Produkteeigenschaften und Einsatz von Ek, Tk und FGP

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OPTIMALER EINSATZ VON BLUT
ZUSAMMENFASSUNGEN DER PRODUKTEIGENSCHAFTEN
Der Text wurde mit der Genehmigung des Europarates übersetzt. Die Verantwortung für die Übersetzung trägt Swissmedic. Das Copyright der englischen
Version gehört ausschliesslich dem Europarat  Council of Europe on publication
in English.
This translation is published by arrangement with the Council of Europe and is the
sole responsibility of Swissmedic. The copyright for the original version is held by
the Council of Europe exclusively:  Council of Europe on publication in English.
Einleitung
Die europäischen Blutspendedienste verfügen über einen hervorragenden
Leistungsausweis bezüglich der Optimierung der Qualität und Sicherheit von
Blut und Blutkomponenten sowie im Bereich der Blutgruppenbestimmung und
der prätransfusionellen Testung zur Kompatibilitätbestimmung zwischen
Blutpräparat und Empfänger. Unterstützt werden diese Bemühungen um eine
kontinuierliche Verbesserung auch durch die regelmässig aktualisierten
Richtlinien des Europarats Guide to the preparation, use and quality assurance
of blood components, die inzwischen als «Goldstandard» der
Transfusionsmedizin gelten.
Um die Sicherheit von Blutprodukten weiter zu erhöhen, braucht es
Verbesserungen im letzten Teil der Transfusionskette – bei der Verabreichung
der Blutpräparate an die Patienten. Bereits vorhandene wichtige Beiträge sind
die Empfehlung des Europarats Council of Europe Recommendation (2002)11
on the hospital’s and clinician’s role in the optimal use of blood and blood
products sowie der Empfehlung Recommendation on teaching transfusion
medicine to nurses. Die Monographien zu den Blutkomponenten und ihren
Merkmalen der Expertengruppe SP-HM des Europarats (Council of Europe
Committee of Experts in Blood Transfusion) wurden gezielt zur Unterstützung
der Bemühungen um eine weiter optimierte Sicherheit und Qualität des letzten
Teils der Transfusionskette erarbeitet.
Die Monographien sollen die Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der
Empfehlung des Europarats (2002)11 sowie der Empfehlung Recommendation
on teaching transfusion medicine to nurses erwähnten Schulungen
unterstützen. Die Monographien werden als Richtlinien empfohlen und können
europaweit in allen Spitälern verwendet werden. Zudem können sie als
Packungsbeilagen eingesetzt werden.
Die vorliegenden Monographien umfassen Texte über Erythrozyten,
Thrombozyten,
gefrorenes
Frischplasma
und
Granulozyten.
Die
Expertengruppe SP-HM will diese Auswahl in Zukunft überprüfen, aktualisieren
und erweitern.
- 2 -
ERYTHROZYTEN
Zusammenfassung der Eigenschaften von Erythrozytenkonzentraten
1. Definition
Erythrozyten, in additiver Lösung oder in Plasma suspendiert. (Anmerkung: In
der Schweiz werden homolog ausschliesslich Erythrozytenkonzentrate (EK) in
additiver Lösung, leukozyten-depletiert, hergestellt). Die Erythrozytenkonzentrate können aus einer Vollblutspende (450-500 ml) oder aus einer Erythrozytapherese hergestellt werden.
2. Physiologie und Eigenschaften
Erythrozyten oder rote Blutkörperchen sind kernlose Zellen, die in hoher
Konzentration Hämoglobin enthalten, welches Sauerstoff für den Transport von
den Lungen in die peripheren Gewebe und Kohlendioxid für den Transport in
umgekehrter Richtung bindet.
Hämoglobin
Das Hämoglobin-Molekül besteht aus vier Peptidketten. Jede Kette trägt ein
Häm-Molekül, das ein Sauerstoffmolekül (O2) binden kann.
Die Bindung eines Sauerstoffmoleküls beeinflusst die räumliche Anordnung der
Ketten im Hämoglobin-Protein und begünstigt dadurch die Bindung weiterer
Sauerstoffmoleküle. Auf diese Weise wird ein Verhältnis zwischen
Sauerstoffkonzentration (PO2) und Sauerstoffsättigung des Hämoglobins (SO2)
erreicht, das die Freisetzung des Sauerstoffs vom Blut in die Körpergewebe
unterstützt.
Die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin bei den in Gewebe und peripheren
Blutgefässen vorherrschenden Sauerstoffkonzentrationen wird durch folgende
Faktoren beeinflusst:
-
Konzentration von 2,3-Diphosphoglycerat (DPG). Eine sinkende
Konzentration fördert die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin, eine
steigende Konzentration dagegen verringert die Bindungsstärke. Bei einer
normalen Sauerstoffaufnahme über die Lunge wird dadurch die Freisetzung
von Sauerstoff in den Geweben mit Sauerstoffbedarf gefördert.
-
Ein niedriger pH und erhöhter PCO2 führen unabhängig voneinander zu
einer schlechteren Bindung von Sauerstoff, wodurch die Freisetzung von
Sauerstoff in den Geweben mit Sauerstoffbedarf erleichtert wird.
Blutgruppenantigene
Erythrozyten tragen die genetisch festgelegten Blutgruppenantigene, auf denen
die 27 Blutgruppensysteme beruhen. Wenn der Empfänger einer Erythrozytentransfusion
spezifische
Antikörper
gegen
Blutgruppenantigene
der
transfundierten Erythrozyten entwickelt, kann dies zu einer hämolytischen
Transfusionsreaktion führen. Mütterliche IgG-Antikörper gegen Blutgruppenantigene des Fötus können zu hämolytischen Erkrankungen des Fötus oder des
Neugeborenen führen.
- 5 -
Das ABO-System ist das wichtigste Blutgruppensystem im Zusammenhang mit
Transfusionen. Normalerweise sind bei Personen, deren Erythrozyten keine Aoder B-Antigene aufweisen, Antikörper gegen diese Antigene vorhanden
(Ausnahme: Neugeborene). Für die Transfusion vorgesehene Erythrozyten
dürfen deshalb keine ABO-Antigene aufweisen, gegen die es im Empfängerblut
Antikörper gibt. Die Transfusion von ABO unverträglichen Erythrozyten kann
eine akute, schwerwiegende oder tödliche hämolytische Reaktion zur Folge
haben.
Ausserhalb des ABO-Systems ist das Rhesus D Antigen des Rhesus
Blutgruppensystems stark immunogen. Rh(D)-Antikörper entstehen aber nur,
wenn eine Rhesus(D)-negative Person mit Rhesus(D)-positiven Zellen in
Kontakt kommt und so zur Bildung von Anti-D stimuliert wird. Anti-D-Antikörper
können transfundierte Rhesus (D) positive Erythrozyten lysieren, wobei die
Immunreaktion jedoch meist weniger heftig als bei Anti-A- oder Anti-BReaktionen verläuft. Wenn während der Schwangerschaft Anti-D-Antikörper im
mütterlichen Blut vorhanden sind, kann dies eine schwerwiegende chronische
Hämolyse der Erythrozyten des Fötus zur Folge haben. Aus diesem Grund wird
bei Spender und Empfänger stets ein Rh(D)-Test durchgeführt, und ein Kontakt
eines Rhesus(D)-negativen Empfängers mit Rhesus(D)-positiven Erythrozyten
vermieden, insbesondere bei Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter.
Weitere Blutgruppenantigene werden vor einer Transfusion in der Regel nicht
bestimmt. Blutproben des Patienten werden jedoch auf „irreguläre“ Antikörper
untersucht. Wenn klinisch relevante Antikörper im Blut des Empfängers
nachgewiesen werden, müssen Erythrozyten ohne die entsprechenden
Antigene zur Verfügung gestellt werden.
3. Gewinnung und Aufbereitung
Erythrozyten werden von Personen gewonnen, welche die anerkannten
Kriterien zum Blutspenden erfüllen. Es wird vom Spender Vollblut gewonnen
und
mittels
Zentrifugation
in
Blutkomponenten
aufgetrennt.
Für
Erythrozytenkonzentrate wird das Plasma zum Grossteil entfernt (womit das
Blut bis zu einem Hämatokritwert von etwa 70 % konzentriert wird), oder das
Plasma wird nahezu vollständig entfernt und dann Additivlösung –
normalerweise 80 - 110 ml – zugegeben, womit ein Hämatokritwert von 50 –
70 % erreicht wird.
Die Erythrozyten können auch durch Apherese gewonnen werden, bei der die
Erythrozyten abgetrennt und in Additivlösung suspendiert werden. Bei
Spendern mit geeignetem Blutvolumen und günstiger Hämoglobinkonzentration
können in einer Sitzung zwei Transfusionseinheiten von Erythrozyten
gewonnen werden. (Die übrigen Blutbestandteile werden dem Spender
normalerweise zurückgegeben. Alternativ können aber zusätzlich zu den
Erythrozyten auch Plasma oder Thrombozyten gewonnen werden.)
Die Additivlösung enthält Nährstoffe, Salze und Wasser. Glucose und Adenin
sind für die Aufrechterhaltung des Erythrozytenstoffwechsels und die
Überlebensfähigkeit der Erythrozyten nach erfolgter Transfusion erforderlich,
Phosphat kann zur Beschleunigung der Glykolyse verwendet werden, und zur
Verhinderung einer In-vitro-Hämolyse können weitere Substanzen eingesetzt
werden. Zur Einstellung der richtigen osmotischen Bedingungen der
Additivlösung kann Natriumchlorid beigefügt werden.
- 6 -
Die Aufbereitungsmethoden umfassen normalerweise eine Reduktion der
Leukozytenzahl:
-
teilweise durch Entfernung der Leukozytenschicht («buffy coat»), wobei 50 –
80 % der Leukozyten entfernt werden, oder
-
weitgehend durch Leukozytendepletion, wobei mehr als 99,95 % der
Leukozyten durch Filtration der Erythrozyten oder des Vollbluts entfernt
werden.
Durch die Leukozytendepletion wird das Risiko der Übertragung bestimmter mit
Leukozyten assoziierten Viren wie CMV minimiert, ebenso wie das Risiko
immunologischer Komplikationen oder Veränderungen im Zusammenhang mit
Leukozyten-Antigenen oder -Funktionen. In verschiedenen europäischen
Staaten (u.a. Schweiz) ist die Leukozytendepletion aller zur Transfusion
vorgesehenen Blutkomponenten heute vorgeschrieben.
Folgende zusätzlichen Verfahren kommen in Frage:
-
Das Waschen der Erythrozyten um Plasmaproteine so vollständig wie
möglich zu entfernen.
-
Bestrahlung (25-50 Gy) zur Inaktivierung der restlichen SpenderLymphozyten, die eine Graft-Wirt-Reaktion verursachen könnten, namentlich
bei immunsupprimierten Patienten und Patienten, die Blutkomponenten von
Spendern erhalten, die homozygot bezüglich eines HLA-Haplotypen des
Empfängers sind (Verwandte).
-
Einfrieren der Erythrozyten in Glycerol bei -80 °C oder kälter, z.B. zur
langfristigen Lagerung und Vorratsbildung von Erythrozytenmit seltenen
Blutgruppen.
Speziell aufbereitet werden Erythrozyten für den pränatalen und neonatalen
Einsatz. Dazu gehören Erythrozyten, die zur intrauterinen Transfusion
eingesetzt werden sollen, und Blut für die Austauschtransfusion bei
Neugeborenen.
4. Beschriftung
Folgende Informationen sind auf der Etikette aufzuführen:
-
Identifikation des Herstellers;
-
eindeutige Identifikationsnummer;
-
ABO-Blutgruppe und Rh(D)-Faktor;
-
Spendedatum (optional);
-
Art des Blutpräparates;
-
zusätzliche Informationen zum
Bestrahlung (falls zutreffend);
-
Verfalldatum;
-
Zuordnung nach zusätzlichen Blutgruppensystemen (optional);
-
Art und Volumen zugegebener Antikoagulanzien und Additivlösungen;
-
Volumen oder Gewicht des Blutpräparates;
Blutpräparat:
- 7 -
Leukozytendepletion,
-
Lagerungstemperatur.
5. Lagerung und Stabilität
Erythrozytenkonzentrate sind bei 2-6 °C zu lagern. Die zulässige Frist für die
Lagerung beträgt zwischen 35 und 49 Tage, je nach Additivlösung. Bei diesen
Bedingungen bleiben die Erythrozyten stabil, so dass keine bedeutende
Hämolyse stattfindet. Bestrahlte Erythrozyten setzen schneller Kalium und
Hämoglobin frei und können höchstens 28 Tage gelagert werden.
Die Zahl überlebensfähiger transfundierter Erythrozyten sinkt mit zunehmender
Dauer der Lagerung. Nicht überlebensfähige Erythrozyten werden innerhalb
weniger Stunden nach der Transfusion entfernt. Danach werden die
überlebenden Erythrozyten langsam, mit nahezu normaler Geschwindigkeit
eliminiert. Die geltenden Grenzwerte für die Dauer der Lagerung sind so
gewählt, dass sich mindestens 75 % der transfundierten Erythrozyten 24
Stunden nach der Transfusion noch im Kreislauf befinden sollten. Die
Zweckmässigkeit dieser Grenzwerte wurde bisher nicht ernsthaft in Frage
gestellt.
Während der Lagerung sinkt die Konzentration von Adenosintriphosphat (ATP)
innerhalb der Erythrozyten. Die Zellen verlieren einen Teil ihrer Membran,
werden starrer und verändern sich vermutlich so, dass sie bei ihrer Passage
durch die Milzkapillaren eher zurückbehalten werden. Die Überlebensfähigkeit
der Erythrozyten nach der Transfusion nimmt ab, wenn die ATP-Konzentration
unter den Normalwert sinkt.
Während der Lagerung fällt auch die Konzentration von 2,3-Diphosphoglycerat
(2,3-DPG) innerhalb von 10-15 Tagen kontinuierlich auf unter 10 % des
ursprünglichen Wertes und dadurch werden die Sauerstoffmoleküle stärker ans
Hämoglobin gebunden. Nach der Transfusion steigt die 2,3-DPG-Konzentration
der gelagerten Erythrozyten in einem oder wenigen Tagen auf den normalen
Wert.
Die tiefe Lagerungstemperatur (2-6 °C) hemmt die Aktivität der Natrium-KaliumPumpe und Kalium–Ionen treten langsam aus den Zellen aus. Die K+Konzentration in der Stabilisatorlösung steigt dadurch bis zum Ende der
Lagerung kontinuierlich auf etwa 60 mmol/l, d.h. auf 6 mmol pro
Erythrozytenkonzentrat. Die Natrium-Kalium-Pumpe wird nach der Transfusion
wieder aktiv und die K+-Konzentration in den Erythrozyten nimmt innerhalb
weniger Tage wieder den Normalwert an.
6. Qualitätssicherung
Bei jeder Spende durchgeführte Tests:
-
ABO und RhD
-
Anti-HIV 1+2, HBsAg und Anti-HCV.
In einigen europäischen Mitgliedsländern müssen zusätzlich Tests auf AntiHTLV I+II, Anti-HBc, HIV NAT, HCV NAT und Syphilis für jede Spende
durchgeführt werden, in anderen Ländern werden diese Tests nur bei
Erstspendern oder überhaupt nicht verlangt. Die nationalen Bestimmungen
sehen teilweise Anti-HBc- und Anti-CMV-Tests in bestimmten Fällen vor.
- 8 -
Anforderungen an die Qualitätskontrolle, zufällige Stichproben:
Eine Reihe von Variablen (Volumen der Blutpräparates, Hämoglobin- und
Leukozytengehalt,
Hämolyse
am
Ende
der
Haltbarkeit)
werden
stichprobenmässig kontrolliert. Die Häufigkeit der Stichprobenuntersuchung
wird mit statistischer Prozesssteuerung festgelegt. Die Ergebnisse der
Kontrollen müssen sich innerhalb der Grenzwerte bewegen, die je nach Art des
Erythrozytenkonzentrats festgelegt werden.
Folgende Anforderungen müssen erfüllt werden:
-
Hämoglobin-Gehalt: mindestens 40-45 g je nach Aufbereitungsmethode;
-
Hämolyse am Ende der Haltbarkeit: weniger als 0,8 %;
-
Leukozyten-Gehalt: weniger als 1,2 x109 pro EK, ohne Buffy coat, und
weniger als 1,0 x106 pro EK bei durchgeführter Leukozytendepletion.
Die Blutspendedienste sind für
Qualitätskontrolle verantwortlich.
die
Durchführung
der
Tests
zur
7. Transport
Die Bedingungen während Transport und Verteilung von Blut und
Blutkomponenten dürfen die Qualität des Produkts nicht beeinträchtigen.
Erythrozytenpräparate sind in Behältern zu transportieren, die eine Temperatur
von 2-6 °C gewähren. Ein Temperaturanstieg auf 10 °C für einige Stunden ist
akzeptabel. Es wird empfohlen, Temperaturindikatoren oder Geräte zur
Temperaturüberwachung zu verwenden, die belegen, dass die Anforderungen
bezüglich Transporttemperatur eingehalten wurden.
8. Wirksamkeit
Bei einem Patienten mit normalem Blutvolumen, der 70 kg wiegt und nicht
blutet, sollte durch die Transfusion einer Einheit Erythrozyten die HämoglobinKonzentration um 7-10 g/l ansteigen.
Die positive Wirkung einer Erythrozytentransfusion bei chronischer Anämie ist
häufig auf ein paar Wochen beschränkt, unabhängig davon, ob gleichzeitig zwei
oder mehr Einheiten verabreicht wurden.
Der verminderte DPG-Gehalt, wie er bei gelagerten Erythrozyten häufig
anzutreffen ist, führt zu einer eingeschränkten Sauerstofffreisetzung bei den in
Geweben üblichen Sauerstoffkonzentrationen. Die Bedeutung dieses DPGAbfalls ist klinisch schwierig zu evaluieren. Der durch die Lagerung bedingte
Effekt dürfte nur bei Massivtransfusionen von klinischer Bedeutung sein,
insbesondere bei schwer kranken Patienten mit hohem Sauerstoffbedarf und
bei Austauschtransfusionen von Neugeborenen.
9. Hinweise zur Anwendung
Das Ziel einer Erythrozytentransfusion besteht in einer ausreichenden
Versorgung von Organen und Geweben mit Sauerstoff. Mögliche Ursachen
eines unzureichenden Sauerstofftransports sind ein akuter, vorübergehender
oder chronischer Blutverlust sowie Erkrankungen, welche die Produktion von
- 9 -
Erythrozyten und/oder Hämoglobin oder die Herz- und/oder Lungenfunktion
beeinträchtigen.
Die zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden Sauerstoffversorgung von
Organen und Geweben erforderliche Hämoglobin-Konzentration ist je nach
Patient und klinischer Situation recht unterschiedlich.
Akuter Blutverlust
Die Sofortmassnahmen bei akutem Blutverlust zielen darauf ab, die Blutung zu
stoppen (in erster Linie durch chirurgische und mechanische Massnahmen) und
die ausreichende Durchblutung der lebenswichtigen Organe aufrecht zu
erhalten (durch die Infusion von Lösungen mit kristallinen Substanzen und/oder
Kolloiden). Falls die Sauerstoffversorgung von Organen und Gewebe kritisch
beeinträchtigt erscheint, werden Erythrozyten transfundiert, um die
Sauerstofftransportkapazität zu verbessern. Die Notwendigkeit einer
Erythrozytentransfusion ist bei jedem Patienten individuell zu evaluieren und
eine entsprechende Entscheidung sollte auf Grund der klinischen Zeichen und
einer kritischen Prüfung von Laborergebnissen gefällt werden.
Bei einer anderweitig gesunden Person, die ruht, nicht blutet und mit normalem
Blutvolumen, bleibt eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Gewebe
normalerweise bis zu einem Hämatokritwert von rund 25 % (HämoglobinKonzentration 70-80 g/l) erhalten. Dies ist zum Teil durch die bessere
Mikrozirkulation infolge einer verringerten Viskosität des Blutes bedingt.
Voraussetzung ist jedoch die Fähigkeit zu einer entsprechenden Erhöhung der
Herzleistung.
Bei einer anderweitig gesunden Person, bei normalem Blutvolumen, besteht
deshalb in der Regel keine Indikation für eine Erythrozytentransfusion, bevor
die Hämoglobin-Konzentration auf unter 70-80 g/l sinkt. Einige Kliniker setzen
den Schwellenwert (Transfusion Trigger) für eine Transfusion bei 60-70 g/l. Im
Falle ungenügender Kompensationsmechanismen auf Grund z.B. einer Herzund/oder Lungeninsuffizienz oder einer Blutvergiftung, kann ein höherer
Schwellenwert von z.B. 100 g/l angebracht sein.
Akute autoimmunhämolytische Anämie.
Chronische Anämie
Die Behandlung einer chronischen Anämie sollte in erster Linie auf die
Beseitigung der Ursache der Anämie ausgerichtet sein. So ist z.B. bei einem
Eisenmangel normalerweise eine Behebung des Mangelzustands ausreichend,
und es ist selten eine Erythrozytentransfusion erforderlich.
Falls Behandlungsmethoden zur Beseitigung der Ursache der Anämie nicht
vorhanden oder nicht ausreichend sind, können regelmässige Bluttransfusionen
notwendig sein, z.B. bei einer Thalassämie. Bei anderweitig gesunden
Personen hat der Körper eine beträchtliche Fähigkeit zur Anpassung an eine
schwere Anämie, falls sich diese langsam entwickelt, und als allgemeine Regel
gilt, dass die Hämoglobin-Konzentration auf dem niedrigsten Wert gehalten
wird, bei dem sich der Patient noch relativ gut fühlt. Die moderne Forschung hat
jedoch zu einer Neueinschätzung der chronischen Anämie geführt. Bei
chronischen Krankheiten wie Urämie und bei bösartigen Erkrankungen besteht
ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer fortschreitenden Anämie und
- 10 -
zunehmender Müdigkeit, was das körperliche Wohlbefinden und die
Lebensqualität des Patienten substanziell beeinträchtigt. Gemäss neuer
Richtlinien sollte die Behandlung einer chronischen Anämie im Falle einer
bösartigen Erkrankung bei einem Hämoglobinwert von unter 100-110 g/l in
Betracht gezogen werden.
Eine
Behandlung mit
Erythropoietin
zur
Aufrechterhaltung
einer
Hämoglobinkonzentration von bis zu 120 g/l ist normalerweise wirksam im
Rahmen einer Behandlung der Anämie bei Patienten mit Nierenversagen, aber
nicht alle Patienten mit bösartigen Erkrankungen sprechen auf die
Erythropoietin-Behandlung an. Ein ausgedehnterer Einsatz der ErythropoietinBehandlung bei chronischer Anämie wird von einer weiteren Evaluation der
Kostenwirksamkeit abhängen.
Falls eine Erythropoietin-Behandlung nicht wirksam oder nicht anwendbar ist,
kann eine Erythrozytentransfusion in Betracht gezogen werden. Eine
regelmässige Therapie mit einer Transfusion von 1-2 Einheiten Erythrozyten
jede zweite Woche hat verschiedene Nachteile: Die Wirkung ist kurzlebig und
die Hämoglobin-Konzentration nicht stabil, ausserdem besteht das Risiko einer
Eisenüberladung und von Organschädigungen nach der Transfusion von 50-80
Einheiten Erythrozyten. Eine Transfusionsbehandlung bei bösartigen
Erkrankungen zielt normalerweise darauf ab, die Hämoglobin-Konzentration
zwischen 80-100 g/l zu halten, während bei gewissen Patienten eine
Konzentration von >100 g/l erforderlich sein kann, um einer Angina pectoris
oder einem Herversagen vorzubeugen. Die Notwendigkeit einer Transfusion
muss individuell für jeden Patienten evaluiert werden. Dabei ist der Tatsache
Rechnung zu tragen, dass individuelle Hämoglobin-Konzentrationen für
Patienten benötigt werden, damit soziale Aktivitäten, die körperliche
Leistungsfähigkeit und Lebensqualität in einem zufrieden stellenden Zustand
erhalten bleiben.
In speziellen, lebensbedrohlichen Situationen kann es notwendig sein,
Transfusionen durchzuführen, obwohl die Tests zur Blutgruppenverträglichkeit
positiv
ausgefallen
sind,
zum
Beispiel
bei
Patienten
mit
autoimmunhämolytischer Anämie und sehr tiefen Hämoglobin-Werten.
10. Vorsichtsmassnahmen
Transfusionen dürfen nur von Personen vorgenommen werden, die über eine
spezielle Ausbildung in Transfusionsmedizin mit Leistungsnachweis verfügen.
Für die Transfusion sollte stets ein Arzt verantwortlich sein. Angaben zur
Transfusion sind in den Patientendossiers zu dokumentieren.
Die transfundierten Erythrozyten müssen hinsichtlich des ABO- und des RhSystems mit der Blutgruppe des Patienten verträglich sein. Diese Kompatibilität
sollte vor der Transfusion mit einem Test sichergestellt werden. Nur in extremen
Notfällen dürfen Rhesus(D)-negative Erythrozyten der Blutgruppe O ohne der
Transfusion vorangehende Tests verabreicht werden.
In der klinischen Einrichtung sind folgende Vorsichtsmassnahmen zu treffen:
-
Identität des Empfängers feststellen.
- 11 -
-
Überprüfen, ob die Bluteinheit zur Transfusion für diesen Empfänger
vorgesehen ist.
-
Überprüfen, ob vor der Transfusion die Tests zur Blutgruppenkompatibilität
durchgeführt wurden und sicherstellen, dass die Erythrozyten hinsichtlich
des ABO- und des Rh-Systems mit der Blutgruppe des Empfängers
kompatibel sind.
-
Sicherstellen, dass das Blutpräparat und dessen Eigenschaften den
Anforderungen der Verordnung entsprechen.
-
Sicherstellen, dass das Haltbarkeitsdatum der Blutpräparates noch nicht
überschritten ist.
-
Blutpräparat visuell kontrollieren: Der Blutbeutel muss dicht sein, es darf
keine sichtbare Hämolyse oder Verfärbung vorliegen, es dürfen keine
anderen ungewöhnlichen Veränderungen des Inhalts sichtbar sein.
Die Blutkomponenten müssen durch einen Filter der Porengrösse 170-200 m
verabreicht werden. Die Transfusion sollte innerhalb einer festgelegten
Zeitdauer vorgenommen werden, und wenn möglich nicht länger als 6 Stunden
dauern.
Ein Blutwärmegerät sollte nur bei Massivtransfusionen verwendet werden, und
falls erforderlich, in speziellen Fällen um Reaktionen mit Kälteagglutininen zu
vermeiden.
Der
Patient
sollte
auf
Anzeichen
von
Schüttelfrost,
Fieber,
Blutdruckveränderungen
und
Atembeschwerden
beobachtet
werden.
Transfusionsreaktionen sind sofort dem verantwortlichen Arzt und der Blutbank
des Spitals zu melden.
Die Wirkung einer Erythrozytentransfusion kann klinisch evaluiert und
dokumentiert werden, indem die Hämoglobin-Konzentration eine Stunde nach
der Transfusion gemessen wird. Es sollte sorgfältig beobachtet werden, ob die
erwartete Verbesserung bezüglich Sauerstoffversorgung des Gewebes erreicht
wird. Falls die Hämoglobin-Konzentration nicht ansteigt, ist die Ursache
abzuklären bevor weitere Transfusionen in Betracht gezogen werden.
Bei Massivtransfusionen von Neugeborenen – z.B. im Rahmen einer
Austauschtransfusion oder einer intrauterinen Bluttransfusion – müssen frische
Erythrozytenpräparate (die weniger als 5 Tage alt sind) verwendet werden, da
die Kalium Konzentration in gelagerten Erythrozytenkonzentraten stark
zunimmt.
Schwer immunsupprimierten Patienten sollten bestrahlte Erythrozytenkonzentrate verabreicht werden, d.h. Patienten, welche mit Immunsuppressiva
behandelt werden, Kindern mit schweren Immundefekten sowie Neugeborenen
mit niedrigem Geburtsgewicht. Ebenfalls bestrahlt werden sollten Erythrozyten,
wenn sie für intrauterine Bluttransfusionen bestimmt sind und für Transfusionen
zwischen Familienmitgliedern.
In speziellen Situationen sollten Erythrozytenpräparate, welche CMV Antikörper
und Parvovirus B19 negativ sind, verwendet werden
- 12 -
11. Mögliche Nebenwirkungen
-
Kreislaufüberlastung;
-
hämolytische Transfusionsreaktion;
-
nicht-hämolytische Transfusionsreaktion (vor allem Schüttelfrost, Fieber);
selten bei Transfusion von leukozyten-depletierten
Erythrozytenkonzentraten
-
Alloimmunisierung gegen HLA- und Erythrozyten-Antigene;
-
Sepsis als Folge einer bakteriellen Kontamination;
-
Transfusionsassoziierte akute Lungenschädigung (TRALI);
-
posttransfusionelle Purpura;
-
Stoffwechselprobleme bei Massivtransfusionen, z.B. Hyperkalämie;
-
Übertragung von Viren (Hepatitis, HIV usw.) und Protozoen (z.B. Malaria) –
kann äusserst selten trotz sorgfältiger Spenderauswahl und ScreeningVerfahren vorkommen;
-
Syphilis könnte übertragen werden, wenn das Erythrozytenkonzentrat
weniger als 4-5 Tage bei +4 °C gelagert wurde;
-
Übertragung anderer Pathogene, gegen die keine Tests durchgeführt
werden oder die noch nicht bekannt sind.
Das Hauptrisiko bei der Erythrozytentransfusion besteht in hämolytischen
Transfusionsreaktionen. Solche Reaktionen können hyperakut sein und tödlich
verlaufen, aber auch verzögert auftreten und schwach ausgeprägt sein,
abhängig in erster Linie vom betroffenen Blutgruppensystem. Die Prävention
solcher Reaktionen besteht in der sicheren Identifizierung von Patient,
Blutprobe und Blutprodukt, in der Einhaltung der Guten Laborpraxis und in der
sorgfältigen Durchführung der Blutgruppenbestimmungs - und Kompatibilitätstests.
Eine seltene Komplikation bei der Bildung von Alloantikörpern gegen
Blutgruppen-Antigene ist die gleichzeitige Auslösung von Autoimmunreaktionen. Dies kann z.B. bei Thalassämie-Patienten selbst in jüngeren
Altersgruppen vorkommen.
Trotz aller Bemühungen um eine Risikominimierung bezüglich der Übertragung
von Infektionskrankheiten besteht bei Transfusionen ein äusserst geringes
Restrisiko für eine Übertragung von HIV, HBV, HCV und anderen
Infektionserregern einschliesslich Bakterien und Protozoen.
Bei nicht durch Leukozytendepletion behandelten Blutpräparaten besteht das
Risiko
einer
Immunisierung
gegenüber
Leukozytenantigenen,
was
Fieberreaktionen nach der Transfusion auslösen kann und überdies dazu führt,
dass auf Transfusionen von nicht typisierten Thrombozyten verzichtet werden
muss. Es besteht zudem das Risiko einer Übertragung bestimmter mit
Leukozyten assoziierten Viren wie CMV.
Bei immungeschwächten Patienten und wenn der Empfänger Blutpräparate von
einem Spender mit enger genetischer Verwandtschaft erhält, kann eine GraftWirt-Reaktion auftreten. Diese Reaktion ist auf das Vorhandensein
lebensfähiger Spender-Lymphozyten zurückzuführen und lässt sich durch eine
- 13 -
Bestrahlung von Blutkomponenten mit einer Dosis von 25-50 Gy vermeiden.
Bei einer Transfusion von Erythrozyten werden beträchtliche Mengen von Eisen
zugeführt. Da der Körper jedoch über kein wirksames System zur
Ausscheidung von Eisen verfügt, kommt es bei wiederholten Transfusionen
über längere Zeit zwingend zu einer Hämosiderose. Dies ist ein weiterer Grund,
weshalb die Hämoglobin-Werte im Fall von Transfusionen auf dem tiefsten
akzeptablen Niveau zu halten sind. Bei Kindern ist dies eine besonders
schwerwiegende, irreversible Komplikation, weshalb der Einsatz von EisenChelatbildnern in Betracht gezogen werden sollte.
Literatur
1. Guide to the preparation, use and quality assurance of blood
components, 10. Aufl., Strassburg, Council of Europe Publishing, 2004.
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& Tissue Transplantation Guidelines.
(http://www.transfusionguidelines.org.uk)
3. Guidelines for the clinical use of red cell transfusions. British Committee
for Standards in Haematology, Blood transfusion Task Force. Brit. J.
Haematol. 2001;113:24-31.
(http://www.bcshguidelines.com/pdf/bjh2701.pdf)
4. Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten, 3.
Auflage. Vorstand und Wissenschaftlicher Beirat der
Bundesärztekammer Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2003.
5. Högman CF, Meryman HT. Storage parameters affecting red blood cell
survival and function after transfusion. Transfus. Med. Rev. 1999;13:27596.
6. Spahn DR. Perioperative Transfusion Triggers for Red Blood Cells. Vox
Sang. 2000;78 Suppl 2:163-6.
7. Hebert PC. Red cell transfusion strategies in the ICU. Transfusion
Requirements in Critical Care Investigators and the Canadian Critical
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10. Ludwig H, van Belle S, Barrett-Lee P, Birgegard G, Bokemeyer C,
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Schrijvers D. The European Cancer Anaemia Survey (ECAS): A large,
multinational, prospective survey defining the prevalence, incidence, and
treatment of anaemia in cancer patients. Eur J Cancer. 2004;40:2293306.
- 14 -
THROMBOZYTEN
Zusammenfassung der Eigenschaften von Thrombozytenkonzentraten
1. Definition
Bei Thrombozytenpräparaten handelt es sich um Thrombozyten (Blutplättchen),
die in Plasma oder in Plasma und Additivlösung suspendiert sind. Die
verfügbaren Produkte werden aus Vollblutspenden (450-500 ml) gewonnen
oder durch Thrombozytapherese hergestellt. Anschliessend wird in der Regel
eine Leukozytendepletion und eventuell Bestrahlung vorgenommen.
Gelegentlich kann ein „Waschen“ der Thrombozyten zur Entfernung von
Plasmaproteinen erforderlich sein.
2. Eigenschaften
Thrombozyten sind kleine Zellen ohne Zellkern, die im Knochenmark durch
Fragmentierung von Megakaryozyten entstehen. Sie können während rund
zehn Tagen im peripheren Blut zirkulieren. Bei gesunden Personen beträgt die
Thrombozyten-Konzentration im peripheren Blut (Thrombozytenzahl) zwischen
150 und 370 x 109/l.
Die Hauptfunktion der Thrombozyten ist primär die Hämostase. Die
Thrombozyten reagieren auf eine Gefässwandverletzung durch Adhäsion ans
Endothelgewebe, gefolgt von einer lokalen Aggregation der aktivierten
Thrombozyten und Bildung eines Thrombus. Dieser Prozess aktiviert die
Gerinnung.
Thrombozyten tragen Antigene des ABO-Blutgruppensystems, HLA-Antigene
der Klasse I und thrombozytenspezifische HPA-Antigene.
3. Gewinnung und Aufbereitung
Thrombozyten werden von Personen gewonnen, welche die anerkannten
Kriterien zum Blutspenden erfüllen. Thrombozytenkonzentrate werden aus
plättchenreichem Plasma (PRP) bzw. dem thrombozytenhaltigen Buffy-Coat
(BC) mehrerer Vollblutkonserven „gepoolt“ oder durch Thrombozytapherese
von einem einzelnen Spender gewonnen.
Aus Vollblut gewonnene Thrombozyten
Die durchschnittliche Anzahl Thrombozyten, die aus einer einzigen
Vollblutspende hergestellt werden, sollte 60 x10 9 betragen (Bandbreite: 45-85
x109). Die Thrombozyten werden in 50-70 ml Plasma oder Plasma +
Additivlösung aufgenommen.
Die aus 4-6 Vollblutspenden gewonnenen Thrombozyten werden gepoolt.
Dieser Pool entspricht einer Behandlungseinheit für Erwachsene. Je nach
verwendetem Protokoll ergeben sich normalerweise Endvolumina von 250 bis
400 ml.
PRP-Methode. Vollblut, das während bis zu 24 Stunden bei 20-24ºC gelagert
wurde, wird bei niedriger Geschwindigkeit zentrifugiert, sodass die meisten
- 15 -
Thrombozyten im Plasma bleiben. Die Thrombozyten werden nun aus dem
plättchenreichen Plasma (PRP) durch Zentrifugation bei hoher Umdrehungszahl
sedimentiert. Der Überstand, der aus plättchenarmem Plasma besteht, wird
entfernt und nur 50-70 ml mit den Plättchen belassen. Die Blutplättchen werden
nach einer Ruhephase resuspendiert.
Buff-Coat Methode. Vollblut wird bei 20-24ºC während bis zu 24 Stunden
gelagert, und anschliessend mit hoher Geschwindigkeit zentrifugiert, sodass
sich die Thrombozyten zusammen mit den Leukozyten in einer Schicht – dem
Buffy-Coat (BC) – sammeln. Diese Schicht wird abgetrennt und weiter
verarbeitet. BC eines einzelnen Spenders oder gepooltes BC wird dazu mit
Plasma oder einer geeigneten Additivlösung verdünnt. Nach sorgfältigem
Mischen wird diese Suspension zentrifugiert, dass die Rest-Erythrozyten und
Leukozyten sedimentiert werden, während die Thrombozyten im Überstand
bleiben. Der Überstand mit den Thrombozyten wird nun in einen Beutel zur
Lagerung der Thrombozyten übertragen.
Thrombozytapherese bei Einzelspendern
Von einem Einzelspender können in einer Thrombozytapherese-Sitzung je nach
Thrombozytenzahl des Spenders und angewendeter Apheresetechnik 240 bis
800 x109 Thrombozyten gewonnen werden. Somit lassen sich aus einer
Spende eine, zwei oder drei Behandlungseinheiten für Erwachsene zu >200
x109 Thrombozyten gewinnen. Die Thrombozyten einer Behandlungseinheit für
Erwachsene werden normalerweise in 200-300 ml Plasma oder Plasma +
Additivlösung suspendiert (>40 ml pro 60 x109 Thrombozyten).
Weitere Verfahren
Die Leukozytendepletion besteht darin, die Thrombozytenkonserve einen Filter
passieren zu lassen, der mehr als 99,5 % der Leukozyten zurückhält. Eine
weitere Möglichkeit zur Leukozytendepletion ist die Verwendung einer
„Leukozyten-Falle“ während der Apherese.
Die Leukozytendepletion von Thrombozytenkonserven ist in verschiedenen
Staaten Europas vorgeschrieben.
Bestrahlung von Thrombozyten: Die Minimaldosis im bestrahlten Feld beträgt
25 Gy, wobei kein Bereich mehr als 50 Gy erhalten soll.
Waschen der Thrombozyten mit Kochsalzlösung oder gepufferter Salzlösung
zur Entfernung von Plasmaproteinen. Für Patienten mit Anti-IgA-Antikörpern
muss der Reinigungsprozess ev. auf drei Zyklen erweitert werden, damit der
Plasmaproteingehalt im Überstand um mindestens 3 Grössenordnungen sinkt.
4. Beschriftung
Folgende Informationen sind auf der Etikette aufzuführen:
-
Identifikation des Herstellers;
-
eindeutige Identifikationsnummer*;
-
ABO-Blutgruppe und Rh(D)-Faktor;
-
Spendedatum (optional);
-
Art der Thrombozytenkonserve;
- 16 -
-
zusätzliche Informationen zur
Bestrahlung (falls zutreffend);
Blutkonserve:
Leukozytendepletion,
-
Verfalldatum;
-
HPA- und HLA-Antigene (optional);
-
Art und Volumen zugegebener Antikoagulanzien und Additivlösungen;
-
Anzahl Thrombozyten (Durchschnitt oder tatsächlicher Wert);
-
Lagerungstemperatur.
* Im Falle gepoolter Thrombozyten müssen die ursprünglichen Spender
rückverfolgt werden können. Werden von einem Spender durch Apherese in
einer Sitzung zwei oder mehr Einheiten gewonnen, dann müssen diese eindeutig
gekennzeichnet werden, z.B. mit “Apherese-Einheit 1”, “Apherese-Einheit 2”
(usw.).
5. Lagerung und Stabilität
Die Thrombozyten müssen bei 20-24ºC gelagert und ständig geschwenkt
werden. Damit die Sauerstoffversorgung der Thrombozyten gewährleistet ist,
werden spezielle gasdurchlässige Beutel eingesetzt.
Die zulässige Lagerungsdauer beträgt 5 Tage und bis zu 7 Tage, falls mit
einem validierten Testsystem sichergestellt wird, dass keine bakterielle
Kontamination vorliegt.
Tiefgekühlte Thrombozyten werden bei < –80ºC (bis zu 24 Monate) oder bei < –
150 °C (mehr als 24 Monate) gelagert. Nach dem Auftauen müssen die
Thrombozyten sofort verwendet werden. Falls nach dem Auftauen ein kurze
Aufbewahrung notwendig ist, sind die Thrombozyten bei 20-24ºC und
gleichförmiger Bewegung zu lagern.
6. Qualitätssicherung
Anforderungen bezüglich durchzuführender Tests, bei jeder Spende:
-
ABO und Rh(D)
Erythrozyten);
(wegen
der
-
Anti-HIV 1+2, HBsAg und Anti-HCV.
unvermeidbaren
Kontamination
mit
In einigen Mitgliedsländern der Europäischen Union müssen zusätzlich Tests
hinsichtlich Anti-HTLV I+II, Anti-HBc, HIV NAT, HCV NAT und Syphilis für jede
Spende durchgeführt werden, in anderen Ländern werden diese Tests nur bei
Erstspendern oder überhaupt nicht verlangt. Die nationalen Bestimmungen
sehen teilweise Anti-HBc- und Anti-CMV-Tests in bestimmten Fällen vor.
Anforderungen an die Qualitätskontrolle, zufällige Stichproben:
Volumen der Konserve, Thrombozyten- und Leukozyten-Gehalt und pH am
Ende der Haltbarkeit werden stichprobenmässig kontrolliert. Die Häufigkeit der
Stichprobenuntersuchung wird gemäss statistischer Prozesssteuerung
festgelegt. Die Ergebnisse der Kontrollen müssen sich innerhalb der
Grenzwerte bewegen, die je nach Art des Thrombozytenpräparates festgelegt
- 17 -
sind.
Folgende Anforderungen müssen erfüllt werden:
-
Volumen: > 40 ml pro 60 x109 Thrombozyten;
-
Thrombozyten: > 200 x109 pro Transfusionseinheit für Erwachsene;
-
Leukozyten: < 1 x106 pro Transfusionseinheit für Erwachsene im Falle einer
Leukozytendepletion (bei Thrombozyten ohne Leukozytendepletion sind 250
- 1000 Mal höhere Leukozyten-Werte zulässig);
-
pH (bei 22 °C), gemessen am Ende der empfohlenen Haltbarkeit, sollte 6,4
– 7,4 betragen.
Visuelle Kontrolle
Jede Thrombozyten-Einheit muss während der Verarbeitung und vor der
Verabreichung visuell geprüft werden. Bei Anzeichen eines undichten,
beschädigten oder fehlerhaften Beutels, sichtbaren Verklumpungen,
Verfärbungen oder beim Fehlen der typischen Wolkenbildung ("Swirling") ist auf
die Verwendung der Konserve zu verzichten. (Das Swirling-Phänomen beruht
auf der Lichtstreuung von Thrombozyten normaler Morphologie, die bewegt
werden. Es verschwindet, wenn die normalerweise scheibenförmigen
Thrombozyten eine kugelförmige Gestalt annehmen).
7. Transport
Die Bedingungen während Transport und Verteilung von Blut und
Blutkomponenten dürfen die Qualität des Produkts nicht beeinträchtigen.
Während des Transports muss die Temperatur so nahe wie möglich bei
Raumtemperatur gehalten werden (20-24 °C). Falls Transport oder Lagerung
mehr als einige Stunden dauern, sollte das Produkt vor der Verabreichung
erneut bewegt werden.
8. Wirksamkeit
Nach der Transfusion der Thrombozyten befinden sich 60-70 % im peripheren
Blut, und rund ein Drittel der Thrombozyten sammelt sich in der Milz. Der
Prozentsatz der transfundierten Thrombozyten im peripheren Blut ist häufig
niedriger oder sogar wesentlich niedriger bei Bedingungen, die zu einem
erhöhten Verbrauch führen, z.B. in Folge einer Sepsis, einer
Verbrauchskoagulopathie oder des Vorliegens von Antikörpern gegen Antigene
der Thrombozytenoberfläche (HLA-I, HPA). Durch eine Lagerung der
Thrombozyten während 5-7 Tagen kann die Wiederfindungsrate (Recovery)
nach der Transfusion im Vergleich mit frischen Thrombozyten um 30-50 %
niedriger sein.
Die Wirksamkeit einer Thrombozytentransfusion lässt sich anhand eines
Blutungstops und auf Grund eines geschätzten Corrected Count Increment
(CCI) bei 1 und 24 Stunden beurteilen.
9. Hinweise zur Anwendung
Die Transfusion von Thrombozyten ist grundsätzlich indiziert zur Prävention und
- 18 -
Behandlung von Hämorrhagien bei Patienten mit Thrombozytopenie oder mit
Funktionsstörungen der Thrombozyten. Die Entscheidung, Thrombozytenkonzentrate zu verabreichen, sollte jedoch auf Grund der individuellen
klinischen Situation des Patienten und nicht nur auf Grund der Plättchenzahl
getroffen werden.
Bei diesem Entscheid ist auch eine Nutzen-Risiko-Evaluation einzubeziehen.
Falls Zweifel bezüglich der klinischen Anwendung bestehen, sollte ein Transfusionsmediziner konsultiert werden.
Indikationen für bestrahlte Thrombozyten
Die in Thrombozytenpräparaten auch nach einer Leukozytendepletion noch
vorhandenen lebensfähigen Lymphozyten können bei immungeschwächten
Empfängern (z.B. Empfänger von Knochenmark oder peripheren
Blutstammzellen, Patienten nach einer Hochdosis-Chemotherapie, Patienten
mit Hodgkin-Krankheit, Neugeborene, welche eine Massivtransfusion oder eine
extrakorporale Membranoxygenation erhalten, Neugeborene mit niedrigem
Geburtsgewicht) eine schwere Graft-Wirt-Reaktion auslösen. Zur Vermeidung
dieses Risikos müssen die Thrombozyten bestrahlt werden, falls sie zur
Verabreichung an immungeschwächte Patienten oder zur intrauterinen
Transfusion vorgesehen sind, und auch falls der Thrombozyten-Spender ein
naher genetischer Verwandter des Empfängers ist.
Indikationen für gewaschene Thrombozyten
Gewaschene Thrombozyten können erforderlich sein für Patienten, bei denen
es zu allergischen oder anaphylaktischen Reaktionen nach einer
Thrombozytentransfusion gekommen war und/oder bei denen Anti-IgAAntikörper nachweisbar sind, falls keine Thrombozyten von einem Spender mit
IgA-Mangel verfügbar sind.
Unter bestimmten Umständen sollten Präparate verwendet werden, bei denen
die Tests für CMV-Antikörper und Parvovirus B19 negativ ausgefallen sind.
9.1 THROMBOZYTOPENIE
Vor dem Entscheid für eine Thrombozytentransfusion müssen die Ursachen der
Thrombozytopenie abgeklärt werden. Thrombozytentransfusionen sind nicht in
allen Fällen von Thrombozytopenie indiziert und können unter bestimmten
Umständen kontraindiziert sein.
Thrombozytopenie
auf
Knochenmarkinsuffizienz.
Grund
von
primärer
oder
sekundärer
Eine Thrombozytentransfusion kann im Rahmen einer Behandlung oder einer
Prophylaxe erfolgen. Eine Transfusionsbehandlung ist angezeigt bei Patienten
mit aktiver Blutung im Zusammenhang mit einer Thrombozytopenie. Es werden
normalerweise
prophylaktische
Transfusionen
verwendet,
falls
der
Thrombozytenwert weniger als 5 – 10 x109/l erreicht und keine Anzeichen einer
Blutung oder einer anderen Ursache für den gesteigerten Verbrauch bestehen.
Im Falle von Fieber, lokalen Verletzungen, Gerinnungsstörungen und anderen
ungünstigen Symptomen kann zum Erhalt einer Plättchenzahl von > 15 x109/l
eine prophylaktische Transfusion erforderlich sein.
Bei einem chronischen Versagen der Bildung von Thrombozyten infolge einer
- 19 -
aplastischen Anämie oder Myelodysplasie wird wegen der Gefahr einer
Alloimmunisierung und eines Refraktärzustandes mit Vorteil auf langfristige
prophylaktische Transfusionen verzichtet. Bei vielen Patienten kommt es bei
einer Plättchenzahl zwischen 10 und 5 x109/l noch zu keinen ernsthaften
Blutungen. Falls Thrombozytentransfusionen notwendig sind, muss der
Zeitraum zwischen den Transfusionen individuell festgelegt werden. Dieser
kann auf bis zu einer Woche oder länger ausgedehnt werden. Therapeutische
Thrombozytentransfusionen sind indiziert, falls der Patient von einer aktiven
Blutung oder einer Infektion betroffen ist.
Thrombozytopenie und chirurgische oder invasive Eingriffe
Prophylaktische Thrombozytentransfusionen sind in folgenden Fällen indiziert:
-
vor chirurgischen und grösseren invasiven Eingriffen wie Lumbalpunktion,
Epiduralanästhesie, Gastroskopie und Leberbiopsie oder einer transbronchialen Biopsie, falls die Thrombozytenzählung einen Wert von <50
x109/l ergab;
-
während neurochirurgischen und ophthalmologischen Eingriffen sollte die
Thrombozytenzahl bei zwischen 70 und 100 x109/l gehalten werden.
Nach dem Eingriff sollte die Thrombozytenzahl während mehrerer Tage, am
Besten bis zur Wundheilung, bei über 50 x109/l gehalten werden.
9.2 THROMBOZYTENFUNKTIONSSTÖRUNGEN
Patienten
mit
Thrombozytenfunktionsstörungen
benötigen
selten
Thrombozytentransfusionen. Die Ursachen der Funktionsstörungen sollten
identifiziert und wenn möglich vor chirurgischen oder anderen invasiven
Eingriffen beseitigt werden.
Thrombozytentransfusionen sind lediglich in Notfällen indiziert (chirurgischer
Eingriff oder starke Blutung) und falls der Defekt nicht anders korrigiert werden
kann, z.B. bei hereditärer Thrombasthenie oder beim Bernard-Soulier-Syndrom.
In diesen Fällen sollte Rücksprache mit dem Transfusionsmediziner genommen
werden.
9.3 MASSIVTRANSFUSION,
INTRAVASALE GERINNUNG
KARDIOPULMONALER
BYPASS
UND
DISSEMINIERTE
Vor der Transfusion sollten Untersuchungen zur Thrombozytenzahl und zur
Gerinnung durchgeführt werden, damit die geeignete Therapie bestimmt
werden kann. Während eines chirurgischen Eingriffs an Patienten mit
quantitativen oder qualitativen Beeinträchtigungen der Thrombozyten sollte die
Gerinnung des Patienten auf Grund der mikrovaskulären Blutung evaluiert
werden.
Die disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) sollte möglichst vor der
Verabreichung von Thrombozyten behandelt werden.
- 20 -
9.4 ANDERE THROMBOZYTOPENIEN
Autoimmunthrombozytopenie
–
Thrombozytentransfusionen
ausschliesslich bei lebensbedrohlichen Blutungen indiziert.
Thrombotisch-thrombozytopenische
sollten vermieden werden.
Purpura
–
sind
Thrombozytentransfusionen
Neonatale Alloimmunthrombozytopenie – in diesem Fall sollte so rasch als
möglich eine Thrombozytentransfusionen vorgenommen werden. Die
Thrombozytenkonzentrate müssen von ausgewählten Spendern stammen und
kompatibel sein oder mütterlichen Ursprungs sein, wobei das mütterliche
Plasma durch AB-Plasma oder Elektrolytlösung zu ersetzen ist.
9.5 EMPFOHLENE DOSIS UND BEHANDLUNG
Die therapeutische Dosis einer Thrombozytentransfusion für Erwachsene
umfasst 200-400 x109 Thrombozyten, je nach Thrombozytenzahl des Spenders
und Aufbereitungsmethode.
Eine Behandlungsdosis für Erwachsene mit
Thrombozyten sollte <1,0 x106 Leukozyten enthalten.
leukozytendepletierten
Aus einer Vollblutspende lassen sich 60-80 x109 Thrombozyten gewinnen. Dies
reicht für einen kleinen Patienten mit 10-15 kg Körpergewicht aus.
Bei Kleinkindern und Neugeborenen wird eine Thrombozytenkonzentration von
10-15 ml pro kg empfohlen.
Die
für
einen
ausreichenden
Thrombozytenanstieg
Thrombozytenmenge lässt sich mit folgender Formel berechnen:
erforderliche
Erforderliche Thrombozyten (x109) = angestrebter Thrombozytenanstieg
(x109) x Blutvolumen (l) x F-1
Der Faktor F wird bei Patienten mit normaler Milz üblicherweise auf 0,67
festgelegt, für Patienten mit Splenomegalie wird ein Wert von 0,4 oder tiefer
und für splenektomierte Patienten ein Wert im Bereich von 1 gewählt.
10. Vorsichtsmassnahmen
Bei der Auswahl von Thrombozyten sollte die ABO-Blutgruppen-Kompatibilität
berücksichtigt werden. Die Verabreichung von ABO nicht identischen
Thrombozyten ist zulässig bei Lieferengpässen und falls HLA-Antigen
kompatible Thrombozyten erforderlich sind.
Falls HLA- oder thrombozytenspezifische Antikörper (HPA) vorliegen, müssen
die Thrombozyten aus Einzelspenden gewonnen werden, die bezüglich der
entsprechenden Antigene negativ sind.
Es gibt keine zuverlässigen Routinetests zur Kompatibilitätbestimmung für die
Auswahl der Thrombozytenpräparate.
Bei Rhesus(D)-negativen Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter sollten
keine Thrombozyten-Präparate von Rhesus(D)-positiven Spendern verabreicht
werden. Falls dies unvermeidlich ist, kann zur Vermeidung einer Immunisierung
prophylaktisch Anti-D-Immunoglobulin i.v. verabreicht werden. Im Allgemeinen
- 21 -
ist es nicht notwendig, Patienten mit Leukämien Anti-D zu verabreichen.
Die Transfusion von Thrombozyten in ABO inkompatiblem Plasma ist bei
Kindern mit weniger als 25 kg Körpergewicht zu vermeiden (das
Plasmavolumen der Thrombozytenpräparate kann reduziert oder durch ABPlasma oder eine Elektrolytlösung ersetzt werden).
Zur Vermeidung des Risikos einer transfusionsassoziierten Graft-Wirt-Reaktion
(TA-GvHD) sollten die Thrombozyten bestrahlt werden, falls sie zur Transfusion
bei
schwer
immungeschwächten
Patienten
wie
Patienten
mit
immunosuppressiver Therapie, Kindern mit schweren Immundefekten und
Neugeborenen mit niedrigem Geburtsgewicht oder für intrauterine
Transfusionen vorgesehen sind. Ebenfalls bestrahlt werden sollten die
Präparate, falls bezüglich HLA-Antigenen übereinstimmende Thrombozyten
transfundiert werden und falls der Empfänger Thrombozyten eines genetisch
nahe verwandten Familienmitglieds erhält.
Vor der Verabreichung des Thrombozytenpräparates sollte die Einheit auf
Unversehrtheit der Verpackung, Anzeichen ungewöhnlicher Verfärbung oder
Trübheit untersucht werden.
Thrombozytenkonzentrate sollten über einen Filter mit einer Porengrösse von
170-200 m verabreicht werden.
Die Transfusion sollte langsam beginnen, während der Patient unter
Beobachtung steht und innerhalb von 30 Minuten abgeschlossen werden. Bei
Kindern entspricht dies ungefähr einem Wert von 20-30 ml/kg/Stunde.
11. Mögliche Nebenwirkungen
-
Nicht-hämolytische Transfusionsreaktion (vor allem Schüttelfrost, Fieber),
sehr selten bei der Transfusion leukozytendepletierter Thrombozyten;
-
allergische Reaktionen;
-
Alloimmunisierung gegen HLA-Antigene, selten bei der Transfusion
leukozytendepletierter Thrombozyten;
-
Sepsis auf Grund einer ungewollten Kontamination mit Bakterien;
-
transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI) kann auftreten,
falls die Thrombozyten in Plasma suspendiert sind;
-
posttransfusionelle Purpura;
-
transfusionsassoziierte Graft-Wirt-Reaktion (TA-GvHD), falls nicht-bestrahlte
Thrombozyten einem immungeschwächten Patienten verabreicht werden
und das Immunsystem des Patienten die verabreichten lebensfähigen
Lymphozyten nicht als Fremdzellen erkennt;
-
Übertragung von Viren (Hepatitis, HIV usw.), Syphilis und Protozoen (z.B.
Malaria) kann trotz sorgfältiger Spenderauswahl und Screening-Verfahren
vorkommen;
-
Übertragung anderer Pathogene, für die keine Tests durchgeführt werden
oder die noch nicht bekannt sind.
Thrombozytentransfusionen sind bei thrombotisch-thrombozytopenischer
Purpura (TTP), heparininduzierter Thrombozytopenie (HIT) und bei
- 22 -
posttransfusioneller Purpura (PTP) ausser bei lebensbedrohlichen Blutungen
kontraindiziert, da sie in diesen Fällen mit einer verstärkten Blutungsneigung in
Zusammenhang gebracht worden sind.
Literatur
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components, 10. Aufl.: Strassburg, Council of Europe Publishing, 2004.
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Standards in Haematology, Blood Transfusion Task Force.
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122,
10-23.
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Cross, September 2001.
8. Wandt H, Ehringer G, Gallmeier WM. New strategies for prophylactic
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Oncologist 2001.
9. Warkentin TE, Chong BH, Greinacher A. Heparin-induced
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1998; 79, 1-7
10. Chevuru SC, Sola MC, Theriaque DE, et al. Multicenter analysis of
platelet transfusion usage among neonates on extracorporeal membrane
oxygenation. Pediatrics 2002; 109(6): e89.
- 23 -
GEFRORENES FRISCHPLASMA
Zusammenfassung der Eigenschaften
1. Definition
Bei gefrorenem Frischplasma handelt es sich um eine Blutkomponente, die
entweder aus Vollblut oder durch Apherese gewonnen wird und die innerhalb
eines Zeitraums und bei einer Temperatur eingefroren wird, so dass
Plasmaproteine einschliesslich labiler Gerinnungsfaktoren weitgehend und in
funktionstüchtigem Zustand erhalten bleiben.
2. Eigenschaften
Gefrorenes Frischplasma (frisch gefrorenes Plasma, FGP) enthält die in
normalem Blutplasma vorhandenen Plasmaproteine. Die Konzentration der
einzelnen Proteine hängt von den Konzentrationen im Plasma des jeweiligen
Spenders ab. Durch Gefrieren, Auftauen und weitere Manipulationen des
Plasmas können die Konzentrationen empfindlicher Proteine wie des
Gerinnungsfaktor VIII (F VIII) deutlich sinken, während die Konzentrationen von
robusteren Gerinnungsfaktoren, Inhibitoren, Albumin und Immunglobulinen nur
unwesentlich beeinträchtigt werden.
FGP enthält Blutgruppenantikörper/Hämolysin gegen ABO-Antigene, die im
Spender nicht vorhanden sind. Zur Transfusion vorgesehenes FGP sollte keine
ungewöhnlichen, klinisch relevanten Antikörper enthalten.
FGP besteht aus 80-92 % Spenderplasma und 8-20 % Zitrat-Stabilisatorlösung,
je nach Art der Spende (Vollblutspende oder Plasmaspende mittels Apherese)
und teilweise auch je nach Hämatokritwert des Spenders.
Wenn gefrorenes Frischplasma als Ausgangsmaterial zur Herstellung von
Arzneimitteln verwendet werden soll, ist die Monographie der Europäischen
Pharmakopöe zur Auftrennung von Plasma und Anhang 14 des EU-Leitfadens
für die Gute Herstellungspraxis (Herstellung von Arzneimitteln aus
menschlichem Blut oder Blutplasma) zu berücksichtigen.
3. Gewinnung und Aufbereitung
Gefrorenes Frischplasma wird von Personen gewonnen, welche die
anerkannten Kriterien zum Blutspenden erfüllen. Es wird vom Spender Vollblut
gewonnen und mittels Zentrifugation in Plasma und Blutzellen aufgetrennt. Das
Plasma wird dann in einen Transferbeutel für das Einfrieren und die Lagerung
übertragen. Mittels zusätzlicher Zentrifugation oder durch Filtration kann eine
Leukozytendepletion vorgenommen werden (bis zu einer Leukozytenkonzentration von <1 x106/Konserve).
FGP kann auch durch Plasmapherese gewonnen werden. Dabei wird Plasma
abgetrennt und die übrigen Bestandteile des Blutes werden dem Spender
reinfundiert. Plasma, das durch maschinelle Plasmapherese gewonnen wird, ist
normalerweise leukozytendepletiert.
FGP kann auch aus plättchenreichem Plasma (PRP) hergestellt werden, das
- 23 -
bei der Gewinnung von Thrombozyten aus Vollblut anfällt, oder durch
Zellseparatoren für Multikomponentenspenden.
Die Protokolle verschiedener Länder sehen vor, dass das Plasma innert 6, 8, 15
oder 18 Stunden nach der Gewinnung des Blutes oder Plasmas eingefroren
wird. Plasma kann auch von Vollblut abgetrennt werden, das unmittelbar nach
der Spende unter Verwendung einer speziellen Vorrichtung schnell abgekühlt
und stabil auf einer Temperatur zwischen +20C und +24C für bis zu 24
Stunden gehalten wird. Das Einfrieren sollte in einem System erfolgen, das ein
vollständiges Gefrieren innerhalb einer Stunde auf eine Temperatur von unter 30C ermöglicht.
Zusätzliche Aufbereitungsverfahren
Obwohl durch eine sorgfältige Spenderauswahl und verschiedene Tests das
Risiko einer Übertragung von Viren und anderen Krankheitserregern minimal
gehalten werden kann, bleibt ein geringes Restrisiko bestehen. Es wurden
verschiedene Abläufe und Methoden entwickelt, um dieses Risiko praktisch
vollständig auszuschalten: Quarantäneplasma und virusinaktiviertes Plasma.
Solche Abläufe und Methoden sind in einigen europäischen Staaten gesetzlich
vorgeschrieben.
Bei Quarantäneplasma handelt es sich um gefrorenes Frischplasma, das 6
Monate gelagert wird (oder 4 Monate, wenn ein HCV NAT-Test durchgeführt
wurde) und das nach Ablauf dieser Frist nur dann für eine Transfusion
freigegeben wird, wenn die Virus-Screening-Tests einer neuen Blutprobe des
betreffenden Spenders negative Ergebnisse geliefert haben.
Virusinaktiviertes Plasma. Gegenwärtig werden zwei Methoden zur
Virusinaktivierung von Plasma angewendet: das Methylenblau-Verfahren (MBVerfahren) und das Solvent-Detergent-Verfahren (SD-Verfahren). Das MBVerfahren wird zur Behandlung einzelner Plasmaeinheiten verwendet, während
das SD-Verfahren zur Virusinaktivierung von bis zu 2500 gepoolten aufgetauten
FGP-Einheiten eingesetzt wird. Durch beide Verfahren werden die
Konzentrationen empfindlicher Gerinnungsfaktoren aber verringert, das SDVerfahren reduziert zusätzlich bestimmte Inhibitoren der Fibrinolyse und
Gerinnung.
Durch Bestrahlung (25-50 Gy) werden Lymphozyten des Spenders inaktiviert,
die bei immungeschwächten Patienten transfusionsassoziierte Graft-WirtReaktionen auslösen könnten. Die Zweckmässigkeit der Bestrahlung von
leukozytendepletiertem gefrorenem Frischplasma ist umstritten. Deshalb wird in
einigen europäischen Staaten auf die Bestrahlung verzichtet.
4. Beschriftung
Folgende Informationen sind auf der Etikette aufzuführen:
-
Identifikation des Herstellers;
-
eindeutige Identifikationsnummer*;
-
Art des Präparates;
-
ABO-Blutgruppe und Rh(D)-Faktor**;
-
Spendedatum (optional);
- 24 -
-
zusätzliche Informationen zum Blutpräparat: Leukozytendepletion,
Bestrahlung, Quarantäne oder Virusinaktivierung (falls zutreffend);
-
Verfalldatum;
-
Volumen oder Gewicht des Blutpräparates;
-
Art und Volumen zugegebener Antikoagulanzien;
-
Lagerungstemperatur.
* Werden von einem Spender durch Apherese in einer Sitzung zwei oder mehr
Einheiten gewonnen, dann müssen diese eindeutig gekennzeichnet werden, z.B.
mit “Apherese-Einheit 1”, “Apherese-Einheit 2” (usw.).
** Die Rh(D)-Angabe kann weggelassen werden, wenn auf Grund der verwendeten
Methoden die Erythrozytenkonzentration im Plasma nachgewiesenermassen
weniger als 0,1 x109/l beträgt.
5. Lagerung und Stabilität
Qualitätsveränderungen während der Lagerung von FFP hängen von der
Lagerungstemperatur ab. Die optimale Lagerungstemperatur ist -30C oder
niedriger. Folgende Lagerungsfristen und -temperaturen sind üblicherweise
zulässig:
-
24 Monate bei unter -25C;
-
3 Monate bei -18C bis -25C.
Durch die tiefe Lagerungstemperatur wird die Stabilität der Kunststoffbeutel
beeinträchtigt. Deshalb müssen die gefrorenen Beutel besonders sorgfältig
behandelt werden.
6. Qualitätssicherung
Eine Reihe von Variablen sind strichprobenmässig zu prüfen. Die Häufigkeit der
Stichprobenuntersuchung wird gemäss statistischer Prozesssteuerung
festgelegt. Die Ergebnisse sollten sich innerhalb festgelegter Grenzen
bewegen.
Anforderungen:
-
Volumen: innerhalb festgelegter Grenzen, normalerweise 180-300 ml
(Einheiten für Kinder 50-100 ml);
-
Erythrozyten-Gehalt: < 6 x109 /Liter;
-
Leukozyten-Gehalt: < 0,1 x109 /Liter; wenn leukozytendepletiert: < 1,0 x106
pro Einheit;
-
Thrombozyten-Gehalt: < 50 x109 /Liter;
-
Gerinnungsfaktor VIII: > 70 % des Gehalts vor dem Einfrieren; für
virusinaktiviertes Plasma gilt eine niedrigere Grenze von 50 %.
Für pharmazeutische Unternehmen, die FFP als Ausgangsmaterial für die
Herstellung von Arzneimitteln weiterverarbeiten, kann ein Plasmaproteingehalt
von > 50 g/l erforderlich sein.
Die Einrichtungen, die Blut entnehmen oder Blutprodukte herstellen, sind für die
- 25 -
Durchführung der Tests zur Qualitätskontrolle verantwortlich.
7. Transport
Die Lagerungstemperatur muss auch während des Transports aufrechterhalten
werden. Das Spital, das die Konserven in Empfang nimmt, sollte sicherstellen,
dass die Beutel während des Transports gefroren blieben. Wenn die Konserven
nicht für den sofortigen Gebrauch bestimmt sind, sollten die Beutel unmittelbar
nach der Entgegennahme bei der empfohlenen Temperatur gelagert werden.
Die Kunststoffbeutel mit dem gefrorenen Plasma sind bei niedrigen
Temperaturen spröde und müssen vorsichtig gehandhabt werden.
8. Wirksamkeit
Die klinische Wirksamkeit von FGP-Transfusionen ist oft schwierig
abzuschätzen. Es gibt aber klinische Anhaltspunkte für die Wirksamkeit von
FGP-Transfusionen, insbesondere bei Patienten mit Blutungen. Wenn FGP zur
Normalisierung von Variabeln des Hämostasesystems transfundiert wird, sollte
als Entscheidungsgrundlage für eine Fortführung der Behandlung die Wirkung
genau beobachtet werden.
9. Hinweise zur Anwendung
Gefrorenes Frischplasma kann bei Gerinnungsstörungen eingesetzt werden,
insbesondere bei komplexen Störungen des Hämostasesystems. Wenn die
Gerinnungsstörung bekanntermassen auf einen einzelnen Gerinnungsfaktor
zurückzuführen ist, sollte FGP nur verwendet werden, wenn kein geeignetes
virusinaktiviertes Produkt mit dem spezifischen konzentrierten Gerinnungsfaktor
zur Verfügung steht.
Blutverlust bei chirurgischen Eingriffen und Massivtransfusionen
Als Massivtransfusion wird der Ersatz des gesamten Blutvolumens des
Patienten mit Spenderblut in weniger als 24 Stunden bezeichnet, oder der
Ersatz von 50 % des Blutvolumens innerhalb von 3 Stunden oder eine
Transfusion, die einen Blutverlust von mehr als 150 ml pro Minute kompensiert.
Wie viel und wann FGP zur Behandlung von starkem Blutverlust eingesetzt
wird, sollte auf der Beobachtung der klinischen Zeichen und auf geeigneten
Gerinnungstests beruhen. Die Transfusion von FGP kann erfolgen, um die PTund aPTT-Ratio bei einem Wert von höchstens 1,5 und die
Plasmakonzentration von Fibrinogen über 1,0 g/l zu halten.
Komplexe Störungen des Hämostasesystems und disseminierte intravasale
Gerinnung
An der Aktivierung von Gerinnungs- und Fibrinolysesystem sind
Gerinnungsproteine und -hemmer, Fibrinogen und Thrombozyten beteiligt.
Klinische Manifestationen von Störungen reichen von starken Blutungen ev. mit
thrombotischen Ereignissen bis zu einem unauffälligen kompensierten Zustand,
der nur auf Grund von Labortests nachgewiesen werden kann.
Eine akute DIC (disseminierte intravasale Gerinnung(Coagulation)) tritt am
ehesten auf, wenn das Gerinnungssystem (und Fibrinolysesystem) durch eine
- 26 -
Sepsis, eine Massivtransfusion, schwere und ausgedehnte Gefässverletzungen
oder pankreatische Enzyme oder Toxine sehr stark aktiviert wird und wenn die
natürlichen Inhibitoren die starke Aktivierung nicht ausgleichen können. Eine
DIC kann auch bei starken Blutungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft
und Geburt auf Grund einer vorzeitigen Plazentalösung, einer
Fruchtwasserembolie und eines intrauterinen Fruchttods auftreten. Eine
Meningokokkensepsis kann eine schwere akute DIC auslösen und zu einer
Thrombose in grossen Gefässen der Extremitäten führen. Eine Intensivtherapie
in einer spezialisierten Einrichtung ist in diesem Fall entscheidend.
Es muss die Ursache der DIC behandelt werden. Es kann eine unterstützende
Behandlung mit FGP, Thrombozyten und Kryopräzipitat erforderlich sein,
begleitet von entsprechenden Labortests. Wenn zu erwarten ist, dass die
Laborergebnisse nicht rechtzeitig eintreffen, ist es angebracht, gefrorenes
Frischplasma nach dem Austausch eines Blutvolumens zu verabreichen, bis die
Ergebnisse vorliegen. Üblich ist eine Anfangsdosis von 15 ml/kg, d.h. 8001200 ml FGP bei einer erwachsenen Person. Eine schwere akute DIC bei
einem blutenden Patienten kann zusätzlich die Verabreichung von aus Plasma
gewonnenen oder rekombinant hergestellten Gerinnungsfaktoren oder hemmern sowie eine Behandlung in der Intensivstation erfordern.
Durch die Überwachung verschiedener Variablen des Hämostasesystems kann
die Wirkung der Unterstützung überprüft und die Auswahl von zu
verabreichenden Blutkomponenten bestimmt werden, sie sollte jedoch die
anfängliche Gabe von FGP nicht verzögern. Wenn aber keine Blutungen
vorliegen, ist die Transfusion von Blutpräparaten gewöhnlich nicht angezeigt.
Ein chronische DIC steht normalerweise in Zusammenhang mit einer
Tumorerkrankung und kann eine Behandlung mit Heparin erfordern.
Blutprodukte sollten vorsichtig eingesetzt werden.
Lebererkrankungen
Bei Vorliegen einer Blutungsneigung oder einer um mindestens 50 % erhöhten
Prothrombinzeit wird FGP oft vor chirurgischen Eingriffen wie z.B. einer
Leberbiopsie eingesetzt. Es ist jedoch nicht vorhersehbar, wie ein Patient mit
einer Lebererkrankung auf das FGP anspricht, und es wird nicht immer eine
Normalisierung des Hämostasesystems erreicht. Der routinemässige Einsatz
von FGP in diesen Fällen wurde deshalb in Frage gestellt. Wenn FGP
verabreicht wird, sollten wiederholt Tests zur Gerinnung durchgeführt und die
Ergebnisse bei Entscheidungen zur Fortführung der Behandlung berücksichtigt
werden.
Erworbene Mangelzustände der Faktoren II, VII, IX und X
Durch die Behandlung mit Antikoagulanzien (Warfarin) verursachte Blutungen
oder Blutungsneigungen werden vorzugsweise mit ProthrombinkomplexKonzentrat behandelt, der aus den Faktoren II, VII, IX und X besteht.
Wenn kein Prothrombinkomplex-Konzentrat zur Verfügung steht, kann bei
Blutungen, die auf eine übermässige Wirkung einer Warfarin-Behandlung
zurückzuführen sind, FGP verabreicht werden. Die empfohlene Dosis beträgt
15 ml/kg.
- 27 -
Mangelzustände einzelner Gerinnungsfaktoren
FGP sollte nur eingesetzt werden, wenn kein spezifisches Präparat mit dem
betroffenen Faktor für die Substitutionstherapie zur Verfügung steht. Heute
dürfte dieser Fall hauptsächlich beim seltenen vererbten Faktor-V-Mangel
eintreten.
Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)
Ein Plasmaaustausch, bei dem Plasma des Patienten mit Spenderplasma
ersetzt wird, sollte so früh als möglich erfolgen, vorzugsweise innerhalb von 24
Stunden nach Auftreten der Krankheitssymptome. Bis mindestens zwei Tage
nach der Remission sollte täglich ein Plasmaaustausch vorgenommen werden.
Unter bestimmten Umständen sollten Präparate verwendet werden, bei denen
Tests für CMV-Antikörper und Parvovirus B19 negativ ausgefallen sind.
Ungeeignete Verwendung von Plasma
Plasma ist nicht angezeigt zur Volumenersatztherapie, zur Anhebung des
kolloidosmotischen bzw. onkotischen Drucks, zur Substitution von
Immunglobulinen oder für die parenterale Ernährung.
10. Vorsichtsmassnahmen
Es sollte hinsichtlich des ABO-Blutgruppensystems kompatibles Plasma
eingesetzt werden.
FGP kann kleine Mengen von Erythrozyten-Stroma enthalten. Um das
theoretisch bestehende Risiko einer Rh(D)-Immunisierung auszuschliessen,
wird manchmal die Verwendung von Plasma Rh(D)-negativer Spender bei
Rh(D)-negativen Empfängern empfohlen, insbesondere bei Mädchen und bei
Frauen im gebärfähigen Alter, obwohl diese Notwendigkeit noch geprüft
wird.(Anmerk: Anti-D Prophylaxe)
FGP sollte nicht eingesetzt werden, wenn ein geeignetes virusinaktiviertes oder
rekombinant hergestelltes Konzentrat eines spezifischen Gerinnungsfaktors zur
Verfügung steht.
FGP sollte nicht bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber
Plasmaproteinen eingesetzt werden. Personen mit selektivem IgA-Mangel, die
Anti-IgA-Antikörper entwickelt haben, können an einer schweren Anaphylaxie
erkranken, wenn sie FGP-Transfusionen erhalten. Falls eine Plasmatransfusion
unvermeidbar ist, darf diesen Personen ausschliesslich Plasma von Spendern
mit gesichertem IgA-Mangel verabreicht werden.
Während der Lagerung und nach dem Auftauen nehmen die labilen
Gerinnungsfaktoren kontinuierlich ab. Gemäss aktuellen Empfehlungen sollte
FGP sobald wie möglich oder innerhalb von 6 (bis 24) Stunden nach dem
Auftauen verabreicht werden, obwohl Studien darauf hinweisen, dass bis
mindestens 72 Stunden nach dem Auftauen die vorgesehene klinische Wirkung
erzielt wird.
FGP darf nicht erneut eingefroren werden.
Vor der Verwendung muss das Produkt bei genau überwachten Bedingungen
aufgetaut werden, und es muss geprüft werden, ob die Verpackung
- 28 -
unbeschädigt und dicht ist. Nach dem Auftauen darf kein unlösliches
Kryopräzipitat zu sehen sein.
FGP muss bei der Transfusion einen Filter mit der Porengrösse 170-200 m
passieren.
11. Mögliche Nebenwirkungen
-
Herzdekompensation
Lungenödemen).
(Warnung:
es
besteht
die
Gefahr
von
-
Es kann eine Zitratintoxikation auftreten, falls umfangreichere Transfusionen
rasch durchgeführt werden.
-
Nicht-hämolytische Transfusionsreaktionen (vor allem Urticaria, allergische
und anaphylaktoide Symptome).
-
Bei Patienten mit IgA-Mangel, die Anti-IgA-Antikörper entwickelt haben,
kann es zu einer schweren Anaphylaxie kommen.
-
Transfusionsassoziierte akute Lungenschädigung (TRALI).
-
Sepsis auf Grund einer ungewollten Kontamination mit Bakterien.
-
Übertragung von Viren (Hepatitis, HIV usw.), kann trotz sorgfältiger
Spenderauswahl und Screening-Verfahren vorkommen.
-
Übertragung anderer Pathogene, für die keine Tests durchgeführt werden
oder die noch nicht bekannt sind.
Literatur
1. Guide to the preparation, use and quality assurance of blood
components, 10. Auflage. Strassburg, Council of Europe Publishing,
2004.
2. Guidelines for the use of Fresh Frozen Plasma, Cryoprecipitate and
Cryosupernatant. British Committee for Standards in Haematology,
Blood Transfusion Task Force. British Journal of Haematology 2004;
126, 11-28.
(http://www.bcshguidelines.com/pdf/freshfrozen_280604.pdf)
3. Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten, 2.
Auflage.
Vorstand
und
Wissenschaftlicher
Beirat
der
Bundesärztekammer. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2001.
4. Williamson LM, Cardigan R, Prowse Ch. Methylene blue-treated freshfrozen plasma: what is its contribution to blood safety? Transfusion
2003;43:1322-9.
5. Guidelines for the Blood transfusion Services, 6. Auflage 2002, und
Handbook of Transfusion Medicine, 3. Auflage 2001. UK blood
Transfusion & Tissue Transplantation Guidelines.
(http://www.transfusionguidelines.org.uk)
- 29 -
GRANULOZYTEN, APHERESE
Zusammenfassung der Eigenschaften der Blutkomponente
1. Definition
Bei Granulozytenpräparaten handelt es sich um Granulozyten, die in Plasma
suspendiert sind und die durch Apherese von einem einzelnen Spender
gewonnen wurden.
2. Eigenschaften
Die Hauptfunktion der Granulozyten besteht in der Phagozytose von Bakterien.
Der Vorgang der Phagozytose lässt sich in folgende Schritte unterteilen:
-
Die Granulozyten wandern an die Infektionsstelle auf Grund einer
Stimulierung durch chemotaktische Stoffe oder durch Bindung an
Adhäsionsmoleküle, die durch aktivierte Endothelzellen den zirkulierenden
Leukozyten präsentiert werden.
-
Aufnahme von Mikroorganismen
-
Degranulation
-
Respiratory Burst
-
Produktion von und Wechselwirkungen mit Cytokinen
Gesunde Personen produzieren täglich rund 100 x10 9 Granulozyten.
Granulozyten können im Blut während bis zu 10 Stunden zirkulieren und im
Gewebe mehrere Tage überleben. Die Granulozyten im Knochenmark werden
bei Bedarf mobilisiert.
3. Gewinnung und Aufbereitung
Granulozyten werden durch Leukopherese gewonnen. Dabei werden durch
einen Zellseparator im kontinuierlichen oder unterbrochenen Blutfluss
Granulozyten mittels Zentrifugation abgetrennt. Granulozyten werden von
Personen gewonnen, welche dieselben Kriterien erfüllen, wie sie für
Vollblutspenden gelten. Bei Patienten, für die eine allogene Transplantation
hämatopoetischer Vorläuferzellen in Frage kommen könnte, sollten keine
Familienmitglieder als Spender gewählt werden.
Die Ausbeute lässt sich verbessern, indem Sedimentationsbeschleuniger wie
hochmolekulare Hydroxyethylstärke, niedermolekulares Dextran oder
modifizierte Gelatine beigegeben werden. Es wird empfohlen, pro Jahr und
Person nicht mehr als vier Granulozyten-Spenden vorzunehmen.
Eine Vorbehandlung der Spender mit Kortikosteroiden und G-CSF
(Granulozyten-Kolonie-stimulierender-Faktor) kann erforderlich sein, damit eine
ausreichende Menge von Granulozyten zur Behandlung einer erwachsenen
Person produziert wird. Von einer routinemässigen Vorbehandlung wird jedoch
abgeraten, bis zur Spendersicherheit im Zusammenhang mit einer solchen
Behandlung weitere Erkenntnisse vorliegen. Falls eine solche Vorbehandlung
durchgeführt wird, sind die im Addendum beschriebenen Vorsichtsmassnahmen
zu treffen.
- 30 -
4. Beschriftung
Folgende Informationen sind auf der Etikette aufzuführen:
-
Identifikation des Herstellers;
-
eindeutige Identifikationsnummer;
-
ABO-Blutgruppe und Rh(D)-Faktor;
-
Spendedatum (optional);
-
Art des Blutpräparates;
-
zusätzliche Informationen zum Blutpräparat: Bestrahlung (falls zutreffend);
-
Verfalldatum (und -zeit, falls erforderlich);
-
HLA-Typ, falls bekannt (optional);
-
Anzahl Granulozyten;
-
Art und Volumen zugegebener Antikoagulanzien und Additivlösungen;
-
Lagerungstemperatur.
5. Lagerung und Stabilität
Aufgrund der Neigung neutrophiler Granulozyten zur Autolyse eignet sich
dieses Präparat nicht zur Lagerung und sollte nach der Gewinnung so bald wie
möglich verabreicht werden. Falls eine vorübergehende Lagerung während
einiger Stunden unumgänglich ist, sollten die Granulozyten ohne Schwenken
bei +20 ºC bis +24 ºC gehalten werden.
6. Qualitätssicherung
Anforderungen bezüglich durchzuführender Tests, bei jeder Spende:
-
ABO und Rh(D),
-
Anti-HIV 1+2, HBsAg und Anti-HCV.
Bei
CMV-seronegativen
Patienten
und
Neugeborenen
sollten
Granulozytenpräparate von CMV-seronegativ getesteten Spendern eingesetzt
werden. In einigen Mitgliedsländern der Europäischen Union müssen für jede
Spende zusätzlich Tests für Anti-HTLV I+II, Anti-HBc, HIV NAT, HCV NAT und
Syphilis durchgeführt werden, in anderen Ländern werden diese Tests nur bei
Erstspendern oder überhaupt nicht verlangt.
Die Zahl der Zellen in jedem Granulozytenkonzentrat sollte bestimmt und
festgehalten werden und im Falle einer Dosis für Erwachsene vorzugsweise
> 20 x109 Granulozyten betragen.
Volumen des Produktes < 500ml.
Die Einrichtungen, die Blut entnehmen oder Blutprodukte herstellen, sind für die
Durchführung und die Dokumentierung der Tests zur Qualitätskontrolle
verantwortlich.
- 31 -
7. Transport
Die Einheit sollte bis zum Ort der Verwendung in einem geeigneten Behälter bei
einer Temperatur zwischen +20ºC und +24ºC transportiert werden.
8. Wirksamkeit
Der Nutzen einer Granulozytentransfusion ist schwierig abzuschätzen, und um
die Wirksamkeit nachzuweisen, sind kontrollierte Versuche erforderlich. Es
liegen jedoch Hinweise dafür vor, dass Granulozytentransfusionen in geeigneter
Dosis sinnvoll sein können bei Patienten mit schwerer reversibler Neutropenie
oder schwerer Funktionsstörung neutrophiler Granulozyten und bei Patienten
mit Bakterien- oder Pilzinfektionen, welche auf konventionelle Behandlungen
nicht ansprechen.
Der Anteil von Patienten mit Alloimmunisierung gegen HLA-Antigene wie auch
gegen granulozytenspezifische Antigene ist hoch. Diese Reaktionen
beeinträchtigen die Wirksamkeit der verabreichten Granulozyten und haben zur
Folge, dass weniger verabreichte Zellen überleben und zur Infektionsstelle
wandern.
9. Hinweise zur Anwendung
Das Produkt sollte nur Patienten mit schwerer Neutropenie und
nachgewiesener Sepsis verabreicht
werden,
die
eine geeignete
Antibiotikabehandlung erhalten. Namentlich:
-
Patienten jeden Alters mit einer komplizierten oder lebensbedrohlichen
Infektion, welche nicht auf Antibiotika anspricht, und mit einer Neutropenie
von < 0,5 x109/l infolge von Knochenmarkinsuffizienz z.B. auf Grund des
aplastischen Syndroms oder einer Knochenmarkaplasie nach einer Chemooder Strahlentherapie;
-
Patienten mit schwerer Funktionsstörung der Granulozyten und mit starkem
Verdacht auf bzw. erbrachtem Nachweis für eine lebensbedrohliche
Bakterien- oder Pilzinfektion, die während mindestens 48 Stunden nicht auf
eine geeignete Behandlung mit Antibiotika resp. Antimykotika angesprochen
hat, wenn starke Anzeichen dafür bestehen, dass die Knochenmarkfunktion
reversibel beeinträchtigt ist und sich innerhalb von zwei Wochen erholen
wird;
-
Neugeborene mit fulminanter Sepsis und einer relativen Neutropenie von
< 3 x109/l in der ersten Lebenswoche oder < 1x 109/l nach der ersten
Lebenswoche.
Prophylaktische Granulozytentransfusionen werden nicht empfohlen.
Unter bestimmten Umständen sollten Präparate verwendet werden, für die
hinsichtlich CMV-Antikörpern und Parvovirus B19 negative Testergebnisse
vorliegen.
Empfohlene Dosis und Behandlung
Die angestrebte Menge verabreichter Granulozyten beträgt > 20 x10 9 pro Tag
bis zum Erreichen eines Behandlungseffekts. Bei Neugeborenen beträgt die
empfohlene Dosis 1 x109/kg, in einem Volumen von 15 ml/kg.
- 32 -
10. Vorsichtsmassnahmen
Im Falle einer erheblichen Kontamination mit Erythrozyten sind
Kompatibilitätstests bezüglich ABO- und Rh-Blutgruppen und AntikörperScreening-Tests erforderlich.
Aufgrund des Risikos einer transfusionsassoziierten Graft-Wirt-Reaktion (TAGvHD) muss das Produkt mit Gamma-Strahlung bei einer Dosis von
mindestens 25 Gy bestrahlt werden.
Bei nicht alloimmunisierten Empfängern sind keine Kompatibilitätstests für
Granulozyten erforderlich. Zur Identifizierung kompatibler Granulozyten kann
bei alloimmunisierten Empfängern die Kreuzprobe durchgeführt werden.
Bei
CMV-seronegativen
Patienten
oder
Neugeborenen
sollten
Granulozytenpräparate von CMV-seronegativ getesteten Spendern eingesetzt
werden.
Die durch Apherese gewonnenen Granulozyten müssen bei der Transfusion
einen Filter mit der Porengrösse 170-200 m passieren.
Die durch Apherese gewonnenen Granulozyten sind langsam zu verabreichen;
es wird eine Transfusion über einen Zeitraum von zwei Stunden empfohlen. Die
Transfusion sollte gut überwacht werden.
Auf allfällige unerwünschte Wirkungen sollte sofort reagiert werden. Im Falle
einer schweren Reaktion ist die Infusion zu unterbrechen. Es können
Antipyretika, Antihistamine und Kortikosteroide eingesetzt werden. Eine
Vorbehandlung mit Antihistaminen und Kortikosteroiden verringert tendenziell
die
Gefahr
von
akuten
nicht-hämolytischen,
nicht-infektiösen
Transfusionskomplikationen.
11. Mögliche Nebenwirkungen
-
Es kann zu nicht-hämolytischen Transfusionsreaktionen kommen (Fieber,
Schüttelfrost und Urticaria);
-
es kann zu einer Alloimmunisierung gegen HLA- und ErythrozytenAntigene kommen;
-
Sepsis auf Grund einer ungewollter Kontamination mit Bakterien.
-
posttransfusionelle Purpura;
-
transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI);
-
Akkumulation von Hydroxyethylstärke nach wiederholter Exposition
Übertragung latenter Viren (CMV, EBV usw.)
-
Übertragung von Syphilis;
-
Übertragung von Protozoen (z.B. Malariaerreger) in seltenen Fällen;
-
Übertragung von Viren (Hepatitis, HIV usw.), kann trotz sorgfältiger
Spenderauswahl und Screening-Verfahren vorkommen;
-
Übertragung anderer Pathogene, für die keine Tests durchgeführt werden
oder die noch nicht bekannt sind.
- 33 -
Für alloimmunisierte Patienten besteht ein höheres Risiko, dass eine ernsthafte
Lungenreaktion mit Fieber, Schüttelfrost, Dyspnoe, Engegefühl in der Brust und
Hypoxie auftritt als bei nicht alloimmunisierten Patienten, deshalb ist für manche
Autoren eine Granulozytentransfusion kontraindiziert, wenn keine HLAkompatiblen Spender verfügbar sind.
Die gleichzeitige Verabreichung von Amphotericin B und Granulozyten muss
wegen der Gefahr einer pulmonalen Transfusionsreaktion vermieden werden.
ADDENDUM
Granulozyten-Mobilisierung beim Spender und Spendersicherheit
In einigen Zentren werden rekombinanter G-CSF und Kortikosteroide zur
Mobilisierung von Granulozyten beim Spender eingesetzt. In diesen Fällen ist
eine schriftliche Einwilligung des Spenders erforderlich, mit ausdrücklicher
Zustimmung zu allen bei diesem Verfahren verwendeten Arzneimitteln. Die
Einzelheiten der Spende sind im Hinblick auf ein langfristiges Follow-up des
Spenders und die wissenschaftliche Auswertung der Daten zu dokumentieren.
Je nach nationaler Gesetzgebung ist die Zustimmung einer lokalen
Ethikkommission erforderlich und die Anwendung von G-CSF nur im Rahmen
klinischer Versuche zulässig.
Durch Leukopherese können auch bei der Verwendung von Sedimentationsbeschleunigern oder Kortikosteroiden von normalen Spendern nicht mehr als 520 x109 Granulozyten zur Transfusion gewonnen werden. Das aktuelle Schema
zur Granulozyten-Mobilisierung besteht in einer Kombination von rekombinant
hergestelltem G-CSF, 5-10 μg/kg und Dexamethason, 8 mg oral, 12-24 Std. vor
der Apherese verabreicht. Durch diese Vorbehandlung des Spenders können in
einer Sitzung mindestens 40 x109 Granulozyten gewonnen werden.
Hinsichtlich der kurzfristigen Nebenwirkungen (die normalerweise auf
Sedimentationsbeschleuniger, Kortikosteroide und G-CSF zurückzuführen sind)
wird diese Behandlung von gesunden Spendern gut vertragen. Mögliche
Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme, Kopfschmerzen, periphere Ödeme,
Schlaflosigkeit, grippeähnliche Symptome, Knochenschmerzen, Schwitzen,
Übelkeit, Flush.
Eine längerfristige Verabreichung von G-CSF bei Patienten mit Neutropenie
oder auch bei Spendern peripherer Blutstammzellen (PBSC) wurde mit
schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Splenomegalie oder Milzruptur, SweetSyndrom, leukozytoklastische Vaskulitis und Leck-Syndrom in Zusammenhang
gebracht. Langfristige Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Aus diesem
Grund ist ein ausgedehnteres Follow-up erforderlich.
Es besteht keine Einigkeit über die Häufigkeit von Spenden. Gewisse Experten
setzen denselben Spender wiederholt ein, andere in Abständen von mindestens
4 Wochen oder nur ein einziges Mal.
Merkmale von G-CSF-mobilisierten Spender-Granulozyten
In-vitro- und In-vivo-Assays mit Granulozyten, die durch den GranulozytenKolonie-stimulierenden-Faktor (G-CSF) induziert wurden, zeigen verschiedene
- 34 -
funktionelle und phänotypische Veränderungen. Funktionelle Veränderungen
umfassen eine höhere Produktion von Sauerstoffradikalen (Reactive Oxygen
Intermediates, ROI), eine gesteigerte Adhäsion, Phagozytose, Abtötung von
Bakterien und Antikörper-vermittelte zelluläre Zytotoxizität (ADCC) sowie eine
geringere chemotaktische Aktivität.
Verschiedene Granulozyten-Antigene werden in G-CSF-mobilisierten
Granulozyten verstärkt hergestellt. Die Genexpression normalisiert sich bei den
meisten dieser Antigene relativ bald, mit Ausnahme der beiden wichtigen
Antigene FcγRIII (CD32) und L-Selectin (CD62L), deren Expression anhaltend
verringert wird. Die Wiederfindungsrate neutrophiler Granulozyten nach der
Transfusion ist zwar geringer, wenn der Spender zur Granulozytenmobilisierung
behandelt wurde, die Granulozyten haben aber eine wesentlich längere
Überlebenszeit in den Gefässen. Abschliessend lässt sich sagen, dass die
funktionalen Merkmale von Granulozyten, die nach einer Behandlung des
Spenders mit G-CSF mit oder ohne Einsatz von Kortikosteroiden gewonnen
werden, auf Grund der Erkenntnisse von Chemolumineszenz-Assays oder von
Assays zur bakteriziden Wirkung normal zu sein scheinen. Studien mit Indiummarkierten Zellen weisen auf eine normale Beweglichkeit und Wanderung zu
Entzündungs- und Infektionsstellen hin.
Literatur
1. Guide to the preparation, use and quality assurance of blood
components, 10. Aufl., Strassburg, Council of Europe Publishing, Januar
2004.
2. Technical Manual, 13. Aufl., American Association of blood banks, 1999.
3. International Forum. Granulocyte Transfusions. Vox Sang. 2000;79:5966.
4. Klein HG, Strauss RG, Schiffer CA. Granulocyte Transfusion Therapy.
Seminars in Hematology 1996;33:359-368.
5. Klein HG, Price TH, Strauss RG, Stroncek D. Granulocyte Transfusion
Redux. Education Program of the ASH 1997:138-145.
6. Newburger PE, Parmley RT. Neutrophil Structure and Function, in:
Hoffman R (Hrsg.): Hematology Basic Principles and Practice, 2. Aufl., S.
738-750.
7. Strauss RG. Principles of White Blood Cell Transfusion, in: Hoffman R
(Hrsg.): Hematology Basic Principles and Practice, 2. Aufl., S. 20062010.
8. Spiekermann K, Roesler J, Emmendoerffer A, Elsner J, Welte K.
Functional features of neutrophils induced by G-CSF and GM-CSF
treatment: differential effects and clinical implications. Leukemia
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9. Caspar CB, Seger RA, Burger J, Gmur J. Effective Stimulation of Donors
for Granulocyte Transfusions with Recombinant Methionyl Granulocyte
Colony-Stimulating Factor. Blood 1993;81:2866-2871.
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plus dexamethasone produces greater granulocyte concentrate yields
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while causing no more donor toxicity than G-CSF alone. Transfusion
2001;41:1037-1044.
11. Bux J, Cassens U, Dielschneider T, et al. Tolerance of granulocyte
donors towards granulocyte colony-stimulating factor stimulation and of
patients towards granulocyte transfusions: results of a multicentre study.
Vox Sang. 2003;85:322-325.
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