Wie wichtig sind soziale Kompetenzen? Sozialkompetenz ist fast schon zu einem Modewort geworden. Was aber bedeutet es wirklich? Der Begriff Kompetenz umfasst nach Oerter zunächst ,,eine Vielzahl von Einzelleistungen und -fertigkeiten, die sich im Laufe der Entwicklung zu jeweils einem bestimmten Niveau der Bewältigung von Lebensaufgaben organisieren " (Oerter 1994, 5. 27). Unter sozialen Kompetenzen werden solche Fähigkeiten und Fertigkeiten verstanden, die Menschen helfen, soziale Interaktionssituationen (alters-) angemessen zu erkennen und einzuschätzen sowie darauf aufbauend in diesen erfolgreich zu handeln. Zu den häufig genannten Komponenten zählen Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, Durchsetzungs- und Konfliktfähigkeit, Empathie und F l e x i b i l i t ä t . Soziale Kompetenzen gelten als Schlüssel für persönliche und professionelle Erfolge. Anders gesagt: Wer zwar viel weiß, aber nicht mit anderen Menschen zurechtkommt, wird nicht unbedingt Karriere machen, und noch weniger wird er erfüllte Beziehungen erleben. Das Konzept des Kooperativen Lernens geht von einem Mindestmaß an Sozialkompetenz aus - und entwickelt sie zu einem Höchstmaß weiter. Green Kooperatives Lernen 2005 Seelze/Velber Was haben die Wissenschaftler herausgefunden? Um eine koordinierte Anstrengung zu erreichen und die Schüler gemeinsame Ziele erreichen zu lassen, müssen Schüler: 1. sich kennen lernen und einander vertrauen, 2. genau und unzweideutig kommunizieren, 3. sich gegenseitig akzeptieren und unterstützen und 4. Konflikte konstruktiv lösen. Die Autoren schlagen eine ganze Reihe von Schritten vor, die Lehrer befolgen können, um mit ihren Schülern diese Bedingungen zu erreichen: 1. Lehren Sie die Schüler, warum diese Fertigkeiten für sie wichtig sind. Schüler müssen zu der Überzeugung kommen, dass sie bessere Ergebnisse erzielen, wenn sie diese Fertigkelten kennen und anwenden. 2. Schüler müssen verstehen, was eine (bestimmte) Fertigkeit ist (und was sie nicht ist und wann sie benutzt wird. Lehrer können den Schülern helfen, eine bestimmte Fertigkeit zu erkennen, indem sie fragen: ,,Wie würde diese Fertigkeit aussehen? " Schüler könnten darauf mit nonverbalem Verhalten, wie z. B. einem Klaps auf die Schulter antworten. Dann fragt der Lehrer: ,,Wie würde sich diese Fertigkeit anhören?" Schüler könnten mit Sätzen wie diesen antworten: ,, Gute Idee! " - ,, Das ist interessant. " 3. Schüler brauchen viele Gelegenheiten, diese Fertigkeiten zu üben. Rollenspiele sind eine der besten Möglichkeiten, um Schülern über das ungewöhnliche, künstlich anmutende und unnatürliche Gefühl hinwegzuhelfen, das eine neue Fertigkeit begleitet. 4. Schüler brauchen häufiges Feedback über die Qualität und Quantität ihres interpersonellen Verhaltens. Sie müssen ziemlich präzise wissen, ob sie sich richtig verhalten. 5. Lehrer müssen Schüler ermutigen, während der ungewohnten und scheinbar unechten Einübung der Fertigkeiten durchzuhalten. Sie können das tun, indem sie die Fertigkeit als Rolle für die ganze Gruppe zum üben geben und auch der ganzen Gruppe Feedback über die Umsetzung geben. 6. Lehrer sollten einen Plan haben, wie sie Verhalten und erworbene Kompetenzen belohnen, wenn Schüler sie anwenden. So könnten Bonuspunkte an die Gruppen vergeben werden, wenn sie das angestrebte kooperative Verhalten zeigen. Solche Bonuspunkte würden dann für die Benotung und als besondere Anerkennungen gesammelt. Soziale Kompetenzen für erfolgreiche Gruppenarbeit David und Roger Johnson haben ihre Arbeit der Erforschung der Effektivität von Kooperativem Lernen gewidmet. Eines ihrer Bücher (Cooperation and Competition: Theory and Research; 19Bg) bietet einen Überblick zu diesem wichtigen Forschungsgebiet. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf einen kleinen, aber wichtigen Aspekt ihrer Gesamtarbeit: Lehrern zu helfen, ihre Schüler dabei zu unterstützen, die für eine produktive Gruppenarbeit notwendigen sozialen Kompetenzen zu erwerben, Die Autoren bieten einen kurzen Überblick über die praktischen Gründe, warum Lehrer ihren Schülern diese wichtigen interpersonellen Kompetenzen nahe bringen sollten. Sie stellen fest, dass deren Langzeitbedeutung wichtiger sein kann als der kurzfristige Lernerfolg. Indem sie Untersuchungen über Arbeitsfähigkeit und Erfolg im Arbeitsleben analysierten, stellten sie fest, dass allein ein hohes Maß an Wissen über technische Abläufe und Zusammenhänge auf lange Sicht nicht genügt, um Karriere zu machen. Die vorhandenen Daten der Center for Public Resources-Studie (,,Basic Skills in the U. S. Workforce " , 1982) zeigen, dass von Gekündigten 90 '2, aufgrund schlechter Arbeitshaltung, unzureichenden zwischenmenschlichen Beziehungen und unangemessenem Verhalten entlassen wurden. Die Autoren schließen, dass selbst in High Tech-Jobs die Fähigkeit, erfolgreich mit anderen zu arbeiten, unumgänglich ist. Unglücklicherweise wissen Menschen nicht instinktiv, wie man erfolgreich mit anderen arbeitet. Einfach Schüler zusammen in eine Gruppe zu stecken und ihnen zu sagen, sie sollen zusammen arbeiten, schafft nicht automatisch Zusammenarbeit. Es ist nicht wahrscheinlich, dass dies die erwartete höhere Leistung erzeugt oder andere positive soziale Effekte. Die Fertigkeiten, die Schüler für solche positiven und produktiven Kooperationsbemühungen brauchen, müssen explizit gelehrt werden, und die Schüler müssen motiviert werden, sie zu gebrauchen. Um in einem kooperativen Setting erfolgreich zu arbeiten, müssen folgende Bedingungen gegeben sein: positive Abhängigkeit, Interaktion von Angesicht zu Angesicht, individuelle Verantwortlichkeit, soziale Fertigkeiten und Gruppenstrategie. Wie stellen Lehrer diese Bedingungen her und welche Fertigkeiten brauchen Schüler? Was folgt daraus für die Praxis? Letztlich liegt die Aufgabe, kooperative Kompetenzen zu unterrichten, bei den einzelnen Lehrern in ihren jeweiligen Klassenzimmern. Weitaus effektiver wäre es allerdings, wenn die gesamte Schule darüber Konsens hätte. Zum Beispiel könnte die Schule ein Programm erstellen, das sich auf die gemeinsame schulübergreifende Entwicklung von spezifischen Kompetenzen konzentriert. Dies würde es Lehrern ermöglichen, Schüler zu ermutigen, nach Kompetenzen außerhalb des Klassenzimmers Ausschau zu halten - auf den Gängen, dem Schulhof, lm Bus, usw. Es würde die Wahrnehmung solcher Kompetenzen unterstützen. Lehrer höherer Klassen könnten gemeinsame kooperative Aktivitäten mit Lehrern der unteren Klassen planen, was den älteren Schülern erlauben würde, als Rollenvorbild zu fungieren, als Coaches und sogar als Beobachter der jüngeren Schüler, Spezifische Lernaufgaben über die verschiedenen Altersgruppen hinweg würden jüngeren und älteren Schülern helfen, die erwünschten Kompetenzen einzuüben. Und schließlich werden Lehrer diese interpersonellen und Kleingruppenkompetenzen viel effektiver unterrichten, wenn sie eine Möglichkeit haben, sie in ihrer eigenen Erwachsenenwelt vorzuleben. Die Diskussion um Schulprogrammarbeit und Qualitätsverbesserung schafft ein ideales Setting, diese Kompetenzen zu üben. Das Ergebnis: höhere Leistungen sowie verbesserte Kommunikation und Problemlösungsfähigkeiten in der Schule. Kompetenzen für soziale Interaktion Diese Liste bietet eine Auswahl sozialer Kompetenzen. Welche halten Sie für besonders wichtig? Welche würden Sie noch hinzufügen? Sich abwechseln (gleichberechtigt). Etwas mit eigenen Worten ausdrücken Material und Unterlagen teilen Um Hilfe bitten. Jeden mit einbeziehen Um Klärung bitten. Mit Materialien und Unterlagen richtig umgehen Loben Mit ruhiger Stimme sprechen. Non-verbale Ermutigung und Unterstützung ausdrücken Jeder beteiligt sich (gleichberechtigt) Sich ruhig zu Gruppen zusammenfinden. Erfolge feiern Unterstützung ausdrücken. In der Gruppe zusammensitzen Bei der Aufgabe bleiben. In der Gruppe bleiben Umgänglich sein. Selbstkontrolle ausüben Freundliche Dinge sagen. Sich in der Gruppe gegenseitig anschauen Nachfragen, ob man verstanden wurde (Verständnis-Check). Ideen klären Sich mit Namen ansprechen. Ideen beitragen, verarbeiten Ideen kritisieren, nicht Menschen. Unterschiedliche Meinungen nicht in verletzender Weise ausdrücken. Unterschiedlicher Meinung sein, ohne andere Menschen zu kritisieren Bitte" und ,,Danke" sagen o Wenn passend, Gefühle beschreiben Den zur Verfügung stehenden Platz kooperativer Weise teilen Der Gruppe neue Energie geben Gruppenarbeit vorantreiben Die Antwort eines anderen erweitern Nach Gründen fragen In die Tiefe gehend fragen Ärger kontrollieren Ablenkung ignorieren Verhandeln Verantwortlich sein Unterschiede akzeptieren Sich in akzeptabler Weise behaupten Zuhören {aktiv) Ein guter ,,Mitspieler" sein Konflikte lösen Übereinstimmung/Konsens erreichen Den Wert anderer erkennen Etwas durchziehen Anweisungen befolgen B. Bennett, c. Rolheiser . Bennett, L. Stevahn (1991), Cooperative Learning: Where hearts meets minds Entscheidungen vor dem Vermitteln sozialer Kompetenzen 1' Welche Eigenschaften sind in Ihrem speziellen Kontext am wichtigsten? 2' Welche Fertigkeiten sind am wichtigsten, um erfolgreiche Interaktionen den Gruppenmitgliedern zu gewährleisten? 3' Welche Fähigkeiten fördern am ehesten Denkprozesse auf höheren Ebenen? 4. Welche Verhaltensweisen fördern am ehesten die Entwicklung von Vertrauen zwischen den Teammitgliedern? 5. Welche Kompetenzen fördern die Chancen, Konflikte zu lösen? 6. Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten fördern und klären Kommunikation? 7. Welche Kompetenzen wenden Ihre Schüler bereits an? 8' Auf welche Fertigkeiten würden sich Ihre Schüler konzentrieren? 9. Wählen Sie die fünf wichtigsten Kompetenzen, die ihre Schüler lernen sollen, und bilden Sie eine Rangreihe. Wie wollen Sie sie vermitteln? B. Bennett, C. RolheiserBennett, L. Stevahn (1991), Cooperative Learning: Where Heart Meets Mind Kompetenz-Checkliste Eine Checkliste für in Ihrem Arbeitsprozess: Wie ist der aktuelle Stand? wie soll es weitergehen? Haken Sie die Kompetenzen ab, die Ihre Schüler bereits beherrschen. Machen Sie ein Sternchen bei den Kompetenzen die Sie momentan vermitteln. Machen Sie einen Pfeil bei den Kompetenzen die Sie als nächste vermitteln werden. Formierungs-Kompetenzen Sich ruhig in Gruppen begeben Bei der Gruppe bleiben Den Geräuschpegel beobachten Sich abwechseln Das Arbeitsblatt der Gruppe anschauen Die Namen der Mitglieder benutzen Den Sprechenden anschauen Niemanden ,,niedermachen" oder ,,runterputzen. Funktions-Kompetenzen Meinungen und Ideen austauschen Fakten und logisches Denken einfordern Der Gruppenarbeit Richtung geben Jeden zur Beteiligung ermuntern Um Hilfe oder Klärung bitten Unterstützung und Akzeptanz ausdrücken Erklärung oder Klarstellung anbieten In eigenen Worten wiedergeben Der Gruppe neue Energie geben Gefühle beschreiben Formulierungs-Kompetenzen Laut zusammenfassen Nach Genauigkeit und Sorgfalt streben Nach Bearbeitung streben Der Gruppe helfen, sich zu erinnern Verständnis-Check Die anderen bitten, laut zu denken und zu planen Katalysator-Kompetenzen Ideen kritisieren, ohne Menschen zu kritisieren Zwischen Ideen und logischem Denken der Gruppenmitglieder unterscheiden Ideen in Einzelpositionen integrieren Um Begründung bitten Antworten weiter ausführen Prüfen, indem man tiefer gehende Fragen stellt Weitere Antworten auslösen Die Arbeit der Gruppe einem Realitätscheck unterziehen Roger & David Johnson