Ernährung und Bewegungsmangel

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Informationen zu
100 Tagen „Medizinische Ambulanz ohne Grenzen“
Beginn:
7. Mai 2013
Patientengruppen:
Folgende Personengruppen suchten unsere Medizinische Ambulanz ohne Grenzen auf:
 wohnungslose Menschen
 Strafentlassene (keine direkte medizinische Versicherung bei Entlassung)
 legal
sich
in
Deutschland
aufhaltende
ausländische
Mitbürger
ohne
Krankenversicherungsschutz (speziell aus Polen, Rumänien, Bulgarien)
 papierlose Menschen
 Leiharbeiter - Firmen, deren ausländisches Personal (besonders aus Osteuropa)
 Privat versicherte Menschen, die sich die Krankenkassengebühren nicht mehr leisten können
(Basistarif in Höhe von ca. 650 €)
Fakten und Daten der ersten 100 Tage Ambulanz:
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Insgesamt wurden 95 verschiedene PatientInnen behandelt.
Es fanden 223 Behandlungskontakte statt.
23 Behandlungskontakte zu unserem Psychiater / Neurologen.
28 zahnärztliche Behandlungen (Zahnarztangebot erst seit 4 Wochen).
Die Patienten kamen aus 15 verschiedenen Nationen:
- Europa: Deutschland, Bulgarien, Polen, Italien, Kroatien, Serbien, Rumänien,
Russland, Schweden, Türkei,
- Asien: Iran, Irak, Afghanistan
- Afrika: Nigeria, Kamerun,
Erkrankungsspektrum:
Unterschiedlichste Erkrankungen konnten diagnostiziert werden bzw. waren bekannt und
erforderten eine dringende therapeutische Intervention. U.a. mehrere Krebserkrankungen, HIVpositv, Lungenerkrankungen, psychiatrische Erkrankungen, viele dermatologische Erkrankungen,
zahlreiche OP-Indikationen (u.a. Hernien – Leisten- und Nabelbrüche), Erkrankungen des HerzKreislaufsystems (Hypertonie, Koronare Herzerkrankung), Erkrankungen der Verdauungsorgane
(Magengeschwüre,
Bauchspeichendrüsenentzündung
(Pankreatitis),
Hepatitis),
Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus) usw.
1
Unser Team:
2 Krankenschwestern
1 Krankenpfleger
1 Sozialpädagoge
15 Ärztinnen und Ärzte
(Fachärzte für Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Psychiatrie, Neurologie, Gynäkologie, Pädiatrie,
Zahnmedizin, Chirurgie)
Besondere Kooperationspartner u.a.:
-
Gesundheitsamt Mainz (Labor, Röntgen)
St. Vincenz-Krankenhaus
Universitätsklinik (insbesondere HIV-Sprechstunde, Leber-Sprechstunde)
Zahlreiche niedergelassene Kolleginnen und Kollegen
Landesärztekammer RLP
Medinetz
U.a.m.
Einige Fallbeispiele:
A. Privatpatient
Patient W: 57 Jahre, 20 – jährige Tätigkeit als Angestellter, 2004 Erwerbsminderung aufgrund einer
chronischen Erkrankung; wollte trotzdem weiterarbeiten, bekam aber vom Arbeitsgeber keine
Anstellungsverlängerung. Erwerbsminderungsrente in Höhe von 1200 €, private
Krankenversicherung; Beitragszahlungen in Höhe von ca. 700 € bis November 2011, dann
wirtschaftlich nicht mehr in der Lage die Beiträge zu zahlen. Versuch einen geringeren Beitrag zu
zahlen, Basistarif: 650 € immer noch zu hoch. Versuch in die gesetzliche Krankenversicherung zu
kommen, abgelehnt. Jetzt akute Erkrankung ( mit Blutungen und starken Schmerzen einhergehend),
zu einem ihm bekannten Arzt, sofortige Einweisung ins St. Josefs-Hospital in Wiesbaden;
Untersuchung: V.a auf Krebserkrankung, dringend notwendige operative Intervention bescheinigt;
Patient weggeschickt da nicht krankenversichert solle sich ans Sozialamt wenden. Patient kommt in
unsere Medizinische Ambulanz ohne Grenzen (-im Internet unser medizinisches Angebot entdeckt-).
Einweisung St. Vincenz-KH, sofortige stationäre Aufnahme, u.a. Schmerztherapie und Stillung der
Blutungen. Ärztliche Bestätigung, dass eine akute Lebensgefahr bestehen würde bei
Nichtbehandlung. Weitere Diagnostik, dringender Verdacht auf Karzinomerkrankung. Krebsdiagnose
bestätigt. Chemotherapie und Bestrahlungstherapie notwendig. Bisher keine Metastasierung,
sofortiger Beginn der Therapie dringend notwendig.
Parallel sozialrechtliche und krankenversicherungsrechtliche Beratung durch uns. Sowohl die private
Krankenkasse als auch die Sozialbehörde agieren abweisend oder mit einer Fülle von administrativen
Hürden. U.a. verlangt die private Krankenversicherung das Ausfüllen von ca. 20 Formularen! Nach
fast 2 Monaten wird der Patient in der privaten Krankenkasse wieder aufgenommen. Unmöglichkeit
die hohen Beiträge zu zahlen bleibt.
B. Patienten aus dem Strafvollzug entlassen:
Patient A.: 34 Jahre, vor zwei Tagen aus der Strafjustizanstalt entlassen. Der Patient wird ohne gültige
Krankenversicherung entlassen. Keine Informationen was er sofort krankenversicherungsrechtlich
tun muss. Der Patient hat eine bekannte AIDS – Erkrankung. Kommt in unsere Ambulanz da er
dringend eine antivirale Therapie aufgrund seiner AIDS – Erkrankung benötigt. Patient wird von uns
in die HIV-Sprechstunde der Universitätsklinik in Mainz vermittelt. Behandlung trotz nicht geklärtem
Versichertenstatus.
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C. Patienten aus dem europäischen Ausland mit legalem Aufenthaltsstatus:
Patient P.: 32 Jahre, Bulgare, Schwarzarbeit auf einer Baustelle. Dort kollabiert. Diagnose perforiertes
Duodenalulcus, Peritonitis . Intensivmedizinische Behandlung in der Uni-Klinik Mainz. Operation.
Patient ist legal in Deutschland hat aber keinerlei Sozial- bzw. Krankenversicherung. Nach 4wöchiger
intensiver Behandlung in der Uni-Klinik Entlassung mit der Auflage einer intensiven medikamentösen
ambulanten Nachbehandlung. Patient ist wohnungslos. Versuch der Unterbringung in einer
Unterkunft für wohnungslose Menschen. Beim zuständigen Sozialamt (Mainz) wird die Übernahme
der Übernachtungskosten (pro Tag ca. 25 €) beantragt. Es wird von uns ein ärztliches Attest
ausgestellt, dass aufgrund des Erkrankungszustandes eine Unterbringung unbedingt notwendig ist,
da sonst Lebensgefahr bestünde. Sozialamt lehnt trotz Attest und trotz nochmaliger telefonischer
und schriftlicher Intervention unsererseits die Kostenübernahme ab! Vermittelt eine finanzielle
Unterstützung über eine Stiftung. Es bleibt aber bei der prinzipiellen Ablehnung!
Aufgrund unserer Erfahrungen haben wir 3 zentrale Forderungen an das Land RheinlandPfalz und die Kommune Mainz:
1. Implementierung einer Clearing-Stelle in Rheinland-Pfalz zu den speziellen Fragen der
Krankenversicherungsproblematik. Erreichbarkeit per Telefon, per Emailnachfrage und
persönlichem Beratungstermin.
2. Einführung von regelmäßig tagenden Fallkonferenzen, so genannten Task Forces für
nichtaufschiebbare „Fälle“ eines unzureichenden oder nicht vorhandenen
Krankenversicherungsschutzes.
3. Einrichtung eines Gesundheitshilfefonds. In diesen Fond sollen unterschiedliche Akteure
einzahlen: Gesetzliche wie private Krankenkassen, aber auch Wirtschaftsunternehmen
(Übernahme von sozialer Verantwortung). Dies alles erscheint dringend notwendig da sich
viele ärztliche KollegInnen aber auch Krankenhäuser zunehmend im Stich gelassen fühlen,
wenn sie nach humanitären Gesichtspunkten Hilfe leisten und dann die Kosten selbst
hierfür tragen müssen, da es keine Verfahrens- und Unterstützungsrichtlinien bzw. Aspekte
gibt.
Prof. Dr. med. Dipl. Sozialpädagoge Gerhard Trabert
Vorsitzender des Vereins „Armut und Gesundheit in Deutschland“
[email protected]
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