Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Freizeitpädagogik D A S K L E I N E K N O W H O W F Ü R J E D E R M A N N Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Daniel Nimmervoll Pädagogische Hochschule Wien Betreuender Lehrerin: Mag. Schuh Thema: Freizeitpädagogik EP2 Wintersemester 2007/ 2008 Seite 1/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines .............................................................................................................. 3 1.1 Aufgaben und Funktionen des Freizeitbereichs ............................................ 3 2 Geschichte/Ursprung ................................................................................................ 4 3 Eine Standortbestimmung ........................................................................................ 4 3.1 Eine pädagogische Hauptsäule .......................................................................... 4 3.1.1 Freizeitpädagogik ergänzt Familie ............................................................... 4 3.1.2 Freizeitpädagogik erleichtert Schule ............................................................ 5 3.2 Zusammenarbeit mit verwandten Feldern .......................................................... 5 3.2.1 Mit der Sozialpädagogik ............................................................................... 5 3.2.3 Mit der kommerziellen Freizeitanimation: ..................................................... 5 3.3 Notwendige Rahmenbedingungen ..................................................................... 5 4 Gruppendynamik ...................................................................................................... 6 4.2 Die Gruppenhierachie ........................................................................................ 7 4.2.1 Außenseiter vs. Anführer ............................................................................. 7 4.2.1.1 Der Außenseiter............................................................................. 7,8 4.2.1.2 Der Anführer ...................................................................................... 9 5 Spiele zur Förderung der Gruppendynamik .............................................................. 9 6 Quellenverzeichnis ................................................................................................. 10 Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 2/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 1 Allgemeines Freizeitpädagogik ist die pädagogische Arbeit in und über Freizeit. Sie gibt Anregung für eine sinnreiche Freizeitgestaltung, das heißt ihre Nutzung für Kultur, Erholung und soziales Engagement. Die Freizeitpädagogik bietet dem Einzelnen Alternativen gegenüber dem vorherrschenden „Konsumzwang“. Ihre Aktivitäten fördern die Persönlichkeits- und damit auch die Gesellschaftsentwicklung. Das Lernen im freizeit- und erlebnispädagogischen Feld orientiert sich an der Wirkung, die sich aus der Interaktion mit Dingen aus Natur und Umwelt ergeben. Dem individuellen Erleben sowie dem Gruppenprozess als Gesamtheit kommt eine wesentliche Bedeutung zu. Das wechselseitige Miteinander, die Entwicklung und Stützung von Fähigkeiten, das Herantasten, Kennenlernen und die Auseinandersetzung mit Grenzen werden durch Erlebnispädagogik gefördert. 1.1 Aufgaben und Funktionen des Freizeitbereichs Funktion und Aufgaben beschränken sich nicht ausschließlich auf den Bereich der Erholung und Entspannung. Die grobe Zielrichtung der freizeitbezogenen Inhalte lässt sich in vier Kategorien aufgliedern. 1. Selbstbesinnung und Selbstfindung (Kontemplation) 2. Mitteilung und Partnerschaft (Kommunikation) 3. Beteiligung und Engagement (Partizipation) 4. Sozialorientierung und gemeinsame Erfahrung (Integration) Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 3/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 2 Geschichte/Ursprung Freizeit ist ein Begriff neuerer Zeit. Im Jahre 1823 erstmals schriftlich festgehalten, wird dem Begriff "Freizeit" eine Bedeutung zugemessen, die in etwa der heutigen entspricht. Der Ursprung des Wortes entwickelte sich aus dem mittelalterlichen „freyzeyt“, der aber eine Teilung in Freizeit und Arbeitszeit nicht beinhaltete. „Freyzeyt“ war ein Begriff aus dem Marktrecht, der dem Handelnden erlaubte, ohne Angst vor dem „Recht des Stärkeren“, unbehelligt und geschützt seine Waren zu verkaufen. Die „freyzeyt“ war an die Marktzeit und den Marktplatz gebunden und verlor außerhalb dieser ihre Bedeutung. Mit der Entwicklung des industriellen Zeitalters wurde Freizeit als Gegengewicht zur Arbeit verstanden. Freizeit entwickelte sich weiter und löste sich in ihrer heutigen Bedeutung von der starren Bindung von Arbeit und arbeitsfreier Zeit. 3 Eine Standortbestimmung Im historischen Kontext geht Jugendarbeit vor allem auf die Rekrutierung von Nachwuchs für unterschiedlichste politische, religiöse, kulturelle, ... Organisationen in der Mehrzahl mit ehrenamtlichem Vereinscharakter zurück. Diese überwiegend in Verbänden organisierte Arbeit ist eine tragende Säule der außerschulischen Jugendarbeit. Struktur und Stellenwert haben sich aber erheblich gewandelt. Die Jugendarbeit wird verstärkt zur Freizeitpädagogik, die einen festen eigenständigen Platz im Gefüge pädagogischer Angebote, sozialer Dienstleistungen und SozialisationsInstanzen erworben hat. 3.1 Eine pädagogische Hauptsäule Zusammen mit Familie und Schule ist die Freizeitpädagogik eine zentrale Sozialisations-Instanz - und damit auch eines der pädagogischen Hauptfelder: 3.1.1 Freizeitpädagogik ergänzt Familie Mit zunehmenden Lebensjahren gewinnen Freunde und außerfamiliäre Angebote steigende Bedeutung. Gute freizeitpädagogische Angebote erleichtern daher einen gelungenen Übergang vom Familien zentrierten Kindesalter zum erwachsen Werden. Freizeitpädagogik und Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 4/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Jugendarbeit haben im Ablösungsprozeß von der Familie einen zentralen Stellenwert, in dem sie auch als eine Art „Leitschiene” helfen, die bei aller notwendigen Freiheit vor „Abstürzen” schützt. 3.1.2 Freizeitpädagogik erleichtert Schule In der Freizeitpädagogik (Jugendarbeit) werden non formal eine Vielzahl von immer wichtiger werdenden Schlüsselqualifikationen, insbesondere im Bereich der sozialen und emotionalen Intelligenz, gefördert. Darüber hinaus tragen freizeitpädagogische Angebote zum Ausgleich Milieu bedingter Unterschiede (und damit zur Qualität des Bildungswesens) bei, wie etwa die Jugendclubs an den Schulen des PISA-Siegers Finnland zeigen. Die ehrenamtliche Jugendarbeit entwickelt sich immer stärker zur Freizeitpädagogik. 3.2 Zusammenarbeit mit verwandten Feldern Als zentrale Erziehungssäule strebt Freizeitpädagogik in den verschiedensten Ausprägungen der Jugendarbeit – als selbstbewußtes eigenständiges Feld – die Zusammenarbeit mit anderen verwandten Feldern an: 3.2.1 Mit der Sozialpädagogik Diese braucht zur Prävention - und teilweise als Methode - die Freizeitpädagogik. Eine unkritische Vermischung von Freizeit- und Sozialpädagogik würde die Jugend vorschnell generalisiert - als Problem-Generation darstellen. Dazu kommt, dass durch den präventiven Charakter des frei-zeitpädagogischen Angebotes eine Verringerung sozialer Defensivkosten zur Nachsorge durch das Sozialsystem besteht. 3.2.3 Mit der kommerziellen Freizeitanimation: Idealismus ist eine unverzichtbare Grundlage für Jugendarbeit. „Wertvolle” Arbeit kann aber auch in Geld bewertet werden: Kommerzielle Freizeitanimation soll daher einen Platz im Feld der Freizeitpädagogik haben. 3.3 Notwendige Rahmenbedingungen Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 5/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Damit Freizeitpädagogik Ähnliches leisten kann wie Familie, Schule, Sozialeinrichtungen oder kommerzielle Angebote brauchen Freizeitpädagogik und Jugendarbeit entsprechende Rahmenbedingungen: • Wenn Jugendarbeit sowohl Berufung als auch Beruf sein soll, braucht es formale Ausbildungswege und ein Berufsbild, ähnlich anderer pädagogischer Felder. • Freizeitpädagogik ist eine Säule der Erziehung und der Prävention. Als solche braucht sie entsprechende Arbeitsgrundlagen, zumal diese zu mehr dienen als zur „Behübschung” der Freizeit. • Den verdienten Stellenwert in der Gesellschaft gilt es durch Öffentlichkeitsarbeit und Selbstbewußtsein sicher zu stellen. 4 Gruppendynamik Schug §13: ‚Schulveranstaltungen Sie sollen im Wesentlichen dem im Unterricht vermittelten Lehrstoff durch praktische Erfahrungen festigen und dienen somit der Ergänzung des lehrplanmäßigen Unterrichts durch: unmittelbaren und anschaulichen Kontakt zum wirtschaftlichen gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf die Erziehung zur Gemeinschaft gelegt werden.’ ‚Eine Gruppe hat ihren Ursprung dort, wo sich zwei oder mehr Individuen um eine gemeinsame Mitte scharen.’ Raymond Battegay Gemeinsame Ziele bilden so etwas wie eine Mitte, ein Zentrum der Gruppe. Die Ausrichtung auf ein Zeil bringt die Gruppenmitglieder einander näher und erleichtert Die Kommunikation. Energien und Aktivitäten werden auf das Ziel gerichtetem individuelle Bedürfnisse können eher zurückgestellt werden. z.B.: eine Schülergruppe plant und organisiert eine Projektwoche, oder eine Exkursion. Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 6/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Das schwierigste ist die genaue Zieldefinition ( wo geht es hin, mit welchem Lehrer, wann...). Ist dann das gemeinsame Ziel klar und wird es akzeptiert, so bringt die ganze Planungsarbeit wiederum viel Kontakt und Gespräch. Die gemeinsame Motivation wirkt integrierend. Sie kann Energien wecken und verhärtete Gruppenstrukturen in Bewegung bringen. Neue Beziehungen entstehen und lassen alte Spannungen als unwichtig erscheinen. 4.2 Die Gruppenhierachie 4.2.1 Außenseiter vs. Anführer Gruppen entwickeln im Laufe der Zeit eine Beziehungsstruktur. Die Teilnehmer bekommen ‚ihren Platz’ und übernehmen die dazugehörigen Rollen. Gruppenstrukturen können erstarren und für den einzelnen zum Gefängnis werden. 4.2.1.1 Der Außenseiter Von einem Außenseiter spricht man nur, wenn man sich auf eine Gruppe bezeiht. Es gibt Außenseiter in der Familie, in der Schulklasse, in der Arbeit etc... Der Außenseiter ist also nicht einer, der überhaupt nichts mit der Gruppe zu tun hat. Der Außenseiter gehört zur Gruppe, er ist ein Teil ihrer Struktur. Er ist ‚draußen’, wo andere offenbar ‚drinnen’ sind. Eine Gruppe mit Außenseiter hat grundsätzlich folgende Struktur: Wir ‚der’ -da Rolle und Funktion eines Außenseiters Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 7/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Genau wie der Anführer, Mitläufer, der Spaßmacher u.s.w., hat auch der Außenseiter seine Rolle in der Gruppe. Vom Anführer erwartet man, dass er die Initiative ergreift; Vom Mitläufer, dass er mitmacht; Vom Spaßmacher, dass er zur rechten Zeit den passenden Spruch liefert; Vom Außenseiter, dass er wieder einmal daneben ist. Wer als Neuling in eine Gruppe eintreten möchte, befindet sich zunächst in einer Außenseiterposition. Die meisten Menschen kennen diese Situation. Fragen wie, Wie soll ich mich verhalten?, Was kann ich sagen – und was nicht?, Welche Regel gelten hier? Was muß ich tun, um irgendwie ‚akzeptiert’ zu werden? Auch wenn man solch Fragen nicht ausdrücklich stellt, steht man vor diesen Problemen. Man ist ‚draußen’ und kennt die Spielregeln nicht. 4.2.1.2 Der Anführer In manchen Gruppen ist eine Führungsstruktur vorgegeben, gleichsam ‚von außen’ festgelegt, so zum Beispiel am Arbeitsplatz. Allen Gruppenmitgliedern ist klar, wird der Chef (Lehrer, Leiter) ist und welche Rolle er ungefähr zu spielen hat. Führung hat im wesentlichen 2 Funktionen: Hilfe bei der Verwirklichung von Zielen (Aufgabenoirientierte Führung) Förderung des Gruppenverhaltens ( Sozial – emotionale Führung) a.) Aufgabenorientierte Führung Diese Rollenfunktion ist durch folgende Aktivitäten gekennzeichnet: -Initiative ergreifen -Probleme formulieren, Lösungen vorschlagen -Meinungen erkunden -Die Gruppe nach außen vertreten b.) Sozial - emotionale Führung Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 8/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Diese Rollenfunktion umfasst Verhaltensweisen, die der Förderung des Gruppenzusammenhaltes dienen. -Ermutigung und Bestätigung von Gruppenmitgliedern -Spannungen abbauen und vermitteln -Verschiedene Standpunkte akzeptieren und befriedigende Lösungen suchen 5 Spiele zur Förderung der Gruppendynamik Es gibt sehr sehr viele Spiele zu diesem Thema: Meine Favourites sind: "Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer." antoine de saint exupery Je nach Größe der Gruppe und Zeit zerschneide ich diesen Text in kleinere Wortfetzen, oder größere. Nachdem die Wortfetzen in der Gruppe ausgeteilt wurden, darf nicht mehr gesprochen werden. Nun muss sich die Gruppe so organisieren, dass sie dennoch auf einen ‚grünen Zweig’ kommen. Ein weiteres Spiel ist das gesamte Klassenzimmer in einen Hindernispackour umzugestalten. Falls dies aus Platzgründen nicht möglich ist kann man auch andere Gruppenmitglieder als ‚Hindernisse’ verwenden. Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 9/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 6 Quellenverzeichnis Journal des JugendReferates des Landes Oö. für Jugendarbeiter/-innen "4yousers", Ausgabe 2/2005. Autor: Leiter des JugendReferates, Hofrat Mag. Reinhard Anreiter. Sven Hölzl, Freizeitpädagogik zwischen Gleichgültigkeit und Zwang, 4. Auflage Oliver König und Karl Schattenhofer Einführung in die Gruppendynamik Otto Marmet Ich und du und so weiter, Kleine Einführung in die Sozialpsychologie Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 10/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Erziehungsstile Merkmale und Auswirkungen Seminararbeit Erziehungswissenschaften Lechner Andrea & Sageder Elisabeth Pädagogische Hochschule Wien, WS 2007/08 Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 11/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ______________________________________________________ 12 Was ist Erziehung? ____________________________________________________ 13 Die Gründer der verschiedenen Erziehungsstile ______________________________ 13 Kurt Lewin __________________________________________________________ 13 Glen Elder __________________________________________________________ 13 Einteilung der Erziehungsstile nach ihrem Grad ______________________________ 14 Die verschiedenen Erziehungsstile ________________________________________ 14 Der autokratische (=Alleinherrschaft) Erziehungsstil _________________________ 14 Der autoritäre (diktatorische) Erziehungsstil ________________________________ 14 Der demokratische Erziehungsstil _______________________________________ 15 Der egalitäre (=gleichwertige) Erziehungsstil _______________________________ 15 Der permissive (=nachsichtige) Erziehungsstil ______________________________ 15 Der laissez-faire Erziehungsstil _________________________________________ 15 Der negierende (=verneinende/vernachlässigende) Erziehungsstil ______________ 16 Auswirkungen der Erziehungsstile _________________________________________ 16 Das Experiment Lewins _______________________________________________ 16 Auswirkungen _______________________________________________________ 18 Autokratisch ______________________________________________________ 18 Autoritär__________________________________________________________ 18 Demokratisch _____________________________________________________ 18 Egalitär __________________________________________________________ 18 Permissiv_________________________________________________________ 18 Laissez-faire ______________________________________________________ 18 Negierend ________________________________________________________ 18 Quellen ______________________________________________________________ 19 Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 12/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Was ist Erziehung? Als Erziehung bezeichnet man in der Wissenschaft alle bewussten und gezielten Handlungen und Verhaltensweisen eines relativ erfahrenen Menschen (Erzieher), die einen jeweils weniger Erfahrenen (Zögling) zur selbständigen Lebensführung befähigen sollen. Die Gründer der verschiedenen Erziehungsstile Kurt Lewin Kurt Lewin (1890 – 1947), ein österreichischer Psychologe, der vor dem zweiten Weltkrieg in die USA emigrierte, hat drei Erziehungsstile definiert. - den autoritären Erziehungsstil - den demokratischen Erziehungsstil - den laissez-faire Stil Anfangs ging er nur von zwei Stilen aus: dem autoritären und dem demokratischen Erziehungsstil. Weil das aber zwei extreme waren, machte sich eine Typologie eines anderen Stiles notwendig: den laissez-faire-Stil. Glen Elder Diese drei Erziehungsstile wurden dann von Glen Elder, einem Erziehungsforscher, im Jahre 1962 durch vier weitere Erziehungsstile definiert. - autokratischer Erziehungsstil - egalitärer Erziehungsstil - permissiver Erziehungsstil - negierender Erziehungsstil Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 13/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Einteilung der Erziehungsstile nach ihrem Grad Erziehungsstile von „sehr streng“ bis „sehr locker“ autokratisch autoritär demokratisch egalitär permissiv laissez-faire negierend In der Praxis ist die Unterscheidung eines Erziehungsstils und der damit verbundenen Erziehungsmethoden nicht eindeutig, da zum einen nicht immer eine klare Trennung der Erziehungsstile möglich ist, zum anderen, weil häufig Mischformen auftreten. So kann es zum Beispiel sein, dass Erzieher mit überwiegend demokratischem Stil in einigen Situationen autoritäre Methoden anwenden. Die verschiedenen Erziehungsstile Der autokratische (=Alleinherrschaft) Erziehungsstil Beim autokratischen Erziehungsstil wird die Eigeninitiative von Kindern unterdrückt und die kindliche Meinung nicht beachtet. Es wird davon ausgegangen, dass es wichtig und richtig ist, Autorität gegenüber den Kindern und Jugendlichen auszuüben. Der autokratische Erziehungsstil zeichnet sich vor allem durch hohe Kontrolle aus – wer diese nicht einhält wird bestraft. Oft auch physisch. Der autoritäre (diktatorische) Erziehungsstil Autorität bedeutet Macht und Einfluss. Dies drückt sich in Beziehungen aus und kann auf Anerkennung, Unterwerfung oder Unterordnung beruhen. Beim autoritären Erziehungsstil wird die Meinung der zu Erziehenden zwar akzeptiert, dennoch haben sie nur sehr geringe Möglichkeiten, sich frei zu entwickeln. Es wird hier oft mit Bestrafung und Belohung gearbeitet anstelle von Überzeugung. Beim zu Erziehenden löst das oft ein gewisses Gefühl von Sicherheit aus. Letztendlich zählt auch hier - ähnlich wie beim autokratischen Erziehungsstil - nur die Meinung des Erziehers, welcher eine starke Kontrolle ausüben kann und "das letzte Wort" hat. Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 14/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Der demokratische Erziehungsstil Demokratie ist eigentlich die Bezeichnung für eine Staatsform, in der das Volk herrscht. Beim demokratischen Erziehungsstil betrachten Eltern ihre Kinder als eigenständige Persönlichkeiten und ernstzunehmende Gesprächspartner, die eine eigene Meinung besitzen. Mit zunehmendem Alter soll die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Kinder wachsen, wobei die Eltern als kompetente Ansprechpartner und "Stütze" für ihre Kinder da sind. Demokratische Eltern legen großen Wert auf gegenseitigen Respekt und Sicherheit innerhalb der Familie. Sie vermitteln ihren Kindern das Gefühl, erwünscht zu sein. Manchmal ist es aber auch notwendig, dem zu Erziehenden Grenzen zu setzten. Im Unterreicht äußert es sich so, dass der Lehrer die Gruppe wichtige Entscheidungen diskutieren lässt. Die Gruppenmitglieder teilen die Arbeit unter sich auf und tragen die Verantwortung. Der Gruppenleiter versteht sich als Mitglied der Gruppe. Er unterstützt und ermutigt sie. Er übt sachbezogene Kritik und vermeidet Tadel. Der egalitäre (=gleichwertige) Erziehungsstil Egalité kommt aus dem Französischen und bedeutet soviel wie gleichwertig. Innerhalb des egalitären Erziehungsstils haben Erzieher und zu Erziehender die selben Rechte und Pflichten. Die Meinung des zu Erziehenden wird nicht nur eingeholt und berücksichtigt sondern besitzt das gleiche Gewicht wie die des Erziehenden. Der permissive (=nachsichtige) Erziehungsstil Der permissive Erziehungsstil ist eine gemäßigte Form des laissez-faire-Stiles. Dabei müssen die Kinder und Jugendlichen viel Eigeninitiative zeigen, wenn sie ihre Entscheidungen treffen. Die Eltern sind eher zurückhaltend, Grenzen, Kontrollen und Strafen werden nur sehr selten gesetzt. Der laissez-faire Erziehungsstil Wörtlich übersetzt heißt laissez faire gehen lassen, laufen lassen. Erziehung wird hier als eine nicht legitime Maßnahme gegenüber Kindern aufgefasst und dementsprechend unterbleiben zielgerichtete Erziehungsmaßnahmen. Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 15/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Das heißt: es gibt keine festen Regeln und daher keine Verbindlichkeit. Hier macht jeder, "was er will". Müssen Entscheidungen getroffen werden, zeigen die Kinder und Jugendlichen meistens mehr Aktivität als die Eltern. Optional werden dabei die Wünsche und Vorstellungen der Eltern beachtet. Oder auch nicht. Eltern/Lehrer versuchen in keiner Weise, das Verhalten der zu Erziehenden zu lenken. Der Erzieher verhält sich weitgehend passiv, ist freundlich aber neutral. Der negierende (=verneinende/vernachlässigende) Erziehungsstil Beim negierenden Erziehungsstil zeigen die Eltern kein Interesse daran, an der Entwicklung des Kindes teilnehmen zu wollen. Das kindliche Verhalten wird deshalb von ihnen in keiner Weise beeinflusst. In das Kind wird nur minimal an Zeit, Kosten und Anstrengung investiert. Insgesamt kann dieser Erziehungsstil als der für ein Kind am unangenehmsten bezeichnet werden. Auswirkungen der Erziehungsstile Das Experiment Lewins Das Experiment Lewins fand im nichtschulischen Bereich statt, in Gruppen von 10-12 jährigen Kindern, die sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen einmal wöchentlich zu Bastel- und Werkarbeiten trafen. Jeweils ein Erwachsener leitete die Gruppe nach einem bestimmten Führungsstil. Nach sechs Wochen wurden die Leiter ausgetauscht, so dass jede Gruppe mindestens zwei verschiedene Leiter und Führungsstile erlebt hat und die Tätigkeiten und das verhalten der Leiter und Kinder protokolliert werden konnten. Die Auswirkungen der Führungsstile auf Erleben, Verhalten und Leistungsbereitschaft der Kinder: Die autoritär geführte Gruppe: zeigte verminderte Vielfalt an Äußerungen und Verhaltensweisen zeigt teilweise aggressive Tendenzen, die hauptsächlich gegen andere Gruppenmitglieder gerichtet waren unterdrückte Feindseligkeiten gegen schwächere Mitglieder machten sich bemerkbar Spontaneität und Kreativität waren eingeschränkt Worte wie "mein", "mir", "mich", "ich" dominierten vor "unser" und "wir". Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 16/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Die Kinder waren außerdem fixiert auf den Leiter, war dieser nicht anwesend, nahm die Arbeitsaktivität erheblich ab oder wurde nicht aufgenommen. Die demokratisch geführte Gruppe zeigte ein höheres Maß an kreativen Verhaltensweisen und konstruktiven Arbeitsprodukten die Atmosphäre war entspannter und zufriedener Feindseligkeiten waren seltener, einzelne Mitglieder wurden nicht zu Sündenböcken abgestempelt. Eventuell auftretende Schwierigkeiten wurden gemeinsam in der Gruppe gelöst. Die laissez-faire geführte Gruppe zeigte planloses und wenig zielstrebiges Verhalten oft wurden Vorschläge unterbreitet, die mangels ausreichender Mehrheit nicht verwirklicht wurden Enttäuschung und Gereiztheit machte sich breit daraus entstand Aggression, die sich auf andere Gruppenmitglieder entlud Die Beziehung der Kinder untereinander entwickelte sich nur locker und instabil. War der Gruppenleiter nicht anwesend, wurde die Gruppe meist von einem Kind geführt. Dabei konnte sogar ein Ansteigen der Arbeitsaktivität beobachtet werden. Allgemein Die Arbeitsleistung schwankte sehr stark von Gruppe zu Gruppe. Am unproduktivsten zeigte sich die Laissez-faire-Gruppe. Die anderen beiden Gruppen boten etwa die gleiche Leistung, allerdings war die Qualität der erbrachten Arbeit in der demokratisch geführten Gruppe höher! Erziehungsstilforscher haben auch herausgefunden, dass Kinder und Jugendliche, die überwiegend demokratisch erzogen wurden, reifer, zufriedener und leistungsfähiger sind und über ein größeres Selbstbewusstsein verfügen als andere. Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 17/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Auswirkungen Autokratisch Es kann sein, dass der autokratische Erziehungsstil Verantwortlich für eine große Zahl von Störungen in der Persönlichkeitsentwicklung ist. Oft äußert er sich an einem Mangel an Selbstwertgefühl. Autoritär Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass autoritär erzogene Kinder eher später selbst zu Aggressionen neigen und sich durch eine geringe soziale Kompetenz und ein geringes Selbstwertgefühl auszeichnen. Demokratisch Die Kinder zeigen eher hohe soziale und intellektuelle Kompetenzen und besitzen ein hohes Maß an Eigenkontrolle. Egalitär Kinder sind mit ihrer Verantwortung überfordert. Sie können nicht mit Erwachsenen auf einen Level gestellt werden. Permissiv Die Kinder weisen ein eher aggressives Verhalten auf, eine geringe Impulskontrolle und einen Mangel an Selbstverantwortungsbewusstsein. Laissez-faire Kinder, die unter einem Laissez-faire Stil erzogen werden wird es erschwert, ihre eigene Identität und Persönlichkeit auszubilden. Negierend Gleich wie beim Laissez-Faire Stil tun sich Kinder erheblich schwerer, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Dies kann unter anderem darin resultieren, dass die Kinder Störungen im Bindungsverhalten aufweisen und starke Defizite in verschiedenen Bereichen (Selbstwert, Selbstkonzept, intellektuelle Entwicklung) haben. Auffallend ist der geringe Grad der Selbstkontrolle und die mangelnde Aggressionskontrolle. Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 18/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Quellen Enzyklopädie Erziehungswissenschaften, Band 4, Herausgegeben von Dieter Leuzen unter Mitarbeit von Agim Schründer – Lenzen 1985 Erziehungsstile; Erich Weber; 8. Auflage 1986 Arbeitsblätter von Stangl-Taller Internetseiten vom 30. 11. 2007 http://www.optikur.de/familie/erziehung/erziehungsstile/ http://www.aks.at/de/aks/home/themen/padagogik_und_unterricht/get/905/ Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................................. 19 Empirische Bildungsforschung – Was ist das?....................................................................................... 21 Empirische Bildungsforschung – Warum?............................................................................................. 21 Ablauf einer empirischen Studie ........................................................................................................... 21 Bekannte empirische Bildungsforschungs-Studien ............................................................................... 23 PIRLS– Progress in International Reading Literacy Study .................................................................. 23 Ziele von PIRLS ............................................................................................................................... 23 Länder, die 2001 und neu 2006 an der Studie teilgenommen haben........................................... 24 Was wird genau untersucht? ........................................................................................................ 24 Bewertung der gesammelten Daten ............................................................................................. 25 Abhaltung ...................................................................................................................................... 26 Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 19/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Ergebnisse...................................................................................................................................... 26 PISA – Programme for Interantional Student Assessment................................................................ 28 Ziele ............................................................................................................................................... 28 Teilnehmende Staaten .................................................................................................................. 28 Zyklen ............................................................................................................................................ 29 Tests............................................................................................................................................... 29 Ergebnisse...................................................................................................................................... 30 Literatur- und Quellenverzeichnis ......................................................................................................... 32 Abbildungen .......................................................................................................................................... 33 Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 20/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Empirische Bildungsforschung – Was ist das? Unser Bildungssystem wird immer wieder in gleichmäßigen Abständen unter die Lupe genommen. Sei es aus Sicht der SchülerInnen, aus Sicht der LehrerInnen, aus Sicht der Eltern oder aus Sicht der WissenschaftlerInnen. Um auf einen gemeinsamen Punkt zu gelangen, werden nationale oder internationale Studien in Auftrag gegeben, die einen Vergleich mit anderen Ländern herstellen, um etwaige Probleme aufzuzeigen. Diese Studien werden in Form von empirischen Daten, sprich in Form von statistischen Auswertungen, dargestellt. Diese Form der Forschung kann daher als wirklichkeitserfassende Disziplin angesehen werden, da sie den Ist-Zustand erforscht. Empirische Bildungsforschung – Warum? Mit den empirischen Daten kann nun ein Vergleich auf nationaler bzw. internationaler Ebene angestellt werden. Fragen wie: Was können SchülerInnen?, Wie steht es mit dem Wissen der SchülerInnen im Vergleich zu anderen Staaten? usw. können nun beantwortet werden. Dazu benötigt man eine einheitliche Struktur, die im Vorfeld von beauftragten Personen bzw. Arbeitsgruppen ausgearbeitet werden. Ob und wie die Ergebnisse dann weiter behandelt werden, ist dem jeweiligen Staat bzw. den jeweiligen Ministern, Lehrern und Verantwortlichen freigestellt. Ablauf einer empirischen Studie 1. Untersuchen und Studien konzipieren Hier wird in Rahmen einer Forschungsgruppe ausgefiltert, was genau untersucht werden soll, welche Zielgruppe behandelt werden soll, wie viele Teilnehmer es geben soll, wie lange so eine Befragung dauert und vor allem, was für ein Ziel die Studie haben soll. Dazu werden Fragebögen bzw. die Vorgehensweisen einheitlich ausgearbeitet. Es bedarf eines enormen Arbeitsaufwandes, wenn eine Studie länderübergreifend erfolgt. Aber auch hier müssen die Rahmenbedingungen für alle gleich sein. 2. Daten erheben und Leistungen diagnostizieren Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 21/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Nachdem nun alle auf einen einheitlichen Nenner gekommen sind, werden in standardisierten Verfahren die Daten erhoben. Zuerst in einem Probedurchlauf und erst im dann im eigentlichen Verfahren. Fehler können vor der eigentlichen Erhebung sofort beseitigt werden. Wieder ist es wichtig, dass alles unter den gleichen Rahmenbedingungen erfolgt, damit einheitliche Vergleiche angestellt werden können und die Studie transparent bleibt. 3. Auswertungsmethoden Hier wird überlegt, nach welchen Kriterien ausgewertet wird. Im Vorfeld wurde schon der Aufbau der Befragung überlegt und dafür müssen nun einheitliche Auswertungsverfahren ausgearbeitet werden. Fällt nur ein Glied in dieser Kette aus dem Rahmen, sind solche Studien wertlos. 4. Evaluieren Am Schluss, wenn alle Daten auf dem Tisch liegen, werden diese ausgewertet und in einem Schlussreport zusammengefasst. Ist die Studie länderübergreifend erfolgt, kann jedes Land somit ihre eigenen Schlüsse aus dem Report ziehen und etwaige negative Punkte behandeln bzw. Konsequenzen daraus ziehen. Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 22/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Bekannte empirische Bildungsforschungs-Studien PIRLS– Progress in International Reading Literacy Study1 Hier wird die Lesekompetenz von SchülerInnen der vierten Jahrgangsstufe international vergleichend getestet. Ein Hauptaugenmerk gilt dem Lahrplan und der Unterrichtspraktiken, da bei einem schlechten Abschneiden eines Landes hauptsächlich auf der Systemebene Verbesserungen ausgearbeitet werden müssen. Österreich hat im Auftrag über das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur im Jahr 2006 daran teilgenommen. Vorrangig stellt sich aber die Frage, was Lesekompetenz überhaupt ist. Dieser Begriff wird von der IAE (International Association for the Evaluation of Educational Achievement), die diese Test durchführt, treffend beschrieben: „Die Lesekompetenz ist eine Fähigkeit, jene geschriebenen Sprachformen zu verstehen und zu nutzen, die von der Gesellschaft verlangt werden und/oder für die jeweiligen Personen nützliche und wertvoll sind. Junge LeserInnen können die Bedeutung von verschiedensten Texten erfassen. Sie lesen, um zu lernen, um an der Gemeinschaft der Lesenden in der Schule sowie im täglichen Leben teilzunehmen und zum Vergnügen.“2 Ziele von PIRLS Einholen von Leistungsdaten Dies sind Basisindikatoren, mit denen nationale oder internationale Vergleiche hinsichtlich der Stärken und Schwächen beim Lesen aufgezeigt werden können. Einholen von Kontextindikatoren Das sind Merkmale, die mit dem Lesen in Zusammenhang stehen und durch welche das Lesen beeinflusst wird. Dadurch werden die einzelnen Leseleistungen der SchülerInnen erklärt. Die Indikatoren können mit speziellen Fragebögen für Eltern, SchülerInnen, LehrerInnen und Schulen/Schulleitung bestimmt werden. 1 2 Vgl. http://www.bmukk.gv.at/medienpool/15721/pirls_2006_studieueberblick.pdf; 2. Dezember 2007 Zitat: PIRLS 2006 – Internationaler Vergleich von Schülerleistungen – Die Studie im Überblick; Birgit Suchań, Christina Wallner-Paschon (Hrsg.), Graz Leykam 2007; Seite 16 Henrike Breslmair Seite 23/94 PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Trends erkennbar machen Die Entwicklung macht auch beim Lesen nicht halt. Deshalb werden die zeitlichen Neigungen und deren Hintergründe genau untersucht und ermittelt. Datenbasis für die Analyse Die erhaltenen Daten gelten als Basis für die nachfolgende Analyse und stellen die Eckpfeiler für eine nächste Durchführung dar. Die erhaltenen Daten geben auch Aufschluss über die Effektivität eines Schulsystems. Daraus können eventuell notwendige Schritte gezogen werden. Länder, die 2001 und neu 2006 an der Studie teilgenommen haben Bulgarien Island Lettland Norwegen Slowenien Deutschland Israel Marokko Rumänien Ungarn England Italien Mazedonien Russland USA Frankreich Kanada (Ontario) Moldawien Schottland Hongkong Kanada (Quebec) Neuseeland Schweden Iran Kuwait Niederlande Singapur Belgien (flämisch Indonesien Kanada (Nova Scotia) Österreich Südafrika Dänemark Kanada (Alberta) Katar Polen Taiwan Georgien Kanada (Brit. Columbia) Luxemburg Spanien Trinidad u. und französisch) Tobago Was wird genau untersucht? Es wir die Lesefähigkeit von SchülerInnen in der 4. Schulstufe schriftlich getestet. Dabei ergeben sich drei Aspekte, die genau untersucht werden: 1. Leseverhalten und Einstellung zum Lesen 2. Leseabsichten Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 24/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 3. Verstehensproszesse (Erkennen und Wiedergeben, Schlussfolgerungen ziehen, untersuchen und bewerten von Inhalt, Sprache und einzelnen Textelementen) Bewertung der gesammelten Daten Damit die gesammelten Daten auch in einem einheitlichen System zusammengefasst werden, hat sich die IAE eine eigene Evaluierungstabelle (PIRLS-Gesamtskala) zusammengestellt, mit dem im einzelnen bzw. im Gesamtdurchschnitt bewerten werden kann. 500 Punkte sind der Durchschnitt der Leistungen. Dieser Wert wurde aus vorangegangenen Studien ermittelt. Die Schüler selbst werden dann noch in sogenannte Levels, die genau definiert sind, eingeteilt. Abbildung 1: PIRLS-Gesamtskala Level 1 Low International Bis 400 Punkte Benchmark Level 2 Intermediate Grundlegende Lesefertigkeit vorhanden Bis 475 Punkte International Benchmark Va. Bei literarischen Texten gewisse Lesekompetenz Level 3 High International Bis 550 Punkte Kompetente LeserInnen Bis 625 Punkte Höchste Lesekompetenz Benchmarck Level 4 Advanced International Benchmark und dadurch resultierende Verknüpfungen werden eigenständig hergestellt Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 25/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Abhaltung Da man sich vorstellen kann, dass so eine Studie eine lange Vorbereitungsphase benötigt, wurde auch 3 Jahre an dieser gearbeitet. Durch einen Zufallsgenerator wurden Schulen in Österreich ausgewählt. Diese Schulen stellen einen guten Durchschnitt unserer Bevölkerungsstruktur dar. Effektiv haben bei der Studie 2005 5067 SchülerInnen teilgenommen. Sie wurden innerhalb von 6 Wochen mit einem schriftlichen Test getestet. Dieser beinhaltete Texte, die die SchülerInnen lesen und danach Multiple Choice oder offene Fragen beantworten mussten. Die Dauer betrug zwei Mal vierzig Minuten. Unter der Aufsicht von geprüften TesterInnen kam es dann zu den unten angeführten Ergebnissen. Ergebnisse3 Gesamtergebnis Insgesamt erreichten die österreichischen Schüler einen Platz im Mittelfeld. Der Mittelwert von 538 Punkten bedeutet Rang 20 unter allen 45 teilnehmenden Ländern und Provinzen (Schnitt 506 Punkte) bzw. Rang 12 unter den 19 teilnehmenden OECD-Ländern (Schnitt 537 Punkte). Die besten Resultate erzielten Russland und Hongkong (565 bzw. 564 Punkte). Signifikant besser als Österreich haben auch Singapur, Luxemburg, Italien, Ungarn, Schweden, Deutschland, die Niederlande, Belgien (flämischer Teil), Dänemark sowie die meisten teilnehmenden kanadischen Provinzen abgeschnitten. In etwa gleiche Ergebnisse erzielten Bulgarien, Lettland, die USA, England, Litauen, Taiwan. Signifikant schlechter als Österreich waren unter anderem Neuseeland, die Slowakei, Schottland, Frankreich, Slowenien, Polen. Spanien, Israel, Island, der französische Teil Belgiens sowie Norwegen. Risikoschüler In Österreich kann jeder sechste Volksschul-Abgänger nur unzureichend sinnerfassend lesen. 16 Prozent der Volksschüler zählen damit zur so genannten „Risikogruppe“ – sie erreichten bei PIRLS nur den niedrigsten Level 1 (14 Prozent). Bzw. nicht einmal diesen (zwei Prozent). Umgerechnet bedeutet 3 Quelle: http://www.kurier.at/nachrichten/oesterreich/123967.php?from/nachrichten/oesterreich/123967; Artikel vom 28. November 2007; aufgerufen am 5. Dezember 2007 Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 26/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 das, dass rund 14.000 Kinder pro Jahr die Volksschule mit ernsthaften Leserproblemen verlassen. Am wenigsten Risikoschüler haben Hongkong (acht Prozent), die Niederlande (9 Prozent) sowie die kanadischen Provinzen Alberta, British Columbia und Ontario bzw. Russland, Luxemburg und der flämische Teil Belgiens (jeweils zehn bis elf Prozent). Auch Deutschland und Ungarn weisen mit je 14 Prozent einen etwas niedrigeren Anteil an schlechten Lesern auf. Spitzenschüler Nur acht Prozent der österreichischen Volksschüler erreichten bei PIRLS die höchste LeseKompetenzstufe 4. Die meisten Spitzenleser haben Singapur, Russland und die kanadische Provinz Alberta (zwischen 17 und 19 Prozent). Luxemburg kommt auf 15 Prozent, Italien und Ungarn auf je 14 Prozent sowie Deutschland, Schweden und Dänemark auf je elf Prozent. MigrantInnen Zuwanderer-Kinder erreichen in Österreich deutlich schlechtere Lese-Leistungen als „einheimische“ SchülerInnen. Auch MigrantInnen der zweiten Generation, also jene, die schon hier geboren sind, können nicht viel besser lesen als jene der ersten Generation. Bei einer speziellen Auswertung jener 21 Länder bzw. Provinzen, die einen MigrantInnen-Anteil von mehr als zehn Prozent aufweisen, zeigte sich, dass der Unterschied in den Leseleistungen zwischen Einheimischen und MigrantInnen der ersten Generation in Österreich (56 Punkte) nach England (71 Punkte) am zweithöchsten ist. Chancengerechtigkeit Kinder, deren Eltern ein Universitätsstudium abgeschlossen haben, lesen in allen Ländern besser als Kinder, deren Eltern nur einen Pflichtschulabschluss bzw. nicht einmal diesen haben. In Österreich ist dieser Zusammenhang zwischen Bildung und Leseleistung verhältnismäßig groß. Akademiker-Kinder erreichen hierzulande im Schnitt fast 90 Punkte mehr als Kinder von Eltern mit Pflichtschulabschluss. In den Niederlanden beträgt dieser Abstand dagegen weniger als 40 Punkte, in Dänemark, Italien und Luxemburg rund 50 Punkte. Geschlechtervergleich Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 27/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 In allen Staaten bzw. Provinzen erzielten Mädchen bessere Ergebnisse als die Burschen. Im Schnitt erreichten die Mädchen 509 Punkte, die Burschen 492 Punkte. In Österreich beträgt der Mittelwert bei den Mädchen 543 Punkte bei den Burschen 533 Punkte – eine im internationalen Vergleich recht geringe Differenz. Praktisch keinen Geschlechterunterschied gab es in Luxemburg und Spanien, die höchsten Differenzen weisen die arabischen Staaten auf. PISA – Programme for Interantional Student Assessment4 Mit international genormten Testinstrumenten werden alle 3 Jahre die Leistungen der 15-/16jährigen SchülerInnen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften getestet. Die OECD führt diese Studie mit einem einer eigens dafür eingerichteten Arbeitsgruppe durch. In Österreich wird sie vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur bezahlt. Die letzte Studie (2006) wurde an 213 Schulen in ganz Österreich durchgeführt. Genau 5.628 SchülerInnen nahmen an der Studie teil. Ziele Erhalt von international vergleichbaren Indikatoren bzw. Daten für die SchülerInnenleistung und der Effektivität der einzelnen Bildungssysteme System-Monitoring für gezielte und kontinuierliche Qualitätsentwicklung und –sicherung im Schulwesen Teilnehmende Staaten Argentinien Griechenland * Kirgisistan Niederlande * Aserbeidschan Australien * Belgien * Brasilien Hongkong Indonesien Irland * Israel Kolumbien Korea * Kroatien Lettland Norwegen * Österreich * Polen * Portugal * Chile Dänemark * Italien * Japan * Lichtenstein Litauen Deutschland * Estland Jordanien Kanada * Luxemburg * Macao Rumänien Russische Föderation Schweden * Schweiz * 4 Slowakische Republik * Spanien * Taiwan (R.O.C.) Thailand Tschechische Republik * Türkei * Tunesien Ungarn * Uruguay Quelle: www.pisa-austria.at; 2. Dezember 2007 Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 28/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Finnland * Kasachstan Mexiko * Frankreich * Katar Neuseeland * Serbien und Montenegro Slowenien USA * Vereinigtes Königreich * * OECD-Staaten Zyklen Die Studie ist in 3 Zyklen eingeteilt, wobei immer auf einen Bereich das Hauptaugenmerk liegt: 2000 Lesen Mathematik Naturwissenschaften 2003 Lesen Mathematik Naturwissenschaften 2006 Lesen Mathematik Naturwissenschaften Tests Da diese Studien immer einen Vorlauf verlangen, wurde auch bei den PISA-Studien so genannte Feldtests, also Generalproben durchgeführt. Anhand dieser sehen die Arbeitsgruppen, ob irgendwelche Fehler im System vorhanden sind und können diese noch bis zum Haupttest ausschalten. Im Jahr 2006 wurde der Haupttest wie folgt aufgeteilt: lange, offene Aufgaben 31 % kurze, offene Aufgaben 8 % geschlossene Aufgaben 8 % komplexe Multiple- ChoiceAufgaben 21 % Multiple-ChoiceAufgaben 32 % Abbildung 2: Aufteilung der Aufgaben beim Haupttest Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 29/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Ergebnisse5 Naturwissenschafts-Kompetenzen Diese bilden das 1. Mal den Testschwerpunkt bei der PISA-Studie mit mehr als der Hälfte aller Aufgaben. Die Österreichischen SchülerInnen erzielen im Mittel 511 Punkte auf der neu verankerten Naturwissenschaftsskala und liegen damit 11 Punkte (uns statistisch signifikant) über dem OECDSchnitt 500 (vgl. Skala von PIRLS). Innerhalb der 30 OECD-Länder bedeutet das Rang 12. Ein direkter Vergleich mit den Naturwissenschafts-Werten von den letzen beiden Studien ist nicht möglich, da der aktuelle Test wesentlich umfangreicher und die Teilbereiche etwas anders gewichtet wurden. Vergleicht man nur die 22 Aufgaben, die sowohl bei PISA 2003 als auch bei PISA 2006 eingesetzt wurden, so zeigt sich i Österreich eine nur minimale Differenz von 2 Punkten zwischen den beiden (statistisch daher nicht signifikant). Die mit Abstand besten Naturwissenschaftsleistungen erbringen die SchülerInnen aus Finnland mit 563 Punkten im Landesmittelwert. SchülerInnen auf dem höchsten Naturwissenschafts-Kompetenzstufen 5 und 6 werden zur internationalen Spitzengruppe gezählt. Österreich weist 10 % solcher SpitzenschülerInnen auf und liegt damit geringfügig hinter Deutschland (12%). Mit Abstand die besten ist wiederum Finnland mit 21 % SpitzenschülerInnen. Am anderen Ende findet man SchülerInnen, die in der Leistungsstufe 1, also der schlechtesten Stufe, einzustufen sind. In Österreich gibt es in Naturwissenschaften 16 % solcher RisikoschülerInnen – jede/r sechste SchülerIn zeigt gegen Ende der Pflichtschulzeit große Mängel im naturwissenschaftlichen Wissen. Finnland wiederum mit nur 4 % an der Spitze. Zwischen Mädchen und Burschen gibt es in Österreich keine wesentlichen Unterschiede auf der Naturwissenschafts-Gesamtskala. In den physikalischen Systemen sind die Burschen aber deutlich besser als die Mädchen, da schneiden sie nämlich um 45 Punkten besser ab als die Mädchen. Lesekompetenz Im Lesen erreichen die österreichischen SchülerInnen im Mittel 490 Punkte. Das bedeutet Rang 16 innerhalb der 29 OECD-Staaten. Die Leistungen sind damit in den letzten Jahren gleich geblieben. Quelle: www.pisa-austira.at/pisa2006/files/PISA2006_ZVB_Pressetext_041207.pdf Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften 5 Seite 30/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Führende LeserInnen sind in Korea und Finnland vorzufinden. Auch die Aufteilung auf die einzelnen Stufen hat sich nicht wesentlich geändert. SpitzenschülerInnen stiegen von 8 % 2003 auf 9 % 2006 und RisikoschülerInnen stiegen auf 21,5 % (vormals 20 %), dh. Dass jede/r fünfte SchülerIn gegen Ende der Pflichtschulzeit nur unzureichend sinnerfassend lesen kann. Mathematik-Kompetenz Die österreichischen SchülerInnen erreichen bei PISA 2006 im Bereich Mathematik im Mittel 505 Punkte und liegen 7 Punkte über OECD-Schnitt (498). Innerhalb der OECD-Länder bedeutet das Rang 13. Der Mittelwert hat sich gegenüber 2003 somit nicht verändert (506 Punkte). In der Spitzenstufe finden sich 15 % SpitzenschülerInnen. Spitzenreiter sind Korea, Finnland, Schweiz und Belgien. Dafür finden wir wieder 20 % RisikoschülerInnen in Österreich, dh. Jede/r fünfte österreichische SchülerIn hat gegen Ende der Pflichtschulzeit große Probleme, einfachste mathematische Fragestellungen zu lösen. Die Burschen liegen auch in Österreich 23 Punkte vor den Mädchen. Familiäre Herkunft Der Lernerfolg der SchülerInnen wird in Österreich zu einem sehr großen Teil durch den Bildungshintergrund der Eltern bestimmt. Kinder, deren Eltern einen höheren Schul- bzw. Universitätsabschluss hatten, schnitten besser ab als solche, deren Eltern nur den Pflichtschulabschluss besitzen. Unerwartet schneidet die 2. Generation trotz einem längeren Aufenthaltes in Österreich nicht besser ab als die 1. Generation. Sie erreichen beim Lesen im Schnitt sogar um 31 Punkte weniger als die 1. Generation. Dies lässt auf einen geringen Effekt der Integrationsbemühungen in Österreich schließen. Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 31/94 Empirische Bildungsforschung 30. November 2007 Literatur- und Quellenverzeichnis HAIDER Günter, SCHREINER Claudia; Die PISA-Studie – Österreichs Schulsystem im internationalen Wettbewerb, Wien Böhlau Verlag 2006 Broschüre OECD PISA 2003, Programme for International Student Assessment; PISA Projektzentrum Österreich Universität Salzburg 2001 www.pisa-austria.at www.pisa-austria.at/pisa2006/files/PISA2006_TR_041207.pdf http://www.bmukk.gv.at/medienpool/15721/pirls_2006_studieueberblick.pdf; 2. Dezember 2007 PIRLS 2006 – Internationaler Vergleich von Schülerleistungen – Die Studie im Überblick; Birgit Suchań, Christina Wallner-Paschon (Hrsg.), Graz Leykam 2007; http://www.kurier.at/nachrichten/oesterreich/123967.php?from/nachrichten/oesterrei ch/123967; Artikel vom 28. November 2007; aufgerufen am 5. Dezember 2007 www.pisa-austira.at/pisa2006/files/PISA2006_ZVB_Pressetext_041207.pdf; 5. Dezember 2007 Henrike Breslmair PH Wien – Abeilung Berufsbildung – Ernährungspädagogik Erziehungswissenschaften Seite 32/94 Matrikelnummer: 0694012 Abbildungen Abbildung 1: PIRLS Gesamtskala PIRLS 2006 – Internationaler Vergleich von Schülerleistungen – Die Studie im Überblick; Birgit Suchań, Christina Wallner-Paschon (Hrsg.), Graz Leykam 2007; Seite 16 Abbildung 2: Aufteilung der Aufgaben beim Haupttest Informationen der Homepage: www.pisa-austria.at Matrikelnummer: 0694012 Bedeutende Pädagogen Semesterarbeit Erziehungswissenschaft Holovlasky Katharina (Comenius, Wagenschein) Panholzer Eva Maria (Montessori, Wild) WS 2007/08 3. Semester Ernährung 34 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Bedeutende Pädagogen ........................................................................................................................ 34 Johann Amos Comenius ........................................................................................................................ 36 Leben ................................................................................................................................................. 36 Didaktische Anliegen ......................................................................................................................... 37 Wie soll der Unterricht nach Comenius aussehen? .......................................................................... 38 Martin Wagenschein ............................................................................................................................. 39 Leben ................................................................................................................................................. 39 Werk .................................................................................................................................................. 39 Das exemplarische Prinzip................................................................................................................. 40 Das genetische Prinzip ...................................................................................................................... 41 Verstehen Lehren .............................................................................................................................. 42 Genetisch-sokratisch-exemplarischer Unterricht ............................................................................. 42 Maria Montessori .................................................................................................................................. 44 Casa dei Bambini ............................................................................................................................... 44 Die Montessori Methode .................................................................................................................. 45 Was ist die Montessori Methode überhaupt? .................................................................................. 45 Montessori Schule ............................................................................................................................. 47 Rebecca Wild ......................................................................................................................................... 47 Die pädagogischen Grundsätze der Wilds......................................................................................... 48 35 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Johann Amos Comenius eigentlich Jan Amos Komensky Geb.: 28.März 1592 in Südostmären (heute Tschechien) Gest.: 15.November 1670 in Amsterdam Beruf: Philosoph, Theologe und Pädagoge Leben6 Von 1608 an besuchte er das Gymnasium, anschließend studierte er in Deutschland Theologie. Da er sich die Promotion nicht leisten konnte, kehrte er in seine Heimat zurück und arbeitete als Lehrer und Rektor; später auch noch als Pfarrer. Nach den Ende des 30-jährigen Krieges, wurde er aus seiner Heimat vertrieben. In Lissa/Polen baute er gemeinsam mit seiner zweiten Frau einen eigenen Stadtteil mit eigenem Bildungswesen auf. Comenius fungierte dort als Lehrer. Während dieser Zeit fand er höchstes Ansehen bei den Philosophen und Intellektuellen in ganz Europa. Auf Einladungen hin reiste er quer durch Europa. In Siebenbürgen wurde er mit der Reformierung der fürstlichen lateinischen Schule beauftragt. Bis zu seinem Tode lebte er in Amsterdam und verfasste mehrere Werke. Unter anderem: Janua Linguarum Reserata (die geöffnete Sprachenpforte) Orbis sensualium pictus (die sichtbare Welt in Bildern – der erste illustrierte Kinderbuch) Pampaedia (Allerziehung) Consultatio catholica Didactica magna (große Unterrichtslehre) 6 vgl.: http://www.tu-braunschweig.de/Medien-DB/hispaed/johann-amos-comenius.pdf 36 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Didaktische Anliegen7 „Erstes und letztes Ziel unserer Didaktik soll es sein, die Unterrichtsweise aufzuspüren und zu erkunden, bei welcher die Lehrer weniger zu lehren brauchen, die Schüler jedoch mehr lernen; in den Schulen weniger Lärm, Überdruss und unnütze Mühe herrsche, dafür mehr Freiheit, Freude und wahrhafter Fortschritt;…“8 Comenius hält Menschen von Geburt an für lernfähig und lernbedürftig. Weiters geht er davon aus, dass überall dort, wo Menschen geordnet und friedlich zusammenleben wollen, Schulbildung unbedingt notwendig ist und möglichst früh beginnen sollte. Manche seiner didaktischen Prinzipien erschienen uns heute für selbstverständlich: o vom Einfacheren zum Schwierigeren o vor dem kognitiven Lernen (Gedächtnis) das sinnliche Lernen (das Anschauliche) o die Lernbereitschaft (Motivation) der Kinder zu stärken o auf ihr Lerntempo eingehen o Schüler und Schülerinnen zu belohnen o den Lernstoff methodisch abwechslungsreich anzubieten o Überforderung vermeiden „Nichts soll allein für die Schule gelernt werden, sondern alles fürs Leben“, damit verdeutlichte er den Aspekt der Gegenwarts- bzw. Zukunftsbedeutung von Bildung. Für Comenius besteht die Lehrkunst darin, Lernzeit, Stoff und Methode stufenweise so anzulegen, dass jede/r lernen kann. Die Schüler und Schülerinnen sollen immer nur eines zur Zeit lernen, nicht mehreres durcheinander. Der Lernstoff soll so vollständig unterrichtet werden, dass der Lehrer später nichts nachtragen muss, sondern die weiteren Stunden zum Vertiefen verwenden kann. Weiters muss der Lehrer die Lernbereitschaft der Kinder, die Lernfähigkeit und den Stoff aneinander anpassen. 7 8 vgl.: Comenius – Große Didaktik“, 7. Auflage 1992 Comenius – Große Didaktik“, 7. Auflage 1992 37 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Wie soll der Unterricht nach Comenius aussehen?9 Für Comenius gehören Belohnungen zum Erhalt der Motivation genauso zu einem guten Unterricht, wie das Achten auf das individuelle Lerntempo und die Gestaltung der Lernumgebung (z.B.: Bilder zur Anschauung, Material zum Angreifen, usw.) Weiters erwartet Comenius von den Lehrern den Unterricht zu planen. Sie sollen den Stoff in Jahres-, Monats- und Tagespensen einteilen. Er setzt sich für Jahrgangsklassen und gemeinschaftliche Lehrbücher ein. Comenius versteht das Sprachlernen als Zweck und Mittel zugleich. Er wehrt sich gegen das inhaltslose Auswendiglernen, wie es zu dieser Zeit üblich war. Sprache ist für ihn ein Mittel um sich Bildung an zu eigenen und sich anderen mit zu teilen. Für ihn hat jedes Kind, egal welchen Alters, Geschlecht und Herkunft, das Recht und die Pflicht zu lernen. Sein Vorschlag für ein umfassendes und flächendeckendes Bildungssystem beinhaltet: Häusliche Erziehung in der Mutterschule (bis zum 6. Lebensjahr) Muttersprachenschule ( Mädchen- und Knabenzeit vom 7. bis 12. Lebensjahr) Lateinschule (Jünglingszeit ab ca. 12 Jahren) Universität (18. bis 24. Lebensjahr) Mutter- und Muttersprachschule sollten alle Kinder, egal welchen Geschlechts, absolvieren und die Lateinschule sollte nicht nur für die Kinder von Reichen und Adeligen vorbehalten sein. Comenius christlich geprägten Bildungs- und Erziehungsvorstellungen waren der Idee einer friedlicheren und gerechteren Welt verpflichtet. Damit war er seiner Zeit weit voraus. 9 vgl.: „Comenius – Große Didaktik“, 7. Auflage 1992 http://www.tu-braunschweig.de/Medien-DB/hispaed/johann-amos-comenius.pdf 38 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Martin Wagenschein10 Geb.: 3.Dezember 1896 in Gießen (Deutschland) Gest.: 3. April 1988 in Trautheim zu Mühltal) Beruf: Pädagoge (Mathematik und Physik) Leben Martin Wagenschein schloss sein Studium der Mathematik, Physik und Geographie sowie Experimentalphysik 1923 ab. Von 1923 bis 1957 war er im staatlichen Schuldienst tätig. In den folgenden Jahren war er Lehrbeauftragter am Pädagogischen Institut in Jugenheim für „Naturwissenschaftliche Erkenntnispsychologie“ und später für „Didaktik der exakten Naturwissenschaften“. Nebenbei war er Lehrbeauftragter an der Technischen Hochschule Darmstadt für „Praktische Pädagogik“. Werk Wagenschein kritisierte die Stofffülle an Schulen, besonders an den Höheren Schulen. Er verglich die Zwänge der Lehrer, die große Fülle an Stoff, die sie den Schülern/Schülerinnen vermittelten, mit einem Koffer den die Jugendlichen mit sich herum schleppen müssen, der immer weiter gefüllt wird und dann platzt. Der Inhalt fällt zwangsläufig wieder hinaus. Die Schüler und Schülerinnen bemühen sich, das Verlorene wieder auf zu sammeln, müssen aber immer weiter Neues in den Koffer dazu einpacken -> es meinen alle ja nur gut und wollen helfen. Diesem Problem setzt Martin Wagenschein das exemplarische Lernen entgegen. 10 vgl.: http://www.seilnacht.com/Wagen.htm, 10.11.2007 und http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wagenschein, 15.11.2007 39 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Das exemplarische Prinzip11 In den 1950er und 1960er Jahren forderte er eine neue Art des „Lehrens und Lernens“. Seiner Meinung nach hat das Verstehen den Vorrang vor aller Wissensanhäufung. Weiters sollte der Unterricht an Beispielen aufgebaut werden, die das Wesentliche (entscheidende Gesichtspunkte, Strukturen, Kategorien und Methoden) veranschaulichen und erfahrbar machen. Dies sollten die Lehrer mit einer begründeten Auswahl der vielen didaktischen Möglichkeiten vermitteln. Mit dem Exemplarischen sind die Gesichtspunkte der thematischen Auslese, des motivierenden Zugangs, der Vertiefung und der Mitwahrnehmung verbunden. Dabei stellt sich folgende Frage: “Was ist wichtig, damit die Kinder hier und heute Kompetenz in unserer Welt bekommen; diese Welt besser verstehen und auch in Bereiche unserer Kultur eingeführt werden, welche nicht durch Alltag, Straße und Fernsehen vermittelt werden? Wie muss der Unterricht geführt werden, damit sich die Persönlichkeit bildet in der Auseinandersetzung mit den Sachen?“12 Exemplarisches Lehren und Lernen richtet sich an Unterrichtsthemen, die anhand von Beispielen den Kindern und Jugendlichen Erkundungs- und Gestaltungsmöglichkeiten geben. Diese Beispiele sollten thematisch sorgfältig ausgewählt werden. Es sollte ein produktives Auseinandersetzen der Kinder mit Phänomenen und Problemen sein, die sie entdecken und bewältigen können. Die Geltung und Reichweite von Wissenselementen, Erklärungen, Sichtweisen, Verfahren und Strategien erfahren die Kinder durch permanentes Wiederholen an anderen Fällen und dadurch, dass das Gelernte im weiteren Verlauf des Unterrichts in Zusammenhänge eingebunden wird. Das Exemplarische hat eine vertiefende und erhaltende Funktion, es verankert das Lernen in erlebten Situationen. Diese erlebten Situationen (praktisches Umsetzen) erfordern viel Geduld, damit die Kinder bei einer Sache mit Freude und in gelöster Atmosphäre aktiv und so selbständig wie möglich an ihnen arbeiten können. 11 12 vgl: http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wagenschein, 15.11.2007 http://www.seilnacht.com/Wagen.htm, 10.11.2007 40 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Weiters hat das exemplarische eine motivierende und weiterführende Funktion: es ist ein Prinzip der Verkettung des Allgemeinen mit dem Besonderen. Lehrerund Lehrerinnen legen Wert auf die Vollständigkeit des Stoffes und vertreten oft noch die Meinung, dass man eine Prüfung nur dann bestehen kann, wenn der gesamte Inhalt des Stoffes beherrscht wird. Das exemplarische Lernen baut auf Gründlichkeit auf. D.h.: der Lernende sollte anhand eines Beispiels den gesamten Bereich des Stoffes verstehen. Die Schüler setzen sich dadurch mit einem Problem intensiv auseinander und erwerben damit die Fähigkeit, es später auf den gesamten Stoffbereich zu übertragen. Das exemplarische Lernen und Lehren wurde in der Pädagogik und Fachdidaktik aufgenommen, es entstanden aber Missverständnisse und Verflachungen. Dem wirkte Wagenschein mit seinem genetischen Prinzip entgegen. Das genetische Prinzip13 Als genetisch wird ein Unterrichtsverfahren bezeichnet, das die Erfahrungen, Vorkenntnisse und Überlegungen der Lernenden konstruktiv aufnimmt und mit ihnen zusammen Wege zur Lösung von Problemen zu finden, um gemeinsam zu gesichertem und verstandenem Wissen zu kommen. Das genetische Prinzip bezieht sich auf eine Lehrweise in exemplarischen Unterrichtseinheiten. Es muss für die Kinder und Jugendlichen ein verständliches Weiterkommen in den Inhalten des Unterrichts und eine Herstellung von Zusammenhängen geben. Nach Wagenschein führt genetisches Lehren ohne Unterbrechung vom Sehen zum Verstehen und vom Nachdenken über Probleme in deren Erforschung. Probleme sollen nicht nur mit dem Intellekt, sondern mit dem ganzen Organismus erfahren werden. Der Einstieg in ein Thema hat den Sinn, dass die Schüler und Schülerinnen an eine Aufgabe so herangeführt werden, dass sie Probleme erkennen und zum Fragen und Nachforschen angeregt werden. Das genetische Prinzip hat den Sinn, dass die Schüler und Schülerinnen einen 13 http://www.seilnacht.com/Wagen.htm, 10.11.2007 und http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wagenschein, 15.11.2007 41 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Gegenstandsbereich produktiv bewältigen und durch eigene Aktivität Handeln und sich untereinander austauschen können. In allen Phasen des Unterrichts hat das Verstehen Vorrang vor der inhaltlichen Fülle. Die Schüler und Schülerinnen wissen nicht nur etwas, sonder sie wissen auch, wie sie gemeinsam zu diesem Wissen gekommen sind. Genetischer Unterricht trennt nicht die Ergebnisse von ihren Entstehungsprozessen ab. Verstehen Lehren14 Während seiner Beschäftigung mit dem genetischen Lehren verstärkte sich Martin Wagenscheins Interesse, wie Kinder und Jugendliche unerwarteten Phänomenen begegnen und in diesen Situationen denken, handeln und sprechen. Er beschreibt die Beunruhigung, Besorgnis oder Freude der Kinder, wenn sie einen Zugang zu einem Problem gefunden haben. Verstehen ist ein Entdecken und Erfassen von Ähnlichkeiten und Zusammenhängen, ein Herstellen von Stimmigkeiten und ein erfolgreiches Einordnen in das eigene Wissen. Es schafft die Verbindung zwischen dem erst Merkwürdigen, Sonderbaren und dem bereits Bekannten und Geläufigen -> „vernetztes Denken“ Laut Wagenschein müssen die Schulen diese spontanen Auseinandersetzungen der Kinder mit Problemen aufgreifen, unterstützen und weiterführen. „Mit dem Kinde von der Sache aus, die für das Kind die Sache ist!“ (M.Wagenschein, 1990) Genetisch-sokratisch-exemplarischer Unterricht Dies ist ein Unterricht der Auswahl, der Konzentration, des Gespräches und der vertiefenden Gründlichkeit, der von den Zielen, Stoffziele und Einzelziele zu verbinden, geleitet wird. 14 http://www.seilnacht.com/Wagen.htm, 10.11.2007 und http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wagenschein, 15.11.2007 42 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 43 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Die beiden Pädagoginnen Maria Montessori und Rebecca Wild vertreten sehr ähnliche Standpunkte zum Thema Pädagogik. Wild verwendet häufig die Ansätze von Montessori und baut diese weiter aus. Maria Montessori Maria Montessori wurde am 31. August 1870 in Chiaravalle bei Anconas als Tochter eines Finanzbeamten geboren und ist mütterlicher Seite mit dem umstrittenen Theologen und Geologieprofessor Antonio Stoppani verwandt, dessen Theorie zur Verbindung von Theologie und Naturwissenschaften ihrer kosmischen Erziehung zu Grunde liegt. Die junge Frau interessierte sich schon sehr bald sehr für die Naturwissenschaften und besuchte daher die technische Oberschule. 1890 inskripierte sie sich für Medizin und schloss als eine der ersten Frauen in Italien das MedizinStudium ab. Während des Studiums arbeitete sie als Assistenzärztin in einer psychiatrischen Klinik in Rom und spezialisierte sich bereits da auf die Kinderabteilung. Ihr besonderes Interesse galt den geistig behinderten Kindern. Montessori war davon überzeugt, dass diesen Kindern nicht mit medizinischer Betreuung sondern vor allem auf pädagogischem Wege geholfen werden konnte. In Zuge dessen verlangte sie die Einführung von Schulen für geistig behinderte Menschen. Bis 1907 entwickelte sie ihre anthropologisch-biologische Theorie und beschäftigte sich mit den neuropsychiatrischen Grundlagen, die für ihre spätere pädagogische Entwicklung eine große Rolle spielen würden. Um zu zeigen, wie sehr sich Montessori für diese Materie begeisterte: Sie begann 1901 mit dem Studium der Psychologie, der Anthropologie und der Erziehungsphilosophie und hielt bereits 1904 Vorlesungen am Pädagogischen Institut in Rom über diese Themen. 1907 eröffnete sie das Casa dei Bambini (Kinderhaus) und daraus entwickelte sie die Montessori Methode. Während des 2. Weltkrieges musste sie ins Exil nach Indien. Die restlichen Jahre ihres Lebens verbrachte sie in Holland. Zeit ihres Lebens war sie sehr engagiert in Sachen Frauenrechte sowie in der Achtung der Persönlichkeitsrechte eines jeden Menschen. Sie starb am 6. Mai 1952 in Noordwijk aan Zee. Somit bekommen wir einmal eine ungefähre Vorstellung wann und unter welchen Umständen Maria Montessori gelebt hat. Sie war Ärztin, Reformpädagogin, Philosophin und Philanthropin. Montessori hatte auch einen unehelichen Sohn, den sie jedoch nach der Geburt zu Pflegeeltern gegeben hatte und nur regelmäßig besuchte. Erst als er schon über 40 war, bekannte sie sich öfftentlich zu ihrem Sohn. Er war als ihr Sekretär tätig und unterstützte sie wo er nur konnte. Nach ihrem Tot leitete er bis zu seinem Tot 1987 die Montessori Gesellschaft (Hauptsitz in den Niederlanden) weiter. Casa dei Bambini 44 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Im Jahre 1907 eröffnete die damals 37jährige das so genannte Casa dei Bambini (Kinderhaus). Dies war eine Tagesstätte für Kinder aus sozial schwachen Familien, in die zum Teil stark verwahrloste Kinder betreut wurden. Diese Kinder lernten innerhalb kürzester Zeit Schreiben und Rechnen. So verwirklichte Montessori zum ersten Mal ihre Vorstellung von Bildung und erweiterte ihre Methode. Besonders wichtig für Montessori waren die Beobachtungen eines dreijährigen Mädchens, das sich voll auf Bauklötze konzentrierte und auch nicht durch Lärm oder Sonstiges davon ablenken ließ. Diese Beobachtung der konzentrierten Aufmerksamkeit bezeichnete Montessori später „Polarisation der Aufmerksamkeit“. Sie sollte einen wichtigen Teil ihrer Arbeit einnehmen. Die Montessori Methode Sie entwickelte sich aus den in dieser Zeit gemachten Erfahrungen. Und Montessori begann 1909 mit dem Aufschreiben dieser Methode und sie wurde immer wieder aktualisiert und erweitert. Die Montessori Methode musste in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts (Zwischenkriegszeit und zweiter Weltkrieg) zwar sehr viel Kritik einstecken, ist in der Zwischenzeit jedoch weltberühmt und wird beinahe bei jedem Kind angewendet. Zu erwähnen ist auch, dass auch die Förderung von besonders lernschwachen sowie geistig behinderten Kindern in bei dieser Methode nicht übersehen wird. Montessori hat Zeit ihres Lebens viel mit behinderten, damals noch als schwachsinnig bezeichneten, Kindern zusammengearbeiteten und speziellen Arbeitsmaterialien gefunden, so genannte „Sinnesmaterialien“ die die Sinne der Kinder anregen und ihre Aufmerksamkeit erregen sollen. Was ist die Montessori Methode überhaupt? Die Montessoripädagogik ist eine von Maria Montessori eingeführte Bildungs-Methode und BildungsPhilosophie für Kindergärten und Schulen. Sie setzt auf „offenen Unterricht“, im Gegensatz zum „geschlossenen Unterricht“ (Frontalunterricht). Sehr wichtig ist dabei, dass der Lehrende den Lernenden so genau beobachtet, dass es ihm möglich ist, mit der passenden didaktischen Technik den maximalen Lernerfolg herauszuholen, den Lernprozess bestmöglich zu fördern. Die Kernaussage des Montessori-Prinzips ist: „Hilf mir, es selbst zu tun.“ Diese Methode wird oft als Philosophie bezeichnet. Im Mittelpunkt dieser Philosophie stehen immer das Kind und seine Individualität. Standardnormen sind in der Montessori Pädagogik nicht erwünscht. Pädagogen, die nach dem Montessori Prinzip handeln, lehnen sowohl Strafen als auch Belohnungen ab. Kinder sollen lernen, ohne durch Kritik oder Lob behindert zu werden, die der natürlichen Einstellung der Kinder aus 45 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 eigener Motivation zu lernen, schaden. Die Montessorimethode geht als Pädagogik gezielt auf die Bedürfnisse, Talente und Begabungen der einzelnen Kinder ein. Die Kinder werden dazu ermutigt in ihrem eigenen Tempo, das von ihnen gewählte Thema so oft zu wiederholen, bis sie es intus haben. Das Leitmotiv der Methode ist die Pflege der natürlichen Freude des Kindes am Lernen. In Kombination mit Achtung und Respekt im Umgang ergibt sich lt. der Montessoritheorie die ideale Voraussetzung zur Persönlichkeitsbildung. Wenn Kinder in ihrem eigenem Interesse und mit ihrem eigenem Rhythmus lernen, erleben und erlernen sie Selbstvertrauen und Selbstständigkeit und behalten den Lernstoff. In der Praxis sieht dies folgendermaßen aus: In Montessori Kindergärten erlernen Kinder sich anzuziehen, sich selber zu waschen, kleine Aufgaben im Haushalt zu erledigen, … während die Montessori Schulen mehr auf Gruppenarbeiten Wert legen und sich die Kinder selber Themen und Mitschüler mit denen sie zusammenarbeiten aussuchen können. Besonders wichtig ist es nach Ansicht von Maria Montessori, dass ein Kind in einer an seine körperlichen Fähigkeiten angepassten und vorbereiteten Umgebung, die Möglichkeit hat sich in allen Sinnen zu entfalten. Dies ist nicht nur ein Lernprozess für die Lernenden, sondern auch für die Lehrenden. Es ist auch als Lehrer nicht immer leicht auf den Rhythmus der einzelnen Kinder einzugehen. Der kindliche Entwicklungsprozess gliedert sich nach den Ansichten von Maria Montessori in drei Phasen: Erstes Kindheitsstadium (0-6 Jahre) Zweites Kindheitsstadium (6-12 Jahre) Jugendalter (12-18) Und jede dieser Phasen stellt einen neuen Entwicklungsabschnitt dar. Die Phase des ersten Kindheitsstadiums ist laut Montessori die wichtigste 46 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Montessori Schule Die erste Montessori-Schule in Deutschland wurde 1923 in Jena eröffnet. Sie bestand jedoch nur bis 1929 und wurde dann aus nationalsozialistischen Gründen geschlossen und verboten. Rebecca Wild Rebecca Wild wurde 1939 in Deutschland geboren. Sie studierte Germanistik, Montessori- und Musikpädagogik in München, New York und Puerto Rico. Sie lebt seit 1961 in Ecuador zusammen mit ihrem Mann Mauricio, wo sie 1977 die Pestalozzi-Schule „Pesta“ gründete. Dies ist ein Kindergarten und Schul- und Fortbildungszentrum dass weltweit großes Interesse genießt. In dieser Schule lag der Schwerpunkt darauf, dass die Erwachsenen in der Arbeit mit den Kindern mit zwei sehr wichtigen Punkten konfrontiert sind: Kein Erwachsener kennt die individuelle Eigenart und das Entwicklungspotential des Kindes und Keiner kann seine Fähigkeiten vorherbestimmen. Die einzige Person, die den Schlüssel zur optimalen Entwicklung kennt, ist das Kind selbst. Darum ist das Ehepaar Wild der Meinung, dass die Erwachsenen so wenig wie möglich in die Entwicklung der Kinder eingreifen sollten. Laut ihnen ist es nicht so wesentlich, den Kindern Wissen zu vermitteln, sondern eher die Stärkung der bereits vorhandenen Talente und natürlichen Kräften. Ein Ziel ist es, die Kinder vom Erwartungsdruck der Erwachsenen zu befreien. Ein weiterer Faktor der oftmals vergessen wird ist der, dass unsere Kinder, in der heute schon sehr kurzlebigen und sich ständig verändernden Welt, zukünftig in einer Gesellschaft leben werden, die jetzt kein Lehrplan und kein Lehrer voraussehen kann und darum nicht darauf abgestimmt werden kann. Mehrere Schulen auf der ganzen Welt werden nach diesem Modell geführt doch das Ehepaar Wild lehnt die Bezeichnung „Wild-Schule“ kategorisch ab. Das Wesentliche an diesem Schulmodell ist, dass es nach Wilds Ansicht wichtiger ist, auf die individuellen Entwicklungsbedürfnisse einzugehen als stur dem Lehrplan zu folgen. Auch bei uns geht soziale und emotionale Stabilität vor. Aber im „normalen“ Schulsystem hat die kognitive Entwicklung mit Sicherheit einen höheren Stellenwert und die Erwachsenen übernehmen vermehrt Verantwortung für das Funktionieren der Gruppe. Die Betreuer sehen ihre Rolle auch in der Weitergabe ihres Wissens, sie bringen viele Angebote ein. Es wird gedacht und bewiesen, dass jedes Kind von der Umgebung, in der es aufwächst, geprägt und geformt wurde. Dass es die Werte, die vorgelebt werden, verinnerlicht. Keine Umgebung kann jemals vollständig sein, sie ist notwendigerweise eine Selektion (ein Kind, das in der Wüste lebt, wird andere Fähigkeiten entwickeln 47 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 als eines aus dem Hochgebirge). Wir sehen es als unsere Aufgabe, den Kindern eine Umgebung zu schaffen und Prioritäten zu setzen, die mit den Anforderungen unserer Gesellschaft kompatibel sind. Die pädagogischen Grundsätze der Wilds Im Vordergrund der „Wild“-Theorie steht der respektvolle Umgang miteinander, der zu sozialen Kompetenzen führt und auch eine optimale Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit mit sich bringt. Weiters führt stellt diese pädagigische Methode die bestmögliche Unterstützung der kognitiven Fähigkeiten dar. Die Lerninhalte richten sich nach dem Entwicklungsstand des Kindes und somit ergibt sich daraus ein individuelles Lernprofil. Das Kind lernt so aus eigenem Interesse und so werden Lerninhalte natürlich auch viel schneller angenommen und auch begriffen. Das Ziel dieser Lernform ist, das Kind durch die weitgehende (natürlich nicht vollkommene) Selbstbestimmung zur Selbstverantwortung und Eigenständigkeit zu erziehen. Neben den Theorien von Maria Montessori (siehe dann im zweiten Teil der Arbeit) fließen auch verschiedene andere reformpädagogische Strömungen ein (z.B. Freinet, Steiner), es wird aber auch auf konventionelle Lernmethoden zurückgegriffen. Die Auswahl wird eben individuell auf Kind und Alter abgestimmt. Auch die körperliche, soziale, emotionale und körperliche Entwicklung sind sehr bedeutend in der Theorie des Ehepaars Wild. 48 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 : "Die Umgebung der Schule muss so interessant gestaltet sein, dass die Sinne auf einer möglichst hohen Bewusstseinsstufe arbeiten." (Erziehung zum Sein, S. 202) Problematik der (sogenannten) hyperaktiven Kinder zu sprechen: "Stillsitzen und nur dann reden, wenn man gefragt wird, ist für Schulkinder nur unter Unterdrückung ihrer normalen Veranlagung zu schaffen." (Erziehung zum Sein, S. 250) Diese Tatsache alleine erzwingt beinahe schon einen veränderten Unterricht. Erziehung zum Sein AutorIn: Mauricio Wild Themenbereiche: Vorschulischer Bereich Schlagworte: Erziehung, Eltern, Kindergarten Textsorte: Referat Releaseinfo: Erschienen in: Mit Kindern auf dem Weg II. Referate zu NÖ Kindergartensymposien, NÖ Schriften 103/Dokumentation, Neulengbach, Oktober 1997, ISBN 3-85006-095-0 Copyright: © Mauricio Wild 1997 Der Erfolg ihrer Arbeit und das Überzeugende ihrer Darstellung liegt an Rebecca Wilds Arbeitsweise, einer ständig reflektierten Praxis. Daraus hat sie eine für "ihre" Kinder und Jugendlichen passende Form gefunden, die Ansätze verschiedener (Reform-) Pädagoginnen und Pädagogen vereint: Sei es die Idee der "Selbsterziehung des Kindes" (Maria Montessori), seien es altersgemischte Gruppen (Peter Petersen), seien es Vorstellungen zur Entwicklungspsychologie nach Jean Piaget oder vieles mehr. 49 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Jedoch gilt für die Autorin der Grundsatz, "daß bei uns nie die Theorie vor der Praxis da war, sondern sich umgekehrt durch die Praxis immer neue Fragen ergaben, auf die wir eine Antwort suchten ..." (S. 67). Immer geht es ihr um einen "respektvollen Umgang mit Kindern" (S. 72). Dies erinnert uns stark an den von Wolfgang Schulz geprägten Begriff des "respektvollen Dialogs". Die Arbeit der Autorin erstreckt sich über alle Altersstufen der Kinder und Jugendlichen. Für die Arbeit mit Jugendlichen in einem Alter zwischen 13 und 17 Jahren lässt sie sich von dem Grundsatz leiten, dass "in diesem Alter der Umgang mit immer neuen, offenen sozialen Erlebniswelten zunehmend an Bedeutung gewinnt" (S. 267). Hier liegt der Gedanke an die Bildungsgangdidaktik, vertreten etwa durch Meinart A. Meyer, nahe. Es ist ein bewegendes Buch, das Mut macht innezuhalten und darüber nachzudenken, was wir in der Schule tun (wollen). Es eröffnet darüber hinaus die Perspektive, mit dem einen oder anderen kleinen Schritt gleich beginnen zu können, ohne erst auf die große Schulreform zu warten. Übrigens: Dass Rebeca Wild ihre Vorstellungen in Ecuador und nicht in Deutschland umgesetzt hat, sollte für uns eigentlich nebensächlich sein. 50 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Quellenverzeichnis: Internet http://www.bildungshof.at/neueschule/index.php?id=wild, 13. November 2007 http://www.bildungshof.at/neueschule/index.php?id=paedagogik, 13. November 2007 http://www.ggg-hamburg.de/Inhalt/info2-2002Rezension.html, 13. November 2007 http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wagenschein, 15.11.2007 http://www.tu-braunschweig.de/Medien-DB/hispaed/johann-amos-comenius.pdf http://www.seilnacht.com/Wagen.htm, 10.11.2007 Literatur: „Journal für Mathematik-Didaktik“ 1986 „Comenius – Große Didaktik“, 7. Auflage 1992 „Kinder und Jugendliche anders lernen lassen“ Axel Holtz/Peter Stettler, Kinders Verlag, 2001 „Erziehung zum Sein“, Ehepaar Wild „Sein zum Erziehen“, Ehepaar Wild 51 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Erziehungswissenschaften Thema Sozialpädagogik Donnerstag, 6.Dezember 2007 Sandra Zeindler Pädagogische Hochschule Wien Institut für Ausbildung (Berufsbildung) Studiengang Ernährungspädagogik Semester Wintersemester 2007/08 52 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Dipl.-Päd. Maria Schuh 53 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................................... 2 Definition sozialpädagik ......................................................................................................... 3 Methoden der sozialpädagogischen Arbeit....................................................................... 4 Ausbildung in der Sozialpädagogik ...................................................................................... 5 Klassische Berufsfelder ............................................................................................................ 6 Soziales Lernen und Sozialpädagogik .................................................................................. 6 Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 7 54 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Definition Sozialpädagogik Sozialpädagogik benennt einen Wissenschaftszweig von Erziehung, Bildung und sozialstaatlicher Intervention. In der Sozialpädagogik wird versucht, die Eigenverantwortung eines Menschen und damit seinen selbstständigen Umgang mit allgemeinen Lebenslagen in der Gesellschaft zu stärken. Da die Befähigung eines Menschen am gesellschaftlichen und öffentlichen Leben teilzunehmen nicht bei jedem gleich ausgebildet ist, beschäftigt sich die Sozialpädagogik auch mit der Möglichkeit, gesellschaftliche Benachteiligungen abzubauen, die eben diese Befähigung zum Ziel hat. Der Begriff „Social-Pädagogik“ wird bereits 1844 in einem Artikel von Karl Mager in der „Pädagogischen Revue“ erwähnt. Gegenstand sozialpädagogischer Arbeit sind gesellschaftlich und professionell als relevant angesehene menschliche „Problemsituationen“. Hierzu gehören überwiegend Probleme mit der alltäglichen Lebensbewältigung, der „Lebenspraxis“ – dem alltäglichen „Zurechtkommen und Zurechtfinden“. Sozialpädagogik bedeutet aber nicht allein Fähigkeiten und Ressourcen des Einzelnen zu fördern; in der Sozialpädagogik steckt auch eine gesellschaftliche Zielsetzung des „Miteinander-Auskommens“. Sozialpädagogik betrachtet das Individuum in seiner Wechselbeziehung mit der sozialen Umwelt. Sozialpädagogen sprechen von Lebenslage, um damit die Gesamtheit von Person und sozialem Rahmen sozialpädagogisch auszudrücken. 55 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Methoden der Sozialpädagogischen Arbeit Das Arbeitsgebiet wurde klassisch in folgende Arbeitsformen unterschieden: Einzelfallarbeit mit dem Ziel der Verbesserung individueller Lebensverhältnisse, Soziale Gruppenarbeit mit dem Ziel der Entwicklung sozialer Kompetenzen, Gemeinwesenarbeit zur Verbesserung sozialräumlicher Strukturen. Infolge der Methodenkritik in den 1970er Jahren entwickelte sich eine Reihe abgeleiteter Methoden und die Binnendifferenzierung nahm zu. In der beruflichen Praxis ist ein monomethodisches Vorgehen selten anzutreffen; es überwiegen Handlungsansätze, die mehrere der drei klassischen Methoden einbeziehen. 56 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Ausbildung in der Sozialpädagogik und Sozialarbeit Dipl. Sozialpädagogen und Dipl. Sozialarbeiter werden oftmals in den gleichen Arbeitsfeldern eingesetzt. Tatsächlich unterscheiden sich Sozialpädagogik und Sozialarbeit aber sowohl von ihrer historischen Entwicklung her wie auch in grundlegenden Aspekten. Während die Sozialarbeit in ihrer Ausbildung zumeist auf drei klassische Methoden Rückgriff nimmt, wird in der Sozialpädagogik auf die Didaktik des Vermittelns und Lehrens zurückgegriffen. Der Unterschied zwischen Sozialpädagogik und Sozialarbeit liegt grundsätzlich darin, dass die Sozialpädagogik agiert, anbietet und initiiert. Die Sozialarbeit reagiert, interveniert nach Aufforderung, greift ein, wird administrativ tätig, wenn ein Missstand gemeldet wird. Verwirrend ist die oft unreflektierte auch von Fachleuten, selbst von Wissenschaftlern, vermischende Benutzung der Begriffe. Bisweilen wird versucht, die eine Arbeit per Definition der anderen Arbeit unterzuordnen bzw. diese abzuleiten. Neuere Ansätze benutzen „Soziale Arbeit“ als Oberbegriff für beide, gleichrangigen, Arbeitsgebiete. In Österreich sind Sozialarbeit und Sozialpädagogik in der Ausbildung getrennt. Im Laufe der Geschichte haben beide Berufsgruppen gewisse Bereiche für sich beansprucht und so können in der Regel beispielsweise Sozialpädagogen nicht am Jugendamt tätig werden und Sozialarbeiter nicht in der stationären Jugendwohlfahrt. Generell gibt es jedoch eine starke Überlappung in den Handlungsfeldern. Die Ausbildungen für Sozialarbeit sind als Studiengänge an Fachhochschulen organisiert. Die Ausbildung schließt mit Bachelor ab. Die Ausbildung für Sozialpädagogik ist als 5-jährige sekundäre Ausbildung und als Kolleg organisiert. 57 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Klassische Berufsfelder Allgemeiner Sozialer Dienst Betriebssozialarbeit/Betriebssozialpädagogik Erlebnispädagogik Erwachsenenbildung Erziehungsberatung Freizeitpädagogik Sozialpädagogische Familienhilfe Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung Kinder- und Jugendarbeit Jugendinformation Schulsozialarbeit/Schulsozialpädagogik Sonderpädagogik Des Weiteren berechtigt ein Hochschulabschluss in Soziapädagogik, eine Ausbildung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zu absolvieren. In manchen Bundesländern auch der Hochschulabschluss in Sozialarbeit. Häufig haben Sozialpädagogen und Sozialarbeiter psychotherapeutische Zusatzausbildungen, die speziell für die therapeutische Arbeit mit abhängigen Menschen qualifiziert. Soziales Lernen und Sozialpädagogik Anders als in Deutschland wird in Österreich „Sozialpädagogik“ in Form des „sozialen Lernens“ auch an Schulen und für jede Altersstufe ausgeübt. Österreichs Schulsystem unterscheidet sich stark vom deutschen; die Anwendung erfolgt meist unter Einbeziehung des so genannten Autonomen und Offenen Lernens. 58 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Literatur Böhnisch, L.: Pädagogische Soziologie. Eine Einführung. 2., überarb. und erw. Aufl. Weinheim, München: Juventa, 2003. Kaller, Paul (Hrsg.): „Lexikon Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Sozialrecht“, UTB, 2001. Rauschenbach, T. & Thole, W.: Sozialpädagogische Forschung. Weinheim, München: Juventa, 2001. Weblinks http://www.sozialpaedagogik.com/ INFO SOZIAL – Archiv, Adressen und Links zum Thema Sozialpädagogik http://members.aon.at/sozialpaedagogik/sozialpaedagogik_ausbildung.htm Ausbildungen Sozialpädagogik in Österreich http://archiv.bmbwk.gv.at/ Ausbildungen Soziale Arbeit in Österreich http://www.sozialearbeit.at/ Fachliche Standards in der Sozialen Arbeit: gestern-heute-morgenVeranstaltungen, Dokumente und Forum zu Sozialstaat, Ökonomisierung und Sozialer Arbeit in Österreich http://www.hwelt.de/c/ HWelt Fachzeitschrift für Sozialpädagogik 59 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Seminararbeit zum Thema Gender Mainstreaming Seminar von Erziehungswissenschaften Hable Susanne Pädagogische Hochschule Wien Institut für Weiterbildung (Berufsbildung) 60 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Semester Wintersemester 2007/2008 61 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Inhaltsangabe 1 2 3 4 5 6 7 Definition ....................................................................................................................................... 63 1.1 Gender ................................................................................................................................... 63 1.2 Mainstreaming ...................................................................................................................... 63 1.3 Gender Mainstreaming2 ........................................................................................................ 63 Entwicklung von Gender Mainstreaming ..................................................................................... 64 Ziel des Gender Mainstreaming .................................................................................................... 66 Unterschiede zur reinen Frauenpolitik ......................................................................................... 66 Rechtsgrundlage ........................................................................................................................... 67 Gender Mainstreaming an Schulen ............................................................................................... 67 Quellen .......................................................................................................................................... 70 62 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Definition Gender15 Als Gender (engl. soziales Geschlecht) bezeichnet man die verschiedenen gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Rollen von Mann und Frau. Diese Geschlechterrollen sind erlernt und nicht biologisch. Mainstreaming (englisch für "Hauptstrom") bedeutet, dass eine bestimmte inhaltliche Vorgabe, die bisher nicht das Handeln bestimmt hat, nun zum zentralen Bestandteil bei allen Entscheidungen und Prozessen gemacht wird. 16 Das heißt eine Nebensachte wird zu einer Hauptsachte. Gender Mainstreaming bedeutet, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.2 Gender Mainstreaming beschreibt die Pflicht aller Mitarbeiter in einem Unternehmen, in der Schule oder in Organisationen die verschiedenen Interessen, Lebenssituationen und Bedürfnisse von Frau und Mann zu berücksichtigen. Das Ziel ist es Mann und Frau in allen Bereichen gleichzustellen. Alte Strukturen einer Gesellschaft müssen erneuert werden, sodass jede Maßnahme aus der Sicht beider Geschlechter gesehen wird. 1 Gender Mainstreaming bedeutet … für alle politischen Prozesse:17 Konsequente (Re-)Organisation, …, alle politischen Prozesse müssen ab sofort geschlechtspezifischen Angaben versehen werden. Sichtbare Verbesserung der Rahmenbedingungen anzustreben, um Benachteiligung zu vermeiden. Rasche Entwicklung von Modellen zur Beseitigung von Benachteiligungen, damit Erkenntnisse gewonnen werden können. Sorgfältige Evaluierung, damit die Modelle standardisiert und die Ergebnisse und Methoden verbreitet werden können. 15 vergl. http://www.gender-mainstreaming.net/bmfsfj/generator/gm/definition.html Zitat. http://www.gender-mainstreaming.net/bmfsfj/generator/gm/definition.html 17 Zitat http://www.gendermainstreaming.at/GM/index.html 16 63 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Entwicklung von Gender Mainstreaming In den 60er Jahren gewann die Rolle der Frau an Bedeutung. Der Begriff Gender Mainstreaming wurde zum ersten Mal verwendet. Die Öffentlichkeit wurde erst in den 80er Jahren darauf aufmerksam. Der Wunsch nach Einbeziehung der Frauenperspektive auf allen politischen Ebenen wurde immer größer. Auf der 3. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Nairobi 1985 wird das Gender Mainstreaming Konzept zum ersten Mal als politische Strategie vorgestellt. Auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking wird beschlossen, dass alle EU Mitgliedsstaaten ein Konzept zur Umsetzung von Gender Mainstreaming für ihr Land entwickeln müssen. 18 1996 EU-Beitritt Österreichs und damit Übernahme der gemeinsamen Zielsetzungen in der Beschäftigungspolitik - Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt als einer der zentralen Schwerpunkte 1996 erscheint die Mitteilung der Europäischen Kommission zur "Einbindung der Chancengleichheit in sämtliche politischen Konzepte und Maßnahmen der Gemeinschaft". Darin wird explizit für die EU-Politik definiert, dass Bemühungen um Chancengleichheit nicht auf Sonderprogramme zu beschränken sind, sondern "ausdrücklich sämtliche allgemeinen politischen Konzepte und Maßnahmen einzuspannen sind" 1997 einigte sich die interdirektionale Arbeitsgruppe für Chancengleichheit auf ein Strategiepapier mit konkreten Schritten für Folgemaßnahmen - die ersten 29 Gender Mainstreaming Beauftragten wurden in der Europäischen Kommission ernannt, bildeten eine Arbeitsgruppe und erarbeitete ein Instrument zur Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Maßnahmen: Leitfaden zur Bewertung geschlechterspezifischer Auswirkungen. 1998 wird Chancengleichheit in den europäischen Leitlinien zur Beschäftigungspolitik explizit als eine der 4 Säulen erklärt (nachdem bereits 1994 beim EU-Gipfel in Essen Chancengleichheit als eine der vorrangigen Aufgabe der EU deklariert worden war) und hat seit damals den gleichen Stellenwert im Beschäftigungsleitbild wie die Themen Vermittelbarkeit, Anpassungsfähigkeit und Unternehmensgeist. 18 vergl. http://www.gender-mainstreaming.net/bmfsfj/generator/gm/Hintergrund/herkunft.html 64 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Ab 1998 wird die "Doppelstrategie" zur Umsetzung von Chancengleichheit offiziell eingeführt: einerseits positive Aktionen als spezifische Frauenmaßnahmen und andrerseits Gender Mainstreaming um das Thema auf allen Ebenen der Entscheidung zu spielen. 1998 übernimmt die Europäische Kommission die Definition des Europarates zum Gender Mainstreaming und führt damit die europäische Interpretation des Konzepts weit hinaus über die Ansprüche der Peking-Konferenz - über das Procedere der Berücksichtigung der Geschlechterperspektive hinaus wird der Inhalt des Ziels Chancengleichheit zur gesellschaftlichen Veränderung wichtig. 1998 erhält Gender Mainstreaming im Vertrag von Amsterdam jenen rechtlichen Rahmen in der EU, der Gender Mainstreaming als horizontales Ziel für alle Gemeinschaftsaufgaben festschreibt. 4 Schritte sollen ab sofort den methodischen Rahmen für Gender Mainstreaming verbessern: Bewußtseinsbildung, Schulung, Routineverfahren (Gender Impacgt Assessment) und die Gleichstellungsprüfung (Gender Proofing) . 1998 im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft findet Gender Mainstreaming auf Initiative der Sozialministerin Eleonore Hostasch explizit Eingang in den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP). Zwar wird die verlangte Systematik nicht auf allen Ebenen durchgehalten und bleibt auf einzelne Themenschwerpunkte beschränkt, aber wichtige Schritte wurden gesetzt. 2000 werden mit der neuen Regierung auf Initiative der Sozialministerin Elisabeth Sickl in den Österreichischen Bundesministerien Gender Mainstreaming Beauftragte eingesetzt, die anderen öffentlichen Verwaltungseinrichtungen folgen nach. 2000 wird ein Arbeitskreis initiiert, der die Gender Mainstreaming Beauftragten einem Tisch vernetzt und breite Zusammenarbeit ermöglicht. 2000 entstehen auch auf Ländereben und regional Einrichtungen zur Umsetzung von Gender Mainstreaming. 65 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 2001 wird die Koordinationsstelle Gender Mainstreaming im EFS eingerichtet, die für die Umsetzung des Konzepts am Arbeitsmarkt als Anlaufstelle dient. 19 Ziel des Gender Mainstreaming20 Durch die Chancengleichheit in sämtlichen politischen Konzepten und Maßnahmen soll Gerechtigkeit und ein Ausgleich zwischen Frauen und Männer geschaffen werden. Dabei sollen nicht nur frauenspezifische Probleme behandelt werden. Wichtig ist im Gender Mainstreaming die Förderung der Chancengleichheit für beide Geschlechter. Durch die gleiche Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen und die Gleichbehandlung von Mann und Frau werden Menschenrechte gesichert. Außerdem wird durch Gender Mainstreaming die Gerechtigkeit in der Gesellschaft vergrößert. Durch die Gleichbehandlung wird die Lebensqualität beider Geschlechter erhöht. Unterschiede zur reinen Frauenpolitik Gender Mainstreaming unterscheidet sich stark zur Frauenpolitik. Im Gegensatz zur Frauenpolitik, die sich nur auf das weibliche Geschlecht konzentriert, ist Gender Mainstreaming für beide Geschlechter verantwortlich. Alle politischen Konzepte und Maßnahmenwerden auf die Bedürfnisse beider Geschlechter abgestimmt. Frauenpolitik will konkret die Benachteiligung der Frau in der Gesellschaft verhindern. Gender Mainstreaming versucht Rahmenbedingungen und Strukturen für Chancengleichheit zu erschaffen. Die Frauenpolitik reagiert auf Ungleichbehandlungen im politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben. Gender Mainstreaming sucht Ungleichheiten anhand von Daten und versucht anschließend diese durch alle Politikbereiche auf allen Ebenen zu beseitigen. Außerdem sollen Ungleichheiten langfristig von vornherein verhindert werden. Frauenpolitik legt das Hauptaugenmerk auf die sofortige Verbesserung 19 20 der Lebenssituation der Frauen. Diese Politik wird nur von Zitat. http://www.gendermainstreaming.at/GM/index.html vergl. http://www.gendermainstreaming.at/GM/index.html 66 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Organisationseinheiten für Frauenpolitik umgesetzt. Gender Mainstreaming betrifft alle, die an der Gestaltung, Umsetzung und Evaluierung politischer Konzepte beteiligt sind. 21 Gender Mainstreaming und spezifische Frauenpolitik sind zwei einander ergänzende Strategien mit dem Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen. 22 Rechtsgrundlage23 24 Die Grundlagen von Gender Mainstreaming sind im EG-Vertrag festgeschrieben. Für die Umsetzung erfolgt auf nationaler Ebene. Daher gibt es große Unterschiede bei der Umsetzung zwischen den verschiedenen Ländern. Die Standards zur Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter und der Geschlechterdiskriminierung sind in allen Mitgliedsstaaten gleich, jedoch die Umsetzung ist verschieden. Artikel 2 des EG-Vertrags: Die Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen ist eine der Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft. Artikel 3 des EG-Vertrags: Bei allen ihren Tätigkeiten wirkt die Gemeinschaft darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Gender Mainstreaming an Schulen25 1995 tritt das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern“ in kraft. Ab diesem Zeitpunkt wird das Prinzip in den Lehrplänen der verschiedenen Schulen aufgenommen. 1995: Handelsakademien und Handelsschulen Kollegs für Kindergartenpädagogik Hauptschulen Allgemein bildende höhere Schulen 1996: Kollegs für Sozialpädagogik 1997: Höhere technische und gewerbliche Lehranstalten Polytechnische Schulen 1999: Volksschulen 21 vergl. http://www.bmsk.gv.at/cms/site/liste.html?channel=CH0483 Zitat http://www.bmsk.gv.at/cms/site/liste.html?channel=CH0483 23 vergl. http://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Mainstreaming 24 vergl. http://ec.europa.eu/employment_social/equ_opp/gms_de.html 25 vergl. http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/prinz/erziehung_gleichstellung.xml 11 vergl. http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/ba/gender_schule.xml 11 vergl.http://www.bmukk.gv.at/medienpool/9716/PDFzuPubID311.pdf 22 67 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Sonderschulen Fachschulen für Mode und Bekleidungstechnik Hotelfach- und Tourismusfachschulen Höhere Lehranstalten für Mode u. Bekleidungstechnik Höhere Lehranstalten für Tourismus (inkl. Sonderformen) 3jährige Fachschulen für wirtschaftliche Berufe Höhere Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe 2001: Berufsschulen 2004: Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik Höhere land- und forstwirtschaftliche Lehranstalten 2007: Technische, gewerbliche und kunstgewerbliche Fachschulen Das Prinzip soll dazu beitragen, dass das Thema Gleichstellung der Geschlechter in den Lehrinhalten, im Unterricht und in den Schulbüchern verankert wird. Aber nicht nur die Gleichstellung der Geschlechter, auch andere Themen sollen durch dieses Unterrichtsprinzip vermehrt angesprochen werden. Den Schülern und Schülerinnen soll bewusst gemacht werden, dass man als Mann bzw. Frau unterschiedlich behandelt wird und durch diese unterschiedliche Behandlung sich anders entwickelt. Die Unterschiedliche Behandlung hat Auswirkungen auf Ausbildungs- und Berufswahl, auf die Lebensplanung, die Freizeitgestaltung und sogar auf das eigene Denken und Verhalten. Die Schüler und Schülerinnen sollen erfahren, dass es in der Berufswelt eine starke Geschlechtertrennung gibt. Frauen und Männer haben nicht die gleichen Berufschancen und Arbeitsbedingungen. Außerdem sind sie in den verschiedenen Berufsspaten (z.B. Technik, Wissenschaft, Bildungswesen, …) in unterschiedlicher Anzahl vertreten. Im Unterricht, in den Lehrinhalten und Unterrichtsmitteln und im Lebensumfeld der Schüler sollen mögliche Ursachen die zu Rollenklischees führen können erkannt werden. Das eigene Verhalten im Unterricht, im täglichen Umgang miteinander und die eigenen Vorstellungen der Geschlechterrollen sollen reflektiert werden. 68 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Den Schülern und Schülerinnen sollen alltägliche Formen von Gewalt und Sexismus bewusst gemacht werden. Die Schüler und Schülerinnen sollen eine Bereitschaft zum Abbau von geschlechterspezifischen Vorurteilen und Benachteiligungen entwickeln. 69 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Quellen URL-Adressen am 27. 12. 07: http://www.bmukk.gv.at/gleichstellung-schule http://gender.schule.at http://www.gendernow.at/gesebog/go?/into/unterricht/was_ist_arbeit http://www.imag-gendermainstreaming.at/cms/imag/index.html http://www.gender-mainstreaming.net/bmfsfj/generator/gm/definition.html http://www.gender-mainstreaming.net/bmfsfj/generator/gm/Hintergrund/herkunft.html http://www.bmsk.gv.at/cms/site/liste.html?channel=CH0483 http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/prinz/erziehung_gleichstellung.xml http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/ba/gender_schule.xml http://www.eduhi.at/dl/Leitfaden_Unterrichtsmittel.pdf http://www.bmukk.gv.at/medienpool/9716/PDFzuPubID311.pdf http://www.gleichstellung.info/026/Modul1/1/1/ http://www.gendermainstreaming.at/GM/index.html http://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Mainstreaming http://ec.europa.eu/employment_social/equ_opp/gms_de.html 70 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Erziehungswissenschaft Huber Monika EP 3 29.11.2007 71 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Inhaltsverzeichnis 1. Was sind Erziehungsmethoden? ....................................................................................................... 73 2. Erziehungsziele: ................................................................................................................................. 74 3. Methoden in den Erziehungswissenschaften ................................................................................... 74 3.1.Indirekte Erziehung ..................................................................................................................... 75 3.2. Unterricht ................................................................................................................................... 76 3.3. Ausgewählte Methodenelemente ............................................................................................. 77 3.3.1. Anregende Behandlungsformen ......................................................................................... 77 3.3.2. Konditionierende Behandlungsformen ............................................................................... 78 4. Erziehungsstile................................................................................................................................... 79 5. Quellenverzeichnis: ........................................................................................................................... 80 72 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Erziehungsmethoden 1. Was sind Erziehungsmethoden? Es handelt sich hierbei in der Umgangssprache um eine sehr unpräzise Bezeichnung für alle möglichen Verhaltensweisen von Erzieher/innen gegenüber Kindern und Jugendlichen. Wir sprechen zum Beispiel von modernen Erziehungsmethoden in einem Kindergarten und von den „autoritären Erziehungsmethoden“ unserer Großväter. In der Pädagogik ist dieser Begriff jedoch viel enger zu fassen. Das Wort Methode kommt vom griechischen „methodos“ und bedeutete „das Nachgehen“ und sinngemäß „ein nach Regeln und Grundsätzen geordnetes Verfahren“. Erziehung hat zunächst eigentlich nichts mit einer bestimmten Methode zu tun. Der Erziehungswissenschaftler W. Klafki nennt das naive ursprüngliche Alltagsdenken und alltägliche Handeln „unmittelbares pädagogisches Denken“ und charakterisiert es folgendermaßen: „Es ist ganz dem konkreten Fall hingegeben, reflektiert nicht über sich selbst. Es trägt damit immer den Anschein einer gewissen Naivität, Selbstverständlichkeit und einfachen Sicherheit an sich. Es ist gewissermaßen der Mutterboden, aus dem alle anderen Formen pädagogischen Denkens hervorgehen...“1). Er meint, dass neue Überlegungen erst dann in Gang kommen, wenn Schwierigkeiten oder Misserfolge aufgetreten sind. Diese Überlegungen und Handlungen werden zunehmend methodisch. „Auf die menschliche Tätigkeit des Erziehers übertragen können wir sagen: Erziehungsmethoden sind Verfahrensweisen, mit denen Personen gemäß dem Anspruch von Zielen sowie nach bewährten Grundsätzen und Regeln das Lernen anderer Personen mehr oder weniger planmäßig zu unterstützen versuchen.“ 2) Methoden sind aber komplex, Handlungsabläufe lassen sich nie exakt planen, 1) Domke, Horst ,Erziehungsmethoden 1991 S. 13 2) Ebda. S. 14 73 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 können aber als Hilfe in konkreten Erziehungssituationen dienen. Erziehungsmethoden sind aber auf Ziele hingerichtet, daher ist es notwendig hier auch kurz auf Erziehungsziele einzugehen. 2. Erziehungsziele: „Erziehungsziele sind bewusst gesetzte Wert- und Normvorstellungen über das Ergebnis der Erziehung, die Auskunft darüber geben, wie sich der Zu-Erziehende gegenwärtig und künftig verhalten soll und wie Eltern und andere Erzieher in der Erziehung handeln sollen.“ 3) Das heißt, eigentlich sind Erziehungsziele Persönlichkeitsideale. Erziehungsziele werden von verschiedenen Personen und Personengruppen festgesetzt, wie Wirtschaftsinstanzen, Regierungen, Kirchen und Verbänden wie Elternvereinigungen. Sie sind von soziokulturellen, ökonomischen und individuellen Faktoren bestimmt und unterlagen im Wandel der Zeit gewissen Veränderungen. Sie drücken aus. Welche Eigenschaften, welches Wissen und Können, welche Einstellungen erstrebenswert sind. Sie sollen zu einer „Lebenstüchtigkeit“ und Selbständigkeit führen. Ziele in der Erziehung haben aber einen „Doppelcharakter“: sie wenden sich an beide Seiten, an den Lernenden, der ein Ideal erreichen soll (das Lernziel) und an den Lehrenden, der dabei Hilfestellungen geben muss. Da aber die Lernenden Menschen sind und keine Objekte, haben auch sie eine eigene Vorstellung von dem was sie erreichen wollen. Wenn dann die „Ziele der Lernenden“ (das, was die Schüler gerne wissen und können würden) nicht mit den „Zielen für die Lernenden“ (dem Lehrplan) übereinstimmen, ergeben sich Probleme, die nach vernünftiger zwischenmenschlicher Verständigung unter den konkreten Bedingungen gelöst werden müssen. Es ist daher wichtig, dass ein Lehrer von vornherein die Ziele seines Unterrichts bekannt gibt und auch auf deren Bedeutung hinweist. Auch die Erstellung von Lehrplänen darf nicht allein von einer Kommission beschlossen werden, auch hier muss auf die Meinung der Schüler und Eltern geachtet werden. 3. Methoden in den Erziehungswissenschaften Da die Methoden in den Erziehungswissenschaften ein sehr weites Feld darstellen, werde ich mich in dieser Arbeit auf ein paar Schwerpunkte beschränken: die indirekte Erziehung, den Unterricht (direkte Erziehung) und Methodenelemente direkter 3) M. Schuh , Skriptum zur Erziehungswissenschaft WS 2007/08 Teil 4 Seite 3 Erziehung. 74 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 3.1.Indirekte Erziehung Die indirekte Erziehung ist mindestens ebenso wichtig und bedeutend wie die direkte Erziehung, wie sie beispielsweise der Unterricht darstellt. „Indirekte Erziehung bedeutet jegliche Art planvoller Herstellung oder Beeinflussung von Umwelt sowie das Hineinstellen des zu erziehenden in eine gegebene Umwelt, mit der Absicht dadurch besonders förderliche Lernbedingungen zu schaffen.“4 Hierher gehören Aufbau, Strukturen und Wertinhalte bestimmter pädagogischer Institutionen, wie sie zum Beispiel in der Waldorf- oder Montessori-Pädagogik uns entgegentreten. Auch Eltern praktizieren indirekte Erziehung, wenn sie ihren Kindern eine dem Lernen förderliche Umwelt bieten: sie gestalten die häusliche Umwelt, sorgen für ein Arbeiten ohne Ablenkung, für „pädagogisch wertvolles“ Material (Spielzeug...), Möglichkeiten Erfahrungen auch außerhalb des Familien- und Schulalltags zu machen (Reisen, Teilnahme an Jugendgruppen...). Auch das „Behüten“, das Fernhalten von schädlichen Einflüssen auf das Kind, gehört zum Bereich der indirekten Erziehung. Die Vorzüge dieser indirekten Erziehung liegen auf der Hand. Diese Art der Erziehung ist nicht aufdringlich, die Rolle des Erziehenden ist nicht die einer Autoritätsperson, sondern die einer „helfenden Hand“. Lebensnahe Situationen fordern Fertigkeiten und Fähigkeiten heraus, die zwar in Ansätzen schon vorhanden sein müssen, aber hier weiter ausgebildet werden können. Auch für die Motivation des Lernenden ist die Lebensnähe wichtig, er kann selbst bis zu einem gewissen Grad bestimmen, was er sich als Ziel setzt. Kindern können in einer kindergerechten Umwelt auch mehr Freiheiten eingeräumt werden. Das vorhin erwähnte „Behüten“ beinhaltet nicht nur Kinder- und Jugendschutz, dem Schutz vor physischer Gewalteinwirkung im Sinn des „Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Grundgesetz), sondern auch die Einrichtung eines „Schonraumes“, und optimaler Lern- und Entwicklungsbedingungen, unter Abschirmung von Konsum und elektronischen Medien, die die Erwachsenenwelt beherrschen.. Auch die Anwesenheit einer erwachsenen Bezugsperson gehört in 4) Domke, Horst, Erziehungsmethoden 1991 S. 85 diesen Bereich, die einem Kind den Aufbau des „Urvertrauens“ ermöglicht. 75 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Wie in allen Lebensbereichen wird es auch hier notwendig sein, einen Mittelweg zu finden, der es verhindert aus dem „Behüten“ den sprichwörtlichen „Glassturz“ zu machen, unter den man seine Kinder stellt. Da der Mensch die Fähigkeit besitzt, seine Mitmenschen nachzuahmen, kommt der Präsentation von Verhaltensmodellen eine große Rolle zu. In der Psychologie spricht man von Beobachtungslernen, sozialem Lernen, Modell- oder Imitationslernen und meint damit den Vorgang, bei dem sich das Verhalten einer Person entsprechend dem wahrgenommenen Verhalten einer anderen Person verändert. Der pädagogische Einfluss liegt hier im Verhüten von unerwünschten und im Präsentieren von erwünschten Modellen. Da man von keinem Menschen erwarten kann, dass er als „absolutes Vorbild“ gelten kann, ist es hier wichtig eine Vielzahl von Verhaltensmodellen bereitzustellen, die zu Vergleichen herausfordern, bevor sie angenommen werden. Damit wird auch das selbständige Handeln und Denken des Kindes herausgefordert, das ein Ziel unserer Erziehung sein sollte. 3.2. Unterricht Unterricht ist eine direkte Form methodischer Einflussnahme auf das Lernen. Methodenkonzepte beinhalten grundlegende Möglichkeiten des Lernens und Lehrens, die im Laufe der Geschichte unterschiedliche Bedeutung hatten. Die älteste Form der Wissensvermittlung in Schule und Erziehung ist wohl der Vortrag, die Erklärung, das Referat. Hier muss der Lerninhalt nur „verstanden“ werden, man nennt dies „sinnvolles rezeptives Lernen und Behalten“. Vorteile dieses darbietenden Verfahrens sind, dass auch Kompliziertes gut strukturiert, verständlich erklärt und zeitsparend vermittelt werden kann. Allerdings kann diese Methode nur Kenntnisse vermitteln, schöpferische und soziale Fähigkeiten können hier nicht ausgebildet werden. Eine weitere Methode ist das „gelenkte Entdecken“. Beim „entdeckenden Lernen“ wird die Lösung eines Problems von Lernenden selbst angestrebt, gefunden und nicht nur übernommen. Die eigene Fragestellung und selbständige Lösungssuche wirken meist auch bedeutend motivierender für das Lernen als ein bloßer Vertrag, der Probleme anspricht und ihre Lösungen gleich bekannt gibt. 76 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Gerade in der Schule sind diesem Konzept allerdings oft Grenzen gesetzt, da sie mit einem hohen Zeitaufwand verbunden sind, der Leistungsstand der Schüler meist unterschiedlich ist und da sie die Gefahr von Misserfolgen beinhalten. Die Projektmethode als Lernen durch praktisches Tätigsein – „learning by doing“ – wurde wie das „indirekte Lernen“ von den Reformpädagogen des angehenden 20. Jahrhunderts in den Schulalltag gebracht. Hier wird in Realsituationen natürliches Lernen ermöglicht. Beispiele wären Aufbau einer Ausstellung, Herausgabe einer Schülerzeitung, und ähnliches. Die Vorteile dieser Methode liegen in ihrer Handlungsorientiertheit – der Weg wird das Ziel, genauer gesagt das, was auf diesem Weg gelernt wird -, der Interdisziplinarität – Zusammenarbeit mit verschiedenen Lehrern, aber auch außerschulischen Experten –, in der Schülerorientiertheit und im Situations- und Gesellschaftsbezug. Für diese Methode muss eine Schule natürlich die entsprechenden räumlichen und materiellen Voraussetzungen wie Bibliotheken, Schulküche, Schulgarten und vieles andere mehr bieten. Theoretisch gehört in dieses Kapitel auch die sattsam bekannte „klassische Konditionierung“, die ich aber nicht weiter besprechen werde. 3.3. Ausgewählte Methodenelemente Diese können gegliedert werden in anregende und konditionierende Handlungsformen. 3.3.1. Anregende Behandlungsformen sind Beratung und Ermutigung. Beratung ist eine ergänzende Erziehung und ist gekennzeichnet durch eine Problemstellung bei demjenigen, der den Rat sucht. Vom Berater werden Auskünfte und Informationen erwartet. Ein Merkmal dieser Behandlungsform ist auch, dass der Ratsuchende die Freiheit hat, Ratschläge zu befolgen. Das aber setzt eine gewisse Entscheidungsfähigkeit voraus. Beratung kann aber nicht mit Erziehung gleichgesetzt werden. Ermutigung und Ermunterung können Erziehung erfolgreich beeinflussen und mit dem heute so beliebten Begriff „Animation“ zusammengefasst werden. Ermutigung und Ermunterung werden nicht vom Zu-Erziehenden eingefordert, sondern von außen an ihn herangetragen. Wichtig sind hier die Vertrauensbasis, die genaue Personenkenntnis und die Kenntnis der Gesamtsituation. 77 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Beratung und Ermutigung haben ein gemeinsames Merkmal: sie tragen zur Mobilisierung von Motivationen bei. Auch richtig verstandene und nicht zu häufig eingesetzte Ermahnungen und Signale können anregenden Charakter haben. Ermahnung ist eine Erinnerung an bereits Gelerntes. Signale (Kopfschütteln, abwehrende Handbewegungen...) sind nonverbale Ermahnungen. 3.3.2. Konditionierende Behandlungsformen Konditionierenden Charakter haben positive Verstärker wie Lob und Belohnung, und negative Verstärker in Form von Tadel und Strafe. Diese Erziehungsmittel genießen in der heutigen Pädagogik kein allzu großes Ansehen. Sie können aber nur bis zu einem gewissen Grad als Hilfe zur Verhaltensänderung eingesetzt werden. Lob als positive Bewertung und persönliche Zuwendung kann durchaus als Verstärkung dienen, wenn es sparsam eingesetzt wird. Es kann auch als Ermutigung und pädagogisch motivierte Förderung dienen. Belohnung im engeren Sinn besteht aus materiellen Verstärkern, die oft schon eingesetzt werden, bevor ein Kind materielle Bedürfnisse entwickelt hat. Belohnung ist im Gegensatz zum Lob nicht an eine Person gebunden.. Diese beiden Erziehungsmittel erfüllen ihren Zweck nur dann, wenn sie auch zur Einsicht führen, dass ein Verhalten nicht nur um der Verstärkung willen wertvoll ist. Tadel als Maßnahme bei fehlenden Leistungen und unerwünschtem Verhalten bezieht seine Wirkung aus der negativen persönlichen Zuwendung. Er wirkt sich besonders demotivierend aus, wenn er Hinweise auf mangelnde Befähigungen ausspricht und den Eindruck der Aussichtslosigkeit erhöhter Anstrengungen vermittelt („da bist du zu dumm dazu, du wirst das nie schaffen!“). Wenn er sich nur auf mangelnde Anstrengung bezieht, kann der Getadelte sich noch zu einer Verhaltensänderung aufraffen. Bestrafung ist nicht nur ein Erziehungsmittel, es ist in einem Rechtsstaat eine Hilfe zur Einhaltung von gesellschaftlichen Regeln und Normen. Sie kann einerseits als Vergeltungsund Racheaktion, als Sühne, und als logische Folge und Wiedergutmachung für vergangene Taten, aber auch als Schutz vor zukünftigen Straftaten angesehen werden. Strafe ist mit einer ganzen Reihe von Nachteilen und unerwünschten Nebenwirkungen verbunden. Sie hat eine destruktive Wirkung, es kommt nur zu einem Unterscheidungslernen („gefährliche“ und „ungefährliche“ Situationen), Lernen von Vermeidungs- und Ausweichverhalten und vermindertem Selbstwertgefühl. Auch ist der strafende Erzieher ein Verhaltensmodell, das von den Kindern beobachtet und nachgeahmt wird. Strafregeln können nur akzeptiert 78 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 werden, wenn der Bestrafte weiß, wofür er bestraft wird, die Strafe angemessen und gerecht ist und sie in einem engen Bezug zum Vergehen steht, also logische Folgen einer Aktion sind. Wiedergutmachung und logische Folgen sollten in der Pädagogik eine Vereinbarung zwischen Erzieher und Erzogenem voraussetzen. 4. Erziehungsstile Unter Stil versteht man im Allgemeinen einen Komplex von Merkmalen (sei es in der Darstellung oder im Verhalten – man denke an verschiedene Stile in der Kunst), die zusammengehören, konstant bleiben und als „typisch“ bezeichnet werden können. Den Erziehungsstil kann man dahingehend definieren, dass es sich dabei um eine Ausprägungsform des Verhaltens handelt, die sich als typische Zusammenstellung von pädagogischen Verhaltensmerkmalen und Erziehungspraktiken von anderen Ausprägungsformen abheben lässt. Das sind die Methoden und Grundsätze sowie der theoretische Hintergrund, nach denen man die Erziehung aufbaut. Erziehungsstile werden Schichtzugehörigkeit unter der anderem Familie), von der der soziokulturellen Situation (der auch der Erziehungsmethoden oder Familiendynamik, aber gesamtgesellschaftlichen Situation bestimmt. Ein Erziehungsstil muss nicht, aber er kann aus Methodenelementen bestehen, sie ausgesprochen stilprägend sind. In der genaueren Darstellung der Erziehungsstile werde ich das in der Literatur gebräuchliche Wort „der zu Erziehende“ oder „Educans“ durch „Kind“ ersetzen. Kurt Lewin und Glen Elder haben sieben Erziehungsstile unterschieden, die in ihren Ausprägungen von „sehr streng“ bis „sehr locker“ anzusehen sind: Autokratische Erziehung: hier wird ein sehr hohes Maß an Autorität ausgeübt, die Meinung und Eigeninitiative der Kinder wird unterdrückt und nicht berücksichtigt. Autoritäre Erziehung: Hier wird ebenfalls eine starke Kontrolle auf die Kinder ausgeübt, deren Meinung wird zwar akzeptiert, aber letztendlich bestimmt doch der Erzieher. Erziehungsmittel sind hier hauptsächlich Belohnung und Bestrafung. Demokratische Erziehung: Das Kind wird als ernst zu nehmender Gesprächspartner angesehen. Dabei steigt mit dem Alter die Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Die Notwendigkeit Grenzen zu setzen wird besprochen und das Handeln bleibt für alle Beteiligten transparent. 79 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Egalitäre Erziehung: Hier haben Erzieher und Kinder die gleichen Rechte und Pflichten, die Meinung der Kinder wird nicht nur eingeholt und berücksichtigt, sondern hat dasselbe Gewicht wie die Meinung der Erzieher. Permissive Erziehung: Der Erzieher hält sich bei diesem Erziehungsstil, einer gemäßigten Form des Laissez-faire-Stils, eher zurück, Kinder müssen selbst Initiative ergreifen, wenn es um ihre persönlichen Entscheidungen geht. Laissez-faire-Erziehung: Dieser Stil entspricht der in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts viel propagierten „antiautoritären Erziehung“. Die Kinder sind hier weitgehend sich selbst überlassen, verbindliche Regeln gibt es nicht, die Wünsche des Erziehers können berücksichtigt werden oder auch nicht. Negierende Erziehung: hier kann nicht mehr von bewusster Erziehung gesprochen werden, es bestehen keine Erziehungsmaßnahmen und das Interesse an der Entwicklung des Kindes fehlt vollständig. Leider ist auch dieser Erziehungsstil wie wir wissen auch immer noch sehr verbreitet – hoffentlich nicht in einer Schule. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dies nur ein kurzer Abriss sein kann, da die Zeit für eine Seminararbeit nur sehr beschränkt ist. Es ist aber auf alle Fälle wert sich damit zu befassen, da die Erziehungsmethoden ein wichtiges Gerüst für unsere Arbeit als Erziehende darstellen müssen. 5. Quellenverzeichnis: Horst, Domke, Erziehungsmethoden – Aspekte und Formen des Methodischen in der Erziehung, 1991, Verlag Ludwig Auer GmbH, Donauwörth http://de.wikipedia.or/wiki/Erziehung am 28.10.2007 http://www.eheseelsorge.net/Seite240.htm am 22.11.2007 80 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Seminararbeit aus Erziehungswissenschaften Antipädagogik Schwarze Pädagogik Stephanie Brunner 81 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Pädagogische Hochschule Wien Institut für Ernährungspädagogik Studiengang Ernährungspädagogik Semester Vortragende Wintersemester 2007/2008 Mag. Maria Schuh INHALTSVERZEICHNIS Einleitung............................................................................................................................................... 83 Antipädagogik ....................................................................................................................................... 83 Definition von der Antipädagogik ..................................................................................................... 83 Erziehungsmittel in der Antipädagogik ............................................................................................. 84 Die zwölf persönlichen Rechte nach K.R.Ä.T.Z.A........................................................................... 85 Kritik an der Antipädagogik ........................................................................................................... 86 Schwarze Pädagogik .............................................................................................................................. 86 Definition von der Schwarzen Pädagogik.......................................................................................... 86 Theorie der Schwarzen Pädagogik nach Alice Miller ........................................................................ 86 Erziehungsmittel und Erziehungsziele in der Schwarzen Pädagogik ................................................ 87 Kritik an der Schwarzen Pädagogik ............................................................................................... 89 Schlusswort ........................................................................................................................................... 90 Ein Gedicht ........................................................................................................................................ 90 Sprüche.......................................................................................................................................... 90 Quellennachweis ................................................................................................................................... 94 Verwendete Literatur ........................................................................................................................ 94 Verwendete Internetseiten ............................................................................................................... 94 82 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Einleitung „Seit Jahrzehnten ist Erziehung in Verruf geraten. Was sie bedeutet, was sie bewirken soll und wie sie wirkt – das alles ist nicht mehr zweifelsfrei zu bestimmen. Die Diskussion über die antiautoritäre Erziehung, die Slogans der Anti-Pädagogik -, »No Education!«-, die Kritik an bestimmten Erziehungstraditionen (»Schwarze Pädagogik«)[…]haben die von der Erziehung auch das bewusst gemacht, was sie an Schmerzen, an Beschädigungen mit sich bringt.“26 Schon bei meiner Fachbereichsarbeit aus Deutsch (das Thema meiner Fachbereichsarbeit lautete „Die Beeinflussung der Jugendlichen durch die Schule- Ein Vergleich anhand literarischer Werke“) für die Matura handelte von einem ähnlichen Thema. Gerade deswegen und weil es so viel gibt, was man bei der Erziehung oder im Zusammenleben mit Kindern und Jugendlichen falsch machen, kann habe ich mich für diese beiden Themen entschieden. Antipädagogik Definition von der Antipädagogik „Erziehung, Unterstützung und Förderung des heranwachsenden Menschen, die ihn in seiner geistigen und charakterlichen Entwicklung befähigen soll, sich sozial zu verhalten und als selbstständiger Mensch eigenverantwortlich zu handeln. Der zu Erziehende soll die Verhaltenserwartungen (das heißt Normen27 oder Erziehungsziele) seiner sozialen Umwelt kennen, beurteilen, gegebenenfalls als begründet anerkennen und erfüllen lernen. Erzwungene Anpassung führt zu Autoritätsgebundenheit oder blinder Protesthaltung. Erziehung in modernem Verständnis meint einfühlende Begleitung.“28 „Antipädagogik, in den 1970er-Jahren entstandene Protestbewegung innerhalb der Pädagogik, die jegliche Art von Erziehung (auch die antiautoritäre Erziehung) ablehnt. Die Antipädagogik übt Kritik an der Vorstellung, dass das Kind ein nicht vollwertiges und damit prinzipiell erziehungsbedürftiges Wesen sei, sie geht stattdessen davon aus, dass Kinder bereits von Geburt an selbstbestimmt handeln können. Im Verständnis der Antipädagogik sollen Kinder nicht erzogen, sondern »unterstützt« beziehungsweise »begleitet« werden.“29 Antipädagogik ist in vielen Ohren immer noch ein Reizwort. Zu sehr erinnert es an antiautoritäre Erziehung. Oft wird vermutet Antipädagogik sei ein Synonym für antiautoritäre Erziehung. Im Gegensatz zu der antiautoritären Erziehung ist es nicht das Ziel möglichst autoritätskritische 26 FLITNER, Andreas: Konrad, sprach die Frau Mama…-Über Erziehung und Nicht-Erziehung, Beltz Taschenbuch, Weinheim und Basel, 2004, S. 4 27 allgemein: als verbindlich anerkannte Regel, Richtschnur, Maßstab; Durchschnitt. Normen sind: Regeln Maßstäbe, die von einer Institution oder Gruppe zur Verhaltenssteuerung an ihre Mitglieder herangetragen werden. Die Einhaltung von Normen ist verbindlich, wird sanktioniert oder belohnt. Normen wollen Hilfen für verantwortliches Handeln bieten und die Gewissensentscheidung des Einzelnen erleichtern. Normen ermöglichen erst ein geordnetes Zusammenleben der Menschen. Quelle: Skriptum zur Erziehungswissenschaft WS 2007/08 M. Schuh 28 29 http://lexikon.meyers.de/meyers/Erziehung zugegriffen, am 13. November 2007 http://lexikon.meyers.de/meyers/Antipädagogik zugegriffen, am 13. November 2007 83 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Menschen zu erziehen, die sich den Gewalten nicht beugen. Antipädagogik bedeutet: Nicht erziehen, und folglich gibt es auch keine Ziele, die das Kind erreichen soll. Sie bedeutet ein mitmenschliches Zusammenleben mit Kindern. Antipädagogisch eingestellte Menschen betrachten alle Menschen von Geburt an als gleichwertig. Nach dieser Gegentheorie gibt es zwar besseres Wissen, aber keine besseren Menschen. Deswegen kann man Menschen auch nicht bessern, sondern höchstens Fehler, die sie machen, verbessern. Antipädagogik ist in erster Linie eine Antithese zur Erziehung. Von daher besteht ein wesentlicher Schwerpunkt nicht darin zu erläutern, wie Eltern und Lehrer mit Kindern antipädagogisch umgehen können, sondern die Erziehung zu kritisieren. Die Formulierung „antipädagogisch umgehen“ ist ebenfalls unglücklich gewählt. Es geht um ein gleichberechtigtes, mitmenschliches Zusammenleben mit Kindern, wie mit anderen Menschen auch, um sonst nichts. Erziehungsmittel in der Antipädagogik Im Gegensatz zur antiautoritären Erziehung fordert die Antipädagogik nicht die Aufhebung aller Grenzen für Kinder. Vielmehr unterscheidet sie zwischen defensiven und aggressiven Grenzen. Defensive Grenzen werden zur eigenen Verteidigung gesetzt, um sich vor fremden Übergriffen zu schützen (z. B.: „Es stört mich, wenn du nachts um drei laut Musik hörst, weil ich dann nicht schlafen kann.“ oder: „Ich will nicht, dass du mit Brei herumwirfst, weil ich keine Lust habe, alles wegzuputzen (was meine Freiheit einschränkt)“. Defensive Grenzen entsprechen dem Grundsatz „Freiheit, solange die Freiheit des anderen nicht eingeschränkt wird“. Diese Notwehrgrenzen sind für ein friedliches Zusammenleben sinnvoll. Und sie widersprechen auch der Gleichberechtigung von Eltern und Kindern nicht, genauso wenig wie ähnliche Grenzen der Gleichberechtigung zwischen zwei Nachbarn widersprechen. Darum ist es sehr wichtig, dass Eltern in sich hineinhorchen um herauszufinden, wo wirklich ihre persönlichen Grenzen sind (die abhängig von Situation, Stimmungslage, Aufenthaltsort usw. variieren können), um dann die geeignete Botschaft übermitteln zu können. Aggressive Grenzen hingegen werden anderen Menschen gesetzt, um sie zum Beispiel vor sich selber zu schützen und sie zu ihrem (angeblichen) Glück zu zwingen (z. B.: „Du darfst keine laute Musik hören, weil es nicht gut für dich ist.“) oder den Erwartungen anderer zu genügen („Wirf nicht mit dem Brei herum, das gehört sich nicht!“). Diese erzieherischen Grenzen werden abgelehnt. 84 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Die zwölf persönlichen Rechte nach K.R.Ä.T.Z.A.30 1. Du hast das Recht, dein Verhalten, deine Gefühle und deine Gedanken selber zu beurteilen, und brauchst dich dafür weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen. 2 Du hast das Recht, deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse ebenso ernst zu nehmen wie die anderer Menschen. 3 Du hast das Recht, Fehler zu machen und die Folgen zu tragen. 4 Du hast das Recht, anderen eine Bitte abzuschlagen, ohne dich schuldig zu fühlen und für egoistisch zu halten. 5 Du hast das Recht, deine Meinung zu ändern. 6 Du hast das Recht, "unlogisch" zu sein. 7 Du hast das Recht, selber zu entscheiden, ob du das, was dir andere als Fehler vorwerfen, ändern willst. 8 Du hast das Recht, selber zu beurteilen, ob du für die Lösung der Probleme anderer Menschen mitverantwortlich bist. 9 Du hast das Recht, Fragen nicht zu beantworten. 30 http://kraetzae.de/sonstiges/12rechte/ zugegriffen, am 12. November 2007 85 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 10 Du hast das Recht zu sagen: "Ich verstehe nicht." 11 Du hast das Recht zu sagen, "Ich weiß nicht", wenn andere sagen: "Was wäre, wenn alle so dächten wie du?" 12 Du hast das Recht, nein zu sagen, ohne dieses Nein zu begründen. Kritik an der Antipädagogik Zusammengefasst würde ich sagen ist die Kernaussage der Antipädagogik ein bisschen realitätsfern. Denn das Problem ist leider, dass man erziehen muss. Aber muss man erziehen? Ich denke schon, man kann nicht davon ausgehen, dass ein Baby/ ein Kleinkind schon weiß was für ihn gut oder schlecht ist. Aber am Ende des Erziehungsprozess eines Kindes/Jugendlichen (wann ist dieser Zeitpunkt erreicht?!) kann man das „Individuum“ schon selbst entscheiden lassen. Ich kann mir vorstellen, dass sich der Antipädagogische Erziehungsstil erst ab einem gewissen Alter durchführen lässt. Manche Dinge kann man noch nicht im Kleinkindalter selbst entscheiden und genau in diesen Situationen sind dann Eltern, Lehrer, Großelter u. A. gefragt diese Entscheidungen quasi „fremdbestimmend“ zu fällen. Schwarze Pädagogik Definition von der Schwarzen Pädagogik Mit Antipädagogik wird sowohl die wissenschaftliche Theorie, als auch eine praktizierte Form des Umgangs zwischen Eltern und Kindern, wahlweise auch Lehrer und Schüler, bezeichnet, die aus der Negation der Pädagogik entstanden sind. Antipädagogen wollen insbesondere aus den hierarchischen Strukturen der herkömmlichen Pädagogik ausbrechen. Sie wollen nicht, dass ein Erwachsener ein Kind erzieht, es also in eine von ihm bestimmte Richtung leitet. Theorie der Schwarzen Pädagogik nach Alice Miller In ihrem Buch „Am Anfang war Erziehung“ deckt Alice Miller Mechanismen und Folgen der Erziehung wissenschaftlich fundiert auf. Eine wichtige Basis für ihre Ergebnisse ist die jahrelange psychoanalytische Arbeit. Im oben genannten Buch untermauert sie ihre Thesen zusätzlich mit Analysen der Erziehung einer 86 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Drogenabhängigen (Christiane F.), eines Diktators (Adolf Hitler) und eines Kindermörders (Jürgen Bartsch). Ihre antipädagogische Haltung wendet sich nicht gegen eine bestimmte Art der Erziehung, sondern gegen Erziehung überhaupt, auch gegen die antiautoritäre. Miller fordert Liebe, Solidarität und Barmherzigkeit welche jedoch nicht machbar sind, ohne die wichtigen Voraussetzung des mitmenschlichen Fühlens und Verstehens. Im Kapitel „Der Hauptmechanismus der »Schwarzen Pädagogik«: Abspaltung und Projektion“ deckt die Autorin einen Mechanismus auf, der eine Form der Verdrängung ist. Zur Erklärung analysiert sie eine 1943 gehaltene Rede Heinrich Himmlers. Er behauptet, dass beim Anblick hunderter Leichen anständig geblieben zu sein hart mache. Normale menschliche Gefühle wie Mitgefühl werden in der NS-Zeit als schlecht und schwach interpretiert und aller Hass auf die eigenen schwachen Seiten, die von Säuglingsalter an verboten worden sind, wird auf die Juden gerichtet. Die Juden tragen die verhassten Facetten, sie sind Sinnbild für alles schlechte, sie sind der Bazillus den man ausrotten muss. Das Verdrängen alles Schwache[n] („d.h. auch Emotionalität, Tränen, Mitleid, Einfühlung in sich und andere, Gefühle von Ohnmacht, Angst, Verzweiflung“31) wird unter dem Begriff Abspaltung von Selbsteilen zusammengefasst. Diese Selbstteile werden anschließend auf einen Träger aller dieser verabscheuten (weil in der eigenen Kindheit verbotenen und gefährlichen) Eigenschaften32 projeziert. Die Folge ist, „keine eigenen Gefühlsregungen zu spüren, sondern die Wünsche der Eltern als die eigenen zu erleben“33. Erziehungsmittel und Erziehungsziele in der Schwarzen Pädagogik Erziehungsmittel: - Entblößung und Überwachung - absolute Kontrolle - Einreden von Schuld - Stigmatisierung - Demütigung - Prügelstrafe Erziehungsziele: - absoluter Gehorsam - Autoritäten anerkennen - Dienen - Fleiß34 - Ordnungssinn - Pünktlichkeit - sich „Anpassen“ können 31 MILLER, Alice: Am Anfang war Erziehung, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1983, S.100 32 Vgl. MILLER, Alice: Am Anfang war Erziehung, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1983, S.100 33 MILLER, Alice: Am Anfang war Erziehung, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1983, S.101 34 Vgl. FRISCHMUTH, Barbara: Die Klosterschule, Rowohlt Verlag, Hamburg, 2002, S. 52 ff. 87 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Folgen: - Selbstzweifel - geringes Selbstwertgefühl - Minderwertigkeitsgefühl - Kränkung der Lebensfreude - natürliche Neugier des Kindes wird gebrochen - ständige Angst vor Strafe und Entdeckung Die „Schwarze Pädagogik“ ist nach Alice Miller35 dadurch gekennzeichnet, dass die Erwachsenen Herrscher über das abhängige Kind sind dass die Erwachsenen über Recht und Unrecht bestimmen können wie Götter dass der Zorn der Erwachsenen aus ihren eigenen Konflikten stammt dass sie das Kind für ihre eigenen Probleme und Konflikte verantwortlich machen dass die Erwachsenen die Meinung vertreten, die Eltern sind immer zu schützen dass die Erwachsenen die Meinung vertreten, lebendige Gefühle des Kindes bedeuten für ihre Herrschaft über das Kind eine Gefahr dass man dem Kind so früh wie möglich seinen "Willen nehmen" muss dass in der Erziehung alles sehr früh geschehen soll, damit das Kind davon noch möglichst wenig mitbekommt und den Erwachsenen nicht verraten kann. Die Mittel, die schwarze Pädagogik einsetzt, sind repressiv. Zu ihnen gehören: Fallen stellen, Lügen, Listanwendung, Verschleierung, Manipulation, Ängstigung, Liebesentzug, Isolierung, Misstrauen, Demütigung, Verachtung, Spott, Beschämung, Gewaltanwendung bis zur Folter... Schwarze Pädagogik ist darum bemüht, dem Kind von den ersten Lebensmonaten an Informationen über die Welt und seine Umwelt zu vermitteln, die in der gleichen Form schon über Generationen hinweg vermittelt worden sind. Solche Interpretationen der Welt werden von den Kindern übernommen und internalisiert, obwohl sie zum großen Teil nachweislich falsch sind. So wird Kindern in der schwarzen Pädagogik klargemacht, 35 dass aus Pflichtgefühl Liebe wird dass man den Hass mit Verboten aufheben kann dass Eltern von vornherein, einfach weil sie Eltern sind, Achtung verdienen dass Kindern eine solche Achtung von vornherein nicht entgegengebracht werden muss dass Gehorsam stark macht dass eine hohes Selbstwertgefühl schädlich ist dass dagegen eine niedrige Selbsteinschätzung menschenfreundlich macht dass Zärtlichkeiten verweichlichen und schädlich sind MILLER, Alice: Am Anfang war Erziehung, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1983, S.76 ff. 88 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 dass es richtig ist, auf kindliche Bedürfnisse nicht einzugehen dass Härte und emotionale Kälte ausgezeichnet aufs Leben vorbereiten dass vorgespielte Dankbarkeit besser ist als ehrliche Undankbarkeit dass das, was man tut, wichtiger ist, als das, was man ist dass die Eltern und Gott keine Kränkungen aushalten können36 dass der Körper etwas Schmutziges und Ekelhaftes darstellt37 dass heftige Gefühle schaden dass die Eltern rundum triebfrei und Wesen ohne jede Schuld sind dass Eltern immer Recht haben Kritik an der Schwarzen Pädagogik Ich bin mir sicher, dass ich hierbei nicht viel erörtern muss. Die negativen Auswirkungen der Schwarzen Pädagogik sind besonders deutlich. Es ist wohl schon klar, dass man niemanden (auch kein Kind) schlagen darf. Nicht schlecht behandeln, nicht manipulieren, nicht erniedrigen, nicht demütigen usw. … aber wie schaut die Wirklichkeit aus? Lässt es sich immer vermeiden, dass man das Kind nicht manipuliert u. Ä. . Ich bezweifle, dass dieser „Erziehungsstil“ schon ganz aus unseren Köpfen verbannt wurde. Es geht vielleicht nicht um nur um körperliche Gewalt, viel mehr um die zwischenmenschlichen Beziehungen im Alltag und in der Schule, ins Besondere denke ich hier an sich Anpassen könne, Schülerinnen und Schüler und Schüler irgendetwas aufzwingen wollen, demütigen usw.Aber unsere Aufgabe als Lehrer/als Lehrerin besteht auch sensibel zu werden und auf solche „schwarzen Schafe“, auf solche Vorfälle sofort zu reagieren. Es ist auch wichtig, dass man nicht selbst irgendwann in dieser Schiene fährt, man sollte sich selbst und andere sensibilisieren diesen „Erziehungsstil“ zu unterbinden. 36 Vgl. FRISCHMUTH, Barbara: Die Klosterschule, Rowohlt Verlag, Hamburg, 2002, S. 63 ff. 37 Vgl. FRISCHMUTH, Barbara: Die Klosterschule, Rowohlt Verlag, Hamburg, 2002, S. 71 ff. 89 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Schlusswort Zum Abschluss kann ich sagen, dass ich weder zur Antipädagogik noch zur Schwarzen Pädagogik tendiere. „Es sind Ihre Kinder, für die es sich lohnt, immer wieder als Lehrer und Vorbild zu dienen:38“ Für mich ist das Einzige was zählt die Vorbildwirkung. Alles was wir tun, einfach alles, muss auch so sein, wie wir es uns von unseren Kindern erwarten. Ich kann nicht „Übernatürliches“ von meinen Kindern verlangen. Denn wenn ich selbst meinen Kindern respektlos begegne, kann ich auch nicht von ihnen erwarten, dass sie mir gegenüber Respekt erweisen. Man soll jeden Menschen so behandeln, wie man auch selbst gerne behandelt werden möchte. Denn wer will schon gerne gedemütigt, beschimpft, missbraucht oder unterdrückt werden? – Ich nicht. Ein Gedicht Wenn du immer in der Person die neben dir sitzt, den Messias vermutest, der auf etwas Menschlichkeit hofft, dann wirst du lernen, deine Worte abzuwägen und deine Hände zu beobachten. Und wenn er sich entscheidet, sich nicht in deiner Zeit zu zeigen, dann wird das keine Rolle spielen. (Rabbinisches Sprichwort) Sprüche39 Für mich persönlich waren diese Sprüche sehr interessant, weil ich viele davon sehr oft verwende. Und ich arbeite an mir um diese und andere Aussagen nicht sehr oft oder wenn möglich gar nicht mehr benütze. Denn diese Aussagen und Redewendungen können sehr viel Groll und Zorn in einem Jugendlichen hervorrufen. Aber nicht nur Groll und Zorn, diese Aussagen haben alle etwas Negatives an sich und wenn ich dieses Negative auf den Jugendlichen projiziere, dann wird höchstwahrscheinlich nichts Positives zum Vorschein kommen. Und das ist das ganze Gegenteil was eigentlich einen guten Lehrer/ eine gute Lehrerin und einen guten Erziehungsberechtigen/ eine gute Erziehungsberechtigte ausmacht. 38 DOSICK, Wayne, Kinder brauchen Werte- 10 Lebensregeln die Kindern Halt und Orientierung geben, Wiener Verlag, Himberg bei Wien, 1995, S.18 39 http://kraetzae.de/erziehung/sprueche/ zugegriffen, am 13. November 2007 90 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Kannst du mir mal sagen, was das soll Sei ordentlich Geh da weg Das ist nichts für Kinder Du kriegst keine Extrawurst Wer nicht will der hat schon Hör mit dem Geplärr auf Entschuldige dich Warum ißt du schon wieder nichts Dazu bist du noch zu klein Woher hast du das Da führt nun mal kein Weg dran vorbei Das glaubst du doch selber nicht Das ist doch kein Umgang für dich Hör auf dich wie ein Kind zu benehmen Sieh mich an, wenn ich mit dir rede Das tut doch gar nicht weh Du wirst mir noch mal dankbar sein Wer nicht hören will muss fühlen Brav Du musst noch ruhiger werden Sitz gerade So spricht man nicht mit seinen Eltern Du brauchst nicht traurig zu sein Benimm dich Räum auf Lass das Stell dich nicht so an Heulsuse Ich hab dir schon hundertmal gesagt Sag Dankeschön Weshalb kommst du so spät nach Hause Kommt überhaupt nicht in Frage Wo warst du schon wieder Du solltest dich schämen Wenn du nur einen Funken Verstand hättest Mach bitte nicht so ein Gesicht Hoffentlich hast du mal ein Kind wie dich Du brauchst keine Angst zu haben Hast du keine Ohren Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt Denk doch mal an später Das hast du aber fein gemacht Das sagt man nicht Wenn ich dich dabei noch mal erwische Musst du immer das letzte Wort haben Hör auf damit Das gehört sich nicht Nimm dich zusammen Das kommt davon Dein Geschrei ändert gar nichts Kannst du nicht hören Gib der Tante die Hand Du weißt doch, wie gefährlich das ist Kannst du nicht aufpassen So ein großes Kind und dann so was Deine Ausreden kannst du dir sparen Geh jetzt ins Bett Das verstehst du, wenn du älter wirst Nimm die Hände aus den Taschen Ein Junge weint doch nicht Du hast überhaupt keinen Grund Du wirst schon sehen, was du davon hast Das verstehst du nicht Da guckt man nicht hin Das will ich aber überhört haben Sei nicht so vorlaut Das tut man nicht Kannst du denn nie genug kriegen Was soll bloß aus dir werden Du denkst immer nur an dich So geht das aber nicht Mach nicht so ein Theater Siehst du Red nicht so einen 91 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Stuss Du findest dich wohl interessant Nimm die Finger aus dem Mund Du halt dich da raus Du hast immer das letzte Wort Sprich nicht so schlecht Sei doch mal vernünftig Streng dich an Lauf nicht so breitbeinig Knabber nicht Da hast du dir ja wieder was angewöhnt Geflüstert wird nicht Du bist dick genug Guck dir mal die anderen Kinder an Wie du wieder aussiehst Was sollen bloß die anderen denken Wasch dir die Hände Putz deine Schuhe Typisch Anita Heute gibt es noch ein Donnerwetter Muss das sein Kannst du nicht antworten Tu nicht so Sei nicht so ungezogen Wenn du so weiter machst Wenn ich das deinem Vater erzähle Iß auf Du hast wohl ein Böckchen Nein nein Du könntest ruhig mal etwas Freude zeigen Du raubst mir den letzten Nerv Dir gefällt es wohl gar nicht hier Iß nicht so viel Solange du die Füße unter diesen Tisch steckst Sei nicht immer so unzufrieden Sei nicht so affig Was sollen denn die Leute denken Das war das letzte Mal So erreichst du gar nichts bei mir Muss ich erst mit dir schimpfen Was soll denn das Kann man sich denn gar nicht auf dich verlassen Musst du immer so rumtoben Daran solltest du dir mal ein Beispiel nehmen Sei nicht so kindisch Mund zu beim Essen Kannst du nicht vernünftig essen Beeil dich Hast du das immer noch nicht begriffen Hab dich nicht so Wie oft kommst du denn noch angekleckert Sei nicht so zimperlich Wenn du nur einmal machen würdest was ich dir sage Jetzt reichts mir aber bald mit dir Das ist aber gar nicht lieb von dir Warst du auch schön artig Sei jetzt lieb Wenn du schön lieb bist Du sollst stillsitzen Sei nicht so bescheiden Du musst noch vielmehr aus dir rausgehen Reiß dich zusammen Sei nicht so albern Wie oft muss ich dir das noch sagen Es wird aufgegessen Schling nicht so Bummel nicht so Ellenbogen vom Tisch Lüg nicht Deine Kommentare kannst du dir sparen Du kriegst gleich was auf die Finger Hast du keine Augen im Kopf Darüber spricht man nicht Sag mir die Wahrheit Schämst du dich nicht Das kannst du mir doch nicht erzählen Das hast du nun davon Was erlaubst du dir Du willst ja nicht auf mich hören Wenn du erst mal so alt 92 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 bist wie wir Geh in dein Zimmer Schrei nicht so rum Fällt dir nichts besseres ein Musst du immer drei Schritte hinter uns laufen Hör auf damit Lass dich nicht so gehen Erzähl nicht solchen Unsinn Schäm dich Kannst du dich nicht beherrschen Das hätte ich nicht von dir erwartet Ich warne dich Mein liebes Fräulein Trink nicht so hastig Es gibt gleich was hinten drauf Hörst du nicht Was bildest du dir eigentlich ein Keine Widerrede Ab ins Bett Zieh dich vernünftig an Du wirst wohl nie selbständig Das will ich nicht noch mal erleben Schlürf nicht Du gehst ja schon wieder so spät ins Bett Musst du immer deinen Kopf durchsetzen Wie redest du denn mit deinem Vater Gib die schöne Hand Du kannst mir ruhig die Wahrheit sagen Willst du uns blamieren Soweit kommt das noch Mit dir muss man sich ja schämen Ich will dich nicht mehr sehen Du weißt wohl nicht wen du vor dir hast Das könnte dir so passen Von dir hätte ich mehr Vernunft erwartet Finger weg Das ist der Dank Das nächste Mal passt du besser auf Du könntest dich ruhig etwas anstrengen Nicht so schnell, du fällst hin Immer machst du alles falsch Das werde ich mal deinen Eltern erzählen Das kannst du gar nicht beurteilen Mach schön AA Du bist schon ganz müde Aber das schmeckt doch gut Kannst du nicht mal was alleine entscheiden Pass schön auf Das ist nicht gut für dich Ich will doch nur dein Bestes Antworte gefälligst wenn du gefragt wirst Mit vollem Mund spricht man nicht Stell dich nicht so an Du tust gar nicht dergleichen Ich werd dir gleich helfen Hast du den Verstand verloren Geh mir aus den Augen Alles muß man selber machen Du trinkst ja wie ein Loch Kommst du jetzt endlich Mach mal weiter so Das wird doch sowieso nichts Jetzt ist aber Schluss hier Jetzt ist aber Schluß hier Muß ich dir alles dreimal sagen 93 Daniel Nimmervoll Matrikelnummer: 0694012 Quellennachweis Verwendete Literatur FLITNER, Andreas: Konrad, sprach die Frau Mama…-Über Erziehung und Nicht-Erziehung, Beltz Taschenbuch, Weinheim und Basel, 2004 MILLER, Alice: Am Anfang war Erziehung, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1983 RUTSCHKY, Katharina (Hrsg): Schwarze Pädagogik- Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung, Ullstein Verlag, Berlin, 1997 von BRAUNMÜHL, Ekkehard: Antipädagogik- Studien zur Abschaffung der Erziehung, Beltz Verlag, Weinheim und Basel, 1989 FRISCHMUTH, Barbara: Die Klosterschule, Rowohlt Verlag, Hamburg, 2002 DOSICK, Wayne, Kinder brauchen Werte- 10 Lebensregeln die Kindern Halt und Orientierung geben, Wiener Verlag, Himberg bei Wien, 1995 Verwendete Internetseiten http://lexikon.meyers.de/meyers/Antipädagogik zugegriffen, am 13. November 2007 http://kraetzae.de/sonstiges/12rechte/ zugegriffen, am 12. November 2007 94 Daniel Nimmervoll