Lernzirkel Schnecken - Bildung stärkt Menschen

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Rainer Nowak
Lernzirkel Weinbergschnecken
Umsetzungsbeispiel: Lernzirkel Schnecke
(aus LEU-Heft Bio 67 Offenen Unterrichtsformen Klasse 7/8)
Bezug zu den Bildungsstandards Klasse 6
Grundlegende biologische Prinzipien
- Angepasstheit: Lebewesen sind bezüglich Bau und Lebensweise an ihre Umwelt
angepasst.
- Struktur und Funktion: Bei allen biologischen Strukturen ist der Zusammenhang
zwischen Bau und Funktion zu erkennen. Beispiele hier: Organe.
- Information und Kommunikation: Lebewesen tauschen untereinander Informationen
aus, um sich zu verständigen. Sie zeigen spezifische Verhaltensweisen.
- Wechselwirkung zwischen Lebewesen: Lebewesen, die in einem Lebensraum
zusammen leben, beeinflussen sich gegenseitig, sie sind voneinander abhängig.
- Reproduktion: Lebewesen pflanzen sich fort.
Kompetenzen und Inhalte
Die Schülerinnen und Schüler können
- Phänomene aus der belebten Natur beschreiben und einfache Erklärungen finden. Sie
können einfache Experimente unter Anleitung durchführen und die Ergebnisse
protokollieren.
- Angepasstheit an den Lebensraum durch Abwandlung von Körperbau und Verhalten an
konkreten Beispielen erläutern.
- Merkmale und die Lebensweise von Vertretern einer weiteren Klasse der Wirbellosen
beschreiben.
Die Weinbergschnecke ist ein prominenter einheimischer Vertreter der Klasse der Schnecke
und des Stamms der Weichtiere. Anstelle der Weinbergschnecke kann der Lernzirkel auch mit
Schnirkelschnecken durchgeführt werden. Die Schülerinnen und Schüler können an diesem
Lernzirkel fast alle grundlegenden Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten, welche der Bildungsplan
für die Klassen 5 und 6 vorsieht, erfahren und anwenden. Das Prinzip Struktur und Funktion
spielt an allen 4 Stationen eine grundlegende Rolle, an Station 1 „Körperbau“ kommt die
Angepassheit hinzu, an Station 2 „Fressen und Sinne“ und Station 3 „Fortbewegung“ das
Prinzip Information und Kommunikation und an Station 4 „Entwicklung“ die Fortpflanzung und
Wechselwirkung zwischen Lebewesen.
Der Lernzirkel ist auch geeignet die grundlegenden biologischen Arbeitsweisen Betrachten,
Beobachten, Untersuchen und Experimentieren sowie naturwissenschaftliches Denken zu
schulen und weiter zu entwickeln. Bei genügender Anzahl von Versuchstieren ist die
Unterrichtsform des mehrstündigen Lernzirkels zwar zeitaufwändig, aber biologisch durchaus
lohnend. Abstriche - um Unterrichtszeit einzusparen - würden zu Formen der arbeitsteiligen
Gruppenarbeit führen. Durch den notwendigen behutsamen Umgang mit den lebenden
Versuchstieren werden die Schülerinnen und Schüler zur Achtung vor jeglicher Form des
Lebens angehalten.
LEU Stuttgart, Biologie Klasse 7/8
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Offene Unterrichtsformen
Station 1: Arbeitsblatt
Körperbau
Betrachte und beobachte zunächst die Weinbergschnecke.
Fertige eine genaue farbige Skizze vom äußeren Bau der
Weinbergschnecke an. Die Skizze sollte etwa eine halbe Seite
groß sein. Sie ist im Hausheft anzufertigen.
1.
Material:
Weinbergschnecke
Lupe
Biologiebuch
Beschrifte deine Skizze mit folgenden Begriffen:
Kopf, Mundlappen, kurzes Fühlerpaar, langes Fühlerpaar mit Augen, Fuß mit Kriechsohle,
Mantelrand, Atemloch, Gehäuse.
2.
Beschreibe das Schneckenhaus! (Größe, Anzahl der Windungen, Rechts- oder
Linksgewinde? Färbung)
3.
Betrachte die Haut der Schnecke mit einer Lupe oder Stereolupe.
Skizziere und beschreibe einen kleinen Hautabschnitt.
Sprechen Gesichtspunkte dafür, dass die Schnecke durch die Haut atmen kann?
4.
Die Schnecke besitzt auch ein Atemloch. Wo befindet es sich?
Wie kommt der Sauerstoff in die Zellen des Schneckenkörpers?
Überlege und besprich dich mit deiner Nachbarin/deinem Nachbarn.
Klärt eure Überlegungen mit den Ausführungen im Schulbuch ab.
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Offene Unterrichtsformen
Station 2
Fressen und Sinne
1. Setze eine Weinbergschnecke auf ein frisches Salatblatt in
einer Glasschale. Beobachte die Schnecke beim Fressen –
auch von der Unterseite.
Nimm die Lupe zur Hilfe. Achte auch auf Geräusche.
Betrachte das angefressene Blatt.
Beobachtungen:
2. Wie reagiert die Schnecke auf folgende Reize?
- auf leichte Berührung mit einem Bleistift am Kopf, am Fuß,
am Fühler, am ...
Material:
Weinbergschnecke
Glasschale
Salatblatt
Apfel- oder
Birnenstück
Essig
Pinsel
Stimmgabel
Lupe
Biologiebuch
Schachtel
- auf Schall (schwingende Stimmgabel in die Luft neben die Schnecke halten):
- auf Erschütterung der Unterlage (oder schwingende Stimmgabe an Untergrund):
- auf dargebotene Blätter von Gemüsepflanzen und Wildkräutern wie die Kratzdistel:
- auf Hell-Dunkel (Abschatten durch Hand darüber halten):
3. Setze die Schnecke auf die Glasscheibe. Ziehe nun mit einem Apfel- oder Birnenstück
einen Kreis um die Schnecke auf die Glasplatte.
Beobachtung und Interpretation:
Ziehe nun um die Schnecke auf die Glasplatte einen Dreiviertelkreis (Radius etwa 10 cm)
mit einem mit Essig getränkten Pinsel.
Beobachtung mit Interpretation:
4. Eigene Ideen: Fällt dir ein weiterer Versuch ein, um die Sinne der Schnecke zu testen.
Spreche ihn mit dem Lehrer/der Lehrerin ab.
Formuliere die Zusammenfassung deiner Untersuchungen:
Die Schnecke reagiert ...
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Offene Unterrichtsformen
Station 3
1.
Fortbewegung
Befeuchte die Schnecke mit lauwarmem Wasser. Sie
wird dadurch aktiver, wie nach einem lauwarmen Regen.
Setze die Schnecke auf eine Glasplatte und warte bis sie
mit dem Fuß haftet. Neige nun die Glasplatte langsam und
beobachte - von der Seite und von unten - wie die
Schnecke sich bewegt
Fertige zwei Skizzen des Fußes an: von der Seite und der
Unterseite
Material:
Weinbergschnecke
Glasplatte
Petrischale
Stoppuhr
Stift
Beschreibe die Fortbewegung der Schnecke.
2. Betrachte die Bewegungsspur
Fortbewegung?
der
Schnecke.
Welches
Hilfsmittel
dient
der
Setze die Schnecke in eine Petrischale. Locke sie mit einem Salatblatt nach außen.
Beobachte, wie die Schnecke den Rand der Petrischale überwindet.
Schildere deine Beobachtung:
Eine Schnecke kann selbst die scharfen Klingen eines Rasiermessers überkriechen.
Warum verletzt sich die Schnecke nicht dabei?
3. Setze die Schnecke auf eine Glasplatte, markiere eine Startlinie mit einem Stift und
stoppe die Zeit, welche die Schnecke benötigt, um eine Strecke von bis 10 cm
zurückzulegen.
Treibe sie mit einem Salatblatt zur Höchstleistung.
Berechne das Schneckentempo, d.h. die Bewegungsgeschwindigkeit in Metern pro Stunde
(m/h).
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Offene Unterrichtsformen
Station 4
Entwicklung
1. Wo würdest du nach Entwicklungsstadien einer Schnecke
suchen?
Beschreibe und skizziere die beiden
Entwicklungsstadien:
Ei (Form, Größe, Farbe)
frisch geschlüpftes Jungtier (Form, Größe, Farbe)
Material:
Schneckeneier
Junge
Weinbergschnecken
Lupe
Biologiebuch
Modell der
Weinbergschnecke
Petrischale
Spritzflaschen mit
verdünnter
Salzsäure
2. Wie wird aus dem Jungtier eine erwachsene Schnecke? Betrachte und befühle zur
Beantwortung dieser Frage das Schneckenhaus eines Jungtieres und eines erwachsenen
Tieres.
Beobachtung:
Schlussfolgerung:
3. Schnecken sind Zwitter, d.h. ...
Dennoch paaren sie sich? Eigenartig, oder?
Lies über die bekannte Paarung von Weinbergschnecken im Schulbuch nach.
Schildere kurz das Paarungsgeschehen.
4. In welchem Monat paaren sich die Weinbergschnecken?
Welche Entwicklungsschritte werden unterschieden?
Wie lange dauern die Entwicklungsschritte?
5. Gib zu einem leeren Schneckengehäuse in einer Petrischale etwas verdünnte Salzsäure.
Was kannst du beobachten?
Deute deine Beobachtung.
6. Wieso heißt unser Versuchstier Weinbergschnecke?
Welche Anforderungen stellt eine Weinbergschnecke an ihre Umwelt?
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Offene Unterrichtsformen
Station 1: Lösungen
Körperbau
1. und 2. Skizze der Weinbergschnecke:
1 Kopf
2 langes Fühlerpaar mit
Augen
3 kurzes Fühlerpaar
4 Mundloch
5 Mantelrand mit
Atemloch
6 Fuß mit Kriechsohle
7 Gehäuse
3. Gehäuse: Größe: 3-5 cm breit, 3-5 cm hoch; 4,5 bis 5 Windungen; normalerweise Rechtsgewinde, selten Linksgewinde; Färbung: weißgrau bis hell gelbbraun, mit Bändern.
6. Die Haut ist gelbbraun, mit Drüsen und Falten, feucht und schleimig.
Die feuchte schleimige Haut dient auch der Hautatmung.
5. Atemloch am seitlichen Mantelrand, führt in Mantel- oder Atemhöhle, der Lunge, die der
Atmung dient. Im Mantelhöhlendach ist ein Netz von Bluthaargefäßen, an welchen der
Gaswechsel stattfindet.
Schräg von unten kann das Atmen, das Öffnen und Schließen des Atemlochs, beobachtet
werden. Bei Bewegung atmet die Schnecke schneller.
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Offene Unterrichtsformen
Station 2: Lösungen
Fressen und Sinne
Beim Fressen sind Geräusche wahrnehmbar.
Die Schnecke verfügt auf der Zunge über eine Platte mit etwa 20 000 Chitinzähnchen,
Radula genannt. Die Radula raspelt (Geräusche) wie ein Schaufelbagger Teile des Blatts
ab. Auch kann die Schnecke mit dem chitinösen Oberkiefer Stücke aus dem Blatt
herausschneiden (lautere Geräusche). Die Fraßspuren spiegeln die Fressmechanismen
wider.
Die Schneckenhaut ist tastempfindlich, vor allem im Kopfbereich. Bei leichten Berühren
Zurückziehen des Körperteils und Schleimabscheidung, bei stärkerer Reizung Rückzug
ins Gehäuse.
Die Schnecke reagieren auf Erschütterungen mit Schleimabscheidung und Zurückziehen.
Die Schnecke hat keine Ohren und reagiert deshalb nicht auf Schall.
Die Schnecke kann riechen und wählt die dargebotene Gemüsepflanze, nicht die Kratzdistel.
Die Schnecke kann Hell-Dunkel-Sehen, Richtungssehen und ein gewisses
Formenerkennen (kein Bildersehen) mit Lichtsinnesorgane in der Haut und am Ende der
langen Fühler. Tagsüber bevorzugt sie schattige Plätze, um sich vor der Austrocknung in
der Sonne zu schützen (Feuchtlufttier).
3. Die Schnecke wird durch den Apfel- bzw. Birnenduft angelockt und folgt diesen Spuren.
Die Schnecke meidet den Essigduft und kriecht aus dem „duftlosen“ Viertelkreis.
Z.B.: Anlockungs- bzw. Meidungsversuche mit verschiedenen Duftstoffen; evtl. mit Bestimmung der weitesten Anlockungsdistanz.
Oder Wahlversuche zur Bestimmung der bevorzugten Temperatur des Untergrunds oder
der Umgebung.
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Offene Unterrichtsformen
Station 3: Lösungen
Fortbewegung
1. Weinbergschnecke in Bewegung
von der Seite
von unten
Bei einer kriechenden Schnecke kann man - an der Kriechsohle von der Seite oder von
unten - kopfwärts verlaufende Bewegungswellen durch sich kontrahierende Muskelabschnitte erkennen. Diese Bewegungswellen schieben die Schnecke nach vorn.
2. Die Bewegungsspur der Schnecke glitzert durch den getrockneten Schleim. Die
Schnecke kriecht auf einer Schleimschicht, welche von einer Schleimdrüse im vorderen
Teil des Fußes abgegeben wird. Die Schleimschicht dient als Haft- und Gleitmittel.
Die Schnecke schiebt sich ohne Schwierigkeiten über den Rand der Petrischale oder
über die Klinge des Rasiermessers. Die Schleimschicht verhindert ein Verletzen.
3. Die Schnecke benötigt für die Strecke von 10 cm etwa 60-80 sec. Das Schneckentempo
bewegt sich bei etwa 7,5-10 cm/min. bzw. 4,5-6 m/Stunde.
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Offene Unterrichtsformen
Station 4: Lösungen
Entwicklung
In selbst gegrabenen Erdlöchern in lockeren Böden oder Komposthaufen legen Weinbergschnecken etwa 40-60 Eier.
Die Eier sind rund, knapp erbsengroß und weißlich.
Nach einigen Wochen schlüpfen aus der pergamentartigen Eihülle die jungen
Schnecken, die schon durchsichtige Gehäuse mit 2,5 Windungen tragen.
Das Gehäuse der jungen Schnecken ist noch pergamentartig und dehnbar. Es wächst mit
den Weichteilen der Schnecke mit. In das Gehäuse wird immer mehr Kalk eingelagert, so
dass das Gehäuse der ausgewachsenen Schnecke zu 95 % aus Kalk besteht.
Zwitter sind Individuen mit männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen. Mit der Paarung
pflanzen sie sich geschlechtlich fort. Hierbei kann das Erbgut der beiden Partner vielfältig
durchmischt und neukombiniert werden - ein Vorteil für die Weinbergschnecke als Art.
Die geschlechtsreifen Tiere betasten sich, richten sich auf, reiben ihre Fußsohlen aneinander und stoßen sich gegenseitig je einen Liebespfeil (Kalknadel) in den Fuß.
Jetzt erst können sie Spermienpakete austauschen und in Spermataschen speichern.
Die Kalknadeln fallen ab und die Tiere trennen sich.
Die Tiere paaren sich im Mai/Juni und geben nach Tagen/Wochen ihre Eier ab. Nach
wenigen Wochen schlüpfen die Jungschnecken aus den Eihüllen und wachsen heran.
Im Oktober graben sich die erwachsenen Tiere ein, bilden einen Kalkdeckel aus und
überwintern in Winterstarre. Im Frühjahr stoßen sie den Kalkdeckel ab und kriechen ins
Freie.
Die verdünnte Salzsäure löst den Kalk auf, zurück bleibt die äußere Haut aus einem chitinähnlichen Stoff (dem Konchiolin), der das Schneckenhaus festigt und vor rascher Austrocknung schützt.
Wie wir gesehen haben benötigt die Weinbergschnecke für die Bildung des Gehäuses, des
Kalkdeckels und des Liebespfeils den Baustoff Kalk. Sie kommt daher nur auf
kalkhaltigen Böden vor, wie die Pflanzen der Weinrebe. Dazu ist es dort noch mild, es
hat schattige Plätze und der Boden ist locker – was will sie noch mehr, die
Weinbergschnecke.
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