Factsheet - GlaxoSmithKline

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Artikel über Bipolare Störungen
Bipolare Störungen - historischer Rückblick
Die ersten Beschreibungen bipolarer Störungen (oder manisch-depressiver Erkrankungen)
gehen bis in das griechische Altertum zurück. Eine Unausgewogenheit der verschiedenen
Körperflüssigkeiten wurde damals als Ursache vermutet - eine Vorstellung, die von unserem
heutigen Erkenntnisstand, sprich Veränderung einzelner Neurotransmitter in der Krankheitsphase, gar nicht so weit entfernt ist. Nicht nur wegen ihres zum Teil dramatischen Erscheinungsbildes mit unvorhersehbaren Stimmungswechseln, sondern auch wegen der Häufigkeit
ihres Auftretens waren bipolare Störungen offensichtlich schon damals Gegenstand der Forschung.
Bis zur Etablierung in psychiatrischen Diagnosenmanualen und Klassifikationssystemen in
der heute gültigen Form war es allerdings noch ein weiter und wechselvoller Weg. Manche
der heute bestehenden diagnostischen Probleme werden besser verständlich, wenn man
sich den historischen Forschungshintergrund der manisch-depressiven Erkrankung
vergegenwärtigt, der erkennen lässt, in welchem Maße sich die Regeln klinischpsychiatrischer Diagnostik und die Diagnostiziergewohnheiten der Nervenärzte im Laufe der
Zeit verändert haben. Noch vor 50 Jahren vertraten namhafte Psychiater die Auffassung, bipolare Erkrankungen seien außerordentlich selten und kämen bei weit weniger als 1 % der
Bevölkerung vor. Heute weiß man, dass 3-6 % der Bevölkerung unter Erkrankungen des
manisch-depressiven Spektrums leiden.
Obwohl die manisch-depressive Krankheit (bipolare Störung) bereits 1851 von dem
französischen Psychiater Falret unter der Bezeichnung “Folie circulaire” beschrieben worden
war, taten sich die Nervenärzte in den darauf folgenden Epochen außerordentlich schwer, zu
einer allgemein anerkannten Definition zu kommen
Vor der Jahrhundertwende gab es in Deutschland zahlreiche sich inhaltlich überlappende
Konzepte für zirkuläre, periodische bzw. phasische Psychosen. Eine Verwirrung stiftende
Besonderheit bestand darin, dass sich in Abhängigkeit vom “Einzugsgebiet” einflussreicher
Fachvertreter und Meinungsbildner voneinander abweichende Nomenklaturen und Terminologien für die zur “zirkulären Gemütserkrankung” zu rechnenden psychischen Störungen
entwickelten. Der damaligen Unübersichtlichkeit der psychiatrischen Klassifikationen schaffte
der bedeutende deutsche Psychiater Emil Kraepelin Abhilfe, indem er alle Gemütserkrankungen unabhängig von ihrer polaren Ausrichtung und von ihrem Schweregrad
zu einer großen Krankheitsgruppe, die er “manisch-depressives Irresein” nannte, zusammenfasste. Angefangen von den leichteren affektiven Störungen - Zyklothymie und Dysthymie - bis hin zu den Melancholien und Manien mit psychotischen Merkmalen hatte Kraepelin
ein weites Spektrum klinischer Bilder als “Erscheinungsformen eines einzigen Krankheitsvorganges” erkannt und zusammengefügt. Aus heutiger Sicht bestand eine Besonderheit der Auffassung Kraepelins darin, unipolare und bipolare affektive Erkrankungen nicht
voneinander zu trennen.
Kraepelins Konzept des manisch-depressiven Irreseins setzte sich in der klinischen Psychiatrie zunächst durch, was sich in den entsprechenden Kapiteln der bedeutendsten, zwischen
1900 und 1940 erschienenen Lehr- und Handbücher nachlesen lässt. Eine weitere innovative Leistung auf dem Gebiet der affektiven Erkrankung verbindet sich mit dem Namen des
Tübinger Psychiaters Ernst Kretschmer, auf den die heute vor allem im angloamerikanischen
Sprachraum außerordentlich populäre Idee vom manisch-depressiven Spektrum zurückgeht.
Die Spektrumshypothese besagt, dass sich die bipolaren Erkrankungen von den schweren,
mit psychotischen Merkmalen einhergehenden zirkulären Emotionspsychosen bis hin in die
normalen Variationen des Temperaments - zyklothymes oder zykloides Temperament -
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“verdünnen” (zyklothyme Temperamente sind durch Stimmungsschwankungen im Sinne von
“himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt” gekennzeichnet).
Nach 1945 kam es jedoch in der deutschen Psychiatrie zu einem Paradigmenwechsel, der
beinhaltete, dass alle schweren Gemütserkrankungen, insbesondere jene, die mit psychotischen Symptomen einher gehen, dem Spektrum der als “Schizophrenie” bezeichneten
psychotischen Störungen zugeordnet wurden. Diese Sichtweise führte dazu, dass viele Patienten mit schweren Melancholien, Manien und vor allem mit manisch-depressiven
Mischzuständen bei einem Auftreten von psychotischen Symptomen (wie z.B. Wahnvorstellungen oder Halluzinationen) die Diagnose Schizophrenie erhielten und entsprechend
behandelt wurden.
Nach richtungweisenden Forschungsergebnissen, die zwischen 1950 und 1980 erarbeitet
wurden und die zu einer Differenzierung der rezidivierenden Depressionszustände von der
bipolaren manisch-depressiven Erkrankung einerseits und zu einer ebenso klaren Abgrenzung der Gemütserkrankungen von den Schizophrenien andererseits führte, hat die Forschung über bipolare Erkrankungen erst in den vergangenen 15 Jahren den erforderlichen
Aufschwung erfahren. Seither wurden zahlreiche weiterführende neurobiologische, diagnostische und therapeutische Erkenntnisse über bipolare Erkrankungen gewonnen, die nunmehr
auch den Patienten und ihren Angehörigen zugute kommen.
Eine wesentliche Voraussetzung für diese in den vergangenen Jahren erzielten therapeutischen Fortschritte war die Vereinheitlichung der Diagnostik. Die für alle Ärzte verbindliche
10. Revision der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen der WHO (ICD 10) hat die
bis dahin gängigen Begriffs- und Krankheitsbeschreibungen abgelöst und damit eine
entscheidende Voraussetzung für eine qualitätsgerechte Behandlung von Patienten mit bipolaren Erkrankungen geschaffen.
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