Semantische Netze

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LMU München
Institut für Deutsche Philologie
PS: Textlinguistik
Dozent: Dr. Oliver Huber
Referent: Alexej Doroschenko
Datum: 23.06.2003
Semantische Netze
1. Herkunft
Netzartige Repräsentationsformate, unter dem Begriff semantische Netze
zusammengefasst,
gehen
auf
Modelle
menschlichen
Gedächtnisses
der
Kognitionspsychologie zurück. Diesen Modellen liegt die Annahme zugrunde, dass
Konzepte, die semantisch miteinander in Beziehung stehen, durch Strukturen
repräsentiert sind, die in einer geeigneter Art und Weise miteinander verbunden sind.
Diese Verbindungen (zweistellige Relationen) heißen assoziative Beziehungen. Modelle
menschlichen Gedächtnisses, die assoziative Beziehungen vorsehen, heißen
Assoziationsmodelle.
Da Wissenseinheiten relativ groß und strukturiert sind, sollte das Wissen in Form von
Konzepten mit assoziierten Beschreibungen organisiert werden.
2. Struktur der semantischen Netze
Assoziationsmodelle können bildlich leicht als Netzwerke veranschaulicht werden, in
denen Knoten für Konzepte und Kanten für assoziative Beziehungen stehen.
- Knoten (entsprechen Objekten oder Klassen von Objekten)
- Kanten (entsprechen 2-stelligen Relationen zwischen Objekten)
In den Knoten selbst ist keine Information enthalten. Alles Wissen über einen Knoten wird
durch die Verbindungen repräsentiert, die von ihm ausgehen.
Beispiel:
Vogel
hat
Federn
ist-ein
Tweety
hat-farbe
gelb
Man unterscheidet 2 Arten von Netzwerken – assoziatives vs. semantisches Netzwerk.
Es existiert keine klare Terminologie bei den assoziativen und semantischen Netzwerken:
Die Netze der ersten Art werden manchmal als semantische Netzwerke bezeichnet und
umgekehrt. Die Netzwerke mit Kantentypen sind im Vergleich mit assoziativen Netzwerken
ausdrucksmächtiger.
2.1. Eigenschaften
Konzepte sind in semantischen Netzen durch Knoten repräsentiert, wobei die
Knotenbeschriftung den Konzeptnamen angibt. Aussagen über ein Konzept werden durch
Kantenverbindungen mit anderen Knoten dargestellt. Auf diese Weise können angaben zu
den Eigenschaften eines Konzepts gemacht werden. Eine Eigenschaft wird dabei durch
1
einen Knoten repräsentiert, während die Beschriftung der Kante, die einen Konzeptknoten
mit einem solchen Eigenschaftsknoten verbindet, die Eigenschaftsklasse angibt.
Seerose
Schutzstatus
Giftigkeit
vollkommen
geschützt
schwach
giftig
Die Repräsentation von Konzepteigenschaften
2.2. Semantische Beziehungen
Eine semantische Beziehung eines Konzepts zu einem anderen Konzept wird durch eine
Kante zwischen den betreffenden Konzeptknoten dargestellt. Die Kantenbeschriftung
bezeichnet den Kantentyp und somit die Art der Beziehung.
Blütenpflanze
Blatt
is-a
hat-teil
Standort
hat-mögliches-teil
Gewässer
Seerose
Blüte
Schutzstatus
Giftigkeit
vollkommen
geschützt
schwach giftig
Repräsentation von Eigenschaften und semantischen Beziehungen für das Konzept „Seerose“
2.3. Konzeptklassen und Individualkonzepte
Der oben dargestellte Konzeptknoten „Seerose“ steht für die Klasse aller Seerosen. Die an
dem Knoten hängenden Kanten repräsentieren Aussagen über diese Konzeptklasse, die für
alle Klassenelemente zutreffen. Aussagen, die sich nicht auf alle, sondern nur auf einzelne
Klassenelemente beziehen, sind in der Repräsentation des jeweiligen Individualkonzepts zu
berücksichtigen.
Blütenpflanze
vollkommen
geschützt
schwach
giftig
Blüte
Giftigkeit
Schutzstatus
is-a
hat-mögliches-teil
hat-teil
Standort
Gewässer
Seerose
instanz von
instanz-von
hat-teil
Standort
Mindelsee
Blatt
Blatt-1
Seerose-1
instanz-von
Blatt-2
Höhe
2m
Durchmesser
Blüte-1
12 cm
Eine Repräsentation der Konzeptklasse „Seerose“ und eines zugehörigen Individualkonzepts
„Seerose-1“
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Bemerkung: Die Zugehörigkeit eines Individualkonzepts zu einer Konzeptklasse wird hier
durch eine semantische Beziehung des Typs „instanz-von“ ausgedrückt.
=>> Knoten- und Kantenarten
3 Typen von Knoten im semantischen Netz
- Eigenschaftsknoten
- Konzeptknoten
• generisches Konzept (Klasse)
• individuelles Konzept (Instanz)
Daraus ergibt sich die Unterscheidung von mindestens drei Arten von Kanten:
- strukturelle Beziehungen:
• is-a/ hat-teil: Relation zwischen generischen Objekten
• instance-of : Relation zwischen individuellem und generischen Objekt
- nicht-strukturelle Beziehungen:
• beliebige 2-stellige Relationen.
3. Semantik semantischer Netze
Obwohl als Bezeichner für Knoten und Kanten sinntragende Begriffe verwendet werden,
muss festgestellt werden, dass dies nur für den Benutzer von Bedeutung ist. Für das System
selbst wird dadurch keine Semantik definiert. Insofern ist der Begriff semantisches Netz
irreführend.
Die Semantik semantischer Netze ergibt sich durch Übersetzung in Prädikatenlogik erster
Stufe:
volvo
is-a
auto
( x) [volvo(x) --> auto(x)]
auto
auto(a123)
motor
( x) [auto(x)  ( y) [motor(y) & has-part(x,y) ] ]
grau
( x) [elefant(x)  hat-farbe(x,grau)]
rot
hat-farbe(kleid,grau)
instance-of
a123
has-part
auto
hat-farbe
elefant
hat-farbe
kleid
4. Anwendung
Die semantischen Netze werden zur Repräsentation von Wissen eingesetzt. Dies erfolgt
insbesondere im Bereich Informatik und Computerlinguistik, wo man die semantischen Netze
im Kontext von netzartigen und schema-basierten Repräsentationsformate betrachtet
(Repräsentation von Domänenwissen).
Dabei geht es um
- Modellierung mit semantischen Netzen (z.B. Identifizierung von Objekten,
Modellierung der relationalen Bezügen, komplexen Beziehungen, Aktivitäten oder
zeitlichen Verläufen)
- Operationen auf semantischen Netzen
- Erweiterung der Ausdruckskraft durch Partitionierung.
Quellen:
Folien von Dr. Knut Hinkelmanm, FH Solothum.
Reimer, U.: Einführung in die Wissensrepräsentation. Netzartige und schemabasierte
Repräsentationsformate. Stuttgart: B.G. Teubner, 1991.
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