Rudolph, U. (2003). Motivationspsychologie Zusammenfassung Kapitel 9 Psychologie des Willens 1. Definition Die Willenspsychologie befasst sich damit, ob und gegebenenfalls wie wir einen einmal gefassten Entschluss in die Tat umsetzen. Heckhausen (1989): Unterteilung in drei Teilaspekte 1. Initiierung einer Handlung 2. Beenden oder Abbrechen von Handlungen 3. Überwindung von Handlungshindernissen 2. Rubikon-Modell der Handlungsphasen (z.B.Heckhausen & Kuhl, 1985) Prä-dezisionale Phase Gedankliche Inhalte Finden und Vergleich von Handlungsalternativen, Berücksichtigung von subjektivem Wert und subjektiver Wahrscheinlichkeit Endresultat: Intensionsbildung Fazittendenz Konkrete Hadlungsabsicht Prä-aktionale Phase Gedankliche Inhalte Endresultat: Handlungsplan Aktionale Phase Gedankliche Inhalte Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten, für die einmal getroffene Zielintention Fiat-Tendenz Handlungsplan, instumentelle Intentionen Implementierung: allgemeine Zielintention wird in konkrete Realisierungspläne umgesetzt Endresultat: Abschluss der Handlung Vergleich des ursprünglichen Gegebenheiten, Flexibilität Abschluss der Handlung Erreichen des Ziels Plans mit aktuellen Post-aktionale Phase Gedankliche Inhalte Endresultat: Bewertung des Erreichten Vergleich zwischen dem Erwünschten und dem Erreichten Neubewertung von Erwartung und Wert bezüglich der ursprünglichen Handlungsaltenative 1 3. Das Konzept der Bewusstseinslagen (Heckhausen und Gollwitzer 1987) Motivationale Bewusstseinslage „Selektionsmotivation“ Vor-Entscheidungs-und Nach-Handlungsphase Volitionale Bewusstseinslage „Realisierungsmotivation“ Gedankliche Inhalte Selektivität der Aufmerksamkeit Vergleich verschiedener Handlungsalternativen insbesondere insichtlich des subjektiven Werts und der subjektiven Wahrscheinlichkeit Aufmerksamkeit ist wenig fokussiert, Erfassung vieler Alternativen Konkrete Realisierungsmöglichkeite n bezüglich der gefassten Absicht Aufmerksamkeit ist auf Absicht, Umsetzung und Ausführung fokussiert Wenig Offenheit für andere Wünsche oder Ziele Vor-Handlungs-und Handlungsphase Art der Informationsverarb eitung Realitätsorientiert, realistische Einschätzung und genaue Abwägung aller verfügbaren Informationen Realisierungsorienti ert, Ausblendung negativer Rückmeldungen Forschungseegebnisse zum Rubikonmodell und zu den Auswirkungen der beiden verschiedenen Bewusstseinslagen Positive Effekte von Realisierungsintentionen auf den Handlungsbeginn Positive Effekte einer volitionalen Bewusstseinslage auf den Handlungsbeginn Positive Effekte von Realisierungsintentionen und volitionaler Bewusstseinslage auf die Zielerreichung - Anstrengungsaufwendung - Ausblenden anderer Handlungsaltenativen - Wiederaufnahme von Handlungen 2 4. Die Theorie der Handlungskontrolle (Kuhl1985) Prozesse der Handlungskontrolle Selektive Aufmerksamkeit Enkodierkontrolle Emotionskontrolle Motivationskontrolle Umweltkontrolle Sparsame Informationsverarbeitung Misserfolgsbewältigung Erläuterung Ausblenden von Informationen, die nicht in Zusammenhang mit Absicht stehen Tiefere Verarbeitung relevanter Informationen Bevorzugung von förderlichen Emotionen, Unterdrückung von anderen Emotionen Betonung von günstigen Erwartungen oder positiven Anreizen Vermeidung oder Beseitigung von störenden Situationen oder Hinweisreizen Konzentration auf die Realisierung einer Absicht, Beendung des Abwägens von subjektivem Wert und Wahrscheinlichkeit Kein langes Nachdenken über Misserfolg, Abschreiben von unerreichbaren Zielen Handlungsorientierung - Ist einer Realisierungsmotivation förderlich - Vergleichbar mit der volitionalen Bewusstseinslage - Beseitigung der Diskrepanz zwischen gegenwärtigem Zustand und dem beabsichtigten zukünftigen Zustand Lageorientierung - Realisierung der Zielintention gefährdet bis unmöglich - Nachdenken über die gegenwärtige, zurückliegende oder künftige Lage - Bei Behinderung der Handlungsausführung oder ungeeignetem Handlungsplan Handlungs-Lage-Orientierung als Disposition Handlungs- und Lageorientierung können durch Situationsumstände und auch im Experiment herbeigeführt werden Wiederholte Misserfolge Lageorientierung Zugleich ist die Handlungs-Lage-Orientierung im Gegensatz zum Konzept der Bewusstseinslage ein stabiles Personmermal Fragebogen von Kuhl und Mitarbeitern, bei dem drei Aspekten von HandlungslageOrientierung werden erfasst werden: 1) Entscheidungsbezogene Handlungs-Lage-Orientierung Lageorientierte sollten länger brauchen, um zu einer Entscheidung zu kommen 2) Ausführungsbezogene Handlungs-Lage-Orientierung Lageorientierte sollten leichter ablenkbar sein 3) Misserfolgsbezogene Handlungs-Lage-Orientierung Lageorientierte sollten länger über eigene Misserfolge nachdenken und sich schneller entmutigen lassen 3 5. Anwendung: Gelernte Hilflosigkeit a. Tierexperimente, z.B. von Seligmann (1967) Wenn Tiere der Experimentalgruppe unkontrollierbaren Schocks ausgesetzt waren, lernten in der nächsten Phase mehr als die Hälfte von ihnen nicht, den Schocks zu entkommen. Definition von Seligman (1975): „Gelernte Hilflosigkeit ist die Erwartung... Ereignisse nicht kontrollieren zu können.“ Übertragung auf menschliches Verhalten, Hiroto (1974) Personen werden unangenehmen Tönen ausgesetzt. Auch hier führt die Erfahrung von Unkontrollierbarkeit zu Lerndefiziten zu einem späteren Zeitpunkt. Annahme von Hiroto und Seligman (1975): Erfahrungen von Unkontrollierbarkeit werden bei einem bestimmten Aufgabentyp auch auf gänzlich andere Aufgaben generalisiert. Defizite als Folge gelernter Hilflosigkeit Information über die NichtKontingenz zwischen Ereignis und Reaktion Wahrnehmung der NichtKontingenz zwischen Ereignis und Reaktion Erwartung zukünftiger Unkontrollierbarkeit des Ereignises und anderer Ereignisse Motivationale, kognitive und emotionale Störungen, Hilfloses Verhalten Das Modell von Seligman kann nicht erklären: - Manche Probanden zeigen eine Verminderung des Selbstwertgefühls, bei anderen ist das nicht der Fall - Ursachen einer unterschiedlichen Generalisierung auf andere Situationen - Dauer der Symptome Attributionale Erklärungen, Abramson, Seligmann (1978), Abramson et al. (1989) Die Auswirkungen von Unkontrollierbarkeitserfahrungen sind anhand der Attribution der Nicht-Kontingenz zwischen Ereignis und Reaktion erklärbar. 1) Selbstwertstörung tritt auf, wenn Nicht-Kontingenz auf internale Ursachen zurückgeführt wird.1 2) Zur Generalisierung kommt es bei einer Zuschreibung auf globale Ursachen. 3) Symptome halten lang an, wenn stabile Ursachen für die Nicht-Kontingenz verantwortlich gemacht werden. Gelernte Hilflosigkeit und Depression Gelernte Hilflosigkeit weist Parallelen zur reaktiven Depression auf 1 Wird später revidiert: Selbstwertstörung nur , wenn Nicht-Kontingenz internalen, stabilen und globalen Ursachen zugeschrieben wird 4 Nach Abramson et al. (1989) haben manche Personen eine Präferenz für intenale, stabile und globale Ursachenzuschreibungen bei negativen Ereignissen stabiles Personmerkmal Für eine depressive Reaktion müssen ein negatives Ereignis und der depressive Erklärungsstil gegeben sein Metaanalysen belegen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Attributionsstil und der Wahrscheinlichkeit einer depressiven Reaktion, dies erlaubt allerdings keine Aussagen über Kausalzusammenhänge Attributionsstile von Schülern und Studenten - Feldexperiment von Hilsmann und Garber (1995): Depressive Reaktionen nach negativem Ereignis waren signifikant wahrscheinlicher und ausgeprägter für Schüler, bei denen ein negativer Attributionsstil diagnostiziert wurde. - Feldexperiment von Stiensmeier-Pelster (1989): negative emotionale Empfindlichkeit nach unerfreulichem Weihnachtsfest und Präferenz des Studierenden für internale, globale und stabile Ursachenzuschreibung Alternative Erklärung von Kuhl (1981,1984): Unkontrollierbarkeit und LageOrientierung Stetiger Misserfolg bedeutet, dass eine bestimmte Zielintention in der Ausführung behindert wird Wenn handlungsorientierte Aktivitäten diesen Zustand nicht beheben können, kommt es zu einem Zustand der Lage-Orientierung Person denkt nicht mehr über Lösungsmöglichkeiten nach, sondern über Misserfolg, seine Ursachen und Konsequenzen Vergleich mit Seligmans (1975) ursprünglichem Modell: Symptome der gelernten Hilflosigkeit werden nicht mit Prozessen der Erwartungsgeneralisierung erklärt, sondern damit, dass Person in einem Zustand der Lageorientierung verbleibt und deshalb weniger effektiv an der Realisierung neuer Zielintentionen arbeiten kann. Das Modell von Seligmann trifft laut Kuhl nur bei sehr ähnlichen Situationen zu. Vergleich mit attributionalen Erklärungsansätzen: auch Kuhl nimmt an, dass es bei andauerndem Misserfol zu Ursachenzuschreibungen kommt. Bei ihm sind dies jedoch keine handlungsleitenden Gedanken, sondern sie sind handlungsirrelevant und stehen einer Umsetzung der Zielintention im Wege. Lage-Orientierte Personen nehmen im Vergleich zu Personen, die keine Leistungsdefizite zeigen, keine anderen Ursachenzuschreibungen vor. Sie beschäftigen sich aber intensiver mit der Ursachenanalyse. Experiment von Brunstein (1989): Bei Handlungsorientierten Probanden höhere Erfolgserwartungen und bessere Leistungen als bei lageorientierten Probanden. Integratives Modell, Stiensmeier-Pelster (1989, 1994): Attributionaler und volitionaler Erklärungsansatz können sich ergänzen (siehe Abbildung 9.2. S.220) 5