doc - ChidS

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Hinweis:
Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule).
Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht herunter geladen werden,
unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende:
http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html
Philipps-Universität Marburg
Fachbereich Chemie
Seminar: Übungen im Experimentalvortrag
Leitung: Prof. Dr. B. Neumüller, Dr. P. Reiß, Prof. Dr. U. Koert, Prof. Dr. U. Müller
Wintersemester 2004/2005
Mit dem
Gummibärchen
durch die Organische Chemie
Experimentalvortrag vom 10.11.2004
Silvia Eichler
Ernst-Moritz-Arndt-Str. 2
35039 Marburg
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung....................................................................................................... Seite 3
2. Inhaltsstoffe....................................................................................................Seite 4
2.1 Kohlenhydrate.......................................................................................... Seite 4
Versuch 1: Molisch-Test.................................................................... Seite 5
2.1.1 Glucosesirup......................................................................................... Seite 7
Versuch 2: Fehling-Probe...................................................................Seite 9
2.1.2 Zucker................................................................................................... Seite 10
Versuch 3: Saccharosenachweis......................................................... Seite 11
2.2 Proteine.................................................................................................... Seite 13
2.2.1 Gelatine................................................................................................. Seite 13
2.2.1.1 Kollagen............................................................................................. Seite 13
2.2.1.2 Herstellung von Gelatine................................................................... Seite 14
Versuch 4: Xanthoproteinreaktion..................................................... Seite 14
Versuch 5: Säurehydrolyse von Proteinen......................................... Seite 16
2.2.2 Säure-Base-Eigenschaften der Aminosäuren........................................ Seite 17
Versuch 6: Elektrophorese................................................................. Seite 17
Versuch 7 Detektion mit Ninhydrin................................................... Seite 20
2.3 Farbstoffe................................................................................................. Seite 24
Versuch 8: Isolation der Farbstoffe – Adsorption am Wollfaden.................. Seite 24
Versuch 8a: Isolation der Farbstoffe – Adsorption an Polyamidpulver........ Seite 26
Versuch 9: Chromatographische Auftrennung.............................................. Seite 27
3. Schulrelevanz................................................................................................. Seite 29
4. Literatur..........................................................................................................Seite 31
5. Sicherheitshinweise zu den verwendeten Chemikalien................................. Seite 32
2
1. Einleitung
Süßigkeiten sind seit 2000 Jahren bekannt und beliebt. Bevor Zucker gewonnen werden
konnte, nutzte man Honig, um Nahrungsmitteln die nötige Süße zu verleihen.
Allmählich kam Zucker aber eine immer stärkere Gewichtung zu. Doch mit der Nachfrage
stieg auch der Preis und so kostete ein Pfund Zucker im Mittelalter umgerechnet 1200 €.
Daher war diese Leckerei nur dem Adel und reichen Bürgern vorbehalten.
Napoleon ist es zu verdanken, dass ab 1806 Süßwaren auch wieder der breiten Bevölkerung
zur Verfügung standen. Denn in diesem Jahr verhängte er die Kontinentalsperre über Europa,
was dazu führte, dass der Zuckerrübenanbau ausgedehnt wurde und somit Zucker wieder
etwas preisgünstiger zu erwerben war.
Im 19. Jahrhundert mischten, sei es aus Zufall oder aus Versehen, kreative Köpfe des
Zuckerbäckerhandwerks Zucker mit Gummi arabicum, dem Harz einer bestimmten
Akazienart und läuteten damit den Vormarsch von Fruchtgummi als Süßigkeit ein.
Doch schnell verteuerte sich auch Gummi arabicum derart, dass schleunigst alternative
Grundstoffe für die liebgewonnene Nascherei entdeckt werden mussten. Zu den Alternativen
zählten vor allem Gelatine, Pektin und Stärke, die alle auch heute noch ihren Einsatz finden.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Theodore (Teddy) Roosevelt Präsident in den USA.
Gerne ging er auf Bärenjagd. Von seiner offensichtlichen Medienpräsenz und Beliebtheit,
weit über seine Landesgrenzen hinaus, profitierte auch der Bär. So wurde ein Spielzeug
namens Teddybär auf den Markt gebracht und in einer kleinen Zuckerwarenfabrik in Bonn
kreierte der Firmenbesitzer Hans Riegel die Form des Haribo Tanzbären, welcher die Urform
des heutigen Gummibären darstellt.
damals
heute
3
2. Inhaltsstoffe
Gummibärchen bestehen in erster Linie aus Gelatine, des weiteren aus Kohlenhydraten, vor
allem Glucose und Saccharose. Neben diesen Grundstoffen sind den Gummibärchen je nach
Hersteller und Variation noch natürliche oder synthetische Farbstoffe und Aromastoffe
zugesetzt. Als Überzugsmittel, welches ein Aneinanderkleben der Bärchen verhindern soll,
dienen meist Bienen- und Caranubawachs. Des weiteren gibt es noch GummibärchenVersionen, denen Vitamine, Mineralstoffe oder sonstige lebensnotwendige Substanzen
zugesetzt sind, um im Verbraucher eine gesundheitsfördernde Wirkung zu induzieren.
2.1 Kohlenhydrate
Kohlenhydrate werden ursprünglich definiert als Hydrate von Kohlenstoff nach der
allgemeinen Formel Cn(H2O)m. Nach heutigem Erkenntnisstand werden sie jedoch als
Polyhydroxy-Aldehyde oder –Ketone bezeichnet.
Ihre wichtigsten funktionellen Gruppen sind demnach die Carbonylgruppe, also Aldehydoder Ketogruppe, sowie die Hydroxygruppe.
Die Einteilung der Kohlenhydrate erfolgt nach ihrer Molekülgröße in Mono-, Oligo- und
Polysaccharid, wobei ein Oligosaccharid aus 2-10 Monosaccharideinheiten aufgebaut ist,
während all diejenigen Kohlenhydrate als Polysaccharid bezeichnet werden, die mehr als 10
Monosaccharideinheiten aufweisen.
Die Monosaccharide wiederum lassen sich einteilen nach der Anzahl ihrer beinhalteten
Kohlenstoffatome. So werden solche Monosaccharide, die drei Kohlenstoffatome besitzen, als
Triosen bezeichnet, diejenigen mit vier als Tetrosen, mit fünf als Pentosen usw. Des weiteren
kann eine genauere Bezeichnung durch Berücksichtigung der funktionellen Gruppe erzielt
werden. Monosaccharide mit einer Aldehydfunktion werden als Aldosen, diejenigen mit
Ketogruppe als Ketosen bezeichnet.
Im Übrigen leitet sich der Name Saccharid vom griechischen Wort Sakcharon ab, was Zucker
bedeutet.
4
Versuch 1: Molisch-Test
Chemikalien
Gummibärchenlösung
Schwefelsäure (H2SO4); w = 0,96
Thymol (C10H14O); w = 0,15, in Ethanol
Geräte
Säureschutzhandschuhe
Reagenzglas
Pasteurpipette
Durchführung
Zunächst stellt man die Gummibärchenlösung her. Hierzu fügt man eine Hand voll
Gummibärchen aller Farben in ein Becherglas und löst sie unter starker Hitze in etwa 100 mL
Wasser. Die Lösung lässt sich für alle weiteren Versuche verwenden. Man gibt einige mL der
Gummibärchenlösung in ein Reagenzglas. Dann tropft man wenige Tropfen der
Thymollösung hinzu und schwenkt um. Nun wird mit konzentrierter Schwefelsäure
unterschichtet.
Auswertung
An der Phasengrenze bildet sich nach der Unterschichtung ein brauner Ring.
Der Molisch-Test dient zum Nachweis von Kohlenhydraten. Zunächst kommt es durch den
Schwefelsäure-Zusatz zu einer Dehydratisierung der Kohlenhydrate in der GummibärchenLösung.
OH
H
HO
HO
H
H
O
OH
H
O
H
+ H2SO4 (aq)
O
H
+ H2SO4 (aq). 3 H2O
OH OH
Dadurch kommt es bei Hexosen zur Ausbildung des Hydroxymethylfurfurals, welches eine
Aldehydgruppe aufweist. Aus Pentosen würde Furfural hervorgehen.
5
Im nächsten Schritt wird das Hydroxymethylfurfural durch Thymol angegriffen. Thymol stellt
einen trisubstituierten Aromaten dar, die Hydroxygruppe weist den stärksten Effekt auf,
welcher ein + M-Effekt ist. Durch die Hydroxygruppe wird also Elektronendichte in das
Ringsystem hineingeschoben, daher wirkt Thymol als Nukleophil und addiert sich an das
positiv polarisierte Kohlenstoffatom der Aldehydgruppe des Hydroxymethylfurfurals.
OH
O
HOH2C
OH
+
O
H
H3C
CH3
O
HOH2C
CH3
+
CH3
O
H3C
CH3
H
~H+
Nach einer erfolgten Umprotonierung wird Wasser als Abgangsgruppe eliminiert und es
resultiert eine C-C-Doppelbindung.
O
O
H3C
H
HOH2C
H3C
CH3 - H O
2
O
H
OH
CH3
HOH2C
CH3
O
CH3
H
Nun greift ein weiteres Thymolmolekül als Nukleophil die C-C-Doppelbindung an und
addiert sich an diese.
O
OH
H3C
HOH2C
CH3
O
CH3
H
+
CH3
CH3
H3C
6
Nach erneuter Umprotonierung werden zwei Protonen eliminiert. Dadurch kommt es erneut
zur Ausbildung einer C-C-Doppelbindung, in der die Kohlenstoffatome von –1 nach 0
oxidiert werden. Die Reduktion findet an einer anderen, unbekannten Stelle statt. Als
Reaktionsprodukt entsteht ein Furfuryl-diphenyl-methan-Farbstoff, der aufgrund des
konjugierten π-Elektronensystems bräunlich erscheint.
OH
O
H3C
H3C
CH3
H
HOH2C
O
H CH CH3
3
~H+
O
HOH2C
CH3
- 2 H+, - 2 e-
H3C
H3C
CH3
CH3
OH
CH3
CH3
O
braun
Furfuryl-diphenyl-methan-Farbstoff
2.1.1 Glucose
Glucose liegt in Gummibärchen in Form von Glucosesirup vor. Es soll dazu dienen,
Gummibärchen durchsichtig zu machen.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Glucose auch als Traubenzucker bezeichnet. Glucose ist
ein Monosaccharid, genauer gesagt eine Aldohexose, besitzt also eine Aldehydgruppe und ist
aus sechs Kohlenstoffatomen aufgebaut. Aufgrund der Aldehydgruppe wirkt Traubenzucker
auf andere Stoffe reduzierend. Die Aldehydgruppe selbst wird zur Carboxylgruppe oxidiert.
Monosaccharide
neigen
zur
Halbacetalbildung.
Hierbei
reagieren
intramolekulare
Hydroxygruppen mit dem Carbonyl-Kohlenstoff der Aldehyd- oder Ketogruppe. Auf diese
Weise entstehen Fünf- und Sechsringe, die stabiler als die acyclischen Formen sind. Es
entsteht dadurch weiterhin ein anomeres Kohlenstoffatom, es ist also mit vier verschiedenen
7
Substituenten verbunden. Je nachdem, ob die Hydroxygruppe an diesem Kohlenstoffatom
axial oder äquatorial steht, wird die Verbindung mit α oder β gekennzeichnet. Die beiden
Verbindungen stellen Diastereomere dar.
Bei Glucose kann nun entweder die Hydroxygruppe des 4. oder die des 5. Kohlenstoffatoms
an der Carbonylgruppe angreifen. Erfolgt der Angriff durch die OH-Gruppe am 4.
Kohlenstoffatom, so resultiert ein Fünfring. Aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Furanmolekül,
wird diese Verbindung als Furanose bezeichnet. Auch hier wird wieder die Unterscheidung in
α- oder β-D-Glucofuranose gemacht. Greift die Hydroxygruppe am 5. Kohlenstoffatom an, so
entsteht ein Sechsring. Dieser erinnert an das Pyranmolekül und wird dementsprechend als
Pyanose bezeichnet. Auch hier kommt es wieder zur Unterscheidung zwischen der α- und der
β-Form. Ringschluss und –öffnung stehen im Gleichgewicht zueinander. Daher kann jeder der
vier möglichen Ringe über die offenkettige Form in die anderen umgewandelt werden. Isoliert
man ein Diastereomer, so kann man nach einiger Zeit auch das andere nachweisen
(Mutarotation).
OH
H
O
HO
HO
H
H
H
OH
HO
H
H
H
OH
OH
H
β-D-Glucopyranose
O
CH2 OH
O
H
H
H
HO
OH
H
OH
HO
O
H
H
OH
HO
HO
H
CH2 OH
H
H
OH
H
OH
O
HO
HO
H
α-D-Glucopyranose
HO
OH
H
OH
α-D-Glucofuranose
H
OH
OH
H
H
β-D-Glucofuranose
8
Versuch 2: Fehling-Probe
Chemikalien
Gummibärchenlösung
Fehling I-Lösung (CuSO4 . 5 H2O)
Fehling II-Lösung (K-Na-Tartrat . 4 H2O, NaOH(aq))
Geräte
Reagenzglas
Wasserbad
Heizplatte
Durchführung
Zunächst sind die Fehling-Lösungen herzustellen. Für Fehling I-Lösung löst man 7 g CuSO4 .
5 H2O in 100 mL H2O. Für Fehling II-Lösung werden 34 g KNaC4H4O6 . 4 H2O mit 10g
NaOH in 100 mL H2O gelöst.
Nun gibt man einige mL Fehling I-Lösung in ein Reagenzglas und füllt so lange Fehling IILösung hinzu, bis sich der entstehende Niederschlag wieder löst. Zur Lösung werden jetzt
einige mL der Gummibärchenlösung gefüllt und das Reagenzglas im Wasserbad einige Zeit
erhitzt.
Auswertung
Durch Zugabe von Fehling II-Lösung zu Fehling I-Lösung färbt sich das Gemisch dunkelblau.
Im Wasserbad stellt sich zunächst eine grünliche Färbung ein, die über gelb zu einem
ziegelrot ausfallenden Niederschlag führt.
Die Fehling-Probe dient zum Nachweis reduzierender Zucker.
Aufgrund der Mischung der beiden Fehling-Lösungen bildet sich zunächst das dunkelblaue
Ditartrato-Cuprat(II)-Anion aus. Dadurch wird verhindert, dass Cu(OH)2 ausfällt, was eine
weitere Reaktion mit der Gummibärchenlösung verhindern würde.
Die gelbe Farbe lässt sich auf temporär entstehendes CuOH zurückführen.
9
Die Hauptreaktion ist die Reduktion des Kupferatoms von der Oxidationsstufe +2 im
Ditartrato-Cuprat(II)-Anion zu +1 in Kupfer(I)-Oxid, welches einen ziegelroten Niederschlag
ausbildet. Die Reduktion geht auf die Aldehydgruppe der offenkettigen Form der Glucose in
Gummibärchenlösung zurück, welche selbst zur Carboxylgruppe oxidiert wird und somit als
zweites Reaktionsprodukt Gluconsäure resultiert. Weiterhin entsteht bei dieser Reaktion
Wasser und der ehemalige Komplexbildner Tartrat geht in Lösung.
OH
H
OH
HO
HO
H
H
O
H
O
O
H
H
+ 2
+1 H
OH
H
O
O
Cu
O
O
O
O
O
H
O
H
H
O
O
4-
+ 5 OH-(aq)
(aq)
blau
OH
H
+1
OH
HO
HO
H
H
+
H
+3 O
OH
Cu2O
+
4 C4H4O63- (aq) + 7 H2O
rostrot
O
2.1.2 Zucker
Neben Glucose ist als weiteres Kohlenhydrat Zucker bei der Inhaltsstoffangabe von
Gummibärchen aufgeführt. Mit Zucker ist Saccharose gemeint, die auch als Haushalts- oder
Kristallzucker bezeichnet wird. Die Gewinnung von Saccharose kann zum einen aus
Zuckerrohr, zum anderen aus Zuckerrüben erfolgen.
Saccharose ist ein Beispiel für ein Disaccharid aus einer Glucose- und einer Fructoseeinheit,
die glykosidisch miteinander verknüpft sind. Diese Verknüpfung erfolgt durch Angriff einer
Hydroxygruppe des einen Monosaccharids am anomeren Kohlenstoffatom des anderen
Monosaccharids. Im Fall der Saccharose befindet sich die Hydroxygruppe auch an einem
anomeren Kohlenstoffatom. Daher können die beiden Monosaccharide ihren Ring nicht mehr
öffnen und Saccharose besitzt somit keine reduzierende Gruppe.
10
Glucose liegt bei der Bildung von Saccharose in der Pyranoseform vor und die glykosidische
Bindung befindet sich axialständig am anomeren Kohlenstoffatom. Fructose liegt in der
Furanoseform vor, die glykosidische Bindung befindet sich äquatorialständig. Daher lautet
der systematische Name für Saccharose α-D-Glucopyranosyl-β-D-Fructofuranosid.
OH
H
HO
HO
H
H
H
O
H
OH
O
H
OH
H
OH
O
CH2OH
CH2OH
H
Versuch 3: Saccharose-Nachweis
Chemikalien
Gummibärchenlösung
Natronlauge (NaOH(aq))
Cobaltnitratlösung (Co(NO3)2 (aq))
Geräte
3 Reagenzgläser
Durchführung
Man versetzt etwas Gummibärchenlösung mit so viel Natronlauge, dass sie einen alkalischen
pH-Wert aufweist. Nun fügt man einige mL der Cobaltnitratlösung hinzu.
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Auswertung
Es ist nach Zugabe der Cobaltnitratlösung eine Farbveränderung nach violett zu erkennen.
Co2+ geht mit Saccharose aus der Gummibärchenlösung eine Komplexverbindung
tetraedrischer Anordnung ein. Durch das alkalische Milieu ist Saccharose deprotoniert worden
und kann als zweizähniger Ligand fungieren. Als weiteres Reaktionsprodukt entsteht Wasser.
Co2+(aq) + 2 NO3-(aq) + 4 OH-(aq) + 2 C12(H2O)11 (aq)
HO
H O
H
O H
H
H
H
H
OH
O
OH
O
OH
H
H
OH
O
Co2+
H
O
O
O
O
HO
H
H
H
HO
H
2-
OH
+ 2 NO3-(aq) + 4 H2O
O
HO
H
OH
OH
H
OH
(aq)
violett
12
2.2 Proteine
2.2.1 Gelatine
Gelatine wird Nahrungsmitteln häufig als Streck- und Bindemittel zugesetzt. So weisen
beispielsweise kalorienreduzierte Produkte oft einen hohen Gelatineanteil auf. Weiterhin wird
Gelatine vom Menschen aber auch in Form von Kapseln, in denen sich Pharmaka befinden,
aufgenommen. Sie ist besonders beliebt, weil sie neben Wasserlöslichkeit die Eigenschaft
besitzt, trotz der flexiblen Form auch mechanisch belastbar und stabil zu sein.
Die Gewinnung von Gelatine erfolgt aus Kollagen.
2.2.1.1 Kollagen
Kollagen kommt vor allem in Haut, Knochen und Sehnen von Lebewesen vor. Es handelt sich
nicht etwa um ein bestimmtes Protein, sondern vielmehr um eine ganze Proteinfamilie, die
sich aus 17 Kollagentypen zusammensetzt. Pro Proteinstrang lassen sich 1024 Aminosäuren
ausmachen. Jeweils drei Stränge wickeln sich tripelhelical umeinander, sodass ein dehnbarer,
flexibler, aber dennoch sehr stabiler und reißfester Verbund entsteht.
Die Knicke in der Helix lassen sich auf die Aminosäure Prolin zurückführen, die ein
sekundäres Amin darstellt, weil die Aminosäuregruppe selbst Teil eines Ringes darstellt.
Neben Prolin, welches zu etwa 13 % in Kollagen vorkommt, stellen Glycin mit 33 % sowie
Alanin mit 11 % die Hauptaminosäuren der Proteine.
13
2.2.1.2 Herstellung von Gelatine
Gelatine lässt sich aus Rinderknochen herstellen. Diese Abfallprodukte aus Schlachtereien
werden zunächst zerkleinert und entfettet, bevor sie für einige Tage in verdünnte Salzsäure
gelegt werden. Auf diese Weise sollen den Knochen die Mineralien entzogen werden und sie
erweichen.
Weiterhin kann auch Rinderspalt zur Gelatinegewinnung herangezogen werden. Rinderspalt
ist das subcutane Gewebe der Haut, welches zum Fleisch hin zeigt. Das zum Fell zeigende
wird in Gerbereien zur Lederherstellung eingesetzt, Spalt ist daher ein Abfallprodukt in
Gerbereien. Um weitere Verunreinigungen, vor allem aber Haare zu entfernen, werden
sowohl Rinderspalt wie auch die erweichten Knochen im nächsten Schritt geäschert, bevor
eine Stufenextraktion mit heißem Wasser erfolgt.
Ebenfalls extrahiert mit heißem Wasser wird der dritte mögliche Rohstoff zur
Gelatineherstellung, Schweineschwarten. Diese stammen von Tieren, die nicht älter als 9
Monate sind, da das Kollagen älterer Tiere zu sehr quervernetzt wäre.
Man kann nun mit dem sauren oder dem basischen Verfahren anschließen. Beim sauren
Verfahren, welches vornehmlich für Rinderrohprodukte eingesetzt wird, sollen durch saure
Hydrolyse vor allem die Quervernetzungen des Kollagens sowie Proteine des Bindegewebes
zerstört werden. Das basische Verfahren dient in erster Linie dazu, restliche Fette zu
verseifen.
Nachdem diese Reinigungsverfahren vollzogen worden sind, muss das Rohprodukt sterilisiert
werden, da Gelatine einen perfekten Nährboden für Mikroorganismen darstellt. Nach der
Gelierung und Trocknung auf einen Wassergehalt von weniger als einem Prozent wird die
fertige Gelatine nach Wunsch des Kunden gemahlen, gemischt und verpackt.
Versuch 4: Xanthoproteinreaktion
Chemikalien
Gummibärchenlösung aus farblosen Gummibärchen
Salpetersäure (HNO3); w = 0,65
14
Geräte
Reagenzglas
Wasserbad
Heizplatte
Durchführung
Zur farblosen Gummibärchenlösung werden im Reagenzglas einige Tropfen konz.
Salpetersäure gegeben, das Reagenzglas anschließend in ein kochend heißes Wasserbad
gestellt.
Auswertung
Nach etwa zehn Minuten im kochend heißen Wasserbad wird die Lösung allmählich gelb.
Der Versuch dient zum Nachweis von Proteinen. Voraussetzung ist allerdings, dass das
Protein Aminosäuren mit aromatischem Rest beinhaltet.
Salpetersäure und weitere Protonen liegen im Gleichgewicht mit Wasser und dem NitrylKation.
HNO3 (aq) + H3O+(aq)
2 H2O + NO2+(aq)
Dieses Nitryl-Kation wirkt im weiteren Reaktionsverlauf als Elektrophil. Aminosäuren mit
einem aromatischen Rest, wie Phenylalanin, können in ortho- oder para-Position, bezogen
auf den Substituenten, die Aminosäuregruppe, von Elektrophilen angegriffen werden. Die
Aminosäuregruppe ist ortho- oder para-dirigierend, weil sie einen +I-Effekt aufweist. Aus
sterischen Gründen ist die para-Position bevorzugt.
Das aromatische System wird durch das Elektrophil zunächst zerstört, es kommt zur
Ausbildung eines Übergangszustandes, bei dem die positive Ladung über fünf
Kohlenstoffatome delokalisiert ist. Unter Abspaltung eines Protons wird der aromatische
Zustand wieder hergestellt, der aromatische Rest der Aminosäure ist nitriert worden, worauf
die gelbe Färbung zurückzuführen ist.
+
COOH
NO2+(aq)
+
H
NH2
Phenylalanin
O2N
COOH
- H+
+
H
COOH
H2N
NH2
O2N
gelb
15
Versuch 5: Säurehydrolyse von Proteinen
Chemikalien
Gummibärchen
Salzsäure (HCl(aq)) w = 0,37
Geräte
Reagenzglas
Pasteurpipette
Bunsenbrenner
Trockenschrank
Filterpapier
Trichter
Schraubdeckelglas
Durchführung
Zunächst ist ein Stück des Gummibärchens in ein Reagenzglas zu legen und mit so viel
Salzsäure zu belegen, dass es gerade bedeckt ist. Mit Hilfe des Bunsenbrenners schmilzt man
das Reagenzglas zu und lässt das Gemisch für etwa 6 Stunden im Trockenschrank bei 120 °C
reagieren. Nun öffnet man die Ampulle wieder und löst den festen Rückstand in Wasser,
bevor man die Suspension abfiltriert. Die Lösung bewahrt man in einem Schraubdeckelglas
für weitere Versuche auf.
Auswertung
Durch den Säureangriff werden die Peptidbindungen des Proteins zerstört und dieses in seine
Aminosäuren zerlegt.
R2
O
N
...
R1
H
N
H
+ 2 H+(aq)
H
N H
...
N
...
...
O
R2
H
O
R1
O
H
R2
H
O
N
...
R1
O
H
O
H
N H
+
...
H
O
...
H
R2
OH2
N
R1
H
H
O
N
...
R1
H
N H
H2O
H
O
H
O
R2
+
...
O
H
H
N H
...
~ H+
NH3
...
R1
+
HOOC
N H
...
R2
16
2.2.2 Säure-Base-Eigenschaften der Aminosäuren
Aminosäuren besitzen einen amphoteren Charakter, das bedeutet, sie können sowohl als Säure
wie auch als Base wirken. Sie liegen als Zwitterionen mit einer bipolaren Struktur vor und
sind an ihrem isoelektrischen Punkt (IEP) formal ungeladen. Liegt der pH-Wert des Mediums,
in dem sie sich befinden, niedriger als der ihres IEP, so ist die Aminosäure an ihrer
Carboxylgruppe sowie an der Aminogruppe protoniert und daher positiv geladen. Liegt der
pH-Wert des Mediums höher als ihr IEP, so ist die Carboxylgruppe deprotoniert und der
Aminogruppe fehlt das zusätzliche Proton. In diesem Fall ist die Aminosäure negativ geladen.
Aufgrund der unterschiedlichen Reste der verschiedenen Aminosäuren besitzt jede einen
individuellen
isoelektrischen
Punkt.
Eine
elektrophoretische
Trennung
eines
Aminosäuregemisches ist daher möglich.
Versuch 6: Elektrophorese
Chemikalien
Säurehydrolysierte Gummibärchenlösung (aus Versuch 5)
Dinatriumhydrogenphosphat (Na2HPO4 . 2 H2O (aq))
Kaliumdihydrogenphosphat (KH2PO4 (aq))
Geräte
Elektrophoresekarte aus Cellulose
Glaskapillare
Elektrophorese-Apparatur
Krokodilklemmen
Trafometer
Verbindungsschnüre
Handschuhe
Trockenschrank
17
Durchführung
Zur Herstellung einer Pufferlösung vom pH-Wert 6 werden 1,187 g Na2HPO4
.
2 H2O in
100 mL Wasser gelöst. Ebenso werden 0,907 g KH2PO4 in 100 mL Wasser gelöst. Es werden
12,1 mL der Na2HPO4-Lösung entnommen und mit der KH2PO4-Lösung auf 100 mL
aufgefüllt.
Aufgrund der Aminosäuren, die sich auf der Haut befinden, dürfen die weiteren Schritte nur
mit ganz neuen, unberührten Handschuhen durchgeführt werden.
Die Elektrophoresekarte wird für die Apparatur passend zurechtgeschnitten. Nun zeichnet
man in der Mitte der Karte eine Markierung ein, auf diese trägt man mit Hilfe der Kapillare
etwa 10 Mal je einen Punkt aus der denaturierten Gummibärchenlösung auf. Nun wird die
Karte in die Elektrophorese-Apparatur eingespannt , Plus- und Minuspol vermerkt und so viel
Pufferlösung darüber gegossen, dass beide Elektroden gut in die Lösung eintauchen. Die Pole
werden mit dem Trafometer verbunden und eine Gleichspannung von etwa 300 V angelegt.
Nach etwa 30 Minuten wird die Apparatur ausgeschaltet und die Karte im Trockenschrank
getrocknet.
Auswertung
Ein Aminosäuregemisch kann elektrophoretisch aufgetrennt werden. Bei pH = 6, also im
neutralen Milieu, liegen Aminosäuren als Zwitterionen vor, d. H., die Aminogruppe ist
protoniert, während die Säuregruppe deprotoniert auftritt. Aminosäuren besitzen aber
unterschiedliche Reste, die ebenfalls protoniert oder deprotoniert vorliegen können. Sie
nehmen dadurch Einfluss auf die Formalladung der Aminosäuren. Je nachdem, welche
Ladung Aminosäuren aufweisen, wandern sie im elektrischen Feld.
Bei der Elektrophorese wird ein ebensolches Feld aufgebaut. Die Anode stellt den (+)-Pol dar,
während die Kathode den (-)-Pol kennzeichnet.
Die Aminosäure Alanin beispielsweise gehört zu den alkylischen Aminosäuren. Bei einem
pH-Wert von 6 liegt sie als Zwitterion vor, ist formal also ungeladen. Sie wandert im
elektrischen Feld nicht. Lysin gehört zu den basischen Aminosäuren und besitzt eine zweite
Aminogruppe. Bei einem pH-Wert von 6 liegt diese zweite Aminogruppe noch protoniert vor,
die Aminosäure ist formal einfach positiv geladen und wandert im elektrischen Feld in
Richtung Kathode.
Asparaginsäure gehört zu den sauren Aminosäuren und besitzt eine zweite Carboxylgruppe.
Bei einem pH-Wert von 6 ist bereits eine Deprotonierung erfolgt, die Aminosäure liegt als
18
Anion vor, welches als Asparagat bezeichnet wird. Durch diese einfach negative Ladung
wandert diese Aminosäure im elektrischen Feld in Richtung Anode.
pH = 6
Anode
Kathode
H3N
COO
(CH2)3
H3N
COO
CH3
NH3
Lysin:
pKs1=2,18
pKs2=8,95
pKsR=10,53
Alanin:
pKs1=2,36
pKs2=9,69
pHiso=6,02
H3N
COO
CH2
COO
Asparagat:
pKs1=2,09
pKs2=9,82
pKsR=3,86
Wie am Beispiel dieser drei Aminosäuren zu erkennen ist, besitzen alle Aminosäuren
unterschiedliche pKs-Werte und wandern daher im elektrischen Feld unterschiedlich schnell
und weit zum Plus- oder Minuspol. Aufgrund dessen ist eine elektrophoretische Trennung
aller Aminosäuren in einem Gemisch möglich. Um eine quantitative Trennung zu erreichen,
muss die Apparatur entsprechend groß und die Elektrophoresedauer entsprechend lang genug
sein.
19
Versuch 7: Detektion mit Ninhydrin
Chemikalien
Ninhydrin (C9H6O4)
1-Butanol (C4H9OH)
Eisessig (CH3COOH)
Geräte
Elektrophoresekarte aus Versuch 6
Erlenmeyerkolben mit Schliff
Sprühaufsatz
Handgebläse
Trockenschrank
Durchführung
Zunächst ist ein Ninhydrin-Sprühreagenz herzustellen. Hierzu werden 0,35 g Ninhydrin in
100 mL 1-Butanol und 4 mL Eisessig gelöst. Mit Hilfe dieses Sprühreagenzes wird die
Elektrophoresekarte aus Versuch 6 angesprüht und für etwa 10 Minuten bei 80 °C in den
Trockenschrank gelegt.
Auswertung
Es lassen sich violettfarbene Flecken entlang der Karte erkennen.
Ninhydrin liegt im Gleichgewicht mit seinem Hydrat, wobei das Gleichgewicht auf der
Hydrat-Seite liegt.
O
O
O H
O
O
H
O
O
O
O
H
-H2O
H
O
+H2O
O
20
Die Aminosäure greift mit dem freien Elektronenpaar am Stickstoff-Atom der Aminogruppe
als Nucleophil am elektrophilsten Carbonyl-Kohlenstoff des Ninydrin an. Aus diesem
Zwischenprodukt entsteht nach einer Umprotonierung ein Halbaminal.
H
H
O
N
H
Oδ
-
δ+
O
O
COOH
O H
O
R
H
N
O
O
H
N
COOH
R
H
+H+
H
COOH
R
O
H
Es wird nun die Hydroxygruppe am Kohlenstoff protoniert, sodass Wasser als
Abgangsgruppe eliminiert werden kann. Über das Imminiumion, bei dem die positive Ladung
sowohl am Stickstoff, als auch am Kohlenstoff lokalisiert sein kann, entsteht nach
Deprotonierung ein Imin.
O
O H
N
-H2O
H
N
H
COOH
R
O
O
O
H
O
-H+
H
N
H
R
H O
O
COOH
H
O
R
Durch Übertragung des Protons der Carboxylgruppe der ehemaligen Aminosäure und
Umklappen der C-O-Doppelbindung resultiert eine Decarboxylierung, durch die ein Enol
entsteht, welches gleichzeitig wieder ein Imin darstellt.
O
O
O
N
H
R
H O
O
O
-CO2
N
H
R
H O
O
O
N
H
R
O
H
Dieses steht in Keto-Enol-Tautomerie mit seinem Keton.
21
Im nächsten Schritt wird Wasser an das positiv polarisierte Kohlenstoffatom der Iminbindung
addiert.
O
O
O
H
H
H
R
O
N
+H2O
N
N
H
R
H
O
O
R
O
H
H
H
Das Stickstoffatom trägt nun eine negative Ladung und spaltet zunächst das erste, dann das
zweite Proton des addierten Wassers ab. Ein Aldehyd wird eliminiert und es entseht ein
primäres Amin, welches gleichzeitig ein Keton darstellt und sich in einem Keto-Enoltautomeren Zustand befindet.
O
N
H
O
H
H
H
R
-R
O
O
O
NH 2
O
NH 2
H
H
O
O
H
Dieses nun entstandene primäre Amin fungiert wie schon zu Beginn die Aminosäure als
Nukleophil aufgrund des freien Elektronenpaares am Stickstoffatom. Mit diesem greift auch
dieses Nukleophil das elektrophilste Kohlenstoffatom eines weiteren Ninhydrin-Moleküls an
und addiert sich an die C-O-Doppelbindung.
O
O
O
O
H O
H
N
+
O
N
H
O
H
O
H
O
H
O
22
Auch hierbei erfolgt nach Umprotonierung die Bildung des Halbaminals und nach Addition
eines Protons an die Hydroxygruppe die Eliminierung von Wasser, was über das
Imminiumion nach Deprotonierung erneut zu einem Imin führt, welches auch ein Enol
darstellt.
H
O
O
O
O
+ H+
N
H
H O
N
-H2O
-H+
H
H
O
O
O
H
O
O
H
Wird die entstandene Verbindung zum Enolat-Anion deprotoniert, so lassen sich 6 mesomere
Grenzformen formulieren, wobei 4 Enolat-Anionen und zwei Carbanion-Situationen zu
nennen sind.
O
O
O
-H+
N
O
O
O
H
O
N
O
O
O
O
N
O
O
N
O
O
O
Ruhemanns Purpur
Der Farbstoff wird als Ruhemanns Purpur bezeichnet und seine Farbigkeit geht auf das
konjugierte π-Elektronensystem und die mesomeren Grenzstrukturen zurück.
23
2.3 Farbstoffe
Den Gummibärchen werden Farbstoffe zugesetzt, um ihnen ein anprechendes Äußeres zu
verleihen. Hierzu können zum einen synthetisch hergestellte, zum anderen natürlich
vorkommende Farbstoffe ihren Einsatz finden. Unter den synthetischen Farbstoffen sind vor
allem die Lebensmittelfarben Tartrazin (E 102), Gelborange S (E 110), Azorubin (E 122) und
Cochenillerot A (E 124) zu nennen, die alle zur Gruppe der Azofarbstoffe gehören. Neben
Patentblau V (E 131), das zur Gruppe der Triphenylmethanfarbstoffe zählt, werden
Gummibärchen häufig noch mit Indigotin (E 133), einem Indigofarbstoff, gefärbt. Bis auf
Indigotin sind alle diese Farbstoffe erwiesenermaßen mehr oder weniger stark gesundheitlich
bedenklich.
Unter den natürlichen Farbstoffen sind zunächst die Curcuminoide zu nennen, deren
wichtigster Vertreter das Curcurmin ist, der färbende Stoff in Gelbwurz. Durch diesen
Farbstoff gewinnt unter anderem Curry seine intensiv gelbe Färbung. Unter den Betalainen
wird vor allem Betanin, der Farbstoff der Roten Bete, zum Färben von Gummibärchen
eingesetzt. Hauptsächlich dienen jedoch die Anthocyane, die Farbstoffe von Früchten, zum
Färben von Gummibärchen. Weiterhin können auch die Tetrapyrrol-Derivate, vor allem die
Chlorophylle in Blättern von Brennnesseln als Farbgeber fungieren. Nicht zuletzt ist
Cochenille, der einzige tierische Farbstoff, zu nennen, der zum Färben von Gummibärchen
dient. Dieser wird durch Extraktion aus Schildläusen gewonnen.
Versuch 8: Isolation der Farbstoffe – Adsorption am Wollfaden
Chemikalien
Schafwolle
Essigsäure (CH3COOH (aq), c = 1 mol/L)
Gelöstes, farbiges Gummibärchen
Aceton (CH3COCH3)
24
Geräte
Magnetrührer mit Rührfisch und Heizplatte
Becherglas
Pasteurpipette
Petrischale
Pinzette
Durchführung
Einige Wollfäden werden mit Hilfe von Aceton in der Petrischale entfettet und anschließend
in die kochend heiße Gummibärchenlösung gegeben. Weiterhin säuert man mit einigen
Tropfen Essigsäure an.
Auswertung
Der Wollfaden ist in der Gummibärchenfarbe gefärbt. Durch Wasser kann die Farbe nicht
abgewaschen werden.
Schafwolle besteht hauptsächlich aus Keratin, einem Protein. Durch Zugabe von Essigsäure
wird das Aminoende protoniert.
R
HOOC
O
R
N
H
n
NH2 + CH COOH
3
HOOC
O
N
R
H
n
NH3 + CH3COO
R
Die Farbstoffe, mit denen Gummibärchen gefärbt werden, besitzen häufig einen anionischen
Substituenten, meist eine Sulfonyl-Gruppe. Mit dieser bildet das positivierte Protein eine
Ionenbindung aus, die durch Wasser nicht gebrochen werden kann.
OH
N
R
HOOC
N
SO 3
O
N
H
n
NH3
Cochenillerot A
O 3S
R
Durch Ammoniakzugabe hingegen kann die Ionenbindung wieder zerstört werden, der
Farbstoff desorbiert von der Wolle und kann so isoliert werden.
25
Versuch 8a: Isolation der Farbstoffe – Adsorption an Polyamidpulver
Chemikalien
Polyamidpulver
Gummibärchen einer bestimmten Farbe
Wasser
Aceton (CH3COCH3)
Ammoniaklösung (NH3 (aq)); w = 0,25
Methanol (CH3OH)
Eisessig (CH3COOH)
Geräte
Magnetrührer mit Rührfisch und Heizplatte
3 Bechergläser
Glassäule mit Glaswolle und Seesand
Messzylinder
Heißluftfön
Eppendorfkapsel
Durchführung
Man wiegt 5 – 10 g Gummibärchen einer Farbe ab und löst sie unter Rühren und
Wärmezufuhr in der zehnfachen Menge Wasser, bevor man 0,5 g Polyamidpulver hinzufügt
und für etwa 2 Minuten rühren lässt. Ist die Suspension erkaltet, gießt man sie in die Säule,
unter der sich ein Becherglas befindet.
Hat sich der Feststoff über dem Sand abgesetzt und ist alle Flüssigkeit durchgelaufen, so spült
man abwechselnd sechs Mal mit je 10 mL heißem Wasser und 5 mL Aceton.
Man wechselt nun das auffangende Becherglas und fügt zwei Mal je 5 mL einer Lösung aus
Methanol und Ammoniaklösung im Verhältnis 95:5 hinzu.
Die sich im Becherglas ansammelnde Lösung wird nun mit einem 1:1-Gemisch aus Eisessig
und Methanol auf einen pH-Wert von 6 gebracht und mit dem Heißluftfön auf etwa 1 mL
eingeengt und zur Aufbewahrung in eine Eppendorfkapsel überführt.
26
Auswertung:
Der Farbstoff der Gummibärchen adsorbiert sich sofort an das Polyamidpulver. Da die
Gummibärchenlösung meist selbst einen sauren pH-Wert aufweist, entfällt das Ansäuern. Die
Lösung, die sich zunächst im Becherglas ansammelt, ist farblos. Das lässt die
Schlussfolgerung zu, dass sich der Farbstoff quantitativ am Pulver adorbiert hat.
Durch Zugabe der Ammoniak-Methanol-Lösung wird der Farbstoff desorbiert und sammelt
sich im Becherglas. Auch die Desorption erfolgt quantitativ, denn nach der Behandlung ist
das Polyamidpulver wieder weiß.
Das Neutralisieren und Einengen dient dazu, mit dem so isolierten Farbstoff eine
Chromatographie durchführen zu können.
Die Isolation von Farbstoffen mit Hilfe von Polyamidpulver ist effektiver als mit Hilfe von
Wolle, da es wesentlich mehr aktive Zentren, also protonierte Aminogruppen aufweist als
Wolle. Des weiteren besteht die Gefahr, dass handelsübliche Wolle nicht fettfrei ist, da sie im
Geschäft von vielen Kunden angefasst wird. Eine vorherige gründliche Reinigung ist daher
unerlässlich.
Versuch 9: Chromatographische Auftrennung
Chemikalien
Natriumcitrat-Dihydrat (Na3(C6H5O7) . 2 H2O
Ammoniaklösung (NH3 (aq)), w = 0,05
Farbstofflösungen aus Versuch 8a
DC-Karte: Cellulose auf Kunststoff
Geräte
Chromatographiekammer
Kapillaren
Heißluftfön
Lineal
Bleistift
27
Durchführung
Es ist zunächst das Fließmittel herzustellen. Hierzu werden 0,46 g Natriumcitrat-Dihydrat mit
der Ammoniaklösung auf 20 g aufgefüllt, so dass Natriumcitrat-Dihydrat einen Massenanteil
von 0,023 besitzt. Das Fließmittel wird nun in die Kammer überführt, dass der Boden etwa
0,5 cm bedeckt ist, und die Kammer geschlossen.
Mit Hilfe von Lineal und Bleistift markiert man auf der DC-Karte 1 cm vom unteren Rand
und 1 cm voneinander entfernt die Startflecken. Jeden Farbstoff trägt man etwa je 5 Mal
mittels Kapillare auf und trocknet nach jedem Auftragen mit dem Heißluftfön, bevor man die
Karte in die Kammer stellt.
Je nach Kartengröße nimmt man sie nach etwa 50 Minuten wieder heraus und trocknet mit
dem Heißluftfön.
Auswertung
Abhängig vom jeweiligen Substituenten weisen die verschiedenen Farbstoffe eine
unterschiedliche Polarität auf und lassen sich so unterschiedlich weit vom Fließmittel
mittransportieren. Je unpolarer die Farbstoffe sind, desto stärker haften sie an der stationären
Phase, der Cellulose. Je polarer, desto weiter lassen sie sich mit der mobilen Phase, dem
Fließmittel, nach oben transportieren.
Hat man auf der gleichen DC-Karte neben den isolierten auch bekannte Farbstoffe mit
aufgetragen, lassen sich die Farbstoffe der Gummibärchen anhand dieser identifizieren. Eine
Identifikation der Farbstoffe über die Rf-Werte ist außerdem möglich.
Patentblau V
Tartrazin
Gelborange S
Cochenillerot A
28
Das dargestellte Chromatogramm weist die für den Experimentalvortrag isolierten Farbstoffe
auf. Als Kontrolle wurden alle auf der Packung aufgeführten Farbstoffe aufgetragen. Nur vier
der angegebenen konnten jedoch nachgewiesen werden. Die übrigen waren in den
Gummibärchen nicht enthalten. Es ist davon auszugehen, dass der Hersteller auf jedes
Produkt alle in seinem Betrieb zum Einsatz kommenden Farbstoffe notiert, aber nicht alle in
jedem seiner Produkte auch beinhaltet sind. Für den vorliegenden Fall konnten nur die
Farbstoffe Patentblau V (grüne Gummibärchen), Tartrazin (grüne und gelbe Gummibärchen),
Cochenillerot A (rote Gummibärchen) sowie Gelborange S (orange Gummibärchen)
nachgewiesen werden.
3. Schulrelevanz
Laut hessischem Lehrplan werden Kohlenhydrate in der Jahrgangsstufe 12.2 behandelt. Vor
allem soll hier Zucker in bezug auf Vorkommen und Gewinnung besprochen werden,
Nachweisreaktionen sind zu präsentieren und auf Carbonylverbindungen ist näher
einzugehen. Neben diesen, im Experimentalvortrag behandelten Aspekten können auch die im
Lehrplan vorgesehenen Themen optische Aktivität und Energiestoffwechsel anhand des
Gummibärchens näher erläutert werden.
Reaktionsmechanismen, die schulrelevant sind und im Experimentalvortrag Erwähnung
fanden, sind neben der Halbacetalbildung die reduzierende Wirkung der Aldehydgruppe, die
nucleophile Addition an die C-O-Doppelbindung sowie die Komplexbildung.
Proteine sollen ebenfalls in der Jahrgangsstufe 12.2 besprochen werden. Auch hier ist vor
allem auf Nachweisreaktionen hinzuweisen, die einzelnen Aminosäuren sollen näher
beleuchtet werden und die Peptidbindung ist zu besprechen. Reaktionsmechanismen, die im
Vortrag beschrieben wurden, sind die aromatische Substitution, Eliminierung sowie die saure
Hydrolyse von Proteinen. Es empfiehlt sich, das Thema Enzyme und die enzymatische
Spaltung mit einfließen zu lassen.
Farbstoffe können laut Lehrplan entweder in der Jahrgangsstufe 12.2 oder in der 13.2
behandelt werden. Hier ist besonderes Augenmerk auf natürliche und synthetische Farbstoffe
zu legen, vor allem in bezug auf Lebensmittelfarbstoffe. Des weiteren sollten verschiedene
29
Färbe- und Synthesemethoden angesprochen werden. Neben Mesomerie und Farbigkeit
allgemein kann auch das Prinzip der Chromatographie aufgegriffen werden, welches in der
Jahrgangsstufe 8 bei der Behandlung der Trennmethoden bereits thematisiert wurde.
Außer denen im Vortrag abgehandelten organischen Themen lässt sich noch eine Reihe
weiterer Aspekte mit Hilfe des Gummibärchens verdeutlichen. So sind in Gummibärchen
auch Aromastoffe beinhaltet, die einen großen Teil der schulrelevanten Organik ausmachen.
Einigen Gummibärchensorten sind verschiedene Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt, deren
Behandlung man ebenfalls mit Gummibärchen ermöglichen kann.
Neben den Geliermitteln Stärke, Agar-Agar und Pektin zählen noch die Überzugsmittel
Wachse zu durchaus schulrelevanten Substanzen.
Bezüglich des Experimentalvortrags bietet sich zum einen die Möglichkeit, ihn als Ganzes zu
verstehen und die Experimente sowie die Theorie in Form einer Projektarbeit anzubieten.
Dies ist besonders für das Ende der Jahrgangsstufe 13 zu empfehlen. Dadurch bietet sich den
Schülern die Möglichkeit, große Teile des von ihnen während des großen Kapitels Organische
Chemie als zusammenhängendes Ganzes aus einem neuen Blickwinkel zu sehen. Es ist mit
einem besonders hohem Lernerfolg zu rechnen, weil die Schüler einem Produkt aus ihrem
Leben chemisch auf den Grund gehen.
Zum anderen bietet sich natürlich auch die Möglichkeit, einzelne Themen oder Versuche des
Vortrags zu entkoppeln und sie in die jeweils aktuelle Unterrichtseinheit einzufügen.
30
4. Literatur
Lehrbücher
Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen, 2. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag,
Heidelberg-Berlin 2003
K. C. P. Vollhardt: Organische Chemie, 3. Auflage, Wiley VCH Verlag GmbH, Weinheim
2000
Harold Hart: Organische Chemie, VCH-Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim 1989
Chemie heute, Sekundarbereich II, Schroedel Schulbuchverlag, Hannover 1989
Elemente Chemie II, Ernst Klett Verlag, 1. Auflage, Stuttgart 1989
Flörke/Wollf: Kursthemen Chemie, 2. Auflage, Dümmlers Verlag, Bonn 1984
Zeitschriften
Chemie in unserer Zeit, 1996, 3, S. 86-95
Chemie in unserer Zeit, 2004,38, S. 36 – 44
Naturwissenschaften im Unterricht Chemie Nr. 30, 1995, S. 24-33
Praxis der Naturwissenschaften Chemie, 3/45. Jahrgang 1996, S.18-20
Praxis der Naturwissenschaften Chemie 3/46. Jahrgang 1997, S. 19 - 21
Praxis der Naturwissenschaften Chemie, 2/47. Jahrgang 1998, S. 24-32
Unterricht Chemie, 15. Jahrgang 2004, Nr. 81, S 41-46
Internetquellen
www.liebfrauenschulevechta.de/chemie/elbrause.pdf
http://cc.upb.de/studienarbeiten/seidel/allgem_chem/versuche/bonbon.html
Sonstige
Friedrich W. Steuber, M. Schween: Lehrerfortbildungskurs Farbstoffe – Lebensmittelfarben
(Chemie der Lebensmittel II), FB Chemie der Philipps-Universität Marburg 1987, S. 87-118
Lehrplan Chemie des Landes Hessen
31
5. Sicherheitshinweise zu den verwendeten Chemikalien
H2SO4 (aq), w = 0,96
R 35
S 26-30-45
C
C10H14O (Thymol)
R 22-34-51/53
S 26-28.1-36/37/39
C, N
CuSO4. 5 H2O
R 22-36/38-50/53
S 22-60-61
Xn, N
KNaC4H4O6 . 4 H2O
S 22-24/25
NaOH
R 35
S 26-37/39-45
C
Co(NO3)2
R 8-22-36/37/38-43
S 17-26-36/37
O, Xn
HNO3 (aq) (w = 0,65)
R 35
S 23.2-26-36-45
C
HCl (aq), w = 0,37
R 34-37
S 26-45
C
C9H6O4 (Ninhydrin)
R 22-36/37/38
S 26-36
Xn
C4H9OH
R 10-22-37/38-41-67
S 7/9-13-26-37/39-46
Xn
32
CH3COOH
R 10-35
S 23.2-26-45
CH3COCH3
R 11-36-66-67
S 9-16-26
F
Xi
NH3 (aq), w = 0,25
R 34
S 26-36/37/39-45-61
C,N
CH3OH
R 11-23/24/25-39/23/24/25
S 7-16-36/37-45
F, T
33
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