Baden - Württembergischer Landesverband für Prävention und Rehabilitation gGmbH Fachklinik Schloss Eichelsdorf Rehabilitation Drogenabhängiger Konzeption Leitung: Dipl. Psych. Robert Soto – Löwenthal Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Ärztliche Leitung Dr. Zöller FA f. Psychiatrie, Neurologie, Psychotherapie Schlossstrasse 1 97461 Hofheim/Unterfranken Tel.: 09523 9520 – 0 Fax: 09523 9520-40 [email protected] Die Klinikleitung ist verantwortlich für Erstellung, Prüfung und Freigabe Dieses Konzept ist ICF-basiert nach MATE (funktionsorientiert) und teilhabeorientiert. Eine Aktualisierung und Überprüfung nach Vollständigkeit findet fortlaufend statt. Letzter Stand 21.04.2016 . Fachklinik Schloss Eichelsdorf 1. 2. 3. 4. 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 6. 6.1 6.2 6.2.1 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 6.12 7.0 8. 9. 10. 11. Träger und Einrichtung Vorüberlegungen Abhängigkeits- und Rehabilitationsverständnis Allgemeines zur Behandlung Sonderprogramme bei speziellen Behandlungsfällen Patienten mit einer psychotischen (komorbiden) Störung Patienten mit Cannabisabhängigkeit Patienten mit ADHS und ADHS im Erwachsenenalter Patienten mit Methamphetaminabhängigkeit Kontraindikationen Behandlungsstruktur in der Fachklinik Schloss Eichelsdorf Eingangsphase Kerntherapie Gruppentherapie Endphase/Adaptionsphase Arbeitstherapie Freizeittherapie Sozialdienst und Sozialberatung Nachsorge/Nachbetreuung Eigene Lehrwerkstätten Psychiatrische Einbindung Kinderhaus Vorgehen in Krisen Kombibehandlung Tagesplanung Weiterbildung, Weiterentwicklung, Qualitätssicherung Forschung in der FK Schloss Eichelsdorf Personalbedarf / Planung Literatur 2 Fachklinik Schloss Eichelsdorf 1. Träger und Einrichtung Der Baden-Württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation gGmbH ist aus der 2007 erfolgten Fusion der Drogenhilfe Tübingen e. V. mit dem Badischen Landesverband für Prävention und Rehabilitation e. V. (blv.) als Betriebsträger der Kliniken, Beratungsstellen und Einrichtungen beider Träger hervorgegangen. Zum Verbund des Trägers gehören mehrere Rehabilitationseinrichtungen für Alkohol - und Drogenabhängige, eine Entzugsklinik für Drogenabhängige, zwei TagesRehabilitationseinrichtungen sowie Beratungsstellen für Alkohol- und Drogenabhängige und diverse komplementäre Einrichtungen. Der Träger betreibt seine Einrichtungen in lokalen Verbünden bzw. Suchthilfenetzwerken, d. h. die Einrichtungen arbeiten autonom nach den Erfordernissen ihrer Region. Von 1977 bis 2009 waren wir auf Schloss Bettenburg als eine der ersten Drogentherapieeinrichtungen in Bayern tätig und arbeiten seit dieser Zeit mit für andere Träger Vorbild bietenden Konzepten, die sich in einer ständigen Fortschreibung befinden. Um den zeitgemäßen Anforderungen einer modernen Strukturqualität gerecht zu werden, wurde 2009 das ehemalige Kloster Eichelsdorf, ebenfalls in Hofheim/Unterfranken gelegen, zu einer modernen Rehabilitationseinrichtung umgebaut. Seit dem Umzug im Dezember 2009 verfügen wir jetzt über 60 Therapieplätze in Einzel- und Doppelzimmern und 10 Plätze für Kinder drogenabhängiger Eltern. Für die Arbeits-, Freizeit- und Beschäftigungstherapie stehen großzügige Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Einrichtung behandelt neben komorbiden - und nonkomorbiden Störungen als Besonderheit auch Drogenabhängige mit Kindern, die sie in die Therapie mitbringen. Dafür wird ein Kinderhaus/Kindergarten sowie eine heilpädagogische Tagesstätte vorgehalten. Unsere Spezialisierung bildet die Behandlung von Patienten mit Doppeldiagnosen (Komorbidität). Diesbezüglich wurde der medizinisch-psychiatrische Bereich ausgeweitet. Die Patienten leben nun im historischen Wasserschloss Eichelsdorf in Einzel – und Zweierzimmern mit entsprechender Ausstattung. Des weiteren verfügen wir über eine Frauen - WG und Familienzimmer. Zum Haus gehören Arbeitstherapieräume, Therapieräume für Gruppentherapie und ein gesondertes Kinderhaus. Als Zentrum und Versammlungsort unseres Hauses wird die ehemalige Kapelle genutzt. Hier versammeln sich morgens und abends Patienten und Mitarbeiter, um den Tag zu planen bzw. um den Tag abzuschließen. Hier finden auch in regelmäßigen Abständen interne und externe Fachvorträge, auch für Gäste, musikalische Vorführungen etc. statt. Im Nachbarort (Königsberg in Bayern) betreiben wir eine Ausbildungswerkstatt für Industriemechaniker und Schreiner, ferner Nachsorgewohnungen in Hassfurt und Schweinfurt sowie ein Adaptionshaus zum Probewohnen in Hofheim. 3 Fachklinik Schloss Eichelsdorf 2. Vorüberlegungen Durch das stetig sinkende Einstiegsalter junger Drogenkonsumenten (Jahrbuch Sucht 2011) und die Hinwendung an sogenannte Partydrogen und „Legal Highs“, wozu auch „Crystal“, „Spice“, „GBL“, „Badesalz“ etc. zählen, sehen wir uns mit einer zunehmend jüngeren Klientel konfrontiert. Diese jungen Menschen sind neben den spezifischen Krankheitssymptomen oft strukturlos, disziplinlos und ohne berufliche und soziale Perspektive. Zudem steigt für die Betroffenen das Risiko an einer (komorbiden) Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis zu erkranken um das 10 -15 fache (Löhrer, Kunert 2004). Das bedeutet für uns als Einrichtung, die seit über 30 Jahren Drogenabhängige behandelt, dass wir immer jüngere Patienten behandeln müssen, die mit einer immer höheren Wahrscheinlichkeit unter einer komorbiden (sog. Doppeldiagnose) Erkrankung leiden. Besonders beobachten wir das verstärkte Vorkommen von Persönlichkeitsstörungen und depressiven Störungen als zusätzliche Herausforderung für die Behandlung. Die Entwicklung von eigenen Therapiestrategien und Konzepten ist angesichts der Komplexität der Interaktion unvermeidlich. 3. Abhängigkeits- und Rehabilitationsverständnis Das Klassifikationssystem ICD 10 formuliert beim 'Abhängigkeitssyndrom': "Es handelt sich um eine Gruppe körperlicher, verhaltens- und kognitiver Phänomene, bei denen der Konsum einer Substanz oder einer Substanzklasse für die betreffende Person Vorrang hat gegenüber anderen Verhaltensweisen, die von ihm früher höher bewertet wurden. Ein entscheidendes Charakteristikum der Abhängigkeit ist der oft starke, gelegentlich übermächtige Wunsch, Substanzen oder Medikamente (ärztlich verordnet oder nicht), Alkohol oder Tabak zu konsumieren. Der innere Zwang, Substanzen zu konsumieren, wird meist dann bewusst, wenn versucht wird, den Konsum zu beenden oder zu kontrollieren. Das Abhängigkeitssyndrom kann sich auf einen einzelnen Stoff beziehen (beispielsweise Tabak oder Diazepam), auf eine Gruppe von Substanzen (wie z.B. Opiate oder opiatähnliche Medikamente) oder auf ein weites Spektrum unterschiedlicher Substanzen (wie z. B. bei jenen Personen, die eine Art Zwang erleben, regelmäßig jedes nur erreichbare Mittel zu sich zu nehmen und die qualvolle Gefühle, Unruhe und/oder körperliche Entzugserscheinungen bei Abstinenz entwickeln). “Abhängigkeit in diesem Sinne liegt vor bei: Unfähigkeit zur Abstinenz Verlust der Selbstkontrolle periodischem Auftreten einer dieser beiden Symptome" Die allgemeinen Therapieziele einer Rehabilitation Abhängiger werden in der Empfehlungsvereinbarung (Leitlinien zur Rehabilitation der DRV )Sucht formuliert: 4 Fachklinik Schloss Eichelsdorf "Die Ziele der Rehabilitation von Abhängigkeitskranken bestehen: im Erreichen und Erhalten der Abstinenz, in der weitgehenden Behebung oder dem Ausgleich von körperlichen und seelischen Störungen, in der möglichst dauerhaften Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft". 4. Allgemeines zur Behandlung Auf das oben beschriebene Verständnis basiert unser therapeutisches Konzept in erster Linie auf der Verhaltenstherapie. Hierbei stützen wir uns auf den Selbstmanagementansatz (Kanfer, Reinecker, Schmelzer; 2004). Des Weiteren bedienen wir uns des „sermo fortuitus – Prinzips“ (zufälliges Gespräch). Zu Beginn der Behandlung werden bei ängstlichen, sehr jungen oder zurückhaltenden Patienten Gespräche wie zufällig geführt. Der Patient verliert hierbei schnell seine Ängste und Widerstände, lernt auf diese zufällig wirkenden Dialoge seine Therapeuten kennen, kann Bedürfnisse äußern etc. Aus diesen „sermones fortuiti“ ergeben sich bald Wünsche nach „richtigen“ Einzelgesprächen und es kommt aus eigenem Antrieb zu formalen Terminen. Um diese Richtung weiter zu verfolgen und zu vertiefen, führen wir zunehmend Methoden des CRA (Community Reinforcement Approach) in unsere Behandlung ein. Diese eignen sich hervorragend für die Arbeit an Suchtkranken (CRA-Manual, Psychiatrie-Verlag, Bonn, 2007). Der CRA-Ansatz ist ein umfassendes verhaltenstherapeutisches Konzept zur Behandlung Alkohol- und Drogenabhängiger. Es basiert auf der Grundannahme, dass Verstärker aus dem sozialen Umfeld die Behandlungsmotivation erhöhen und eine Abstinenz positiv beeinflussen. Das Ziel der Behandlung besteht darin, einen abstinenten Lebensstil attraktiver zu machen als den Konsum von Suchtmitteln. CRA ist eine evidenzbasierte Methode und gilt aktuell als eine der wirksamsten Behandlungsansätze zur Behandlung Abhängigkeitskranker. Als sine qua non kann sich eine optimale Pharmakotherapie für Patienten mit einer längjährigen Suchterkrankung (z.B. langjährige Substitutionsbehandlung) und mit einer psychiatrischen Störung erweisen, z.B. einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Medikation wirkt in der Regel auch global entlastend für den Patienten und Behandler, beugt wirksam die Wahrscheinlichkeit eines Behandlungsabbruches vor. Die pharmakologische Behandlung braucht erfahrungsgemäß eine längere Zeit, bis die Patienten, die oftmals die Nebenwirkung der verabreichten Präparate sofort verspüren, auch die entlastenden (z. B. antipsychotischen) Hauptwirkungen erfahren. In wöchentlich stattfindenden, bei Bedarf öfter, ärztlichen Visiten und Konsultationen wird die verschriebene Medikation überprüft und der körperliche Status erfasst. 5 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Wir betrachten den Konsum psychotroper Substanzen nicht als isoliertes Verhalten unabhängig vom Rest des Lebens des Patienten. Das Verhalten ist eng verflochten mit allerlei Aspekten des täglichen Lebens, sodass dem Kontext des Konsums eine hohe Bedeutung für die Behandlung zuzuschreiben ist. Die Induktion eines therapeutischen Prozesses setzt, um selbstverantwortliches Handeln und Coping zu initiieren, ein mehrschrittiges Vorgehen voraus: Wir strukturieren in unserem stationären Rahmen der Fachklinik Schloss Eichelsdorf die Behandlung in drei, für alle Patienten überschaubare, abgrenzbare Bereiche: 1.Motivationsphase 2.Kerntherapiephase 3. (interne)Adaptionsphase Eventuell zusätzlich: (4. Betreutes Wohnen) (5. Ausbildung) (bis 4 Wochen) (bis 6 Monaten) (bis 4 Monaten) Neben der psychotherapeutischen Arbeit, bildet die Freizeitgestaltung einen hohen Stellenwert (siehe dort). Arbeitstherapie und die 5. Behandlung komorbider Störungen 5.1 Patienten mit einer psychotischen (komorbiden) Störung Die Behandlung solcherart doppelt oder gar vielfach Erkrankter erfordert eine besondere Therapieplanung und eine hohe Individualisierung des Therapieprozesses. Die Therapiestandards müssen diagnose- bzw. indikationsorientiert ausgewählt und modifiziert werden. Sie sind dem durch die Erkrankung bedingten eingeschränkten Belastungsniveau der Patienten, dem Rehabilitationsziel und der gewählten Problembeschreibung anzupassen (Löhrer, 1999). Generelle Leitlinien für die Behandlung der monomorbid Betroffenen haben daher nur bedingte Gültigkeit im konkreten Einzelfall. Eine Behandlung für „Komorbide“ erfordert ein hohes Maß an individuellen Ausnahmeentscheidungen und Einzelfalllösungen (Löhrer, Soto-Löwenthal, Tuchtenhagen, 2004, Dr. Kunert, 2004-2011). Die Notwendigkeit der Entwicklung und Etablierung spezifischer Konzepte an der Schnittstelle von Substanzmissbrauch und Psychose wurde immer drängender. Dabei ist besonders zu beachten, dass die Komorbidität übliche psychotherapeutische Behandlungsstrategien wechselseitig verstellt und behindert. So begrenzt die schizophrene Erkrankung die Konfrontationsfähigkeit. Eine aufdeckende Arbeit ist in der Behandlung schizophrener Suchtkranker mitunter kontraindiziert. Die Suchterkrankung wiederum erschwert einen complianten, eigenverantwortlichen Umgang mit verordneten Medikamenten und erhöht z.B. bei Rückfälligkeit erheblich das Reexazerbationsrisiko. Als entsprechend ungünstig wurden deshalb oft die Prognosen angenommen. Vielfach wurde vermutet, komorbide Patienten zeigten eine besondere Neigung zu häufigerer Hospitalisation und erwiesen sich als sozial schwer integrierbar. Untersuchungen zeigen 6 Fachklinik Schloss Eichelsdorf jedoch, dass im Hinblick auf die Reha-Prognose eher das Gegenteil der Fall ist (Löhrer, 2003; Löhrer und Tuchtenhagen, 2003). Bereits seit Beginn des letzten Jahrhunderts hat man sich mit den Reaktionsweisen und Interaktionsmustern Schizophrener befasst. Die Formen der Auseinandersetzung wurden - einer eher analytischen Betrachtungsweise folgend - weitgehend als frustrane und insuffiziente Formen der Abwehr verstanden. Erst in den letzten Jahren wendet man sich der schöpferischen, ressourcenorientierten Auseinandersetzung des Betroffenen im Umgang mit seiner Störung zu. Dabei wird erkennbar, dass eine weitgehend aktive Haltung des Patienten (und der Angehörigen) im Umgang mit seiner Krankheit und mit ihren auslösenden Faktoren einer Chronifizierung entgegenwirkt (Schaub, 1995). Die aus diesen Erkenntnissen hervorgegangene edukative Doppeldiagnosen Therapie umfasst in der FK Schloss Eichelsdorf eine eingehende, redundante Information über die Entstehungsbedingungen der Erkrankung (z.B. in Einzel-und Gruppensitzungen), ihre Symptomatologie, insbesondere der Frühwarnzeichen, mögliche Aktivierungsprozesse ( z. B. in der Ergo- und Arbeitstherapie) sowie Copingstrategien als notwendige Behandlungsschritte. Dabei ist auch die Familie der Betroffenen oder andere Personen des sozialen Nahfeldes, sofern verfügbar, in den Prozess der Informationsgewinnung und Informationsvermittlung mit einzubeziehen, da nur dann einer pessimistischen Krankheitserwartung im Umfeld der Patienten begegnet werden kann. Gerade die negative Grundstimmung der Umgebung, die im Sinne einer „self-fullfilling-prophecy” eine eigene destruktive Dynamik zu entwickeln vermag, hat sich als besonders verhängnisvoll erwiesen (Stark und Stolle, 1994). Mit dem Vulnerabilitäts - Stressmodell (Zubin und Spring, 1977) ist ein robustes und gut verständliches Erklärungsmodell für die Entstehung schizophrener Symptome geschaffen worden, das von schizophren Erkrankten zumeist gerne angenommen und in der Regel akzeptiert wird. Es beinhaltet implizit eine für den Entstehungsprozess der Erkrankung uneingeschränkt gültige Exkulpation und misst dem Betroffenen gleichzeitig eine Verantwortung für den Umgang mit der Erkrankung, also für die Steuerung ihres Verlaufes zu. Dies ist im Hinblick auf das Appellieren an Eigenverantwortlichkeit bei Suchterkrankungen nur schwer in Einklang zu bringen. Neben der Voraussetzung für eine bessere eigene Krankheitsakzeptanz ist jedoch die Exkulpation deshalb wichtig, weil schizophren Erkrankte immer noch gesellschaftlicher Stigmatisierung begegnen und innerhalb ihrer Stammfamilien oft auf Schuldzuweisungen stoßen. Besonders wenn die Exazerbation unmittelbar nach dem Konsum psychotroper Substanzen entstand. Die negative komplexe wechselseitige Beeinflussung der Leiden ist bekannt und nahe liegend (Eikmeier und Lodemann, 1991). Die notwendige Analyse der Auslösesituationen, der Stressoren und der eigenen Bewältigungsmethoden wird durch die dauernde Substanzeinnahme und damit durch fortwährende künstliche Veränderung der Vulnerabilitätsgrenzen verhindert. Eine wirksame Auseinandersetzung mit der Krankheit kann nicht mehr entstehen. Der Patient ist nicht dazu in der Lage, ein Leben mit der Krankheit zu erlernen und so seine Ressourcen zu entwickeln. Seine 7 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Auseinandersetzung mit der Erkrankung ist geprägt von dem Gefühl der Ohnmacht; denn tatsächlich erlebt er sich ja als unterlegen und unterliegend. Seine eigenen Ressourcen werden von der Dynamik der Grunderkrankung quasi unterspült. Als Bewältigungsstrategien der schizophrenen Erkrankung machen wir uns in der Fachklinik Schloss Eichelsdorf den Ansatz der Gruppe von Lazarus (Lazarus et al., 1974; Lazarus und Folkman, 1984) zu eigen, der seinerseits die kognitiven Konzepte von Thomae einschließt: Lazarus et al. definieren Stress als Sonderform der Transaktion zwischen den Systemen „Person” und “Umwelt”. Daraus wird abgeleitet, dass Coping die Konzepte umfasst, die es dem Individuum erlauben, die Transaktion zur Umwelt mit Möglichkeiten, Forderungen und Begrenzungen wirksam zu gestalten. Im Prozess der Coping Induktion wird versucht, dem Individuum einen Überblick über sein Repertoire an Bewältigungsmitteln zu verschaffen, diese in ihrer Suffizienz auf das eigene Krankheitserleben hin zu werten und auf ihre Syntonie zum Individuum hin zu überprüfen. Folge dieses Reflexions- und Übungsprozesses ist die Erarbeitung eines stabilen und protektiven Copingrahmens, der dem einzelnen Individuum quasi auf Leib und Krankheit zugeschneidert ist. Z. B. kann es vorkommen, dass Patienten mit einer psychotischen Störung zu Beginn der Behandlung eher Gruppen mit vielen Teilnehmern meiden und statt dessen sich ins Zimmer zurückziehen. Diese werden vorsichtig angehalten statt dessen eine strukturgebende Tätigkeit im Haus (z. B. verputzen von Wänden) oder Garten (z. B. Unkraut entfernen) zu übernehmen und dafür einzig in einem abgegrenzten Bereich verantwortlich zu sein. Wir begreifen hier diese Auseinandersetzung mit der Erkrankung als einen andauernden Prozess, der bereits vor Therapieantritt beginnt und mit diesen prästationären Erfahrungen, Frustrationen und Befähigungen die therapeutische Arbeit der Klinik bestimmt. Dieser Copingprozess setzt sich auch nach Beendigung der Behandlung fort, wenn das erübte Handeln unter den Gegebenheiten der Realwelt zu neuen Erfahrungen führt. Diese für jeden psychotisch Erkrankten gültigen Prinzipien sind für einen Patienten, der gleichzeitig einen Substanzgebrauch, Substanzmissbrauch oder gar eine Abhängigkeit aufweist, Vorraussetzung. Fazit Die Behandlung von Patienten mit Doppeldiagnosen erfordert eine besondere Therapieplanung und eine hohe Individualisierung des Therapieprozesses. Die Therapiestandards müssen indikationsorientiert ausgewählt und modifiziert werden. Sie sind dem Belastungsniveau der Patienten, dem Rehabilitationsziel und der gewählten Problembeschreibung anzupassen. Die Notwendigkeit der Entwicklung und Etablierung eigener Konzepte an der Schnittstelle von Substanzmissbrauch und Psychose wurde immer drängender. Dabei war besonders zu beachten, dass die doppelte Erkrankung probate Behandlungsstrategien (grob gesagt: Schonung und Psychiatrie für Psychose, Konfrontation und Aktivierung durch Arbeit und Ergo für „Süchtige“) jeweils verstellt und behindert. So begrenzt die schizophrene Erkrankung die Konfrontationsfähigkeit des Patienten, die Suchterkrankung wiederum verstellt einen eigenverantwortlichen Umgang mit Medikamenten, sonst ein probates Ziel der Rehabilitation von psychisch Erkrankten. 8 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Bei dieser Problemkonstellation fällt dem Patienten eine wichtige Rolle zu. Die Frage der Compliance wird ergänzt durch die nach dem Coping. Zu favorisieren ist eine ressourcenorientierte Vorgehensweise. Dabei wird erkennbar, dass eine weitgehend aktive Haltung des Betroffenen im Umgang mit seiner Krankheit und mit ihren auslösenden Faktoren eine Chronifizierung vermeiden hilft. Mit dem Vulnerabilitäts - Stressmodell ist ein robustes und gut verständliches Erklärungsmodell für die Entstehung schizophrener Symptome geschaffen worden, das von schizophren Erkrankten zumeist gerne angenommen und in der Regel akzeptiert wird. Dadurch wird dem Patient ein Instrumentarium in die Hände gelegt, seine Erkrankung mit den noch vorhandenen Ressourcen und Stärken zu steuern. Er wird aus der passiven Rolle des Patienten in die aktive und verantwortungsvolle Rolle des Experten von sich selbst gebracht. Entsprechende Ängste und auch „Bequemlichkeiten” muss der Therapeut als solche erkennen und berücksichtigen. Ist der erste Schritt getan und erlebt der Patient zum ersten Mal, dass er viel für die Stabilisierung und Verbesserung seines Zustandes tun kann (z.B. pünktliche Medikamenten-Einnahme, Stressreduktion durch Strukturierung des Alltages etc.), sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung günstig. Umsetzung Auf der Basis des zuvor gesagten wurde bereits für das Jahr 2007 im Therapiezentrum Schloss Bettenburg (ab 2010 Fachklinik Schloss Eichelsdorf) ein spezifisches „Doppeldiagnose – Programm“ entwickelt und für ausgesuchte Patienten erprobt. Dieses wird in Schloss Eichelsdorf fortgesetzt. Der Patient, der eine komorbide Störung (i. S. einer F1/F2 Klassifizierung nach ICD-10) mitbringt, wird zwar grob in das übliche Programm soweit es geht integriert, erhält jedoch gleich zu Beginn ein speziell für ihn abgestimmtes Setting. Dieses sieht eine genaue psychiatrische und psychometrische Diagnostik vor. („Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung“ (noch in Planung), d2, LPS nach Horn, MWTB; bei Bedarf HAWIE-R). Anschließend wird ein, entsprechend dem Leistungsniveau des Patienten, angepasster Arbeitstherapieplatz ausgewählt. So muss z.B. bei einem antriebsgeminderten Patienten ein „mittlerer Serienarbeitsplatz“ zur Verfügung gestellt werden, ein desorganisierter und/oder assoziativ gelockerter Patient erhält dagegen eine reizarme Arbeitsumgebung. Hebephren Erkrankte (desorganisierte / jugendliche Form der Psychose) können zunächst ihre Desorganisation im Garten oder bei der Tierpflege „ausleben“, um im Verlauf der Behandlung zunehmend Arbeitstätigkeiten übertragen zu bekommen, die ein gewisses Grad an Organisiertheit abverlangen. Gleichzeitig wird ihnen zunächst die Teilnahme an der Gruppe freigestellt. Tägliche therapeutische Kurzkontakte um die gleiche Tageszeit von jeweils ca. 10-15 Minuten strukturieren den therapeutischen Alltag und geben Sicherheit. Zu einem späteren Zeitpunkt erhält der Patient zusätzlich ein therapeutisches Einzelgespräch a´ 50 Minuten pro Woche bei ein und demselben Therapeuten bzw.Therapeutin. Die medizinisch-psychiatrische Behandlung erfolgt neben der allgemeinen medizinischen Betreuung zwei bis drei Mal wöchentlich durch Arztvisiten und 9 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Konsultationen. In psychologischen und medizinischen Gruppen wird eingehend über medizinische und psychologische Folgen des Substanzmissbrauches und klinische Hintergründe der Sucht informiert (Psychoedukation). Möglichkeiten der Rückfallprävention und der Früherkennung rückfälligen Verhaltens werden redundant angegangen. Der Patient erhält zudem Hinweise zur Theorie der Psychoseentstehung („Vulnerabilitäts - Stress-Modell“) und der klinischen wie sozialen Prävention psychotischer Phasen. Informationen über eingesetzte Psychopharmaka und ihre Wirkungen und Nebenwirkungen schließen sich daran an. Bei hebephrenen Patienten (desorganisierte / jugendliche Form der Psychose) ist die drei Mal pro Woche stattfindende Gruppentherapie von Beginn an freiwillig, erst zu einem späteren Zeitpunkt verpflichtend („Hebephrenie - Konzept“, Löhrer 2001). Psychoedukative Gespräche und Gruppensitzungen ergänzen das Angebot. Diese umfassen u. a. die Themen: Exazerbationsprophylaxe, Sozialtraining, Medikation etc. Das Rehabilitationsziel wird bei dieser Klientel oft erst nach einer speziellen Nachsorge erreicht werden können. So stellt die Nachsorgeplanung mit einem Sozialberater ein wesentliches Element in der zweiten Behandlungsphase dar. Zu diesem Zweck bieten wir eigene „Wohnplätze für Betreutes Wohnen“ in Schweinfurt und Hassfurt an. 5.2 Patienten mit Cannabisabhängigkeit Cannabis gehört zu den hochfrequent in der BRD genutzten Drogen. Dabei nimmt die Konsumfrequenz derzeit ebenso zu (2009, 2010 gab es einen leichten Abwärtstrend) wie das Einstiegsalter im Erstkonsum abnimmt (BZgA 2010). Während man früher Cannabis-Konsum eher für unbedenklich hielt, ergeben sich derzeit eindeutige Hinweise, dass die Droge zu erheblichen neurologischen Defekten führt, die länger andauern als vom Konsument angenommen wird und eine neuropsychologischen Defekten führen kann, die auch noch nach Detoxifikation zu beobachten sind. Diese Defekte betreffen höhere kognitive Funktionen (Aufmerksamkeitsstörung, Amotivationalsyndrom). Über die Rückbildungsfähigkeit der Störungen sind derzeit noch keine abschließenden Angaben möglich. Klinische Beobachtungen und erste Forschungsergebnisse (AHG, Dr. Kunert, Klinik am Waldsee 2004) lassen uns hoffen, dass sich kognitive Funktionsstörungen durch Therapie und Training remittieren lassen. Hierzu wird ein Schwerpunkt auf die Arbeitstherapie gelegt, die mit individuellausgewählt, strukturierten Aufgaben mit steigenden Intensität ein praktisches und pragmatisches Instrumentarium in Händen hat. Da die Erlangung und/oder die Stabilisierung der Arbeitsfähigkeit ein Hauptziel darstellt, greifen o. b. Maßnahmen reibungslos ineinander. Dazu werden Praktika in unseren zentrumseigenen Werkstätten und Termine mit den „ARGEN“ und „Jobcentern“ verpflichtend durchgeführt, die unsere Klienten begleitet wahrnehmen. 5.3 Patienten mit ADHS und ADHS im Erwachsenenalter Ein großer Teil der Patienten/Klienten bringt eine F90.0 Störung mit, die entsprechend gezielt behandelt werden muss. Hierbei wird eine medikamentöse Behandlung in den 10 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Vordergrund gestellt, die mit angepassten Arbeits – ,Sport- und psychotherapeutischen Maßnahmen flankiert wird. 5.4 Patienten mit Methamphetaminabhängigkeit Seit 2008 verzeichnen wir ein erhöhtes Vorkommen von Methamphetamin- (Christal-) abhängigen (Bundeskriminalstatistik 2009) in Franken. Auch unserer Klientel bemerken wir eine starke Erhöhung der Christalabhängigen, so dass die Anzahl der Amphetaminabhängigen längst die Zahl der Opiatabhängigen überholt hat. Wir sehen uns mit einer neuen Klientel konfrontiert, die andere Voraussetzungen zur Behandlung mitbringen und Anforderungen an das therapeutische Vorgehen stellen. Hierbei werden ein hoher Anteil an edukativen Maßnahmen auch i. S. von „Nachbeelterung“ nötig. 5.4.1 Forschung und Behandlung Methamphetamin-Abhängiger Erfordert die Behandlung "Christalabhängiger" ein besonderes Konzept oder ist es ausreichend Behandlungskonzepte anzupassen, die sich seit Jahren für die Behandlung Abhängiger bewährt haben? Psychoedukation, Strukturgebung, Lernen am Modell, Verhaltensmodifikation, kognitive Umstrukturierung, Umgang mit Stress und negativen Emotionen u. v. m., haben sich in modernen, individuell geprägten Suchttherapiekonzepten bewährt. Diese Therapiebausteine zielen in erster Linie auf die Beziehung zwischen Patient und Therapeut, die als Arbeitsteam am Ziel der Besserung des Allgemeinzustandes des Abhängigen arbeiten. Darüber hinaus, kann die neue Methamphetaminwelle mit entsprechenden Störungen physiologischer als auch psychologischer Art, Anpassungen an Therapie und Diagnostik erfordern. Blinder Aktionismus ist nicht angebracht. Vor jeder Behandlung sollte eine gründliche Diagnostik stehen. Die Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (Tap) als probates Mittel, wurde seit Q1/14 speziell für diese Art Klientel als Diagnostikum in der FK Schloss Eichelsdorf eingeführt. Aufschlussreich werden die Vergleiche mit den Defiziten von Konsumarten (z.B. Cannabis) und bei Polytoxikomanen sein. Bei Methamphetaminabusern in ausreichender n-Zahl, versprechen wir uns neue Erkenntnisse für Forschung und Therapie. 5.5 Kontraindikationen Für die Behandlung bedarf es der allgemeinen Rehabilitationsfähigkeit, die ärztlicherseits festgestellt werden muss. Darüber hinaus sind Anfallspatienten, sofern keine ausreichende medikamentöse Einstellung erfolgt ist, von der Aufnahme ausgeschlossen. Bei Tötungs – und Sexualdelikten sehen wir unter Umständen von einer Aufnahme ab. 6. Behandlungsstruktur in der Fachklinik Schloss Eichelsdorf 6.1 Eingangsphase Die Patienten werden zunächst der sog. „Motivationsgruppe“ attachiert. Eine gründliche psychiatrische, medizinische und testpsychologische Diagnostik als 11 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Grundvoraussetzung jedweder Behandlung, Beobachtung und Hilfe bei der Integration in die Therapiegemeinschaft, aber auch Adaption an das durch Haus- und Therapieordnung festgelegte Regelwerk, stehen neben der Induktion bzw. Festigung der Therapiemotivation im Vordergrund. Weitere Ziele sind hierbei: Bildung einer tragfähigen Rollenstrukturierung und Rollenverteilung (Patient – Einrichtung), die Bildung einer kooperativen Arbeitsbeziehung („therapeutische Allianz”), störungs- und erkrankungsbezogene Informationssammlung, die optimale individualisierte Gestaltung des therapeutischen Settings, Aufbau von Änderungsmotivation und vorläufige Auswahl von Änderungsbereichen, erste Ziel- und Werteklärung, erste sachliche und angepasste Auswahl der Änderungsbereiche (Therapeutische Targets). In dieser Therapiephase findet die Suchtbezogene Psychoedukation (nach Batra) statt. Diese geschieht unter Aufwendung hoher personaler Präsenz mit hochfrequenten Kurzkontakten, klaren Strukturvorgaben, aber auf der anderen Seite unter ständiger individueller Anpassung dieser Vorgaben an die krankheitsbedingten Erfordernisse des einzelnen Erkrankten. Auch seitens der Ergo – und Arbeitstherapie geht es in der Eingangsphase im Wesentlichen um die elementaren Dinge, deren Beherrschung erst die Voraussetzung für eine erfolgreiche Psychotherapie schafft. Dazu gehört z.B. das Erlernen und Einüben von Körperpflege, Wohnraumpflege und Pflege bzw. Reinigung der Kleidung (z. B. durch unseren „Waschmaschinenführerschein“). Pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz, Pauseneinhaltung werden genauso eingeübt und eingefordert wie höfliches Benehmen. Außerdem wird hier durch eine optimale Modifikation der Pharmakotherapie oft erst die Voraussetzung für eine erfolgreiche Psychotherapie geschaffen. In der Motivationsgruppe durchläuft der Patient bei einem hoch strukturierten Tagesablauf alle diagnostischen Operationen, die zur Planung des weiteren rehabilitativen Vorgehens nötig sind. Diese können umfassen: Strukturierte medizinische, psychologische und psychodynamische Anamnese Körperliche Untersuchung, neurologische Untersuchung Neuropsychologische Untersuchungen (MWTB, LPS, d2, Skid, TAP (bei Mathamphetaminabh. Und bei Bedarf), Symptom-Checkliste SCL-90-R) Körperlich sportliche Feststellung der Fitness Berufseignungsuntersuchung (bei Bedarf in der Ergo- und Arbeitstherapie) Bestimmung allgemeinen schulischen Wissens (in Planung) Die diagnostischen Maßnahmen sind so aufeinander abgestimmt, dass noch vor Ende der Aufnahmephase eine differenzierte Zustandsbeschreibung des Störungsbildes des Patienten möglich ist. In Gruppen erfolgt die Förderung der Abstinenzmotivation. Zur Förderung der feinmotorischen Fertigkeiten, der allgemeinen Gesundheit und zum körperlichen Ausgleich wird mehrmals in der Woche Sport angeboten. Wobei es hierbei Pflichtangebote und Freiwilligenangebote gibt. Daneben können sich Patienten in ihrer 12 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Freizeit in Sportvereinen aus der Umgebung sportlich betätigen (Kickboxen, Fussball, Volleyball, Laufen etc.). Unsere Patienten wechseln in der Regel nach 3-4 Wochen in die Kerntherapie. 6.2 Kerntherapie Mit dem Übergang in die Kerntherapie, i. d. R. nach vier Wochen, werden eine detaillierte Verhaltensanalyse und ein funktionales Bedingungsmodell erstellt. Anschließend werden zusammen mit dem Patienten therapeutische Ziele konkretisiert, Maßnahmen und spezielle Methoden ausgewählt und durchgeführt. Durch ständige Evaluation therapeutischer Fortschritte in den persönlichen Kontakten mit den Patienten als auch in psychologischer und psychiatrischer Supervision im Gesamtbehandlungsteam wird eine kontinuierliche Kontrolle des therapeutischen Prozesses gewährleistet. Für Komorbide werden spezielle Indikationsgruppen durchgeführt. So können sie neben den drei Mal in der Woche stattfindenden gruppentherapeutischen Sitzungen, spezielle Angebote für Patienten mit Sucht und Psychose, Sucht und Persönlichkeitsstörungen (z. B. nach Linehan für BPS), Sucht und Depression (z.B. nach Beck) besuchen. Das indikative Angebot wird komplettiert durch Entspannungstraining nach Jakobson (nicht für Psychotiker), Training sozialer Kompetenzen/Aggressionstraining, Frauen - und Männergruppen, Stressbewältigung. Eine Genuss - und Lebensfreude-Gruppe nach Lutsch & Koppenhöfer ergänzt bei Bedarf das Angebot. In der Hausordnung wird das Zusammenleben grundsätzlich geregelt. Der Konsum psychoaktiver Substanzen ist verboten und kann zur Entlassung führen. Gewaltanwendung und Gewaltandrohung sind streng verboten und können auch zur Entlassung führen. Die Einnahme von Medikamenten ist ohne Absprache untersagt. 6.2.1 Gruppentherapie Die Grundstruktur der Therapie richtet sich nach dem Bezugstherapeutenmodell. Jeder Patient hat für eine vorbestimmte Zeit einen Bezugstherapeuten oder eine Bezugstherapeutin. An ihn wendet er sich in allen Angelegenheiten. Bei sozialen Belangen wird der Patient auf den Sozialdienst verwiesen. Der Bezugstherapeut des Patienten hat die therapeutische Richtlinienkompetenz. Alle anderen Teammitglieder und sonstigen Mitarbeiter (auch der med. Dienst) arbeiten ihm zu. D. h. ihm werden alle Informationen zugetragen, er hat die Aufgabe Informationen zu sammeln, zu erheben, zu dokumentieren und in den Fallvorstellungen mit Hilfe der Akten vorstellig zu halten. Hierbei (in den Fallvorstellungen, alle 6 Wochen) stellt er kurz und prägnant den Patienten mit Behandlungsdiagnose (Verhaltensanalyse) vor. Auf Grund dessen wird das Behandlungsziel für die gesamte Behandlungszeit und auf die jeweiligen Unterziele herunter gebrochen. Bei Wiedervorstellung wird die Zielerreichung eingeschätzt und neue Teilziele werden benannt. 13 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Eine weitere Grundstruktur der Behandlung ist das Modell der Eigenverantwortung. Unsere Patienten werden angehalten, alltägliche Angelegenheiten in Eigenverantwortung zu organisieren. Therapeutisch wird bei Abweichungen und Auffälligkeiten eingegriffen. So werden s. g. „Verantwortliche“ ausgewählt, die für eine bestimmte Zeit ein herausragendes Amt (z. B. Regelverantwortlicher) bekleiden. Die Mehrverantwortung erfordert auch ein erhöhtes Maß an Disziplin und Struktur. So eröffnen sich im laufe eines Amtes neue Themen, die der Patient mit seinem Bezugstherapeuten zu bearbeiten hat. Die Gruppentherapie als Grundbaustein einer jeden Suchttherapie (Zielke, 1993) wird als Instrument einer weit individualisierten, der jeweiligen biografischen und krankheitsspezifischen Situation angepassten Behandlung angesehen. Dies gilt insbesondere bei der verhaltenstherapeutischen und -medizinischen Arbeit mit jungen Menschen und bei der verhaltenstherapeutischen Behandlung von familiären Systemen. In der Arbeit mit Psychoseerkrankungen (gleiches gilt für die Arbeit mit Depressiven) muss in der Gruppe stets die Dynamik der Grunderkrankung jedes Patienten berücksichtigt werden. Die psychopathologische Diagnostik und Befunderhebung sowie eine verhaltensorientierte Prozessdiagnostik sind daher ebenfalls Aufgabengebiete jedes Therapeuten in unserer Fachklinik. Konfrontative Elemente müssen von den Gruppentherapeuten so souverän gehandhabt werden, dass die Gruppe den Patienten dennoch Schutz und Rückzugsraum gewährt. Bei hohen Belastungen kann auch die temporäre Befreiung eines Patienten von der Gruppentherapie sinnvoll und notwendig sein. Erst im Laufe der Zeit und mit wachsender Vertrautheit können aufdeckende, im Einzelfall auch analytische Fragestellungen hinzukommen. Dem verstärkerorientierten Ansatz kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. So können Patienten für besondere Leistungen oder auch nur für Bemühungen „Belobigungen“ erhalten, die sie bei Freizeitaktivitäten gegen geldwerte Leistungen „eintauschen“ können. Außerdem werden Patienten mit „Belobigungen“ denen ohne, bei platzbegrenzten Angeboten, vorgezogen. Belobigungen können alle Patienten erhalten, auch diejenige, die sich sonst undiszipliniert zeigen. Die Gruppentherapie wird ergänzt durch eine Einzeltherapie, in der den Bedürfnissen des Einzelnen individueller Rechnung getragen werden kann. Die Bearbeitung konflikthafter und traumatischer Erlebnisse, die Konfrontation mit inadäquaten Verhaltensweisen und die Adaption an Stress sind besonders Themen der Einzeltherapie. Einzel- und Gruppentherapie werden im Behandlungsteam unter psychologischer Leitung eng aufeinander abgestimmt. Ziel dieses engen Informationsaustausches ist es, die gewünschten Verhaltensänderungen beim Patienten genau zu lokalisieren und in kleine, überschaubare und dem Störungsbild angepasste Schritte zu operationalisieren. Diese Veränderungsschritte müssen für den Patienten sowohl kognitiv wie anschaulich erfahrbar und leistbar sein. Ein individueller Behandlungsplan, der durch diagnostische 14 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Maßnahmen (Psychotherapiezieleblatt und Eingangstestungen) zusammen mit dem Patienten herausgearbeitet wird, bildet die Grundstruktur der Behandlung. Ergänzend zu der Arbeit mit Patienten wird auf seine jeweiligen Bezugssysteme eingegangen. Wir bieten regelmäßig – wenn gewünscht – Famliengespräche mit Eltern, Geschwistern und anderen Verwandten an. Ebenso besteht die Möglichkeit, Paargespräche zu führen. Wir bieten dies ebenso für externe Partner an, als auch für Paare, die gemeinsam in unserer Fachklinik eine Entwöhnungsbehandlung durchführen. Für den Patienten muss als Ergebnis eines interkollegialen Austausches deutlich werden, dass zwischen den Behandlern Transparenz bezüglich des Vorgehens herrscht und ihm Empathie entgegengebracht wird. 6.3 Endphase/Adaptionsphase Die Endphase der Behandlung fokussiert die Stabilisierung und den Transfer therapeutischer Fortschritte. Das Ausblenden und vorsichtige Lösen aus der therapeutischen Beziehung geht mit häufigeren Kontakten zu beratenden Sozialarbeitern einher und hat die Hinwendung zu weniger protektiven Lebensbedingungen unter Berücksichtigung des psychosozialen und sozialmedizinischen Funktionsniveaus zur Folge. So können Patienten die letzten Wochen der Behandlung in unseren Adaptionsbereich umziehen. In einem Haus mit ca. acht Wohnplätzen, 2 km vom Haupthaus entfernt, bereiten sich unsere Patienten auf die Entlassung vor. Parallel nehmen sie an Praktika bei ortsansässigen Betrieben teil, um eine möglichst realistische Lebensstruktur wieder einzuüben. Kontrolle und therapeutische Begleitung wird hierbei gewährt, dabei wird die intensive Psychotherapie zugunsten bedarfsgerecht eingesetzter stützender Maßnahmen reduziert. Ein Wechsel in eine eigene Adaptionsgruppe ist nicht vorgesehen, unsere Patienten verbleiben in der „alten“ Kerngruppe. Durch die Zieleveränderung wird die Adaptionsphase eingeleitet. 6.4 Arbeitstherapie Die psychotherapeutischen und pharmakologischen Maßnahmen werden durch eine breite Fächerung handlungsorientierter Arbeitstherapien ergänzt. Die Auswahl der Techniken richtet sich dabei nach den klassischen Handwerksbetrieben, die in der Region und in den einrichtungseigenen „Königsberger Werkstätten“ vertreten sind (Schreinerei, Metallwerkstatt, Gartenbau, Tierhaltung, Großküche, Gastwirtschaft/Hotel). Eine breite Berücksichtigung finden insbesondere die Arbeiten für den täglichen Lebensbedarf (Küche, Hauswirtschaft, Hausmeisterei etc.), wo der unmittelbare Zusammenhang zwischen Bedarf, Arbeit und Erfolg sichtbar und damit erfahrbar wird. Viele der Patienten leiden unter dem Verlust des „intentionalen Spannungsbogens“. Lange Konzentrationszyklen sind ihnen daher nicht oder nur schwer möglich. Ihre Erfahrungen sind zudem oft durch eigene Insuffizienz geprägt. Wichtig ist es daher, Bedarf und Arbeit eng aufeinander abzustimmen. Auch die Arbeit ist in so überschaubare Schritte zu gliedern, damit Suffizienzerfahrungen für die Betroffenen möglich werden. Ein wichtiges Anliegen der handlungsorientierten Therapie ist das Erlernen eines Stress-Managements bei der Arbeit. Dabei muss der einzelne Patient zunächst die für 15 Fachklinik Schloss Eichelsdorf ihn situativ und subjektiv entscheidenden Stressoren (Termindruck, Lautstärke, räumliche Nähe zu Mitpatienten, Arbeit mit einem unbeliebten Mitpatienten in derselben Werkstatt etc.) erkennen und benennen. Die Möglichkeit, verschiedene Arbeitsplätze auszuprobieren, erlaubt so einerseits in kritischen Situationen den planmäßigen Rückzug (z.B. durch eine die Vereinzelung fördernde, protektive, jedoch fachkundig beaufsichtigte, lärmfreie und nicht zeitgebundene Arbeit im Garten bei einer psychischen Krise). Andererseits ist für das therapeutische Team die Möglichkeit gegeben, eben diese Stressoren maßvoll dosiert einzusetzen, z.B. indem der Patient nur einem identifizierten Stressor für begrenzte Zeit unter sorgfältiger Beobachtung des Arbeitstherapeuten ausgesetzt wird. Die enge Rückkopplung zwischen Gruppen- und Einzeltherapie, psychiatrischer Behandlung und Arbeitstherapie ist hierfür unablässige Voraussetzung. Die Arbeitstherapie stellt so den wirksamen Übungsraum für die berufsbezogene Rehabilitation dar. Die auf Funktionsniveau (ICF) basierte Diagnostik (BORA-Zielgruppeneinteilung und Beurteilungsbogen-BORA) evaluiert die erstellten und erreichten Ziele laufend. Jeder Patient wird zu Begin der Behandlung nach BORA eingeteilt, daraus ergeben sich individuelle Ziele, die zusammen mit den Patienten erstellt, angegangen und verfolgt werden. 6.5 Freizeittherapie Das Erlernen einer sinnvollen, freudvollen Freizeitaktivität ist ein Kernpunkt unserer Behandlung. Durch mannigfaltige Angebote erhalten unsere Patienten die Möglichkeit, sich ein adäquates Freizeitverhalten aufzubauen. Neben dem Pflichtsport (Walken, Jogging, Schwimmen, Volleyball oder Fußball) gibt es eine Reihe von Wahlmöglichkeiten (Kanufahren im Sommer, Airbrushing, Malen, Klettern, Kraftsport, Kickboxen u.v.m.), um das i. d. R. vernachlässigte Freizeitverhalten der Patienten zu fordern und zu fördern. Hierzu bieten sich umfangreiche Freizeitangebote in der Umgebung an. So werden z.B. regelmäßig Wanderungen und Klettertouren in den Hassbergen unternommen, im Sommer Kanufahrten am Main oder wir besuchen schon mal die Eissporthalle in Hassfurt zum Schlittschuhlaufen oder das Freizeitbad. Regelmäßige Hausausflüge stärken den Zusammenhalt in den Gruppen und lassen uns selber unsere Patienten in einem anderen Kontext erleben. Über unser Freizeitangebot können sich Patienten wieder neu erleben; sie haben Kraft, die zum sinnvollen Einsatz kommt, sie spüren Mut bei schwierigen Aktionen und sie erleben sich mit einem Gruppenziel als Teil des Ganzen. Seit 2013 bieten wir speziell für jüngere Patienten Freizeitgruppen an. Diese werden an den Wochenenden z. T. verpflichtend angeboten, um der Tendenz sich bei Langeweile ins Zimmer und ins Bett zurück zu ziehen entgegen zu treten. Gleichzeitig bietet eine sinnstiftende Freizeitaktivität in einer Gruppe Gleichaltriger ein Gegenmodell zum destruktiven Einfluss einer Peer-Group mit permissiven Umgang - und Akzeptanz zu Drogen und Alkohol. 16 Fachklinik Schloss Eichelsdorf 6.6 Sozialdienst und Sozialberatung Dem Sozialdienst kommt im Rahmen der Rehabilitation eine Schlüsselrolle zu. Die meisten Patienten kommen mit einer Fülle ungeklärter Sachverhalte in unsere Einrichtung. Oft sind im Kontext der Drogenabhängigkeit soziale Schieflagen juristischer oder finanzieller Art entstanden, die einer erfolgreichen Wiedereingliederung im Wege stehen. Sozialdienstliche Leistungen werden daher von Anfang an erbracht und als fester Bestandteil in den Behandlungsplan aufgenommen. Dies können im Einzelnen sein: Klärung kostenrelevanter Angelegenheiten (Taschengeld, Übergangsgeld, Kleidergeld) Klärung versicherungsrechtlicher Angelegenheiten (Krankenkassen, Wiederaufnahmen, Übernahme medizinisch notwendiger Zusatzbehandlungen) Klärung arbeitsrechtlicher Angelegenheiten (Arbeitsämter, Ansprüche, bisherige Arbeitgeber) Klärung juristischer Angelegenheiten (offene Verfahren, Bewährungsauflagen, Ausländerrecht, drohende Ausweisung) Unterstützung im Kontakt mit Ämtern und Behörden Unterstützung bei Wohnungsfragen (Wohnungsauflösungen, Probleme mit Vermietern) Schuldenberatung (ggf. Vermittlung zu einer externen Schuldnerberatung) Interventionen in diesem Bereich sind oft dringend und bedürfen gleichzeitig umfassender Einsicht in die Gesamtlage des Betroffenen. Daher wird gleich zeitnah eine ausführliche sozialdienstliche Erhebung mit dem Patienten durchgeführt. Ungeregelte Schulden, offene Verfahren, unklare Anspruchslage bzgl. Umschulungen am Ende einer Therapie sind prognostisch ungünstig. Eine möglichst gute Regelung und hohe Transparenz der Gesamtlage werden deswegen bei jedem Patienten angestrebt. Dabei ist vorrangiges Ziel nicht, dem Patienten seine Belastungen abzunehmen, sondern ihn selbst soweit kompetent zu machen, dass er seine Dinge während der Therapie (mit Unterstützung) und danach (selbständig) regeln kann. 6.7 Nachsorge/Nachbetreuung In unserer eigenen Nachsorgebetreuung können Patienten bei entsprechendem Bedarf sowohl einen Nachsorgeplatz als auch einen Platz im „betreuten Wohnen“ erhalten. Hierzu unterhalten wir in den Nachbarstädten Hassfurt und Schweinfurt drei Wohnungen mit insgesamt neun Plätzen. Eine Vollzeitkraft (Dipl. Soz. Päd.) ist eigens dafür zuständig und verantwortlich. 6.8 Eigene Lehrwerkstätten Die Königsberger Werkstätten führen Berufsausbildungen im Rahmen der Benachteiligtenförderung (BÜE, BaE) seit 1977 in von der Industrie- und Handelskammer bzw. Handwerkskammer anerkannten Berufsabschlüssen Industriemechaniker, Metallfachwerker, Schreiner und Holzwerker durch. Das Angebot 17 Fachklinik Schloss Eichelsdorf richtet sich an Absolventen der Rehabilitationsbehandlung in der Fachklinik Schloss Eichelsdorf in Hofheim/Unterfranken und an junge Menschen aus der Region Schweinfurt und Hassfurt. Unser neu entwickeltes Konzept „AvA“ (Aktivierung von Arbeitssuchenden) erweitert unser Angebot in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter Hassfurt.# Die Ergebnisse hinsichtlich des Kriteriums „Wiedereingliederung in das Erwerbsleben“ nach erfolgreicher Beendigung einer vollständigen Berufsausbildung sind deutlich besser als die Ergebnisse von ehemaligen Klienten, die ohne Berufsausbildung und ohne die von uns im Anschluss an die Rehabilitationsbehandlung angebotene Berufsausbildung den beruflichen Neuanfang in die Wege leiteten. Unsere Untersuchungen belegen, dass Klienten mit einer speziellen Förderung zur Berufsausbildung um 25% bessere Eingliederungserfolge vorweisen. In den Jahren seit Bestehen der Werkstätten erlangten ca. 300 ehemalige Klienten und junge Erwachsene aus der näheren Umgebung eine abgeschlossene Berufsausbildung in den Bereichen Holz und Metall. Die dort absolvierte Ausbildung genießt bei umliegenden Betrieben ein hohes Ansehen. Mit Stolz können wir berichten, dass alle unserer Ausbildungs- und Umschulungsteilnehmer (bis 2013 100%) nach erfolgreichem Abschluss einen festen Arbeitsplatz erhalten haben. Neben der Vermittlung der jeweiligen berufsbezogenen Kenntnisse und Fertigkeiten stellen wir uns mit pädagogisch qualifizierten Mitarbeitern auf die besonderen psychosozialen Erfordernisse unserer Auszubildenden durch eine Reihe zusätzlicher Angebote ein: Förder - und Stützunterricht Begleitung und Krisenintervention Angepasste Ausbildungsdidaktik Praxis- und kundenorientierte Ausbildung Zielgruppe: (Voraussetzungen gem. §§ 240 – 247 SGB III ) Junge Menschen mit Lernbeeinträchtigung Un- und Angelernte Sozial Benachteiligte Junge Menschen mit Migrationhintergrund Jugendliche, denen die Aufnahme einer Ausbildung nicht gelungen ist 6.9 Psychiatrische Einbindung Eine optimale medizinisch-psychiatrische Versorgung unserer Patienten wird durch drei Fachärzte gewährleistet. Gleichzeitig besteht eine enge Kooperation während der gesamten Behandlung mit der Bezirksklinik Schloss Werneck. 18 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Patienten können dort vor Aufnahme entgiftet, diagnostiziert und medikamentös eingestellt werden. Laufende Visiten erfolgen in der Fachklinik, gegebenenfalls aber auch in der Bezirksklinik Schloss Werneck durch den dort auch tätigen leitenden Arzt der Fachklinik Schloss Eichelsdorf. Im Krisenfall ist eine sofortige Aufnahme in der Bezirksklinik gewährleistet wie auch eine ständige Erreichbarkeit der Ärzte der Einrichtung. 6.10 Kinderhaus In der Fachklinik Schloss Eichelsdorf können Kinder von Patienten aufgenommen werden. Eltern und Kinder wohnen während ihrer Behandlung zusammen in extra eingerichteten Zimmern mit Spiel - und Rückzugsmöglichkeiten. Die Kinder werden tagsüber durch Heilpädagogische (3 Stellen) Kräfte von 08:00 16:00 Uhr im Kinderhaus/Kindergarten betreut. Es ist auf eine durchschnittliche Belegung von 7 Kindern ausgelegt. Aufgenommen werden Kinder im Alter zwischen 5 Tagen und 14 Jahren. Schulpflichtige Kinder besuchen die Schule in Hofheim. Für die Aufnahme der Kinder ist eine entsprechende Kostenzusage (als Begleitperson) des Leistungsträgers der Eltern oder des entsprechenden Jugendamtes nötig. Neben der einfachen Betreuung bieten wir „Eltern-Kind-Arbeit“, „Elterngesprächsgruppen“, „heilpädagogische Spielbehandlung“, „Hausaufgabenhilfe“ für schulpflichtige Kinder, „Spieletraining“, „Elterntraining“ und „Freizeittraining“ an. 6.11 Vorgehen in Krisen In der Behandlung Drogenabhängiger kommt es regelmäßig zu schweren Krisen, in denen wir uns mit der Frage konfrontiert sehen, die Behandlung abzubrechen oder sie unter anderen Vorzeichen fortzusetzen. Die häufigste Krise hierbei ist der Rückfall mit psychotropen Substanzen. In unserer Einrichtung haben wir ein Vorgehen entwickelt, welches es uns und dem Patienten ermöglicht, das Beste aus der Krise zu gewinnen. Wie wir mit Krisen und Problemen als Institution umgehen dient, i. S. v. „Lernen am Modell“, den Patienten als Beispiel für eigene Problemlöseheuristiken. Gemäß Problemlöseansätzen (vergl. hierzu Dörner, 1995) ist zu Beginn des Lösungsprozesses eine „Entschleunigung“, ein sich „Zurück lehnen und Betrachten“, vorrangig. Rückfällig gewordene Patienten werden zunächst von anderen getrennt. Sie verbleiben in ihren Zimmern und werden nur von ihren „Patenpatienten“ und ihren Bezugstherapeuten betreut. Am nächsten Tag findet morgens eine Hausversammlung oder Großgruppe statt, in der alle Patienten und alle Therapeuten teilnehmen. In diesem Kreis berichtet der Patient ausführlich über den Hergang der Krise bzw. des Rückfalles. Anschließend findet eine Krisenkonferenz statt, in der der Klinikleiter, der jeweilige Bezugs-, Arbeitstherapeut und ein „Neutraler“ aus dem Team teilnehmen. Hierbei wird das weitere Vorgehen besprochen und entschieden. Darf der Betroffene bleiben, muss eine Modifikation der Behandlung geplant und umgesetzt werden. Hierzu wird nicht nur der Betroffene in die Pflicht genommen, sondern ebenso das Therapeutenteam. In der Regel erhält der Patient, wenn die Behandlung fortgesetzt wird, neben Sanktionen (z. B. zeitlich begrenzte Kontaktsperre) gezielte Einzelsitzungen mit vorher bestimmter Thematik. 19 Fachklinik Schloss Eichelsdorf 6.12 Kombibehandlung Wie bieten eine Kombinationsbehandlung an, wie sie im gemeinsames rahmenkonzept der DRV und der ges. Kr. Versicherung zur Kombinationsbehandlung in der med. Rehabilitationsbehandlung Abhängigkeitskranker vom 14.11.14 beschrieben ist. Nach der Aufnahme wird ein modifizierter Behandlungsplan für den Rehabilitanden erstellt und gemeinsam besprochen. Der Rehabilitand erhält den Plan in schriftlicher Form. 7.0 Tagesplanung Patienten (Beispiel) 7:00 Frühsport (3x / Woche) 7:40 Anwesenheitskontrolle (Mo - Fr) 7:45 Frühstück (Mo - Fr) 8:15 Morgenrunde (Mo - Fr) 9:00 Arbeitstherapie (Mo - Fr) 12:00 Mittagessen (Mo - So) 14:00 - Gruppentherapie (Mo, Mi, Fr) Sport Ergotherapie Indikativ /Freizeitgruppe (Di, Do) z.B. Frauengruppe, Aggressionsgruppe, Psychoedukation, Training sozialer Kompetenzen, Freizeitgruppe für junge Klienten, Tai-Chi etc. 18:00 Abendessen 19:30 Anwesenheitskontrolle 23:25 Bettruhe An den Wochenenden unternehmen Patienten regelmäßig geführte Freizeitaktivitäten, z. B. Kanufahrten, Klettern, Wandern, Rodeln etc. Tagesplan Therapeuten (Beispiel): 8:00 Übergabe 8:15 Morgenrunde 9:00 Arbeitstherapie 13:00 Arbeitsbeginn Spätdienst 20 Fachklinik Schloss Eichelsdorf 14:00 Gruppentherapie (Mo, Mi, Fr) 15:30 - 16:00 Team/Übergabe 16:00 Arbeitsschluss für den Tagdienst 21:00 Ende Spätdienst/Beginn Nachtdienst 8. Weiterbildung, Weiterentwicklung, Qualitätssicherung Zur dauerhaften Implementation dieses Ansatzes sind ständige Fortbildungen der Mitarbeiter, externe Supervision und interne Fallsupervision von dringender Bedeutung. Die externe Supervision findet ein Mal im Monat für jeweils drei bis vier Stunden durch einen externen anerkannten Supervisor statt. Die interne Supervision wird durch regelmäßige Falldarstellungen und Diskussionen mit allen für den Patienten relevanten Therapeuten durchgeführt. Zusammen mit den ärztlich geführten Indikationskonferenzen (1 Mal/Woche) garantieren wir eine enge therapeutische Verfolgung, die uns erlaubt, Fehlverläufe rechtzeitig zu bemerken und korrigierend einzugreifen. Die psychiatrische Einbindung erfolgt weiterhin in engster Kooperation mit der Bezirksklinik Schloss Werneck. Patienten werden in der Regel dort vor Aufnahme in die Rehabilitation diagnostiziert und medikamentös eingestellt. Laufende Visiten erfolgen im Haus, gegebenenfalls aber auch in dem psychiatrischen Krankenhaus Schloss Werneck durch den dort auch tätigen leitenden Arzt der Fachklinik Schloss Eichelsdorf. Durch verbandsweite, aber auch externe Fortbildungen erhöhen wir stetig unsere Qualität. Der „bwlv“ bietet regelmäßig Inhouse-Fortbildungen an, daneben eine Reihe von spezialisierten Fortbildungen in Therapieverfahren für Teams. In der Qualitätssicherung orientieren wir uns an standardisierten Qualitätskriterien wie sie in der ISO 9001:2008 und BAR beschrieben werden. 2011 erfolgte die Zertifizierung durch DQS nach BAR und ISO. Die Königsberger Lehrwerkstätten konnten ebenfalls schon das Zertifikat der DQS nach ISO 9001:2008 und AZWV erlangen. 21 Fachklinik Schloss Eichelsdorf 9. Foschung in der FK Schloss Eichelsdorf Erfordert die Behandlung "Christalabhängiger" ein besonderes Konzept oder ist es ausreichend Behandlungskonzepte anzupassen, die sich seit Jahren für die Behandlung Abhängiger bewährt haben? Psychoedukation, Strukturgebung, Lernen am Modell, Verhaltensmodifikation, kognitive Umstrukturierung, Umgang mit Stress und negativen Emotionen u. v. m., haben sich in modernen, individuell geprägten Suchttherapiekonzepten bewährt. Diese Therapiebausteine zielen in erster Linie auf die Beziehung zwischen Patient und Therapeut, die als Arbeitsteam am Ziel der Besserung des Allgemeinzustandes des Abhängigen arbeiten. Darüber hinaus, kann die neue Methamphetaminwelle mit entsprechenden Störungen physiologischer als auch psychologischer Auswirkungen, Anpassungen an Therapie und Diagnostik erfordern. Blinder Aktionismus ist nicht angebracht. Vor jeder Behandlung sollte eine gründliche Diagnostik stehen. Die Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (Tap) als probates Mittel, wird ab Q1/14 speziell für diese Art Klientel als Diagnostikum in der FK Schloss Eichelsdorf eingeführt werden. Aufschlussreich werden die Vergleiche mit den Defiziten anderer Substanzen (z.B. Cannabis) und bei Polytoxikomanen sein. Erstmalig bei Methamphetaminabusern in ausreichender n-Zahl, versprechen wir uns neue Erkenntnisse für Forschung und Therapie. 10. Personalbedarf / Planung Um eine umfassende fachspezifische Behandlung gewährleisten zu können, benötigen wir ein Team von Mitarbeitern aus verschiedenen Berufsgruppen. Das Team besteht aus: 8 Bezugstherapeuten (Dipl. Päd. und Dipl. Psych.) für Psychotherapie 3 Arbeitstherapeuten und Ergotherapeuten für die Arbeits - und Ergotherapie, Freizeittraining 2 Sozialpädagogen für die Aufnahme und Hilfestellung bei Diagnose 1 Sozialpädagoge im Bereich Sozialarbeit 1 Sozialpädagogin im Bereich Nachsorge/Nachsorgeplanung Weiterhin beschäftigen wir zwei Sprechstundenhilfen für die Ärzte (3), 2,0 Mitarbeiter für die Verwaltung, 1 Buchhalterin, 1 Stelle Küche/Köchin. Als Honorarkräfte bzw. geringfügig Beschäftigte: 2 Sportlehrer, Nachtdienste und Fahrdienste. Die Einstellung eines/er Psychiatrie-Fachpflegers/in und eines Diplom-Psychologen (in Ausbildung zum Psychol. Psychotherapeuten) zur Versorgung von komorbiden Patienten, besonders mit einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, ist geplant. 22 Fachklinik Schloss Eichelsdorf Zur Zeit wird die medizinische Diagnostik und Versorgung durch einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie und zwei Fachärzte für Allgemeinmedizin, die mehrmals wöchentlich Konsultationen in der Einrichtung im Umfang von ca. 60.0 Std. (1,5 Stellen) durchführen, abgeleistet. Die psychiatrisch medizinische Versorgung erfolgt in enger Abstimmung mit dem psychiatrischem Krankenhaus Schloss Werneck. Gleichermaßen besteht eine enge Abstimmung zur dortigen Entgiftungsstation. Zusätzlich stehen alle Fach - und Allgemeinärzte in der Umgebung zur Verfügung, mit denen seit Jahren eine erfolgreiche und gute Kooperation besteht. Die Betreuung und Versorgung in der Nacht wird durch Nachtdienste gewährleistet. Ein Bezugstherapeut, ein Dipl. Psychologe und der leitende Arzt oder sein Vertreter haben ständig Rufbereitschaft. 23 Fachklinik Schloss Eichelsdorf 11. Literatur Dörner (1995): Die Logik des Misslingens Meyers, Robert, Smith, Jane Ellen, CRA- Manual zur Behandlung von Alkoholabhängigkeit, Psychiatrieverlag, Bonn, 2007 Jahrbuch Sucht 2007, Neuland Kanfer HF, Reinecker H, Schmelzer D (2010): Selbstmanagement Therapie. Berlin, Springer Löhrer F (2004): Sucht und Psychose. Aachen: AFV Löhrer F (1999): Ergebnisse der stationären Entwöhnung von psychotischen und nicht psychotischen Politoxikomanen - ein empirischer Vergleich. Praxis klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation 47: 18-24 Löhrer F, Soto-Löwenthal R, Tuchtenhagen F: Psychotherapie komorbider Patienten. Sucht, CIP-Medien, Heft1, 2004. Löhrer F, Tuchtenhagen FR (2003): Zur rehabilitativen Behandlung von Polytoxikomanen und komorbiden Substanzgebrauchern – sozialmedizinische und klinische Ergebnisse und Prädiktionsmöglichkeiten. Suchtmedizin 5(2): 127-131 Schaub A (1995): Bewältigungsversuche bei Wahnerkrankungen. In: Löhrer F (Hrsg.): Wahn und Wirklichkeit. Aachen: AFV. S. 123156 Stark FM, Stolle R (1994): Schizophrenie: Subjektive Krankheitstheorien - Eine explorative Studie, Teil 2: Angehörige, Psychiatrische Praxis 21:74-78, 96-100 Zielke M (1997): Wirksamkeit stationärer Verhaltenstherapie. Weinheim: Beltz, S. 48-62 Zubin J, Spring B (1977): Vulnerability - a new view of schizophrenia. J. Abnorm Psychol. 86:103-126 Lazarus et al., 1974; Lazarus und Folkman, 1984 Sucht Aktuell, Aktuelles zur Qualität der Suchtrehabilitation aus Sicht der DRV (18/01/2011) Hebephrenie-Konzept, Löhrer 2001, unveröffentlicht AWMF-Leitlinien (z. B. Fortschr, 2004) (Korrekturgelesen: Frau R. Ziegler) 24