Untersuchung von Wischproben auf ihren Gehalt an adenoviraler DNA

Werbung
Untersuchung von Wischproben auf ihren Gehalt an adenoviraler DNA
Staatliches Umweltamt Köln: Dr. Andreas Friemann
Staatliches Veterinäruntersuchungsamt Krefeld: Heike Naumann
UNTERSUCHUNG VON WISCHPROBEN AUF IHREN GEHALT AN ADENOVIRALER DNA ............. 1
I. Untersuchungsmethode ................................................................................................................................... 1
II. Ergebnisse ........................................................................................................................................................ 3
III. Schlussfolgerungen für den Vollzug des Gentechnikrechts .................................................................... 8
III.1 Maßnahmen zur Verbesserung der mikrobiologischen Arbeitsweise ............................................... 8
III.2 Maßnahmen zur Vermeidung der Aerosolbildung in Zentrifugen ................................................... 10
VI. Fazit ................................................................................................................................................................ 11
Untersuchung von Wischproben auf ihren Gehalt an adenoviraler DNA
Im Rahmen der Überwachung gentechnischer Anlagen von drei Universitätskliniken
wurden in Genlaboratorien, in denen mit rekombinanten Adenoviren gearbeitet wird,
Wischproben genommen und auf ihren Gehalt an adenoviraler DNA untersucht. Ziel
dieser experimentellen Überwachung war die Frage, ob während der Durchführung
mikrobiologischer Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen die im
Gentechnikrecht vorgeschriebenen Einschließungs- und Hygienemaßnahmen eingehalten werden.
I. Untersuchungsmethode
Die Analyse der Proben erfolgte durch das Staatliche Veterinäruntersuchungsamt
Krefeld entsprechend einer im Unterausschuss Methodenentwicklung des LAG im
Rahmen eines Ringversuchs validierten Vorgehensweise zur Quantifizierung von
Adenovirus-DNA. Die Probenahme, die Extraktion und die Quantifizierung der viralen
DNA erfolgten gemäß den vom Kantonalen Laboratorium Basel-Stadt im Internet veröffentlichten Standardanweisungen:
Probenahme:
www.kantonslabor-bs.ch/files/48/analysenm_04_01_SOPP220.pdf
DNA-Extraktion:
www.kantonslabor-bs.ch/files/48/analysenm_03_01_SOPP221.pdf
Quantitative PCR:
www.kantonslabor-bs.ch/files/48/analysenm_01_01_SOPP239.pdf
-1-
Dabei wird das adenovirale fiber-Gen mittels Real Time PCR quantitativ nachgewiesen.
Die verwendete Untersuchungsmethode erlaubt aufgrund des vertretbaren
experimentellen Aufwandes einen hohen Probendurchsatz und eignet sich daher insbesondere für ein vergleichendes Screening größerer Laborbereiche auf mögliche
Kontaminationen mit viralem Material.
Hinsichtlich der konkreten Interpretation der Ergebnisse ergeben sich jedoch durch
den Nachweis des fiber-Gens die folgenden Einschränkungen:
1. Rekombinante und konventionelle Adenoviren werden nicht unterschieden, da
beide das fiber-Gen besitzen.
2. Infektiöse und inaktivierte Adenoviren werden aufgrund des Nachweises auf DNAEbene ebenfalls nicht unterschieden.
3. Virale DNA und Plasmid-DNA mit adenoviralen Inserts, die das fiber-Gen enthalten, werden in gleicher Weise detektiert.
Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse können zu diesen Punkten
aber zumindest die folgenden Anmerkungen gemacht werden:
Zu 1.: Um Hinweise zu erhalten, ob an den in Genlaboratorien untersuchten Probenahmestellen auch von einer nennenswerten Hintergrundbelastung mit
konventionellen Adenoviren (durch z. B. entsprechend infizierte Mitarbeiter) auszugehen ist, wurden an mehreren Stellen im Staatlichen Veterinäruntersuchungsamt
Krefeld vergleichende Wischproben genommen. In diesen Proben konnte das
adenovirale fiber-Gen nicht nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse deuten nicht
auf eine Grundbelastung von Arbeitsplätzen mit konventionellen Adenoviren hin.
Zu 2.: Erste Untersuchungen von Herrn Dr. Vogel vom Kantonalen Labor Basel-Stadt
haben ergeben, dass Adenoviren zwar in Flüssigkeiten recht stabil sind, auf
trockenen Oberflächen ihre Infektiösität aber bereits nach mehreren Stunden verlieren. Sollten sich diese Ergebnisse bestätigen, ist davon auszugehen, dass die in
Wischproben detektierten Adenoviren in der Regel überwiegend nicht mehr infektiös
sind. Entscheidend für die Bewertung der Ergebnisse ist jedoch der Umstand, dass
die detektierten Viren zumindest für einen Zeitraum von mehreren Stunden infektiös
waren.
-2-
Zu 3.: Da in den beprobten Genlaboratorien in der Regel auch mit rekombinanter
Plasmid-DNA mit adenoviralen Inserts gearbeitet wird, kann nicht ausgeschlossen
werden, dass an den beprobten Stellen auch entsprechende DNA-Kontaminationen
zu den gemessenen Belastungswerten beigetragen haben. Obwohl es sich hierbei
nicht um Organismen im Sinne des GenTG handelt, sollten entsprechende DNAKontaminationen jedoch bei Anwendung der vorgeschriebenen Einschließungs- und
Hygienemaßnahmen ebenfalls nicht vorkommen. Zudem werden gegenwärtig
weitere experimentelle Methoden zur Differenzierung von adenoviraler DNA und entsprechender Plasmid-DNA erarbeitet.
II. Ergebnisse
Bei der bislang durchgeführten Beprobung von 8 gentechnischen Anlagen wurde in 6
Anlagen adenovirale DNA in Kopienzahlen zwischen 2 x 10 2 und 2 x 108 pro Wischprobe nachgewiesen. Die Anlage mit den höchsten Belastungswerten wurde wiederholt beprobt nachdem sich herausstellte, dass die Entfernung der viralen DNA von
den beprobten Flächen in vielen Fällen schwierig war.
Nachfolgend sind einige Ergebnisse der wiederholten Messungen nach verschiedenen Vorbehandlungen der beprobten Flächen wiedergegeben.
1. Probenahmewert: Probenahme durch das StUA Köln und das SVUA Krefeld ohne vorherige Anmeldung beim Betreiber und ohne Vorbehandlung der
Flächen
2. Probenahmewert: Probenahme durch den Betreiber 2 Monate nach der 1. Probenahme
ohne Vorbehandlung der Flächen
3. Probenahmewert: Probenahme durch den Betreiber 2 Monate nach der 1. Probenahme
nach einer Desinfektion (Terralin, Schülke & Mayr) und Reinigung
(Haushaltsreiniger) der Flächen
4. Probenahmewert: Probenahme durch den Betreiber 3 Monate nach der 1. Probenahme
nach Desinfektion (Terralin), Reinigung (Haushaltsreiniger) und
anschließender Behandlung mit DNA-Off (AppliChem GmbH)
-3-
Rotorkammer einer gekühlten Tischzentrifuge
1. Probe: 1,95 x 108 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 3,40 x 106 Kopien/Wischprobe
3. Probe: 1,44 x 105 Kopien/Wischprobe
4. Probe: 1,37 x 105 Kopien/Wischprobe
Deckelbereich eines Abfallbehälters
1. Probe: 2,46 x 106 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 2,43 x 106 Kopien/Wischprobe
3. Probe: 6,04 x 104 Kopien/Wischprobe
4. Probe: 1,29 x 104 Kopien/Wischprobe
Rotorkammer einer Ultrazentrifuge
1. Probe: 3,66 x 106 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 4,24 x 105 Kopien/Wischprobe
3. Probe:
In Spuren nachgewiesen
4. Probe: 0
Kopien/Wischprobe
Innere Seitenwand einer Sicherheitswerkbank
1. Probe: 5,08 x 104 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 3,04 x 103 Kopien/Wischprobe
3. Probe: 4,04 x 102 Kopien/Wischprobe
4. Probe: 0
Kopien/Wischprobe
Gestell einer Sicherheitswerkbank
1. Probe: 7,39 x 105 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 2,62 x 105 Kopien/Wischprobe
3. Probe: 2,22 x 102 Kopien/Wischprobe
4. Probe: 0
Kopien/Wischprobe
Mikroskoptisch
1. Probe: 1,73 x 104 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 3,35 x 104 Kopien/Wischprobe
3. Probe: 1,66 x 103 Kopien/Wischprobe
4. Probe: 2,18 x 103 Kopien/Wischprobe
-4-
Inkubatortür
1. Probe: 8,53 x 104 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 3,59 x 104 Kopien/Wischprobe
3. Probe: 8,27 x 102 Kopien/Wischprobe
4. Probe: 2,21 x 103 Kopien/Wischprobe
Autoklavengriff
1. Probe: 4,69 x 105 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 1,23 x 103 Kopien/Wischprobe
3. Probe: 3,00 x 102 Kopien/Wischprobe
4. Probe: 0
Kopien/Wischprobe
Türgriff der Labortür
1. Probe: 1,15 x 104 Kopien/Wischprobe
2. Probe: 1,13 x 103 Kopien/Wischprobe
3. Probe: 7,05 x 102 Kopien/Wischprobe
4. Probe: 7,13 x 102 Kopien/Wischprobe
Die dargestellten Ergebnisse deuten auf Defizite bei der mikrobiologischen Arbeitsweise in den beprobten Bereichen hin. Insbesondere könnten die gefundenen
Kontaminationswerte durch folgende Verhaltenweisen verursacht worden sein:
- Zentrifugationsgefäße und Rotoren werden nicht dicht verschlossen oder wurden
vor der Zentrifugation beaufschlagt.
- Stoffaustritte bei den Arbeiten in der mikrobiologischen Sicherheitswerkbank
werden nicht unverzüglich dekontaminiert.
- Die Schutzhandschuhe werden nicht sofort nach Beendigung der Arbeiten in der
Sicherheitswerkbank entsorgt.
- Die Abfallsammelbehälter werden mit offenen oder äußerlich kontaminierten
Kulturgefäßen und Instrumenten befüllt.
- Die Anschlüsse oder Abluftfilter der Flüssigabfallsammelbehälter sind undicht oder
die Sammelbehälter werden vor dem Autoklavieren außerhalb der Werkbank umgefüllt.
- Die regelmäßige prophylaktische Desinfektion bzw. Reinigung potentiell
kontaminierter Oberflächen (z. B. Griffbereiche verwendeter Geräte, Türklinken
etc.) wird vernachlässigt bzw. nicht mit geeigneten Mitteln durchgeführt.
-5-
Da die höchsten Belastungswerte in den Rotorkammern der Zentrifugen gefunden
wurden, erfolgten weitere Untersuchungen dieser Bereiche. Dabei wurde von der
Annahme ausgegangen, dass während der Zentrifugation virushaltige Aerosole
entstehen, die entweder während des Laufs durch Evakuierung der Rotorkammer
(Ultrazentrifuge) oder nach Beendigung des Laufs und Öffnen des Deckels (Tischzentrifuge) in die Raumluft geraten und dort sedimentieren bzw. von den
Beschäftigten inhaliert werden. Sollten solche virushaltigen Aerosole in nennenswertem Umfang entstehen, wäre davon auszugehen, dass sie sich im gesamten
Laborbereich verteilen und der Niederschlag auch an solchen Stellen des Labors
nachzuweisen ist, die im üblichen Laborbetrieb nicht durch direkten Kontakt
kontaminiert werden. Zu diesem Zweck wurden entsprechende Stellen in der Nähe
der Zentrifugen und in weiter entfernten Bereichen mit folgenden Ergebnissen
beprobt:
Probenahmestellen in der Nähe der Zentrifugen:
Tischoberfläche hinter der Tischzentrifuge
1,15 x 104 Kopien/Wischprobe
Fußboden neben der Tischzentrifuge
1,14 x 105 Kopien/Wischprobe
Regalbrettoberseite über der Tischzentrifuge
9,85 x 103 Kopien/Wischprobe
Regalbrettunterseite über der Tischzentrifuge
0 Kopien/Wischprobe
-6-
Fußboden neben der Entlüftungsöffnung der
Ultrazentrifuge
1,68 x 104 Kopien/Wischprobe
Fensterbank hinter der Ultrazentrifuge
4,98 x 103 Kopien/Wischprobe
Probenahmestellen in entfernteren Bereichen:
Oberseite eines Kühlgerätes im Abstand von
ca. 3 Metern zur Tischzentrifuge
1,62 x 104 Kopien/Wischprobe
Fußboden hinter dem Kühlgerät im Abstand von
ca. 3 Metern zur Tischzentrifuge
1,60 x 105 Kopien/Wischprobe
Schreibfläche im Abstand von ca. 6 Metern zur
Tischzentrifuge
3,17 x 103 Kopien/Wischprobe
Regalbrettoberseite über der Schreibfläche im Abstand
von ca. 6 Metern zur Tischzentrifuge
1,51 x 103 Kopien/Wischprobe
-7-
Demnach wurden in unmittelbarer Nähe zu den Zentrifugen Belastungswerte von ca.
104-105 Kopien/Wischprobe und in den entfernteren Bereichen von 10 3-105
Kopien/Wischprobe gefunden. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die während der
Zentrifugation entstehenden Aerosole sich im gesamten Labor (im vorliegenden Fall
beträgt die Grundfläche des Labor 48 m²) weitgehend homogen verteilen und auf
den vorhandenen Oberflächen niederschlagen.
III. Schlussfolgerungen für den Vollzug des Gentechnikrechts
III.1 Maßnahmen zur Verbesserung der mikrobiologischen Arbeitsweise
Die GenTSV enthält umfangreiche Vorschriften zum Umgang mit gentechnisch
veränderten Mikroorganismen in geschlossenen Systemen. Hinsichtlich der Frage,
ob eine Nullbelastung außerhalb der primären physikalischen Einschließungsmaßnahmen (z. B. Kultur- oder Reaktionsgefäß) gefordert werden kann, sind die
folgenden Regelungen zu berücksichtigen:
§ 8 GenTSV Allgemeine Schutzpflicht, Arbeitsschutz
(2) Der Betreiber einer gentechnischen Anlage hat zum Schutz der in § 1 Nr. 1 des
Gentechnikgesetzes genannten Rechtsgüter die erforderlichen Maßnahmen nach
den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihrer Anhänge sowie die nach dem
Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Vorsorgemaßnahmen zu treffen,
um eine Exposition der Beschäftigten und der Umwelt gegenüber dem gentechnisch
veränderten Organismus so gering wie möglich zu halten.
Anhang III Teil A II zur GenTSV
Maßnahmen für den S2-Bereich
Nr. 2: Arbeiten mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen der Risikogruppe 2
sollen so erfolgen, dass eine Exposition der Beschäftigten so weit wie möglich vermieden wird.
Demnach existiert keine Rechtsgrundlage für die Forderung nach einer Nullbelastung. Die damit zwangsläufig verbundene Frage nach einem Grenzwert ist
jedoch schwer zu beantworten. Ein Bezug zur Mindestinfektionsdosis lässt sich kaum
herstellen, da die rekombinanten Adenoviren replikationsdefekt sind und nicht das für
replikationskompetente Viren charakteristische Krankheitsbild verursachen. Da das
-8-
Gefährdungspotential der rekombinanten Viren vornehmlich durch die in seltenen
Fällen mögliche Bildung replikationskompetenter Viren oder durch die Integration des
adenoviralen Genoms in das Chromosom der Zielzelle bestimmt wird, ist
insbesondere eine dauerhafte Exposition der Beschäftigten mit diesen Viren als
kritisch anzusehen. In der Tat deuten die dargestellten Untersuchungsergebnisse
jedoch gerade auf eine dauerhafte Exposition der Beschäftigten hin. Die Festlegung
eines naturwissenschaftlich begründbaren Grenzwertes bei dauerhafter Exposition
erscheint jedoch in Ermangelung entsprechender Untersuchungen zur Zeit nicht
möglich.
Auf der Grundlage des Minimierungsgebots wurden die Betreiber, bei denen
Kontaminationen in den beprobten S2-Anlagen festgestellt wurden, zur Durchführung
der folgenden Maßnahmen aufgefordert:
a) Stoffaustritte bei den Arbeiten in der mikrobiologischen Sicherheitswerkbank sind
unverzüglich zu dekontaminieren.
b) Kontaminierte Schutzhandschuhe dürfen außerhalb der Sicherheitswerkbank
nicht getragen werden.
c) Instrumente und Geräte, die in der Sicherheitswerkbank durch kontaminierte
Handschuhe beaufschlagt wurden, sind vor der Entnahme aus der Sicherheitswerkbank zu desinfizieren.
d) Um beim Befüllen der Abfallsammelbehälter Aerosolbildung zu vermeiden, sind
Kulturgefäße und kontaminierte Instrumente zuvor zu verschließen bzw. vollständig zu entleeren.
e) Die Anschlüsse und Abluftfilter der Flüssigabfallsammelbehälter im Bereich der
Sicherheitswerkbänke sind auf Dichtheit zu überprüfen. Die gefüllten Sammelbehälter sind unmittelbar in den Autoklaven zu überführen.
f)
Alle Geräte, Einrichtungsgegenstände, Arbeitsflächen, Böden, Türen und Wände
im Arbeitsbereich sind einer regelmäßigen prophylaktischen Desinfektion mit anschließender Reinigung zu unterziehen. Die Oberflächenbehandlung sollte so
erfolgen, dass auch die dort vorhandene DNA entfernt wird.
g) Außerhalb der primären physikalischen Einschließung (z. B. Kulturgefäß) ist
regelmäßig auf das Vorhandensein in der Anwendung eingesetzter Organismen
zu prüfen. Die Prüfungen sind monatlich durchzuführen. Sofern keine
-9-
Kontaminationen festgestellt werden, können in Absprache mit der Behörde die
Prüfintervalle verlängert werden. Die Ergebnisse sind in einem Prüfbuch festzuhalten.
III.2 Maßnahmen zur Vermeidung der Aerosolbildung in Zentrifugen
Als Rechtsgrundlage hinsichtlich der Vermeidung einer Aerosolbildung während der
Zentrifugation liegen in der GenTSV für den Laborbereich erst ab der Sicherheitsstufe 4 Regelungen vor (Betrieb in einer geschlossenen Sicherheitswerkbank). Für
den Produktionsbereich wurden im Anhang III Teil B II Nr. 7 für Arbeiten ab der
Sicherheitsstufe 2 die folgenden Regelungen getroffen:
Die technischen Apparaturen sind konstruktionsmäßig so auszulegen, dass Aerosolbildung und Undichtigkeiten vermieden werden. Zur Sicherstellung, dass keine
Aerosole in den Arbeitsbereich
gelangen, sind insbesondere folgende Maßnahmen geeignet:
a) bei der Verwendung von Zentrifugen und Separatoren
- Betreiben der Zentrifuge in Abzügen mit Abluftfilter oder Sicherheitswerkbänken,
- Verwendung dichter Zentrifugen (z.B. kontinuierlich betriebene in-line-Geräte),
- Verwendung eines Rotors mit dicht schließendem Deckel, Verwendung
bruchsicherer und geschlossener Zentrifugeneinsätze oder -gefäße oder
- Einstellung nicht bruchsicherer Zentrifugengefäße in geschlossene und bruchsichere Einsätze,
Um festzustellen, welche technischen Lösungen zur Vermeidung einer Aerosolbildung bei Tischzentrifugen auf dem deutschen Markt verfügbar sind, wurden 6
Zentrifugenhersteller entsprechend befragt. Demnach bieten alle befragten Firmen
für die von ihnen vertriebenen Tischzentrifugen Rotoren mit aerosoldichten bzw.
hermetisch schließenden Deckeln an. Ein Hersteller machte zusätzlich die folgenden
Angaben:
„Die Aerosoldichte ist nach dem Verfahren von Bennett et al. (veröffentlicht in Brit.
Dent. J. 189:664-667, 2000) vom Centre for Applied Microbiology & Research in
Porton Down, CAMR, Großbritannien, gemäß Annex AA der IEC 1010-2-020 getestet
und bestätigt worden. Im Testverfahren wird biologisches Material (Bakterien) im verschlossenen Rotor bzw. im verschlossenen Rechteckbecher freigesetzt. Luftproben
- 10 -
und Abstriche aus dem Zentrifugenraum werden auf bakterielle Kontamination untersucht, um sicherzustellen, dass während des Laufs kein biologisches Material aus
dem verschlossenen Rotor bzw. dem verschlossenen Rechteckbecher in Freiheit
gesetzt wird.“
In dem o. g. beprobten Laborbereich werden keine aerosoldichten Rotoren verwendet.
Unter Anwendung der Rechtsgrundlagen für den Produktionsbereich und unter
Berücksichtigung der vorhandenen technischen Möglichkeiten werden bei der
Zentrifugation von GVO ab der Risikogruppe 2 die folgenden Maßnahmen für
erforderlich gehalten:
a) Gentechnisch veränderte Organismen sollten nicht in ungekühlten Tischzentrifugen zentrifugiert werden, da bei diesen Zentrifugen die Kühlung der
Rotoren durch Raumluft erfolgt, die durch die Rotorkammer geführt wird.
Eventuell entstehende Aerosole werden bei diesen Zentrifugen in besonderem
Maße in den Arbeitsbereich abgegeben. Bei gekühlten Zentrifugen wird die
Rotorkammer durch den Deckel dicht verschlossen.
b) Die Zentrifugationsgefäße müssen dicht verschlossen sein (Dichtung prüfen) und
dürfen nicht äußerlich kontaminiert sein.
c) Es dürfen nur Rotoren mit aerosoldichten Deckeln verwendet werden oder die
Zentrifugen sind in einer Sicherheitswerkbank oder einem Abzug mit Abluftfilter
zu betreiben.
d) Die Rotoren sind nach Ende der Zentrifugation zur Entnahme der
Zentrifugationsgefäße in einer Sicherheitswerkbank oder einem Abzug mit
Abluftfilter zu öffnen.
e) Ultrazentrifugen sind mit einem geeigneten Filter zwischen Rotorkammer und
Vakuumpumpe auszustatten.
VI. Fazit
Aufgrund des Nachweises adenoviraler DNA in Wischproben in ca. 70% der bislang
beprobten Anlagen ist davon aus zu gehen, dass es sich nicht nur um Einzelfälle
- 11 -
unzureichender mikrobiologischer Praxis handelt. Vielmehr liegt die Vermutung nahe,
dass es sich um eine grundlegende Problematik in Bereichen handelt, in denen mit
biologischen Agenzien geforscht wird.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass insbesondere durch den Betrieb von
Zentrifugen mit nicht aerosoldicht geschlossenen Zentrifugengefäßen und Rotoren,
Aerosole mit biologischen Agenzien entstehen, die sich in der Arbeitsbereichsatmosphäre verteilen und vom Experimentator inhaliert werden bzw. über Lüftungsanlagen in die Umwelt gelangen können.
Da bislang im Gentechnikrecht eine Regelung zur Verwendung aerosoldichter
Rotoren für den Laborbereich fehlt, sollte dies im Rahmen der anstehenden
Novellierung nachgeholt werden.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Betreiber gentechnischer Anlagen ab der
Sicherheitsstufe 2 zu einer betrieblichen Eigenüberwachung unter Anwendung der in
diesem Bericht genannten oder ähnlicher Methoden verpflichtet werden sollten. Als
Rechtsgrundlagen könnten hierfür der § 12 Abs. 7 GenTSV (Ist das Auftreten von
humanpathogenen gentechnisch veränderten Organismen in einer Konzentration, die
ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellt oder darstellen könnte, nach dem
Stand von Wissenschaft und Technik nicht auszuschließen, ist der Arbeitsbereich
durch geeignete Maßnahmen zu überwachen) oder der Anhang III, Teil A I, Nr. 19 zur
GenTSV (Erforderlichenfalls ist außerhalb der primären physikalischen Einschließung
auf das Vorhandensein lebensfähiger, in der Anwendung eingesetzter Organismen
zu prüfen) herangezogen werden.
- 12 -
Herunterladen