Projekt „Weiterentwicklung der Ausbildung Heilerziehungspflege Projekt „Weiterentwicklung der Ausbildung Heilerziehungspflege“ Stand: 5.2.09 Themenbereich: C - Tätigkeitsfelder Thema: C 10 – Berufsfeld Sozialpsychiatrie Fachschule: Evangelische Fachschule für Heilerziehungspflege, Schwäbisch Hall mit Samariterstift Obersontheim Beschreibung des Ziels 1. Ziel Was ist das Ziel dieses Moduls? (wer was wann wozu? Knapper lockender Überblick über das Modul) 2. Kompetenzen/Inhalte Was sind die von der Fachschülerin erwobenen Kompetenzen? Mit Hilfe welcher Inhalte werden diese erworben? Die Fachschülerinnen1 werden durch den theoretischpraktischen Unterricht für das Arbeitsfeld Sozialpsychiatrie sensibilisiert und vorbereitet. Sie entdecken das Arbeitsfeld Sozialpsychiatrie in seinen Besonderheiten und im Vergleich zur Behindertenhilfe. Sie entwickeln die notwendigen Kompetenzen, um in der Sozialpsychiatrie als Fachkräfte tätig werden zu können. Die notwendigen Kompetenzen für den Bereich der Sozialpsychiatrie umfassen: Wissen über psychische Störungen Die Fachschülerinnen haben Wissen über psychische Störungen und damit einhergehende Beeinträchtigungen erworben. Sie haben grundlegende Kenntnisse erworben: zur Klassifikation und Diagnostik nach ICD 10, zu Symptomatik, Erklärungsmodellen und Therapie von psychischen Störungen, zu den Übergängen von psychischen Krisen zur Entwicklung einer psychischen Erkrankung, zu spezifischen Störungsbildern (schizophrene Psychosen, affektive Störungen von der Depression bis zur Manie, Borderline-Störungen, Angstund Zwangsstörungen, Esstörungen), zur besonderen Problematik bei Sucht in Kombination mit einer psychischen Erkrankung, zur Doppeldiagnose, 1 Die Verwendung der weiblichen Form dient der schriftsprachlichen Vereinfachung. Im Sinne des Gleichstellungsgebots sind immer Frauen und Männer gemeint. 1 Projekt „Weiterentwicklung der Ausbildung Heilerziehungspflege zur Medikamentenlehre, speziell zu Wirkungen von Psychopharmaka, zu Bewältigungsstrategien (Coping), zur Alltagsbewältigung und –begleitung. Überblick über das Hilfesystem Die Fachschülerinnen verfügen über einen Überblick über ambulante und stationäre Unterstützungssysteme für Menschen mit psychischer Erkrankung. Sie können mit dem Individuellen Behandlungs- und Rehabilitationsplan (IBRP) zur Hilfeplanung Hilfeplangespräche führen und die abgeleiteten Maßnahmen mit der Klientin initiieren und begleiten. Sie beachten den Unterschied zwischen personorientierter Hilfeplanung (z.B. mit dem IBRP) und Hilfeplanung mit dem Kostenträger. Sie können ambulante von stationärer Unterstützung im Feld der Sozialpsychiatrie abgrenzen und kennen die Besonderheiten dieser beiden Wege der Hilfeerbringung (sozialrechtliches Wissen, persönliches Budget). Problemlagen erkennen und Handlungskompetenzen aufbauen Die Fachschülerinnen können psychische Belastungssituationen und Auffälligkeiten kompetent beobachten und beschreiben. Selbständig können sie Alltags- und Akutsituationen gestalten und angemessene Entscheidungen treffen. Selbstreflexion und Coping Die Arbeit mit psychisch kranken Menschen ist auch für die Begleitperson psychisch belastend. Um dem gewachsen zu sein, ist eine kritische Selbstreflexion notwendig. Teil dieser Selbstreflexion ist die Anerkennung eigener Grenzen und die Auseinandersetzung mit eigenen Stressbewältigungs- bzw. CopingStrategien. Die Fachschülerinnen haben erfahren, dass ihre Professionalität beinhaltet, sich selbst Unterstützung zu holen, wenn sie durch die Arbeit in die eigene Grenze überschreitende, belastende Situationen kommen. Aufbau von und Kommunikation mit Netzwerken Die Fachschülerinnen verfügen über die Kompetenz nachbarschaftliche und professionelle Netzwerke (Kolleginnen, Fachdienste, Ärztinnen, Polizei, Angehörige …) für ihre professionellen Aufgaben und für ihre Klientinnen aufzubauen und mit diesen situationsbezogen zu kommunizieren. 2 Projekt „Weiterentwicklung der Ausbildung Heilerziehungspflege Gesprächsführung Die Fachschülerinnen verfügen über professionelle Gesprächskompetenz mit Klientinnen: Sie können Gespräche angemessen vorbereiten, Gesprächsphasen gestalten, Ergebnisse sichern, Gespräche nachbereiten und mit der Klientin in Handlung überführen. Sie können Konfliktsituationen angemessen managen, Kritik angemessen formulieren und entgegennehmen. Umgang mit Aggressionen Die FachschülerInnen können deeskalierend in AkutSituationen mit Menschen mit psychischer Erkrankung handeln. 3. Methodik Wie wird das Ziel umgesetzt? Es werden verschiedene Methoden zur Erlangung der sozialpsychiatrischen Kompetenzen eingesetzt: Im Unterricht Lehrgespräch Arbeit mit zusammenfassenden Scripten Filme (z.B. „Fluten“, „Psychosen verstehen“, „Essstörungen“, „Die Pole des Saturn“) Selbsterfahrung (z.B. Entspannung nach Jacobsen) Exemplarische Erarbeitung eines IBRP Simulation eines Hilfeplangespräches Erarbeitung spezifischer Fragestellungen in Kleingruppen Vertiefungswoche Sozialpsychiatrie Im zweiten Ausbildungsjahr findet an der Fachschule eine Vertiefungswoche statt. Die Fachschülerinnen können in dieser Woche aus den Feldern „Erwachsenenbildung“, „Menschen mit Unterstützungsbedarf im Alter“, „Menschen mit intensivem Unterstützungsbedarf im Bereich der Pflege“ und „Sozialpsychiatrie“ wählen. Die Auswahl erfolgt nach fachlichem Interesse der Fachschülerinnen. Die Vertiefungswoche ermöglicht eine 4-tägige Auseinandersetzung mit dem Wahlthema; der fünfte Wochentag dient der Gesamtpräsentation der Kennengelernten Felder und erlernten Inhalte. Dazu präsentieren die jeweiligen Teilgruppen Ihre Erfahrungen vor dem Gesamtkurs und stellen diese zur Diskussion. Die Vertiefungswoche „Sozialpsychiatrie“ ermöglicht es den Fachschülerinnen im Samariterstift Obersontheim, unserer sozialpsychiatrischen Träger-Einrichtung, Praxiserfahrungen mit theoretischem Wissen zu verknüp3 Projekt „Weiterentwicklung der Ausbildung Heilerziehungspflege fen. Zur Vorbereitung der Vertiefungswoche mit Schwerpunkt „Sozialpsychiatrie“ erhalten alle Fachschülerinnen eine Präsentation über die Aufgabenfelder und Organisationsstruktur in Obersontheim durch einen Mitarbeiter des Sozialdienstes und einen leitenden Mitarbeiter einer Wohngemeinschaft für psychisch kranke Menschen. Die Fachschülerinnen, die sich im Rahmen der Vertiefungswoche für das Arbeitsfeld Sozialpsychiatrie entscheiden, treffen eine Auswahl des sozialpsychiatrischen Arbeitsfeldes, in dem sie hospitieren werden. In der Vertiefungswoche findet eine begleitete Teilnahme in jeweils einem Arbeitsfeld statt. Die Begleitung erfolgt durch eine Fachkraft (nach Möglichkeit Heilerziehungspflegerin) dem die Fachschülerin für die Hospitationszeit zugeordnet ist. Die Fachschülerinnen bekommen den Auftrag, die in der Theorie erlernten Inhalte in der Praxishospitation zu reflektieren. Dabei wird im Schwerpunkt anhand von Leitfragen eine Person mit psychischer Erkrankung begleitet (im Wohnbereich inklusive Einblick in den IBRP). Die Erfahrungen der Vertiefungswoche werden in der Gesamtpräsentation der Hospitationswoche am fünften Tag den anderen Fachschülerinnen, die sich in anderen Themenfeldern vertieft haben, vorgestellt. Zur Vorbereitung findet eine Auswertung mit den jeweiligen begleitenden Dozentinnen statt. 4. Rahmenbedingungen Welche Rahmenbedingungen müssen bei der Realisierung des Zieles vorhanden sein? Insbesondere, wie gestaltet sich die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen und ihrer Angehörige? Zur Umsetzung müssen folgende Rahmenbedingungen gegeben sein: Kooperationsvertrag der Fachschule zu einer Sozialpsychiatrischen Einrichtung (für die Vertiefungswoche, idealerweise praxiserfahrenes Lehrpersonal) mit einem breiten sozialpsychiatrischen Unterstützungsangebot. Ressourcen zur fachlichen Begleitung der Fachschülerinnen während der Vertiefungswoche. Im Vorfeld: Abklärung der Bereitschaft der Menschen mit psychischer Erkrankung zur intensiven Kontaktaufnahme mit hospitierender Fachschülerin während der Vertiefungswoche. (Idealerweise auch über die Vertiefungswoche hinausgehend Praxisausbildungsplätze in der Sozialpsychiatrie). 4 Projekt „Weiterentwicklung der Ausbildung Heilerziehungspflege 5. Voraussetzungen Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, bevor die Arbeit am Ziel begonnen wird? Voraussetzungen für den Erwerb von Kompetenzen im Bereich der Sozialpsychiatrie sind: Unterrichte in Sozialpsychiatrie finden vor der Vertiefungswoche statt. Absprache der Dozentinnen, die am Thema Sozialpsychiatrie mitarbeiten. Erfahrungen 6. Erste Erfahrungen Welche Erfahrungen haben Sie im Schuljahr 2006/2007 bei der Erprobung des Moduls gemacht? In der Vertiefungswoche gelang es die theoretischen Inhalte mit der Fachpraxis zu verknüpfen (z.B. Entstehung psychischer Erkrankungen, erleben spezifischer Störungsbilder, professionelle Begleitung von Menschen mit psychischer Erkrankung). Der Unterschied Behindertenhilfe – Sozialpsychiatrie wurde reflektiert. Neue Erfahrungen mit der Umsetzung einer Assistenzidee durch das Instrument IBRP wurden möglich. Die Unterschiede zwischen den zu unterstützenden Personengruppen in der Behindertenhilfe bzw. Sozialpsychiatrie regten zu intensiven Diskussionen an. Kritisch reflektiert wurde die Frage, welche Wirkung es auf die eigene Professionalität als Unterstützerin hat, wenn Menschen mit psychischer Erkrankung begleitet werden, deren Lebenslauf vor ihrer Erkrankung dem eigenen teilweise sehr ähnlich ist. Die Auswahl der Praxisplätze in der Vertiefungswoche fand nicht nur nach fachlichen Kriterien, sondern auch nach Kriterien der Erreichbarkeit (Anfahrtswege, Arbeitszeiten) statt. Das für HeilerziehungspflegerInnen in der Sozialpsychiatrie überwiegend relevante Arbeitsfeld „Unterstützung beim Wohnen“ soll zukünftig zentrales Praxisfeld in der Vertiefungswoche werden. Die FachschülerInnen des folgenden Kurses werden vor der Vertiefungswoche entsprechend beraten. Im Unterricht zeigten die Fachschülerinnen großes Interesse an der Thematik. Praxiserfahrungen und –beispiele wurden laut Rückmeldung der Fachschülerinnen als hilfreich für den eigenen Lernprozess erlebt. 7. Dokumentation (Fachschüler) Wie hat die Fachschülerin ihre Lernerfahrungen dokumentiert? Ist diese Dokumentation für andere zugänglich? Die Präsentation der Erfahrungen und Erkenntnisse der Fachschülerinnen findet am Ende der Vertiefungswoche in der Fachschule statt. 5 Projekt „Weiterentwicklung der Ausbildung Heilerziehungspflege 8. Dokumentation (Einrichtung/Fachschule) Wie hat die Einrichtung/Fachschule die Erfahrungen bei der Erprobung des Moduls dokumentiert? Wie sind diese zugänglich? 9. Zeitraum der Erprobung Die Weiterentwicklung der Vertiefungswoche an der Schwäbisch Haller Fachschule wird in einem begleitenden Arbeitskreis aus Schuldozentinnen und Mitgliedern des Samariterstift Obersontheim fortgeschrieben. Die Vertiefungswoche wird seit 10 Jahren regelmäßig angeboten, kontinuierlich evaluiert und weiterentwickelt. In welchen Zeitraum wurde das Modul erprobt? 10. Platzierung im Unterrichtsverlauf In welchem Ausbildungsjahr? 11. Verortung im Fächerkanon Welchen Unterrichtsfächern kann dieses Modul zugeordnet werden? Prozentuale Verteilung möglich? 12. Nachweis Prüfungsleistung Wie werden die Prüfungsleistungen im Rahmen dieses Moduls erbracht? 13. Zeitlicher Umfang Wie hoch ist der zeitliche Umfang dieses Moduls? In Unterrichtseinheiten oder Zeitstunden bitte angeben. Falls dieses nicht exakt möglich ist, bitte schätzen 14. Autoren 15. Ergänzende Materialien Die Theorieunterrichte (Umfang ca. 40 Stunden) finden im zweiten Ausbildungsjahr (November und Januar/Februar) statt. Die Vertiefungswoche ist anschließend (auch im zweiten Ausbildungsjahr) platziert (Juli). Didaktik und Praxis der Heilerziehungspflege Psychologie und Soziologie Pädagogik Pflege Psychiatrie und Neurologie Ab Januar 2009 wird eine Klausur über die sozialpsychiatrischen Ausbildungsinhalte Teil der Note in Psychologie. Unterricht Sozialpsychiatrie (insgesamt 40 Stunden) Die Vertiefungswoche nimmt inklusive Vor- und Nachbereitung eine Schulwoche (41 Stunden) in Anspruch. Andrea Recht-Schmidt, Samariterstift Obersontheim Hans Neumann, Samariterstift Obersontheim Otto Saroos, Samariterstift Obersontheim Martin Herrlich, Evangelische Fachschule für Heilerziehungspflege Schwäbisch Hall Literaturliste Bock, Thomas : „Achterbahn der Gefühle — Mit Manie und Depression leben lernen" Psychiatrie-Verlag GmbH, Bonn 2004 Bock, Thomas: „Lichtjahre — Psychosen ohne Psychiatrie; Krankheitsverständnis und Lebensentwürfe von Menschen mit unbehandelten Psychosen" Psychiatrie-Verlag GmbH, Bonn 1997 Eckl, Uwe und Unger, Ulrich-J..: „Erlebniswelten in der Psychiatrie: Zwischen Himmel und Hölle - aber nur dazwischen" Weissenhof-Verlag 2003 Ketelsen, Regina, Schulz, Michael und Zechert, Christian: „Seelische Krise und Aggressivität - Der Umgang mit Deeskalation und Zwang" Psychiatrie-Verlag GmbH, Bonn 2004 Mahnkopf, Angela: „Umgang mit depressiven Patienten" PsychiatrieVerlag GmbH, Bonn 2007 Rahn, Ewald: „Borderline — Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige" Psychiatrie-Verlag GmbH, Bonn 2001 Rahn, Ewald und Mahnkopf, Angela: „Lehrbuch Psychiatrie - für Studium und Beruf“ Psychiatrie-Verlag GmbH, Bonn 2005 6 Projekt „Weiterentwicklung der Ausbildung Heilerziehungspflege Sachse, Rainer: „Persönlichkeitsstörungen verstehen – Zum Umgang mit schwierigen Klienten“ Psychiatrie-Verlag GmbH, Bonn 2006 16. Freigabe 7