Sch atzung der Job-Turnover-Rate aus einer einfachen

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Sch
atzung der Job-Turnover-Rate
aus einer
einfachen Zufallsstichprobe
y
Ruth Brand und Vivian Carstensen
Diskussionspapier 213
ISSN 0949-9962
Januar 1998
y
Fur Anregungen und Kommentare danken wir Hartmut Lehne.
Adresse der Autoren:
Institut fur Quantitative Wirtschaftsforschung
Konigsworther Platz 1
30167 Hannover
Fax-Nr. 0049 511 762-3923
1 Einleitung
Bereits seit Mitte der 80er Jahre nehmen die Arbeiten zur Arbeitsplatzdynamik einen breiten Raum in der okonomischen Diskussion ein. Die empirisch orientierten Beitrage (fur einen internationalen U berblick vergleiche z.B.
OECD 1994 oder Davis/Haltiwanger/Schuh 1996) stellen verstarkt auf die
Job-Turnover-Rate (JTR) sowie auf ihre beiden Komponenten Job-CreationRate (JCR) und Job-Destruction-Rate (JDR) ab. Interesse besteht unter anderem an der Untersuchung des zyklischen Verhaltens von JCR und JDR,
wobei die Abweichungen in der Entwicklung dieser beiden Komponenten im
Vordergrund stehen.
In jungster Zeit wird zudem analysiert, inwieweit strukturelle, institutionell
arbeitsrechtliche und rmenspezische Komponenten im Zusammenhang mit
der Arbeitsplatzdynamik stehen.
Im allgemeinen greifen die Arbeiten auf Datenquellen zuruck, die sich primar
vier Kategorien zuordnen lassen:
Totalerhebungen der Sozialversicherungstrager,
Pichterhebungen der nationalen statistischen A mter,
Kreditdateien,
Unternehmens-/Betriebsbefragungen.
Werden Befragungen zur Berechnung der Job-Turnover-Rate und ihrer Komponenten herangezogen, handelt es sich stets um die Auswertung einer Stichprobenerhebung. Oftmals beziehen sich auch die Auswertungen auf Basis von
Totalerhebungen aus Grunden der Rechnerkapazitat auf eine Stichprobe hieraus.
Somit ist es im Rahmen vieler empirischer Arbeiten nicht moglich, die tatsachlichen Werte der Mazahlen in der Grundgesamtheit zu ermitteln. Vielmehr
sind die berechneten Raten als Schatzwerte fur die tatsachlichen Raten in der
Grundgesamtheit aufzufassen. Die Implikationen dieses Vorgehens werden im
folgenden Beitrag formal dargestellt.
1
Im folgenden werden zunachst die Mazahlen der Arbeitsplatzdynamik fur
eine Grundgesamtheit deniert. Anschlieend werden die Eigenschaften der
in der Regel zur Schatzung verwendeten Stichprobenaquivalente diskutiert.
Hierauf aufbauend werden Kondenzintervalle und erste Tests vorgestellt.
Die Ergebnisse werden anhand eines einfachen Beispiels erlautert.
2 Denition der Job-Turnover-Rate und ihrer Komponenten
Fur eine Grundgesamtheit von N Betrieben bzw. Unternehmen wird die JobTurnover-Rate (JTR) in der Regel berechnet als
P
j j
JT R = Pi i
i Ei
(1)
:
Dabei bezeichnet jij den Absolutwert der Nettoveranderung der Zahl der
Beschaftigten im Betrachtungszeitraum in Betrieb i, d.h. die Dierenz aus
Beschaftigtenzahl am Ende und am Beginn des Betrachtungszeitraums. Mit
Ei wird die durchschnittliche Zahl der Beschaftigten im i-ten Betrieb bezeichnet. Ergibt sich Pi i > 0, ist die Nettobeschaftigungsentwicklung in der
Grundgeamtheit positiv, ist Pi i < 0, so werden die Beschaftigungsmoglichkeiten insgesamt verringert, d.h. die Nettobeschaftigungsentwicklung ist negativ.
Die JTR lat sich in die Job-Destruction-Rate (JDR) und die Job-CreationRate (JCR) zerlegen. Es gilt
JT R = JDR + JCR =
P
j
ij Piji>0 jij
+ PE
:
P
E
iji <0
i
i
i
i
(2)
Die JDR ist deniert als die Summe der Absolutwerte der negativen Nettobeschaftigungsveranderungen (mithin als die Summe der Nettobeschaftigungsverluste) bezogen auf die Summe der Durchschnittsbeschaftigungen in
der Wirtschaft. Bezeichnet man den Beschaftigungsverlust im i-ten Betrieb
mit Zi
8
< ,i , wenn i < 0
Zi = :
0 sonst
2
kann die Job-Destruction-Rate (JDR) mittels folgender Gleichung dargestellt
werden
P
Z
(3)
JDR = Pi i :
E
i
i
Die JCR ist deniert als die Summe der Absolutwerte der positiven Beschaftigungsveranderungen (mithin als die Summe der Nettobeschaftigungszuwachse)
bezogen auf die Summe der Durchschnittsbeschaftigungen in der Wirtschaft.
Bezeichnet man den Beschaftigungszuwachs im i-ten Betrieb mit Yi
8
< , wenn i > 0
Yi = : i
0 sonst
ergibt sich fur die Job-Creation-Rate (JCR)
P
Y
JCR = P i i :
i Ei
(4)
Deniert man Wi = Zi + Yi und die folgenden Mittelwerte
1 XY ; Z = 1 XZ ; E = 1 XE ; W = 1 XW ;
Y=
i
i
i
i
N
i
N
N
i
i
N
i
ergibt sich fur die oben dargestellten Mae
JCR =
JDR =
JT R =
=
P
1 P Yi Y
i Yi
N
P = 1 Pi =
E
i Ei
N i Ei
P
P
1
Z Z
Z
Pi i = N1 Pi i =
E
i Ei
N i Ei
P
1
N Pi Wi = W
1
E
N i Ei
1 P (Yi + Zi ) Z Y
N iP
= +
:
1
E E
N i Ei
(5)
(6)
(7)
3 Schatzung der Job-Turnover-Rate aus einer Stichprobenerhebung
Im folgenden wird davon ausgegangen, da aus der Grundgesamtheit eine
Stichprobe vom Umfang n durch eine einfache Zufallsauswahl ohne Zurucklegen gezogen wurde. Es liegt nahe, obige Mae durch die Stichprobenwerte
zu schatzen.
3
Bezeichnet man die Stichprobenwerte mit yi; zi und ei, so ergibt sich fur die
d , JDR
d und JT
dR:
Schatzwerte JCR
1 P yi y
n
d
JCR = 1 Pi =
e
n i ei
1 P zi z
d = n Pi =
JDR
1
e
n i ei
1 P wi w
dR = n Pi =
JT
1
e
n i ei
P
1 (y + z )
d + JDR
d :
= n 1i Pi i = y +e z = JCR
e
n i i
(8)
(9)
(10)
Mit den Schatzfunktionen (8), (9), (10) wird jeweils ein Quotient von Mittelwerten der Grundgesamtheit, d.h. ein Quotient von Erwartungswerten,
durch einen Quotienten von Stichprobenmitteln geschatzt. Man kann allgemein zeigen, da ein Quotient von Stichprobenmitteln ein verzerrter aber
asymptotisch erwartungstreuer Schatzer fur den Quotienten der Erwartungswerte ist.
Dieses wird am Beispiel der JCR fur den vorliegenden Fall demonstriert.
Wegen
y
y
y
y
Cov ( ; e) = E ( e) , E ( ) E (e) = E (y) , E ( ) E (e)
e
e
e
e
ist der Erwartungswert der geschatzten JCR
y E (y) Cov ( ye ; e)
d
E (JCR) = E ( ) =
, E (e)
e
E (e)
:
Da in einfachen Zufallsstichproben E (y) = Y und E (e) = E gilt, ergibt sich
d) = Y
E (JCR
E
y
d
e)
, CovE( e ; e) = JCR , Cov(JCR;
:
E
(11)
d e) 6= 0.
Diese Schatzung der JCR ist verzerrt, da im allgemeinen Cov(JCR;
Aus Gleichung (11) kann eine Obergrenze fur den Bias abgeleitet werden
(vgl. Hartley/Ross, 1954). Es gilt
q
q
d
d
V
(
JCR
)
V (e)
d e
d ) , JCR = , Cov (JCR; e) = , JCR;
E (JCR
;
E
E
4
d und e bezeichnet
wobei mit JCR;
d e der Korrelationskoezient zwischen JCR
d ) bzw. V (e) die Varianzen der geschatzten JCR bzw.
wird und mit V (JCR
der Durchschnittsbeschaftigung in der Stichprobe bezeichnet werden. Da der
Betrag des Korrelationskoezienten JCR;
d e stets kleiner oder gleich 1 ist, gilt
fur den Bias
q
q
d ) V (e)
V
(
JCR
d ) , JCRj jE (JCR
E
P
mit V (e) = 1,nf SE2 , wobei SE2 = N1,1 i (Ei , E )2 die modizierte Varianz
von E und f den Auswahlsatz (f = Nn ) bezeichnet.
Fur den relativen Bias erhalt man
q
d
V (e)
jE (JCR
q ) , JCRj :
E
d
V (JCR)
Folgt man Cochran (1977, S.162), kann der Bias damit vernachlassigt werden,
wenn der geschatzte Variationskoezient des Mittelwertes
ps2der Besch
q 1,afftigten2 1
zahlen in der Stichprobe ve klein ist, mit ve = e e =
n se e ,
P
s2e = n,1 1 ni=1 (ei , e)2 . Als Faustregel wird dabei ve < 0:1 verwendet.
Es kann gezeigt werden, da der Bias der Schatzung der JCR fur groe Stichprobenumfange durch
2
d , JCR) ' 1 , f JCR SE
E (JCR
n
E2
!
SY E
, Y E ;
(12)
approximiert werden kann (Cochran 1977, S.160f.), wobei SY E = N1,1 Pi(Ei ,
E )(Yi , Y ) die modizierte Kovarianz zwischen E und Y bezeichnet. Oensichtlich strebt der Bias in Gleichung (12) fur groe Stichprobenumfange
d ein asymptotisch erwartungstreuer Schatzer fur
gegen Null. Damit ist JCR
die JCR.
Analog kann gezeigt werden, da die JDR verzerrt { aber asymptotisch erd geschatzt werden kann. Damit wird auch die JTR
wartungstreu { durch JDR
asymptotisch erwartungsteu durch (10) geschatzt. Wegen
dR) = E (JCR
d ) + E (JDR
d )
E (JT
d
d
= JCR + JDR , Cov(JDR; e) , Cov(JCR; e)
E
E
5
ergibt sich fur den Bias der geschatzten JTR
d
d
dR) , JT R = , Cov (JDR; e) , Cov (JCR; e)
E (JT
E
E
:
Die Varianz der Schatzungen kann nur approximativ fur groe Stichprobenumfange bestimmt werden (vgl. z.B. Cochran, 1977, S.31f, Stenger, 1986,
S.67f). Die verwendete Approximation basiert auf der Annahme, da der
Nenner des Quotienten der Stichprobenmittel durch das Grundgesamtheitsmittel ersetzt werden kann, so da die Schatzung des Quotienten als erwartungstreu angesehen werden kann. Fur den hier vorliegenden Fall bedeutet
dies, da die Approximation gerechtfertigt ist, wenn die geschatzte durchschnittliche Beschaftigungszahl e nahe am tatsachlichen Wert der Grundgesamtheit E liegt.
Die Approximation soll am Beispiel der JCR verdeutlicht werden. Es gilt
d , JCR = y , JCR e :
JCR
e
e
Ersetzt man im Nenner e durch E ergibt sich
d , JCR = y , JCR e :
JCR
E
Der Erwartungswert dieses Ausdrucks ist Null, so da fur die Approximad als unverzerrt angesehen werden kann. Unter dieser
tion der Varianz JCR
Voraussetzung gilt
d ) ' E (JCR
d , JCR)2 = 1 E (y , JCR e)2 = 1 , f SD2 ;
V (JCR
E 2
nE 2
mit SD2 = N1,1 PNi=1(Di , D )2, Di = Yi , JCR Ei und D = Y , JCR E = 0.
Fur die modizierte Varianz der Dierenz D gilt
SD2 = SY2 + JCR2 SE2 , 2JCR SY E :
Damit erhalt man
bzw.
d ) ' 1 , 2f (SY2 + JCR2 SE2 , 2JCR SY E )
V (JCR
nE
2
2
d ) ' 1 , f JCR2 ( SY + SE
V (JCR
n
Y 2 E2
6
, 2 SYYEE ) :
(13)
d ) ergibt sich analog
Fur V (JDR
2
2
d ) ' 1 , f JDR2 ( SZ + SE , 2 SZE ) :
V (JDR
n
Z E
Z2 E2
(14)
Die Varianz der geschatzten JTR ergibt sich, wenn man Gleichung (10)
betrachtet
2
2
dR) ' 1 , f JT R2 ( SW + SE , 2 SW E ) ;
V (JT
(15)
E
n
W
W 2 E2
mit SW2 = N1,1 PNi=1(Wi , W )2 und SW E = N1,1 PNi=1(Wi , W )(Ei , E ).
Da Wi = Zi + Yi, gelten fur SW E und SW2 folgende Beziehungen
N
X
1
((Z + Y ) , (Z + Y ))(Ei , E ) = SZE + SY E ;
SW E =
N , 1 i=1 i i
N
X
1
2
SW =
((Zi + Yi) , (Z + Y ))2 = SZ2 + SY2 + 2SZY ;
N , 1 i=1
N
X
mit SZY = N 1, 1 (Zi , Z )(Yi , Y )
i=1
N
X
= N 1, 1 ZiYi , N N, 1 ZY = , N N, 1 ZY ;
i=1
da aufgrund der Dention der Variablen fur alle Elemente der Grundgesamtheit Yi Zi = 0 gilt.
Aus Gleichung (15) ergibt sich damit
2 + JT R2 S 2 , 2JT R SW E )
dR) ' 1 , f (SW
V (JT
E
2
nE
= 1 , 2f [SY2 + SZ2 , 2N Y Z + (JDR + JCR)2SE2
nE
N ,1
, 2(JDR + JCR)(SY E + SZE )] :
Multipliziert man die Terme aus und sortiert sie, erhalt man
dR)
V (JT
d ) + V (JCR
d)
' V (JDR
SY E
SZE
, 2JDR JCR 1 ,n f E12 ( JCR
+ JDR
, SE2 ) + N N, 1 :(16)
d und JDR
d nicht unabhangig sind.
In Gleichung (16) wird deutlich, da JCR
d und JCR
d ergibt sich wegen
Fur die Kovarianz von JDR
dR) = V (JCR
d ) + V (JDR
d ) + 2Cov (JDR;
d JCR
d)
V (JT
7
(17)
d JCR
d ) ' ,JDRJCR 1 , f 1 ( SY E + SZE , SE2 ) + N
Cov (JDR;
:
n E 2 JCR JDR
N ,1
Die Varianzen konnen asymptotisch erwartungstreu durch die Stichprobenwerte geschatzt werden (Stenger 1986, S.69). Es ergibt sich:
2
2
d ) = 1 , f JDR
d 2 ( sy + se , 2 sye ) ;
V^ (JCR
(18)
n
y2 e2
ey
2
2
d ) = 1 , f JCR
d 2 ( sz + se , 2 sze ) ;
V^ (JDR
(19)
n
z2 e2
ez
2
2
dR) = 1 , f JT
dR2 ( sw + se , 2 swe ) ;
(20)
V^ (JT
n
w 2 e2
ew
wobei mit s2e = n,1 1 Pni=1 (ei , e)2 die Stichprobenvarianz der Durchschnittsbeschaftigung, mit s2y = n,1 1 Pni=1 (yi , y)2 bzw. s2z = n,1 1 Pni=1 (zi , z)2
die Stichprobenvarianz der Nettobeschaftigungszuwachse bzw. der Nettobeschaftigungsverluste, mit s2w = n,1 1 Pni=1(wi ,w)2 die Stichprobenkovarianz
der Absolutwerte der Nettobeschaftigungsveranderungen und mit
P
P
sye = n,1 1 ni=1 (yi , y)(ei , e), sze = n,1 1 ni=1 (zi , z)(ei , e) sowie mit
P
swe = n,1 1 ni=1 (wi , w )(ei , e) die Stichprobenkovarianzen bezeichnet werden.
Wegen szy = , n,n 1 yz ergibt sich fur die geschatzte Kovarianz zwischen
d und JCR
d
JDR
1
,
f 1 sye
sze
n 2
d
d
d
d
^
Cov (JDR; JCR) = ,JDR JCR
(
+ d , se ) + n , 1 :
n e2 d
JCR
JDR
4 Kondenzintervalle und Tests
Mit Hilfe der geschatzten Varianzen ist es auch moglich, Kondenzintervalle
zu konstruieren. Es lat sich zeigen, da der Quotient zweier Mittelwerte, hier
also die geschatzte Mazahl fur die Arbeitsplatzdynamik, in groen Stichproben approximativ normalverteilt ist1.
Unter dieser Annahme ergibt sich fur die Grenzen eines Kondenzintervalls
zum Niveau 1 , q
d z1, V^ (JCR
d) ;
JCR
(21)
2
1 Die Approximation wird ublicherweise als hinreichend gut eingestuft, wenn n 30

ist und alle Variationskoezienten der Mittelwerte der in die Berechnungen eingehenden
Variablen kleiner als 10% sind (vgl. Cochran 1977, S.153, S.155f, S.162).
8
d
JDR
dR
JT
q
d ) ;
z1, V^ (JDR
q
z1, V^ (JTdR) :
2
2
(22)
(23)
Entsprechend lat sich in groen Stichproben testen, ob die geschatzten Werte sich signikant von einem externen Referenzwert unterscheiden. Bezeichnet
man die Referenzwerte mit JCR0, JDR0 und JT R0 ergibt sich
d , JCR0
JCR
q
; (24)
d)
V^ (JCR
d , JDR0
q
= JDR
; (25)
d )
V^ (JDR
d
= JTqR , JT R0 : (26)
dR)
V^ (JT
H : JCR = JCR0 G : JCR 6= JCR0 TJCR =
H : JDR = JDR0 G : JDR 6= JDR0 TJDR
H : JT R = JT R0 G : JT R 6= JT R0 TJT R
Die Teststatistiken sind in groen Stichproben approximativ normalverteilt.
Die Nullhypothese ist jeweils abzulehnen, wenn jT j > z1, 2 .
Wird der Vergleichswert aus einer anderen Grundgesamtheit bestimmt, sind
die Teststatistiken (24), (25) und (26) anwendbar, wenn der Vergleichswert
auf einer Vollerhebung basiert. Sind fur beide Grundgesamtheiten nur Stichprobenerhebungen verfugbar, ist zu vergleichen, ob sich die beiden Werte
signikant voneinander unterscheiden. Bezeichnet man die Vergleichswerte
mit JCR1, JDR1 und JT R1 ergibt sich, sofern die Stichproben unabhangig
sind
H : JCR = JCR1 G : JCR 6= JCR1
H : JDR = JDR1 G : JDR 6= JDR1
H : JT R = JT R1 G : JT R 6= JT R1
d , JCR
d1
JCR
(27)
d ) + V^ (JCR
d 1)
V^ (JCR
d , JDR
d1
JDR
(28)
TJDR = q
d ) + V^ (JDR
d 1)
V^ (JDR
dR , JTdR1
JT
(29)
TJT R = q
dR) + V^ (JTdR1 )
V^ (JT
TJCR = q
Auch diese Teststatistiken sind in groen Stichproben approximativ normalverteilt, und die Nullhypothese ist jeweils abzulehnen, wenn jT j > z1, 2 .
Des weiteren ist zu uberlegen, ob der Test dazu dienen soll, zwei konkrete, endliche Grundgesamtheiten (z.B. zwei Lander) zu vergleichen oder ob
durch den Vergleich ein Einu bestimmter okonomischer Charakteristika
9
(z.B. der Arbeitsmarktbedingungen) aufgedeckt werden soll. Ist letzteres der
Fall, ist es nicht sinnvoll zu testen, ob der exakte Wert in den den Stichproben zugrunde liegenden endlichen Grund- bzw. Teilgesamtheiten identisch
ist, da diese Mittelwerte sich auch bei identischem okonomischen Verhalten
in der Regel unterscheiden werden. Daher sollte in diesem Fall getestet werden, ob die berechneten Mazahlen aus zwei unendlichen Grundgesamtheiten
mit dem selben Erwartungswert stammen. Dem entsprechend ist in diesem
Fall die Endlichkeitskorrektur 1 , f bei der Berechnung der Varianzen zu
vernachlassigen (vgl. Cochran, 1977, S.180, S.39).
Bei der Untersuchung der Arbeitsplatzdynamik spielt die Frage eine groe
Rolle, ob und wenn ja in welche Richtung sich die Nettobeschaftigung entwickelt. Zur Untersuchung dieser Fragestellung bietet es sich an zu testen,
ob die JCR und die JDR sich in der Grundgesamtheit unterscheiden. Sind
sie gleich, ist die Nettobeschaftigungsentwicklung Null, d.h. die Zahl der
Beschaftigten insgesamt andert sich nicht. Fur den Test auf
H : JCR , JDR = 0; G : JCR , JDR 6= 0
ergibt sich
d , JDR
d
JCR
;
(30)
TJCR,JDR = q
d , JDR
d )
^V (JCR
mit
d , JDR
d ) = V^ (JCR
d ) + V^ (JDR
d ) , 2 Cov
d JDR
d ) :
^ (JCR;
V^ (JCR
Diese Varianz kann wegen (17) auch mittels
d , JDR
d ) = 2(V^ (JCR
d ) + V^ (JDR
d )) , V^ (JT
dR)
V^ (JCR
berechnet werden. Auch Teststatistik (30) ist in groen Stichproben approximativ normalverteilt, und die Nullhypothese ist abzulehnen, wenn
jTJCR,JDRj > z1, 2 .
Die hier vorgeschlagenen Teststatistiken konnen auch als einseitige Tests
durchgefuhrt werden. Soll z.B. getestet werden, ob die Nettobeschaftigungsentwicklung positiv ist, bietet es sich an die Hypothese
H : JCR , JDR 0; G : JCR , JDR > 0
mittels (30) zu uberprufen. Die Nullhypothese ist in diesem Fall abzulehnen,
wenn TJCR,JDR > z1, .
10
5 Beispiel
Zur Illustration der oben abgeleiteten Zusammenhange wird eine Grundgesamtheit A mit 20 Betrieben, und insgesamt 100 Beschaftigten betrachtet. Die Gesamtbeschaftigung sei in der Betrachtungsperide konstant. Die
Beschaftigung in den einzelnen Betrieben variiere hingegen.
Fur die 20 Betriebe ergeben sich folgende Werte:
Tabelle 1: Grundgesamtheit
A, N = 20, Pi ei = 100; Pi i = 0,
P
P
i Yi
= 12,
i Zi
= 12
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
1 0 0 -2 -1 0 2 0 0 0 1 1 -2
Ei 5.5 6 2
6 7.5 9 2 2 4 6 4.5 3.5 4
Yi
1 0 0 0 0 0 2 0 0 0 1 1 0
Zi
0 0 0 2 1 0 0 0 0 0 0 0 2
Ei : Durchschnittsbesch
aftigung in der Betrachtungsperiode
i : Nettobeschaftigungsveranderung in der Betrachtungsperiode
i
i
14 15 16 17 18 19 20
-3 4 -2 0 2 1 -2
4.5 4 6 4 6 6.5 7
0 4 0 0 2 1 0
3 0 2 0 0 0 2
Fur die Grundgesamtheit ergibt sich JCR = 0:12, JDR = 0:12 und
JT R = JCR + JDR = 0:24.
Aus obiger Grundgesamtheit wird eine einfache Zufallsstichprobe vom Umfang n = 14 gezogen. Diese umfat die Elemente 3 , 8; 11; 13 , 15 und 17 , 20
der Grundgesamtheit.
Tabelle 2: Stichprobe aus Grundgesamtheit A, n = 14
i
ei
i
yi
zi
1
2
0
0
0
P
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
6 7,5 9 2 2 4,5 4 4,5 4 4 6 6,5 7 69
-2 -1 0 2 0 1 -2 -3 4 0 2 1 -2 0
0 0 0 2 0 1 0 0 4 0 2 1 0 10
2 1 0 0 0 0 2 3 0 0 0 0 2 10
d = z = 0:1449, JCR
d = y = 0:1449,
Aus der Stichprobe errechnet man JDR
e
e
dR = JDR
d + JCR
d = 0:2898.
und JT
d und JT
dR gleich. Damit wird auch in
Auch hier sind - zufalligerweise - JDR
der Stichprobe eine Nettobeschaftigungsanderung von Null ausgewiesen. Dieses gilt aber nicht allgemein. Wurde man z.B. eine Stichprobe vom Umfang
11
n = 13 ziehen, die bis auf das 14. Element der hier untersuchten Stichpro-
be entspricht, so wurde aufgrund der Stichprobenwerte eine positive Netd < JCR
d (JDR
d = 8 =
tobeschaftigungsentwicklung ausgewiesen, da JDR
62
dR = 0:2903).
d = 10 = 0:1613; JT
0:1290; JCR
62
In diesem Beispiel sind aufgrund der kleinen Stichprobengroe weder die
ublichen Voraussetzungen zur Approximation der Varianzen der geschatzten
Mazahlen durch (13), (14) und (15) erfullt noch kann angenommen werden,
da die Schatzer der Mazahlen approximativ normalverteilt sind 2. Dennoch
sollen sowohl die geschatzten Varianzen als auch die Kondenzintervalle und
die oben vorgeschlagenen Teststatistiken zur Illustration berechnet werden.
Fur die Stichprobenvarianzen erhalt man s2y = 1:4505, s2z = 1:1429, s2w =
1:4945, s2e = 4:6868, sze = 0:4396, sye = ,0:4835, swe = ,0:04397. Damit
ergibt sich fur die geschatzten Varianzen der Schatzungen der Mazahlen
d ) = 0:0015; V^ (JDR
d ) = 0:00098; und V^ (JT
dR) = 0:0017.
V^ (JCR
Im Beispiel ergeben sich folgende approximative 90%-Kondenzintervalle
(z1, 2 = 1:645)
0:0814 JCR 0:2084
0:0934 JDR 0:1965
0:2223 JT R 0:3574 :
Als externe Referenzwerte seien fur die JDR 10%, fur die JCR 15% und
damit fur die JTR 25% gegeben. Nun soll getestet werden, ob die Werte in
Grundgesamtheit A signikant von den Referenzwerten abweichen. Fur die
Teststatistiken (24), (25) und (26) ergibt sich unter Berucksichtigung der
Endlichkeitskorrektur
0:1449
p , 0:15 = ,0:1317 ;
H : JCR = 0:15 G : JCR 6= 0:15 TJCR =
0:0015
0:1449 , 0:10 = 1:4343 ;
H : JDR = 0:10 G : JDR 6= 0:10 TJDR = p
0:00098
0
:2894 , 0:25
p
H : JT R = 0:25 G : JT R 6= 0:25 TJT R =
= 0:9556 :
0:0017
Die Stichprobe hat einen Umfang von q
n = 14 und f
ur die geschatzten
q Variationskoef1,f 2 1
zienten der Mittelwerte ergibt sich ve = n se e = 0:0643, vy = 1,nf s2y y1 = 0:2086,
q
q
1,f 2 1
1,f 2 1
vz =
=
n sz z = 0:1852, vw
n sw w
= 0:1497.
2
12
Damit kann keine der Nullhypothesen bei einem Signikanzniveau von 10%
verworfen werden.
In einem weiteren Schritt wird getestet, ob die Nettobeschaftigungsentwicklung in Grundgesamtheit A von Null verschieden ist. Fur die Teststatistik
d und JDR
d
(30) ergibt sich aufgrund der numerischen A quivalenz von JCR
der Wert Null, formal erhalt man unter Berucksichtigung der Endlichkeitskorrektur
0:1449 , 0:1449
=0 :
TJCR,JDR = q
2(0:0015 + 0:00098) , 0:0017
Damit kann die Nullhypothese, da die Zahl der Beschaftigten in der Grundgesamtheit in der Betrachtungsperiode gleich geblieben ist, nicht verworfen
werden.
Im folgenden wird davon ausgegangen, da fur Grundgesamtheit A lediglich die Werte der Stichprobe bekannt sind. Daruber hinaus sind aus einer
weiteren Stichprobenerhebung fur eine Grundgesamtheit B folgende Werte
d = 0:16, V^ (JCR
d ) = 0:0024, JDR
d = 0:09, V^ (JDR
d ) = 0:0021,
bekannt: JCR
dR = 0:25, V^ (JT
dR) = 0:0085.
JT
Die aus der Grundgesamtheit B gezogene Stichprobe sei unabhangig von
der aus Grundgesamtheit A gezogen, der Auswahlsatz betrage 25% und die
Approximationsbedingungen seien erfullt.
Nimmt man an, A und B seien zwei Lander und es soll fur jede der Mazahlen
getestet werden, ob die Mazahl in A der in B entspricht. Dazu werden die
Teststatistiken (27) (28) und (29) unter Einschlu der Endlichkeitskorrektur
zu bestimmt. Es ergibt sich
0:1449 , 0:16 = ,0:2418 ;
TJCR = p
0:0015 + 0:0024
0:1449 , 0:09 = 0:9892 ;
TJDR = p
0:0021 + 0:00098
0:2894 , 0:25 = 0:3901 :
TJT R = p
0:0017 + 0:0085
Damit kann keine der getesteten Hypothesen zu einem Signikanzniveau von
10% verworfen werden. Zwischen den Landern kann auf diesem Weg kein
Unterschied aufgezeigt werden.
13
Unterscheiden sich die Grundgesamtheiten hinsichtlich eines bestimmten Charakteristikums, z.B. der Existenz von Mitbestimmmungsregelungen, und will
man testen, ob sich Betriebe mit Regelungen von denen ohne Regelungen hinsichtlich eines der Mae unterscheiden, ist es sinnvoll, die Endlichkeitskorrektur zu vernachlassigen. Fur die Teststatistiken (27), (28) und (29) erhalt
man ohne die Berucksichtigung der Endlichkeitskorrektur
T
= 0q:1449 , 0:16 = ,0:2094 ;
JCR
0:0015+0:0024
1,0:25
0:1449 , 0:09
TJDR = q 0:0021+0:00098 = 0:8567 ;
1,0:25
0
:
2894
, 0:25
TJT R = q 0:0017+0:0085 = 0:3379 :
1,0:25
Damit kann keine getesteten Hypothesen zu einem Signikanzniveau von 10%
verworfen werden. Auf Basis dieser Ergebnisse unterscheiden sich Betriebe
mit Mitbestimmungsregelungen hinsichtlich der Arbeitsplatzdynamik nicht
signikant.
6 Fazit und Ausblick
Im vorliegenden Beitrag wurde die Schatzung der Job-Turnover-Rate (JTR)
und ihrer Komponenten, Job-Creation-Rate (JCR) und Job-DestructionRate (JDR) aus Stichprobenerhebungen diskutiert. Es zeigt sich, da die
Stichprobenaquivalente der Mazahlen als Quotienten von Mittelwerten aufgefat werden konnen und somit verzerrte, aber asymptotisch erwartungstreue Schatzungen der Mazahlen der Grundgesamtheit sind.
Die Varianzen der Mazahlen konnen fur groe Stichprobenumfange approximativ bestimmt und asymptotisch erwartungstreu geschatzt werden. Erlaubt der Stichprobenumfang daruber hinaus, davon auszugehen, da die
geschatzten Mazahlen approximativ normalverteilt sind, konnen auch Kondenzintervalle und Tests konstruiert werden. Oen bleibt jedoch, ob die in
der Literatur genannten Approximationsbedingungen { aufgrund der extrem
linkssteilen Ausgangsverteilungen, insbesondere der der Beschaftigtenzahlen
(d.h. der Betriebsgroen) { fur diese Problemstellung geeignet sind.
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Die vorliegenden Ergebnisse konnen in mehrfacher Hinsicht erweitert und
erganzt werden. Zum einen sind aufgrund von Simulationsstudien die Kleinstichprobeneigenschaften der vorgeschlagenen Statistiken zu untersuchen. In
einem zweiten Schritt sind (weitere) Tests auf Unterschiede in der Arbeitsplatzdynamik fur verschiedene Betriebstypen bzw. Konjunkturphasen zu entwickeln. Zum anderen konnen die vorliegenden Ergebnisse auf den in der
Praxis vielfach relevanten Fall geschichteter Stichproben ubertragen werden.
Literaturverzeichnis
Cochran, W.G. (1977): Sampling Techniques, 3. Auage, New York, London, Sydney: John Wiley & Sons.
Davis, S.J., Haltiwanger, J. und S. Schuh (1996): Job Creation and
Destruction, Cambridge/MA: MIT Press.
Hartley, H.O. und A. Ross (1954): Unbiased Ratio Estimates, Nature,
174, S.270-271.
OECD (1994): Job Gains and Job-Losses in Firms; Employment Outlook,
S.103{135.
Stenger, H. (1986): Stichproben, Heidelberg, Wien: Physika { Verlag.
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