Fachbereich Sozialwesen Seminar: Klinische Psychologie Dozent: Prof. Dr. Schulte-Cloos Referentin: Bianca Bretträger Literatur: Davison/Neale: Klinische Psychologie Comer: Klinische Psychologie Entwicklungsstörungen in der Kindheit 1. Störungen mit unterkontrolliertem Verhalten (Externalisierer) Def.: Kind hat keine oder nur unzureichende Kontrolle über das Verhalten, das in einer gegebenen Situation von ihm erwartet wird z.B. Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, Verhaltensstörung wird nur zum Problem für Mitmenschen, nicht für das Kind tritt häufiger bei Jungen auf 1.1. Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHD) DSM-III-R: Def. Aufmerksamkeitsdefizitstörung: Unfähigkeit des betroffenen Kindes, sich für eine angemessene Zeit auf eine Aufgabe zu konzentrieren Def. Hyperaktivität: betroffenen Kindern, fällt die Verhaltenskontrolle besonders in Situation schwer, in denen sie still sitzen müssen; können nicht aufhören, sich zu bewegen oder zu sprechen; sind unorganisiert, taktlos, eigensinnig, herrisch oder ungeschickt; haben häufiger Unfälle; ihre Beschäftigungen und Bewegungen scheinen immer schnell und vom Zufall bestimmt zu sein; sind für Lehrer und Eltern erschöpfend Def. ADHD: Aufmerksamkeitsdefizitstörung oder Hyperaktivität muss zutreffen DSM-IV: Unterscheidung zwischen Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung oder nur Störung der Aufmerksamkeit sehr heterogenes Auftreten der Symptome zeigen weder eine negativistische noch ein bösartige Haltung; sind oft selbst überrascht, wenn andere mit Ärger oder Zurückweisung reagieren; wissen meist über richtige soziale Handlung in hypothetischer Situation Bescheid, setzen Wissen in Realität nur nicht um weisen keine intellektuellen oder zwischenmenschlichen Defizite oder Behinderungen auf Schwierigkeiten mit Gleichaltrigen und Freundschaften zu schließen, da ungeschickt in sozialen Kompetenzen (übersehen versteckte soziale Hinweise, interpretieren Absichten falsch, machen unbeabsichtigt Fehler in sozialen Beziehungen) geschätzte Auftrittshäufigkeit 1-20%; oft bei Jungen im schulpflichtigen Alter diagnostiziert, da Wahrscheinlichkeit für zusätzliches aggressives Verhalten größer ist als bei Mädchen wichtig: keine vorschnelle Diagnose! Verhaltensweisen findet man bei vielen Kindern in den ersten Schuljahren; Gefahr der Stigmatisierung; oft nur: lebhafter und schwerer zu kontrollieren, als Eltern und Lehrern lieb ist 20-25% der betr. Kinder haben Lernschwierigkeiten in Mathe, Lesen oder Schreiben; weitaus mehr haben Probleme, sich an die üblichen Verhältnisse einer Schulklasse anzupassen 30-90%ige Überlappung von ADHD und Verhaltensstörung Studie: mehr als 70% der Kinder mit ADHD entsprechen auch im Erwachsenenalter den Kriterien der Störung 1 Ursachen der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung Biologische Theorie: Prädisposition für ADHD wahrscheinlich vererbt (siehe Zwillingsstudien); neurologische Unterschiede speziell im frontal-limbischen System: reduzierter zerebraler Glukosestoffwechsel --> Gehirn weniger aktiv während einer Aufgabe, die akustische Aufmerksamkeit erfordert Psychologische Theorien: Diathese-Stress-Theorie: Prädisposition für die Störung und ungünstige Erziehungspraktiken der Eltern oder dysfunktionales Familiensystem müssen zusammentreffen Lerntheorie: Modelllernen von Eltern oder Geschwistern; Verstärkung durch Aufmerksamkeit, die Hyperaktivität bei Mitmenschen auslöst Behandlung der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung Symptome verschwinden häufig nicht im Laufe der Zeit somatische Behandlungsformen: Stimulantien, wie Ritalin: nur kurzzeitige Verbesserung der Symptome; schulische Leistungsfähigkeit wird auf lange Sicht nicht verbessert; Verschreibungen häufig bis in die Adoleszenz fortgesetzt Feingold-Diät: Ernährung, die nur aus Nahrungsmitteln ohne künstliche Aroma-, Farb- und Konservierungsstoffe und natürlichen Salizylaten besteht; hilft nur wenigen hyperaktiven Kindern Behandlung auf Grundlage der Lernprinzipien: Kinder werden zu Hause und in der Schule beobachtet und nur angemessenes Verhalten (z.B. auf einem Stuhl oder bei den Hausaufgaben still sitzen) wird verstärkt, oft durch Punktesysteme oder Sternkarten (Kind kann Punkte/ Sterne verdienen und später gegen eine Belohnung eintauschen); kommt mehr auf Verbesserung der Schulleistungen und nicht der Störung an sich an; kurzfristige Erfolge im sozialen und schulischen Verhalten; Optimale Behandlung erst, wenn Verhaltenstherapie und Stimulantien gleichzeitig eingesetzt werden 1.2. Verhaltensstörungen umfasst große Vielfalt unterkontrollierten Verhaltens: Aggressionen, Trotz, Ungehorsam, verbale Feindseligkeiten, Lügen, Destruktivität, Vandalismus, Diebstahl, Geschlechtsverkehr mit verschiedenen, häufig wechselnden Partnern, Weglaufen von Zuhause, Körperverletzung, Tierquälerei, früher Drogen- und Alkoholkonsum usw. gemeinsames Merkmal: Verletzung sozialer Normen und der grundlegenden Rechte anderer DSM-IV unterscheidet oppositionelles Trotzverhalten und Störungen des Sozialverhaltens Muster und Ernsthaftigkeit der Handlungen gehen über Streiche oder Dummheiten bei Kindern und Jugendlichen hinaus wird über den Einfluss definiert, den das Verhalten des Kindes auf andere Menschen und seine Umgebung hat; Lehrer, Eltern, Altersgenossen oder später Behörden entscheiden, wann unterkontrolliertes Verhalten unakzeptabel ist Gesellschaft urteilt über Verhaltensstörung nach Moralvorstellungen das gleiche Verhalten wird häufig bei einem Kind als gestört, bei einem anderen als normal beurteilt (siehe Mark Twains Figuren Huckleberry Finn und Tom Sawyer) “Jugendliche Delinquenz” = Handlungen, die entweder allgemein gesetzeswidrig sind (Körperverletzung, Raub usw.) oder nur in bestimmtem Alter das Gesetz verletzen (Schuleschwänzen usw.); viele, aber nicht alle als verhaltensgestört diagnostizierte Jugendliche geraten mit Gesetz in Konflikt 2 Diagnose: Häufigkeit (Beteiligung an Prügelei 1 mal im Jahr oder 1 mal pro Woche) und Intensität (Bonbondiebstahl oder Autodiebstahl) sind wichtige Kriterien, ob Handlungen als problematisch einzustufen sind oft andere Probleme zusätzlich, wie Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung, Substanzmittelmissbrauch usw. Auftrittshäufigkeit aufgrund ungenauer Definition schwer schätzbar; 6-16% der Jungen, 2-9% der Mädchen Prognose: schwerwiegende Verhaltensprobleme wachsen nicht einfach aus speziell aggressives Verhalten so stabil wie IQ Verhaltensprobleme in Kindheit notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für antisoziales Verhalten bei Erwachsenen eigene Verhalten des Kindes besserer Prädiktor des späteren antisozialen Verhaltens als jedes Familienmerkmal oder Variablen des sozialen Status Erklärung von Verhaltensstörungen teilweise genetisch bedingt Erziehung und familiärer Einfluss: fehlender Zusammenhalt, viele Belastungen z.B. Scheidung der Eltern; fehlende Faktoren, die die Entwicklung eines starken moralischen Gefühls fördern; Abhängigkeit oder affektive Störungen der Eltern Antisozialer Akt = spannend, lohnend, etwas durchaus Zentrales für das Selbstkonzept der Kinder und Jugendlichen Psychodynamische Theorie:”…Störung im Funktionieren des Überich” Lerntheorien: Modelllernen + operantes Konditionieren: von aggressiven Eltern oder z.B. TV gelernt und nachgeahmt --> wirksames Mittel Ziel zu erreichen (Verstärkung) --> Verhalten mit Wahrscheinlichkeit beibehalten Diathese-Stress-Theorie: Kind ist widerspenstig, aggressiv usw., wenn Mutter Forderungen nicht nachkommt --> Mutter ignoriert kurz, gibt dann aber nach --> wechselseitige Belohnung: Kind bekommt Willen, Mutter hat Ruhe --> Verhaltensprobleme des Kindes und Nachgiebigkeit der Mutter halten an soziologische Faktoren: soziale Schicht, Großstadtleben, hohe Arbeitslosenziffern, schlechte Bildungsmöglichkeiten, zerrüttete Familienverhältnisse, Subkultur in der Delinquenz akzeptiert wird (z.B. Clique) Behandlung von Verhaltensstörungen soziologische Überlegungen: gerechte Verteilung des Einkommens, Arbeitsbeschaffungsprogramme, materielle Benachteiligung der unteren Schichten mildern psychologische Methoden: -familienbezogene Interventionen: Eltern lernen, konsequent pro- statt antisoziales Verhalten zu belohnen; lernen die Prinzipien des sozialen Lernens kennen; Diskussionen über Schwierigkeiten, die bei den genannten Methoden auftreten können -Kognitive Therapie: bei reaktiver Aggression (reagiert mit Aggression auf wahrgenommene Handlungen anderer) Aufmerksamkeit der Therapie darauf, wie Kind Absichten anderer interpretiert, besonders wenn diese nicht eindeutig sind; bei proaktiver Aggression (Aggression wird als Mittel zum Erreichen eines Ziels eingesetzt) Behandlung befasst sich intensiv mit dem erwarteten Nutzen des antisozialen Verhaltens 3 -Verhaltenstraining: Training zur Kontrolle der Wut, wie Selbstkontrolle in provozierenden Situationen, Einsatz von Verfahren zur Ablenkung bei verbalen Angriffen (Summen einer Melodie, sich abwenden usw.), angemessene Reaktionen im Rollenspiel üben Unterricht in Problemlösetechniken und in Empathie oder der Übernahme der Sichtweisen von anderen durch z.B. Rollenspiele + Verstärkungen (z.B. Chips verdienen und verlieren, die später eingelöst werden können) Verhaltensstörungen gegenüber allen Formen von Interventionen sehr resistent positive Ansätze bei den Therapien, die sich auf die unzureichende Problemlösefähigkeiten, die Impulsivität und die Kontrolle der Wut konzentrieren Vermeiden des Kontaktes mit dem Gerichtssystem für Erfolg der Behandlung von Delinquenz mitentscheidend präventive Verfahren bei jüngeren Kindern wichtig 2. Störungen mit überkontrolliertem Verhalten (Internalisierer) Def.: Kind zeigt Verhaltensdefizite und schwerwiegende emotionale Hemmungen z.B. Kindheitsängste, sozialer Rückzug, Depressionen Kind ist nur selbst vom Problem betroffen tritt häufiger bei Mädchen auf 2.1. Kindheitsängste Angst und Furcht = normaler Teil der kindlichen Entwicklung erst dann als Störung diagnostiziert, wenn Ängste und Sorgen das Leistungsvermögen des betroffenen Kindes beeinträchtigen 6–8% der Kinder und Adoleszenten weisen Angststörung auf (häufigste Störung der Kindheit) Trennungsangst DSM-IV: übermäßige Angst vor der Trennung von zu Hause oder von den Bezugspersonen mögliche Symptome: übermäßige Angst oder Panik bei Trennung von Elternteil; Weigerung, von zu Hause wegzufahren z.B. zu Freunden, Schule usw.; Angst, alleine oder ohne wichtige Bezugsperson in ungewohnter oder auch gewohnter Umgebung zu bleiben; Anklammern an Elternteil; Furcht, verloren zu gehen; Besorgnis, Bezugspersonen zu verlieren oder dass ihr etwas zustößt; Weigerung, ohne Nähe der Bezugsperson schlafen zu gehen; Albträume von Trennungen; Klagen über körperliche Beschwerden bei Trennung von Bezugsperson Dauer: mind. 4 Wochen schätzungsweise 4% aller Kinder und Jugendlichen leiden an Trennungsängsten Ursachen: oft ein belastendes Lebensereignis, wie Tod eines Elternteils oder Haustieres, Umzug oder Schulwechsel als Auslöser; düstere Vorstellungen und Bilder suggeriert durch Medien oder Warnungen vor Gefahren (z.B. Entführungen); Schwierigkeiten in der MutterKind-Beziehungen als Ursache --> Mutter überträgt eigene Trennungsangst auf Kind Schulphobie Def.: extreme Angst vor Schulbesuch und Weigerung, die sich nicht mit der Zeit verlieren dadurch schwerwiegende schulische und soziale Folgen für das betroffene Kind Schätzungen: 17 von 1000 Kindern betroffen 2 Formen unterschieden: in Verbindung mit Trennungsangst: häufige Ursache, da Schulbesuch erstes Ereignis darstellt, das längere und häufigere Trennung von den Eltern erfordert 4 verbunden mit echter Phobie vor der Schule: Angst, die speziell mit der Schule verbunden ist oder allgemeine Soziale Phobie; Weigerung, in die Schule zu gehen tritt erst zu späterem Zeitpunkt ein; schwere und länger anhaltende Schulvermeidung; Angst wahrscheinlich an bestimmte Aspekte der Schulumgebung gebunden, wie Ärger mit Mitschülern, Angst vor einem Lehrer, Versagensängste usw. Behandlung von Kindheitsängsten verschwindet in vielen Fällen mit der Zeit und zunehmender Reifung von selbst, Verhaltenstherapien können Beseitigung der Ängste beschleunigen Dauer der Therapie: durchschnittlich 2½ Wochen Gegenkonditionierung: Kind allmählich dem Angstobjekt aussetzen, begleitender Erwachsener verhält sich so, dass möglichst keine Angst entsteht (z.B. an die Hand nehmen) Modelllernen: anderes, vertrauenswürdiges Kind demonstriert furchtloses Verhalten Ermutigung durch Belohnungen langsame Desensibilisierung + operante Verhaltensformung: bei schwerwiegender Schulphobie; mit Therapeut immer näher an Schule heran gehen (vor die Schule, Schulhof, leeres Klassenzimmer, auf eigenen Platz setzen); später bleibt der Therapeut außer Sichtweite, aber in der Nähe; Belohnung, wenn die Angst nachlässt Gelegenheit geben, notwendiges Wissen und Fertigkeiten zu erwerben, wenn Angst aus Unsicherheit in neuen Situationen auftritt (z.B. Angst vor Wasser) 2.2. Sozialer Rückzug betroffene Kinder werden auch nach längerem Beisammensein mit fremden Personen nicht warm: gehen ihnen aus dem Weg, sind extrem ruhig und schüchtern, spielen nur mit Angehörigen und sehr vertrauten Spielgefährten evtl. Weigerung in unvertrauter sozialen Umgebung zu sprechen (elektiver Mutismus) bei vielen Menschen im Raum: klammern sich an Eltern, flüstern nur, verstecken sich hinter Möbeln, kauern sich in einer Ecke zu Hause: stellen endlose Fragen über die Situationen, die ihnen Angst machen; haben gewöhnlich warme und befriedigende Beziehungen zu Familienmitgliedern und Freunden der Familie; zeigen deutlich Wunsch nach Zuneigung und Anerkennung Schüchternheit kann Fertigkeitserwerb und Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten hindern Intensive Angst in bestimmten Situationen (entspricht der Sozialen Phobie bei Erwachsenen): z.B. beim Vorlesen vor einer Gruppe, Schreiben an der Tafel, Vorführungen vor anderen; Kind setzt negative Strategien zur Bewältigung einer solchen Situation ein, wie weinen, vermeiden, über körperliche Beschwerden klagen; dramatischer Pulsanstieg; erleben 3 mal häufiger Angstsituationen als andere Kinder Vermutungen zur Entstehung: Mangel an sozialen Fertigkeiten, die den Umgang mit Altersgenossen erleichtern; betroffene Kinder haben vielleicht bisher fast ausschließlich mit Erwachsenen gespielt Therapie von sozialem Rückzug Modelllernen: Film mit ebenfalls isoliertem Kind zeigen, welches allmählich und mit immer mehr Spaß am Spiel mit anderen Kindern teilnimmt das Kind mit einer Bezugsperson zusammen in Gruppenspiele einbeziehen, Kind erlebt im Spiel Rückmeldungen, welches Verhalten positive Interaktionen mit anderen Kindern fördert bzw. hemmt 5 soziale Fertigkeiten (Fragen stellen, Komplimente machen, Gespräche beginnen usw.) in kleinen Gruppen oder Paaren beibringen 2.3. Depression in der Kindheit und Adoleszenz nach DSM-IV und ICD-10 affektive Störungen bei Kindern nach Kriterien für Erwachsene beurteilt, aber altersspezifische Merkmale berücksichtigt (z.B. Gereiztheit statt depressive Stimmungen) ähnliche Symptome bei 7-17 jährigen verglichen mit depressiven Erwachsenen: Reizbarkeit, Anedonie (Verlust der Fähigkeit, Freude zu erleben), Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, suizidale Vorstellungen, negativere Auffassungen (Schemata) als Altersgenossen, sozialer Rückzug unterschiedliche Symptome: Kinder und Jugendliche: höherer Anteil an Selbstmordversuchen (bes. bei 15-19 jährigen) und Schuldgefühlen, körperliche Beschwerden; Erwachsene: häufigeres vorzeitiges Aufwachen, Appetits- und Gewichtsverlust, ausgeprägtere Depression am Morgen Depression tritt wiederholt und über einen längeren Zeitraum auf 2% der Kinder unter 17 Jahren leiden an „Major Depression“; bis 11 Jahre keine Geschlechtsunterschiede, mit 16 Jahren doppelt so viele Mädchen wie Jungen betroffen Diagnostik schwer, da häufig gleichzeitig mit anderen Störungen (z.B. Trennungsangst, Verhaltensstörung) auftritt Ätiologie der Depression gehen oft negative Lebensereignisse (z.B. größere Veränderungen, Ablehnung, sexueller Missbrauch) voraus Mutter-Kind-Beziehung; weniger Kommunikation, weniger Wärme, mehr Aggressivität und weniger Zeit für gemeinsame Aktivitäten Annahme: Familienbeziehungen spielen wichtige Rolle genetische Faktoren bei Erwachsenen beteiligt, möglicherweise auch bei Kindern negative kognitive Verzerrungen Behandlung der Depression in der Kindheit Anwendungen antidepressiver Medikamente weniger gerechtfertigt Training sozialer Fertigkeiten zeigt einige Erfolge, da es verhaltensorientierte und verbale Möglichkeiten bietet, Zugang zu erfreulichen, verstärkenden Umgebungen zu bekommen (z.B. mit Freunden und Mitschülern gut auszukommen) kognitive-verhaltensorientierte Interventionen, wie Selbstbeobachtung und Beurteilung der Stimmung (verstehen, wie die eigene Stimmung durch Gedanken und Verhalten beeinflusst wird; Aktivitäten planen, die zu Erhöhung angenehmer Erlebnisse und zielorientierter Ereignisse führen) zeigen begrenzte Erfolge Familientherapie 3. Lernbehinderungen Def.: Das betroffene Kind erreicht nicht das Niveau, das aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten in einem bestimmten Bereich schulischer, sprachlicher oder motorischer Fertigkeiten zu erwarten wäre. DSM-IV unterscheidet Lernstörungen, Kommunikationsstörungen und Störungen motorischer Fertigkeiten 6 wenn sensorische Defizite, wie Probleme beim Sehen und Hören, für Lernschwierigkeiten verantwortlich, Diagnose Lernbehinderung nicht angemessen nur diagnostiziert, wenn sich die Beeinträchtigung deutlich auf schulische Leistungen oder alltägliche Aktivitäten auswirkt meist in Schule diagnostiziert und behandelt 20% aller Kinder betroffen Jungen 2-4 mal häufiger betroffen als Mädchen 3.1. Lernstörungen: Legasthenie oder Dyslexie Def.: große Schwierigkeiten beim Wiedererkennen von Wörtern, dem Leseverständnis und der Rechtschreibung beim Vorlesen lassen betroffene Kinder Wörter weg, fügen etwas hinzu, vertauschen Wörter oder verändern die Aussprache von Wörtern in für ihr Alter ungewöhnlichem Maße besteht im Erwachsenenalter weiter 2-8% der Schulkinder betroffen schließt großartige Leistungen nicht aus Rechenstörung Def.: Schwierigkeiten mit linguistischen Fertigkeiten (z.B. Umsetzung schriftlicher Darstellungen in mathematische Symbole --> Textaufgaben) Wahrnehmung (z.B. Wiedererkennung numerischer Symbole) Aufmerksamkeit (z.B. zu einer im Gedächtnis behaltenen Zahl eine weitere hinzu zu addieren) Mathematische Fertigkeiten (z.B. zählen von Objekten oder einer Reihe mathematischer Schritte zu folgen) tritt mind. so häufig auf wie Legasthenie Störungen des schriftlichen Ausdrucks Def.: Beeinträchtigung der Fähigkeit, das geschriebene Wort sinnvoll zusammen zu setzen inkl. Fehlern in Rechtschreibung, Grammatik oder Zeichensetzung und unzulängliche Organisation von Sätzen 3.2. Kommunikationsstörungen Rezeptive Sprachstörung Def.: Schwierigkeiten beim Verstehen der gesprochenen Sprache Sprachverständnis kann so mangelhaft sein, dass das Kind für taub gehalten wird Expressive Sprachstörung Def.: Schwierigkeiten beim sprachlichen Ausdruck Kind kann ganz offensichtlich etwas mitteilen wollen, findet aber die Worte nicht spricht mit 4 Jahren nur ganz kurze Sätze vergisst früher gebrauchte Wörter, wenn es neue lernt erhebliche Defizite beim Gebrauch grammatikalischer Strukturen Artikulationsstörungen 7 betroffenes Kind hat nicht gelernt, später erworbene Sprachlaute wie r, sch, th (engl.), f, z, l, ch zu artikulieren Sprache klingt wie Babysprache (blau --> bau, schön --> ßön) verfügt dennoch über altersgerechtes Vokabular und Ausdrucksvermögen vollständige Heilung durch Sprachtherapie in fast allen Fällen möglich bei leichten Fällen geht die Störung mit 8 Jahren von alleine weg 3.3. Störungen motorischer Fertigkeiten (Entwicklungsbezogene Koordinationsstörung) Def.: deutliche Beeinträchtigung der Entwicklung der motorischen Koordination, die nicht durch geistige Behinderung oder eine bekannte körperliche Erkrankung erklärbar ist kleines Kind: Schwierigkeiten z.B. beim Schuhe zubinden oder Hemd zuknöpfen älteres Kind: Schwierigkeiten z.B. beim Modellbau, Ballspiel oder Schreiben Ursachen von Lernbehinderungen belegt: Neurologische Probleme können für Lernbehinderung verantwortlich sein Leseverständnis ist nicht genetisch beeinflusst Dyslexie: mikroskopische Abnormalitäten hinsichtlich Lokalisation, Zahl und Organisation der Neurone hauptsächlich in der Sprachregion der linken Hemisphäre Theorie: spiegelbildliche Wahrnehmung der Druckbuchstaben; allerdings: spätere Lesefertigkeit möglich; Blinde können auch unter Dyslexie leiden Hinweise auf Probleme der Sprachverarbeitung (Wahrnehmung der Sprache, Analyse der Laute der gesprochenen Sprache und ihre Beziehung zu den geschriebenen Wörtern) Vermutung: frühe Sprachprobleme können spätere Dyslexie vorhersagen (Verzögerungen beim Erlernen syntaktischer Regeln mit 2½ Jahren; Schwierigkeiten, Reime und Alliterationen im Alter von 4 Jahren zu erkennen; Probleme beim schnellen Benennen von vertrauen Objekten mit 5 Jahren) Geschlechtsunterschiede Evtl. strukturelle oder hormonelle Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen für einige Unterschiede im Lernen verantwortlich als kleine Kinder Jungen eher in grobmotorischen Fertigkeiten gefördert, was zu Steigerung der Effizienz in der visuomotorischen Koordination führt; Mädchen eher in feinmotorischen Fertigkeiten gefördert, was die Sprachstrukturen einschließt Interventionen bei Lernbehinderungen heute: linguistische Ansätze (bei Lese- und Rechtschreibschwäche) bei kleinen Kindern: Voraussetzungen für Lesenlernen vor eigentlichem Leseunterricht trainieren (Buchstabenunterscheidung, phonetische Analyse, Entsprechungen zwischen Buchstaben und Lauten) bei diagnostizierter Dyslexie: Hilfen zum Lernen bieten (auf Tonband aufgezeichnete Unterrichtsstunden, Tutoren, Texteditor, keine Zeitbegrenzung bei Klausuren) wenn lediglich bestimmte erlernbare Fertigkeiten fehlen: angemessene kognitive Strategien vermitteln (z.B. Selbstgespräche bei einer Aufgabe konstruktiv einsetzen, hilft längere Zeit bei einer Aufgabe zu bleiben) wichtig: erfolgsorientierter Ansatz: Motivation und Selbstvertrauen stärken; Verhaltensprobleme, die durch Frustration entstehen, reduzieren; Verhaltensorientierte Programme, die kleine Erfolge belohnen 8