Dr. Hartmut Fuchs Farmsener Landstr. 196 22359 Hamburg Orthopäde, Chirotherapie, DIBAK Tel.: 0049 40 22758497 e-mail: [email protected] Hamburg, den 02.03.2006 Imbrication Subluxation Key words: Imbrication Subluxation, low back pain, Stauchungstrauma der Wirbelsäule, Traktionschallenge Inhalt: Vorstellung der Geschichte, Anamnese, Pathologie, Häufigkeit, AK- Diagnostik und Therapie dieser besonderen Subluxationsart 1. Einleitung Subluxationen und segmentale Dysfunktionen sind Kerngebiet der manuellen Therapie und Chiropraktik. Schon die anterioren Dislokationen an den Wirbelgelenken stellen höhere Anforderungen an den Therapeuten. Bei der Imbrication Subluxation erfolgt die Dislokation in der cranio- caudalen Achse der Wirbelsäule. Hier ist die Anwendung der Applied Kinesiology für die Diagnostik und Festlegung der Therapie besonders hilfreich. Als Ursache kommen Stauchungstraumen wie zum Beispiel ein überraschender Sprung von einer Stufe, plötzliches Auf- das- Gesäß- Fallen aber auch eine Hyperlordose oder degenerativ verminderte Bandscheibenhöhen in Betracht. Mechanisch schieben sich dabei die Gelenkfacetten ineinander. Eine verstärkte Nozizeption, eine gestörte Propriozeption und/ oder eine Nervenkompression im zugehörigen Foramen intervertebrale können die Folge sein. 2. Diagnostik Im Standardfall wird der Verdacht auf eine Imbrication Subluxation durch die typische Anamnese kommen. Schmerz in der LWS und je nach Intensität der Wurzelreizung spezifische Wurzelreizsymptome (Reflexausfall, Sensibilitätsstörung und Muskelschwäche) sowie hyperton verspannte paravertebrale Muskeln sind die klinischen Symptome. Wird die LWS in die Extension gebracht, verstärken sich die Symptome. Auf Röntgenbildern zeigt die schräge Projektion der LWS ein typisches Ineinander- Gleiten der Gelenkfacetten. Die Imbrication kann einseitig oder doppelseitig vorliegen. AK- Befunde: Die Region der Imbrication zeigt eine positive Therapielokalisation (TL). In meiner Praxis fand ich, dass jeweils über dem oberen und unteren Dornfortsatz der betroffenen Wirbel eine positive TL zu finden ist. (Im Gegensatz dazu zeigen andere Wirbelsäulen- Subluxationen nur eine positive TL über dem zu behandelnden Wirbelkörper.) Ein Challenge durch eine kurze impulsartige Traktion des betroffenen Intervertebralgelenks, um die Gelenkfacetten kurzzeitig auseinanderzubringen, löst oftmals eine Hyporeaktion aus. Für die später mögliche respiratorische Korrektur kann man jetzt gleich die Atemphase suchen, die den positiven Challenge aufhebt. Wenn auch theoretisch eine Hyperreaktion möglich ist, habe ich bei einer Imbrication Subluxation noch nie eine Hyperreaktion in meiner Praxis gesehen. Die anderen Challengeformen direkt am Dornfortsatz mit Lateralschub, Rotationsrichtungen oder anteriorer Druck sind insgesamt, bis auf die segmentale Traktion mit Fingerkontakt an der oberen und unteren Facette, negativ. Der Traktionschallenge für die LWS wird über das gestreckte Bein ausgeführt. Als Testmuskel bietet sich der Tensor fasciae latae (TFL) an. Bei einer Abduktion von ca. 10° erreicht man das Segment L5/S1, bei 20° L4/5, bei 30° L3/4 und bei 40° L2/3. (Francis 1998). Durch die weitere Abduktion werden die unteren LWS- Segmente von caudal nach cranial verriegelt, so dass durch Zug nach caudal, parallel zur Längsachse bei gleichzeitig in dem entsprechenden Winkel abduzierten Bein relativ genau das betroffenen Segment gechallenged wird. Walther (2000) beschreibt die Höhenlokalisation durch Traktionschallenge mit unter die LWS gelegten Blocks. Der Patient liegt auf dem Rücken, die Blocks sind rechtwinklig zur Längsachse direkt unter L5 gelegt. Ist in dieser Position der Challenge positiv, befindet sich die Imbrication in der Höhe L5/S1. Nach der unten beschriebenen Therapie bzw. bei negativem Challenge werden die Blocks unter L4 gelegt und der Challenge wiederholt. Ein jetzt positiver Challenge zeigt die Imbrication der Höhe L4/5. So kann jedes Segment der LWS einzeln nacheinander gechallenged werden. Natürlich gibt es die Imbrication Subluxation auch an der Halswirbelsäule. Hier wird der Challenge über einen Zug am Schädel ausgelöst, wobei der Kopf im Wickelgriff (Tilscher) umfasst wird und beginnend von der positiven TL- Region die caudalen Halswirbelsegmente mit der anderen Hand fixiert werden. Für mich ist der Supraspinatus, sofern normoreaktiv, sehr gut als Testmuskel geeignet, Walther empfiehlt den Pectoralis major. Vor der eigentlichen Therapie ist es als weiterer diagnostischer Schritt unbedingt erforderlich, die betroffenen Muskeln zu finden. Walther beschreibt hypertone untere Sakrospinalmuskeln, hypotone Abdominal- und Glutealmuskeln sowie eine mögliche hypertone Beteiligung der Mm. intertransversarii. Francis wies in seinen Kursen bei einseitiger Imbrication auf folgende Muskelkombination hin, die ich in meiner Praxis bei ca. 50% der Patienten mit einer Imbrication Subluxation ebenfalls gefunden habe: Auf der betroffenen Seite zeigen der M. quadratus lumborum ein Fascial flush Muster und der M. psoas ein Strain- Counterstrainmuster, auf der Gegenseite testet der M. quadratus lumborum schwach. 3. Therapie Für die Therapie ist es wichtig die Wirbelsegmente, die den Fixpunkt für die therapeutische Traktion bilden gut zu fixieren. Walther rät dazu, extrem weiche Untersuchungsliegen durch ein unter gelegtes Brett zu stabilisieren. Der Patient wird für die Therapie mit der betroffenen Körperseite dicht an die Liegenaußenkanten gelagert. Die Fixierung für die LWS erfolgt dann über zwei Blocks, die oberhalb der gefundenen Imbricationshöhe senkrecht zur Körperlängsachse unter den Wirbelkörper geschoben werden. Das Körpergewicht sorgt dann für die Fixierung. Dann muss der Patient das Bein der nicht therapierten Seite anstellen (45° Hüftbeugung, 90° Kniebeugung, Fuß gut aufgesetzt). Patient fixiert sich durch Festhalten an den Rändern der Untersuchungsliege, dabei sind seine beiden Arme gestreckt. Jetzt wird das betroffene Bein in den Abduktionswinkel des positiven Challenge gebracht. Der Therapeut kann den Unterschenkel des Patienten zwischen seine Beine fixieren und mit seinen Händen über dem Knie des Patienten einen festen Kontakt nehmen (schützt das Knie). Dann erfolgt ein kurzer harter Längszug am betroffenen Bein. Dabei hört man oft das Lösungsgeräusch in der Lendenwirbelsäule. Besteht eine Kontraindikation gegen die Impulsmanipulation, kann die Traktion mehrfach sanft und ohne Impuls in der Atemphase, die den Challenge aufgehoben hat, wiederholt werden. Nach der Therapie wird durch TL und Challenge das Ergebnis beurteilt, bestehen noch weitere Imbricationen, werden sie nacheinander und auf beiden Seiten gelöst, bis TL und Challenge negativ sind. Walther (2000) beginnt bei mehreren betroffenen Segmenten mit dem obersten zuerst und erreicht durch einen kräftigen Impuls, dass sich alle betroffenen Segmente zugleich lösen, erst wenn dadurch kein Erfolg eintritt, geht er Segment für Segment durch. Bestehen Kontraindikationen gegen den Zug am Bein (z.B. Hüft-, Knie-, oder Beckenpathologie), kann der Zug auch über den Thorax oder über die Arme erfolgen. In diesem Fall werden die Blocks unterhalb des betroffenen Segments gelegt, beide Beine sind in Hüfte und Knie gebeugt. Der Zug erfolg an den um 180° gestreckten Armen oder am Oberkörper mit vor der Brust verschränkten Armen des Patienten, der Therapeut fasst dann von hinten bds. unter die Axilla. Garten gibt eine schonende Methode nach Lewit an, wobei der Patient auf dem Bauch liegt und die Traktion durch einen Kontakt des Therapeuten von cranial über dem M. glutaeus maximus beidseits mit Druck nach caudal während der Exspiration und einer Pause während der Inspiration erfolgt. Die oben gefundenen Muskeldysfunktionen sind auf jeden Fall zu behandeln. 4. Kontraindikationen Bei akuten Bandscheibenvorfällen oder anderen Irritationen der Bandscheibe darf die Technik nicht angewendet werden. Zuerst muss immer die Bandsscheibe behandelt werden. Wenn nach dieser Therapie eine beginnende Besserung erreicht wurde, bringt die Therapie der Imbrication Subluxation oft noch eine überraschend deutliche Verbesserung der Schmerzsituation. 5. Imbrication Subluxation an der HWS Die Imbrication Subluxation an der HWS spielt in meiner Praxis keine Rolle, da sie meist mit anderen Veränderungen verbunden ist, die nach der Therapie oft keinen Traktionschallenge mehr haben. Sicher liegt ein Grund dafür darin, dass viele in Europa gelehrte HWSTherapieformen Traktionselemente enthalten. Literatur: - Walther, D.S.: Applied Kinesiology; Synopsis 2nd Ed. System D.C. Pueblo, Colorado 2000 - Leaf, David W.: Applied Kinesiology Flowchart Manual III, Plymouth, MA.,(1995) S. SP-12 - Francis, T.: Kursskript 4 - The Essentials of Applied Kinesiology in Clinical Practice, the 100 Hour Course. 1998 - Garten, H.: Kursscript - Applied Kinesiology, Ausbildungswoche 3. 2006