Mehr Ernährungskompetenzen im Sport Eine ausgewogene und vielseitige Ernährung ist für Freizeitsportlerinnen und -sportler wichtig, um sowohl deren Fitness und Leistungsfähigkeit zu fördern als auch ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit zu unterstützen. Eine allgemeingültige Vorgabe für die eine Sporternährung für alle gibt es jedoch nicht. Aufbauend auf einer gesundheitsfördernden Basisernährung sind für unterschiedliche Belastungsarten in den jeweiligen Sportarten und verschiedene Leistungsniveaus differenzierte Ernährungsempfehlungen erforderlich. Denn auch die Ziele der Sporttreibenden reichen von regelmäßigem Gesundheitssport bis hin zum Anspruch persönliche Leistungsgrenzen zu erreichen oder an Wettkämpfen teilzunehmen. Auf dem Markt finden Freizeitsportlerinnen und –sportler eine unüberschaubare Menge an speziellen Lebensmitteln für diese Zielgruppe. Allen Sportlerlebensmitteln gemeinsam ist die mehr oder weniger deutliche Werbebotschaft, dass ihr Konsum für das Erreichen der persönlichen sportlichen Ziele besonders förderlich ist. Sie unterscheiden sich aber in ihrer Qualität und ihrem Nutzen erheblich. Im Lernmodul erarbeiten Sie Basiswissen zur Sporternährung und erhalten Informationen zur kritischen Bewertung von Sportlerlebensmitteln. Im Text erfahren Sie die theoretischen Grundlagen. Die Übungen sollen die praktische Umsetzung trainieren und den Wissensstand kontrollieren. 1. Grundlagen der Ernährung im Sport Während Kohlenhydrate und Fette hauptsächlich zur Energiegewinnung und erst in zweiter Linie zum Aufbau von Körpersubstanz genutzt werden, sind Eiweiße in erster Linie zum Aufbau und Erhalt von Körpersubstanzen nötig, vorrangig als Aufbaustoff für die Muskulatur. Kohlenhydrate und Eiweiße liefern 4 kcal Energie je 1 g, 1 g Fett jedoch 9 kcal. Daneben benötigt der Körper Vitamine und Mineralstoffe um sportliche Herausforderungen zu bewältigen. Diese Nährstoffe liefern keine Energie. Nährstoffe werden mit Lebensmitteln zugeführt, in denen sie in unterschiedlichen Mengen enthalten sind. Da die drei Hauptnährstoffe (Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß) gleichzeitig Energie liefern, werden die Empfehlungen für ihre Aufnahme auf den Energiegehalt der gesamten täglichen Lebensmittelzufuhr bezogen. Grundsätzlich sind folgende Nährstoffrelationen bei der Zusammenstellung des Essens zu empfehlen: Kohlenhydrate Fette Eiweiße liefern 50 – 60 % der Energie 20 – 30 % der Energie 10 – 20 % der Energie. Kohlenhydrate Kohlenhydrate1 sind die wichtigste Energiequelle für Sportler, denn die Leistungsfähigkeit hängt eng mit dem Füllungszustand der Kohlenhydratspeicher in der Muskulatur und der Leber zusammen. Das Speicherkohlenhydrat des Körpers ist das Glykogen. Der Anteil der Kohlenhydrate an der Energiezufuhr sollte 50 – 60 % der Gesamtenergie betragen. Daher wird Sportlern eine tägliche Aufnahmemenge von 6 – 10 g/kg Körpergewicht empfohlen. 1 Kohlenhydrate sind eine Nährstoffgruppe, die aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff aufgebaut ist. Sie unterscheiden sich in verdauliche Kohlenhydrate und unverdauliche (Ballaststoffe). Nahrungskohlenhydrate sind vor allem pflanzlichen Ursprungs. Doch Kohlenhydrat ist nicht gleich Kohlenhydrat. Je nach Anzahl der Zuckerbausteine unterscheidet man: Einfach- und Zweifachzucker, die süßschmeckenden Zucker Als kurzkettige Kohlenhydrate werden sie schnell durch den Körper aufgenommen, Beispiele sind Haushaltszucker (Saccharose), Traubenzucker (Glucose) und Fruchtzucker (Fructose). Mehrfachzucker Sie bestehen aus zahlreichen Zuckerbausteinen und haben einen neutralen Geschmack. Beispiele sind Maltodextrin2 (10-20 Zuckerbausteine, mittelkettig) und Stärke (komplexe Kohlenhydrate, langkettig), die in Nudeln, Getreideflocken, Brot, Kartoffeln oder Gemüse vorkommen. Für eine gesunde und sportbewusste Basisernährung3 sind komplexe Kohlenhydrate besonders gut geeignet. Sie lassen den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen und rufen eine geringere Insulinausschüttung hervor. Somit kann eine langsamere Energieabgabe an den Organismus garantiert werden. Lebensmittel, die komplexe Kohlenhydrate liefern, sättigen anhaltend gut und weisen meist eine hohe Nährstoffvielfalt auf, sind also reich an Vitaminen und Mineralstoffen sowie sekundären Pflanzenstoffen4. All das fördert eine optimale sportliche Leistung. Zuckerhaltige (Ein- und Zweifachzucker) Nahrungsmittel sind demgegenüber während oder nach einem energiezehrenden Training oder Wettkampf gut geeignet, dem Körper die verbrauchte Energie schnell zurückzuführen. Günstige Kohlenhydratquellen in der Basisernährung sind: Getreide und Getreideerzeugnisse (vorzugsweise in der Vollkornvariante) Kartoffeln Hülsenfrüchte Obst und Gemüse (hier: auch Ballaststoffe) Ungeeignete Kohlenhydratquellen in der Basisernährung sind Süßwaren, Erfrischungsgetränke, Eiscreme, Kuchen, Konfitüren, Weißmehlprodukte wie Toastbrot, helle Brötchen, Weißbrot, Kekse oder Obst aus Konserven (meist mit Zuckerzusatz). Diese Lebensmittel sollten in nur geringem Umfang verzehrt werden, da sie vorwiegend leicht lösliche Kohlenhydrate enthalten. 2 Maltodextrine sind Kohlenhydratgemische aus unterschiedlichen Glucosebausteinen (Glucose, Maltose, Polysaccharide auf Glucosebasis). Sie sind wasserlöslich, geschmacksneutral bis leicht süß - abhängig von der Zusammensetzung des Gemisches - .Der Energiegehalt beträgt 4 kcal pro g. 3 Unter Basisernährung wird die Ernährung im Trainingsalltag des Sportlers verstanden. Mit dieser Ernährung wird der Bedarf an Energie und Nährstoffen gedeckt. Die Ernährung zur Wettkampfvorbereitung, im Wettkampf und unmittelbar danach kann abweichen. 4 Sekundäre Pflanzenstoffe sind große Gruppe chemisch unterschiedlicher Verbindungen in Pflanzen: Farbstoffe, Wachstumsregulatoren, Aroma- und Duftstoffe usw.. Sie werden in geringen Mengen mit der Nahrung aufgenommen und entfalten im Körper eine Vielzahl gesundheitsfördernder Effekte. Beispiel: Ein 75 kg schwerer Sportler mit einem Energiebedarf von 3.000 kcal sollte also 412 – 450 g Kohlenhydrate (KH) am Tag zu sich nehmen, beispielsweise: 6 Scheiben Roggenvollkornbrot (je 45 g = 132 g KH) + 2 Weizenvollkornbrötchen (je 45 g = 37 g KH) + 1 Portion Vollkornzwieback (45 g = 25 g KH) + 1 Portion gekochte Kartoffeln (250 g = 37,5 g KH) + 1 Portion Müsli, ungezuckert (70 g = 45,5 g KH) + 1 Apfel (125 g = 14 g KH) + 1 Banane (125 g = 27 g KH) + 1 Portion Rote Bete (z. B. als Salat 135 g = 11,5 g KH) + 1 Portion Gemüsemais (135 g = 22 g KH) + 1 Portion Linsen, gekocht (135 g = 15 g KH) + 1 Portion Orangensaft (200 ml = 18 g KH) + 1 Portion Buttermilch (200 ml = 8 g KH) + 1 Portion Süßigkeiten (z.B. 50 g Gummibärchen = 38 g KH) © Verbraucherzentrale Sachsen Abbildung 1: Lebensmittelmittelauswahl zur Deckung des Kohlenhydratbedarfes eines 75 kg schweren Sportlers Fette Nahrungsfette5 dienen wie Kohlenhydrate hauptsächlich der Deckung des Energiebedarfs. Bei übermäßigem Verzehr tragen sie maßgeblich zur Entstehung von Übergewicht bei. Für Sportler gilt daher, dass sowohl ein Überschuss als auch ein Mangel an Fett Leistungseinbußen bewirkt. Aus diesem Grund ist eine bedarfsgerechte Zufuhr wichtig. Etwa 20 – 30 % der täglichen Energiemenge sollten aus Fett stammen. 5 Fette bestehen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Sie sind aus einem Glyzerinmolekül und drei angekoppelten Fettsäuren aufgebaut. Ihre chemischen Eigenschaften hängen von den Fettsäuren ab. Besonders wichtig ist die Fettqualität. Zu gleichen Teilen sollten die zugeführten Fette aus gesättigten, einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren6 bestehen. Besonders wichtig ist die Aufnahme von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, beispielsweise über pflanzliche Öle oder Nüsse. Sie wirken sich positiv auf die Regeneration nach intensiven sportlichen Belastungen aus. Tierische Fette hingegen haben oft einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren und unerwünschten Begleitstoffen wie Purin7 oder Cholesterin8. Gut geeignete Fettquellen sind pflanzliche Öle, Fettfische (z.B. Hering, Lachs, Makrele), Nüsse oder Samen. Weniger gut geeignet für eine fettbewusste Ernährung sind fettreiche Wurst- und Fleischsorten, fettreiche Käsesorten, Snacks und Süßigkeiten. Beispiel: Ein 75 kg schwerer Sportler mit einem Energiebedarf von 3.000 kcal sollte also 750– 900 kcal aus Fett aufnehmen, das sind 83 g bis 100 g Fett am Tag also beispielsweise: 6 Scheiben Roggenvollkornbrot (je 45 g = 3,2 g Fett) + 30 g Butter (25 g Fett) + 15 g Pflanzenöl (15 g Fett) + 2 Portionen Käse (Schnittkäse, 45 % Fett i. Trockenmasse je 30 g = 17 g Fett) + 1 Portion Walnüsse (45 g = 28 g Fett). © Verbraucherzentrale Sachsen Abbildung 2: Lebensmittelauswahl zur Deckung des Fettbedarfes eines 75 kg schweren Sportlers 6 Fettsäuren werden in gesättigte (nur Einfachbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen) und ungesättigte (eine oder mehrere Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen) eingeteilt. Gesättigte Fettsäuren und einfach ungesättigte Fettsäuren bildet der Körper selbst. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Omega 3 und Omega 6 Fettsäuren) müssen mit der Nahrung zugeführt werden, da sie nicht im Körper gebildet werden. 7 Purine bestehen aus einem Grundgerüst aus Kohlenstoff- und Stickstoffatomen. Sie werden mit der Nahrung aufgenommen und vom Körper gebildet. Purine werden für die Neubildung von Zellen benötigt. Überschüssige Purine werden zu Harnsäure abgebaut und ausgeschieden. Bei einem gestörten Stoffwechsel steigt das Risiko für Gicht und Harnsteine. 8 Cholesterin ist eine fettverwandte Substanz der tierischen (und menschlichen) Gewebe. Es erfüllt verschiedene Funktionen – Bestandteil der Zellmembranen, Grundstoff für Hormone usw.. Störungen des Cholesterinstoffwechsels (hoher Cholesterinspiegel) begünstigen die Entstehung von HerzKreislauf-Erkrankungen. Eiweiße n Eiweiße9 (Proteine) sind ein wichtiger Baustoff für den Körper und dienen dem Aufbau und der Erneuerung von Zellen und Geweben. Grundsätzlich wird täglich eine Proteinzufuhr von 10 – 20 % der Energiemenge empfohlen. Diese Menge wird benötigt, um abgebaute Körperproteine zu ersetzen und Funktionsproteine wie Enzyme aufzubauen. Personen mit normaler körperlicher Belastung, also auch Freizeitsportler, benötigen etwa 0,8 g Eiweiß je kg Körpergewicht am Tag. Sehr leistungsorientierte Sportler und Kaderathleten dagegen haben aufgrund einer extremen körperlichen Belastung einen Mehrbedarf an Proteinen. So benötigen (Leistungs-)Ausdauersportler ungefähr 1,2 g – 1,4 g/kg Körpergewicht. Bedingt durch den Aufbau an Muskelmasse haben (Leistungs-) Kraftsportler vor allem beim Einstieg ins Training einen erhöhten Proteinbedarf, daher wird ihnen eine Aufnahmemenge von 1,2 g – 1,7 g/kg Körpergewicht empfohlen. Diese Sportler benötigen gleichzeitig auch deutlich mehr Energie und müssen demzufolge mehr essen als inaktive Personen. Mit der deutlich höheren Lebensmittel- und damit auch Nährstoffzufuhr wird der erhöhte Eiweißbedarf gedeckt. Da eine erhöhte Eiweißaufnahme mit erhöhter Nierenbelastung einhergeht, steigt der Flüssigkeitsbedarf. Tabelle 1: Eiweißbedarf verschiedener Sportler Freizeitsportler* (Leistungs)Ausdauersportler* 0,8 g –1,0 g/ kg KG 1,2 g – 1,4 g/kg KG pro Tag pro Tag (mit geringer (mittleres bis hartes Training) Trainingsbelastung) KG = Körpergewicht * weibliche Sportler 10 – 20 % weniger (Quelle: Raschka/Ruf 2012) (Leistungs)Kraftsportler* 1,2 g – 1,7 g/kg KG pro Tag (mittleres bis hartes Training oder Anfänger) Doch nicht alle Eiweiße sind gleich. Als Methode zur Abschätzung der Qualität der Nahrungsmittelproteine dient die „biologische Wertigkeit“. Sie zeigt auf, wie viel eines aufgenommenen Proteins in körpereigenes Eiweiß umgewandelt werden kann. Lebensmittel mit einer hohen biologischen Wertigkeit10 können den täglichen Bedarf an Proteinen bei sportlicher Belastung ausgleichen. Die höchste biologische Wertigkeit ergibt sich jedoch aus der Kombination von tierischen mit pflanzlichen Lebensmitteln. Beispiele hierfür sind: Brot mit Käse; Getreideflocken mit Milch; Reis mit Fleisch; Kartoffeln mit Ei oder Quark. Geeignete proteinreiche Lebensmittel sind magere Fleisch- und Wurstsorten, magere Käsesorten, fettarme Milch- und Milchprodukte sowie Hülsenfrüchte und Kartoffeln. 9 Eiweiße (Proteine) sind aus Aminosäuren aufgebaut. Aminosäuren bestehen neben Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff aus Stickstoff und ggf. anderen Stoffen. 20 Aminosäuren sind für den Aufbau von Eiweiß von Bedeutung. Pflanzen können diese Aminosäuren vollständig bilden. Der menschliche Organismus kann einen Teil nicht selbst bilden und muss diese mit der Nahrung zuführen. 10 Der Begriff beschreibt ein Maß für die Eiweißqualität. Je höher die biologische Wertigkeit ist, desto besser entspricht die Zusammensetzung eines Nahrungseiweißes dem Bedarf des Menschen. Die biologische Wertigkeit gibt an, wie viel Körpereiweiß aus 100 g Eiweiß eines Lebensmittels synthetisiert werden kann. Beispiel: Ein 75 kg schwerer Sportler mit einem Energiebedarf von 3.000 kcal sollte also täglich 75 g bis 150 g Eiweiß aufnehmen, also beispielsweise: 6 Scheiben Roggenvollkornbrot (je 45 g = 19,5 g Eiweiß) + 1 Portion Kartoffeln, gekocht (250 g = 4,5 g Eiweiß) + 1 Portion Linsen, gekocht (135 g = 10 g) + 2 Portionen Käse (Schnittkäse, 45 % Fett i. Trockenmasse je 30 g = 15 g Eiweiß) + 1 Portion Buttermilch (200 ml = 7 g Eiweiß) + 1 Portion Rotbarsch (125 g = 22,5 g Eiweiß). © Verbraucherzentrale Sachsen Abbildung 3: Lebensmittelauswahl zur Deckung des Eiweißbedarfes eines 75 kg schweren Sportlers Vitamine und Mineralstoffe Vitamine und Mineralstoffe sind lebensnotwendig und müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Im Sport steigert der Körper seine Leistung und dabei laufen grundlegende Stoffwechselvorgänge vermehrt und/oder beschleunigt ab. Der daraus resultierende Mehrbedarf an Vitaminen und Mineralstoffen kann bei einer ausgewogenen Ernährung durch die höheren Verzehrmengen problemlos gedeckt werden. Eine gezielte zusätzliche Zufuhr mit Nahrungsergänzungsmitteln ist nur in Ausnahmesituationen notwendig (starke Gewichtsreduktion, chronische Krankheit usw.). Hier kann im Einzelfall eine Nahrungsergänzung ratsam sein. Sportler, die ein geringes Körpergewicht halten müssen, sollten durch eine ausgewogene Ernährung einer Unterversorgung vorbeugen.