Notfall - Landeszahnärztekammer Baden

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Notfall
I
Inhaltsverzeichnis
II Inhalte - Detailinformationen
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Notfall/Startseite
Seite 1
Inhaltsverzeichnis
1.
Allgemeines
 Definition notfallmedizinischer Versorgung
 Prophylaktische Maßnahmen
 Praxismanagement während eines Notfalls
2.
Erstmaßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der
Vitalfunktionen
 Notfallcheckliste
 Sofortmaßnahmen
3.
Diagnostik und Therapie vitaler Störungen
 Respiratorische Notfälle
 Kardiale Notfälle
 Zirkulatorische Notfälle
 Zerebrale Notfälle
 Stoffwechselentgleisung
4.
Darstellung der Herz–Lungen–Reanimation mit Handgriffen
5.
Notfallmedikamente
6.
Ausrüstung für den Notfallkoffer
7.
Erste Notfallmaßnahmen
8.
Zahnärztlicher Notfalldienst
 Einrichtung eines zahnärztlichen Notfalldienstes
 Begriff des „Zahnärztlichen Notfalls“
 Teilnahme am Zahnärztlichen Notfalldienst
 Befreiung vom Zahnärztlichen Notfalldienst
 Was unterfällt dem Zahnärztlichen Notfall?
o Allgemeines
o Blutungen
o Pyogene Infektionen
o Zahnschmerzen
 Verpflichtung zur Hilfeleistung
 Zeitlicher Umfang des Notfalldienstes
o Allgemeines
o Behandlungspflicht auch außerhalb der angegebenen
Sprechstundenzeiten
o Ausweitung des zeitlichen Rahmens des Notfalldienstes –
auch unter der Woche
 Haftungsfragen
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Notfall/Inhaltsverzeichnis
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Allgemeines
1.
Definition notfallmedizinischer Versorgung
Notfallpatienten sind alle Patienten, bei denen Störungen vitaler Funktionen vorhanden, zu befürchten
oder nicht sicher auszuschließen sind. Dies kann seine Ursache in Traumata, akuten Erkrankungen
oder Vergiftungen haben.
Die primäre Aufgabenstellung der Notfallmedizin ist die Erhaltung oder Wiederherstellung der vitalen
Funktionen wie Atmung, Herz, Kreislauf und des Elektrolythaushaltes. Wichtig ist das frühzeitige Erkennen einer drohenden Störung und die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen, wobei diese einfach, schnell und sicher durchzuführen sind. Notfalltherapeutische Maßnahmen dürfen erst nach möglichst genauer Befunderhebung eingeleitet werden, wobei diese Befunde auch dokumentiert werden
müssen. Neben diesen elementaren fachlichen Fragen sollten innerhalb der Praxis die weiteren Maßnahmen wie Überwachung, Weiterversorgung und Kommunikation mit Kolleginnen/Kollegen und Rettungsdiensten vom Assistenzpersonal eingeleitet werden. Hierzu sollte eine organisatorische Notfallcheckliste praxis-intern erarbeitet werden, die Aufgabenstellungen sollten verteilt werden, die Abläufe
besprochen und geübt sein.
Prophylaktische Maßnahmen
Lebensbedrohliche Fälle können sowohl aus einer Dekompensation bestehender Vorerkrankungen
als auch aus Komplikationen der eigentlichen zahnärztlichen Behandlungsmaßnahme resultieren.
Daraus ergeben sich Konsequenzen für die/den Zahnärztin/Zahnarzt und ihr/sein Team:

Es ist erforderlich, Patienten mit erhöhtem Risiko für eine Dekompensation einer schweren Vorerkrankung durch sorgfältige Anamnese zu identifizieren und – ggf. in Zusammenarbeit mit dem
Hausarzt - prophylaktische Maßnahmen zu treffen (Verwendung geeigneter Fragebögen –vom
Patienten unterschreiben lassen-, Beachtung der Dauermedikation); bei Patienten mit Herzschrittmachern müssen bestimmte Regeln beim Einsatz von elektromedizinischen Geräten beachtet werden.

Risikopatienten müssen während der Behandlungsmaßnahme überwacht werden, um die Entwicklung einer potentiell lebensbedrohlichen Situation frühzeitig erkennen und durch geeignete
Maßnahmen abwenden zu können (Beachtung von vegetativen Zeichen wie Schwitzen, Blässe,
Übelkeit und Schwindel).

Das Praxisteam muss auf die Notfallversorgung vorbereitet sein, insbesondere, wenn es sich
um sog. typische Komplikationen einer zahnärztlichen/oralchirurgischen Behandlung handelt.
Praxismanagement während eines Notfalles
Die Notfallsituation muss in ruhiger und geübter Weise ablaufen. Die häufig möglichen Notfälle sollten
mit dem gesamten Praxisteam geübt werden. Während der Patientenbetreuung muss parallel die
Weiterversorgung des Patienten organisiert werden. Eine Helferin hat die notwendigen Telefonate
(Notarzt, Arzt in der Nähe, Angehörige, Krankenhaus, etc.) zu führen. Weitere Patienten sollten die
Behandlungsräume verlassen. Es ist für Ruhe zu sorgen. Eine weitere Helferin hat als Springerin für
das therapierende Team zu agieren. Die/der Zahnärztin/Zahnarzt und ein/e weitere/r Helfer/in haben
die Notfalldiagnostik und -therapie durchzuführen.
Die zentrale Notrufnummer
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112
sollte am Telefon unübersehbar angebracht werden.
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Des Weiteren sollte der Alarmplan ausgehängt werden, da sich darauf alle wichtigen Informationen
gesammelt befinden.
Den Alarmplan finden Sie im PRAXIS-Handbuch „Qualitätssicherung – Anhang“ unter „Aushang – Einsichtnahme“, im Kapitel „Notfall“.
Zum Notfallmanagement gehören auch bauliche Maßnahmen. So sollte über jedem Behandlungsstuhl
ein Haken zum Einhängen von Infusionsflaschen angebracht sein. Der Notfallkoffer sollte an einer
zentralen, allen Mitarbeiterinnen bekannten, gut erreichbaren Stelle deponiert werden.
Bei den praktischen Übungen sollte neues Personal eingearbeitet werden, die Vollständigkeit der Ausrüstung mit einer Inventarliste verglichen werden und verfallene Notfallmedikamente ausgetauscht
werden.
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Notfall/Inhalte
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Erstmaßnahmen zur Erhaltung und
Wiederherstellung der Vitalfunktionen
2.
Elementare Störungen der Vitalfunktionen lassen sich durch Sehen, Hören, Riechen und Tasten feststellen. Es ist zu beachten, welche der Störungen in welchem Umfang die Vitalfunktionen beeinträchtigt und kausale Zusammenhänge sollten erkannt werden.
Notfallcheckliste

Bewusstsein
wach
ansprechbar
bewusstlos
Reaktion auf Schmerzreize

Atmung
Atemwege freimachen
Atembewegungen
Atemgeräusch
Atemrhythmus
Zyanose
Dyspnoe
Atemstillstand

Puls
-
Pulsfrequenz
Pulsqualität ( Stärke )
Hautfarbe
sichtbare Blutungen
Herzstillstand

Krämpfe

Motorik
Halbseitensymptomatik

Pupillen
Weite
Lichtreaktion
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Sofortmaßnahmen
1. Lagerung
Jeder Notfallpatient hat entsprechend seiner Diagnose gelagert zu werden. Es ist hierbei wichtig, dass
eine stabile Unterlage gewählt wird und diese frei begehbar ist. Diese Voraussetzungen können auf
zahnärztlichen Behandlungsstühlen gegeben sein. Bei notwendiger Herzmassage empfiehlt sich die
Lagerung auf dem Boden (mittels sog. Rautegriff)
Stabile Seitenlagerung
Diese Lagerung sollte bei allen bewusstlosen Patienten ohne Störung der Atmung durchgeführt werden, um die drohende Aspiration zu vermeiden.
Schocklagerung
Bei Volumenmangelschock sollten die Beine ca. 30° hoch gelagert werden, besteht keine Aspirationsgefahr, so kann zusätzlich die Kopftieflagerung eingeleitet werden.
Oberkörperhochlagerung
Bei kardialen und respiratorischen Notfällen sollte der Oberkörper ca. 45° hoch gelagert werden.
2. Freimachen der Atemwege
Den Mund öffnen und tief pharyngeal absaugen, diese Maßnahmen gegebenenfalls wiederholen. Bei
Bewusstlosen kann zusätzlich ein Oropharyngealtubus nach Guedel eingelegt werden.
3. Sauerstoffzufuhr
Bei jedem Notfallpatienten sollte eine Sauerstoffzufuhr z. B. über eine Beatmungsmaske mit einem
Mindestflow von 4 l/min. erfolgen (Ausnahme bei Hyperventilation).
4. Blutstillung
Jede arteriellblutende Wunde sollte mittels Kompressionsverband versorgt werden oder das blutende
Gefäß zeitweise unterbunden werden.
5. Venöser Zugang
Bei jedem Notfallpatienten sollte versucht werden, einen periphereren venösen Zugang zu legen. Dies
vorzugsweise am Unterarm oder Handrücken mit einer großvolumigen Plastikverweilkanüle.
6. Infusionen
Basislösung für alle Notfallpatienten ist die Ringer-Lactat-Infusion zum offen halten der Kanüle bzw.
zum Volumenersatz.
7. Beatmung
Bei Atemstillstand sollte eine Mund-zu-Mund-Beatmung, wenn vorhanden mit einer Beatmungsmaske,
mit einer Frequenz von 12/min. durchgeführt werden. Die Atemwege müssen hierzu frei sein. Der
Patient sollte mit überstrecktem Kopf auf dem Rücken liegen.
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8. Kardiopulmonale Reanimation
Der Patient liegt auf dem Boden in Rückenlage. Bei Herzstillstand (gemeint ist der hämodynamische
Herzstillstand - also sowohl der echte Herzstillstand als auch das Flimmern) sollte ein minimaler Kreislauf durch externe Herzmassage aufrechterhalten werden. Bei der 2-Helfermethode sollten nach jeder
Atempause 5 Herzdruckmassagen folgen. Die Effektivität der Herzmassage sollte anhand eines tastbaren Karotispulses überprüft werden, der Patient sollte seine Zyanose verlieren.
Erweiterte Sofortmaßnahmen durch den Notarzt oder Facharzt
Intubation, zentralvenöser Zugang, EKG-Monitoring, medikamentöse Therapie, Einleitung einer Narkose etc. sollte nur vom erfahrenen Kollegen vorgenommen werden, da hierbei die Gefahren durch
den Unerfahrenen den Nutzen weit übersteigen und evtl. Zeit verloren wird.
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Diagnostik und Therapie vitaler Störungen
3.
Respiratorische Notfälle
1. Leitsymptome
Erste Zeichen einer respiratorischen Insuffizienz zeigen sich häufig in unspezifischen Symptomen wie
Unruhe, Verwirrtheit, Tachykardie und Blutdruckanstieg.
Zyanose
Erstes Zeichen ist die bläulich-livide Verfärbung der Lippen und Akren.
Dyspnoe
Leitsymptom aller respiratorischen Notfälle mit erschwerter Atmung, der Patient bekommt schwer Luft.
Tachypnoe
Beschleunigung der Atemfrequenz, was z. B. auf eine so genannte periphere Atemstörung hinweisen
kann.
Bradypnoe
Verlangsamung der Atmung, kann auf eine zentrale Atemstörung hinweisen (z. B. beim Hirnschlag –
Apoplex).
Atemgeräusche
Schnarchen als bekanntes Atemgeräusch entsteht durch das Zurücksinken der Zunge im Hypopharynxbereich, ein hell pfeifendes Geräusch (stridorös) bei Obstruktionen im Bereich der Epiglottis (z. B.
Larynx als allergisches Epiglottis-Ödem), tieferes Pfeifen, Giemen, Brummen, (Spastisches Phänomen) bei Obstruktionen im Bronchialbaum (z. B. beim Asthma bronchiale, Allergie), grobes Rasseln
und Gurgeln bei der Aspiration von Sekreten und bei Flüssigkeitsansammlungen in den Alveolen (z.
B. beim Lungenödem).
2. Einfache Sofortmaßnahmen
Im Zweifelsfall sollten stets Maßnahmen zur Sicherung der Atemfunktion durchgeführt werden, wie
wiederholtes Absaugen, Überstrecken des Kopfes, O 2-Insufflation über eine Nasensonde, Beatmungsmaske, Atemspende.
3. Asthma bronchiale
Beim Asthma bronchiale finden sich als Leitsymptome Dyspnoe, Zyanose, expiratorische Spastik
(deutlich hörbares Pfeifen), Unruhe und Angst. Die Therapie zielt auf die Verbesserung der Atemfunktion hin, indem der Patient mit dem Oberkörper hoch gelagert wird, um den venösen Rückstrom zu
minimieren (Lungenstauung), Sauerstoff wird über eine Nasensonde oder Beatmungsmaske insuffliert
(1l/min.). Therapie: 1. Berotec-Aerosol (2 Hübe per Inhalation), 2. Kortison i. v. ( z. B. Solu-Decortin H
250-1000 mg).
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4. Aspirationssyndrom
Beim Aspirationssyndrom finden sich wechselnde Symptome, die von Zyanose, Bronchospastik bis
hin zum Atemstillstand reichen können. Bei der Variabilität der Symptome führt jedoch meist die
Anamnese in die richtige Richtung. Das Absaugen von Sekreten aus der Mundhöhle wird notwendig,
die O2-Gabe ebenso. Weitere Behandlung durch den Facharzt.
5. Hyperventilationssyndrom
Das Hyperventilationssyndrom begegnet der/dem Zahnärztin/Zahnarzt verhältnismäßig häufig. Ausgelöst durch psychische Angst wird die Atemfrequenz und die Atemtiefe verstärkt, was zur Abnahme des
ionisierten Kalziums führt und krampfartige Erscheinungen beginnend mit Pfötchenstellung bedingt.
Ein weiteres Leitsymptom sind kribbelnde Finger- und Zehenspitzen.
Die Therapie besteht in psychischer Beruhigung. Die vielerorts erwähnte Rückatmung in eine Plastiktüte oder Einmalhandschuh sollte nur im äußersten Notfall praktiziert werden, da keine fortlaufende
diagnostische Überwachung des Patienten ermöglicht wird.
6. Lungenembolie
Die akute Lungenembolie hat zum Verwechseln ähnliche Symptome wie der akute Myokardinfarkt, es
finden sich jedoch meist zusätzliche anamnestische Hinweise auf thrombotische Erkrankungen. Akute
Dyspnoe, der retrosternale, teils ausstrahlende Schmerz, die Zyanose, die akuten Schockzeichen
leiten die Diagnose in die richtige Richtung, die Therapie besteht in Oberkörperhochlagerung, Sauerstoffgabe (4 l/min). Weitere Maßnahmen durch den Facharzt.
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Kardiale Notfälle
Die Ursache kardialer Notfälle lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
 Störungen der Myokardfunktion im eigentlichen Sinne (z. B. Myokardinfarkt),
 Störungen der Erregungsbildung bzw. der Erregungsausbreitung (z. B. Rhythmusstörungen),
 mechanische Behinderungen der Myokardfunktion (z. B. Herzbeuteltamponade),
 mechanische Behinderung der Entleerung (z. B. Lungenarterienembolie).
1. Leitsymptome
Brustschmerz
Die Brustenge (Angina pectoris) ist meist eine anfallsartige auftretende, schmerzhafte Brustenge,
meist ausstrahlend in den linken Arm, aber auch hinter das Schulterblatt, das Brustbein oder die obere
Magengegend. Bei Schmerzen, die auf Nitrolingual nicht verschwinden, ist dringender Verdacht auf
einen Myokardinfarkt gegeben.
Herzrhythmus
Die Beurteilung der peripheren (A. radialis) und zentralen (A. carotis) Pulse geben die ersten Aufschlüsse über den Herzrhythmus. Bradykardie (zu langsame Herzaktion), Tachykardie (beschleunigte
Herzaktion), Arrhythmie (unregelmäßige Herzaktionen) werden unterschieden.
Herzstillstand
Fehlende zentrale Pulse deuten immer auf einen hämodynamischen Herzstillstand hin, wobei dieser
entweder durch einen wirklichen Herzstillstand oder durch hämodynamisch nicht wirksame Herzaktion
(Kammerflimmern) hervorgerufen werden kann. Die weitere Unterscheidung ist lediglich durch das
EKG möglich. Bewusstlosigkeit setzt nach ca. 15 Sekunden ein, eine Zyanose (Blaufärbung der Lippen) ist nach 20 – 30 Sekunden sichtbar, lichtstarre Pupillen zeigen sich nach 2 – 3 Minuten.
Schockzeichen
Sämtliche Schockzeichen wie Kaltschweißigkeit, Zentralisation des Kreislaufs, rapider Blutdruckabfall
mit rasendem Puls, zunehmende Bewusstseinstrübung und sich weitende Pupillen treten auf.
Obere Einflussstauung
Die abnehmende Herzfunktion führt zu einem Überangebot an venösem Blut vor dem rechten Vorhof,
die oberen Halsvenen stauen sich und treten an der Halsseite hervor.
Dyspnoe
Die nachlassende Herzfunktion zeigt auch im kleinen Kreislauf eine Stauung, die einen erschwerten
Gasaustausch bedingt und durch vermehrte Atemarbeit kompensiert werden soll. Bei längerer pulmonaler Stauung treten alle Zeichen des Lungenödem auf.
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2. Elementare Therapie
Sofortmaßnahmen
Die einfachen Sofortmaßnahmen bestehen in Oberkörperhochlagerung, Sauerstoffzufuhr und
Schmerzbekämpfung. Das Anlegen einer Kunststoffverweilkanüle sollte erfolgen, die Infusionsgeschwindigkeit sollte je nach Diagnose variiert werden.
Weitere Sofortmaßnahmen durch eine erfahrene Person bestehen in der kardiopulmonalen Reanimation mit Intubation und möglicherweise der Defibrillation. Diese erweiterten Maßnahmen sollten alle
zügig eingeleitet werden, jedoch lediglich vom Geübten, da andererseits möglicherweise mehr Komplikationen erzeugt werden, als Nutzen erzielt wird. Das gleiche gilt für den Einsatz von Medikamenten.
Die medikamentöse Therapie erfordert ein EKG-Monotoring und die ständige Überwachung der pulmonalen Situation.
Von der Anwendung einfach auch für den Ungeübten ist die Gabe von

Nitrolingual
bei Angina pectoris, kardiales Lungenödem ( 1-2 Kapseln zerbeißen lassen
oder geöffnet sublingual) oder als Spray (2-3 Hübe)
Angina pectoris
Die Angina pectoris kann in der zahnärztlichen Praxis als zufallsbedingter Notfall vorkommen oder bei
entsprechender Anamnese plötzlich auftreten. Das Krankheitsbild ist gekennzeichnet durch einen
anfallweise auftretenden, starken stechenden Schmerz in der Herzgegend, der ausstrahlen kann hinter das Brustbein, unter das linke Schulternblatt oder in den linken Arm. Die Schmerzattacken halten
meist ca. 5 Minuten an, längere Schmerzdauer weist auf einen Myokardschaden, also einen Herzinfarkt hin. Ein weiteres Leitsymptom ist das Verschwinden der Schmerzen auf die Gabe von Nitrolingualkapseln sublingual oder von Nitrolingualspray. Sollten darunter die Schmerzen nicht abklingen, so
liegt der Verdacht auf einen Herzinfarkt sehr nahe. Die Therapie ist auf die Entlastung des Herzens
ausgerichtet, der venöse Rückstrom wird durch Hochlagerung des Oberkörpers verringert, Sauerstoffzufuhr (4 l/min.) erhöht den alveolären O2-Druck.
Lungenödem
Das Lungenödem als Folge kardialer Insuffizienz beruht meist auf einer akuten Linksherzinsuffizenz,
ist gekennzeichnet durch massive Dyspnoe, Zyanose, rasselndes und brodelndes Atemgeräusch,
blutig-schaumiges Sputum und Angst. Die Therapie besteht in sitzender Lagerung, Sauerstoffzufuhr
(4 l/min.) bei Bedarf.
Bradykardie
Die plötzliche Bradykardie verursacht eine kurzfristige Bewusstlosigkeit mit Blutdruckabfall, Blässe
und Pulsfrequenzen um ca. 40/min. Therapeutisch wird das Krankheitsbild durch Flachlagerung oder
Schocklagerung, Sauerstoffzufuhr (4 l/min.) und der i. v. Gabe von 0,5 – 2 mg Atropin angegangen.
Bleibt auch nach Atropingabe die Pulsfrequenz unter 50/min. sollte die Behandlung durch den herbeigerufenen Facharzt erfolgen.
Tachykardie
Herzklopfen, rasender Puls, Blässe, Kaltschweißigkeit, Angst, Unruhe und Hypotonie sind die Leitsymptome der Herztachykardie. Flachlagerung und Sauerstoffzufuhr (4 l/min.) sind erste Sofortmaßnahmen. Die notwendige medikamentöse Therapie sollte vom Facharzt unter EKG-Monitoring betrieben werden.
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Zirkulatorische Notfälle
Lebensgefährlich Störungen der Kreislauffunktion treten überwiegend als Schock in Erscheinung.
Kennzeichen dieser Störung ist, dass das geförderte Kreislaufvolumen nicht den notwendigen Bedarf
abdeckt. Ätiologisch werden folgende Schockformen unterschieden:
 hypovolämischer Schock (Blutverlust, Dehydration),
 kardiogener Schock (Verminderung des kardialen output durch Infarkt oder Arrhythmien),
 anaphylaktischer Schock (allergisch bedingter Schock mit massivem Plasmaverlust in den interstitiellen Raum),
 septischer Schock (bakterielle Toxine führen zu einem Blutplasmaverlust),
 neurogener Schock (z. B. Schädel-Hirn-Trauma).
1. Leitsymptome
Hautfarbe und Hauttemperatur
Die Hautfarbe wird blass, das Nagelbett wird weiß, Kaltschweiß als neurovegetative Gegenregulation
zeigt sich, bei längerem Andauern verringert sich die Hauttemperatur.
Puls, Blutdruck, Kreislauf
Der Puls steigt stark an (Tachykardie), der Blutdruck fällt massiv ab (Hypotonie), der Kreislauf kommt
zum Erliegen.
2. Elementartherapie
Sofortmaßnahmen
Bei zirkulatorischen Zwischenfällen sollten die Beine hoch- und der Kopf tief gelagert werden (Autoinfusion). Sauerstoffzufuhr, Volumensubstitution mit Ringer-Lactat und Plasmaexpandern stellen erste
Maßnahmen dar. Möglicherweise werden kardiopulmonale Reanimation und medikamentöse Therapie durch einen Facharzt erforderlich.
Die medikamentöse Therapie erfordert ein EKG Monitoring und die ständige Überwachung der pulmonalen Situation.
Ohnmacht, vasovagale Synkope
Dieser Zwischenfall ist der häufigste in der zahnärztlichen Praxis. Die primäre neurovegetative Erregung mit labilem Kreislaufregulationsverhalten führt immer wieder zu vasovagalen Synkopen in der
zahnärztlichen Praxis. Gekennzeichnet durch kurz dauernde Bewusstlosigkeit, Übelkeit, Bradykardie,
Blässe und Hypotonie, genügt in den häufigsten Fällen eine sofortige Schocklagerung, um eine weitere Verschlimmerung des beginnenden Schockgeschehens abzuwenden und eine O 2 –Gabe.
Anaphylaktischer Schock
Diese Schockform tritt meist in Folge einer Medikamentenverabreichung auf, wobei meist ein allergisches Geschehen vorliegt. Häufig sind in der zahnärztlichen Praxis Zwischenfälle bei der Injektion von
Schmerzmitteln, Anästhetika und Antibiotika. Dieses Schockgeschehen ist ausgesprochen gefährlich,
läuft rapide (30 – 60 Sekunden) ab und ist gekennzeichnet durch Übelkeit, Erbrechen, Dyspnoe,
Bronchospastik, flacher tachykarder Puls, Hypotonie und Bewusstlosigkeit, Kreislaufstillstand und
Atemstillstand können folgen. Therapeutisch wird der Patient flach gelagert, Sauerstoff zugeführt und
massiv Volumen zugeführt (1000 ml Ringer-Lactat in 15 min.). Medikamentös werden hochdosiert
Hydro-Kortisonpräparate (bis 1000 mg i. v.) und Antihistaminika verabreicht (bei Bronchospasmus
Berotec-Spray benutzen ).
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Hypertensive Krise
Der Einsatz von Lokalanästhetika bei latentem Hypertonus macht dieses Krankheitsbild für die zahnärztliche Praxis wichtig. Systolische Blutdruckwerte jenseits 230 mm Hg, Herzklopfen, hochroter Kopf,
Kopfschmerz, Herzfrequenzsteigerung, Sehstörungen und möglicherweise Bewusstseinsverlust sind
Leitsymptome. Primäre Therapie ist Oberkörperhochlagerung, Sauerstoffzufuhr, ebenso kann Nitrolingual sublingual verabfolgt werden oder Adalat-Kapseln bis 10 sublingual.
Kreislaufstillstand
Als Endzustand aller Schockformen gilt der Kreislaufstillstand, der gekennzeichnet ist durch fehlende
zentrale Pulse, Bewusstlosigkeit, Atemstillstand und Zyanose. Diagnose fehlender Carotispuls. Der
Patient sollte auf dem Boden in Rückenlage mit überstrecktem Kopf gelagert werden. Therapeutisch
wird beatmet und externe Herzmassage betrieben. Die weitere Behandlung erfolgt durch die Ablösung
durch einen Facharzt.
Zerebrale Notfälle
1. Leitsymptome
Bei jeder Bewusstseinstrübung müssen zunächst die vitalen Funktionen gestützt werden und anschließend die Ursachen der Bewusstseinstrübung beseitigt werden. Die Atmung, Herztätigkeit, Puls,
Blutdruck, Hautfarbe, Körpertemperatur und Schockzeichen werden diagnostiziert und gemäß der
Diagnose versorgt.
Krämpfe
Fokale oder generalisierte Krämpfe entstehen bei hirnorganischen Anfallsleiden (z. B. Epilepsie), akutem Sauerstoffmangel, schweren Stoffwechselentgleisungen und Hyperventilation.
2. Elementartherapie
Die ersten Maßnahmen zielen auf die Sicherheit der vitalen Funktionen ab und bestehen in der korrekten Lagerung, Sicherung der Atemwege, Sauerstoffzufuhr und Überwachung.
Epilepsie
Der epileptische Anfall geht einher mit fokalen oder generalisierten Krämpfen, Bewusstlosigkeit,
Schaum vor dem Mund, Zungenbiss und Erbrechen. Therapeutisch wird eine Sicherung der Atemwege mit einem Beißkeil durchgeführt und Sauerstoff verabreicht.
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Stoffwechselentgleisung
Leitsymptom Geruch
Deutlicher Azetongeruch findet sich häufig bei hyperglykämischem Koma.
Hyperglykämisches Koma
Langsam zunehmende Bewusstseinstrübung, Azetongeruch und positive Stixprobe sichern die Diagnose. In der zahnärztlichen Praxis sollte der Patient langsam eine Flüssigkeitssubstitution mit RingerLactat Lösung erfahren, die Atmung gesichert und der rasche Transport in eine Fachklinik organisiert
werden.
Hypoglykämisches Koma
Erste Hinweise liefert die Anamnese, danach die eher rasche Bewusstseinstrübung, und die Stixprobe, die Blutzuckerwerte unter 50 mg/dl zeigt. Die Therapie besteht, wenn der Patient ansprechbar ist,
in der Gabe von Zucker oral oder in rascher Glukoseinjektionen i. v. Diese sollte fraktioniert in 10 ml
Portionen alle 2 – 3 min. wiederholt werden sollten, bis der Patient sein Bewusstsein wiedererlangt.
Eine Flüssigkeitszufuhr mit Ringer-Lactat ist angezeigt.
Bei Unsicherheit, ob ein hypo- oder hyperglykämisches Koma vorliegt, sollte im Zweifelsfall eine
hochprozentige Glukoselösung i. v. injiziert werden, die im hypoglykämischen Fall sofort wirkt und
beim hyperglykämischen Koma zu keiner entscheidenden Verschlechterung führt.
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Darstellung der Herz-Lungen-Reanimation
mit Handgriffen
Ziel:
4.
Wiederherstellung der vitalen Funktionen(Atmung, Bewusstsein und Herz-Kreislauf-Funktion)
durch:
Externe Herzdruckmassage
WICHTIG
 Patienten auf eine feste, unnachgiebige Unterlage legen,
 Helfer kniet seitlich des Patienten,
 setzt die übereinander gelegten Handballen (nicht die ganzen Handflächen) im unteren Drittel des
Brustbeins auf, die zweite Hand liegt zur Verstärkung oben auf und
 übt kräftige rhythmische Stöße senkrecht in Richtung Wirbelsäule aus (3 – 5 cm tief (!) mit Gewicht des Oberkörpers bei gestreckten Armen).
BEACHTE
 Genaue Platzierung der Handballen - sie dürfen nicht von der Mittellinie des Sternums abweichen,
 genau senkrechte Druckrichtung (Oberkörper des Helfers befindet sich über dem Patienten),
 Hände langsam hochheben (sie bleiben ständig in Kontakt mit dem Brustkorb) und Thorax entlasten; nur eine vollkommene Entlastung des Thorax garantiert eine ausreichende Füllung des Herzens.
 Die Herzdruckmassage erfolgt im Rhythmus von 5 Kompressionen in 3 – 4 Sekunden beim Erwachsenen. Sie ersetzt nicht die Atemspende; daher nur in der Kombination mit der Beatmung, am
besten mit dem zweiten Helfer durchführen.
REIHENFOLGE
 Feststellung des Kreislaufstillstandes,
 Atemspende mit 2 Beatmungen, dann
 Herzdruckmassage in Kombination mit Beatmung mit einem Verhältnis von Massage zu Beatmung
bei der Zwei-Helfer Methode von 5 : 1, wobei die Beatmung möglichst interponiert erfolgen soll. Bei
einem Helfer soll das Verhältnis 15 : 2 betragen.
 Falls dies nicht gelingt, muss zur Insufflation die Herzmassage unterbrochen werden! (Nur oxygeniertes Blut in der Zirkulation führt zum Erfolg).
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HANDGRIFFE
 Betroffenen auf harte Unterlage bringen
 Oberkörper freimachen
 Druckpunkt suchen
 Herzdruckmassage:
5 kräftige, rhythmische Stöße
in 3 bis 4 Sekunden
 1 mal Atemspende
(1 bis 1,5 Sekunden)
bei überstrecktem Kopf
- Mund zu Mund
- Mund zu Nase
- über Maske mittels Ambubeutel
 Nach je 10 Zyklen:
Kontrolle des Pulses ( 5 Sekunden) – A. Carotis
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Notfallmedikamente
Substanz
Indikation
Dosis
Adrenalin
Suprarenin
Herz- Kreislaufstillstand
1mg=1ml=1Amp.
Allergischer
Schock
Adalat - Kapseln
Bluthochdruck
Systolisch über
200
5-10 mg sublingual
Atropin
0,5 mg/ml Amp
Bradykardie
1 mg i. v.
Berotec-Spray
Fenoterol
Asthma bronchiale
2 – 3 Hübe
inhalativ
Effortil- Tropfen
Gutron- Tropfen
Blutdruckabfall
10-20 Tropfen
oral
Glukose 40%ig
Hypoglykämie
Nitrolingual Spray
Kapseln
Wirkung
i. v.: 1mg auf 10ml Alpha-BetaLösung alle 2-3
Rezeptoren
Minuten
Stimulierung
i. v.: 1mg auf 10ml,
davon 1-2ml subcutan
5.
Nebenwirkung
Kontraindikation
Taxchykardy
Keine
Dämpfung des
Vagotonus
Tachykardie
keine
Betastsimulator
Tachykardie
keine
Initial:
50 – 100 ml i. v.
Blutzuckererhöhung
Venenreizung
Hyperglykämie
Angina pectoris
2 – 3 Hübe
1 – 2 Kapseln
Vasodilatation
Kopfschmerzen
Volumenmangel
Tagamet
Zantic
allergische Reaktionen
1 Amp = 4 ml =
400 mg
i. v. : 1Amp
Histaminblockierung
Venenreizung
keine
Tavegil
Stadium 1 einer
allergischen Reaktion
1 Amp = 5ml =
2 mg
Histamin- 1- Blocker
Valium Diazepam
Angst, Krampfanfälle
10 – 20 mg i. v.
Sedierung
Atemdepression
keine
Ringer-Laktat
Lösung
Volumenverlust
500 – 1500 ml i. v.
Volumenersatz
Überwässerung
keine
Rheomacrodex
10 %
Schock
Volumenverlust
500 – 1500 ml i. v.
Kolloidaler
Volumenersatz
Allergische
Reaktionen
Herzinsuffizienz
Allergie
Die aufgeführten Notfallmedikamente stellen eine Empfehlung dar und bedürfen einer individuellen
Bewertung durch den Praxisinhaber.
Die medikamentöse Erstausstattung für die zahnärztliche Praxis erfolgt zu Lasten der Praxis. Für spätere Ergänzungen sind die Richtlinien der KZV Baden-Württemberg zu beachten.
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Ausrüstung für den Notfallkoffer
6.
Eine vollständige Notfallausrüstung ist unerlässlich, um in Notfällen in der Praxis schnell und kompetent reagieren zu können. Aus diesem Grunde ist nach jedem Notfall die Ausrüstung anhand einer
Inventarliste auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen. Verbrauchte Materialien oder Gegenstände sind
umgehend zu ersetzen oder aufzufüllen.
Eine solche Überprüfung sollte zudem in regelmäßigen Abständen erfolgen um gegebenenfalls verfallene Notfallmedikamente auszutauschen.
Ein Notfallkoffer in einer Zahnarztpraxis sollte folgende Inhalte umfassen:
Atmung












Ambu-Beutel mit unterschiedlichen Masken
Einmalhandschuhe
Gummibeißkeil
Kanülen No. 12, No. 1
Kornzange
Nasopharyngealtuben (Größe 28 oder 30) ( Wendel)
Notfallmedikamente
Oropharyngealtuben (Größe 3 bei Frauen, Größe 4 bei Männern oder Zahnlosen) (Guedel)
Pflaster
Sauerstoffflasche mit Reduzierventil und O2- Leitung zum Ambu-Beutel
Schere
Spritzen 2 ml, 5 ml, 10 ml, 20 ml
Kreislauf
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Blutdruckmessgerät
Blutzuckerstix
Desinfektionsspray
Infusionslösungen
Infusionssysteme
Notfallmedikamente
Stauschlauch
Stethoskop
Taschenlampe
Venenverweilkanülen ( z. B. Braunüle Gr. 1 – 3)
Verbandsmaterial: Heftplaster, Binden, etc.
Keilkissen zur i. v.-Injektion
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Erste Notfallmaßnahmen
7.
1. Behandlung unterbrechen –
Symptome ernst nehmen
2. Ruhe bewahren und beruhigen der Umgebung
Patient, Praxismitarbeiterin
3. ggf. Notruf absetzen – Notarzt und Rettungsdienst benachrichtigen
durch Praxismitarbeiterin
4. Überprüfen der vitalen Funktionen des Patien- Bewusstsein: laut ansprechen, anfassen, rütteln
ten (Bewusstsein prüfen)
Kreislauf :
Carotis Puls, Blutdruckmessung
max.10 Sek.
Atmung:
durch Sehen, Hören, Fühlen
5. Freimachen der Atemwege
Kopf nackenwärts beugen,
Kinn anheben,
Absaugen,
Stabile Seitenlage
6. Stützung des Kreislaufs bei Schock
Lagerung, peripher-venöse Infusion
7. Symptomatische oder kausale Medikation
bestimmter Erkrankungen
Notfallmedikation
Herzinfarkt, Asthma bronchiale, hypertensive Krise, Hypoglykämie u. a.
8. bei Ateminsuffizienz Beatmung
Beatmung, evtl. mit Beatmungsbeutel mit O 2
9. Durchführung der Herz-Lungen-Wiederbelebung bei Kreislaufstillstand
Beatmung,
Herzdruckmassage
10. Nach erfolgreicher Beherrschung eines Zwischenfalls Patienten noch weiter beobachten
und betreuen und zur Abklärung evtl. überbzw. einweisen
Nicht allein nach Hause schicken!!
Eine Übersicht über die ersten Notfallmaßnahmen finden Sie im
PRAXIS-Handbuch „Qualitätssicherung – Anhang“, unter „Aushang/Einsichtnahme“, im Kapitel „Notfall“, zum Aushängen in der Praxis !
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Notfall/Inhalte
Seite 19
Herzdruckmassage
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
Beatmung
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
Seite 20
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Stabile Seitenlage
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
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Notfall/Inhalte
Seite 21
Blutungen
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
Seite 22
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Blutungen
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
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Seite 23
Schock
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
Seite 24
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Knochenbrüche, Gelenkverletzungen
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
Verbrennungen
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
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Seite 25
Verätzungen
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
Seite 26
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Vergiftungen
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
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Seite 27
Unfälle durch elektrischen Strom
Hochspannung
Quelle: BG-Information „Anleitung zur Ersten Hilfe“ (DGUV Information 204-006)
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Zahnärztlicher Notfalldienst
8.
Einrichtung eines Zahnärztlichen Notfalldienstes
Jede/r Zahnärztin/Zahnarzt ist laut Berufsordnung der LZK BW verpflichtet, allgemeine Sprechstunden
abzuhalten und während der Sprechstundenzeiten Patienten zu behandeln. Außerhalb der Sprechstunden ist im Kammerbereich der LZK BW ein „Zahnärztlicher Notfalldienst“ eingerichtet, um die einzelnen Zahnärztinnen/Zahnärzte zeitweise von dieser ständigen Pflicht zu zahnärztlicher Hilfeleistung
zu befreien und auch ihr Recht auf Freizeit zu wahren.
Für die Kammer besteht auf Grund der im Heilberufe-Kammergesetz normierten Pflicht zur Mitwirkung
bei der öffentlichen Gesundheitspflege, die gesetzliche Pflicht zur Einrichtung eines Zahnärztlichen
Notfalldienstes.
Die berufsrechtlichen Regelungen zum Notfalldienst sind durch eine umfangreiche Judikatur auch in
verfassungsrechtlicher Hinsicht überprüft und für zulässig erachtet worden (BVerfGE 33, 125, 160;
BVerwGE 41, 251, 263).
Begriff des „zahnärztlichen Notfalls“
Unter dem „Notfalldienst“, auch „Notdienst“ oder „Bereitschaftsdienst“ genannt, wird die „Gewährleistung der ambulanten Versorgung in dringenden Fällen außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten“
verstanden.
Im Wesentlichen geht es beim „Zahnärztlichen Notfalldienst“ um die dringende Erstversorgung und
gebotene Sofortmaßnahmen bei plötzlich eintretenden Ereignissen (z. B. Unfälle, akut auftretende
Krankheiten, sich verschlechternde Leiden, akute Schmerzzustände), die einen sofortigen (zahn-)
ärztlichen Einsatz erfordern. Der zahnärztliche Notfalldienst lässt sich mithin als „unaufschiebbare
zahnärztliche Behandlungsbedürftigkeit in dringenden Fällen“ definieren. Dies ist z. B. auch dann der
Fall, wenn ohne eine sofortige Behandlung heftige Schmerzen unzumutbar lange andauern würden.
Ausweislich einer wissenschaftlichen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde (DGZMK) vom 22.10.1998 sind „Notfälle im engeren Sinne, die eine unmittelbare
zahnärztliche Behandlung erforderlich machen, nur Unfallverletzungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich, Nachblutungen nach zahnärztlich chirurgischen Eingriffen sowie vom Zahnsystem ausgehende fieberhafte, eitrige Entzündungen“.
Das Landesberufsgericht für Zahnärzte in Stuttgart hat sich in seiner Entscheidung vom 07.10.2000,
LNs 3/00, die Definition des Notfalls der DGZMK zu eigen gemacht und zudem ergänzt, dass „ein
Notfall aber auch dann vorliege, wenn die/der Zahnärztin/Zahnarzt nur durch ein als baldiges Handeln
seinen allgemeinen Berufspflichten aus § 1 (alt) der Berufsordnung für Zahnärzte nachkommen könne. Dazu gehöre nach richtigem Verständnis im ärztlichen wie zahnärztlichen Bereich auch die Beseitigung oder Milderung von Schmerzen. Ob zur Behebung des Schmerzzustandes im Einzelfall ein
sofortiges ärztliches Handeln erforderlich sei, bemesse sich nicht nur nach der Intensität des Schmerzes, sondern auch nach dem vorhersehbaren Umfang der gebotenen zahnärztlichen Leistung und der
jeweiligen Situation des Patienten, auch nach der Frage, ob sich der Patient selbst helfen könne (vgl.
Landesberufsgericht für Heilberufe beim OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 01.12.1982, HeilBGE A1.1, Nr.
3.16)“.
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Das erkennende Gericht hat in seiner Entscheidung weiter ausgeführt, dass die Frage, ob es sich um
einen zahnärztlichen Notfall handele, indes nicht in die Entscheidungskompetenz des Patienten oder
eines Dritten, aber auch nicht in die Kompetenz einer/eines Zahnarzthelferin/Zahnarzthelfers falle,
sondern eindeutig die/der angerufene Zahnärztin/Zahnarzt dies zu entscheiden habe. Es gehöre zu
einer ordnungsgemäßen Berufsausübung einer/eines Zahnärztin/Zahnarztes, dafür Sorge zu tragen,
dass ihm die Patienten vorgestellt werden, bei denen nicht von vorneherein auszuschließen sei, dass
sie als Schmerzpatienten alsbaldiger zahnärztlicher Hilfe bedürfen (so auch Landesberufsgericht für
Ärzte, Stuttgart, U. v. 17.07.1982 und 05.11.1988, HeilBGE A 1.1, Nr. 3.15, 3.20; Landesberufsgericht
für Zahnärzte, Stuttgart, U. v. 29.06.1999, LNs 6/98).
Nach einer Entscheidung des Oberlandesgericht Köln (U. v. 16.06.1999, Az: 5 U 160/97) verfolgt eine
Notfallbehandlung lediglich das Ziel, die Schmerzfreiheit des Patienten herbeizuführen.
In seiner Entscheidung vom 22.05.1981 (Az: BG 7/80) hat das Ärztliche Berufsgericht Niedersachsen
sich zur Definition des Notfalles geäußert. Danach seien unter einem Notfall nicht etwa nur Unfälle,
plötzlich auftretende Erkrankungen bedrohlichen Charakters oder derartige Verschlimmerungen bereits bestehender Krankheiten zu verstehen, sondern auch Erkrankungen aller Art von einigem Gewicht, deren Behandlung keinen Aufschub dulde, gleichgültig ob bereits eine Vorbehandlung durch
einen Arzt stattgefunden habe oder ob das überhaupt noch nicht der Fall gewesen sei.
Teilnahme am Zahnärztlichen Notfalldienst
Die Pflicht zur Teilnahme am allgemeinen Zahnärztlichen Notfalldienst ergibt sich aus dem HeilberufeKammergesetz des Landes Baden-Württemberg (§§ 30 Abs. 3, 31 Abs. 1) sowie aus der Berufsordnung der LZK Baden-Württemberg.
Grundsätzlich ist jede/r ambulant berufstätige Zahnärztin/Zahnarzt verpflichtet, die Teilnahme am
Zahnärztlichen Notfalldienst sicherzustellen und daran teilzunehmen. Diese Verpflichtung obliegt im
Kammerbereich der LZK BW neben Zahnärztinnen/Zahnärzten in eigener Praxis oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft, auch angestellten Zahnärztinnen/Zahnärzten bei einer/einem niedergelassene/n Zahnärztin/Zahnarzt oder einer juristischen Person des Privatrechts. Mithin unterliegen z. B.
auch angestellte Zahnärztinnen/Zahnärzte bei einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) oder
einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) der Teilnahmeverpflichtung.
Auch Fachzahnärztinnen/Fachzahnärzte unterliegen der Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst. In § 30 Abs. 3, Satz 3, 2. Halbsatz Heilberufe-Kammergesetz ist gesetzlich normiert, dass auch
Zahnärztinnen/Zahnärzte, die eine Gebietsbezeichnung (Kieferorthopädie, Oralchirurgie, Öffentliches
Gesundheitswesen) besitzen, am Notfalldienst teilzunehmen haben. Die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung von Fach(zahn-)ärzten in den Notfalldienst wurde bereits mit Urteil vom 10.01.1964 (Az: 2
K 85/63) durch das Verwaltungsgericht Koblenz bejaht.
Die Pflicht zur Teilnahme am Zahnärztlichen Notfalldienst beinhaltet zugleich die Verpflichtung, sich
entsprechend fortzubilden und die Praxis so einzurichten, dass Notfallpatienten zweckmäßig versorgt
werden können (§ 30 Abs. 3 Satz 3 Heilberufe-Kammergesetz, § 2 Notfalldienstordnung).
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Befreiung vom Zahnärztlichen Notfalldienst
Zahnärztinnen/Zahnärzte können, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, vom Notfalldienst
ganz, teilweise oder vorübergehend befreit werden. Die Befreiungstatbestände sind in der Notfalldienstordnung der LZK BW abschließend geregelt. Danach können vom zahnärztlichen Notfalldienst
befreit werden, Zahnärztinnen/Zahnärzte,
 die das 60. Lebensjahr vollendet haben,
 aus schwerwiegenden Gründen, insbesondere bei körperlicher Behinderung, besonders belastender familiärer Pflichten oder bei Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung sowie
 Fachzahnärztinnen/Fachzahnärzte für Kieferorthopädie.
Im letzten Fall wird für die Befreiung vom allgemeinen Zahnärztlichen Notfalldienst eine Gebühr erhoben. Denn für diesen Personenkreis sind mit der Befreiung vom Notfalldienst, zu dessen Teilnahme
sie eigentlich verpflichtet sind, erhebliche finanzielle Vorteile verbunden. So bedarf es im Falle der Befreiung keiner Notfall-Fortbildung, keiner Anschaffung eines notfallgerechten Behandlungsstuhles mit
Amalgamabscheider sowie keiner für den allgemeinen zahnärztlichen Notfall aus- und fortgebildeten
Zahnmedizinischen Fachangestellten. Die Rechtmäßigkeit der Befreiungsgebühr wurde erstinstanzlich
vom VG Karlsruhe mit Urteil vom 17.11.2003 (AZ: 12 K 4084/02) festgestellt.
Was unterfällt dem „Zahnärztlichen Notfall“?
(aus Stellungnahme der DGZMK 8/95, Stand 11/94)
Allgemeines
Zunächst ist zu erwähnen, dass ein allgemeingültiger Katalog, was zu notfallmäßigen Krankheitsbildern gehört, naturgemäß nicht existiert. Die Entscheidung, ob ein Notfall vorliegt, bleibt der Einzelfallentscheidung der/des behandelnden Zahnärztin/Zahnarztes vorbehalten.
Der Notfalldienst ist jedoch in keinem Fall ein regelmäßiger „Kundendienst“ an arbeitsfreien Tagen zur
beliebigen Inanspruchnahme ohne ernstlichen Anlass durch alle Patienten.
Bei den Behandlungsmaßnahmen im Zahnärztlichen Notfalldienst muss zwischen absoluten und relativen Indikationen unterschieden werden. Zu den absoluten Indikationen, die als Notfälle im engeren
Sinn zu betrachten sind und eine unmittelbare zahnärztliche Behandlung erforderlich machen, zählen
wie bereits erwähnt alle Unfallverletzungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich, Nachblutungen nach
zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen und die vom Zahnsystem ausgehenden fieberhaften, eitrigen
Entzündungen. Die dabei von der/dem Zahnärztin/Zahnarzt zu leistende Hilfe kann sich ggf. auf eine
"Notversorgung" beschränken, sie muss jedoch in jedem Falle weitergehende Komplikationen abwenden und darf eine adäquate Behandlung am Folgetag nicht unmöglich machen.
Die Beschränkung der Behandlung auf eine Notversorgung ist durchaus gerechtfertigt, da eine nächtliche Behandlung auch für die oder den Notfalldienstverpflichtete/n in der Regel eine »Ausnahmesituation« darstellt und nachts meist ohne qualifizierte Assistenz auskommen muss. Relative Indikationen
können alle vom Zahnsystem ausgehenden Erkrankungen mit dem Symptom Zahnschmerzen sein.
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Blutungen
Anhaltende Blutungen nach zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen erfordern eine sofortige zahnärztliche Intervention. In vielen Fällen kann durch eine einfache Kompression (z. B. durch Aufbeißen auf
einen Tupfer) die Blutung gestillt werden. Die meisten diffusen parenchymatösen Blutungen aus der
Alveole oder dem Gingivarand lassen sich durch Elektrokoagulation oder zirkuläre Naht und durch
Einbringen eines gerinnungsfördernden Medikaments (z. B. Lyostyp) in die Alveole zum Stillstand
bringen. Spritzende Gefäße des Gingivarandes werden koaguliert, entsprechende Blutungen aus der
Alveolenwand verbolzt, ebenfalls koaguliert oder durch Einpressen von Knochenwachs versorgt.
Kommen die Blutungen nach diesen einfachen Maßnahmen nicht zur Ruhe oder liegt bei dem Patienten eine hämorrhagische Diathese vor, so ist von weitergehenden, meist zeitraubenden und nachts
auch oft erfolglosen Bemühungen in der Praxis abzusehen und die Einweisung des Patienten in die
nächstgelegene Klinik gerechtfertigt.
Neben diesen Nachblutungen wird die/der Zahnärztin/Zahnarzt heute in zunehmendem Maße auch
mit meist diffusen und anhaltenden Blutungen aus dem Zahnfleischrand im Rahmen von systemischen Therapien bei den verschiedenen Formen der Leukämie, Agranulozytosen und Immunsuppressionen nach Organtransplantationen konfrontiert. Eine systematische Behandlung solcher
schwerwiegenden Blutungen ist nur schwer anzugeben, sie erfordert eine enge Abstimmung zwischen
Zahnärztin/Zahnarzt und Internisten und übersteigt die Aufgabe des zahnärztlichen Nacht- und Notdienstes. Ein nächtlicher Behandlungsversuch ist deshalb kontra indiziert und nach anamnestischer
Verifizierung der Grunderkrankung der Patient in eine internistische oder mund-, kiefer- und gesichtschirurgische Fachabteilung einzuweisen.
Pyogene Infektionen
Echte Notfälle stellen auch alle Formen akuter fieberhafter, eitriger Entzündungen dar, da eine weitere
Ausbreitung der Infektion in die Weichteile und damit eine bedrohliche Komplikation im Einzelfall nicht
auszuschließen ist. Durch eine rechtzeitige und sachgemäße chirurgische Intervention kann eine
Ausweitung der Infektion vermieden werden. In der Mehrzahl der Fälle wird es sich im Nacht- und Notdienst um subperiostale oder submuköse Abszesse handeln, die ohne Schwierigkeiten in Lokalanästhesie inzidiert werden können. Die Entlastung des Abszesses befreit den Patienten augenblicklich von seinen Schmerzen und verhindert eine Ausbreitung der Infektion. Eine konservative Therapie mit der Verordnung von Antibiotika und physikalischen Maßnahmen (feucht-kalte Umschläge) ist
nur bei entzündlichen Infiltraten indiziert und gerechtfertigt, ausgedehnte Weichteilabszesse sind, eine
Indikation zur Klinikeinweisung.
Zahnschmerzen
Neben diesen Notfällen im engeren Sinn wird der überwiegende Teil der Patienten den zahnärztlichen
Bereitschaftsdienst nachts oder an Wochenenden wegen des Symptoms "Zahnschmerzen" in Anspruch nehmen. Hinter diesem Symptom verbergen sich verschiedene Diagnosen, die alle keine Notfälle im Sinne eines lebensbedrohlichen Zustandes darstellen. In diese Gruppen fallen Zahnschmerzen, die nach zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen akut auftreten, aber auch oft schon seit Tagen
anhaltende Zahnschmerzen bei vernachlässigten Gebissen. Die Ursachen der Schmerzen reichen
vom Dolor post extractionem über die Dentitio difficilis bis zur Parodontitis und Pulpitis. Für diese Fälle
sollte die Behandlung im zahnärztlichen Notdienst nur in Maßnahmen zur Schmerzausschaltung bestehen. Weitergehende Behandlungen, wie die Extraktion eines pulpitischen, nicht mehr erhaltungswürdigen Zahnes, sollten möglichst vermieden werden. Im Gegenteil, es ist davor zu warnen, da sich
solche "einfachen Eingriffe" nachts und am Wochenende erfahrungsgemäß leicht zu lang dauernden
Operationen ausweiten. Der schmerzstillende Streifen bei der Alveolitis nach Zahnextraktion, die Trepanation des Zahnes bei der Pulpagangrän oder medikamentöse Einlagen bei der Pulpitis stellen in
der Regel eine ausreichende Therapie zur Schmerzbeseitigung dar. Durch diese einfachen, aber gezielten Behandlungsmaßnahmen kann der Patient in kürzester Zeit von seinen Beschwerden befreit
und für die endgültige Behandlung am Folgetag vorbereitet werden. In diesem Zusammenhang sei
nochmals auf die Entscheidung des Landesberufsgericht für Zahnärzte, Stuttgart vom 07.10.2000,
LNs 3/00, verwiesen.
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Verpflichtung zur Hilfeleistung
Die Sorgfaltspflicht der/des Zahnärztin/Zahnarztes macht eine Untersuchung jedes Patienten, der sich
nachts oder am Wochenende Hilfe suchend an ihn wendet, erforderlich. Eine persönliche telefonische
Beratung mit entsprechenden therapeutischen Anweisungen kann nur in Ausnahmefällen an die Stelle
der Untersuchung und Behandlung treten. Werden die Untersuchung, eine evtl. notwendige Beratung
oder eine Behandlung unterlassen und kommt es nachweislich hierdurch zu einer Komplikation oder
zu Nachteilen des Patienten, so setzt sich die/der betreffende Zahnärztin/Zahnarzt der Gefahr des
Vorwurfes wegen unterlassener Hilfeleistung oder ggf. sogar wegen Körperverletzung aus und muss
mit zivilrechtlichen Konsequenzen rechnen. Eine Entbindung von dieser Beratungs- und Behandlungspflicht ist nur in den Kammerbezirken möglich, in denen ein zahnärztlicher Bereitschaftsdienst eingerichtet ist. Dann kann der »Notfall« an die dienstbereite Kollegin oder den dienstbereiten Kollegen verwiesen werden.
Zeitlicher Umfang des Notfalldienstes
Allgemeines
Der zeitliche Umfang des Notfalldienstes ergibt sich aus § 4 der Notfalldienstordnung. Danach ist von
Gesetzes wegen ein Notfalldienst an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie an
den Werktagen zwischen Weihnachten und Neujahr einzurichten. Der Notfalldienst beginnt um 8.00
Uhr und endet nach 24 Stunden.
Die Einteilung zum Notfalldienst kann von der jeweiligen Bezirkszahnärztekammer als zuständige
Stelle, die im Einvernehmen mit der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung die Durchführung
des Zahnärztlichen Notfalldienstes regelt, auch auf mehrer aufeinander folgende Tage erstreckt werden.
Innerhalb der Notfalldiensteinteilung ist am Vormittag und am Nachmittag je mindestens eine einstündige Sprechstunde – in der Regel von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr und von 16.00 Uhr bis 17.00 Uhr – in
der Praxis einzurichten, wobei die zuständige Stelle hiervon zeitliche Abweichungen vorgeben kann.
Die/der Notfalldienstverpflichtete ist verpflichtet, sich in dieser Zeit in der Praxis zur Verfügung zu halten.
Behandlungspflicht auch außerhalb der angegebenen Sprechstundenzeiten
Zahnärztinnen/Zahnärzte, die zum Zahnärztlichen Notfalldienst eingeteilt sind, müssen auch außerhalb der Notfall-Sprechstundenzeiten zur Entgegennahme von Patientenmeldungen und zur jederzeitigen Behandlung eines Notfallpatienten erreichbar sein.
Ausweitung des zeitlichen Rahmens des Notfalldienstes - auch unter der Woche
Durch die Einteilung zum Notfalldienst wird zum einen die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung sichergestellt, zum anderen den Zahnärztinnen/Zahnärzten ungehinderte und selbst zu gestaltende Freizeit ermöglicht.
Zahnärztinnen/Zahnärzten bleibt es als freiberuflich Tätigen grundsätzlich unbenommen, die Häufigkeit ihrer Sprechstunden selbst zu bestimmen. Die Grenze findet sich an der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Patienten, für die sie nach den berufsrechtlichen Vorschriften höchstpersönlich und auch zu praxisfreien Zeiten verantwortlich sind.
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Die Rechtsprechung stellt bei der Beurteilung von Notfalldiensten auf die „Üblichkeit“ von Sprechstundenzeiten ab. Nach dem Urteil des BGH vom 09.01.2003 (AZ. III ZR 217/01) stelle der Notfallarzt
im Rahmen des durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Ärztekammern organisierten ambulanten Notfall- und Bereitschaftsdienstes die ambulante ärztliche Versorgung bei dringenden Behandlungsfällen in solchen Zeiträumen sicher, in denen die in freier Praxis niedergelassenen Ärzte
üblicherweise keine Sprechstunden abhielten. Die Einrichtung eines Notfalldienstes in den sprechstundenfreien Zeiten ist damit zulässig.
Das Kriterium der „üblichen sprechstundenfreien Zeiten“ ist auslegungsfähig. Es ist festzustellen, dass
Zahnärztinnen/Zahnärzte zum Teil nicht nur Mittwoch nachmittags, sondern auch Freitag nachmittags
keine Sprechstunde abhalten. Unabhängig davon besteht die Verpflichtung zur zahnärztlichen Hilfeleistung in diesen Zeiten weiter, da in der Zeit zwischen Montag und Freitag ganztags „üblicherweise“
Sprechstunden abgehalten werden. Dies bedeutet, dass ein/e abwesende/r Zahnärztin/Zahnarzt der
Verpflichtung zur Patientenversorgung nur durch die Regelung einer Praxisvertretung Rechnung tragen kann, wenn für diese Zeiten kein zahnärztlicher Notfalldienst eingerichtet ist.
Haftungsfragen
Grundsätzlich ergeben sich alle haftungsrelevanten Tatbestände zunächst aus dem abgeschlossenen
Behandlungsvertrag.
Zahnärztinnen/Zahnärzte schulden den Patienten eine Behandlung unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der zahnärztlichen Heilkunde. Sie sind zu regelgerechtem Bemühen zur Wiederherstellung der Gesundheit verpflichtet. Diese Pflicht umfasst die umfassende Versorgung, insbesondere
bei plötzlich auftretenden Beschwerden, unabhängig von den Sprechstundenzeiten. Die Pflicht zur Organisation der Praxis stellt rechtlich gesehen eine Mittelstellung zwischen der/dem Zahnärztin/ Zahnarzt obliegenden Haupt- und Nebenpflichten aus dem Behandlungsschuldverhältnis dar, deren Verletzung zur Leistung von Schadensersatz führt. Es handelt sich dabei um einen Verstoß gegen die Regeln der zahnärztlichen Heilkunde, an die ein objektiver Sorgfaltsmaßstab angelegt wird, der von der
Zahnmedizin selbst bestimmt wird.
Bei einer Praxisvertretung ist eine Haftung der/des Zahnärztin/Zahnarztes gegeben, wenn die Vertretungstätigkeit innerhalb der eigenen Praxisräume erfolgt. Erfolgt die Tätigkeit in den Räumen der/des
Vertretenen oder handelt es sich um eine Vertretung im Rahmen des Wochenendnotdienstes, so ist
eine Haftung Dritter gegeben.
An Wochenenden und Feiertagen, an denen der Notfalldienst eingerichtet ist, sind die Zahnärztinnen/
Zahnärzte von dieser Verpflichtung befreit.
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