Medizinische Mikrobiologie einschließlich Hygiene Lebewesen Pflanzenreich Tierreich Protisten Prokaryonten Eukaryonten Einzeller Protisten : einzellige, mikroskopisch kleine Lebewesen (Pflanzen und Tiere) Bakterien, Blaualgen, Algen, Pilze und Protozoen Eukaryonten : „Höhere Protisten“ einzellige Lebewesen mit echtem Zellkern Pilze, Protozoen, viele Algen Protozoon, -a : tierische Protisten mit echtem Kern Merkmale: - von Membranen umgebene Organellen (Chloroplasten, Mitochondrien) - 80S-Ribosomen - eine arttypische Anzahl von Chromosomen, die zu einem von einer Membran umgebenen echten Zellkern organisiert sind Prokaryonten : „Niedere Protisten“ einzellige Lebewesen ohne echten Zellkern, besitzen einen „Vorkern“, sind älter als die Eukaryonten Blaualgen, Bakterien (Schizomyzeten) Merkmale: - das Fehlen von Organellen, die von Membranen umgeben sind - kleinere Ribosomen (70S) - Kernäquivalent (Nukleoid), wobei die DNA als ein einziges großes Molekül (=Bakterienchromosom) frei im Zytoplasma liegt Mehrzeller * Pflanzen, Moose, Farne, Samenpflanzen * Metazoon, -a : mehrzelliges Tier Schwämme, Polypen, ... Vertebrata (Wirbeltiere) : Fische Amphibien, Säuger Vögel, Reptilien ( Wirbellose Tiere) : Würmer, Schnecken, Insekten, Scherentiere (Milben, Zecken) Parasiten : fast alle wirbellosen Tiere, bis auf Schnecken und Krustentiere Lebewesen ( Tiere, Pflanzen, Bakterien, Pilze, Algen, etc. ), die auf Kosten eines anderen Lebewesens leben und ihm schaden. Man unterscheidet : 1. obligate Parasiten, die ganz von anderen Lebewesen leben 2. fakultative Parasiten, die teilweise 3. temporäre Parasiten, die zeitweilig von anderen Lebewesen leben Außerdem unterscheidet man Ektoparasiten, die auf einem Lebewesen (Oberfläche), bzw. Endoparasiten, die in einem Lebewesen, z.B. in der Körperhöhle leben. Für den Menschen wichtige Parasiten sind 1. Bakterien und Viren 2. Pflanzliche Parasiten (Phytoparasiten) : Pilze 3. Tierische Parasiten (Zooparasiten) : Protozoen (Urtierchen), Arthropoden (Gliedertierchen, überwiegend Überträger von Parasiten), Helminthes (Würmer). Kommensale = „Mitesser“ ; Lebewesen, die, ohne einander zu schaden noch zu nützen, zusammenleben. Symbionten =„Zusammenlebende“ zum gegenseitigen Nutzen; ein Organismus kann ohne den anderen nicht existieren Unterschiede zwischen Prokaryonten und Eukaryonten Eigenschaften Prokaryonten Eukaryonten (Bakterien) (Pilze, Protozoen) ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Kernstruktur nicht mit Proteinen bedecktes Komplex von DNA und zirkuläres DNA-Molekül basischen Proteinen Lokalisation der Kernstruktur als dichtes DNA-Knäul im Zytoplasma; keine Kernmembran Nukleotid od. Kernäquivalent im von einer Kernmembran umgebenen Nucleus DNA ausschließlich im Nukleotid im Kern und in Mitochondrien Zytoplasma keine Mitochondrien und kein endoplasmatisches Retikulum 70S-Ribosomen Mitochondrien und endoplasmatisches Retikulum 80S-Ribosomen Zellwand meist starre Zellwand mit Mureinschicht Ausnahme: Mykoplasmen nur bei Pilzen vorhanden Glucane, Mannane, Chitin, Chitoson, Cellulose Größe, mittlerer Durchmesser Chlamydien: 0,2-1m Rickettsien: 0,3-0,5 m andere Bakterien: 1-5 m Protozoen: 1-150 m Hefen: 5-10 m Schimmelpilze nicht definierbar (Mycel ) Vermehrung ungeschlechtlich durch einfache Querteilung ungeschlechtlich und (meist) geschlechtlich _____________________________________________________________________________________ Membran Biomembran, Einheitsmembran (bei allen Lebewesen gleich gebaut) Abschluß einer Zelle nach außen steuert Stoffwechsel von innen nach außen und umgekehrt Osmose und aktive Transportsysteme besteht aus Phospholipid-Doppelschicht, durchsetzt mit integralen Proteinen, zur Regulierung des Stoffaustauschs nahezu impermeabel für Stoffe (= undurchlässig) Stoffe mit amphiphielem Charakter können hindurchtreten Spezifität der Membran durch „Tunnelproteine“ Die polaren Kopfgruppen zeigen nach außen, die unpolaren Fettsäureketten nach innen. polar Bindungskräfte unpolar polar Eiweiß „Tunnelprotein“; es ist Energieaufwand nötig, um die Membran zu durchqueren Endoplasmatisches Retikulum Ort der Proteinbiosynthese/ Aminosäurenbiosynthes „Übersetzung des genetischen Codes“ Mitochondrien „Kraftwerke der Zelle“ ; Gewinnung der chemischen Energie für den Zellstoffwechsel Eukaryonten besitzen Mitochondrien mit 70S-Ribosomen, d.h. sie bestizen eine eigene DNA Mitochondrien waren einmal Bakterien: Beispiel für Symbiose zwischen Mitochondrien und Eukaryonten Zellwand Glyco-Protein-Schicht aus Zuckermolekülen, vernetzt mit Aminosäuren (=Murein) Stützwand innerhalb der Bakterienzellwand R -Z–Z–Z–Z–Z–Z–Z–R R–Z–Z–Z–Z–Z–Z–Z-R Genauere Einteilung der Prokaryonten 1. Bakterien mit starrer, dünner Zellwand (gramnegative Bakterien) 2. Bakterien mit starrer, dicker Zellwand (grampositive Bakterien) 3. Bakterien ohne Zellwand, Mykoplasmen 4. Bakterien mit einer Zellwand, die nicht aus Murein besteht, Archaebakterien Mykoplasmen = Ihnen fehlt im Gegensatz zu allen anderen Bakterien eine Zellwand. Sie haben ein Vielgestaltiges (pleomorphes) Aussehen in Form von veränderlichen bläschenförmigen Gestalten. Chlamydien = haben keine eigene Energiegewinnung Ernährung durch die Wirtszelle Rickettsien = haben eigene Energiegewinnung Bakterien Bakterien reagieren auf Veränderungen der Umwelteinflüsse durch Mutationen (= Zufällige Änderung des Erbgutes) Natürliche Mutationsrate: 10-7 = unter 107 geteilten Bakterien ist eine Mutation Positive Mutationen: setzen sich durch, wenn Selektionsdruck besteht. Negative Mutationen: alle anderen Mutationen, die sich unter den gegebenen Bedingungen nicht positiv auswirken Antibiotika müssen gegen Bakterien zielgerichtet eingesetzt werden, damit mutierte Bakterien keinen Selektionsvorteil erhalten. (Beispiel: Penicillinresistente Bakterien) Bakterien teilen sich ca. alle 20 Minuten (= Generationszeit) Bakterien/Mykoplamen wirken parasitär zwischen den Zellen , das Gewebe wird befallen. extrazellulärer Mechanismus Rickettsien/ Chlamydien/ Viren sind obligath intrazellulär parasitär, d.h. sie gehen in die Zelle. Bakterien besitzen einen hohen osmotischen Druck (ca. 20 bar). Das Muein in der Zellwand dient als Stützgerüst, damit die Bakterien durch die Osmose nicht platzen. Es ist keine Diffusionssperre. Infektiöser Hospitalismus : krankenhauserworbene Infektionen Durch ein geschwächtes Immunsystem können Infektionskrankheiten entstehen, die mit Antibiotika behandelt werden. Antibiotikaresistente Bakterien lösen eine neue Infektion aus, die durch Antibiotika nicht mehr abgetötet werden können. Prokaryonten-Zelle *Kernäquivalent * keine Membranen innerhalb der Zelle *Mesosom ist cytoplasmatische Membran, die sich „aufgewickelt“ hat (existiert eigentlich gar nicht) * Ribosomen schwimmen frei im Cytoplasma herum * Bakterien unterscheiden sich in der Dicke der Zellwand: gram-positive und gram-negative Bakterien werden durchs Anfärben unterschieden gram-negative Bakterien Die Mureinschicht ist von zwei Membranen eingeschlossen Antibiotika können nur schwer in die Zelle eindringen ____________________ ____________________ 8 nm cytoplasmatische Membran ******************** 2-4 nm Murein ____________________ äußere Membran Wirkort gram-positive Bakterien Die Mureinschicht ist dicker, aber nicht durch eine äußere Membran abgeschlossen __________________ __________________ 8 nm cytoplasmatische Membran 80-200 nm Murein Wirkort von Penicillin - Lactam-Antibiotika (Penicillin, Cephalosporine) verhindern die Mureinbildung; das Enzym, das das Mureingerüst zusammenhält, wird bekämpft die Bakterien platzen, weil das verbleibende Mureingerüst nicht stabil genug ist, um dem osmotischen Druck standzuhalten Penicillin G und V ist nur gegen grampositive Bakterien wirksam Schmalspektrumantibiotika P.G. = parenteral verfügbar i.m/ i.v./ subkutan/... P.V. = säurestabil perorale Anwendung Zur Bekämpfung von gram-negativen Bakterien müssen Breitspektrumantibiotika angewendet werden. Weil die Wirkung durch die äußere Membran der Mureinschicht herabgesetzt wird, muß die Dosierung erhöht werden. Penicillinresistenz Die Resistenz der Bakterien gegenüber Penicillin wird durch Enzyme verursacht. Die Penicillinasen können Penicillin spalten und es dadurch für die Bakterien unschädlich machen. Die Penicillinasen dienen als Gruppenschutz für alle grampositiven Bakterien. Durch Ausschüttung der Lactamase werden auch andere grampositive Bakterien geschützt, die sich in der Nähe aufhalten und selbst keine -Lactamase produzieren können. Zur Bekämpfung der resistenten Bakterien müssen Penicilline verwendet werden, die gegenüber der Penicillinase stabil sind. Substanzen, die ähnlich gebaut sind wie die Penicilline aber keine antibiotische Wirkung besitzen, besitzen eine hohe Affinität gegenüber der Penicillinase und machen sie unwirksam. Anschließend kann das Penicillin wirken. Zu diesen penicillinähnlichen Substanzen gehören: - Clavulansäure -Lactamähnliche Struktur - Sulbactam Grundlagen der antibakteriellen Chemotherapie Unter antibakterieller Chemotherapie versteht man die Behandlung einer Infektionskrankheit mit Substanzen, welche die Erreger schädigen und vernichten können. Die verwendeten Substanzen werden als Chemotherapeutika bezeichnet. Es handelt sich hier um synthetisierte chemische Stoffe oder um von Schimmelpilzen, Streptomyceten und Bakterien abgegebene Stoffwechselprodukte. Diese biologischen Stoffwechselprodukte werden auch als Antibiotika bezeichnet. Ziel einer antibakteriellen Chemotherapie ist es, die mikrobiellen Erreger abzutöten, ohne daß der Mensch Schaden leidet. Diese optimalen Vorstellungen sind leider nicht immer gegeben, da eine Chemotherapie auch Nebenwirkungen hervorrufen kann. Weiterhin muß man sich darüber im klaren sein, daß es kein Allheilmittel gegen alle Erreger gibt. Jedes Chemotherapeutikum hat seine Vor- und Nachteile, insbesondere im Wirkungsspektrum. Chemotherapeutika Penicilline 1929 Penicillin G (Benzylpenicillin) als Stoffwechselprodukt des Schimmelpilzes Penicillium notatum (1941 erste Anwendung am Patienten) Penicillin V (Phenoxymethylpenicillin): oral verabreichbar Die Penicilline gehören auch heute noch zu den bestwirksamen und verträglichsten Antibiotika. Die Penicilline mit einem schmalen Wirkungsspektrum treffen besonders gram-positive Keime (Ausnahme: Enterokokken). Die -hämolysierenden Streptokokken, aber auch die gram-negativen Neisserien sind noch weitgehend Penicillin-Gempfindlich geblieben. Penicilline mit einem erweiterten Wirkungsspektrum, wie Ampicillin, treffen auch Enterokokken und verschiedene gram-negative Bakterien, wie z.B. Enterobakterien. Carbenicillin und die Acylaminopenicilline haben darüber hinaus auch eine gewisse Wirksamkeit gegen Pseudomonas aeruginosa. Staphyllokokken, welche eine Penicillinase (-Lactamase) produzieren können, sind gegen beide Gruppen von Penicillinen resistent. Hier kommen dann die sogenannten penicillinasefesten Penicilline zur Anwendung. Die Aktivität der -Lactamase kann durch bestimmte Substanzen wie durch Clavulansäure oder Sulbactam weitgehend gehemmt werden. Kombinationspräparate von - Lactamase-empfindlichen Penicillinen (z.B. Amoxicillin, Ticarcillin) mit solchen -Lactamase-Hemmern haben sich inzwischen in der Praxis bewährt. Aufbau der Bakterienzelle Kernäquivalent (Nukleoid) Kapsel (fakultativ) aus Schleim Zellwand Zytoplasmamembran Glykogen-Depots (Granulose) Pili Geißeln, Flagelle Plasmid (verdrillt) Fimbrien 70S-Ribosomen Lipidtropfen Eine Bakterienzelle besteht aus 1. einer relativ starren Zellwand 2. der Zytoplasmamembran 3. dem Zytoplasma 4. dem Kernäquivalent Zytoplasmamembran und Zellwand werden auch als Zellhülle (cell envelope) zusammengefaßt. Zusätzliche morphologische Merkmale bei einer Reihe von Bakterienarten sind: 1. Kapseln 2. Geißeln 3. und/oder Fimbrien (Pili) 4. Sporen (Gattung Clostridium und Bacillus) Das Kernäquivalent (Nukleoid) Das Nukleoid enthält die Erbinformation (Genom). Es besteht aus einem ringförmig geschlossenen DNAMolekül (dem sogenannten Bakterienchromosom), das in stark gefalteter und verdrillter Form ohne Abgrenzung durch eine Kernmembran frei im Zytoplasma liegt. Außer dem Bakterienchromosom können im Zytoplasma von Bakterienzellen noch ringförmig geschlossene, kleinere DNA-Moleküle vorkommen, die Plasmide. Plasmide sind genetisches Material, gehören aber nicht zum Nukleoid. Es sind autonom, sich replizierende GenEinheiten, die sich wilkürlich teilen können. Zytoplasma Das von der Zytoplasmamembran umschlossene Zytoplasma enthält in Wasser gelöste Salze, Enzyme, Ribosomen und Strukturproteine, Stoffwechselintermediärprodukte und Ribonukleinsäuren (RNA). An den Ribosomen findet die Proteinbiosynthese statt, darüber hinaus sind sie ein wichtiger Angriffsort für chemotherapeutisch bedeutende Antibiotika. Die Unterschiede im Feinbau zu den 80S-Ribosomen der Eukaryonten ermöglichen eine gezielte Hemmung der bakteriellen Proteinbiosynthese ohne den Wirt zu beeinträchtigen. Antibiotika, die hier eingreifen, sind u.a. Tetracycline, Chloramphenicol, Erythromycin und Aminoglykoside. Häufig befinden sich im Zytoplasma eingelagerte Speicherstoffe, die Granula. Zytoplasmamembran Die zytoplasmatische Membran ist als Ort wichtiger Stoffwechselvorgänge für die Lebensfähigkeit der Zelle von entscheidender Bedeutung. Sie besitzt eine Dicke von 6-8 nm und begrenzt das Zytoplasma und hat den typischen Aufbau aller biologischen Membranen (Elementarmembran). Die Membran besteht aus Proteinen (60% des Trockengewichts) und Lipiden (20-30%). Die Lipide (meist Phospholipide) sind in einer Doppelschicht gelagert, wobei die hydrophile Kopfgruppe jeweils nach außen zu den wäßrigen Phasen innerhalb und außerhalb der Zelle zeigen,während die hydrophoben Fettsäureketten nach innen liegen und eine wasserundurchlässige Schicht bilden. In der Doppelschicht sind eine Vielzahl von Proteinen eingelagert, die die Membran ganz durchkreuzen können (integrale Membranproteine) oder sich nur an einer Seite befinden (periphere Membranproteine). Ohne eine intakte Zytoplasmamembran ist eine Bakterienzelle nicht lebensfähig. Sie erfüllt essentielle Funktionen: als Permeabilitätsbarriere, die die Akkumulation von Nährstoffen, Metaboliten etc. ermöglicht; - als Sitz von spezifischen Transportenzymen, die die selektive Aufnahme und Abgabe von Substanzen steuern; als Energie-transduzierende Membran, in der die Elektronentransportsysteme und die ATPase organisiert sind, die die ATP-Synthese durch Atmungskettenphosphorylierung bewerkstelligen; als Sitz von Enzymen und Multienzymkomplexen, die komplexe Biosynthesen katalysieren. Periplasmatischer Raum Zwischen der Zytoplasmamembran und dem Peptidoglykan (Murein) befindet sich bei gramnegativen Bakterien der periplasmatische Spalt, der mit Enzymen und anderen Proteinen gefüllt ist. Darunter sind z.B. Hydrolasen, Phosphatasen, Nukleasen und andere Enzymen, die den Abbau von Polymeren und Oligomeren bewerkstelligen, um sie in die Zelle aufnehmen zu können. Auch Antibiotika-inaktivierende Enzyme, wie die -Laktamasen sowie Zellwand auf- und abbauende Enzyme sind im Periplasma lokalisiert. Bei den grampositiven Bakterien liegen diese Proteine ebenfalls zwischen Zytoplasmamembran und Zellwand, jedoch läßt sich hier im Elektronenmikroskop kein deutlich abgegrenzter periplasmatischer Raum erkennen. Zellwand Das Peptidoglykan (Murein) als Grundstruktur Die Bakterienzellen werden in grampositive und gramnegative Bakterien unterteilt. Diese Einteilung ist auf das unterschiedliche Färbeverhalten zurückzuführen, was wiederum durch den unterschiedlichen Bau der Zellwand bedingt wird. Allerdings ist das Gerüst der Zellwand bei grampositiven und gramnegativen Bakterien im Prinzip übereinstimmend. Es handelt sich hierbei um eine netzartige Struktur von Polysaccharidketten, dem Glykan, die über kurze, meist vier Aminosäuren lange Peptidketten miteinander verknüpft sind. Dieses dreidimensionale Makromolekül erstreckt sich sackartig über die gesamte Zelloberfläche. Es gibt der Zelle ihre Form und wirkt als Exoskelett, das die fluide Membran in osmotisch nicht stabilisiertem Milieu vor dem Zerplatzen schützt. An dem Aufbau des Glykans sind zwei Aminozucker beteiligt, das N-Acetylglucosamin und die NAcetylmuraminsäure, die sich alternierend über eine -1,4-Bindung zu langen (etwa 200 Disaccharid-Einheiten), unverzweigten Ketten anordnen. An die Carboxylgruppe jedes Muraminsäurerests ist ein Tetrapeptid gebunden. Die Mureinstruktur bietet einen Angriffsort für Antibiotika, da sie bei Tier- und Pflanzenzellen nicht anzutreffen ist. Die Biosynthese des Peptidoglykans wird gestört, ohne die Zellen des Makroorganismus zu schädigen. Zellwand der grampositiven Bakterien Die Zellwand der grampositiven Bakterien, die 30-70% des Trockengewichts der Bakterienzelle ausmacht, stellt sich als 20-80 nm dicke, relativ einheitliche Schicht dar. Sie besteht aus vielen miteinander verknüpften Lagen von Peptidoglykan. Weiterhin sind bei grampositiven Bakterien Teichon- und/ oder Teichuronsäuren kovalent in das Mureinnetz eingewoben. Durch die Teichonsäuren (lineare Polymere aus repetitiven Einheiten von Glycerolphosphat oder Ribitolphosphat) und Teichuronsäuren (Glukuronsäureketten) enthält das Mureinpolymer eine negative Gesamtladung, die offensichtlich für die Versorgung der Bakterienzelle mit Kationen wichtig ist. Zellwand der gramnegativen Bakterien Die Zellwand der gramnegativen Bakterien ist mit 15 – 20 nm dünner als die der grampositiven (20 – 80 nm). Im elektronenmikroskopischen Bild zeigt sich, daß die Zellwand deutlich geschichtet ist. Die Peptidoglykanschicht ist nur 2-3 nm dick und besteht aus 2 bis 3 Lagen. Außen liegt ihr eine weitere Membran, die sogenannte äußere Membran, auf, die prinzipiell dem Aufbau der Elementarmembran entspricht, jedoch eine deutlich andere Zusammensetzung und andere Funktionen hat als die Zytoplasmamembran. Die äußere Membran ist viel stärker asymetrisch aufgebaut als andere Membranen, d.h. die beiden Lipidschichten unterscheiden sich stark in ihren Komponenten. Die innere, dem Peptidoglykan zugewandte Schicht besitzt in etwa die gleich Phospholipidzusammensetzung wie die Zytoplasmamembran. In sie eingelagert ist der Lipidteil des sogenannten BRAUNschen Lipoproteins. Dieses ist an dem anderen Ende kovalent mit dem Peptidoglykan verbunden und stellt so eine stabile Verbindung von äußerer Membran und Murein her. In der nach außen zeigenden Lipidschicht der Membraan ist das Lipid A das mengenmäßig dominierende Lipid. Das Lipid A ist der lipophile Anker der Lipopolysaccharide und hat stark toxische Eigenschaften. Die äußere Membran gramnegativer Bakterien hat eine wichtige Molekularsieb-Funktion; sie ist auch dafür verantwortlich, daß viele Antibiotika, die grampositive Bakterien abtöten, gegen gramnegative nicht wirksam sind, weil diese die Membran aufgrund ihrer Größe nicht penetrieren können. Von großer medizinischer Bedeutung sind auch die Lipopolysaccharide (LPS) der Außenmembran, weil: der Lipidanker (Lipid A) toxische Eigenschaften besitzt, und der Polysaccharidanteil wichtige Antigendeterminanten enthält. Die LPS sind mit dem Lipidanteil fest in der Lipidmatrix verankert und werden erst bei Zelllyse frei. Man bezeichnet sie daher als Endotoxine im Gegensatz zu den Exotoxinen, (z.B. Diphtherietoxin, Choleratoxin, Tetanustoxin, etc.), die Proteine sind und von den Bakterien während des Wachstums produziert und aktiv ausgeschieden werden. Das Lipopolysaccharid-Molekül kann man in drei Abschnitte (Region I – III) unterteilen: Das Lipid A (Region III), das Kernpolysaccharid (Region II) und die variable Seitenkette (Region I). außen Region I Sich wiederholende OligoSaccharideinheiten (= Ospezifische Seitenkette) Antigene Determinanten (= Körper- oder O-Antigene) Rauh- und Glattformen Glattformen (oder S[smooth]-Form): Region II Kernpolysaccharid innen Region III Lipid A exogenes Pyrogen (= Endotoxin) Freisetzung von Interleukinen Freisetzung von endogenen Pyrogenen Fieber besitzen O-Seitenketten des LPS; wachsen mit runden, gewölbten, spiegelnden Kolonien Rauhformen (R[rough]-Formen): haben die Fähigkeit, die O-Seitenkette und/ oder Teile des Kernpolysaccharides zu synthetisieren, verloren; Wachsen in flachen, unregelmäßig begrenzten Kolonien mit gekörnter Oberfläche Die Rauhformen sind gegenüber Serum empfindlich und nicht mehr pathogen (kann mann nicht verallgemeinern, z.B. wenn der Pathogenitätsfaktor ein Exotoxin ist). Die medizinische Bedeutung der Zellwand Die Zellwand ist der Teil der Bakterienzelle, der mit der Außenwelt, also auch mit dem Makroorganismus, in Wechselwirkung tritt. Sie enthalten Oberflächenkomponenten, die für die spezifische Anheftung an Epithelien verantwortlich sind. Die antigenen Determinanten der Zellwand rufen im Makroorganismus die Bildung von Antikörpern hervor, die zur Agglutination oder in Gegenwart von Komplementen und phagozytierenden Zellen zu einer Immunphagozytose oder Zellabtötung führen. Die Zellwand gramnegativer Bakterien enthält toxische Substanzen (Endotoxine). Unvollständig abgebaute Fragmente des Peptidoglykans (vor allem grampositiver Bakterien) sind pyrogen und spielen eine Rolle bei der Entstehung von Arthritiden. Die Zellwand ist Angriffspunkt wichtiger Antibiotika und von Lysozym. Bakterielle Toxine hitzelabil hitzestabil Exotoxin Endotoxin gramnegative grampositive gramnegative Bakterien Bakterien Bakterien Exotoxine = Eiweißstoffe, Proteine; bei Hitzeeinwirkung geht die Wirksamkeit verloren, weil die Tertiärstruktur der Proteine zerstört wird. Exotoxine haben eine spezifische Struktur und rufen spezifische Krankheitssymptome hervor. Endotoxine = Lipopolysaccharide (Lipid A) Endotoxine haben eine unspezifische Struktur und rufen unspezifische Krankheitssymptome hervor (z.B. Fieber, Herz-Kreislauf-Beschwerden). Lysozym M G -NH-COGM G M G G = N-Acetylglukosamin M = N-Acetylmuraminsäure -NH-COM Antibiotika hemmen die Transpeptidase, die Monomere können nicht miteinander verknüpft werden. Die Transpeptidase wird in der Wachstumsphase der Baktrienzelle wirksam. Transpeptidase Struktur des Mureins. Zwei Glykanstränge, bestehend aus N-Acetylglukosamin und N-Acetylmuraminsäure sind durch Peptidketten quervernetzt. Das Enzym Lysozym spaltet die -1,4-glykosidische Bindung zwischen N-Acetylglucosamin und NAcetylmuraminsäure und ist somit eine Muraminidase. Es wirkt auf grampositive Bakterien lytisch und damit bakterizid. Zellen gramnegativer Bakterien werden erst nach Vorbehandlung mit EDTA gelöst, wodurch die äußere Membran für Lysozym permeabel wird. - Lactam- Antibiotika Die - Lactam- Antibiotika (z.B. Penicillin, Cephalosporine) verhindern die Bildung einer funktionstüchtigen Zellwand dadurch, daß sie die Quervernetzung der einzelnen Peptidoglykanstränge beeinträchtigen. Die Quervernetzung erfolgt enzymatisch durch Transpeptidasen und Carboxypeptidasen. Diese binden die Lactam-Antibiotika aufgrund sterischer Ähnlichkeit mit ihrem eigentlichen Substrat, dem D-Alanyl-D-AlaninEnde der Peptidseitenkette des nascierenden, noch nicht quervernetzte Peptidoglykans. Das Fehlen einer intakten Zellwand führt zu einer osmotischen Schädigung der Zelle. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich, daß -Lactam-Antibiotika nur für wachsende Bakterienzellen eine bakterizide Wirkung besitzen und nicht, wenn die Peptidoglykan-Biosynthese ruht. Protoplast Das Enzym Lysozym löst die Zellwand der meisten grampositiven Bakterien leicht auf. Bei geeigneten osmotischen Verhältnissen entsteht hierdurch eine wandlose, noch lebensfähige Zelle, der Protoplast. Dieser besitzt ohne das stützende Exoskelett keine definierte Form und ist gegen physikalische Einflüsse außerordentlich labil. L-Formen Bei geeigneter Grenzkonzentration von Penicillin in einem Nährmedium vermehren sich stäbchenförmige Bakterien nicht in normaler Weise durch Querteilung, sondern es kommt an den Teilungsstellen zu Ausbuchtungen und schließlich bilden sich bläschenförmige Gebilde von 10 m Größe und darüber. Diese Gebilde, die auch als Sphäroplasten bezeichnet werden, da sie im Gegensatz zu den Protoplasten noch Reste der Zellwand besitzen, können sich in Gegenwart von Penicillin in dieser Form auch unter Bildung recht kleiner Bläschen vermehren und bilden auch auf Nähragar kleine, etwa 0,5 mm große Kolonien, die nur aus solchen blasigen Elementen bestehen. Geißeln, Pili, Kapseln, Sporen Geißeln Die Zellen vieler Bakterienarten sind begeißelt. Die Geißeln dienen der aktiven Fortbewegung der Bakterien und sind drehbar in der zytoplasmatischen Membran gelagert. Es handelt sich bei den Geißeln um sehr feine Fäden von etwa 20 nm Dicke und einer Länge von bis zu 20 m. Grundbaustein der Geißeln ist das Protein Flagellin. Für die krankmachenden Eigenschaften der Bakterien scheinen die Geißeln keine Bedeutung zu haben. Offenbar hilft die aktive Beweglichkeit mit, z.B. den Darmschleim zu durchdringen (Vibrio cholerae). Die Geißeln sind aufgrund ihrer Proteinnatur gute Antigene. Fimbrien (Pili) Die Zellen vieler Bakterienarten, insbesondere der gramnegativen, können Anhangsgebilde besitzen, die kürzer und dünner sind als Geißeln. Sie können in großer Zahl (100 und mehr) vorhanden sein. Sie sind ebenfalls wie die Geißeln aus einem Protein aufgebaut, das in diesem Fall Pilin genannt wird. Es handelt sich bei den Anhangsgebilden um die sogenannten Fimbrien, die bei der Haftung von Bakterien, z.B. auf Schleimhäuten, eine Rolle spielen und für die Kolonisation von Oberflächen wichtig sind. Die Ausbildung von Fimbrien ist reversibel. Neben den Fimbrien gibt es vor allem bei den Enterobakteriaceae die Fertilitäts-Pili (Sex-Pili), die pro Zelle nur wenige Exemplare (bis etwa 20) vorhanden sind und hohle Röhren darstellen. Die Sex-Pili befinden sich bei Zellen, die einen Fertilitätsfaktor, z.B. den F-Faktor, besitzen, der den Zellen „männliche“ Eigenschaften verleihen. Die Sex-Pili sind ein Ausdruck dieser Eigenschaft. Die Zellen können mit Hilfe dieser Sex-Pili Kontakt mit einer „weiblichen“ Zelle bekommen und durch diese beim Vorgang der Konjugation DNA und damit Erbmerkmale übertragen. Kapseln Stämme einer Reihe von Bakterienarten bilden extrazelluläre Polysaccharide oder andere Polymere, die der Zellwand außen aufliegen und Kapseln genannt werden. Diese können in ihrer Dicke ein Mehrfaches des Bakteriendurchmessers ausmachen. In der Pathogenese von Infektionskrankheiten spielt die Kapsel eine wichtige Rolle, da sie die Bakterien vor phagozytierenden Zellen schützt. Wachstum eines Bakterienstammes in einer Zellkultur: a) bekapselt: glänzend (S-Form S = smooth) b) nicht bekapselt: matt (R-Form R = rough) Es kann sich dabei um die gleiche Bakterienart handeln, jedoch um einen anderen Stamm, der z.B. durch Mutation entstanden sein kann. Die Kapseln verdecken die Antigene an der Oberfläche der Zellen und werden vom Immunsystem nicht erkannt. Das hat zur Folge, daß bekapselte Bakterienzellen vom Immunsystem nur schlecht bekämpft werden können und es zu einer Virulenzsteigerung des Bakterienstammes kommt. Allerdings bietet eine Kapsel keinen Schutz vor Antibiotika: Konjugation Zur Konjugation sind nur Bakterien befähigt, die transferierbare oder mobilisierbare Plasmide tragen. Als Plasmide werden ringförmige DNA-Moleküle bezeichnet, die außerhalb des Bakterienchromosoms liegen und selbst replizieren können. Eine Reihe von Plasmiden tragen Gene, die für „Sex-Pili“ kodieren. Diese Pili stellen Zellwandanhängsel von ca. 5 nm Dicke und 2 m Länge dar. Sie sind in der Lage, Rezeptoren auf anderen, nicht plasmidtragenden Zellen zu erkennen. Nach Kontaktaufnahme von Pili und Rezeptor kann der Konjugationsvorgang beginnen. Während der Konjugation kommt es wahrscheinlich zu einer kurzlebigen Verschmelzung der Zellwände beider Konjugationspartner und zur Übertragung der Plasmid-DNA in Form eines Einzelstranges. In den beiden Zellen werden die Einzelstränge dann zum Doppelstrang ergänzt. Nach Replikation dieser Kopie in der Empfängerzelle etabliert sich das übertragene Plasmid im Rezipienten. Kontakt über Sex-Pili Rekombination + Donor (Plasmidhaltig) Rezipient Konjugative (Plasmidfrei) Plasmidübertragung Transkonjugante VORLESUNG: Die Bildung von Pili ist an den Stamm gekoppelt. Das Proteinhohlrohr dient zur Kontaktaufnahme zum Nachbarbakterium zwecks genetischem Informationsaustausch. Die Information zur Pilibildung ist plasmidgebunden. Plasmidale Informationen sind nicht lebensnotwendig. Schematische Darstellung des Transfer/Replikationsvorgangs eines konjugativen Plasmiden a) b) c) d) Bei der Konjugation findet nur eine einseitig gerichtete Genübertragung statt. Die eine Bakterienzelle fungiert als Spender, die andere als Empfänger. Spenderzellen besitzen ein besonderes Plasmid, den sogenannten Fertilitätsfaktor (F-Faktor). Nur Bakterien mit diesem Faktor, die F + -Zellen, können DNA übertragen. In der Regel wird eine Kopie des F-Plasmids übertragen. Die Empfängerzelle wird dadurch zu einer F+ -Zelle. Ein wichtiges Problem der medizinischen Praxis ist das Phänomen der „infektiösen Resistenz“. Unter diesem Begriff wird die Tatsache verstanden, daß transferable Antibiotika-Resistenz-Plasmide durch das gehäufte Auftreten resistenter Stämme ihre Resistenz-Determinanten häufig in Populationen pathogener Bakterien verbreiten, so daß bestimmte Antibiotika-Therapien durch das gehäufte Auftreten resistenter Stämme unwirksam werden. In den Plasmiden ist die Fähigkeit zur Resistenzbildung gespeichert. Durch Konjugation wird diese Information an pathogene Bakterienstämme weitergegeben. Es werden immer mehr Bakterienstämme hervorgebracht, die Antibiotika-resistent sind. R-Plasmid F+-Zelle f--- Zelle (R = Resistenz) : Information: Bau eines Pilus ( F = Fertilität) : Zelle kann Pilus ausbilden : Zelle kann keinen Pilus ausbilden Eine Zelle besitzt einen R-Plasmid, der die Information zur Resistenzbildung enthält (F+-Zelle). Durch die Konjugation wird der R-Plasmid auf die plasmidfreie f -- Zelle übertragen, so daß nach Abschluß der Konjugation eine f –- Zelle zu einer F+-Zelle geworden ist, die nun ebenfalls die Fähigkeit der Resistenzbildung besitzt. Eine Zelle kann ihre genetische Plasmidalinformation auf bis zu 10 weitere Zellen übertragen. Diese Resistenzen haben für die Bakterienzellen nur dann einen Nutzen, wenn Antibiotika eingesetzt werden. Bei unnötiger Resistenzbildung werden sie herausselektiert, bei erneutem Gebrauch von Antibiotika besitzen diese Bakterienstämme keine Antibiotikaresistenz mehr und können abgetötet werden. Bei ständigem Antibiotikagebrauch werden resistente Bakterienstämme „gezüchtet“, was zum Hospitalismus führt. Der Prozeß der Konjugation hält von der Teilung, der Toxinbildung o.ä. ab. Der Plasmidbesitz wirkt sich nachteilig aus, wenn kein Antibiotika eingesetzt wird. Bei der Zellteilung von plasmidhaltigen Zellen erhält nur eine Tochterzelle den Plasmiden. Die Plasmiden teilen sich nicht synchron mit der Zelle. Es kommt zur Bildung von plasmidfreien Zellen. F+-Zelle F+-Zelle f---Zelle Virologie Viren unterscheiden sich von den übrigen Mikroorganismen durch folgende, für sie charakteristische Eigenschaften: 1) Viren enthalten entweder DNS oder RNS, nie jedoch beide Nukleinsäuren zugleich. 2) Viren haben keine zelluläre Struktur; ihnen fehlen Enzymsysteme für den Energie- und Eiweißstoffwechsel, sie können daher keine eigene Energie gewinnen oder Eiweißstoffe aufbauen. 3) Viren vermehren sich nicht durch Querteilung, in der infizierten Zelle werden die einzelnen Virusbestandteile getrennt gebildet und erst dann zusammengesetzt. 4) Viren sind antibiotikaresistent. 5) Viren können nur innerhalb bestimmter menschlicher, tierischer und pflanzlicher Zellen leben und sich darin vermehren (obligat intrazellulärer Parasitismus). Aufbau von Viren Das einzelne Virusteilchen bezeichnet man als Virion (Plural: Viria). Dieses Virion setzt sich zusammen aus der im Inneren liegenden, die Erbanlage tragenden Nukleinsäure (DNS oder RNS) und aus einem umhüllenden Proteinmantel, den man Kapsid nennt. Dieses Kapsid ist zumeist aus Untereinheiten aufgebaut, die sogenannten Kapsomeren. Je nach Anordnung der Kapsomeren kann das Kapsid die Form eines Ikosaeders besitzen oder länglich wie ein Stäbchen aussehen. Die Nukleinsäure und das Kapsid faßt man auch als Nukleokapsid zusammen. Ein Virion kann entweder nur aus diesem nackten Nukleokapsid bestehen oder es trägt noch eine Außenhülle (Envelope). Diese schützende Außenhülle besteht aus Eiweißstoffen, Lipiden, sowie Kohlenhydraten, und sie zeigt meist noch Fortsätze unterschiedlicher Morphologie (sogenannte Spikes). Der Durchmesser eines Virions kann zwischen 18 und 450 nm betragen. Erst vor kurzem wurde noch eine Sonderform der Viren nachgewiesen, welche nur aus der Nukleinsäure besteht und kein Kapsid besitzt; man nennt diese bisher kleinsten bekanntgewordenen Lebewesen Viroide. Aufbauschema der wichtigsten Vertebratenviren Unterschiede zwischen Viren und anderen Mikroorganismen Nukleinsäure vorhanden Vermehrungstyp Eigene Energiegewinnung Eigene Proteinsynthese AntibiotikaEmpfindlichkeit Obligat intrazellulärer Parasitismus Viren DNS oder RNA Synthese - Chlamydien DNS und RNS Zweiteilung - Rickettsien DNS und RNS Zweiteilung + Bakterien Mykoplasmen DNS und RNS Zweiteilung + - + + + - + + + + + + - + = vorhanden - = nicht vorhanden Einteilung der klassifizierbaren Vertebratenviren Nukleinsäuretyp DNS Familie Papovaviridae Adenoviridae Herpesviridae RNS Poxviridae Parvoviridae Picornaviridae Reoviridae Orthomyxoviridae Paramyxoviridae Rhabdoviridae Bunyaviridae Togaviridae Flaviviridae Coronaviridae Arenaviridae Retroviridae Wichtigste Gattungen bzw. Arten Warzenviren von Mensch und Tier, Papillomavirus, Polyomavirus, Vacuolatingvirus Adenoviren Herpes-Zoster-Viren, Zytomegalievirus, Epstein-Barr-Virus Pockenviren Parvoviren Enteroviren, Rhinoviren Reoviren, Rotaviren Influenzaviren Parainfluenzaviren, Masernviren, Staupeviren, Mumpsviren Tollwutvirus Verschiedene Arboviren Rötelnvirus, verschiedene Arboviren Gelbfiebervirus, FSME-Virus Coronaviren LCM-Virus, Lassa-Fieber-Virus Retroviren, HIV, Tumorviren Virusvermehrung Viren können nur innerhalb lebender Zellen schmarotzen und sich auf Kosten dieser Zelle vermehren. Der Vermehrungszyklus der tierischen Viren gleicht dem der Bakeriophagen. Die Nukleinsäure ist der eigentlich infektiöse Teil es Virions, welcher in die Wirtszelle eindringt und dort die Bildung neuer Viruspartikel auslöst. Der Viruszyklus läuft für gewöhnlich in folgenden Stadien ab: 1. Adsorption: Eine bestimmte Virusart kann nur ganz bestimmte Zellarten infizieren, darüber entscheidet das Vorhandensein oder Fehlen spezifischer Virusrezeptoren in der Zellmembran dieser Wirtszelle. Ist der dazu passende Zellmembranrezeptor vorhanden, dann bindet sich das Virus an die Zelle. Diese Bindung ist reversibel, das Virus kann in diesem Stadium noch durch spezifische Antikörper neutralisiert werden. 2. Penetration: Das adsorbierte Virus kann in das Innere der Wirtszelle penetrieren, oder es gelangt durch Verschmelzung der Virushülle mit der Zellmembran ins Zellinnere. Im Inneren der Wirtszelle wird die Nukleinsäure aus dem Viruskapsid freigesetzt, diesen Vorgang nennt man „Uncoating“. 3. Synthese von Virusbestandteilen: Nach der Freisetzung der infektiösen Nukleinsäure werden die Stoffwechsel-zentren der Wirtszelle gezwungen, virusspezifische Proteine (u.a. Kapsidmaterial) und entsprechende Nukleinsäurestränge aufzubauen. Die Synthese dieser Virusbestandteile erfolgt getrennt voneinander. 4. Reifung der neugebildeten Viren: Für gewöhnlich werden in die fertig produzierten Viruskapside die neugebildeten Nukleinsäurestränge eingebaut. 5. Ausschleusung der neugebauten Viren: Die neuen und fertig zusammengebauten Viren werden im Inneren der Wirtszelle gespeichert, sie können auch sofort ausgeschleust werden. Die Freisetzung der Viren erfolgt entweder durch aktives Ausschleusen der Viren oder durch Lyse der Wirtszelle. Umhüllte Viren bekommen beim Ausschleusen einen Teil der Zellmembran der Wirtszelle als Außenhülle mit. Ähnlich wie bei den Bakteriophagen kann es auch bei tierischen Viren zu einem nur unvollständigen Vermehrungszyklus kommen. Die Virusnukleinsäure wird z.B. in die Erbanlage der Wirtszelle eingebaut und bei der Teilung an die Tochterzellen weitervererbt, oder sie bleibt in episomaler Form im Zytoplasma liegen (ähnlich den Plasmiden). Wirtszellen mit solchen integrieten abortiven Viren können veränderte Eigenschaften zeigen (z.B. bösartige Entartung). Das integrierte abortive Virus kann durch verschiedene äußere Reize (UV-Strahlen, mutagene Substanzen u.a.) wieder in ein Vollvirus verwandelt werden. a) unbehüllt, kubisch-symetrisch b) unbehüllt, helical-symetrisch Nukleinsäure + Kapsomer (Proteine) ______________ = Nukleokapsid Ikosaeder Membran + Spikes ____________ Envelope (Virushülle) c) behüllt, kubisch-symetrisch d) behüllt, helical-symetrisch Funktion der Hülle : chemische Ähnlichkeit mit der Wirtszellenmembran ; dadurch wird das Einschleusen der Viruszelle in die Wirtszelle ermöglicht ( Adsorption, Penetration) Unbehüllte Viruszellen werden von der Wirtsmembran umschlossen und nach innen geschleust ( Penetration) In der Wirtszelle liegt das Virus unbehüllt vor, weil die Hülle an der Membran zurückbleibt. Das Kapsomer wird zurückgelassen, die Nukleinsäure wird freigesetzt (“Uncoating”) xxxx xxxx Transkription DNS Translation an den Ribosomen latentes Virus / Provirus = es kommt nicht zur Ausbildung eines Krankheitsbildes; die Virus-DNS wird in die Wirts-DNS eingebaut es entsteht erst ein Krankheitsbild, wenn sich der Virus vermehrt Bsp. Herpes-Virus Einteilung der Virusfamilien nach den Replikationsstrategien und der Beziehung des Virusgenoms zur mRNA. Die Pfeile innerhalb der Kästen zeigen den Informationsfluß während der Replikation. Die Pfeile in Richtung der mRNA beginnen bei der Matrize der mRNA-Synthese. Hepadnaviren doppelsträngiges DNA-Genom Papovaviren Adenoviren Herpesviren Poxviren Parvoviren doppelsträngige DNA einzelsträngiges DNA-Genom doppelsträngige DNA (+)-Strang RNA Picornaviren Caliciviren Togaviren Flaviviren Coronaviren Retroviren (+)-Strang (+)-Strang RNA-Genom mRNA RNA-Genom (-)-Strang RNA doppelsträngige DNA Paramyxoviren Rhabdoviren Orthomyxoviren Reoviren Doppelsträngiges RNA-Genom (-)-Strang RNA-Genom (+)-Strang RNA (+)-Strang RNA Transformation: 1. Übertragung genetischer Information mittels isolierter DNA. 2. durch den Einbau von freier, löslicher DNA einer Spenderzelle in eine Empfängerzelle (Übertragung gereinigter, auch rekombinanter DNA auf Bakterien- oder auch höhere Zellen). Transkription: Umschreibung der genetischen Information der DNA in RNA, v.a. in mRNA, Bildung eines RNA-Moleküls aus einer doppelsträngigen DNA als Matrix. Die Basensequenz der DNA wird in eine komplementäre Basenfolge der RNA übertragen. Die wachsende RNA-Kette wird von der Matrize freigesetzt, so daß sich der Prozeß sofort wiederholen kann. Die Reaktion wird durch das Enzym RNA-Polymerase katalysiert. Sie verknüpft in Gegenwart von DNA die Nucleosidtriphosphate unter Pyrophosphatabspaltung zu einem Polynucleotid. Die Transkription in der Zelle ist ein regulierter Prozeß, d.h. die Information einzelner Gene wird nicht ständig, sondern in Abhängigkeit von den Erfordernissen der Zelle unter dem Einfluß unterschiedlicher Signale abgerufen. Reverse Transkriptase: syn. RNA-abhängige DNA-Polymerase, reverse DNA-Polymerase; Enzym der Retroviren für die reverse Transkription viraler RNA in eine komplementäre DNASequenz (sog. DNA-Provirus), die in die DNA der Wirtszelle integriert wird. Translation: Übersetzung der durch Transkription in mRNA umgeschriebenen genetischen Information der DNA in die Aminosäuresequenz des Proteins; das ist also die Synthese eines Proteinmoleküls mit einer mRNA als Matrize; dabei erfolgt an den Polyribosomen eine Übersetzung der aus 4 Basen bestehenden Schrift der RNA in die aus 20 Aminosäuren bestehenden Schrift der Proteine. Der genetische Code Aminosäuresequenz Basentriplett Mesenger-RNA Codogener Strang Codon Grundsätzlich werden alle vererbbaren Merkmale mit Hilfe von enzymkatalysierten Reaktionen ausgebildet. Alle Enzyme sind Proteine, die aus 20 verschiedenen Aminosäure-Bausteinen aufgebaut sind. Dabei hängen Struktur und biologische Funktion eines Proteins von der Aminosäuresequenz ab. Die chemische Struktur der DNA zeigt nur in der Abfolge der vier Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin eine Variabilität. Eine Aminosäure wird durch eine Gruppe von drei Basen, einem Basentriplett der DNA, codiert. Die DNA befindet sich in den Chromosomen des Zellkerne, die Proteine werden jedoch im Cytoplasma synthetisiert. Es wurde ermittelt, daß die Ribosomen die Organellen sind, an denen Aminosäuren zu Proteinen verknüpft weden. Die Anweisung für Zahl und Abfolge der Aminosäuren eines Enzyms ist in der DNA codiert, die den Zellkern aber nicht verläßt. Vielmehr wird die Information für die Aminosäurensequenz eines Proteins durch ein chemisches Zwischenprodukt von der DNA abgelesen. Als Überträger der genetischen Information vom Zellkern zu den Ribosomen fungiert eine Nucleinsäure, die sog. messenger-RNA (mRNA). RNA unterscheidet sich von der DNA in zwei Bausteinen: Die Zuckerkomponente ist hier die Ribose; statt des Thymins tritt in der RNA Uracil als vierte Base neben Guanin, Cytosin und Adenin auf. Gibt man zu einer wachsenden Zellkultur radioaktiv markierte RNA-Bausteine, so werden diese in neusynthetisierte RNA eingebaut. Überprüft man kurz danach, wo in der Zelle Radioaktivität auftritt, so findet sich diese fast ausschließlich im Zellkern. Weitere Untersuchungen zeigen, daß RNA an DNA-Abschnitten der Chromosomen gebildet wird. Dazu tritt in dem DNA-Abschnitt eine vorübergehende Entwindung der Doppelhelix auf. An einem Strang der DNA, dem sog. codogenen Strang, lagern sich komplementär zur Basensequenz RNA-Nucleotide an und werden verknüpft. Die Basenpaarung läuft ähnlich wie bei der DNAVerdopplung ab. Dabei ist dem Adenin der DNA das Uracil der RNA gepaart. Die synthetisierte RNA löst sich vom codogenen DNA-Strang, und die Entwindung der Doppelhelix wird wieder rückgängig gemacht. Durch die mRNA-Synthese wird also die genetische Information auf der DNA dadurch abgelesen, daß ihre Basensequenz der Basenfolge des codogenen DNA-Stranges entspricht. Man gibt daher die Basentripletts des genetischen Codes in der „mRNA-Verschlüsselung“ an. Ein mRNA-Triplett wird als Codon bezeichnet. Realisierung genetischer Information Transkription Transfer-RNA Anticodon Translation Die in der DNA gespeicherte genetische Information wird abschnittsweise auf die RNA überschrieben. Diese RNA-Synthese wird Transkription genannt. Sie zeigt einen zur DNA-Verdopplung analogen Mechanismus. Allerdings wird dabei nur ein kleiner Teilbereich der DNA-Basensequenz abgelesen. RNA-Moleküle sind daher wesentlich kürzer als die DNA-Doppelhelix. Die Transkription wird von dem Enzym RNA-Polymrase katalysiert. Es erkennt anhand von bestimmten Basensequenzen Start- und Stoppzeichen auf dem codogenen Strang der DNA. Jedes mRNA-Molekül enthält die genetische Information für die Aminosäuresequenz eines Proteins. Um diese Information in die Synthese eines Proteins umzusetzen ist neben den Ribosomen, Aminosäuren und mRNA eine weitere RNA-Art nötig, die transfer-RNA (tRNA). Das tRNA-Molekül ist relativ klein, es besteht aus nur etwa 80 Nucleotiden, und transportiert die Aminosäuren zu den Ribosomen. Dabei bindet ein tRNA-Molekül immer nur eine bestimmte Aminosäure. In der Zelle sind daher mindestens 20 verschiedene tRNA-Typen vorhanden. Bei der Verwirklichung genetischer Information wirken mRNA, tRNA und Ribosomen sowie zahlreiche weitere Faktoren in spezifischer Weise zusammen. Zunächst erfolgt die Bindung der mRNA an ein Ribosom. Damit ist das „Startsignal“ für die nachfolgenden Prozesse gegeben. Ein mit seiner ihm zugeordneten Aminosäure beladenes tRNA-Molekül kann im sog. Eingang eines Ribosoms gebunden werden. Am Grunde dieses Eingangs liegt die mRNA mit einem Basentriplett-Abschnitt ebenfalls gebunden vor. Es lagert sich dann die AminosäurentRNA an, die das Codon der mRNA erkennen kann. Dieses Erkennen erfolgt durch ein Basentriplett der tRNA, durch das sogenannte Anticodon. Das Codon der mRNA und das Anticodon der tRNA sind in ihren Basensequenzen einander komplementär. So kann entsprechend dem Prinzip der genetischen Codierung einem Basentriplett eine Aminosäure eindeutig zugeordnet weden. Das Ablesen aller Codons eines mRNA-Moleküls ergibt die Aminosäuresequenz eines Proteins. Gleichzeitig erfolgt aber am Ribosom auch die Verknüpfung der Aminosäuren untereinander. Grundsätzlich beginnt die Biosynthese eines Proteins immer mit dem sog. Startcodon AUG, das zugleich die Aminosäure Methionin codiert. Nachdem die Methionin-tRNA mit dem Anticodon UAC im Ribosomen-Eingang durch Basenpaaarung gebunden ist, rückt das Ribosom um eine Triplettbreite auf der mRNA weiter. Die Methionin-tRNA sitzt dann in der als Ausgang zu bezeichnenden zweiten Bindungsstelle des Ribosoms. In den Ribosomen-Eingang ist dann das nächstfolgende Codon der mRNA gerückt. Dort wird nun die entsprechende zweite Aminosäure-tRNA angelagert. Danach geht die Aminosäure im Ribosomen-Ausgang auf die Aminosäure in der Eingangsposition über und wird dort angeknüpft. Im Ribosomen-Eingang sitzt nun ein tRNA-Molekül, das ein Dipeptid trägt. Das im Ausgang entladene tRNA-Molekül verläßt das Ribosom und bindet im Zytoplasma erneut die ihm zugeordnete Aminosäure. Das Ribosom rückt erneut um ein Basentriplettweiter. Die das Peptid tragende tRNA sitzt dann im Ausgang des Ribosoms. Der Eingang wird durch eine neue Aminosäure-tRNA besetzt, die das dort vorliegende Codon erkennt. Das Ribosom läuft die gesamte Baensequenz der mRNA ab, und die oben geschilderten Vorgänge wiederholen sich, wobei die Proteinkette ständig wächst. An dieser Kettenverlängerung sind verschiedene Enzyme beteiligt, die Bestandteile des Ribosoms sind. Erreicht das Ribosom ein Stoppcodon – dies können die Tripletts UAA, UAG oder UGA sein – zerfällt das Ribosom in seine beiden Untereinheiten, und die Proteinbiosynthese ist abgeschlossen. Bei dieser Synthese erfolgt die Übersetung der genetischen Sprache, die Basensequenz der Nucleinsäuren, in die Aminosäuresequenz eines Proteins. Man bezeichnet diesen Vorgang auch als Translation. In der Regel wird ein mRNA-Molekül von mehreren Ribosomen gleichzeitig abgelesen. Die Ribosomen wandern hintereinander am mRNA-Strang entlang. Jedes Ribosom bewirkt die Synthese eines Proteinmoleküls. Die Vorgänge bei der Proteinsynthese lassen folgenden Fluß der genetischen Information erkennen: Transkription DNA Translation m-RNA Protein Die damit festgelegte Richtung des Informationsflusses wird als Dogma der Molekularbiologie bezeichnet. Man kennt heute allerdings bei einigen Viren Abweichungen von diesem Schema. Generell aber fungiert mRNA als Zwischenträger zwischen dem Ort der Speicherung und dem Ort der Realisierung von genetischer Information. Die mRNA ist nur ein kurzlebiges Molekül, das nach einiger Zeit durch zelleigene Enzyme wieder abgebaut wird. In einer Zelle liegen immer verschiedene mRNA-Moleküle nebeneinander vor. Welche mRNA-Moleküle auftreten hängt jeweils von der gerade abgerufenen genetischen Information ab. Durch Versuche hat man herausgefunden, daß alle 64 (43) denkbaren Tripletts in der Zelle auch tatsächlich auftreten. Die meisten Aminosäuren werden durch mehrere Basentripletts codiert. Man kann – mit Ausnahme des Tryptophans und des Methionins – aus einer Aminosäure nicht auf ein bestimmtes Basentriplett schließen. Meist unterscheiden sich die Codons für eine Aminosäure in der dritten Base. Synthese von Virusproteinen und -nukleinsäuren 1. Doppelsträngige DNA-Viren Papovaviren Adenoviren Herpesviren Poxviren Die Synthese der mRNA folgt dem aus der Zelle bekannten Modell. Die Doppelhelix entwindet sich in einem Teilbereich, die mRNA wird durch die komplementären Basen gebildet und löst sich dann wieder vom DNAStrang, welcher sich dann wieder zur Doppelhelix aufwindet. Beide Stränge der DNA können als Matrize dienen. 2. Einzelsträngige DNA-Viren Parvoviren Das Virion enthält zumeist den DNA-Strang dessen Polarität der mRNA komplementär ist (DNA-Strang mit negativer Polarität), so daß er der Transkription unmittelbar dienen kann. Die Bildung der mRNA beginnt allerding mit der Replikation des DNA-Stranges und anschließender mRNASynthese nach dem bekannten Muster. 3. Einzelsträngige RNA-Viren mit Messenger(+)-Polarität Picornaviren Caliciviren Togaviren Flaviviren Coronaviren Die Virus-RNA kann unmittelbar als mRNA fungieren. Die Replikation der RNA aller Viren dieser Gruppe erfordert viruscodierte Enzyme (RNA-abhängige RNAPolymerasen), die (+)-Strang RNA über einen komplementären (-)-Strang als Intermediärprodukt synthetisieren können.An einem Komplementärstrang werden gleich mehrere (+)-Stränge gebildet, wodurch die Effektivität der Synthese der benötigten Virion-RNA gesteigert wird. Die Struktur aus (-)-Strang und mehreren (+)-Strängen samt RNA-Polymerasen nennt man replikative Intermediärform (RI). 4. Einzelsträngige RNA-Viren mit einem RNA-Molekül von Antimessenger-Polarität Paramyxoviren Rhabdoviren An der RNA dieser Viren werden durch eine im Virion enthaltene Transkriptase mehrere monocistronische mRNA-Moleküle synthetisiert. 5. Einzelsträngige RNA-Viren mit mehreren RNA-Molekülen und Antimessenger-Polarität Orthomyxoviren Bei Orthomyxoviren besteht das Genom aus 8 oder mehr RNA-Stücken mit (-)-Polarität. Jedes Stück wird von einem im Virion vorhandenen Enzym zumeist zu monocistronischer mRNA transkribiert. 6. Doppelsträngige RNA-Viren Reoviren Die RNA der Reoviren besteht aus 10 doppelsträngigen RNA-Segmenten, die durch ein Virion-Enzym noch innerhalb des partiell geöffneten Kapsids transkribiert werden. Die 10 verschiedenen (+)-Strang-mRNAs haben zwei Funktionen: sie dienen erstens als monocistronische Messenger für die Reovirus-spezifischen Struktur- und Nichtstrukturproteine. Die RNA dient aber auch – allerdings erst Stunden später – als Matrize für die Replikase, die den (-)-Strang synthetisiert. Messenger (+)-Strang und komplementärer (-)-Strang bilden dann zusammen die doppelsträngige RNA für die Tochterviren. 7. Eintelsträngige RNA Viren mit „ambisense“ Polarität Arenaviren Bunyaviren Das wesentliche Merkmal dieser Gruppe von RNA-Viren (die 2 oder 3 RNA-Stücke beinhalten) ist die zweifache Polarität der RNA: ein Teil des Genoms hat mRNA-Polarität, die andere Antimessenger-Polarität (daher „ambisense“). Notwendige Folge dieser Struktur ist, daß ein Teil der mRNA von der genomischen RNA, der andere von der komplementären RNA transkribiert wird. 8. Retroviren Die Viren dieser Gruppe enthalten Einzelstrang-RNA, die durch eine im Virion enthaltene RNA-abhängige DNA-Polymerase (reverse Transkriptase) zu doppelsträngiger DNA, dem Provirus, transkribiert wird. Diese im Zytoplasma synthetisierten DNA-Stücke gelangen in den Zellkern, werden zirkularisiert und ins Wirtsgenom integriert. An der DNA wird dann eine RNA in voller Länge transkribiert. Sie hat zwei Funktionen: einmal als genomische RNA in das Viruspartikel verpackt zu weden, zum anderen als mRNA. 9. Hepadnaviren Viren dieser Gruppe besitzen eine partiell doppelsträngige DNA, wobei der (-)-Strang, komplementär zur mRNA, komplett ist. Wahrscheinlich durch zelluläre Enzyme wird der unvollständige (+)-Strang komplettiert. Die DNA-Replikation erfolgt über eine (+)-Strang-RNA-Zwischenstufe , das sog. Prägenom und eine reverse Transkriptase. Die Transkription und Replikation viraler DNA findet im Zellkern statt. Eine Ausnahme sind die Poxviren, deren DNA wie die Nukleinsäure zumindest der meisten RNA-Viren im Zytoplasma transkribiert und repliziert wird. Herpes-Viren Von den humanmedizinisch wichtigen Virusarten dieser Gruppe sind zu nennen das Herpes-simplex-Virus, das Varizellen-Zoster-Virus, das Zytomegalievirus und das Epstein-Barr-Virus. Herpes-simplex-Virus (HSV-1 und HSV-2) Man unterscheidet die beiden Serotypen 1 und 2. Diese Viren sind weltweit verbreitet, die meisten Menschen kommen schon in ihrer Kindheit zumindest mit dem Serotyp 1 in Berührung. Der Serotyp 2 tritt erst später auf, da er häufig durch den Geschlechtsverkehr übertragen wird und sich dann genital ansiedelt. Klinisch muß bei den Herpesviren zwischen einer Primärinfektion und den wiederholten rekurrierenden Infektionen unterschieden werden. Der Primärkontakt verläuft zu 99% ohne Symptome. Wenn es beim Typ 1 überhaupt zu klinischen Erscheinungen kommt, dann sieht man bläschenförmige Entzündungen im MundRachen-Bereich, eventuell eine Keratokonjungtivitis (=Entzündung der Hornhaut und der Bindehaut) und nur selten eine Enzephalitis (= Gehirnentzündung). Beim Typ 2 treten entsprechende Erscheinungen in der Genitalregion auf. Typisch für die Herpesviren ist, daß sie sehr häufig in den regionalen Ganglienzellen, oft lebenslang, persistieren (= bestehenbleiben). Von dort aus kann es bei Resistenzschwäche, Erkältungen, starker Sonneneinwirkung u.a. zu einer rekurrierenden Infektion kommen. Charakteristisch hierfür sind Bläschenbildungen in der Übergangszone zwischen Haut und Schleimhaut, im Mundbereich als Herpes labialis und im Genitalbereich asls Herpes genitalis bezeichnet. Die Bläschen trocknen ein, verkrusten und heilen ohne Narbenbildung aus. Beim Neugeborenenherpes wird das Virus während der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen, als Folge kann es zur generalisierten (= über den ganzen Körper verbreitet) und sehr bösartig verlaufenden Sepsis kommen. Die Keratokonjugtivitis durch Herpesviren läßt sich chemotherapeutisch mit Erfolg behandeln. Varizellen-Zoster-Virus (VZV) Diese morphologisch nicht vom Herpes-simplex-Virus zu unterscheidende Virusart ruft beim Menschen zwei unterschiedliche Krankheitsbilder hervor, nämlich die Varizellen (Windpocken) und den Zoster (Gürtelrose). Varizellen Die Windpocken gehören zu den häufigsten Infektionen im Kindesalter, sie sind außerordentlich kontagiös (= ansteckend). Auch bei uns sollten die meisten Kinder die Varizellen bis zum 6. Lebensjahr durchgemacht haben. Nach einer Inkubationszeit von 2-3 Wochen treten typische Hauterscheinungen auf, ein stark juckender bläschenförmiger Hautausschlag. Meist verlaufen die Varizellen milde, schwere Erkrankungen mit Pneumonien (= Lungenentzündung) und Enzephalitis sind möglich. Kurz vor oder nach einer Infektion können Immunglobulingaben den Ausbruch der Krankheit verhindern (evtl. wichtig bei besonders gefährdeten Kontaktpersonen wie Schwangeren). Im Unterschied zu den Pocken bieten die Varizellen ein sehr buntes Bild (Hauteffloreszenzen sind in verschiedenen Stadien zu sehen); Das Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen, allerdings besteht eine Ansteckungsgefahr nur bis zum 5. Tag nach Auftreten der Hauterscheinungen. Sehr oft persistieren die Viren in den dorsalen Spinalganglien. Zoster Die in den dorsalen Spinalganglien persistierenden Viren können beim Erwachsenen reaktiviert werden, es kommt plötzlich unter großen Schmerzen zu der lokalisierten und abgegrenzten Gürtelrose (entsprechend dem von einem bestimmten Ganglienbereich versorgten Hautbezirk). Auch hier findet man bläschenförmige Hauterscheinungen, die dann ohne Narben ausheilen. Meist tritt der Zoster einseitig im Rumpfbereich aus, es können aber auch verschiedene Hirnnervbereiche betroffen werden (z.B. Trigeminuszoster). Zytomegalievirus (ZMV) Diese aufgrund typischer Zellveränderungen so benannte Virusart ist weltweit verbreitet, zwischen 40 und 100% der jeweiligen Bevölkerung werden vor Eintritt ins Erwachsenenalter durchseucht. Die Übertragung von Mensch zu Mensch und auch die Epidemologie sind aber noch nicht völlig geklärt. Zumeist führt das Zytomegalievirus zu keiner klinischen Erscheinung, es tritt jedoch häufig eine Viruspersistenz ein. Bei 0,5 – 3,5% aller Neugeborenen ist bereits eine intrauterine Infektion nachzuweisen. In den meisten Fällen sind keine klinischen Symptome zu sehen, es kommen aber auch Gehörschäden, Knochen- und geistige Entwicklungsschäden vor. Im Kindesalter kann das klinische Bild einer infektiösen Mononukleose (= PfeifferDrüsenfieber) entstehen. Während der Schwangerschaft, unter immunsuppressiver Therapie und bei Tumorpatienten ist eine Reaktivierung dieser latenten (= zeitweiliges Verborgensein einer Krankheit) Infektion mit einer Generalisierung möglich. Epstein-Barr-Virus (EBV) Dieses Virus weist eine sehr hohe, weltweite Durchseuchung auf, bis zum Eintritt in das Erwachsenenalter werden 80-90% aller Menschen infiziert. Die Virusaufnahme erfolgt oral und parenteral durch infiziertes Blut, es kommt zur Infektion der B-Lymphozyten. Im Frühkindesalter treten nur selten klinische Erscheinungen auf. Kommt es im Erwachsenenalter zur Erstinfektion, dann findet man meist die klinische Erscheinung einer infektiösen Mononukleose. Dieses Krankheitsbild ist dadurch charakterisiert,daß fast stehts eine Pharyngitis (= Rachen- entzündung) mit Lymphknotenentzündung und Fieber sowie Milzvergrößerung auftritt. In 11% der Fälle kommt es zu Ikterus (= Gelbsucht), in 3% zu einem masernähnlichen Exanthem. Die akute Erkrankung ist nach 1-2 Wochen beendet, die Rekonvaleszenz kann mehrere Wochen betragen, Komplikationen können vorkommen. Entzündung des lymphatischen Systems; Berkitt-Lymphom (Krebs des lymph. Systems) VORLESUNG: Herpes-Viren (,,) Umhülltes, kubisch-symetrisches Virus mit doppelsträngiger DNA Herpes- simplex-Virus I (= Lippenherpes) Herpes-simplex-Virus II (= Genitalherpes) Varizellen-Zoster-Virus (= Windpocken-Gürtelrose-Virus) Zytomegalievirus Humanes Herpes-Virus 6 Epstein-Barr-Virus -HerpesViren -Herpes-Viren Zytomegalie-Virus: Betrifft Schwangere, der Fötus wird von den Viren befallen; hat keine Auswirkungen Humanes Herpes-Virus 6: 3-Tage-Fieber Viren sind sehr wirtsspezifisch Herpes-Viren besitzen Enzyme, die zum Start der Replikation nötig sind Hemmung dieser Enzyme Aceclovir Viren werden im Wachstum gehemmt DNA-Virus wird latent in Wirtszellen eingebaut ( ins Ganglion trigeminalis) Hepatitisviren Zur Zeit werden beim Menschen mindestens fünf Arten einer Virus-Hepatitis unterschieden: 1) Hepatitis A (epidemische Hepatitis) 2) Hepatitis B (früher: Serumhepatitis, Posttransfusionshepatitis) 3) Hepatitis C 4) Hepatitis D (Hepatitis Delta) 5) Hepatitis E Hepatitis A. Das Hepatitis-A-Virus, ein RNA-Virus (Picornavirus), kommt offensichtlich nur beim Menschen und wenigen Affenarten vor. Eine Anzüchtung ist möglich, auch kann der Erreger im Stuhl elektronenmikroskopisch gefunden werden. Direkt, häufiger jedoch indirekt über verunreinigte Lebensmittel bzw. Trinkwasser wird dieser Erreger von Mensch zu Mensch übertragen. Nach einer Inkubationszeit von 20-30 (15-45) Tagen tritt die Hepatitis oft epidemisch auf. Das Virus wird bis zum Krankheitsbeginn (bei einem Teil der Patienten auch noch einige Wochen nachher) über den Stuhl ausgeschieden. Die Hepatitis verläuft meist gutartig und heilt für gewöhnlich völlig aus, die Letalität ist niedrig. Beim Überstehen der infektiösen Hepatitis bleibt eine lebenslange Immunität. Der Virus vermehrt sich in der Leber und es findet eine Bekämpfung der virusbefallenen Zellen durch NK-Zellen und zytotoxische Zellen statt. Es kommt zur Leberschädigung, die jedoch vollständig ausheilt. Hepatitis B. Das Hepatitis-B-Virus wurde bislang beim Menschen gefunden, eine Züchtung ist aber noch nicht gelungen. Bei diesem DNA-Virus konnten inzwischen verschiedene Antigene dargestellt werden: das HB s –Antigen (Oberflächenantigen = surface antigen) und das HBc –Antigen (Innenkörper = core). Im Serum von Hepatitis-BPatienten wurde darüber hinaus noch das HBE –Antigen gefunden, welches wahrscheinlich auch ein Virusbestandteil ist und bei Persistenz als prognostisch ungünstiges Zeichen gewertet wird. Gegen alle drei Antigene werden entsprechende Antikörper gebildet. Die Serumhepatitis wird vorwiegend parenteral durch Inokulation (= unbeabsichtigte Übertragung von Krankheitserregern bei Blutentnahmen, Injektionen oder Impfungen ) von Blut oder Blutprodukten oder durch engen körperlichen Kontakt (Geschlechtsverkehr) übertragen. Die Inkubationszeit beträgt 50-90 (30-240) Tage. Die Hepatitis B verläuft relativ schwer, bei einer Persisitenz des Virus im Blut kann es zur chronischen Hepatitis mit Zirrhose (=Wucherung im Bindegewebeeines Organs (z.B. Leber,Lunge) mit nachfolgender Verhärtung und Schrumpfung) kommen.Üblicherweise ist das Hepatitis-B-Virus im Blut der Erkrankten einige Wochen nachweisbar. Inwieweit Speichel, Tränenflüssigkeit und Sperma infektiös sein können, ist noch nicht geklärt.. Sicherheitshalber sollte man diese Ausscheidungen als infektiös ansehen. Nicht erkrankte Virusträger kommen nicht selten vor. Hepatitis C. Parenteral übertragene Viren. Infektionsweg, Klinik und auch Folgeerscheinungen (Leberzirrhose) sind ähnlich den Gegebenheiten der Hepatitis B. 80-90% aller heute noch vorkommenden Hepatitisfälle nach Bluttransfusionen gehen auf das Konto dieser Viren, da man bislang Blutspender nicht diesbezüglich überprüfen kann. Hepatitis Delta. Der Erreger dieser Hepatitis ist das kleine replikationsdefekte Hepatitis-D-Virus. Es entsteht ein RNA-Virus, das sich offensichtlich nur zusammen mit dem Hepatitis-B-Virus oder anderen Hepatitisviren vermehren kann. Das Hepatitis-D-Virus wird ebenfalls parenteral übertragen, und es scheint weltweit vorzukommen. Hepatitis E Oral übertragene Viren. Wie das Hepatitis-A-Virus führen auch diese Viren über den fäkal-oralen Weg zur Hepatitis, welche vorwiegend in Asien beobachtet wird. Daneben können Hepatitiden als Begleiterkrankungen anderer Virusinfektionen vorkommen, wie z.B. der infektiösen Mononukleose, der Zytomegalie, generalisierter Herpes simplex-Infektionen, der hämorrhagischen Fieber (Gelbfieber!), sehr selten auch bei Infektionen mit Röteln-, Masern-, Munps-, Adeno- und Enteroviren (besonders bei immungeschwächten Patienten). Die klinischen Erscheinungen sind bei allen primären Virushepatitiden sehr ähnlich.Sie beginnen mit einem mehrtätgigen Prodromalstadium mit Fieber, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen sowie Anomalie des Geruchs- und Geschmackssinns. Dunkelverfärbung des Urins und das Hellerwerden des Stuhls leitenzu der ikterischen Phase mit Ikterus (=Gelbsucht) Hepato- und Splenomegalie (= Lebervergrößerung und Vergrößerung von Milz und Leber) über. Während die meisten prodromalen Symptome sich nun zurückbilden, erreicht die Gelbsucht nach 1-2 Wochen ihren Höhepunkt und nimmt bei unkomplizierten Fällen dann kontinuierlich ab. Die ikterische Phase dauert 2-6 Wochen, an die sich ein gelegentlich mehrere Monate dauerndes Rekonvaleszensstadium anschließen kann. Komplikationen sind der Übergang in eine chronische Infektion sowie die seltenen fulminanten Verläufe. Chronische Hepatitiden treten nach Hepatitis B-, C- sowie kombinierten Hepatitis B- und Delta-Infektionen auf und können nach mehrjährigem Verlauf in einer Leberzirrhose und möglicherweise in einem hepatozellulären Karzinom enden. Die fulminante Hepatitis ist gekennzeichnet durch eine schwere Ikterus und eine massive Leberfunktionsstörung und weist eine altersabhängige Letalität von 55-100% auf. Virusfamilie Struktur des Virions: Kapsidform Hülle Genom Übertragungsweg Chronische Infektion möglich Hepatitis AVirus (HAV) Picornaviridae kubisch (ikosaedrisch) Hepatitis BVirus (HBV) Hepadnaviridae kubisch (ikosaedrisch) Hepatitis CVirus (HCV) Flaviviridae(?) Hepatitis DVirus (HDV) ? nein ss RNA ja ss RNA nein ss RNA fäkal-oral ja ja ds (partiell) ss RNA DNA parenteral parenteral parenteral fäkal-oral nein ja ja nein ? ja ? Hepatitis EVirus (HEV) Caliciviridae kubisch (ikosaedrisch) Doppelsträngiger DNA-Virus; nackt Papovaviridae Diese Bezeichnung resultiert aus der Abkürzung des Namens dreier Vertreter dieser Familie, des Papillomavirus, des Polyomavirus und des Vacuolatingvirus der Affen. Zu dieser Familie gehören die Warzenviren von Mensch und Tier; auch tumorerzeugende Viren scheinen hier vorzukommen. Das Papillomavirus, welches mindestens 3 Serotypen ausweist, ruft die menschlichen Warzen und die im Genitaltrakt auftretenden warzenähnlichen Condylomata acuminata hervor (werden durch Geschlechtsverkehr übertragen). Polyomaviren werden in Zusammenhang mit dem Lymphosarkom und der chronisch-myelogischen Leukämie gebracht. Doppelsträngiger RNA-Virus; nackt Reoviridae Die Reoviren hatten ursprünglich den Namen Respirenteroviren. Die Familie der Reoviridae besteht aus mindestens 9 auch im Tier und Pflanzenreich weit verbreiteten Genera, die sich zum Teil morphologisch unterscheiden. Von ihnen sind die Rotaviren sehr häufig als Erreger von Säuglingsenteritiden (=Entzündung des Dünndarms, Darmkatarrh) nachzuweisen. Die meisten Infektionen verlaufen symptomlos oder mild. Die Inkubationszeit beträgt wenige Tage. Die Rotaviren befallen offensichtlich nur die Dünndarmschleimhaut, sie werden fäkal-oral im Sinne einer Schmutzschmierinfektion oder Nahrungsmittelinfektion übertragen. Besonders bei Säuglingen und Kleinkindern kann es zu epedemieartigen Ausbrüchen kommen (bei uns besonders in den Wintermonaten), im Schulalter ist meist schon eine breite Durchseuchung erreicht. Auch zur Familie Reoviridae gehörig ist das Colorado-Zeckenfieber-Virus, Erreger einer u.U. gerade bei Kindern schwer verlaufenden, Dengue-Fieber-artigen Allgemeininfektion. Einzelsträngige RNA-Viren; umhüllt Togaviridae Diese Familie umfaßt neben tierpathogenen Viren viele der früheren Arboviren und das Rötelnvirus. Das Rötelnvirus ist die einzige Spezies des Rubivirus. Die Togaviren werden in vier Gruppen zusammengefaßt: Alpha-Viren, Flaviviren, Rötelnvirus und Pestvirus.Alpha- und Flaviviren werden von den Arthropoden (= Gliederfüßler) übertragen, sie gehören daher zu den sogenannten Arboviren (arthropod-borne-viruses). Von den über 300 heute bekannten Arboviren können etwa 50 Arten auf den Menschen übertragen werden, insgesamt verteilen sie sich auf die folgenden Familien: Togaviren, Arenaviren, Bunyaviren, Reoviren und Rhabdoviren. Arboviren vermehren sich im Darm der selbst nicht ernsthaft erkrankenden Überträger (Mücken, Zecken) und werden über die Speicheldrüse ausgeschieden. Alpha-Viren Besonders von infizierten Pferden aus werden in Amerika, Afrika und Asien verschiedene Viren durch Moskitos auf den Menschen übertragen, wo sie zu Influenza-ähnlichen Erkrankungen, manchmal aber auch zu sehr schwer verlaufenden Enzephalitiden führen können. Von diesen Infektionen sind am besten die im Osten der USA vorkommenden Eastern Equine Enchphalitis (EEE), die im Westen und Südwesten der USA auftretende Western Equine Encephalitis (WEE) und die in Zentral- sowie Südamerika zu beobachtende Venezuelan Equine Encephalitis (VEE). Flavivieren Flaviviren haben ihr primäres Reservoir beim Menschen (Dengue-Fieber, urbanes Gelbfieber systemische Erkrankung), beim Affen, bei Vögeln, Nagern und verschiedenen anderen Säugetieren, von wo sie über Moskitos und Zecken auf andere Wirte übertragen werden. Beim Menschen kommt es meist zu nur uncharakteristischen Infekten mit einem oft zweiphasigen Fieberverlauf. Es kann aber auch zu sehr gravierenden Erkrankungen kommen wie Enzephalitis, hämorrhagisches (= zu Blutungen führend, mit ihnen zusammenhängend) Fieber und Fieber mit Gelenkbeteiligung. Hierzu gehören: Dengue-Virus Dengue-Viren werden im Mittelmeergebiet, in Nordafrika, Ostasien und Indien durch Aedesmücken auf Mensch und Tier übertragen. Nach einer Inkubationszeit von 5-8 Tagen kommt es zu Fieber, Schüttelfrost, Schmerzen in den großen Gelenken der Extremitäten und zu einem Gesichtserythem. Nach 2-3 Tagen fällt das Fieber, nach kurzer Zeit kommt es jedoch zu einer zweiten Fieberphase mit einem Erythem des ganzen Körpers (das Gesicht wird nun ausgespart) Die Letalität kann bis zu 10% betragen. FSME-Virus Dieses Virus ruft die Frühlings-Sommer Meningo-Enzephalitis (FSME) hervor. Das Erregerreservoir sitzt offensichtlich bei verschiedenen wildlebenden Nagetieren, der Erreger wird durch infizierte Zecken auf den Menschen übertragen. Die FSME zeigt eine zunehmende Verbreitung von Ost nach West, auch in den verschiedensten Gegenden Deutschlands wird sie schon beobachtet. Die Symptome dieser ebenfalls zweiphasigen Erkrankung können verschieden stark ausgeprägt sein. In vollständiger Form kommt es zu einer Meningitis (=Hirnhautentzündung) oder Meningoenzephalitis (= Form der Meningitis, bei der die Gehirnsubstanz in Mitleidenschaft gezogen ist), evlt. mit Lähmungserscheinungen. Eine Schutzimpfung gegen FSME ist möglich und bei exponierten bzw. zeckenempfänglichen Menschen empfehlenswert, auch eine passive Immunprophylaxe kann durchgeführt werden. VORLESUNG: Spätfolgen der FSME sind Hirnschäden Von 1000 Infizierten erkrankt ca. Einer. Erste Anzeichen sind Nackensteife und Fieber FSME wird durch Zecken übertragen. Zecken (Gemeiner Holzbock) zählen zu den Grastieren, da sie im hohen Gras leben. Nur die Weibchen saugen Blut. Die Infektionsrate ist geographisch abhängig vom Auftreten der Zecken. Im allgemeinen liegt die Infektionsrate der Zecken aber unter 100%. Nur jeder 1000.Zeckenbiß führt zu FSME und nur jede 100. FSME hat Hirnschäden zur Folge. Die Wahrscheinlichkeit, Hirnschäden davonzutragen liegt bei 1:100.000.000 Eine Zeckenschutzimpfung bietet nur 50-60% Sicherheit und ist nur wenige Jahre haltbar. ------------------------------------------------------------------ Eine weitere durch Zecken übertragbare Krankheit ist die Borreliose. Diese wird allerdings nicht durch Viren, sondern durch Bakterien übertragen. Borrelien sind große (20m ) schraubenförmige Bakterien, die stark beweglich sind. Neben den Erregern des Rückfallfiebers und der Lyme-Krankheit zählen sie auch zu den Kommensalen der menschlichen Mundflora. Die Lyme-Krankheit, nach einem Ort in den USA benannt, wird auch als Lyme-Borreliose oder Erythmamigrans-Borreliose bezeichnet. Obwohl die typischen Hauterscheinungen schon lange bekannt sind, gelang es erst 1983 BURGDORFER und seinen Mitarbeitern, den Erreger in Patientenmaterial und in Zecken nachzuweisen. Dem Entdecker zu Ehren hat man den Erreger Borrelia burgdorferi benannt Mehrere Tage oder Wochen nach einem unbemerkten Zeckenbiß entsteht an der Bißstelle eine kleine Papel oder ein roter Fleck, aus denen sich ein scharf abgegrenztes, langsam größer werdendes Erythem entwickelt. Dieses Erythem wird dann im Zentrum heller, und es greift auf weitere Bereiche der Umgebung über. Häufig wird über Juckreiz und brennenden Schmerz geklagt. Mehrere Wochen bis Monate nach der Infektion kommt es, wenn keine Behandlung erfolgt, in rund der Hälfte der Fälle zu akut einsetzenden Arthritiden (besonders Kniegelenke) und bei rund 10-20% der Patienten zu Erscheinungen von seiten des Zentralnervensystems (Meningitis, Enzephalitis). Auch kardinale Syptome können auftreten. Die Lyme-Borreliose heilt meist von selbst aus, etwa nach 7-8 Monaten. Die Lyme-Krankheit ist weltweit verbreitet, sie kommt auch in waldreichen Gebieten Europas vor. Es besteht ein Erkrankungsgipfel im Sommer/Herbst, bedingt durch die Lebensweise des für uns wichtigsten Überträgers, der Zecke ixodes ricinus (Holzbock). Tetracycline werden als Therapeutika der ersten Wahl angegeben. Die Diagnose der Lyme-Borreliose wird entweder klinisch aufgrund der charakteristischen Hauterscheinungen gestellt oder serologisch durch Nachweis spezifischer Antikörper. Bei der Borreliose ist keine Prophylaxe möglich. Erfolgt keine Therapie, kommt es zu einem Übertritt der Bakterien in Blut und Lymphe und zu einem Befall der Nerven (Neuralgien = Nervenschmerzen oder Nervenausfälle) Vergleich FSME Borreliose Das Auftreten von Borreliose ist seltener als FSME FSME: Prophylaxe möglich, keine kausale Therapiemöglichkeit Borreliose: keine Prophylaxe, therapierbar Gelbfiebervirus Das besonders in Afrika, in Süd- und Mittelamerika vorkommende Gelbfieber zählt zu den gemeingefährlichsten Weltseuchen. Das natürliche Erregerreservoir stellen wildlebende Affen im Dschungel dar (Dschungelgelbfieber), zwischen denen das Virus durch blutsaugende Mücken übertragen wird. Von dort aus kann der Erreger auch auf den Menschen gelangen, und der Mensch kann dann selbst zum Virusstandort werden (Städtegelbfieber). Von Mensch zu Mensch wird das Gelbfieber ausschließlich über Mücken (Aedes) übertragen. Die Erkrankung gehört zu den hämorrhagischen Fieberarten. Kardinalsymptome sind plötzliches hohes Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen, z.T. schwere Blutungen, gastrointestinale Störungen und Leberbeteiligung. Die Letalität ist hoch (etwa 50%). Eine gut wirksame und auch verträgliche Schutzimpfung gegen Gelbfieber ist möglich, sie wird im internationalen Reiseverkehr für bestimmte Länder Afrikas und Amerikas gefordert und ist allen Reisenden dorthin dringend zu empfehlen. Der Impfschutz dauert mindestens 10 Jahre an, danach ist eine Wiederimpfung angezeigt. Verwendet wird ein abgeschwächter Lebendimpfstoff, der damit erzielte Impfschutz kann als zuverlässig bezeichnet werden. VORLESUNG: Zählt neben den Pocken, der Cholera und der Pest zu den Quarantäneerkrankungen. Rötelnvirus Die Verbreitung des Rötelnvirus geschieht von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion. Dieser Erreger ruft eine typische Kinderkrankheit hervor, nämlich die Röteln oder Rubella. Der Erreger konnte 1962 erstmals angezüchtet werden. Die Röteln verlaufen als Erkrankung meist harmlos. Zu Beginn kommt es zu einer katarrhalischen (Katarrh= Schleimhautentzündung der Atmungsorgane mit meist reichlichen Absonderungen) Erscheinung von seiten der oberen Luftwege und zu leichtem Fieber, anschließend tritt dann das typische Rötelnexanthem auf: Beginn im Gesicht und dann Ausbreitung über Hals, Rumpf und Extremitäten. Gefährlich sind die Röteln in der Schwangerschaft. In den ersten vier Schwangerschaftsmonaten kann das Rötelnvirus die Rötelnembryopathie hervorrufen. Zu den typischen Erscheinungen der Rötelnembryopathie gehören der ein- oder beidseitige Katarakt (Augenstar), Hörnervschäden und Entwicklungsfehler des Herzens. Mit solchen Schäden ist relativ oft zu rechnen, mindestens in 20% der Fälle. In den späteren Schwangerschaftsmonaten besteht die Gefahr einer Rötelnembryopathie offensichtlich nicht mehr. (Die Organdifferenzierung des Embryos ist offensichtlich abgeschlossen.) Die klinische Rötelndiagnostik ist nicht mit Sicherheit zu stellen, da das Exanthem oft nicht von anderen Hautausschlägen abgrenzbar ist. Wichtig ist daher der Nachweis spezifischer Antikörper. Wegen der schwerwiegenden Rötelnembryopathie ist dringend zu empfehlen, bei Mädchen vor Beginn der Geschlechtsreife einen Rötelnantikörpertest durchzuführen. Wenn dieser Test negativ ausfällt und damit das Überstehen der Röteln in der Kindheit ausgeschlossen werden kann, sollte eine Schutzimpfung mit einem Lebendimpfstoff verabreicht werden. Diese Impfung ist gut verträglich und verleiht einen ausreichenden Impfschutz. In der Schwangerschaft darf eine solche Impfung nicht erfolgen, da evtl. auch das Impfvirus auf den Föt übergehen und dort zu Schäden führen kann. VORLESUNG: Der Virus ist vertikal übertragbar, er kann diaplazental von der Mutter auf das ungeborene Kind übertragen werden. Embryo : 1. – 3. Monat; vollständige Anlage der Organe. Fötus : Wachstumsphase Das Virus beeinflußt die Embryonalentwicklung des ZNS: 70% blind oder taub 50 % blind und taub, geistige Retardierung Pestvirus Diese Viren werden direkt übertragen ohne Einschaltung von Zwischenwirten. Beim Menschen können diese Viren Durchfälle und hämorrhagische Diathesen verursachen. Paramyxoviren Zu den relativ großen Paramyxoviren, welche mit den Orthomyxoviren Ähnlichkeiten haben, werden die folgenden humanmedizinisch bedeutsamen Virusarten gerechnet: Parainfluenzaviren (Typ 1-4), Masernvirus, Mumpsvirus und das Respiratory Syncytial-Virus. Parainfluenzaviren. Wir unterscheiden vier Serotypen, von denen die Serotypen 1, 2 und 3 weltweit verbreitet sind, der Serotyp 4 wird dagegen vorwiegend in Amerika gefunden. Die Durchseuchung ist hoch, bereits im Kindesalter haben die meisten Menschen Parainfluenzavirusinfektionen überstanden. Es kommt zu grippeähnlichen Erkrankungen, die aber für gewöhnlich milder verlaufen als die echte Grippe. Pathogenese, Klinik und Übertragung (direkte Kontakte und Tröpfcheninfektion) ähneln den Verhältnissen bei den Influenzaviren. VORLESUNG: Es existiert keine Schutzimpfung gegen Parainfluenzaviren Mumpsvirus (Rubula-Virus) Mumps zählt zu den häufigsten Kinderkrankheiten. Während der akuten Erkrankung kommt es zur Entzündung der Mundspeicheldrüse (Parotitis). Häufig folgt eine Virämie (= Vorhandensein von Viren im Blut), die bei Männern in 25% zu einer schmerzhaften Hodenentzündung führt, weiterhin können Pankreatitis, eine seröse (= Serum absondernde) Meningitis oder eine Meningoenzephalitis ausgebildet werden. Der Befall noch anderer Organe ist möglich, die Prognose ist jedoch meist gut. Das Mumpsvirus wird über Speichel und Tröpfcheninfektion übertragen, die Kontagiosität ist aber nicht so groß wie die der Influenzaviren. Die Viren werden einige Tage vor Beginn der klinischen Erscheinungen und noch bis zu einer Woche nach Krankheitsbeginn ausgeschieden. Rund 20-30% aller Infektionen mit dem Mumpsvirus verlaufen inapparent ohne klinische Symptome. Die Mumpsdiagnose wird meist klinisch gestellt. Fehlen die typischen Parotitissymptome, dann kann die Erkrankung durch Virusanzüchtung und serologisch nachgewiesen werden. Eine Schutzimpfung mit einer abgeschwächten Lebendvakzine ist möglich, ebenso eine passive Immunprophylaxe bei besonders gefährdeten Personen (schwangere Frauen) mit einem spezifischen humanen Gammaglobulin. VORLESUNG: Symptom: Schwellung der Ohrspeicheldrüse, Fieber Folgeerkrankungen: Entzündung der keimbereitenden Organe (Hoden, Eierstöcke), was zur Sterilität führen kann. Mumps ist die Hauptursache für die Entstehung von Diabetis I (Jugend-Diabetis) Durch die Viruserkrankung kommt es zu einer Insuffiziens der Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse, wodurch zu wenig Insulin produziert wird. Dies führt zu einer zu hohen Zuckerkonzentration im Blut, wodurch Organe geschädigt werden können und evtl. sogar absterben. Masernvirus (Morbillius-Virus) Auch bei uns zählen die Masern zu den gängigsten Kinderkrankheiten. Das Masernvirus wird durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen, die Infizierten sind hierbei vom achten Tag der Infektion bis zum sechsten Tag nach Auftreten der Hauterscheinungen infektiös. Die Infektiosität des Masernvirus ist sehr groß, fast alle Kontaktpersonen erkranken. Nach einer Inkubationszeit von 9-12 Tagen kommt es zum Auftreten von Fieber, katarrhalischen Erscheinungen der oberen Luftwege und den sogenannten Koplikschen Flecken an der Wangenschleimhaut. Während der nächsten drei Tage erscheint das typische Masernexanthem: Dieser großfleckige Hautausschlag beginnt in der Kopfregion und breitet sich dann über den ganzen Körper aus. Die Masern führen in etwa 10 % zu ernsten Komplikationen: Am häufigsten sind Mittelohrentzündung und Bronchopneurmonien (= katarrhalische oder herdförmige Lungenentzündung) zu nennen, nicht selten (1 Fall unter 1000 Erkrankten) kommt es zur Masernenzephalitis mit einer Letalität von 10 %. Bei Überstehen dieser Hirnentzündung bleiben Rückstände wie epileptische Anfälle und Persönlichkeitsveränderungen. Sehr selten (1 Fall auf etwa 1 Million Masernerkrankter) sieht man als besonders schwerwiegende Komplikation eine subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE). Die Masern verlaufen im Kindesalter meist harmloser als beim Erwachsenen. Die Erkrankung zeigt einen Häufigkeitsgipfel in den Wintermonaten. Masern treten auch epidemisch auf. Werden sie in über lange Zeit isoliert lebende Bevölkerungsgruppen eingeschleppt, dann kommt es zu verheerenden Ausbrüchen mit hoher Letalität (Beispiel Masernepidemie auf den Faröerinseln Mitte des vergangenen Jahrhunderts). Die Immunität nach einer Maserninfektion besteht offensichtlich lebenslang. Die Maserndiagnose wird durch die typische klinische Symptomatik, durch die Virusanzüchtung aus Nasen-, Rachen- oder Konjunktivaabstrichen (Konjunktiva = Bindehaut) innerhalb der ersten Tage der Erkrankung und serologisch gestellt. Die doch nicht unerhebliche Gefahr von Komplikationen nach Masern macht die Masernschutzimpfung notwendig und empfehlenswert. Bei Impfung mit einem abgeschwächten Masernvirusstamm kommt es eventuell zu einer sehr milden masernähnlichen Erkrankung. Da bei Anwendung der Maserntotvakzine Komplikationen in Form einer Panmyelopathie (= völliger Schwund bzw. Versagen aller blutbildenden Zellen des Knochenmarks) auftreten können, sollte man nur den Masernlebendimpfstoff verwenden. Bei gefährdeten Menschen (Patienten mit Immundefekten oder immunsuppressiver Therapie) kann die rechtzeitige Gabe (möglich bis einige Tage nach Masernkontakt) von Gammaglobulin aus Masern-Rekonvaleszentenserum den Ausbruch der Erkrankung verhindern. Subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) Sehr seltene Erkrankung (1-5 Fälle pro 1 Mio. Einwohner). Betroffen sind vor allem Kinder und Jugendliche, besonders in ländlichem Umfeld. Erreger ist das Masern-Virus, die Inkubationszeit beträgt 1-30 (durchschnittlich 7-8) Jahre nach akuter Masern-Infektion. Die Erkrankung durchläuft verschiedene Stadien: 1. Allmählich fortschreitende intellektuelle und psychische Veränderungen; 2. Neurologische Ausfallsymptome, Myoklonie(= Schüttelkrampf), epileptische Anfälle; 3. Zunehmende Dezerebrationsstarre (= Enthirnungsstarre nach Ausfall des Großhirns); Exitus letalis durchschnittlich nach 1-3 Jahren an terminalen Infektionen; auch akute Verlaufsformen (einige Monate) oder monatelange Remissionen (= Rückgang der Krankheitserscheinungen) mit langsamer Progredienz (= Fortschreiten einer Krankheit) sind beschrieben. VORLESUNG: SSPE = subakute sklerosierende Panenzephalitis verspätete verfestigende Zerstörung des Gehirngewebes, Ersatz durch Bindegewebe. Die Krankheit verläuft zu 100% tödlich und ist eine Spätfolge der Masern Respiratory-Syncytial-Virus. Schon im frühen Kindesalter scheint die Durchseuchung mit diesem Virus sehr hoch zu sein. Besonders in den Wintermonaten treten Infektionen der oberen, z. T auch der unteren Luftwege auf, schwere Krankheitsverläufe sind möglich. Die Virusanzüchtung ist problematisch, besser durchführbar ist der direkte Erregernachweis mit Hilfe der Immunfluoreszenz. Spezifische Antikörper können über eine KBR nachgewiesen werden. VORLESUNG: MMR-Schutzimpfung = Masern-Mumps-Röteln-Schutzimpfung Durchführung: 15.-18. Monat Impfstoff: Lebendimpfstoff aus nicht inaktivierten Viren Rhabdoviren Von den verschiedenen tierischen und pflanzlichen Virusarten, die zu den Rhabdoviren gerechnet werden , haben das Tollwutvirus und das Marburgvirus auch humanmedizinische Bedeutung. Tollwutvirus (Rabiesvirus) Das Tollwutvirus kann beim Menschen und vielen Tieren gefunden werden, wie z. B. bei Hunden, Katzen, Wölfen, Füchsen, Fledermäusen, Rindern, Pferden, Schafen und Schweinen. Die Tollwut (Lyssa oder Rabies) ist primär eine Zoonose, die relativ selten durch Biß auf den Menschen übertragen wird. Eine Weiterverbreitung von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt. Die Inkubationszeit beim Menschen ist relativ lang, im Durchschnitt liegt sie bei 1-3 Monaten, sie kann aber auch bis zu einem halben Jahr und länger betragen. Generell gilt, je kürzer die Inkubationszeit, um so schwerer die Erkrankung. Nur etwa ein Drittel der von tollwütigen Tieren gebissenen Menschen erkrankt an der Tollwut. Es treten zunächst uncharakteristische Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen und evtl. Erscheinungen von seiten der Bißstelle auf. Danach tritt eine Übererregbarkeit der Muskulatur ein, es kommt zu Krämpfen. Typischerweise sind diese Krämpfe zuerst in der Schluckmuskulatur lokalisiert, danach in der Kaumuskulatur und erst später am Körper. Die Patienten können kein Wasser trinken (Hydrophobie). Die Erkrankung kann dann einen paralytischen Verlauf nehmen (stille Wut) und zum Tode führen. Typischerweise finden wir in den Ganglienzellen Einschlüsse, die sogenannten Negrischen Körperchen. Die Tollwut ist, sieht man von einigen isolierten Ländern wie England und Japan ab, weltweit verbreitet. In Mitteleuropa schreitet die Tollwut von Osten nach Westen vor, bei uns kommt sie bereits in manchen westlichen Regionen vor. Etwa 80 % der bei uns gesehenen tierischen Tollwutfälle entfallen auf den Fuchs, andere Wildtiere machen rd. 15 % aus. Die übrigen Fälle verteilen sich auf die verschiedenen Haustiere. Die in Deutschland gemeldeten Tollwutfälle des Menschen sind selten. Die infizierten Tiere scheiden das Tollwutvirus bereits einige Tage vor Beginn von Krankheitserscheinungen massiv über den Speichel aus. Tollwutverdächtige Tiere sollen in Quarantäne gesetzt werden (bis zu 2 Wochen). Das Virus kann histologisch in Form der Negrischen Einschlußkörperchen nachgewiesen werden, auch ein Tierversuch ist möglich. Wichtig für eine schnelle Diagnose ist auch hier der direkte Virusnachweis (Hirngewebe, Kornea). Nach Möglichkeit soll das Virusreservoir bei den wildlebenden Tieren eingeschränkt werden (Füchse!), Hunde und Katzen sollen prophylaktisch tollwutgeimpft werden. Wird ein Mensch von einem tollwütigen Tier gebissen, dann soll die Bißstelle schnell gesäubert und desinfiziert werden. Eine aktive Schutzimpfung mit einem gereinigten und daher recht gut verträglichen Impfstoff wird angeschlossen. (Bei den älteren Impfstoffen bestand die Gefahr von Komplikationen.) Zusätzlich soll menschliches Hyperimmunserum verabreicht werden. VORLESUNG: Überträger der Erreger: Fuchs, Reh, .... Übertragung durch Biß Die Viren sitzen in den Speicheldrüsen der infizierten Tiere und rufen Entzündungen hervor, was zu einem Juckreiz und Brennen führt. Die Viren gelangen in die Blutbahn und an den Nervenbahnen entlang ins Gehirn, wo die motorischen Nerven befallen werden. Nach 3-4 Wochen entwickeln die Tiere eine „Beißlust“. Die Tollwut verläuft zu 100% tödlich, wenn keine Therapie stattfindet. Die ersten Symptome nach einem Tierbiß sind Taubheitserscheinungen im Gesicht und in den Händen. Sonderform der Tollwut: Stillte Wut fortgeschrittene Nervenschädigung Sylvatische Tollwut : an Wälder geknüpft Urbane Tollwut: an die Stadt geknüpft (in Riesenstädten übertragbar durch Ratten und Mäuse) Südamerika (Argentinien): an Fledermäuse gebunden Filoviridae Marburg-Virus und Ebola-Virus. Dieses Virus wurde 1967 in Marburg und Frankfurt bei Laborangehörigen nachgewiesen, welche Umgang mit bestimmten Affen hatten. Die Virusübertragung auf den Menschen erfolgt meist aerogen durch Einatmen von infiziertem Staub. Die durch das Marburgvirus beim Menschen hervorgerufene Krankheit ist durch Fieber, Hauterscheinungen und Blutungen gekennzeichnet (fieberhaft-exanthematisch-hämorrhagisch). Schäden des Pankreas, der Nieren und der Leber sind möglich. Die Letalität beträgt rund 25%. Das Virus kann zu Beginn der Fieberphase aus dem Blut und den befallenen Organen angezüchtet werden und auch elektronenmikroskopisch nachgewiesen werden. Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich, insbesondere Blut und Organe von Patienten und Verstorbenen sind hochinfektiös. 1976 wurde im Sudan und in Zaire ein ähnliches Virus bei Epidemien mit einer sehr hohen Letalität nachgewiesen, das man Ebola-Virus nannte (Ebola ist ein Fluß in Zaire). Marburg- und Ebola-Viren sind die Erreger des sogenannten hämorrhagischen Fiebers. VORLESUNG: Filoviridae: [ filus = Faden] ; fadenförmige, lange Viren 1.Fall in den 70er Jahren in Marburg: Marburgvirus Symptome: Blutungen durch Haut und Schleimhäute (Hämorrhagien); systemische Gerinnungsstörung 2. Fall in den 80er Jahren: ähnliche Erkrankung im Kongo (Afrika) ständige genetische Veränderung des Virus; Ausbildung einer neuen genetischen Variante Übertragung durch Tröpfcheninfektion anschließende Immunisierung Orthomyxoviridae Influenzaviren Die Influenzaviren A, B und C werden zu den Orthomyxoviren gerechnet. Es handelt sich hier um ca. 120 nm große RNS-Viren, in denen vier Antigenpartien nachweisbar sind: das Nukleokapsid, das Matrixprotein und die beiden außen in Form von Spikes angeordneten antigenen Eigenschaften Hämagglutinin und der Neuraminidase. Besonders das Hämagglutinin ist für die Ausbildung einer schützenden Immunität wichtig. Das Hämagglutinin ist für die Pathogenität der Influenzaviren von entscheidender Bedeutung, es muß durch Wirtszell-Proteasen oder durch bakterielle Proteasen (z. B. von Staphylococcus aureus) in 2 Hälften gespalten und somit aktiviert werden. Nur solche Influenzaviren, die ein "aktiviertes" Hämagglutinin an ihrer Oberfläche tragen, sind infektiös. Bei Fehlen entsprechender Proteasen bleiben die Viruspartikelchen apathogen, sie können nicht zur Infektion führen. Kennzeichen der Influenzaviren, besonders des Typs A, ist die große Neigung der beiden Oberflächenantigene Neuraminidase und Hämagglutinin zu Antigenveränderungen (Antigenshift durch Genaustausch bzw. durch Mutation). Diese nur bei wenigen anderen Krankheitserregern zu beobachtende Antigenvariabilität führt zu immer wieder veränderten Influenzaviren, die mit den bislang vorhandenen Erregern nur mehr eine graduell unterschiedliche Übereinstimmung haben und dementsprechend auf mehr oder weniger ungeschützte Menschen treffen. Weiterhin zeichnen sich die Influenzaviren, auch hier wiederum in besonderem Maße der Typ A, durch eine Tendenz zum epidemischen oder sogar pandemiehaften Auftreten aus. Die Influenza oder Grippe beginnt nach einer Inkubationszeit von 2-3 Tagen mit lokalen Infektionserscheinungen von seiten der oberen Luftwege und mit mehr allgemeinen Symptomen, wie Fieber, Kopfweh, evtl. Erbrechen und Durchfällen. Als Komplikation gefürchtet sind eine Pneumonie, welche sehr häufig bakteriell sekundärinfiziert ist (meist mit Staphylokokken, Influenzabakterien oder Pneumokokken), eine Myo- und Perikarditis, Sinusitis (=Entzündung einer Nasennebenhöhle), Otitis (=Ohrenentzündung) und seltener ein Enzephalitis. Besonders gefährdet sind Kinder unter einem Jahr, ältere Menschen und pulmonale bzw. kardial vorgeschädigte Personen. Die Grippe zeigt eine saisonale Häufung in den Wintermonaten. Wie schon erwähnt, rufen Influenzaviren des Typs A Pandemien hervor, so kam es in diesem Jahrhundert in den Jahren 1918/19, 1957 (Typ Singapore) und 1968 (Typ Hongkong) zu solchen Pandemien. Allein die Pandemie 1918/19 hat schätzungsweise 20 Millionen Menschen das Leben gekostet. Die Grippeviren werden zumeist direkt durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen, seltener kann es auch zu einer indirekten Verbreitung kommen. Tiere scheinen als Reservoir nicht in Betracht zu kommen. Eine Schutzimpfung ist möglich und insbesondere gefährdeten Personen anzuraten, der Schutzeffekt ist allerdings nicht vollkommen, er liegt bei 60- 80 %. Da die Infektiosität der Influenzaviren offensichtlich groß ist, sollten zu Epidemiezeiten Massenansammlungen von Menschen gemieden werden. Amantadinhydrochlorid zeigt bei Influzenzaviren eine antivirale Wirkung, es kann daher als Prophylaktikum in einer Epidemiesituation bei Risikopatienten und Pflegepersonal eingesetzt werden. Interferone haben bislang keine überzeugenden Erfolge gezeigt. VORLESUNG: Tröpfcheninfektion Vermehrung der Viren in den Schleimhäuten des Kopfes und der Atemwege Schleimbildung Virus als Primärinfektor Sekundärinfektion durch den Angriff von Bakterien auf das geschädigte Immunsystem, z.B. Eiterbakterien. Die Erkrankung durch Bakterien hat mit der eigentlichen Virusinfektion nichts mehr zu tun eine nicht sekundär infizierte Grippe führt kaum zu Komplikationen Grippegefährdete Pesonen sind alle Personen mit geschwächten Abwehrkräften. Für Personen ab dem 60. Lebensjahr ist eine Grippeschutzimpfung zu empfehlen Der Impfstoff enthält Teile des Erregers. Er muß jedes Jahr neu hergestellt werden, weil die Viren neue Oberflächenantigene produzieren, die von den vorhandenen Antikörpern nicht erkannt werden können. (Dauer der Veränderungen der Viren: ca. 1 Jahr) China-Grippe Influenzavirus teilweise auch pathogen für Tiere (z.B. Schweine). Schweine sind für Tier- und Menschenviren anfällig, beide Virustypen können sich im tierischen Organismus kombinieren, ein neuer Virus ist entstanden, der für den Mernschen pathogen ist. Pandemie= weltweit auftretende Infektionskrankheit Retroviridae Retroviren sind kleine kugelige RNS-Viren. Diese Viren besitzen eine reverse Transkiptase (daher auch ihr Name), mit deren Hilfe die virale einsträngige und lineare RNS nach einer Infektion in eine doppelsträngige DNS umgeschrieben wird. Retroviren sind in der Natur weit verbreitet, bei zahlreichen Warmblütern sind sie als Krebsverursacher bekannt. Man unterteilt die Retroviren in 3 Hauptgruppen: Onkoviren, Lentiviren und die bei Primaten vorkommenden, für den Menschen wahrscheinlich ungefährlichen Spumaviren. Onkoviren Sogenannte Tumorviren hat man inzwischen in den verschiedensten Familien von DNS-Viren gefunden. Als Provirus chromosomal oder extrachromosomal in die Wirtszelle integriert, verleiht sie ihr eine onkogene Eigenschaft, und man bezeichnet diese Viren daher auch als tumorerzeugende Viren. Innerhalb der bisher bekannten Gruppen von menschenpathogenen RNS-Viren hat man, sieht man von den Retroviren ab, bis heute keine Tumorviren nachweisen können. Bei verschiedenen Warmblütern konnten insbesondere Leukämien und Sarkome mit bestimmten Onkoviren in Verbindung gebracht werden, so z. B. das Rous-Sarkomvirus beim Huhn. Viele dieser Onkoviren scheinen in ihrer Replikation defekt zu sein, sie können sich daher nur bei Anwesenheit verwandter "Helferviren" in der Wirtszelle vermehren. Das erste menschliche Onkovirus wurde 1981 bei einem Patienten mit einer T-Zell-Leukämie nachgewiesen. Dieses Retrovirus hat man daher als HTLVI bezeichnet (HTLV = human T-lymphotropic virus). Es kommt relativ oft im Süden Japans vor, auch in Zentralafrika und in der Karibik. In Europa hat man HTLV I bislang nur selten nachgewiesen. Man schätzt, daß jeder 1000. an HTLVI-Infizierte später eine T-Zell-Leukämie bekommt. Der ursächliche Zusammenhang zwischen HTLV 1 und dieser T-Zell-Leukämie erscheint gesichert, obwohl noch nicht alle Zusammenhänge klar erkannt sind. Ein weiteres Onkovirus, das HTLVII, scheint beim Menschen ebenfalls Ursache einer Leukämieform zu sein. VORLESUNG: Onkoviren = krebserzeugende Viren humane T-Zellen-Leukämie Lentiviren Der für den Menschen wichtigste Vertreter der Lentiviren ist das sogenannte AIDS-Virus (AIDS = acquired immunodeficiency syndrome). Früher bezeichnete man dieses Virus auch als Typ LAV/HTLVIII, neuerlich wird es auch HIV genannt (HIV = human immunodeficiency virus). 1981 wurde man in den USA erstmals auf ein bis dahin unbekanntes Krankheitsbild aufmerksam, das epidemieartig insbesondere bei Homosexuellen auftrat. Aufgrund der beobachteten Krankheitssymptomatik nannte man diese Infektion AIDS. MONTAGNIER u. Mitarb. gelang es 1983, dieses Virus zu isolieren, dessen Erregernatur und Zugehörigkeit zu den Retroviren 1984 von GALLO u. Mitarb. aufgezeigt werden konnten. AIDS ist eine erworbene zelluläre Immunschwäche, bedingt durch den Befall und die Zerstörung der T-Helferzellen (TH-Lymphozyten). HIV ist zweifelsohne der Verursacher dieser weltweit zunehmend auftretenden lebensgefährlichen neuen Infektionskrankheit. Das AIDS-Virus oder HIV ist ein relativ kleines kugeliges Partikelchen mit einem zylindrischen Kern, Es besitzt eine lipidhaltige äußere Hülle, welche weitgehend identisch ist mit der Plasmamernbran der befallenen TH-Lymphozyten. Das Ausschleusen der Viren geschieht hier in Form eines Knospungsprozesses, dabei nehmen die neu gebildeten Viruspartikelchen Teile der Plasmamembran als Hülle mit. Die Adsorption des HIV erfolgt über spezifische Rezeptoren der Wirtszelloberfläche. Die Spezifität dieser Rezeptoren ist sicherlich die Erklärung dafür, daß das AIDS-Virus selektiv TH-Lymphozyten befällt. TS- Lymphozyten werden offensichtlich nicht infiziert, wohl dagegen scheint eine Adsorption und Infektion von Makrophagen, Endothelzellen und einigen anderen Gewebszellen möglich zu sein. Folgende Effekte werden den AIDS-Viren zugeschrieben: - TH-Lymphozyten werden direkt befallen und zerstört. - In einigen überlebenden TH-Zellen kann das AIDS-Virus als Provirus chromosomal integriert werden, dies bedingt eine HIV-Persistenz. - Zerstörung und Ausfall der TH-Zellen führen sekundär zu schweren Störungen der Immunabwehr; Interleukin2 (IL2) und gammaInterferon (-IF) werden nicht mehr ausreichend produziert-, damit unterbleibt eine Aktivierung der Makrophagen, der T K-Zellen und der NK-Zellen; B-Lymphozyten ebenso wie auch T-Lymphozyten werden nicht weiter differenziert. Das AIDS-Virus wird von Mensch zu Mensch über Blut und Sperma übertragen, weitere Übertragungsmöglichkeiten sind bislang unbewiesen geblieben. Nach einer variabel langen Inkubationszeit zwischen 6 Monaten und 6 Jahren, während der der infizierte Mensch bereits infektiös ist, kommt es vorerst meist zu uncharakteristischen Influenza-ähnlichen klinischen Erscheinungen. Erst allmählich treten typische AIDS-Symptome auf, besonders in Form einer generalisierten Lymphknotenschwellung (LAS = Lymphadenopathie-Syndrom). Aufgrund des Zusammenbruches der zellvermittelten Immunität kommt es dann zum vollen AIDS-Krankheitsbild (LAS plus 2 zusätzliche Leitsymptome wie opportunistische Infektionen und/oder Kaposi-Sarkom resp. andere Tumoren). 95 % aller AIDS-Patienten starben bislang innerhalb von 3 Jahren nach Auftreten der ersten opportunistischen Infektionen bzw. des Kaposi-Sarkoms; die mittlere Überlebenszeit wird mit 18 Monaten angegeben. Als Opportunisten von AIDS-Infektionen findet man vorwiegend Candida-albicans (orale Kandidiasis), Pneumocystis carinii (Pneumonie) und Kryptosporidien (Durchfälle). AIDS ist inzwischen weltweit verbreitet, die Erkrankungszahlen nehmen noch laufend epidemieartig zu. Nicht nur Mitglieder von sogenannten Risikogruppen sind betroffen (z. B. Homosexuelle mit häufig wechselnden Partnern, Rauschgiftsüchtige, früher auch Hämophile), HIV kann sich offensichtlich auch heterosexuell über Geschlechtsverkehr verbreiten. Wo diese AIDS-Viren ursprünglich herkommen, ist nicht geklärt. Viele Fakten sprechen dafür, daß HIV in Zentralafrika in einem geschlossenen Endemiegebiet vorhanden war (ob nur beim Menschen oder in bestimmten Tieren, dies ist ebenfalls nicht eindeutig geklärt). Aus diesem Endemiegebiet wurde HIV auf nicht geklärtem Weg nach Haiti und weiter in die USA eingeschleppt, von dort und auch aus Afrika direkt kam es zur weltweiten Verbreitung von AIDS. In manchen Teilen Afrikas ist AIDS aufgrund der dort üblichen Lebensgewohnheiten (hohe Promiskuität) weit verbreitet, Prostituierte sollen bis zu 80 % HIV-infiziert sein. Genaue epidemiologische Daten fehlen jedoch, da es in diesen Ländern keine Meldepflicht bzw. Seuchenüberwachung gibt. AIDS ist zweifelsohne eine seuchenhafte Infektionskrankheit, die man sehr genau beachten und bekämpfen muß. Da die epidemieartige Verbreitung von AIDS jedoch praktisch ausschließlich über den Geschlechtsverkehr geht (AIDS ist eine Geschlechtskrankheit), ist AIDS als seuchenhafte Bedrohung der Menschheit nicht vergleichbar mit den großen Seuchen der vergangenen Jahrhunderte wie Pocken, Pest, Cholera. Eine entsprechende Aufklärung der Bevölkerung erscheint mir außerordentlich wichtig. Die Krankheitsdiagnose kann durch direkten, leider aufwendigen Virus-Nachweis in den Lymphozyten des Menschen erfolgen (Kultur, direkter Erregernachweis mit Hilfe der Immunofluoreszenz u. a.). Praktikabler für Routinebedingungen sind serologische Nachweistests von Antikörpern gegen das AIDS-Virus. Hierbei muß jedoch beachtet werden, daß sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Testergebnisse möglich sind. Insbesondere ein positiver Test muß stehts durch weitere Untersuchungen überprüft werden. Eine erfolgreiche Chemotherapie von AIDS ist bislang nicht bekannt geworden. Ebenso ist es bislang noch nicht gelungen, einen wirksamen Impfstoff herzustellen. VORLESUNG: Lentiviren: lange (Monate bis Jahre) Inkubationszeit; z.B. HIV I und HIV II humane Immundefizienz HIV gehört nicht zu den meldepflichtigen Krankheiten, da es zu den Geschlechtskrankheiten gezählt wird. Einzelsträngige RNA-Viren; nackt Caliciviridae: HEV (Hepatitis-E-Erreger) Picornaviridae Der Name dieser Viren ist auf die beiden folgenden Begriffe zurückzuführen; picos = klein und RNA (Ribonucleid acid = RNS). Enteroviren. Zu diesen 20-30 nm kleinen RNS-Viren gehören das Poliovirus, das Coxsackievirus und das Echo-Virus; das einzige bekannte Erregerreservoir ist der Mensch. Die Enteroviren sind säurestabil, daher können sie die Verdauungswege als Eintrittspforte benutzen. Die oral aufgenommenen Enteroviren vermehren sich lokal in der Darmschleimhaut, was meist nicht mit klinischen Erscheinungen einhergeht. Zur Erkrankung kommt es nur dann, wenn die Viren generalisieren und zu Organschäden führen. Bei den Enteroviren finden wir eine saisonale Häufung in den Sommermonaten. Die Enteroviren werden zu Beginn über Rachentröpfchen, später über den Stuhl ausgeschieden. Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt nicht nur direkt über Tröpfcheninfektion und Schmutzinfektion, sondern auch indirekt über verunreinigte Lebensmittel. Die Relation Infizierter zu Erkrankten ist meist sehr klein. (Beim Poliovirus z. B. erkrankt 1 Kind auf 100 infizierte Kinder.) Die klinisch inapparent infizierten Menschen stellen meist die Hauptinfektionsquelle dar. Die durch Enteroviren hervorgerufenen klinischen Krankheitsbilder sehen sehr oft ähnlich aus, so daß man bei der Diagnostik immer alle Enteroviren als mögliche Erreger einbeziehen muß. Wichtig ist deshalb der Versuch einer Erregerisolierung über verschiedene Zellkulturen. Als Untersuchungsmaterial kommen insbesondere Stuhlproben in Betracht, aber auch Rachenabstriche in der ersten akuten Krankheitsphase und evtl. Liquor. Antikörper können mit verschiedenen serologischen Reaktionen nachgewiesen werden. Poliovirus Die Polioviren sind die Erreger der Poliomyelitis (spinale Kinderlähmung, Heine-Medin-Krankheit), wir unterscheiden serologisch die Typen 1, 2 und 3. Das Poliovirus wird über den Mund aufgenommen und vermehrt sich in der Rachen- und Darmschleimhaut. Meist treten in dieser ersten Phase keine klinischen Erscheinungen auf oder man sieht uncharakteristische Symptome von seiten des Rachens und des Darmes, wie Fieber, Übelkeit, Gliederschmerzen und evtl. Durchfälle. In diesem Frühstadium werden die Polioviren im Rachensekret (über 1-2 Wochen) und im Stuhl (über mehrere Wochen) ausgeschieden, es kann sich dann eine virämische Phase anschließen und die Polioviren siedeln sich in verschiedenen Organen an. Das Poliovirus kann dabei auch ins Rückenmark gelangen und Lähmungen verursachen. Klinisch ist für die Poliomyelitis ein biphasischer Verlauf typisch: Nach einer schnellen Abheilung der ersten Phase kommt es einige Tage später zur zweiten Krankheitsphase mit meningealen Reizsymptomen und nachfolgenden Lähmungen. Die Paralysehäufigkeit (Paralyse = vollstängige Bewegungslähmung) und die Stärke der Erkrankung hängen vom Virus, vom Lebensalter des Betroffenen und seiner Resistenzlage ab. Die Poliomyelitis tritt epidemisch und endemisch auf, der Mensch ist das alleinige Virusreservoir. Generell gilt: Je früher der Mensch eine Polioerkrankung durchmacht, um so leichter verläuft sie. So ist es verständlich, daß in Ländern mit niedrigem Hygienestandard eine mehr oder weniger vollständige Durchseuchung schon im Frühkindesalter erfolgt, und zwar bei relativ wenig manifesten Krankheitsfällen. Bei Verbesserung der hygienischen Verhältnisse verschiebt sich der Infektionszeitpunkt mehr ins Erwachsenenalter die Zahl der Erkrankungen und die der Paralysen nehmen zu. Im Frühstadium ist eine Infektion von Mensch zu Mensch über Rachentröpfchen möglich, später geht die Infektion über fäkale Verunreinigungen. (Pro Gramm Stuhl werden rund 106 Viren ausgeschieden.) Auch klinisch gesunde Menschen können längere Zeit Polioviren ausscheiden und sind daher eine sehr wichtige Infektionsquelle. Die Polioschutzimpfung hat sich als eine der wirksamsten und auch verträglichsten prophylaktischen Maßnahmen erwiesen: Verwendet werden kann entweder die Totvakzine nach SALK oder eine Lebendvakzine mit abgeschwächtem Poliovirus, z. B. der Impfstoff nach SABIN. In allen Vakzinen sind die 3 Poliovirustypen enthalten. Die Polioschutzimpfung hat zu einem drastischen Rückgang der Poliomyelitismorbidität geführt. Die Salk-Vakzine induziert eine humorale Immunität, während mit der Sabin-Vakzine darüber hinaus auch eine lokale Immunität zumindest der Darmschleimhaut erzeugt wird. Die Lebendvakzine ist aber mit der, wenn auch sehr seltenen Möglichkeit des Auftretens einer Polioerkrankung belastet (dies soll bei 1 Fall auf 1 Million Geimpfter vorkommen). Während die Totvakzine die Generalisierung der Polioviren verhindert, reduziert die Lebendvakzine schon eine Darminfektion in der ersten Phase. Da Polioerkrankungen bei uns jetzt selten sind, ist zu befüchten, daß die Durchimmunisierung der Bevölkerung aufgrund von Infektionen und Schutzimpfungen abnehmen wird (Impfnachlässigkeit!). Dadurch wird die Gefahr epidemischer Polioausbrüche größer. Es ist daher außerordentlich wichtig, auch jetzt Durchimmunisierung der Kinder zu stärken. die Impfdisziplin durch eine möglichst vollständige VORLESUNG: Polioviren sind die Erreger der Poliomyelitis (= „Entzündung der grauen Zellen im Rückenmark“). graue Zellen = motorische Nervenzellen Es kommt zu Ausfallerscheinungen der motorischen Nervenzellen, die Ausfallerscheinungen sind dauerhaft, weil Nervenzellen nicht regenerationsfähig sind. Es kommt zu einer schlaffen Lähmung ( spastische Lähmung, wenn die Antagonisten nicht gelähmt sind) durch die Lähmung betroffen sind Arme, Beine, innere Organe (z.B. Blase, Schlundwege Kehlkopf), was Auswirkungen auf die Atmung und das Schlucken hat. Polioschutzimpfung: es ist eine der bestverträglichsten Schutzimpfungen. Es kommt ein Impfzwischenfall auf 5.000.000 Impfungen. In diesem Fall verläuft die Kinderlähmung gutartig und die Lähmungen gehen wieder zurück. Übertragung des Virus: geringe Ansteckungskraft (1:100) Impfstoffe: 1. Todimpfstoff, enthält inaktivierte Viren ; per Injektion entwickelt durch SALK () 2. Lebendimpfstoff; orale Aufnahme des Wirkstoffs Schluckimpfung entwickelt durch SABIN (L) bessere Antigenwirkung längere Wirksamkeit Bei den Impfviren handelt es sich um einen Virenstamm, der nach einiger Zeit abstirbt. orale Aufnahme des Wirkstoffs Schluckimpfung Nachteil: der Impfling scheidet Viren aus. Kommt es zum Kontakt mit immungeschwächten Personen, kann es zu einer Polioerkrankung kommen 3.LM (L) Lebendimpfstoff; Impfschutz von 99% 4.LM Impfschutz von 99,99% 15.LM danach alle 10 Jahre Der Durchimpfungsgrad in der Bevölkerung sollte bei mehr als 70% liegen. ( 0,7 + 0,3 )2 = 0,49 + 0,42 + 0,09 geimpft nicht 2 geimpft 1 geimpft keiner geimpft geimpft 9% können sich infizieren Erstimpfung: Coxsackievirus Der Name dieses Virus geht auf einen Städtenamen in den USA zurück, wo 1948 die Erstisolierung gelang. Wir unterscheiden inzwischen 24 Serotypen des Coxsackievirus A und 6 Serotypen des Coxsakkievirus B. Diese Viren sind weltweit verbreitet, ihre Epidemiologie ist dem Poliovirus ähnlich. Auch hier können häufig klinisch inapparente Infektionen vorkommen. Beim leichten Krankheisverlauf sind folgende Erscheinungen zu beobachten; grippeähnliche Erkrankung der oberen Luftwege, Gastroenteritis, Herpangina (schmerzhafte Bläschenbildung im Mund-Rachen-Raum), Bornholmer Krankheit (Fieber, schmerzhafte Entzündung von Muskelpartien, insbesondere der Zwischenrippenmuskeln), Exanthem, Lymphknotenentzündung und Hodenentzündung. Aber auch schwere Verläufe sind möglich: Meningitis, Enzephalitis, Hepatitis, Pneumonie, Myo- und Perikarditis. Zwischen diesen Krankheitsbildern und den verschiedenen Serotypen bestehen offenbar Zusammenhänge. Echo-Virus Der Name der 1951 erstmals isolierten Echo-Viren ist auf die folgende ursprünglich verwendete Bezeichnung zurückzuführen: enteric cytopathic human orphan virus. Dieser Name wurde damals deshalb gewählt, weil man wohl die Viren selbst, jedoch keine dazugehörigen Krankheitsbilder kannte (orphan = Waise). Typisch für diese Viren ist auch ihr ausgeprägter zytopathischer Effekt in Zellkulturen. Inzwischen weiß man, daß die 33 Serotypen der Echo-Viren weltweit verbreitet sind, die Durchseuchung der Bevölkerung ist groß und findet meist schon in frühen Jahren statt. Die durch Echo-Viren hervorgerufenen Krankheitsbilder ähneln den Coxsackievirusinfektionen. Rhinovirus. Die bis heute bekannten über 110 Serotypen der Rhinoviren sind die eigentlichen Erreger des banalen Schnupfens des Menschen. Schätzungsweise 50% aller akuten Erkältungskrankheiten gehen auf das Konto dieser Rhinoviren. Auch das Virus der Maul- und Klauenseuche des Rindes gehört in diese Virusgruppe. VORLESUNG: Rhinoviren (= Schnupfenviren) werden durch Tröpfcheninfektion übertragen. Es kommt zur Reizung der Schleimhaut und zu einer vermehrten Flüssigkeitsbildung. Unterkühlte Schleimhäute sind besonders anfällig für Rhinoviren. Verursacht wird dies oft durch Zugluft (= Luftbewegung, die subjektiv nicht wahrgenommen wird) Bakteriophagen Unter Bakteriophagen (auch kurz Phagen genannt) versteht man Viren, die sich in ihrer Lebensweise auf Bakterien fixiert haben. Diese Phagen können daher nur Bakterien befallen und sich in ihnen vermehren, nicht dagegen tierische oder pflanzliche Zellen. Ein Bakteriophag besteht aus einer Eiweißhülle (Kopf, Schwanz und Endplatte mit Schwanzfasern) und einem im Inneren des Kopfes befindlichen DNA- oder RNA-Faden (Erbanlage des Phagen). Der Kopf hat einen Durchmesser von etwa 25 – 95 nm, der Schwanz ist 15 – 150 nm lang. Man unterscheidet je nach vorhandener Erbsubstanz zwischen DNA- und RNA-Phagen. Auch ihr Aussehen kann sehr unterschiedlich sein: Die Köpfe können polyedrisch oder kugelig aussehen, der Schwanz kann kurz oder lang sein. Da das Wirtsspektrum der Phagen meist auf eine Bakterienart bechränkt ist, spricht man von Samonellophagen, Staphyllophagen u.a. Das Wirtsspektrum ist aber auch innerhalb einer Bakterienart unterschiedlich. Vermehrung der Bakteriophagen Der Phage setzt sich mit seiner Endplatte auf einen bestimmten und dazu passenden Rezeptor in der Bakterienzellwand (Adsorptionsphase). Danach wird mit Hilfe des wie eine Injektionsspritze fungierenden Schwanzteiles DNA oder RNA aus dem Köpfchen in das Bakterieninnere hineingeschossen (Penetrationsphase), während die Phagenhülle draußen bleibt. Ist die Phage aktiv (virulenter Phage), dann schließt sich die intrezelluläre Vermehrungsphase an. Die eingedrungene Erbsubstanz des Phagen zwingt die Enzymsysteme des Bakteriums dazu, neue Phagenpartikel herzustellen. Hüllenteile und Erbsubstanz werden zuerst getrennt produziert und erst dann zusammengebaut. Aus einem eingedrungenen Phagen entstehen somit rund 100-300 neue Phagen. Abschließend bewirken die neugebildeten Phagen, daß die Bakterienzelle von innen aus aufgelöst und die Phagen freigesetzt werden (Ausschleusephase). Ist der in ein Bakterium eingedrungene Phage nicht aktiv (temperierter oder abgeschwächter Phage), dann schließt sich der Penetrationsphase keine Vermehrungsphase an. Die Phagen-DNA (Prophage) wird vielmehr in die chromosomale DNA des Bakteriums integriert und so an die Bakterientochterzelle weitervererbt. Ein Bakterium, daß Prophagen in seinem Chromosom besitzt, nennt man lysogen. Dieser lysogene Zustand kann nun länger bestehen bleiben, es kann aber auch passieren (besonders auf äußere Reize durch bestimmte Chemikalien oder UV-Strahlung hin), daß der Prophage sich wieder von der Bakterien-DNA loslöst und sich dann weiter wie ein virulenter Phage verhält ( d.h. es werden neue Phagen gebildet). Da im lysogenen Zustand Eigenschaften, die von der Prophagen-DNA kontrolliert werden, sozusagen Merkmale des Bakteriums selbst werden, ist dieser Vorgang für die Verbreitung bestimmter Bakterienmerkmale, wie z.B. Antibiotikaresistenz, bedeutsam. Transduktion Bei temperenten Phagen kommt es vor, daß sie bei Übergang vom Prophagenstadium in den infektiösen Zustand in die eigene DNA auch DNA-Stücke des Wirtsbakteriums einbauen. Wenn solche Phagen dann einen anderen Bakterienstamm befallen, so bilden sich bei diesem in gewisser Zahl Prophagen aus. Dabei wird ihre DNA einschließlich der DNA des ursprünglichen Wirtsbakteriums der genetischen Substanz des neu befallenen Bakteriums hinzugefügt. Der neue Wirt bildet nun bestimmte Merkmale der alten Wirte aus, nämlich solche, deren Gene in der Phagen-DNA „eingeschleppt“ wurden. Diese Übertragung genetischer Substanz mit Hilfe temperenter Phagen heißt Transduktion. Bei der Transduktion wird das Gen mit Hilfe eines Bakteriophagen (bakterienspezifisches Virus) von Zelle zu Zelle übertragen. Innerhalb der Spenderzelle nimmt der Bakteriophage das Gen auf, er dringt dann in eine Empfängerzelle ein, wo das Gen der Spenderzelle frei wird und in die Erbanlage der Empfängerzelle eingebaut werden kann. Schematische Darstellung der Transduktion a) einer chromosomalen DNA-Sequenz Beispiel: Weitergabe von bakteriellen Resistenzen/ pathogenen Informationen b) eines Plasmides Größenordnung von Mikroorganismen, Viren, Molekülen Auflösungsbereich Lichtmikroskop 100 – 10 m Protozoen Pilze 5 – 0,2 m Bakterien 500 - 200 nm Rickerttsien Chlamydien Erythrozyt hat einen Durchmesser von 7,5 m Hefepilzzellen: 2 – 10 m Kokken (Kugelbakterien): ~ 1m Stäbchen: ~ 2m Auflösungsbereich Elektronenmikroskop 250 – 20 nm Viren 10 – 1 nm Makromoleküle 1nm - 10Å Moleküle 1Å Atome Auflösungsvermögen: Zwei Strukturen können noch getrennt voneinander wahrgenommen werden d= An d = Abstand zwischen zwei Strukturen An = numerische Apertur; feste Größe eines optischen Systems An > großes Auflösungsvermögen An < kleines Auflösungsvermögen = Wellenlänge Je kleiner die Wellenlänge, desto kleiner kann der Abstand d werden (Auflösung wird größer). Elektronenmikroskope arbeiten mit kürzere Wellenlängen als Lichtmikroskope. Keimzahl Vermehrung der Bakterien Eine Bakterienzelle vermehrt sich in der Regel durch Querteilung, wobei aus einer Mutterzelle zwei Tochterzellen entstehen. Als erstes wird der DNA-Faden des Bakterienchromosoms zu zwei exakt übereinstimmenden DNA-Fäden verdoppelt. Danach bildet sich von der Zellwand ausgehend eine Querwand, die die Mutterzelle in zwei gleiche Teile trennt. In jede dieser Tochterzellen kommt ein DNA-Faden. Der ganze Teilungsvorgang verläuft meistens in wenigen Minuten ab, so z.B. bei E.coli in 20 Minuten. Diese „Generationszeit“ kann aber auch Stunden oder Tage dauern, so z.B. beträgt sie bei dem Tuberkelbakterium 18 Stunden. Die Anhäufung von neugebildeten Zellen nennt man Bakterienkultur. Diese Bakterienkultur verläuft in einer charakteristischen Kurve (Wachstumskurve). LagPhase exponentielle Phase stationäre Phase AbsterbePhase In der Lag- oder Anlaufphase wird die Teilung der Bakterienzelle vorbereitet, eine Zellvermehrung findet aber noch nicht statt. Diese Phase dauert ungefähr 1 ½ bis 3 Stunden. In der exponentiellen Phase (Dauer etwa 7 Stunden) erfolgt die eigentliche Zellvermehrung, die Zellzahl steigt logarithmisch an. In der stationären Phase hält sich die Zahl der neugebildeten und die der abgestorbenen Bakterienzellen im Gleichgewicht. In der Absterbephase überwiegt die Zahl der abgestorbenen Bakterien diejenige der neugebildeten Zellen, die Kultur stirb langsam ab. Zwei Begriffe sind zu unterscheiden: unter Lebendzahl oder Keimzahl versteht man die Zahl der lebenden Bakterien in einer Kultur, bereits abgestorbene Zellen werden nicht mitgerechnet. Die Gesamtzahl dagegen umfaßt sowohl die lebenden als auch die toten Zellen einer Bakterienkultur. Findet die Bakterienvermehrung auf der Oberfläche fester Nährböden statt, nennt man den mit bloßem Auge sichtbar gewordenen Bakterienhaufen eine Bakterienkolonie. Dazu ist in etwa eine Zellzahl von rund 108 Bakterien notwendig, welche bei den meisten Bakterienarten in rund 24 Stunden erreicht wird. Bei langsamer wachsenden Bakteriendauert die Koloniebildung entsprechend länger, so z.B. beim Tuberkelbakterium mindestens zwei Wochen. Die Koloniebildung erfolgt in recht charakteristischer Art und Weise. So entstehen ganz unterschiedliche Kolonieformen, ein für die Bakteriendifferenzierung wichtiges Merkmal. VORLESUNG: Wachstum von Bakterien Zahl lebender Zellen (log 2) D E F C A = Lag-Phase (Verzögerungsphase) B = Beschleunigungsphase C = Exponentielle Phase D = Verzögerungsphase E = Stationäre Phase F = Absterbephase Kultur = Nährmedium mit darin lebenden Bakterien Wachstum nur durch Querteilung der Bakterienzellen B A Zeit (Std.) Darstellung einer statischen Zellkultur A= B= C= D= E= F= Bakterien brauchen “Eingewöhnungszeit”, um sich an das Nährmedium zu gewöhnen Anpassungsphase Enyme zur Verwertung der Nährstoffe müssen in den Bakterienzellen vorhanden sein. Die Zahl der lebenden Zellen ist konstant. einige Bakterien sind bereits am Teilen alle Bakterienzellen befinden sich in Teilung einige Zellen teilen sich nicht mehr; die Nährstoffe werden unvollständig abgebaut und es werden Abbauprodukte wie Aldehyde und Säuren gebildet. Das Bakterienwachstum benötigt ein pH-Optimum. Durch die Säurenbildung kommt es zur Übersäuerung der Bakterienkultur. Das Bakteriensterben ist auf die Übersäuerung oder auf Nährstoffmangel zurückzuführen Teilungsrate = Sterberate Einstellung eines dynamischen Gleichgewichts 107 Bakterien können pro Mililiter Nährboden wachsen. Wird diese Zahl überschritten kommt es zur gegenseitigen Behinderung der Zellen. Die Bakterien sterben an Nährstoffmangel, schädlichen Abbauprodukten und Platzmangel. Statische Kultur = Nach dem Ansatz der Kultur werden die Bakterien sich selbst überlassen. Kontinuierliche Kultur = Schadstoffe werden aus der Kultur entfernt, neue Nährstoffe werden zur Verfügung gestellt, einige Bakterien werden entfernt Phase C wird dauerhaft erhalten. Einsatz von Antibiotika Bakterien können durch -Lactam-Antibiotika nur abgetötet werden, wenn sie sich in Teilung befinden müssen in Phase C eingesetzt weden; “ruhende Bakterien” können nicht abgetötet werden. Dosierung von -Lactam Antibiotika Intervalltherapie Antibiotikum MHK einige Bakterien befinden sich nicht in der Teilungsphase; Antibiotikum kann nicht wirksam werden = wirksame Konzentration des Antibiotikums MHK = Minimale Hemm-Konzentration; geringste Konzentration einer gegen Mikroorganismen und Viren wirkenden Substanz (Chemotherapeutikum, Antibiotikum, Antiseptikum, Desinfektionsmittel), die eine Vermehrung der Erreger hemmt. Bakteriostase Das Antibiotikum wird erst wirksam, wenn der MHK-Wert überschritten wird. Liegt die Konzentration des Antibiotikums unterhalb des MHK-Wertes, teilen sich die Bakterien wieder. Das Antibiotikum besitzt eine Halbwertszeit von ca. einer halben Stunde. Das bedeutet, daß die Antibiotikagabe alle 6-8 Stunden wiederholt werden muß. Auf diese Weise wird die Zahl der verbleibenden Bakterien immer weiter reduziert. Die restlichen Bakterien, die durch das Antibiotikum nicht mehr bekämpft werden können, müssen durch die körpereigene Abwehr bekämpft werden. Antibiotika haben somit eine heilungsunterstützende Wirkung. Bakterien: + Kleinheit Eintritt durch kleinste Körperöffnungen Kurze Generationszeit Kleine Organismen haben einen vergleichsweise hohen Stoffwechsel: E ~ O2/3 Der Energieumsatz ist abhängig von der Oberfläche. Unterproportionaler Energieverbrauch zum Wachstum (je größer der Organismus, desto geringer der Energieverbrauch. Bakterien besitzen einen 60 fachen und größeren Stoffwechsel als Körperzellen Produktion von Toxinen, ... Topoisomerasen DNA-Topoisomerasen; Enzyme, die durch vorübergehendes Spalten und wieder zusammenfügen der doppelhelikalen Stränge ringförmiger Desoxyribonucleinsäure das Ausmaß der Superhelixbildung regulieren. Zu diesem Zweck schneidet (engl. Nicking) die Topoisomerase I einen und die Topoisomerase II (in Bakterien als Gyrase bezeichnet) beide der Einzelstränge der DNA-Doppelhelix auf. Die Topoisomerasen in Prokaryonten und Eukaryonten unterscheiden sich. Darauf beruht die selektive Wirkung der Gyrasehemmer. Gyrasehemmer Pharmaka, die das Enzym Gyrase hemmen und dadurch bakterizid wirken. Gyrasehemmer unterscheiden sich in ihrer chemischen Struktur stark von anderen antibakteriellen Wirkstoffen. Grundstruktur der meisten Gyrasehemmer ist das Chinolon. Anwendung v.a. bei bestimmten Infektionen der Niere, Harnwege, Geschlechtsorgane, Atemwege, des Bauchraums und der Haut. Nebenwirkungen: möglich sind z.B. Neurotoxizität (z.B. Krampfanfälle), Gelenkknorpelschäden (daher kontraindiziert bei Kindern und Schwangeren), allergische Reaktionen, Blutbildschäden,u.a. Beispiele: Ofloxacin, Ciprofloxacin Claudia Golisch