Fachbereich Sozialwesen

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Fachbereich Sozialwesen
Seminar: Klinische Psychologie
Dozent: Prof. Dr. Schulte-Cloos
Referentin: Bianca Bretträger
Literatur: Davison/Neale: Klinische Psychologie
Comer: Klinische Psychologie
Entwicklungsstörungen in der Kindheit
1. Störungen mit unterkontrolliertem Verhalten (Externalisierer)
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Def.: Kind hat keine oder nur unzureichende Kontrolle über das Verhalten, das in einer
gegebenen Situation von ihm erwartet wird z.B. Aufmerksamkeitsdefizit- und
Hyperaktivitätsstörung, Verhaltensstörung
wird nur zum Problem für Mitmenschen, nicht für das Kind
tritt häufiger bei Jungen auf
1.1. Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHD)
 DSM-III-R: Def. Aufmerksamkeitsdefizitstörung: Unfähigkeit des betroffenen Kindes, sich
für eine angemessene Zeit auf eine Aufgabe zu konzentrieren
Def. Hyperaktivität: betroffenen Kindern, fällt die Verhaltenskontrolle besonders in Situation
schwer, in denen sie still sitzen müssen; können nicht aufhören, sich zu bewegen oder zu
sprechen; sind unorganisiert, taktlos, eigensinnig, herrisch oder ungeschickt; haben häufiger
Unfälle; ihre Beschäftigungen und Bewegungen scheinen immer schnell und vom Zufall
bestimmt zu sein; sind für Lehrer und Eltern erschöpfend
Def. ADHD: Aufmerksamkeitsdefizitstörung oder Hyperaktivität muss zutreffen
 DSM-IV: Unterscheidung zwischen Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung oder nur
Störung der Aufmerksamkeit
 sehr heterogenes Auftreten der Symptome
 zeigen weder eine negativistische noch ein bösartige Haltung; sind oft selbst überrascht, wenn
andere mit Ärger oder Zurückweisung reagieren; wissen meist über richtige soziale Handlung
in hypothetischer Situation Bescheid, setzen Wissen in Realität nur nicht um
 weisen keine intellektuellen oder zwischenmenschlichen Defizite oder Behinderungen auf
 Schwierigkeiten mit Gleichaltrigen und Freundschaften zu schließen, da ungeschickt in
sozialen Kompetenzen (übersehen versteckte soziale Hinweise, interpretieren Absichten
falsch, machen unbeabsichtigt Fehler in sozialen Beziehungen)
 geschätzte Auftrittshäufigkeit 1-20%; oft bei Jungen im schulpflichtigen Alter diagnostiziert,
da Wahrscheinlichkeit für zusätzliches aggressives Verhalten größer ist als bei Mädchen
 wichtig: keine vorschnelle Diagnose! Verhaltensweisen findet man bei vielen Kindern in den
ersten Schuljahren; Gefahr der Stigmatisierung; oft nur: lebhafter und schwerer zu
kontrollieren, als Eltern und Lehrern lieb ist
 20-25% der betr. Kinder haben Lernschwierigkeiten in Mathe, Lesen oder Schreiben; weitaus
mehr haben Probleme, sich an die üblichen Verhältnisse einer Schulklasse anzupassen
 30-90%ige Überlappung von ADHD und Verhaltensstörung
 Studie: mehr als 70% der Kinder mit ADHD entsprechen auch im Erwachsenenalter den
Kriterien der Störung
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Ursachen der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung
 Biologische Theorie: Prädisposition für ADHD wahrscheinlich vererbt (siehe
Zwillingsstudien); neurologische Unterschiede speziell im frontal-limbischen System:
reduzierter zerebraler Glukosestoffwechsel --> Gehirn weniger aktiv während einer Aufgabe,
die akustische Aufmerksamkeit erfordert
 Psychologische Theorien:
Diathese-Stress-Theorie: Prädisposition für die Störung und ungünstige Erziehungspraktiken
der Eltern oder dysfunktionales Familiensystem müssen zusammentreffen
Lerntheorie: Modelllernen von Eltern oder Geschwistern; Verstärkung durch
Aufmerksamkeit, die Hyperaktivität bei Mitmenschen auslöst
Behandlung der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung
 Symptome verschwinden häufig nicht im Laufe der Zeit
 somatische Behandlungsformen:
Stimulantien, wie Ritalin: nur kurzzeitige Verbesserung der Symptome; schulische
Leistungsfähigkeit wird auf lange Sicht nicht verbessert; Verschreibungen häufig bis in die
Adoleszenz fortgesetzt
Feingold-Diät: Ernährung, die nur aus Nahrungsmitteln ohne künstliche Aroma-, Farb- und
Konservierungsstoffe und natürlichen Salizylaten besteht; hilft nur wenigen hyperaktiven
Kindern
 Behandlung auf Grundlage der Lernprinzipien: Kinder werden zu Hause und in der Schule
beobachtet und nur angemessenes Verhalten (z.B. auf einem Stuhl oder bei den Hausaufgaben
still sitzen) wird verstärkt, oft durch Punktesysteme oder Sternkarten (Kind kann Punkte/
Sterne verdienen und später gegen eine Belohnung eintauschen); kommt mehr auf
Verbesserung der Schulleistungen und nicht der Störung an sich an; kurzfristige Erfolge im
sozialen und schulischen Verhalten;
 Optimale Behandlung erst, wenn Verhaltenstherapie und Stimulantien gleichzeitig eingesetzt
werden
1.2. Verhaltensstörungen
 umfasst große Vielfalt unterkontrollierten Verhaltens: Aggressionen, Trotz, Ungehorsam,
verbale Feindseligkeiten, Lügen, Destruktivität, Vandalismus, Diebstahl, Geschlechtsverkehr
mit verschiedenen, häufig wechselnden Partnern, Weglaufen von Zuhause, Körperverletzung,
Tierquälerei, früher Drogen- und Alkoholkonsum usw.
 gemeinsames Merkmal: Verletzung sozialer Normen und der grundlegenden Rechte anderer
 DSM-IV unterscheidet oppositionelles Trotzverhalten und Störungen des Sozialverhaltens
 Muster und Ernsthaftigkeit der Handlungen gehen über Streiche oder Dummheiten bei
Kindern und Jugendlichen hinaus
 wird über den Einfluss definiert, den das Verhalten des Kindes auf andere Menschen und
seine Umgebung hat; Lehrer, Eltern, Altersgenossen oder später Behörden entscheiden, wann
unterkontrolliertes Verhalten unakzeptabel ist
 Gesellschaft urteilt über Verhaltensstörung nach Moralvorstellungen
 das gleiche Verhalten wird häufig bei einem Kind als gestört, bei einem anderen als normal
beurteilt (siehe Mark Twains Figuren Huckleberry Finn und Tom Sawyer)
 “Jugendliche Delinquenz” = Handlungen, die entweder allgemein gesetzeswidrig sind
(Körperverletzung, Raub usw.) oder nur in bestimmtem Alter das Gesetz verletzen
(Schuleschwänzen usw.); viele, aber nicht alle als verhaltensgestört diagnostizierte
Jugendliche geraten mit Gesetz in Konflikt
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Diagnose:
 Häufigkeit (Beteiligung an Prügelei 1 mal im Jahr oder 1 mal pro Woche) und Intensität
(Bonbondiebstahl oder Autodiebstahl) sind wichtige Kriterien, ob Handlungen als
problematisch einzustufen sind
 oft andere Probleme zusätzlich, wie Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung,
Substanzmittelmissbrauch usw.
 Auftrittshäufigkeit aufgrund ungenauer Definition schwer schätzbar; 6-16% der Jungen, 2-9%
der Mädchen
Prognose:
 schwerwiegende Verhaltensprobleme wachsen nicht einfach aus
 speziell aggressives Verhalten so stabil wie IQ
 Verhaltensprobleme in Kindheit notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für
antisoziales Verhalten bei Erwachsenen
 eigene Verhalten des Kindes besserer Prädiktor des späteren antisozialen Verhaltens als jedes
Familienmerkmal oder Variablen des sozialen Status
Erklärung von Verhaltensstörungen
 teilweise genetisch bedingt
 Erziehung und familiärer Einfluss: fehlender Zusammenhalt, viele Belastungen z.B.
Scheidung der Eltern; fehlende Faktoren, die die Entwicklung eines starken moralischen
Gefühls fördern; Abhängigkeit oder affektive Störungen der Eltern
 Antisozialer Akt = spannend, lohnend, etwas durchaus Zentrales für das Selbstkonzept der
Kinder und Jugendlichen
 Psychodynamische Theorie:”…Störung im Funktionieren des Überich”
 Lerntheorien: Modelllernen + operantes Konditionieren: von aggressiven Eltern oder z.B. TV
gelernt und nachgeahmt --> wirksames Mittel Ziel zu erreichen (Verstärkung) --> Verhalten
mit Wahrscheinlichkeit beibehalten
Diathese-Stress-Theorie: Kind ist widerspenstig, aggressiv usw., wenn Mutter Forderungen
nicht nachkommt --> Mutter ignoriert kurz, gibt dann aber nach --> wechselseitige
Belohnung: Kind bekommt Willen, Mutter hat Ruhe --> Verhaltensprobleme des Kindes und
Nachgiebigkeit der Mutter halten an
 soziologische Faktoren: soziale Schicht, Großstadtleben, hohe Arbeitslosenziffern, schlechte
Bildungsmöglichkeiten, zerrüttete Familienverhältnisse, Subkultur in der Delinquenz
akzeptiert wird (z.B. Clique)
Behandlung von Verhaltensstörungen
 soziologische Überlegungen: gerechte Verteilung des Einkommens,
Arbeitsbeschaffungsprogramme, materielle Benachteiligung der unteren Schichten mildern
 psychologische Methoden:
-familienbezogene Interventionen: Eltern lernen, konsequent pro- statt antisoziales Verhalten
zu belohnen; lernen die Prinzipien des sozialen Lernens kennen; Diskussionen über
Schwierigkeiten, die bei den genannten Methoden auftreten können
-Kognitive Therapie: bei reaktiver Aggression (reagiert mit Aggression auf wahrgenommene
Handlungen anderer) Aufmerksamkeit der Therapie darauf, wie Kind Absichten anderer
interpretiert, besonders wenn diese nicht eindeutig sind;
bei proaktiver Aggression (Aggression wird als Mittel zum Erreichen eines Ziels eingesetzt)
Behandlung befasst sich intensiv mit dem erwarteten Nutzen des antisozialen Verhaltens
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-Verhaltenstraining: Training zur Kontrolle der Wut, wie Selbstkontrolle in provozierenden
Situationen, Einsatz von Verfahren zur Ablenkung bei verbalen Angriffen (Summen einer
Melodie, sich abwenden usw.), angemessene Reaktionen im Rollenspiel üben
Unterricht in Problemlösetechniken und in Empathie oder der Übernahme der Sichtweisen
von anderen durch z.B. Rollenspiele + Verstärkungen (z.B. Chips verdienen und verlieren, die
später eingelöst werden können)
Verhaltensstörungen gegenüber allen Formen von Interventionen sehr resistent
positive Ansätze bei den Therapien, die sich auf die unzureichende Problemlösefähigkeiten,
die Impulsivität und die Kontrolle der Wut konzentrieren
Vermeiden des Kontaktes mit dem Gerichtssystem für Erfolg der Behandlung von Delinquenz
mitentscheidend
präventive Verfahren bei jüngeren Kindern wichtig
2. Störungen mit überkontrolliertem Verhalten (Internalisierer)
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
Def.: Kind zeigt Verhaltensdefizite und schwerwiegende emotionale Hemmungen
z.B. Kindheitsängste, sozialer Rückzug, Depressionen
Kind ist nur selbst vom Problem betroffen
tritt häufiger bei Mädchen auf
2.1. Kindheitsängste
 Angst und Furcht = normaler Teil der kindlichen Entwicklung
 erst dann als Störung diagnostiziert, wenn Ängste und Sorgen das Leistungsvermögen des
betroffenen Kindes beeinträchtigen
 6–8% der Kinder und Adoleszenten weisen Angststörung auf (häufigste Störung der
Kindheit)
Trennungsangst
 DSM-IV: übermäßige Angst vor der Trennung von zu Hause oder von den Bezugspersonen
 mögliche Symptome: übermäßige Angst oder Panik bei Trennung von Elternteil; Weigerung,
von zu Hause wegzufahren z.B. zu Freunden, Schule usw.; Angst, alleine oder ohne wichtige
Bezugsperson in ungewohnter oder auch gewohnter Umgebung zu bleiben; Anklammern an
Elternteil; Furcht, verloren zu gehen; Besorgnis, Bezugspersonen zu verlieren oder dass ihr
etwas zustößt; Weigerung, ohne Nähe der Bezugsperson schlafen zu gehen; Albträume von
Trennungen; Klagen über körperliche Beschwerden bei Trennung von Bezugsperson
 Dauer: mind. 4 Wochen
 schätzungsweise 4% aller Kinder und Jugendlichen leiden an Trennungsängsten
 Ursachen: oft ein belastendes Lebensereignis, wie Tod eines Elternteils oder Haustieres,
Umzug oder Schulwechsel als Auslöser; düstere Vorstellungen und Bilder suggeriert durch
Medien oder Warnungen vor Gefahren (z.B. Entführungen); Schwierigkeiten in der MutterKind-Beziehungen als Ursache --> Mutter überträgt eigene Trennungsangst auf Kind
Schulphobie
 Def.: extreme Angst vor Schulbesuch und Weigerung, die sich nicht mit der Zeit verlieren
 dadurch schwerwiegende schulische und soziale Folgen für das betroffene Kind
 Schätzungen: 17 von 1000 Kindern betroffen
 2 Formen unterschieden:
in Verbindung mit Trennungsangst: häufige Ursache, da Schulbesuch erstes Ereignis darstellt,
das längere und häufigere Trennung von den Eltern erfordert
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verbunden mit echter Phobie vor der Schule: Angst, die speziell mit der Schule verbunden ist
oder allgemeine Soziale Phobie; Weigerung, in die Schule zu gehen tritt erst zu späterem
Zeitpunkt ein; schwere und länger anhaltende Schulvermeidung; Angst wahrscheinlich an
bestimmte Aspekte der Schulumgebung gebunden, wie Ärger mit Mitschülern, Angst vor
einem Lehrer, Versagensängste usw.
Behandlung von Kindheitsängsten
 verschwindet in vielen Fällen mit der Zeit und zunehmender Reifung von selbst,
Verhaltenstherapien können Beseitigung der Ängste beschleunigen
 Dauer der Therapie: durchschnittlich 2½ Wochen
 Gegenkonditionierung: Kind allmählich dem Angstobjekt aussetzen, begleitender
Erwachsener verhält sich so, dass möglichst keine Angst entsteht (z.B. an die Hand nehmen)
 Modelllernen: anderes, vertrauenswürdiges Kind demonstriert furchtloses Verhalten
 Ermutigung durch Belohnungen
 langsame Desensibilisierung + operante Verhaltensformung: bei schwerwiegender
Schulphobie; mit Therapeut immer näher an Schule heran gehen (vor die Schule, Schulhof,
leeres Klassenzimmer, auf eigenen Platz setzen); später bleibt der Therapeut außer Sichtweite,
aber in der Nähe; Belohnung, wenn die Angst nachlässt
 Gelegenheit geben, notwendiges Wissen und Fertigkeiten zu erwerben, wenn Angst aus
Unsicherheit in neuen Situationen auftritt (z.B. Angst vor Wasser)
2.2. Sozialer Rückzug
 betroffene Kinder werden auch nach längerem Beisammensein mit fremden Personen nicht
warm: gehen ihnen aus dem Weg, sind extrem ruhig und schüchtern, spielen nur mit
Angehörigen und sehr vertrauten Spielgefährten
 evtl. Weigerung in unvertrauter sozialen Umgebung zu sprechen (elektiver Mutismus)
 bei vielen Menschen im Raum: klammern sich an Eltern, flüstern nur, verstecken sich hinter
Möbeln, kauern sich in einer Ecke
 zu Hause: stellen endlose Fragen über die Situationen, die ihnen Angst machen; haben
gewöhnlich warme und befriedigende Beziehungen zu Familienmitgliedern und Freunden der
Familie; zeigen deutlich Wunsch nach Zuneigung und Anerkennung
 Schüchternheit kann Fertigkeitserwerb und Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten
hindern
 Intensive Angst in bestimmten Situationen (entspricht der Sozialen Phobie bei Erwachsenen):
z.B. beim Vorlesen vor einer Gruppe, Schreiben an der Tafel, Vorführungen vor anderen;
Kind setzt negative Strategien zur Bewältigung einer solchen Situation ein, wie weinen,
vermeiden, über körperliche Beschwerden klagen; dramatischer Pulsanstieg; erleben 3 mal
häufiger Angstsituationen als andere Kinder
 Vermutungen zur Entstehung: Mangel an sozialen Fertigkeiten, die den Umgang mit
Altersgenossen erleichtern; betroffene Kinder haben vielleicht bisher fast ausschließlich mit
Erwachsenen gespielt
Therapie von sozialem Rückzug
 Modelllernen:
 Film mit ebenfalls isoliertem Kind zeigen, welches allmählich und mit immer mehr Spaß
am Spiel mit anderen Kindern teilnimmt
 das Kind mit einer Bezugsperson zusammen in Gruppenspiele einbeziehen, Kind erlebt im
Spiel Rückmeldungen, welches Verhalten positive Interaktionen mit anderen Kindern
fördert bzw. hemmt
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 soziale Fertigkeiten (Fragen stellen, Komplimente machen, Gespräche beginnen usw.) in
kleinen Gruppen oder Paaren beibringen
2.3. Depression in der Kindheit und Adoleszenz
 nach DSM-IV und ICD-10 affektive Störungen bei Kindern nach Kriterien für Erwachsene
beurteilt, aber altersspezifische Merkmale berücksichtigt (z.B. Gereiztheit statt depressive
Stimmungen)
 ähnliche Symptome bei 7-17 jährigen verglichen mit depressiven Erwachsenen: Reizbarkeit,
Anedonie (Verlust der Fähigkeit, Freude zu erleben), Müdigkeit, Konzentrationsprobleme,
suizidale Vorstellungen, negativere Auffassungen (Schemata) als Altersgenossen, sozialer
Rückzug
 unterschiedliche Symptome: Kinder und Jugendliche: höherer Anteil an Selbstmordversuchen
(bes. bei 15-19 jährigen) und Schuldgefühlen, körperliche Beschwerden; Erwachsene:
häufigeres vorzeitiges Aufwachen, Appetits- und Gewichtsverlust, ausgeprägtere Depression
am Morgen
 Depression tritt wiederholt und über einen längeren Zeitraum auf
 2% der Kinder unter 17 Jahren leiden an „Major Depression“; bis 11 Jahre keine
Geschlechtsunterschiede, mit 16 Jahren doppelt so viele Mädchen wie Jungen betroffen
 Diagnostik schwer, da häufig gleichzeitig mit anderen Störungen (z.B. Trennungsangst,
Verhaltensstörung) auftritt
Ätiologie der Depression
 gehen oft negative Lebensereignisse (z.B. größere Veränderungen, Ablehnung, sexueller
Missbrauch) voraus
 Mutter-Kind-Beziehung; weniger Kommunikation, weniger Wärme, mehr Aggressivität und
weniger Zeit für gemeinsame Aktivitäten
 Annahme: Familienbeziehungen spielen wichtige Rolle
 genetische Faktoren bei Erwachsenen beteiligt, möglicherweise auch bei Kindern
 negative kognitive Verzerrungen
Behandlung der Depression in der Kindheit
 Anwendungen antidepressiver Medikamente weniger gerechtfertigt
 Training sozialer Fertigkeiten zeigt einige Erfolge, da es verhaltensorientierte und verbale
Möglichkeiten bietet, Zugang zu erfreulichen, verstärkenden Umgebungen zu bekommen
(z.B. mit Freunden und Mitschülern gut auszukommen)
 kognitive-verhaltensorientierte Interventionen, wie Selbstbeobachtung und Beurteilung der
Stimmung (verstehen, wie die eigene Stimmung durch Gedanken und Verhalten beeinflusst
wird; Aktivitäten planen, die zu Erhöhung angenehmer Erlebnisse und zielorientierter
Ereignisse führen) zeigen begrenzte Erfolge
 Familientherapie
3. Lernbehinderungen


Def.: Das betroffene Kind erreicht nicht das Niveau, das aufgrund seiner intellektuellen
Fähigkeiten in einem bestimmten Bereich schulischer, sprachlicher oder motorischer
Fertigkeiten zu erwarten wäre.
DSM-IV unterscheidet Lernstörungen, Kommunikationsstörungen und Störungen motorischer
Fertigkeiten
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




wenn sensorische Defizite, wie Probleme beim Sehen und Hören, für Lernschwierigkeiten
verantwortlich, Diagnose Lernbehinderung nicht angemessen
nur diagnostiziert, wenn sich die Beeinträchtigung deutlich auf schulische Leistungen oder
alltägliche Aktivitäten auswirkt
meist in Schule diagnostiziert und behandelt
20% aller Kinder betroffen
Jungen 2-4 mal häufiger betroffen als Mädchen
3.1. Lernstörungen:
Legasthenie oder Dyslexie
 Def.: große Schwierigkeiten beim Wiedererkennen von Wörtern, dem Leseverständnis und
der Rechtschreibung
 beim Vorlesen lassen betroffene Kinder Wörter weg, fügen etwas hinzu, vertauschen Wörter
oder verändern die Aussprache von Wörtern in für ihr Alter ungewöhnlichem Maße
 besteht im Erwachsenenalter weiter
 2-8% der Schulkinder betroffen
 schließt großartige Leistungen nicht aus
Rechenstörung
 Def.: Schwierigkeiten mit
linguistischen Fertigkeiten (z.B. Umsetzung schriftlicher Darstellungen in mathematische
Symbole --> Textaufgaben)
Wahrnehmung (z.B. Wiedererkennung numerischer Symbole)
Aufmerksamkeit (z.B. zu einer im Gedächtnis behaltenen Zahl eine weitere hinzu zu
addieren)
Mathematische Fertigkeiten (z.B. zählen von Objekten oder einer Reihe mathematischer
Schritte zu folgen)
 tritt mind. so häufig auf wie Legasthenie
Störungen des schriftlichen Ausdrucks
 Def.: Beeinträchtigung der Fähigkeit, das geschriebene Wort sinnvoll zusammen zu setzen
inkl. Fehlern in Rechtschreibung, Grammatik oder Zeichensetzung und unzulängliche
Organisation von Sätzen
3.2. Kommunikationsstörungen
Rezeptive Sprachstörung
 Def.: Schwierigkeiten beim Verstehen der gesprochenen Sprache
 Sprachverständnis kann so mangelhaft sein, dass das Kind für taub gehalten wird
Expressive Sprachstörung
 Def.: Schwierigkeiten beim sprachlichen Ausdruck
 Kind kann ganz offensichtlich etwas mitteilen wollen, findet aber die Worte nicht
 spricht mit 4 Jahren nur ganz kurze Sätze
 vergisst früher gebrauchte Wörter, wenn es neue lernt
 erhebliche Defizite beim Gebrauch grammatikalischer Strukturen
Artikulationsstörungen
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


betroffenes Kind hat nicht gelernt, später erworbene Sprachlaute wie r, sch, th (engl.), f, z, l,
ch zu artikulieren
Sprache klingt wie Babysprache (blau --> bau, schön --> ßön)
verfügt dennoch über altersgerechtes Vokabular und Ausdrucksvermögen
vollständige Heilung durch Sprachtherapie in fast allen Fällen möglich
bei leichten Fällen geht die Störung mit 8 Jahren von alleine weg
3.3. Störungen motorischer Fertigkeiten
(Entwicklungsbezogene Koordinationsstörung)
 Def.: deutliche Beeinträchtigung der Entwicklung der motorischen Koordination, die nicht
durch geistige Behinderung oder eine bekannte körperliche Erkrankung erklärbar ist
 kleines Kind: Schwierigkeiten z.B. beim Schuhe zubinden oder Hemd zuknöpfen
 älteres Kind: Schwierigkeiten z.B. beim Modellbau, Ballspiel oder Schreiben
Ursachen von Lernbehinderungen
 belegt: Neurologische Probleme können für Lernbehinderung verantwortlich sein
 Leseverständnis ist nicht genetisch beeinflusst
Dyslexie:
 mikroskopische Abnormalitäten hinsichtlich Lokalisation, Zahl und Organisation der Neurone
hauptsächlich in der Sprachregion der linken Hemisphäre
 Theorie: spiegelbildliche Wahrnehmung der Druckbuchstaben; allerdings: spätere
Lesefertigkeit möglich; Blinde können auch unter Dyslexie leiden
 Hinweise auf Probleme der Sprachverarbeitung (Wahrnehmung der Sprache, Analyse der
Laute der gesprochenen Sprache und ihre Beziehung zu den geschriebenen Wörtern)
 Vermutung: frühe Sprachprobleme können spätere Dyslexie vorhersagen (Verzögerungen
beim Erlernen syntaktischer Regeln mit 2½ Jahren; Schwierigkeiten, Reime und
Alliterationen im Alter von 4 Jahren zu erkennen; Probleme beim schnellen Benennen von
vertrauen Objekten mit 5 Jahren)
Geschlechtsunterschiede
 Evtl. strukturelle oder hormonelle Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen
Gehirnen für einige Unterschiede im Lernen verantwortlich
 als kleine Kinder Jungen eher in grobmotorischen Fertigkeiten gefördert, was zu Steigerung
der Effizienz in der visuomotorischen Koordination führt; Mädchen eher in feinmotorischen
Fertigkeiten gefördert, was die Sprachstrukturen einschließt
Interventionen bei Lernbehinderungen
 heute: linguistische Ansätze (bei Lese- und Rechtschreibschwäche)
bei kleinen Kindern: Voraussetzungen für Lesenlernen vor eigentlichem Leseunterricht
trainieren (Buchstabenunterscheidung, phonetische Analyse, Entsprechungen zwischen
Buchstaben und Lauten)
bei diagnostizierter Dyslexie: Hilfen zum Lernen bieten (auf Tonband aufgezeichnete
Unterrichtsstunden, Tutoren, Texteditor, keine Zeitbegrenzung bei Klausuren)
 wenn lediglich bestimmte erlernbare Fertigkeiten fehlen: angemessene kognitive Strategien
vermitteln (z.B. Selbstgespräche bei einer Aufgabe konstruktiv einsetzen, hilft längere Zeit
bei einer Aufgabe zu bleiben)
 wichtig: erfolgsorientierter Ansatz: Motivation und Selbstvertrauen stärken;
Verhaltensprobleme, die durch Frustration entstehen, reduzieren; Verhaltensorientierte
Programme, die kleine Erfolge belohnen
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