2010 1 WissensWert MEPACT®/ Mifamurtide: Neue Therapie für Patienten mit Osteosarkomen verfügbar. Takeda Pharma hat Anfang Februar 2010 bekannt gegeben, dass Mifamurtide (Handelsname = MEPACT® ) nun in Deutschland und etlichen Ländern der Europäischen Union erhältlich ist. Bei Mifamurtide handelt es sich um einen neuen Wirkstoff – der erstmals seit 20 Jahren – das Überleben von Patienten mit Osteosarkomen verbessert. Osteosarkome sind eine seltene, lebens­ bedrohliche Erkrankung mit etwa 1.200 neuen Fällen, die jedes Jahr in Europa diagnostiziert werden. Oft handelt es sich hierbei um Kinder und junge Erwachsene. Die Standardbehandlung bei Osteosarkomen ist die Entfernung des Tumors (Resektion) in Kombination mit Chemotherapie vor oder nach der Operation. Mifamurtide wird in Kombination mit anderen Therapien an­ gewendet, nachdem der Tumor durch Operation entfernt worden ist. Mifamurtide ist angezeigt für die Behandlung von High-Grade, resektablen, nicht metastasierten Osteosarkomen nach kompletter chirurgischer Entfernung des Tumors bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Alterspanne 2 bis 30 Jahre). „Es gab in den letzten 20 Jahren keine Fortschritte in der Behandlung von Osteo­ sarkomen“, sagt Ian Lewis, Professor am St. James University Hospital in Leeds, England. „Die Verfügbarkeit von MEPACT® bringt neue Hoffnung mit einer erfolgreichen Therapie gegen diese verheerende Erkrankung bei Kindern und jungen Erwachsenen.“ Wofür wird es angewendet? Es wird zur Behandlung hochmaligner nicht metastasierender Osteosarkome (einer Form von Knochenkrebs) bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen angewendet. „Hochmaligne“ bedeutet, dass es sich um eine schwere Form der Krebserkrankung handelt; „nicht metastasierend“ bedeutet, dass sich der Krebs in einem frühen Stadium befindet und noch nicht stark im Körper verbreitet hat. Das Medikament wird zusammen mit anderen Antikrebsmitteln angewendet, nachdem der Tumor zunächst operativ entfernt worden ist. Da es nur wenige Patienten mit Osteosarkom gibt, gilt die Krankheit als selten, und MEPACT® wurde bereits am 21. Juni 2004 als Arzneimittel für seltene Leiden („OrphanDrug“) ausgewiesen. Das Arzneimittel ist nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich. Tumor-Fragmente (Mikro-Metastasen) lösen sich aus dem Primärtumor des Osteosarkoms im Knochen. Sie wandern über das Blut in andere Körperregionen – vor allem in die Lunge – wo sie Metastasen bilden und der Krankung erlauben, sich weiterzuentwickeln. Das Fortschreiten der Erkrankung in der Lunge, ist der Hauptgrund für das Versterben bei Osteosarkomen. Mifamurtide wirkt nun, indem es das körper­ eigene Immunsystem aktiviert, die mikroskopisch kleinen Tumor-Fragmente abzutöten. 24 Was ist MEPACT®? MEPACT® ist ein Pulver zur Herstellung einer Infusionssuspension (Tropfinfusion in eine Vene). Es enthält den Wirkstoff Mifamurtide. Wie wird es angewendet? Die Behandlung sollte von einem Facharzt eingeleitet und überwacht werden, der in der Diagnose und Behandlung des Osteosarkoms erfahren ist. Die Dosierung richtet sich nach der Größe und dem Gewicht des Patienten. Es wird zweimal wöchentlich über 12 Wochen und danach einmal wöchentlich über 24 Wochen verabreicht. MEPACT® wird als langsame intravenöse Infusion über den Zeitraum einer Stunde gegeben. Es darf nicht als Bolusinjektion (alles auf einmal) verabreicht werden. Die Therapie wird nicht zur Anwendung empfohlen bei Patienten im Alter unter zwei Jahren oder über 30 Jahren, da die Sicherheit und Wirksamkeit des Arznei­ mittels in diesen Altersgruppen nicht untersucht wurde. Bei Patienten mit schweren Nieren- oder Leberproblemen ist es mit Vorsicht anzuwenden. (Besondere Patientengruppen – siehe Tabelle 1) Wie wirkt die Therapie? Der Wirkstoff Mifamurtide, ist ein so genannter Immunmodulator. Er wirkt über eine Aktivierung der Makrophagen und Monozyten (weiße Blutzellen, die Bestandteil des Immunsystems sind). Wie ganz genau Mifamurtide bei Osteosarkom wirkt, ist nicht vollständig bekannt, aber man geht davon aus, dass es die weißen Blutzellen anregt, chemische Stoffe freizusetzen, die die Krebszellen abtöten. Wie wurde das Medikament untersucht? Die Wirkungen wurden zunächst in Versuchsmodellen getestet, bevor sie an Menschen untersucht wurden. MEPACT® wurde im Rahmen einer großen Klinischen Studie (Children’s Oncology Group USA) untersucht, an der 662 Patienten mit hochmalignem nicht metastasierendem Osteo- 2010 1 SARKOME Anwendung bei besonderen Patientengruppen Ältere Patienten Es liegen keine ausreichenden Daten vor, um die Anwendung bei Patienten über 30 Jahren empfehlen zu können. Kinder und Jugendliche Anwendung bei Kindern unter 2 Jahren wird - aufgrund des Fehlens von Daten zur Wirksamkeit und Undenklichkeit - in dieser Altersgruppe nicht empfohlen. Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder eingeschränkter Leberfunktion Keine gezielte Untersuchung bei diesen Patientengruppen. Die Behandlung sollte mit Vorsicht erfolgen, da keine Daten zur Dosisanpassung verfügbar sind. Bei Anwendung über die Dauer der Chemotherapie hinaus, empfiehlt sich die kontinuierliche Kontrolle der Nieren- bzw. Leberfunktion bis zum Abschluss aller Therapiemaßnahmen. Anwendung bei Schwangeren Keine Daten zur Anwendung bei Schwangeren. Sollte nicht bei schwangeren Frauen und bei Frauen, die keine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden, eingesetzt werden. Anwendung bei Stillenden Es ist nicht bekannt, ob Mifamurtide beim Menschen in die Muttermilch übergeht. Die Entscheidung über Fortsetzung oder Abbruch des Stillens bzw. der Therapie sollte unter Abwägung der Vorteile der Behandlung der Mutter mit Mifamurtide getroffen werden. sarkom teilnahmen. Nach der chirurgischen Entfernung des Tumors erhielten alle Patienten Arzneimittel gegen Krebs in verschiedenen Kombinationen. Die Hälfte der Patienten erhielten außerdem Mifamurtide. In der Studie wurden Patienten, die MEPACT® erhielten, und Patienten, die kein MEPACT® erhielten, miteinander verglichen. Hauptindikator für die Wirksamkeit war die Anzahl der Patienten, die überlebten, ohne dass die Krankheit wiederkehrte. Die Patienten wurden über bis zu zehn Jahre lang nach beobachtet. Welchen Nutzen hat sich in diesen Studien gezeigt? MEPACT® verlängerte bei gemeinsamer Anwendung mit anderen Antikrebsmitteln den Zeitraum, den die Patienten überlebten, ohne dass ihre Krankheit wiederkehrte: 68 % der Patienten, welche die Therapie erhielten (231 von 338) überlebten, ohne dass die Krankheit wiederkehrte. Die entsprechende Zahl bei den Patienten, die kein MEPACT® erhielten, lag bei 61 % (207 von 340). Bei den Patienten, die MEPACT® erhielten, war darüber hinaus das Sterbe­ risiko um 28 % verringert. Welches Risiko ist mit der Therapie verbunden? Klinische Erfahrungen mit MEPACT® zeigen, dass die häufigsten Nebenwirkungen unter MEPACT® fieberähnliche Zustände und vorübergehende Übelkeit sind. Diese können in der Regel durch Zusatzmedikamente behandelt bzw. reduziert werden. Detaillierte Empfehlungen für den Einsatz von MEPACT® sind beschrieben in: „Summary of Product Characteristics (SPC)“ veröffentlicht in „European Public Assessment Report (EPAR)“ – erhältlich in allen EU-Sprachen. Die vollständige Auf­ listung der im Zusammenhang mit MEPACT® berichteten Nebenwirkungen ist der Packungsbeilage zu entnehmen. Das Medikament darf nicht bei Patienten angewendet werden, die möglicherweise überempfindlich (allergisch) gegen Mifamurtide oder einen der sonstigen Bestandteile sind. Es darf nicht gleichzeitig mit Ciclosporin oder anderen CalcineurinHemmern (Arzneimitteln, die das Immunsystem unterdrücken) oder hoch dosierten nicht steroidalen Antiphlogistika (NSAID, zur Behandlung von Schmerzen und Entzündungen) angewendet werden. Warum wurde die Therapie zugelassen? Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) gelangte zu dem Schluss, dass die Vorteile von MEPACT® bei der Behandlung von hochmalignem, resezierbarem (operativ zu entfernendem) nicht metastasierendem Osteosarkom gegenüber den Risiken überwiegen, wenn es zusammen mit anderen Antikrebsmitteln zur Behandlung von hochmalignem, resezierbarem (operativ zu entfernendem) nicht metastasierendem Osteosarkom nach makroskopisch vollständiger chirurgischer Resektion angewendet wird. Am 6. März 2009 erteilte die Europäische Kommission dem Unternehmen IDM Pharma, S.A (heute Takeda Pharma) eine Genehmigung für den Vertrieb von MEPACT® in der gesamten Europäischen Union. Quellen: -Einleitung Takeda Pharma Europa -Fragen und Antworten: EMEA - MEPACT ® Zusammenfassung EPAR für die Öffentlichkeit -Tabelle 1: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft 25