zu einem bestimmten Zeitpuntk können sich Haushalte nur entscheiden, in welcher Form sie ihr Vermögen halten wollen. Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 3 / 22 Die Geldnachfrage - Anleihen vs. Geld Wir nehmen an, dass Haushalte ihr Vermögen nur in Form von Anleihen oder in Form von Geld halten können. Das Halten von Geld ist nötig um Transaktionen zu finanzieren (Güter kaufen), darüberhinaus wird in Keynesianischen Modellen angenommen, dass Haushalte eine Präferenz für das Halten von Geld haben (”liquidity preference”) Durch das Halten von Anleihen erhält man in der Zukunft einen gewissen fixen Betrag, d.h. Haushalte erhalten auf ihre Anleihen eine fixe Zinszahlen (Zinssatz i) und können so ihr Vermögen in der Zukunft vergrößern. Ein typischer Haushalt wird sein Vermögen auf Anleihen und Geld aufteilen. Ceteris paribus, wird er mehr Anleihen (und weniger Geld) halten, wenn der Zinssatz auf Anleihen höher ist und mehr Geld (und weniger Anleihen), wenn er mehr (bzw. teurere) Güter kaufen will. Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 4 / 22 Die Geldnachfrage - Formale Darstellung Formal kann man die Geldnachfrage (M d ) durch folgende Funktion beschreiben: M d = $YL (i) wobei L0 < 0 Das heißt, wir nehmen an, dass I I die Geldnachfrage proportional zum nominal BIP ist. Die Transaktionen in einer Volkswirtschaft sollten ungefähr proportional zum Einkommen der Haushalte sein. Daher scheint diese Annahme berechtigt zu sein. die Geldnachfrage hängt negativ von Zinssatz ab. Das ist der Fall, da bei einem höheren Zinssatz auch die Opportunitätskosten, die durch das Halten von Geld entstehen, größer sind (den Haushalten entgehen höhere Zinsen durch das Halten von Geld). Daher wird das Halten von Geld weniger attraktiv. Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 5 / 22 Die Geldnachfrage - Liquiditätspräferenz Die Funktion L (i) misst die Liquiditätspräferenz der Haushalte, da der Wert von L0 wiederspiegelt wie sehr sich Änderungen im Zinssatz auf die Geldnachfrage auswirken: Ist L0 absolut gesehen groß, ist für Haushalte vor allem der Zinssatz auf Anleihen ausschlaggebend in ihrer Entscheidung zwischen Anleihen und Geld (sie haben eine schwache Liquiditätspräferenz) Ist L0 absolut gesehen klein, ist der Zinssatz in dieser Entscheidung nahezu unbedeutend (Haushalte verändern ihre Geldnachfrage nur sehr wenig auf Grund einer Änderung des Zinssatzes, sie wollen einfach eine bestimmte Menge an Geld halten - d.h. sie haben eine starke Liquiditätspräferenz) Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 6 / 22 Die Geldnachfrage - Graphische Darstellung Zur Vereinfachung, werden wir die Geldnachfrage nur als Funktion des 1 The Demand for Money Zinssatzes darstellen. Eine Änderung im nominalen BIP $Y verschiebt diese Funktion: iving the Demand for Money d $YL(i ) ( ) Figure 4 - 1 he Demand for Money r a given level of nominal ome, a lower interest rate reases the demand for ney. At a given interest rate, increase in nominal income fts the demand for money to right. 2009 Pearson Education, Inc. Publishing as Prentice Hall • Macroeconomics, 5/e • Olivier Blanchard Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 5 of 32 7 / 22 Das Geldangebot Wir nehmen an, dass das Geldangebot konstant ist, d.h. Ms = M für einen beliebigen fixen Wert M. Die Zentralbank kann diese Geldmenge M allerdings durch sogenannte Offenmarktgeschäfte verändern: I I Die Zentralbank kann Anleihen verkaufen um die Geldmenge zu reduzieren ⇒ kontraktives Offenmarktgeschäft Die Zentralbank kann Anleihen kaufen um die Geldmenge zu erhöhen ⇒ expansives Offenmarktgeschäft Änderungen in der Geldmenge werden auch als Geldpolitik bezeichnet Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 8 / 22 Das Geldmarkt Gleichgewicht - Graphische Analyse -2 Analog The Determination of the Interest Rate, I wenn das zum Gütermarkt ist der Geldmarkt im Gleichgewicht Geldangebot der Geldnachfrage übereinstimmt, d.h. wenn M s = M d oney Demand,mit Money Supply, and the Equilibrium terest Rate Figure 4 - 2 The Determination of the Interest Rate The interest rate must be such that the supply of money (which is independent of the interest rate) is equal to the demand for money (which does depend on the interest rate). t © 2009 Pearson Education, Inc. Publishing as Prentice Hall • Macroeconomics, 5/e • Olivier Blanchard Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 8 of 32 9 / 22 Das Geldmarkt Gleichgewicht - Algebraische Lösung Beispiel α , i = M L (i) = M s mit α > 0 Lösung: Aus der Gleichgewichtsbedingung ergibt sich: α i $Y α M M = $Y i = Für ein nominales BIP von 1000, ein Geldangebot in Höhe von M = 100, und α = 0.01 erhählt man daher den Gleichgewichtszinssatz i= Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) 1000 · 0.01 = 0.1 = 10% 100 Finanzmarkt 10 / 22 Die Verbindung zwischen dem Preis einer Anleihe und dem Zinssatz Um die Auswirkungen von Geldpolitik zu verstehen, ist es notwendig zuerst die Verbindung zwischen dem Preis einer Anleihe und dem Zinssatz herzustellen Angenommen man erhält für eine Anleihe einen fixen Betrag x in der Zukunft und muss derzeit den Preis PB für die Anleihe bezahlen. Die Rendite bzw. der Zinssatz auf die Anleihe ist daher durch i= x − PB PB gegeben. Erhöht sich der Preis der Anleihe, muss daher der Zinssatz sinken. (Steigt PB , sinkt der erzielte Gewinn x − PB im Zähler und steigt der Nenner) Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 11 / 22 Die Auswirkungen von Expansiver Geldpolitik Angenommen die Zentralbank erhöht die Geldmenge: 1 Dadurch erhöht sich die Nachfrage nach Anleihen, während beim ursprünglich Preis für Anleihen das Angebot unverändert bleibt. 2 Diese Überschussnachfrage nach Anleihen führt dazu, dass ihr Preis steigt. 3 Ein höherer Preis auf Anleihen impliziert einen niedrigeren Zinssatz. In anderen Worten: Haushalte sind nur bereit mehr Geld zu halten, wenn die Alternative dazu (Anleihen zu halten) weniger attraktiv wird. Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 12 / 22 Money Demand, Supply, Die Auswirkungen von Money Expansiver Geldpolitik and the Equilibrium Interest Rate Graphisch können die Auswirkungen von Expansiver Geldpolitik wie folgt dargestellt werden: Figure 4 - 4 The Effects of an Increase in the Money Supply on the Interest Rate An increase in the supply of money leads to a decrease in the interest rate. Einführung in die Makroökonomie Finanzmarkt ntice Hall Business Publishing(SS 2012) Macroeconomics, 4/e Olivier Blanchard 16 of 36 13 / 22 Eine andere Charakterisierung von Geldpolitik Üblicherweise setzen sich Zentralbanken nicht eine bestimmte Geldmenge als Ziel, sondern wollen einen speziellen Zinssatz erreichen Um einen bestimmten Zinssatz ĩ zu implementieren, kann sich die Zentralbank die dafür nötige Geldmenge aus der Gleichgewichtsbedingung errechnen: M = $YL ĩ Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 14 / 22 Unterschiedliche Möglichkeiten Geld zu halten Bis jetzt haben wir nicht näher definiert was wir mit dem Begriff ”Geld” genau meinen Neben der Möglichkeit Bargeld (Münzen und Geldscheine) zu halten, verfügen Haushalte auch über Sichteinlagen bei Banken (Bankkonten) Sichteinlagen können genauso wie Bargeld für die Finanzierung von Transaktionen eingesetzt werden. Daher ist es nötig zwischen dem Geld, das für Transaktionen verwendet wird (Bargeld, das von privaten Haushalten gehalten wird, und Sichteinlagen), und dem Geld, das von der Zentralbank gedruckt wird, zu unterscheiden. Bargeld wird allerdings nicht nur von privaten Haushalten, sondern auch von Banken gehalten: Banken sind verpflichtet einen gewissen Anteil der Sichteinlagen als Reserven in Form von Bargeld zu halten um z.B. Abhebungen zu finanzieren. Der Rest der Sichteinlagen kann verwendet werden um Kredite zu vergeben oder Anleihen zu kaufen Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 15 / 22 Die Geldnachfrage - Private Haushalte Wie oben nehmen wir an, dass die gesamte Geldnachfrage M d der privaten Haushalte (Nachfrage nach Geld, dass von privaten Haushalten für Transaktionen verwendet wird) wie folgt gegeben ist: M d = $YL (i) Wir nehmen nun aber an, dass nur ein Anteil c dieser gesamten Geldnachfrage in Form von Bargeld nachgefragt wird, d.h. CU d = cM d Der Rest (der Anteil 1 − c) wird in Form von Sichteinlagen/Bankkonten nachgefragt, d.h. Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) D d = (1 − c) M d Finanzmarkt 16 / 22 Die Geldnachfrage - Banken Banken müssen einen gewissen Anteil der Sichteinlagen als Reserven halten Wir nehmen an, dass dieser Anteil durch 0 < θ < 1 gegeben ist. Verwenden wir, dass die Sichteinlagen durch D dargestellt werden, erhalten wir R = θD Durch das einsetzen der Nachfrage nach Sichteinlagen D d = (1 − c) M d erhalten wir daher die Nachfrage nach Reserven als Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) R d = θ (1 − c) M d Finanzmarkt 17 / 22 Die Geldnachfrage - Notation Wir haben folgende Unterscheidung eingeführt: M . . . steht für das Geld, dass private Haushalte für die Finanzierung ihrer Transaktionen benötigen. In einer Volkswirtschaft mit Banken ist M durch die Summe des von privaten Haushalten gehaltenen Bargelds (CU) und der Sichteinlagen (D) gegeben H . . . steht für das Geld, dass von der Zentralbank gedruckt wird (Münzen und Geldscheine). In einer Volkswirtschaft mit Banken ist H durch die Summe des von privaten Haushalten gehaltenen Bargelds (CU) und den Reserven (R) gegeben Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 18 / 22 Die Nachfrage nach Zentralbank Geld und das Gleichgewicht Die Nachfrage nach von der Zentralbank gedrucktem Geld (”Geldbasis”, engl. ”monetary base” bzw. ”high powered money”, H d ) ist durch die Summe der Nachfrage nach Bargeld von privaten Haushalten (CU d ) und der Nachfrage nach Reserven (R d ) gegeben, d.h. Hd = CU d + R d = cM d + θ (1 − c) M d = [c + θ (1 − c)] $YL (i) Im Gleichgewicht muss das Angebot H s = H dieser Nachfrage entsprechen, d.h. im Gleichgewicht muss der Zinssatz durch folgenden Ausdruck gegeben sein: H = [c + θ (1 − c)] $YL (i) Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt (1) 19 / 22 Der Geldschöpfungsmultiplikator Im Gleichgewicht muss die gesamte Geldnachfrage M d = $YL (i) dem gesamten Geldangebot (Bargeld plus Sichteinlagen, M) entsprechen. Setzt man diese Bedingunge in Gleichung (1) ein, erhält man folgende Beziehung zwischen der Geldbasis H und dem für Transaktionen zur Verfügung stehenden Geld M: H = [c + θ (1 − c)] M beziehungsweise: M= 1 H c + θ (1 − c) Da c + θ (1 − c) kleiner als eins ist, ist die für Transaktionen zur Verfügung stehende Geldmenge M ein Vielfaches der Geldbasis H 1 Daher wird der Ausdruch c+θ(1−c) als Geldschöpfungsmultiplikator (engl. money multiplier) bezeichnet Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 20 / 22 Der Geldschöpfungsmultiplikator - Beispiel Angenommen die Zentralbank erhöht die Geldbasis (H) um ∆ indem sie Anleihen von Individuum A kauft. Weiters nehmen wir an, dass private Haushalte kein Bargeld halten wollen (d.h. c = 0). Formal ergibt sich daher ein Geldschöpfungsmultiplikator von 1θ ). Individuum A wird den Betrag ∆ als Sichteinlagen halten. Die Bank behält nur θ∆ in Form von Reserven ein und wird von dem Rest ((1 − θ) ∆) Anleihen von Individuum B kaufen (alternativ: die Bank gibt Individuum B einen Kredit in dieser Höhe) Individuum B wird ebenfalls den gesamten Betrag in Form von Sichteinlagen halten. Auch hier muss die Bank nur den Anteil θ der zusätzlichen Sichteinlagen als Reserven einbehalten, d.h. die Bank muss den Betrag ((1 − θ) (1 − θ) ∆) als Reserven halten und kann mit dem Rest Anleihen von Individuum C kaufen, ... Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 21 / 22 Der Geldschöpfungsmultiplikator - Beispiel Im vorigen Beispiel ist die Veränderung der für Transaktionen zu Verfügung stehenden Geldmenge (M) durch folgende Summe gegeben: 2 ∆ + (1 − θ) ∆ + (1 − θ) ∆ + . . . = ∆ ∞ X (1 − θ)j j=0 Da dieser Ausdruck für 0 < 1 − θ < 1 eine geometrische Reihe ist, kann er folgendermaßen umgeschrieben werden: ∆ 1 1 =∆ 1 − (1 − θ) θ was tatsächlich dem oben berechneten Geldschöpfungsmultiplikator entspricht. Einführung in die Makroökonomie (SS 2012) Finanzmarkt 22 / 22