Seminar Psychopathologie I Thema „Psychische Störungen durch psychotrope Substanzen“ (ICD-10:F10-F19) Anna Levke Brütt & Kathrin Busch Bei Betrachtung der Geschichte zeigt sich, dass Menschen bereits seit vielen hundert Jahren auf psychotrope Substanzen zurückgreifen, um beispielsweise Schmerzen zu lindern, Entspannung oder veränderte Bewusstseinszustände zu finden. In heutiger Zeit finden sich derartige Stoffe im täglichen Leben in Form von Kaffee, der anregend wirken soll, über Alkohol, der entspannungsfördernd wirken soll bis hin zu schmerzlindernden Tabletten wie beispielsweise „Aspirin“. Wenn nun jemand mehrere Substanzen gleichzeitig konsumiert, man spricht hierbei von Polytoxikomanie, so können Interaktionen der verschiedenen Stoffe lebensbedrohliche Wirkungen nach sich ziehen. Um konsumveranlassende, -erhöhende und zu Missbrauch bzw. Abhängigkeit führende Faktoren zu ergründen, wurden folgende Variablen herangezogen: Zum einen richtet sich der Blick auf soziokulturelle Variablen, unter denen sich Unterschiede im Konsumverhalten verschiedener Kulturen bzw. Gruppen, Substanzverfügbarkeit und –präsenz sowie Modellbeispiele des Konsums subsumieren lassen. So gibt es beispielsweise Forschungen in Bezug auf Präferenzen für bestimmte Drogen in verschiedenen (kulturellen) Gruppen und ob sich die Konsumrate anhand der Verfügbarkeit oder öffentlichen Präsenz der Substanz festmachen lässt. Eine zweite Gruppe von Faktoren beschäftigt sich mit der psychischen Beschaffenheit von Konsumenten und die Wirkungsantizipation, die mit dem Genuss der Stoffe einhergeht. Forscher haben versucht, die Persönlichkeit jener Menschen, die für den Effekt von Rauschmitteln besonders anfällig sind, als unter anderem antisozial, ängstlich, hyperaktiv, emotional labil, unaufmerksam usw. einzustufen; ein voreiliger Schluss ist aber nicht angebracht, da fraglich ist, ob zuerst eine Störung, auf Grund derer der Konsum einsetzte, vorlag oder erst der Konsum die Störung nach sich zog. Bezüglich der Wirkung kommt der Wirkungserwartung seitens des Konsumenten Aufmerksamkeit zu, da sich in der Einnahmesituation Kognitions- und Perzeptionsveränderungen einstellen, die eine Erklärung für den Substanzkonsum darstellen sollen. Als letzte Ursachenmöglichkeit werden biologische Variablen betrachtet. Hierbei haben sich Anhaltspunkte gezeigt, die insbesondere bei Männern eine genetische Disposition nicht ausschließen lassen. Die Weichen für ein verstärktes Konsumverhalten scheinen dann gestellt, wenn eine hohe Toleranzfähigkeit bzw. eine geringe Reaktion auf den Stoff vorliegt. Es scheint aber auch wichtig bei familiärer Häufung von Sucht das Augenmerk auf ein mögliches Lernmodell, das sich beispielsweise bei den Eltern finden könnte, zu richten. Die Klassifikation für Substanzmissbrauch und –abhängigkeit lauten nach dem ICD10 wie folgt: Störungen durch Alkohol ICD-10 : F 10 Dokumentationen über den Konsum von Alkohol reichen zurück bis in das Jahr 3000 vor Christus; über die Kenntnisse für die Destillation und Zubereitung hochprozentiger Alkoholika verfügen die Menschen seit circa 800 Jahren. Bei Betrachtung des Anstiegs der Konsumrate in den Vereinigten Staaten von Amerika in den Jahren zwischen 1940 bis 1985 zeigt sich ein Zuwachs von 30 auf 80 Prozent. Insbesondere die Gruppe der jungen Erwachsenen wird mit Alkohol in Verbindung gebracht; Unterschiede zwischen ethnischen Gruppen fallen eher gering aus und es soll eine Komorbidität mit antisozialer Persönlichkeitsstörung, Manie und Panikstörung geben. Als Folgen des Alkoholgenusses werden tödliche Unfälle, Morde, Suizidfälle und steigende Kosten durch anfallenden Therapiebedarf genannt. Wenn die Einnahme von Alkohol auf Grund einer vorliegenden Sucht erfolgt, so zeigen sich Zeichen von Entzug und Toleranz sowie eine Unfähigkeit, dem Stoff fernzubleiben und ein Verlust der Kontrolle über das Trinkverhalten. Ein Blick auf die kurzzeitigen physischen Folgen zeigt, dass Alkohol keinen Verdauungsprozessen unterzogen wird und teilweise über die Magenwände in kleiner Menge sofort ins Blut übergeht. Der große Teil aber findet in den in den Dünndarm und gelangt von dort aus über Vorgänge der Resorption recht schnell ins Blut. Ein Abbau der Stoffe, der Zeit erfordert, erfolgt in der Leber. Wie hoch die Blutkonzentration des Alkohols, die auch Auswirkung auf die Wirkung hat, ist, hängt von Faktoren wie im Magen vorhandene Nahrung, der konsumierten Substanzmenge, dem Gewicht der Person und deren Leberfunktionstüchtigkeit ab. Auf neurologischer Ebene zeigt sich, dass Alkoholgenuss auf Grund hemmender Stoffe anfangs zwar stimulierende Wirkung hat, was sich in einem Wohlbefinden und Gefühl des Verbundenheit ausdrücken kann, aber dennoch eine das zentrale Nervensystem beeinflussende Droge ist. Dies zeigt sich in einer Beeinträchtigung komplexer Denkprozesse, der Motorik, der Sprache, der Wahrnehmung und einer Abstumpfung gegenüber Schmerz. Wird Alkohol über einen längeren Zeitraum exzessiv eingenommen so sind Schädigungen im Bereich des Frontallappens sowie vieler Organe, psychischer Niedergang und Infektionssensibilität aufzuführen. Weiterhin leiden alkoholabhängige Menschen häufig an Unterernährung, da die Kalorien, die über den Stoff zugeführt werden, keinerlei Nährstoffe enthalten. Somit fehlen Betroffenen B-Vitamine und Eiweiße, was sich in Verdauungsbeeinträchtigung, Leberzirrhose, Drüsenschädigung, Herzversagen und Bluthochdruck niederschlägt. Bei Konsum während der Schwangerschaft ist mit einer Krankheit des Feten, der sogenannten Embriopathie, zu rechnen. Erwähnt seien auch schwere Probleme im sozialen Kontext des Patienten, da auch die Familie, Freunde und oftmals die Arbeitsstelle in Mitleidenschaft gezogen werden. Ein Alkoholentzug zieht meist Symptome wie Angst, Depressivität und Schwächegefühle nach sich. Der Patient leidet an Schlaf- und Rastlosigkeit, an Pulsbeschleunigung, einem Anstieg des Blutdrucks und der Körpertemperatur sowie an Schweißausbrüchen. Der Entzug kann außerdem das Delirium Tremens zur Folge haben, das eine sofortige Behandlung erfordert und sich in Bewusstseinstrübung, Halluzinationen visueller und taktiler Art, Panikanfällen und Zittern äußert.