Iris Trick, Uwe Vohrer Mikroorganismen Ursache für die Zerstörung

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Iris Trick, Uwe Vohrer
Mikroorganismen
Ursache für die Zerstörung von Archivalien und Büchern
Im Archivgut und in Bibliotheken finden Mikroorganismen häufig ihre natürlichen Substrate vor.
oder sie passen sich den Gegebenheiten an. So entstehen Schäden durch Korrosion aufgrund mineralischer Säuren an Metallteilen, durch den Abbau von Ledereinbänden oder durch unansehnliche
Flecken aufgrund gefärbter Stoffuwechselprodukte oder pigmenthaltiger Mycelien. Der Abbau der
Papierfaser durch zellulaseproduzierende Pilze bedroht das Archivgut in besonderer Weise.
Natürliche Lebensräume von Bakterien und Pilzen sind der Boden und das Wasser, während die
Luft in erster Linie als Überträgermedium dient. Mikroorganismen sind eingebunden in die
natürlichen Stoffkreisläufe und übernehmen dort Schlüsselfunktionen. Während Pflanzen das CO,
aus der Luft durch ihre fotosynthetische Wirksamkeit binden, haben Mikroorganismen die Aufgabe,
die in der Natur entstandenen organischen Verbindungen in mineralisierter Form wieder in den
Kreislauf zurückzuführen [1].
Die Vielfalt der Anpassungsmöglichkeiten von Mikroorganismen an verschiedene Lebensräume
und Nährstoffe ist dabei faszinierend groß [2]. Bakterien kommen auch an extremen Standorten vor,
z.B. bei hohen Temperaturen und Salzgehalten. Sie lösen oder fällen Metalle und verwerten
organische Verbindungen anthropogenen oder natürlichen Ursprungs. Selbst geringste Spuren
potentieller Nährstoffe reichen aus, um bakterielles Wachstum zu ermöglichen. Auch Pilze sind
weit verbreitet und für ihre Anpassungsfähigkeit bekannt. Ihr Vorkommen beschränkt sich immer
auf Standorte, an denen sie organische Substrate vorfinden. Die Eigenschaft, schon bei relativ
geringen Feuchtegehalten zu wachsen, führt zur Dominanz dieser Organismen an relativ trockenen
Standorten.
Die Beobachtung der vielfältigen Fähigkeiten von Mikroorganismen hat schon in der Zeit des
Altertums dazu geführt, daß Mikroorganismen genutzt wurden. Aus der Lebensmitteltechnik sind
Bakterien- und Pilzstämme als Katalysatoren in
zahlreichen Prozessen nicht mehr wegzudenken (Joghurt, Käse, Bier- und Brotherstellung). Die
Stoffwechseleigenschaften von Mikroorganismen dienen der Herstellung von Arzneimitteln
(Penicillin, Insulin) und zur Gewinnung chemischer Verbindungen (Milchsäure, Zitronensäure), die
als Ausgangssubstanzen für die Synthese anderer Produkte gebraucht werden. Auch bei der
Umsetzung von Abwässern und organischen Abfällen werden das rasche Wachstum und die
Abbaufähigkeiten von Mikroorganismen gezielt in Anspruch genommen.
Der Zusammenhang zwischen schädlichen und unerwünschten Vorgängen im täglichen Leben und
mikrobieller Aktivität wurde erst relativ spät hergestellt. Im Vordergrund standen dabei zunächst
die Entstehung von Krankheitsbildern und deren Übertragungswege. Inzwischen ist die Kenntnis
der mikro-biellen Stoffwechselaktivitäten so gewachsen, daß im technischen Bereich auftretende
Störungen und Schäden mit der Bildung organischer oder anorganischer Säuren durch Bakterien
und Pilze in Zusammenhang gebracht werden (Rohrleitungen, Gesteinsschäden) [3]. Auch
Funktionsstörungen durch Belagsbildung an Anlagen sind häufig auf mikrobielle Biofilme
zurückzuführen (Verunreinigung von Reinstwasseranlagen, Leistungsabfall bei Kühltürmen) [4],
Insgesamt erzeugen Mikroorganismen durch ihr Wachstum oder ihre Stoffwechselprodukte
weltweit Schäden in Milliardenhöhe.
Mikroorganismen bevorzugen oft ein Wachstum an Oberflächen, wie in Abb. 1 am Beispiel einer
porösen bewachsenen Oberfläche zu sehen ist („Biofilme"). Auch bei der mikrobiellen Korrosion
oder dem Abbau organischer Verbindungen wie Zellulose ist der Kontakt zwischen den Zellen und
der Materialoberfläche für die Entwicklung der Organismen von Bedeutung.
Abbau von Polymeren
Unter den in der Natur vorkommenden Polymeren nimmt Zellulose eine herausragende Stellung
ein. Sowohl von der Menge als auch von der Verbreitung her ist sie das bedeutendste Bio-
polymer. Die Weltjahresproduktion durch Fotosynthese beträgt ca. 1,3 x l09t. Der typische
molekulare Aufbau der Zellulose in Zusammenwirken mit der Ausrichtung der einzelnen Glucoseeinheiten führt zu einer fibrillären Struktur (Abb. 2 und 3).
Zellulose ist in ihrer ursprünglichen ungelösten Form von Mikroorganismen nicht verwertbar, da
nur gelöste Stoffe die Zellwand von Bakterien oder Pilzen passieren können. Die Organismen geben
die zur Solubilisierung erforderlichen Enzyme an die Umgebung ab. Die Zellulosefasern werden so
schrittweise in lösliche Molekülbausteine zerlegt. Der so zur Verfügung stehende Zucker wird zur
Bildung von Zellmasse und zur Aufrechterhaltung des Stoffwechsels genutzt. Als Nebenprodukte
entstehen häufig verschiedene organische Säuren, die an die Umgebung abgegeben werden [5]. Der
Zelluloseabbau wird durch mehrere enzymatische Schritte katalysiert, die zu einer Strukturänderung
der Fasern und damit zu deren Schädigung führen. Für den Zelluloseabbau sind in der Natur
mehrere Enzyme notwendig, um die Zuckermoleküle zugänglich zu machen. Bevorzugt kommen
beim Zelluloseabbau solche Pilzarten vor, die über das komplette Enyzmsystem verfügen. Besonders häufig sind Trichoderma reesei. Trichoderma viride. Fusarium solani. Penicillium funiculosum
und Phanaero-chaete chrysosporium [6].
In der Natur liegen die Zellulosemoleküle in Form von Verbundmaterialien vor, die dem
mikrobiellen Abbau entgegen wirken. Lignin schützt die im Holz organisierte Zellulosefaser, da nur
relativ wenige Organismen zum Abbau von Lignin befähigt sind. Die Natur bewahrt damit den
Bestand vor allzu raschem und ungewolltem Abbau. Dort, wo ligninhaltige Materialien vorliegen,
zeigt sich jedoch die Überlegenheit der Pilze beim Abbau komplexer chemischer Strukturen.
Enzyme, die zum Abbau anderer natürlicher Polymere befähigen, werden von zahlreichen
Organismen produziert. Stärke. Chitin oder Proteine werden wie Zellulose durch Exoenzyme
abgebaut. Eine große Anzahl derartiger Enzyme wird heute in verschiedenen
Anwendungsbereichen technisch genutzt, um die Verarbeitung von Lebensmitteln, Futtermitteln
oder Leder zu beschleunigen oder Reinigungslösungen u.a. zur Verfügung zu stellen.
Im mikrobiologischen Labor können diese Eigenschaften anhand biochemischer
Nachweismethoden visualisiert werden. Abb. 4 zeigt den Nachweis des Stärkeabbaus. Bacillus
subtilis
wurde auf stärkehaltigem Nährmedium ausgestrichen und nach mehrtägigem Wachstum mit
Lugol'scher Lösung überschichtet. Die Stellen, an denen durch Enzyme die Stärkemoleküle bereits
aufgelöst sind, können anhand aufgeklarter, nicht gefärbter Zonen, sogenannten „Freßhöfen",
diagnostiziert werden. Aus Abb. 4 wird auch erkennbar, daß die zur Degradation der Biopolymere
befähigten Enzyme nicht nur in direkter Nachbarschaft der mikrobiellen Population auftreten,
sondern in vielen Fällen in die Umgebung diffundieren können.
Wachstum mikrobieller Populationen
Wie groß muß die Ausgangskonzentration an Zellen sein, damit auf einem Material, das von
Organismen angegriffen werden kann, Wachstum und Zellvermehrung stattfinden? Es reicht
theoretisch eine einzelne Zelle, um Bakterien- oder Pilzkolonien zur Entwicklung zu bringen. Je
höher allerdings die Ausgangskonzentration an Zellen ist, um so rascher wird die Umgebung
besiedelt. Voraussetzung sind ausreichend Feuchtigkeit und geeignete Nährstoffe. Das sind im
wesentlichen Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphorverbindungen für den Aufbau von Zellsubstanz.
Aus einer einzelnen Zelle entstehen, falls die Umgebungsbedingungen dazu geeignet sind, in
kürzester Zeit Tausende von Tochterzellen, die als Ansammlung oft mit bloßem Auge erkennbar
sind und an befallenen Oberflächen z.B. bräunliche, schwarze, beige gefärbte oder rötliche Flecken
ausbilden. In Abb. 5 ist die Entwicklung von Zellen aus einer Pilzspore zu erkennen. Aus einer
einzelnen Zelle entwickelt sich zunächst eine fadenförmige Zelle, die in ein Mycel übergeht und zu
einem umfangreichen Geflecht von Zellen führt. Es handelt sich um Aufnahmen eines AspergillusStammes, wie er an vielen Standorten - auch in historischen Dokumenten - vorkommt. Der
Gesamtbeobachtungszeitraum bei dem dargestellten Beispiel war kleiner als zwei Tage. Dies zeigt,
daß Mikroorganismen sehr rasch wachsen und innerhalb kurzer Zeit neue Zellen entstehen. (In
einigen Fällen verdoppeln sich Mikroorganismen in einem Zeitraum von weniger als einer halben
Stunde.)
Die in manchen Fällen als explosionsartig empfundene rasante Entwicklung mikrobieller
Populationen beruht auf dem exponentiellen Wachstum unter günstigen Umgebungsbedingungen.
Die Wachstumsgeschwindigkeit ist dabei von der Art des
Organismus und den Umgebungsbedingungen abhängig. Sind die Bedingungen für den Organismus
oder die Population ungünstig, so kann bei einigen Mikroorganismen ein Dauerstadium gebildet
werden, in dem der Stamm über lange Zeiträume hinweg ausharren kann, bis sich die
Milieubedingungen so verändern, daß Wachstum möglich ist. Ausgedehnte Trockenphasen schaden
so der Vitalität der Zellen in aller Regel nicht.
Sporen von Bacillen übertreffen die Resistenz von Pilzsporen, widerstehen nicht nur der
Trocknung, sondern auch hohen Temperaturen (vor allem trockener Hitze), Strahlung und chemischen Substanzen. Für das erneute Auskeimen sind beim Bakterienstoffwechsel jedoch höhere
Feuchtegehalte erforderlich als bei Pilzen [7]. Oft treten verschiedene Mikroorganismen gemeinsam
auf, so daß die Gesamtpopulation von der Anpassungsfähigkeit der verschiedenen Vertreter
profitiert. Haben Pilze in einem bestimmten Lebensraum, z.B. einem Buch oder an einer
Tapetenoberfläche, mit der Besiedelung begonnen, nehmen sie Feuchte aus der Umgebung auf,
speichern sie in ihrem Mycel und bieten so Bakterien, die einen höheren Feuchtebedarf haben,
verbesserte Ausgangsbedingungen.
Organismen, die an Oberflächen aufgewachsen sind, erfreuen sich zu dem, unabhängig von
möglichen Dauerstadien, einer besonders hohen Resistenz gegenüber chemischen oder
physikalischen Einflüssen. Die Ausbildung dunkler Pigmente verleiht zusätzlich einen besonderen
Schutz vor Strahlung und findet sich nicht von ungefähr bei zahlreichen Pilzen, wie einigen
Aspergillus-faten (schwarz, braun) wieder.
Sind also Mikroorganismen vorhanden, gibt es eine Reihe von Hindernissen, um sie wirksam
beseitigen und bekämpfen zu können.
Konsequenzen für die restauratorische Praxis
Bücher und Dokumente bestehen in ihren Grundstoffen aus für Mikroorganismen zugänglichen
Substraten. Da z.B. beim Zelluloseabbau die Substanz mit der Zeit völlig zerstört wird, ist der erste
Schritt zur Bewahrung von Bibliotheksbeständen und .Archiven, den Kontakt zwischen potentiellen
Abbauern und den wertvollen Beständen zu verhindern oder auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
Relevant sind außerdem die Lagerungsbedingungen und die Vorgehensweisen bei der Nutzung oder
Restaurierung kontaminierter Werke oder Dokumente [8].
Mikroorganismen sind zunächst in der Natur vorhanden und können aus dem Außenraum in das
Gebäudeinnere eingetragen werden. Daher wird die Art und .Anzahl der Organismen im Innenraum
beeinflußt durch die Qualität der Außenluft, durch die Umgebungsbedingungen, den Standort, die
Klimaverhältnisse und die Jahreszeit.
Ihr Auftreten in der Raumluft ist abhängig von den räumlichen Gegebenheiten, den
Lüftungseinrichtungen und -gewohn-heiten, gegebenenfalls auch vom Wartungszustand der Klimaanlagen. Bei Lagerung unter feuchten Bedingungen, starken Temperaturschwankungen, hohen
Staubkonzentrationen oder bei gemeinsamer Lagerung befallener und nicht kontaminierter Werke
entstehen große Gefahrenquellen, da dadurch das Wachstum ausgelöst oder unterstützt werden kann
und Übertragungswege entstehen. Beim Gebrauch von Büchern, ZeitSchriften oder Dokumenten
werden Schmutz- und Fettspuren eingebracht, die optisch zunächst nicht wahrgenommen werden,
aber für Mikroorganismen zusätzliche „Futterquellen" darstellen.
Die Zellen von Mikroorganismen sind mikroskopisch klein (l μm =10-3mm), also mit dem bloßen
Auge nicht erkennbar, und werden mit dem Luftzug leicht von einem Ort zum anderen transportiert.
Sie sind oft an Wassertröpfchen oder Staubpartikel gebunden und halten sich im bewegten
Luftstrom, ohne zu sedi-mentieren.
Wichtig ist die Kenntnis, daß mikrobielle Zellen, z.B. Sporen, in verschiedenen Lösungen
vorhanden sein können. Es handelt sich dabei z.T. um Milieubedingungen, unter denen ein Überleben nicht möglich oder unwahrscheinlich erscheint. So sind z.B. Bacillus-Sporen in 70%igem
Ethanol resistent und überdauern Erhitzen auf 80 °C ohne Schwierigkeiten. Durch häufigen
Gebrauch oder längeres Stehenlassen von Lösungen kann in manchen Fällen sogar eine
Aufkonzentrierung der Zellen erfolgen, die entweder durch erneutes Einbringen von Zellen oder
durch Wachstum stattfindet. Gegenstände und Flächen, die mit kontaminierten Werken in
Berührung gekommen sind, füngieren als Überträgermedium, weil sich mikrobielle Zellen abgelagert haben, die auf verschiedenen Wegen auf andere Gegenstände übertragen werden können. Über
Tischoberflächen, Fußböden. Scheren, Messer oder kontaminierte Handflächen ist die Übertragung
ebenso möglich wie durch verunreinigte Handschuhe oder Kleidung.
In ähnlicher Weise wie im mikrobiologischen Laboratorium können für den Umgang mit mikrobiell
belasteten Materialien folgende Maßnahmen empfohlen werden:
> Zum Schutz von Objekten und Personen greift man bereits in vielen Bereichen auf den Gebrauch
einer sogenannten Laminar-flowbox (sterile Werkbank) zurück, desinfiziert und sterilisiert die
Arbeitsgeräte vor und nach Verwendung und trägt kochfeste Laborkleidung. In besonderen Fällen
können Mundschutz und Handschuhe dazu kommen.
> Für mit Pilzen und Bakterien befallene Dokumente und Bücher ist darüber hinaus eine
inaktivierende Behandlung ratsam, um der weiteren Zerstörung und Verbreitung entgegen zu
wirken.
Methoden zur Inaktivierung oder Entfernung Konventionelle Methoden
Lange bevor die Existenz mikroskopisch kleiner Lebewesen bewiesen war, wurden
Vorgehensweisen entwickelt, die ihre Vermehrung verhindern sollten. Erfinderisch waren die
Menschen immer dann, wenn es um besonders wertvolle Gegenstände und Materialien ging.
Konservierungsmaßnahmen waren deshalb in erster Linie verbreitet, um Lebensmittel haltbar zu
machen. Die Ägypter waren allerdings bereits mit zahlreichen Techniken vertraut, die ihre
Kulturgüter bis in unsere Zeit hinein erhielten und vor mikrobiellem Abbau schützten. Im Laufe der
Zeit entstanden verschiedene Verfahren, die ein bakterien- oder pilzfreies Arbeiten ermöglichen.
Werden alle vorhandenen Organismen entfernt, spricht man von einem Entkeimungs- oder Sterilisationsverfahren. Zwei Schwierigkeiten sind in der Praxis zu berücksichtigen:
> Nicht alle Organismen sind in der gleichen Weise anfällig für die verschiedenen Einflußfaktoren,
die bei diesen Verfahren genutzt werden. Die Absterberate wird, ähnlich wie die Wachstumsrate,
beeinflußt durch die Art der Organismen, aber auch durch Faktoren wie z.B. Alter, Feuchtegehalt,
pH-Wert, Nährstoffangebot.
> Die Auswahl der Sterilisationsverfahren orientiert sich an den Materialeigenschaften der zu
sterilisierenden Güter, da, wie die nachfolgende Zusammenfassung zeigt, einige Verfahren wegen
der einzustellenden Bedingungen nicht für empfindliche Substanzen und Stoffe angewendet werden
können.
Es ist deshalb meist eine gezielte Auswahl aus den verschiedenen Verfahren erforderlich:
> Feuchte Hitze (121 °C, 1,2 bar, 20 min): für hitzeresistente Flüssigkeiten.
> Trockene Hitze (160 °C, 3 Stunden): für trockene Glasgeräte, Metallteile.
> Strahlung: UV-Strahlung für Oberflächenbehandlung, Gammastrahlung zur Sterilisation
thermolabiler Materialien (Kunststoffe, Papiere, Folien).
> Ausschluß von Zellen durch Filtration: Porenfilter mit Porendurchmesser von < 0,2 |im oder
Tiefenfilter zur Entfernung von Bakterien- und Pilzzellen aus Gasen (z.B. Luft) oder
wärmeempfindlichen Flüssigkeiten (z.B. Alkohole, Harnstoff, Vitamine).
> Chemisch aktive Gase: Ethylenoxid oder Formaldehyd zur Sterilisation von Produkten und
Gütern, die nicht hitzeresistent sind (Kunststoffe, Papiere, Folien).
Feuchte Hitze ist sehr wirksam gegen mikrobielle Zellen. Die vegetativen Formen werden bereits
bei 60 bis 80 °C relativ rasch abgetötet, während bakterielle Sporen besonders resistent sind.
Trockene Hitze ist weniger wirkungsvoll und bedarf deutlich längerer Behandlungsdauer und
höherer Temperatur.
Bei der UV-Bestrahlung nutzt man das Wirkungsspektrum von λ = 260 nm, das in dem für die
Nukleinsäuren entscheidenden Wellenlängenbereich liegt und somit die Vermehrungsfähigkeit der
behandelten Zellen beeinflußt. Ionisierende Strahlung (z.B. Gammastrahlung) wirkt aufgrund der
entstehenden besonders reaktionsfähigen Radikale auf die Organismen und zerstört die
Desoxyribonukleinsäure, ohne deren intakte Struktur eine Vermehrung nicht stattfinden kann.
Eine intensive Durchdringung der zu sterilisierenden Güter erreicht man bei Anwendung von
bioziden Gasen wie Ethylenoxid und Formaldehyd [9]. Beide Substanzen sind sehr reaktiv und
durchdringen die behandelten Güter sehr intensiv.
Die dargestellten Methoden sind trotz unterschiedlicher Wirkungsweise geeignet, Mikroorganismen
von Oberflächen oder Lösungen zu entfernen oder ihre Vermehrungsfähigkeit zu zerstören.
Einerseits limitiert die hohe physikalische und chemische Beanspruchung bei diesen Methoden ihre
Anwendung bei der Behandlung von Papieren, andererseits bergen einige dieser Verfahren ein
hohes Gefährdungspotential aufgrund der verwendeten Stoffe.
Entwicklung eines neuen Verfahrens
Wärme, Feuchte und Strahlung sind Einflußfaktoren, die mikrobiell geschädigte Papiere zusätzlich
belasten oder zerstören. Auch in anderen Bereichen, in denen es um die Reinigung von Oberflächen
[10] oder die Sterilisation thermolabiler Güter geht, werden materialschonende Techniken benötigt.
So hat in den letzten Jahren die sogenannte Plasmatechnik einen beachtlichen Aufschwung
genommen, insbesondere bei der
Behandlung verschiedener Materialoberflächen. Wasserstoff-und Sauerstoff-Plasmen werden in
einem speziellen Sterilisationsverfahren zur Behandlung von Papieren eingesetzt. Das Verfahren
wurde so konzipiert, daß Buchseiten oder Dokumente nicht direkt der energiereichen Strahlung
ausgesetzt sind. Die reaktiven chemischen Teilchen, die mit den mikrobiellen Zellen reagieren und
sie abtöten, arbeiten bei relativ niedrigen Temperaturen und sind am Ende des Prozesses in
harmlose Endprodukte umgewandelt, die weder giftig noch explosiv oder umweltschädigend sind.
Bei den bisherigen Untersuchungen konnten relativ hohe Zellkonzentrationen, die zuvor künstlich
auf Papier aufgebracht worden waren, um mehrere Zehnerpotenzen reduziert werden.
Vielversprechend war bisher auch die Behandlung von Stockflecken, die, nachdem sie dem Plasma
ausgesetzt waren, vollständig verschwanden [11,12].
Das Plasmabehandlungsverfahren wurde in Kooperation mit der Deutschen Bibliothek Leipzig und
dem Institut für Textil- und Faserchemie der Universität Stuttgart am Fraunhofer Institut für
Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart entwickelt. Die Autoren danken der Deutschen
Forschungsgemeinschaft für finanzielle Unterstützung.
Anmerkungen
Schlegel H. G.: Allgemeine Mikrobiologie. Stuttgart 1992.
Lengeier, J. W., Drews, G., Schlegel, H. G.: Biology of the Pro-karyotes. Stuttgart 1999.
Sand, W.: Mikrobielle Materialschädigungsmechanismen. Werkstoffe und Korrosion 45, 10-16
(1994).
[4] Flemming, H.-C, Schaule, G.: Biofouling. Werkstoffe und Korrosion 45, 29-39 (1994).
[5] Shimada, M., Takahashi, M.: Biodegradation of cellulosic mate-rials. In: Hon, D. N.-S.,
Shiraishi, N. (eds.): Wood and cellulosic chemistry. New York/Basel 1991, 621-663.
[6] Wood, T. M., Garcia-Campayo, V.: Enzymes and mechanisms involved in microbial
cellulolysis. In: Ratledge, C. (ed.): Bio-chemistry of Microbial Degradation. Dordrecht 1994, 197231.
[7] Nyuksha, Y. P.: Some special cases of biological deterioration. Restaurators, 177-182 (1983).
[8] Neuheuser, H. P., Schata, M.: Gesundheitsvorsorge in Archiven. Der Archivar 47, 120128(1994).
[9] Ballard, M. W., Baer, N. S.: Ethylenoxide Fumigation. Results and Risk Assessement.
Restaurator 7, 143-168 (1986).
[10] Vohrer, U.: Fragen zur Plasmafeinreinigung. Galvanotechnik 88 (4), 1256-1263 (1997).
[l 1] Vohrer, U., Anders, M., Trick, L, Oehr, C.: Plasmatechnologie in der Restaurierung. Restauro
102, 40-43 (1996).
[12] Vohrer, U., Trick, L, Oehr, C.: Entwicklung neuer Sterilisationsverfahren mittels der
Plasmatechnik. Pharma International 2, 110-111 (1999).
> Dr. Iris Trick, Fraunhofer Institut Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik, Nobelstr. 12, D70569 Stuttgart, Tel. +49-711-970-4217, Fax +49-711-970-4200, [email protected], www.igb.fhg.de
 Dr. Uwe Vohrer, Fraunhofer Institut Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik, Nobelstr. 12,
D-70569 Stuttgart, Tel. +49-711-970-4134, Fax +49-711-970-4200, [email protected],
www.igb.fhg.de/GVT
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