Iris Trick, Uwe Vohrer Mikroorganismen Ursache für die Zerstörung von Archivalien und Büchern Im Archivgut und in Bibliotheken finden Mikroorganismen häufig ihre natürlichen Substrate vor. oder sie passen sich den Gegebenheiten an. So entstehen Schäden durch Korrosion aufgrund mineralischer Säuren an Metallteilen, durch den Abbau von Ledereinbänden oder durch unansehnliche Flecken aufgrund gefärbter Stoffuwechselprodukte oder pigmenthaltiger Mycelien. Der Abbau der Papierfaser durch zellulaseproduzierende Pilze bedroht das Archivgut in besonderer Weise. Natürliche Lebensräume von Bakterien und Pilzen sind der Boden und das Wasser, während die Luft in erster Linie als Überträgermedium dient. Mikroorganismen sind eingebunden in die natürlichen Stoffkreisläufe und übernehmen dort Schlüsselfunktionen. Während Pflanzen das CO, aus der Luft durch ihre fotosynthetische Wirksamkeit binden, haben Mikroorganismen die Aufgabe, die in der Natur entstandenen organischen Verbindungen in mineralisierter Form wieder in den Kreislauf zurückzuführen [1]. Die Vielfalt der Anpassungsmöglichkeiten von Mikroorganismen an verschiedene Lebensräume und Nährstoffe ist dabei faszinierend groß [2]. Bakterien kommen auch an extremen Standorten vor, z.B. bei hohen Temperaturen und Salzgehalten. Sie lösen oder fällen Metalle und verwerten organische Verbindungen anthropogenen oder natürlichen Ursprungs. Selbst geringste Spuren potentieller Nährstoffe reichen aus, um bakterielles Wachstum zu ermöglichen. Auch Pilze sind weit verbreitet und für ihre Anpassungsfähigkeit bekannt. Ihr Vorkommen beschränkt sich immer auf Standorte, an denen sie organische Substrate vorfinden. Die Eigenschaft, schon bei relativ geringen Feuchtegehalten zu wachsen, führt zur Dominanz dieser Organismen an relativ trockenen Standorten. Die Beobachtung der vielfältigen Fähigkeiten von Mikroorganismen hat schon in der Zeit des Altertums dazu geführt, daß Mikroorganismen genutzt wurden. Aus der Lebensmitteltechnik sind Bakterien- und Pilzstämme als Katalysatoren in zahlreichen Prozessen nicht mehr wegzudenken (Joghurt, Käse, Bier- und Brotherstellung). Die Stoffwechseleigenschaften von Mikroorganismen dienen der Herstellung von Arzneimitteln (Penicillin, Insulin) und zur Gewinnung chemischer Verbindungen (Milchsäure, Zitronensäure), die als Ausgangssubstanzen für die Synthese anderer Produkte gebraucht werden. Auch bei der Umsetzung von Abwässern und organischen Abfällen werden das rasche Wachstum und die Abbaufähigkeiten von Mikroorganismen gezielt in Anspruch genommen. Der Zusammenhang zwischen schädlichen und unerwünschten Vorgängen im täglichen Leben und mikrobieller Aktivität wurde erst relativ spät hergestellt. Im Vordergrund standen dabei zunächst die Entstehung von Krankheitsbildern und deren Übertragungswege. Inzwischen ist die Kenntnis der mikro-biellen Stoffwechselaktivitäten so gewachsen, daß im technischen Bereich auftretende Störungen und Schäden mit der Bildung organischer oder anorganischer Säuren durch Bakterien und Pilze in Zusammenhang gebracht werden (Rohrleitungen, Gesteinsschäden) [3]. Auch Funktionsstörungen durch Belagsbildung an Anlagen sind häufig auf mikrobielle Biofilme zurückzuführen (Verunreinigung von Reinstwasseranlagen, Leistungsabfall bei Kühltürmen) [4], Insgesamt erzeugen Mikroorganismen durch ihr Wachstum oder ihre Stoffwechselprodukte weltweit Schäden in Milliardenhöhe. Mikroorganismen bevorzugen oft ein Wachstum an Oberflächen, wie in Abb. 1 am Beispiel einer porösen bewachsenen Oberfläche zu sehen ist („Biofilme"). Auch bei der mikrobiellen Korrosion oder dem Abbau organischer Verbindungen wie Zellulose ist der Kontakt zwischen den Zellen und der Materialoberfläche für die Entwicklung der Organismen von Bedeutung. Abbau von Polymeren Unter den in der Natur vorkommenden Polymeren nimmt Zellulose eine herausragende Stellung ein. Sowohl von der Menge als auch von der Verbreitung her ist sie das bedeutendste Bio- polymer. Die Weltjahresproduktion durch Fotosynthese beträgt ca. 1,3 x l09t. Der typische molekulare Aufbau der Zellulose in Zusammenwirken mit der Ausrichtung der einzelnen Glucoseeinheiten führt zu einer fibrillären Struktur (Abb. 2 und 3). Zellulose ist in ihrer ursprünglichen ungelösten Form von Mikroorganismen nicht verwertbar, da nur gelöste Stoffe die Zellwand von Bakterien oder Pilzen passieren können. Die Organismen geben die zur Solubilisierung erforderlichen Enzyme an die Umgebung ab. Die Zellulosefasern werden so schrittweise in lösliche Molekülbausteine zerlegt. Der so zur Verfügung stehende Zucker wird zur Bildung von Zellmasse und zur Aufrechterhaltung des Stoffwechsels genutzt. Als Nebenprodukte entstehen häufig verschiedene organische Säuren, die an die Umgebung abgegeben werden [5]. Der Zelluloseabbau wird durch mehrere enzymatische Schritte katalysiert, die zu einer Strukturänderung der Fasern und damit zu deren Schädigung führen. Für den Zelluloseabbau sind in der Natur mehrere Enzyme notwendig, um die Zuckermoleküle zugänglich zu machen. Bevorzugt kommen beim Zelluloseabbau solche Pilzarten vor, die über das komplette Enyzmsystem verfügen. Besonders häufig sind Trichoderma reesei. Trichoderma viride. Fusarium solani. Penicillium funiculosum und Phanaero-chaete chrysosporium [6]. In der Natur liegen die Zellulosemoleküle in Form von Verbundmaterialien vor, die dem mikrobiellen Abbau entgegen wirken. Lignin schützt die im Holz organisierte Zellulosefaser, da nur relativ wenige Organismen zum Abbau von Lignin befähigt sind. Die Natur bewahrt damit den Bestand vor allzu raschem und ungewolltem Abbau. Dort, wo ligninhaltige Materialien vorliegen, zeigt sich jedoch die Überlegenheit der Pilze beim Abbau komplexer chemischer Strukturen. Enzyme, die zum Abbau anderer natürlicher Polymere befähigen, werden von zahlreichen Organismen produziert. Stärke. Chitin oder Proteine werden wie Zellulose durch Exoenzyme abgebaut. Eine große Anzahl derartiger Enzyme wird heute in verschiedenen Anwendungsbereichen technisch genutzt, um die Verarbeitung von Lebensmitteln, Futtermitteln oder Leder zu beschleunigen oder Reinigungslösungen u.a. zur Verfügung zu stellen. Im mikrobiologischen Labor können diese Eigenschaften anhand biochemischer Nachweismethoden visualisiert werden. Abb. 4 zeigt den Nachweis des Stärkeabbaus. Bacillus subtilis wurde auf stärkehaltigem Nährmedium ausgestrichen und nach mehrtägigem Wachstum mit Lugol'scher Lösung überschichtet. Die Stellen, an denen durch Enzyme die Stärkemoleküle bereits aufgelöst sind, können anhand aufgeklarter, nicht gefärbter Zonen, sogenannten „Freßhöfen", diagnostiziert werden. Aus Abb. 4 wird auch erkennbar, daß die zur Degradation der Biopolymere befähigten Enzyme nicht nur in direkter Nachbarschaft der mikrobiellen Population auftreten, sondern in vielen Fällen in die Umgebung diffundieren können. Wachstum mikrobieller Populationen Wie groß muß die Ausgangskonzentration an Zellen sein, damit auf einem Material, das von Organismen angegriffen werden kann, Wachstum und Zellvermehrung stattfinden? Es reicht theoretisch eine einzelne Zelle, um Bakterien- oder Pilzkolonien zur Entwicklung zu bringen. Je höher allerdings die Ausgangskonzentration an Zellen ist, um so rascher wird die Umgebung besiedelt. Voraussetzung sind ausreichend Feuchtigkeit und geeignete Nährstoffe. Das sind im wesentlichen Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphorverbindungen für den Aufbau von Zellsubstanz. Aus einer einzelnen Zelle entstehen, falls die Umgebungsbedingungen dazu geeignet sind, in kürzester Zeit Tausende von Tochterzellen, die als Ansammlung oft mit bloßem Auge erkennbar sind und an befallenen Oberflächen z.B. bräunliche, schwarze, beige gefärbte oder rötliche Flecken ausbilden. In Abb. 5 ist die Entwicklung von Zellen aus einer Pilzspore zu erkennen. Aus einer einzelnen Zelle entwickelt sich zunächst eine fadenförmige Zelle, die in ein Mycel übergeht und zu einem umfangreichen Geflecht von Zellen führt. Es handelt sich um Aufnahmen eines AspergillusStammes, wie er an vielen Standorten - auch in historischen Dokumenten - vorkommt. Der Gesamtbeobachtungszeitraum bei dem dargestellten Beispiel war kleiner als zwei Tage. Dies zeigt, daß Mikroorganismen sehr rasch wachsen und innerhalb kurzer Zeit neue Zellen entstehen. (In einigen Fällen verdoppeln sich Mikroorganismen in einem Zeitraum von weniger als einer halben Stunde.) Die in manchen Fällen als explosionsartig empfundene rasante Entwicklung mikrobieller Populationen beruht auf dem exponentiellen Wachstum unter günstigen Umgebungsbedingungen. Die Wachstumsgeschwindigkeit ist dabei von der Art des Organismus und den Umgebungsbedingungen abhängig. Sind die Bedingungen für den Organismus oder die Population ungünstig, so kann bei einigen Mikroorganismen ein Dauerstadium gebildet werden, in dem der Stamm über lange Zeiträume hinweg ausharren kann, bis sich die Milieubedingungen so verändern, daß Wachstum möglich ist. Ausgedehnte Trockenphasen schaden so der Vitalität der Zellen in aller Regel nicht. Sporen von Bacillen übertreffen die Resistenz von Pilzsporen, widerstehen nicht nur der Trocknung, sondern auch hohen Temperaturen (vor allem trockener Hitze), Strahlung und chemischen Substanzen. Für das erneute Auskeimen sind beim Bakterienstoffwechsel jedoch höhere Feuchtegehalte erforderlich als bei Pilzen [7]. Oft treten verschiedene Mikroorganismen gemeinsam auf, so daß die Gesamtpopulation von der Anpassungsfähigkeit der verschiedenen Vertreter profitiert. Haben Pilze in einem bestimmten Lebensraum, z.B. einem Buch oder an einer Tapetenoberfläche, mit der Besiedelung begonnen, nehmen sie Feuchte aus der Umgebung auf, speichern sie in ihrem Mycel und bieten so Bakterien, die einen höheren Feuchtebedarf haben, verbesserte Ausgangsbedingungen. Organismen, die an Oberflächen aufgewachsen sind, erfreuen sich zu dem, unabhängig von möglichen Dauerstadien, einer besonders hohen Resistenz gegenüber chemischen oder physikalischen Einflüssen. Die Ausbildung dunkler Pigmente verleiht zusätzlich einen besonderen Schutz vor Strahlung und findet sich nicht von ungefähr bei zahlreichen Pilzen, wie einigen Aspergillus-faten (schwarz, braun) wieder. Sind also Mikroorganismen vorhanden, gibt es eine Reihe von Hindernissen, um sie wirksam beseitigen und bekämpfen zu können. Konsequenzen für die restauratorische Praxis Bücher und Dokumente bestehen in ihren Grundstoffen aus für Mikroorganismen zugänglichen Substraten. Da z.B. beim Zelluloseabbau die Substanz mit der Zeit völlig zerstört wird, ist der erste Schritt zur Bewahrung von Bibliotheksbeständen und .Archiven, den Kontakt zwischen potentiellen Abbauern und den wertvollen Beständen zu verhindern oder auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Relevant sind außerdem die Lagerungsbedingungen und die Vorgehensweisen bei der Nutzung oder Restaurierung kontaminierter Werke oder Dokumente [8]. Mikroorganismen sind zunächst in der Natur vorhanden und können aus dem Außenraum in das Gebäudeinnere eingetragen werden. Daher wird die Art und .Anzahl der Organismen im Innenraum beeinflußt durch die Qualität der Außenluft, durch die Umgebungsbedingungen, den Standort, die Klimaverhältnisse und die Jahreszeit. Ihr Auftreten in der Raumluft ist abhängig von den räumlichen Gegebenheiten, den Lüftungseinrichtungen und -gewohn-heiten, gegebenenfalls auch vom Wartungszustand der Klimaanlagen. Bei Lagerung unter feuchten Bedingungen, starken Temperaturschwankungen, hohen Staubkonzentrationen oder bei gemeinsamer Lagerung befallener und nicht kontaminierter Werke entstehen große Gefahrenquellen, da dadurch das Wachstum ausgelöst oder unterstützt werden kann und Übertragungswege entstehen. Beim Gebrauch von Büchern, ZeitSchriften oder Dokumenten werden Schmutz- und Fettspuren eingebracht, die optisch zunächst nicht wahrgenommen werden, aber für Mikroorganismen zusätzliche „Futterquellen" darstellen. Die Zellen von Mikroorganismen sind mikroskopisch klein (l μm =10-3mm), also mit dem bloßen Auge nicht erkennbar, und werden mit dem Luftzug leicht von einem Ort zum anderen transportiert. Sie sind oft an Wassertröpfchen oder Staubpartikel gebunden und halten sich im bewegten Luftstrom, ohne zu sedi-mentieren. Wichtig ist die Kenntnis, daß mikrobielle Zellen, z.B. Sporen, in verschiedenen Lösungen vorhanden sein können. Es handelt sich dabei z.T. um Milieubedingungen, unter denen ein Überleben nicht möglich oder unwahrscheinlich erscheint. So sind z.B. Bacillus-Sporen in 70%igem Ethanol resistent und überdauern Erhitzen auf 80 °C ohne Schwierigkeiten. Durch häufigen Gebrauch oder längeres Stehenlassen von Lösungen kann in manchen Fällen sogar eine Aufkonzentrierung der Zellen erfolgen, die entweder durch erneutes Einbringen von Zellen oder durch Wachstum stattfindet. Gegenstände und Flächen, die mit kontaminierten Werken in Berührung gekommen sind, füngieren als Überträgermedium, weil sich mikrobielle Zellen abgelagert haben, die auf verschiedenen Wegen auf andere Gegenstände übertragen werden können. Über Tischoberflächen, Fußböden. Scheren, Messer oder kontaminierte Handflächen ist die Übertragung ebenso möglich wie durch verunreinigte Handschuhe oder Kleidung. In ähnlicher Weise wie im mikrobiologischen Laboratorium können für den Umgang mit mikrobiell belasteten Materialien folgende Maßnahmen empfohlen werden: > Zum Schutz von Objekten und Personen greift man bereits in vielen Bereichen auf den Gebrauch einer sogenannten Laminar-flowbox (sterile Werkbank) zurück, desinfiziert und sterilisiert die Arbeitsgeräte vor und nach Verwendung und trägt kochfeste Laborkleidung. In besonderen Fällen können Mundschutz und Handschuhe dazu kommen. > Für mit Pilzen und Bakterien befallene Dokumente und Bücher ist darüber hinaus eine inaktivierende Behandlung ratsam, um der weiteren Zerstörung und Verbreitung entgegen zu wirken. Methoden zur Inaktivierung oder Entfernung Konventionelle Methoden Lange bevor die Existenz mikroskopisch kleiner Lebewesen bewiesen war, wurden Vorgehensweisen entwickelt, die ihre Vermehrung verhindern sollten. Erfinderisch waren die Menschen immer dann, wenn es um besonders wertvolle Gegenstände und Materialien ging. Konservierungsmaßnahmen waren deshalb in erster Linie verbreitet, um Lebensmittel haltbar zu machen. Die Ägypter waren allerdings bereits mit zahlreichen Techniken vertraut, die ihre Kulturgüter bis in unsere Zeit hinein erhielten und vor mikrobiellem Abbau schützten. Im Laufe der Zeit entstanden verschiedene Verfahren, die ein bakterien- oder pilzfreies Arbeiten ermöglichen. Werden alle vorhandenen Organismen entfernt, spricht man von einem Entkeimungs- oder Sterilisationsverfahren. Zwei Schwierigkeiten sind in der Praxis zu berücksichtigen: > Nicht alle Organismen sind in der gleichen Weise anfällig für die verschiedenen Einflußfaktoren, die bei diesen Verfahren genutzt werden. Die Absterberate wird, ähnlich wie die Wachstumsrate, beeinflußt durch die Art der Organismen, aber auch durch Faktoren wie z.B. Alter, Feuchtegehalt, pH-Wert, Nährstoffangebot. > Die Auswahl der Sterilisationsverfahren orientiert sich an den Materialeigenschaften der zu sterilisierenden Güter, da, wie die nachfolgende Zusammenfassung zeigt, einige Verfahren wegen der einzustellenden Bedingungen nicht für empfindliche Substanzen und Stoffe angewendet werden können. Es ist deshalb meist eine gezielte Auswahl aus den verschiedenen Verfahren erforderlich: > Feuchte Hitze (121 °C, 1,2 bar, 20 min): für hitzeresistente Flüssigkeiten. > Trockene Hitze (160 °C, 3 Stunden): für trockene Glasgeräte, Metallteile. > Strahlung: UV-Strahlung für Oberflächenbehandlung, Gammastrahlung zur Sterilisation thermolabiler Materialien (Kunststoffe, Papiere, Folien). > Ausschluß von Zellen durch Filtration: Porenfilter mit Porendurchmesser von < 0,2 |im oder Tiefenfilter zur Entfernung von Bakterien- und Pilzzellen aus Gasen (z.B. Luft) oder wärmeempfindlichen Flüssigkeiten (z.B. Alkohole, Harnstoff, Vitamine). > Chemisch aktive Gase: Ethylenoxid oder Formaldehyd zur Sterilisation von Produkten und Gütern, die nicht hitzeresistent sind (Kunststoffe, Papiere, Folien). Feuchte Hitze ist sehr wirksam gegen mikrobielle Zellen. Die vegetativen Formen werden bereits bei 60 bis 80 °C relativ rasch abgetötet, während bakterielle Sporen besonders resistent sind. Trockene Hitze ist weniger wirkungsvoll und bedarf deutlich längerer Behandlungsdauer und höherer Temperatur. Bei der UV-Bestrahlung nutzt man das Wirkungsspektrum von λ = 260 nm, das in dem für die Nukleinsäuren entscheidenden Wellenlängenbereich liegt und somit die Vermehrungsfähigkeit der behandelten Zellen beeinflußt. Ionisierende Strahlung (z.B. Gammastrahlung) wirkt aufgrund der entstehenden besonders reaktionsfähigen Radikale auf die Organismen und zerstört die Desoxyribonukleinsäure, ohne deren intakte Struktur eine Vermehrung nicht stattfinden kann. Eine intensive Durchdringung der zu sterilisierenden Güter erreicht man bei Anwendung von bioziden Gasen wie Ethylenoxid und Formaldehyd [9]. Beide Substanzen sind sehr reaktiv und durchdringen die behandelten Güter sehr intensiv. Die dargestellten Methoden sind trotz unterschiedlicher Wirkungsweise geeignet, Mikroorganismen von Oberflächen oder Lösungen zu entfernen oder ihre Vermehrungsfähigkeit zu zerstören. Einerseits limitiert die hohe physikalische und chemische Beanspruchung bei diesen Methoden ihre Anwendung bei der Behandlung von Papieren, andererseits bergen einige dieser Verfahren ein hohes Gefährdungspotential aufgrund der verwendeten Stoffe. Entwicklung eines neuen Verfahrens Wärme, Feuchte und Strahlung sind Einflußfaktoren, die mikrobiell geschädigte Papiere zusätzlich belasten oder zerstören. Auch in anderen Bereichen, in denen es um die Reinigung von Oberflächen [10] oder die Sterilisation thermolabiler Güter geht, werden materialschonende Techniken benötigt. So hat in den letzten Jahren die sogenannte Plasmatechnik einen beachtlichen Aufschwung genommen, insbesondere bei der Behandlung verschiedener Materialoberflächen. Wasserstoff-und Sauerstoff-Plasmen werden in einem speziellen Sterilisationsverfahren zur Behandlung von Papieren eingesetzt. Das Verfahren wurde so konzipiert, daß Buchseiten oder Dokumente nicht direkt der energiereichen Strahlung ausgesetzt sind. Die reaktiven chemischen Teilchen, die mit den mikrobiellen Zellen reagieren und sie abtöten, arbeiten bei relativ niedrigen Temperaturen und sind am Ende des Prozesses in harmlose Endprodukte umgewandelt, die weder giftig noch explosiv oder umweltschädigend sind. Bei den bisherigen Untersuchungen konnten relativ hohe Zellkonzentrationen, die zuvor künstlich auf Papier aufgebracht worden waren, um mehrere Zehnerpotenzen reduziert werden. Vielversprechend war bisher auch die Behandlung von Stockflecken, die, nachdem sie dem Plasma ausgesetzt waren, vollständig verschwanden [11,12]. Das Plasmabehandlungsverfahren wurde in Kooperation mit der Deutschen Bibliothek Leipzig und dem Institut für Textil- und Faserchemie der Universität Stuttgart am Fraunhofer Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart entwickelt. Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für finanzielle Unterstützung. Anmerkungen Schlegel H. G.: Allgemeine Mikrobiologie. Stuttgart 1992. Lengeier, J. W., Drews, G., Schlegel, H. G.: Biology of the Pro-karyotes. Stuttgart 1999. Sand, W.: Mikrobielle Materialschädigungsmechanismen. Werkstoffe und Korrosion 45, 10-16 (1994). [4] Flemming, H.-C, Schaule, G.: Biofouling. Werkstoffe und Korrosion 45, 29-39 (1994). [5] Shimada, M., Takahashi, M.: Biodegradation of cellulosic mate-rials. In: Hon, D. N.-S., Shiraishi, N. (eds.): Wood and cellulosic chemistry. 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