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Roger Billard
Karl Pöhlig
Karl Pöhlig wurde am 26. April 1908 in
Mülheim an der Ruhr geboren und besuchte
von 1914 bis 1922 die Volksschule in Dortmund, aus der er nach der 7. Klasse entlassen wurde. Zunächst begann er eine
Ausbildung zum Konditor, die er wegen
einer Hautkrankheit abbrechen musste. Danach arbeitete er als Hilfsarbeiter an
verschiedenen Arbeitsstellen. Von 1936 bis
1941 war er beim Braunkohlen- und Benzinwerk in Magdeburg tätig, von wo er nach
dem Tod seines Vaters nach Dortmund
zurückkehrte.
In Dortmund trat der ledige Karl Pöhlig eine
Stelle als Arbeiter bei der Post an. Am 29.
Juni 1943 wurde er an seiner Arbeitsstelle
festgenommen, nachdem er beim Öffnen
eines Feldpostpäckchens ertappt worden
war. Am 1. Juli 1943 wurde Karl Pöhlig, der
Diebstähle von Feldpostpäckchen in vierzig
Fällen einräumte, in das Dortmunder Untersuchungsgefängnis eingeliefert. Im September 1943 verurteilte ihn das Sondergericht Dortmund wegen Diebstahls und
Amtsunterschlagung zu einer Zuchthausstrafe von sechs Jahren und sechs Jahren
Ehrverlust.
Das 1943 gültige Strafgesetzbuch sah
bei Diebstahl und Unterschlagung nur
Gefängnisstrafen vor. Auch war die
Strafhöhe auf bis zu drei Jahre bemessen. Die Verurteilung zur einer langjährigen Zuchthausstrafe ist ein Beispiel für die politische Instrumentalisierung des Strafrechts. Grundlage
dafür war die Volksschädlingsverordnung von 1939. Diese schrieb vor,
dass Taten, die unter Ausnutzung des
Kriegszustandes begangen worden
waren, mit Zuchthausstrafen bis zu 15
Jahren zu ahnden waren. Nach Ansicht
des Sondergerichts Dortmund war bei
Karl Pöhlig die Volksschädlingsverordnung deshalb anzuwenden, weil er die
Verbindung zwischen Heimat und
Front durch seine Tat gestört hätte. Daher sei eine strenge Strafe erforderlich,
der gegenüber die mildernden Umstände wie seine bisherige Unbescholtenheit zurückzutreten hätten.
Zwei Tage nach dem Urteil, am 15.
September 1943, wurde Karl Pöhlig, in
das Zuchthaus Werl eingeliefert und
am 15. September 1944 in das Harsewinkeler Lager zum Arbeitseinsatz
überwiesen. Bei der Aufnahmeuntersuchung stellte der Arzt ein Geschwür
am Unterarm fest, das möglicherweise
mit der Hautkrankheit Karl Pöhligs zusammenhängen kann. Am 20. Januar
1945 ist Karl Pöhlig im Gefangenenlager an Herzschwäche gestorben. In
den vorherigen Untersuchungen wurden keine Erkrankungen des Herzens
diagnostiziert. Am 25. Januar 1945
wurde er durch den evangelischen
Pfarrer Rietbrock aus Versmold in
Harsewinkel beerdigt.
Sterbebucheintrag für Karl Pöhlig
Sterbebuch Harsewinkel, 1945
Der am 17. Februar 1922 in Clichy bei
Paris geborene Roger Billard besuchte
bis zu seinem 12. Lebensjahr die
örtliche Volksschule. Anschließend
arbeitete er vier Jahre als Kuhhirte und
Melker bei einem Bauern und zog dann
zu seiner Mutter nach Paris, wo er zweieinhalb Jahre das Weinlagern lernte.
Durch den Krieg verlor er seine Arbeit
und wurde durch das Arbeitsamt zur
Arbeit in Deutschland verpflichtet. Von
Paris nach Hagen geschickt, musste der
unverheiratete Roger Billard eine Stelle
als Transportarbeiter bei der Reichsbahn in Hagen annehmen.
einem Augenblick, in dem er sich unbeobachtet glaubte, hatte Roger Billard ein
Feldpostpäckchen aufgerissen. Als Grund
für seine Tat gab er an, dass er Hunger
gehabt und in dem Paket Nahrungsmittel
und Tabak vermutet habe. Da das von ihm
geöffnete Paket jedoch weder Nahrungsmittel noch Tabak enthielt, versuchte er es
wieder zu verschließen, wobei er ertappt
wurde. Aufgrund der Häufigkeit von
Transportdiebstählen hielt das Gericht
eine Strafe mit abschreckendem Charakter für notwendig. Mildernd wirkte sich aus,
dass kein Schaden entstanden und Roger
Billard bislang straffrei geblieben war.
Am 21. August 1941 wurde Roger Billard
von Hagen nach Harsewinkel in das Gefangenenlager Oberems eingeliefert. Laut
der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung
wog der 1,70 Meter große Mann 67,5 kg
und litt an einer leichten Mandelentzündung. Nach Verbüßung seiner Haftstrafe wurde er am 21. Dezember aus der
Haft entlassen und in das Eisenbahnerwohnheim in Schwerte zurückgebracht.
Sein weiterer Lebenslauf konnte nicht
ermittelt werden.
Begleitzettel für Roger Billard während seiner Reise
nach Schwerte.
Stadtarchiv Harsewinkel, C 109, Band 1
Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung im Juli
1941 wohnte er in einem Arbeiterwohnheim in Schwerte. Das Gericht verurteilte
ihn wegen des Öffnens von Feldpost, das
als versuchter Diebstahl gewertet wurde,
zu einer Haftstrafe von 4 Monaten. In
Quellen: Landesarchiv NRW Abt. OWL, D 22 Gütersloh Nr. 5404/10126
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