Plantare intertarsale Subluxation bei einer Katze Dr. Sven Reder 24.04.2013 Wörterzahl: 2479 Plantare intertarsale Subluxation bei einer Katze Zusammenfassung In diesem Bericht wird die Diagnostik und Therapie einer plantaren intertarsalen Subluxation in der proximalen Intertarsalreihe bei einem 5 Jahre alten kastrierten Perserkater beschrieben. Neben der Tarsalgelenkserkrankung bestand an der betroffenen Gliedmaße eine mediale Patellaluxation 3.Grades. In der bestehenden Literatur wird selten über Subluxationen des Tarsus bei Katzen berichtet. Es bestehen wenige Informationen über optimale Therapieformen. In der körperlichen Untersuchung waren die hochgradige Schmerzhaftigkeit und die plantigrade Tarsalgelenksstellung auffällig. Die Differentialdiagnose umfasste: Ruptur der Calcaneussehne, Calcaneusfraktur, Subluxation des proximalen oder distalen Intertarsalgelenks. Die Diagnose der Erkrankung ist klinisch und röntgenologisch mit Hilfe einer medio-lateralen Röntgenaufnahme des Tarsalgelenkes bei gehaltener Beugestellung sicher möglich. Die Therapie dieser selten bei der Katze beschrieben Verletzung des Tarsus bestand aus Bandnähten und einer Pin-Cerclage Fixation des Calcaneus und Os tarsi quartum und transartikulärem Fixateur externe. Diese Methode wurde aufgrund ihrer geringen Invasivität der partiellen Tarsalgelenksathrodese vorgezogen. Die Heilung verläuft bisher problemlos, die Gliedmaße wird gut belastet. Behandlungsergebnisses ist noch nicht möglich, Eine endgültige Beurteilung des da der Kater noch in der Rekonvaleszenzphase ist. Einleitung Subluxationen des proximalen Intertarsalgelenkbereiches bei Katzen sind selten (Scott and McLaughlin 2008). Über die Entstehung dieser Erkrankung bei Katzen gibt die aktuelle Literatur wenige Informationen. Traumatisierungen des Tarsalgelenkes durch Stürze und Seite 1 Unfälle sind wahrscheinlich die häufigsten Ursachen für Luxationen und Subluxationen des Tarsalgelenkes bei Katzen (Ernst 2012). Zu den häufigen Luxationen des Tarsalgelenkes zählen die Luxationen der Articulatio tarsocruralis vor der Talusluxation (Kriegsheim und andere 2005). Dagegen wird beim Hund die Subluxation des proximalen Intertarsalgelenkbereiches als häufig beschrieben (Welch 2003; Piermattei und andere 2006). Es werden 2 Gruppen betroffener Hunde beschrieben, zum einen athletische Hunde (Rennhunde, Jagdhunde), zum anderen wenig konditionierte Tiere, deren Bandrupturen infolge degenerativer Veränderungen auftreten. Die betroffenen Patienten werden als wenig dolent im Tarsalgelenk beschrieben. Das Tarsalgelenk ist lokal geschwollen, bei Belastung der Gliedmaße besteht eine plantigrade Stellung des Tarsus. Anamnese Am 27.03.2013 wurde in der Klinik eine 5 Jahre alte, männlich, kastrierte Perserkatze mit dem Namen Hope vorgestellt, die seit 2 Wochen eine akut entstandene hochgradige Lahmheit der rechten Beckengliedmaße zeigte. Der Besitzer bat um eine 2. Meinung. Bisherige Untersuchungen des Haustierarztes ergaben den Verdacht auf eine muskuläre Schädigung der betroffenen Hintergliedmaße. 3 Röntgenaufnahmen der im Vergleich geröntgten Extremitäten (latero-medial und dorso-plantar) wurden zur Konsultation mitgebracht. Diese Aufnahmen zeigten eine plantare Schwellung des rechten Tarsus. Klinische Befunde Hope hatte eine normale Rektaltemperatur von 38,7°C, war von guter körperlicher Konstitution, mit einer Körpermasse von 4,2 Kilogramm (kg). Die Allgemeinuntersuchung ergab keine abweichenden Befunde von der Norm. Die Ergebnisse der neurologischen Untersuchung waren unauffällig. Die rechte Gliedmaße wurde in gebeugter Stellung (Hüft-, Knie-, Tarsalgelenk) gehalten und war am Tarsus hochgradig schmerzhaft. Beim Anheben des Seite 2 Tieres zur Provokation einer Standstellung der Beckengliedmaßen wurde die rechte Hintergliedmaße dauerhaft in gebeugter Stellung gehalten und nicht belastet. Die linke Hintergliedmaße war in der Palpation und Beweglichkeit unauffällig. Die linke Patella ließ sich nach medial durch digitalen Druck verlagern, glitt aber spontan in den Sulcus trochlearis zurück. Im Kniegelenk bestand keine Instabilität oder Schwellung. Die rechte Hintergliedmaße war bei körperlicher Untersuchung bis zum Kniegelenk unauffällig. Am rechten Kniegelenk bestand eine nach medial luxierte Patella, die sich in die normale Position zurückverlagern ließ, jedoch spontan reluxierte. Die klinische Untersuchung ergab keine Instabilität im Talokruralgelenk und eine plantigrade Stellung von mehr als 90° des Tarsalgelenkes bei gleichzeitiger Streckung des Kniegelenkes. Schwellungen im Bereich der Calcaneussehne bestanden nicht. Nach Rasur des Tarsalgelenkes und des distalen Unterschenkels war eine deutliche dunkelblaue Schwellung am plantaren Tarsus sichtbar. Diagnose Verfahren Die nachfolgenden Untersuchungen des Tarsalgelenkes erfolgten unter Injektionsnarkose, die mit Buprenorphin (Buprenovet MultidoseR 0,3mg/ml, BayerVital GmbH) in einer Dosis von 0,02 Milligramm je Kilogramm Körpermasse (mg/kgKM) intramuskulär (i.m.) in den Musculus (M) supraspinatus prämediziert wurde. Die Allgemeinanästhesie wurde mit Propofol 5mg/kgKM (NarcofolR, 10mg/ml, Emulsion zur Injektion, CP-Pharma Handelsgesellschaft mbH) intravenös eingeleitet und nach Wirkung mit einer Dosis circa (ca.) 1mg/kgKM aufrechterhalten. Die röntgenologische Untersuchung der Gliedmaßen in den Standardprojektionen (medio-lateral und dorso-plantar) ergaben bis auf die beschriebene Weichteilschwellung und geringgradige Weitung des Gelenkspaltes der proximalen Intertarsalreihe (kombinierte Gelenke des Talus-Calcaneus, Os tarsi centrale – Os tarsale quartum (IV)) keine weiteren Befunde (Abbildung 1 und 2) ( Mahoney, Paul, 2012) . Bei den Seite 3 im Vergleich zur gesunden Gliedmaße angefertigten gehaltenen Aufnahmen wurde am rechten Tarsalgelenk eine Subluxation bei Hyperflexion des Tarsalgelenkes und gleichzeitiger Kniegelenksextension dargestellt (Abbildung 3). Diese Subluxation stellt sich als deutliche plantare Dislokation der distalen Gelenkflächen des Talus und Calcaneus dar. Diagnosen An der linken Hintergliedmaße besteht eine mediale Patellaluxation 1. Grades. An der rechten Hintergliedmaße besteht eine mediale Patellaluxation 3. Grades. Die klinisch und röntgenologisch dargestellte Hyperflexion des Tarsalgelenkes während der Kniegelenksextension bei fehlender Instabilität des Talokruralgelenkes lässt folgende Differentialdiagnosen zu: Ruptur der Calcaneussehne, Calcaneusfraktur, Subluxation der proximalen Intertarsalgelenkes und Subluxation des distalen Intertarsalgelenks. Klinisch und bildgebend können sowohl das Vorliegen einer Calcaneussehnenruptur als auch eine Fraktur des Calcaneus ausgeschlossen werden. Auf dem Röntgenbild der gehaltenen lateralen Tarsalgelenksdarstellung ist die Subluxation im Bereich der dorsalen intertarsalen Gelenkreihe sichtbar. Es dislozieren Talus und Calcaneus nach plantar. Es bestand eine Subluxation des proximalen Intertarsalgelenkbereiches. Behandlung Vor Behandlungsbeginn erfolgte ein Beratungsgespräch, in dem die Befunde, Diagnosen, Therapie und Kosten dafür besprochen wurden. Eine konservative Therapie durch Schienung der Gliedmaße mit Hilfe eines immobilisierenden Verbandes über einen Zeitraum von 5-6 Wochen mit dem Ziel, die ursächlichen plantaren Bandrupturen auszuheilen, wurde als unzureichend und wenig praktikabel zur Behandlung der Katze abgelehnt. Diese Form der Therapie sichert nicht ausreichend die Ruhigstellung des Tarsalgelenkes. Zudem werden Verbände bei Katzen, insbesondere über längere Zeiträume selten gut toleriert. Weiterhin gilt Seite 4 im Allgemeinen, dass die Rehabilitationszeiten bei konservativen Therapien länger sind als bei chirurgischen (Köstlin 2012). Die chirurgische Versorgung zur Stabilisierung der Subluxation wurde vereinbart. Die Prognose der Behandlung ist aufgrund der seltenen Fälle dieser Erkrankung bei Katzen nicht sicher zu stellen. Bis zur Operation, die am Folgetag durchgeführt wurde, erhielt der Kater Hope einen modifizierten Robert-Jones Verband und ein nichtsteroidales Antiphlogistikum (NSAID) Robenacoxid, (OnsiorR 20mg/ml, Injektionslösung für Katzen und Hunde, Novartis Tiergesundheit AG) in einer Dosis von 2mg/kgKM subcutan (s.c.). Hope wurde stationär aufgenommen. Eine klinische Allgemeinuntersuchung und Narkoserisikoklassifizierung nach der modifizierten Einteilung der American Society of Anaesthesiology (ASA) wurden durchgeführt (Tacke, 2012). Die Klassifizierung ergab die Klasse ASA 2. Hope erhielt einen Venenkatheter (VasoVet, 22 G, B.Braun Vet Care GmbH) in die Vena (V.) cephalica und eine Dauertropfinfusion (Infusionspumpe scil InfuVet ad us.vet., scil animal care company GmbH) isotoner Ringerlösung (Ringer-Lösung, AlleMan Pharma) in Dosis von 3ml/kgKM /Stunde. Zur Prämedikation wurden Midazolam (Midazolam HEXAL 5mg/ml, HEXAL AG) 0,4mg/kgKM, Ketamin (Ketamin-10%, 100mg/ml, InjektionslösungR für Hunde und Katzen, CP-Pharma) 3,0mg/kgKM und Propofol 3,0mg/kgKM intravenös (i.v.) injiziert. Eine 10 minütige Präoxygenierung in einer Stoffwechselbox (indulab-vet, CH) unter stressfreien Bedingungen erfolgte vor Beginn der Allgemeinanästhesie. Weiterhin erhielt die Katze zur perioperativen Antibiose Cephazolin (Cephazolin-Fresenius 1g/15ml) 22mg/kgKM i.v., welche nach 90 Minuten wiederholt wurde. Die Analgesie wurde mit Fentanyl (FentanylJanssen 0,5mg/10ml) mit einem Bolus (0,003mg/kgKM) begonnen und anschließend im Dauertropf mit einer Dosis von 0,01mg/kgKM und Stunde aufrechterhalten. Die betroffene Gliedmaße wurde geschoren und antiseptisch mit einer 70% Äthanollösung und 7,5% Povidon-Iod Lösung (BraunolR, B.Braun-Melsungen AG) desinfiziert. Das Tier Seite 5 wurde mit sterilen OP-Textilien abgedeckt und die Tarsalregion für den chirurgischen Zugang vorbereitet. Die zu operierende Gliedmaße lag oben bei einer linkslateralen Lagerung. Die Allgemeinanästhesie Sauerstoffgemisch wurde mit (medizinischer einem Isofluran Sauerstoff, (Isofluran Airliquid) in CPR, CP-Pharma) einem – halboffenen Inhalationsnarkosesystem (MarMed GmbH, Cölbe) mit einer Konzentration von 5% über ca. 5 min bei einer Sauerstoffdurchflußrate von 2,5 Liter je Minute (l/min) eingeleitet und mit einer Isoflurankonzentration von 1,5-1,8% bei einer Sauerstoffdurchflußrate von 0,9l/min aufrechterhalten. Das Monitoring erfolgte mit Narkosemonitorsystem (Patientenmonitor Mindray MEC-1200Vet,) unter Aufsicht einer narkoseerfahrenen Fachkraft. Während der Narkose betrug die Infusionsrate 10ml/kgKM und Stunde Ringerlösung. Über einen caudolateralen Zugang der proximal etwa 3cm dorsal des Tuber calcaneus begann und im dorsalen Drittel der plantaren Metatarsalregion endete, wurde die betroffene Region eröffnet. Es wurde die Fersenbeinkappe (Galea calcanea) nach Durchtrennung des Retinaculum flexorum laterale nach medial verlagert. Die Calcaneussehne (Tendo calcaneus communis) und die oberflächliche Beugesehne (Tendo m. flexoris digitalis superrficialis) waren unverletzt. Nach distal bestand an der plantaren Tarsalregion ein Hämatom und unterhalb der oberflächlichen Beugesehne Rupturen der Ligamenta (Ligg.) tarsi plantare und des M. quadratus plantae (Vollmerhaus und Roos 2000). Zur Stabilisierung der Gelenke der proximalen Intertarsalreihe wurde mit einem 1,1mm Spiralbohrer an der Basis des Calcaneus und im Os tarsale IV je ein Bohrloch quer zur Längsachse gebohrt (Arthrex300 Small-Bone-Power-System, ArthrexVetSystems). Ein Cerclagedraht (0,4mm) wurde in einer Achtertour an der plantaren Fläche des Calcaneus und Os tarsale IV gelegt. Anschließend wurde mit einem glatten Bohrdraht (Kirschnerdraht 1,0mm) durch eine antegrade Bohrung vom Tuber calcanei aus der Talus mit dem Os tarsale IV verbunden. Die Cerclage wurde gespannt. Während einer Kontrolle ließ sich die Seite 6 pathologische Hyperflexion des Tarsus in Kniestreckstellung nicht mehr ausführen. Die rupturierten Bandstrukturen wurden mit monofilen Polypropylen in einer Größe USP 4-0 (PremileneR, B.Braun-Melsungen AG) durch je eine Sehnennaht (Fern-Nah-Nah-Fern-Naht) adaptiert. Das Operationsgebiet wurde gespült und anschließend mit Einzelheften unter Verwendung von monofilem Glyconat der Größe USP 4-0 (MonosynR, B.Braun-Melsungen AG) verschlossen. Zur Ruhigstellung des Tarsalgelenkes wurde ein transartikulärer Fixateur externe bilateral (Typ II a) von der distalen Tibia zum Metatarsus (Ossa metatarsalia III und IV) mit je 2 glatten Bohrdrähten (1,4mm), die lateral und medial über eine Acrylbrücke (Technovit6091, Heraeus) verbunden wurden, stabilsiert. Dabei wurde das Talokruralgelenk in leichter Streckstellung, etwa 150° positioniert. Anschließend fand eine Röntgenkontrolluntersuchung statt (Abbildung 4). Postoperativ verbrachte der Patient etwa 20 Minuten in einer Stoffwechselbox (ca. 80% Sauerstoffgehalt in der Raumluft) auf einer beheizten Fläche die Aufwachphase. Die postoperative Analgesie wurde mit Robenacoxid in einer Dosis von 2mg/kgKM s.c. und Buprenorphin in einer Dosis von 0,02mg/kgKM i.v. aufrechterhalten. Verlauf und Ergebnisse Hope wurde bisher zweimal zur Nachuntersuchung vorgestellt. Die Wundheilung der OPWunde verlief ohne Probleme. Zunehmend wird die betroffene Gliedmaße belastet. Diskussion In diesem Bericht wird die Diagnostik und Therapie einer hochgradig dolent erscheinenden Sprunggelenkserkrankung einer Katze beschrieben, die mit Hilfe der klinischen und röntgenologischen Diagnostik als Subluxation der proximalen Intertarsalreihe des Tarsus durch Ruptur der Ligamenta tarsi planatare diagnostiziert wurde. Die bestehende mediale Patellaluxation der betroffenen Gliedmaße trug möglicherweise zur Entstehung der Seite 7 Tarsalgelenksverletzung durch Beeinträchtigung der Kniegelenksfunktion bei. Die Hauptbefunde Schmerzhaftigkeit, plantare Schwellung des Tarsalgelenkbereiches und Hyperflexion bei gestrecktem Kniegelenk führen zu folgenden Differentialdiagnosen: Ruptur der Calcaneussehne, Calcaneusfraktur und Subluxation der proximalen oder der distalen Intertarsalreihe. Die normale Funktion der Tarsalgelenksstreckung ergibt sich hauptsächlich aus der Kontraktion der M. gastrocnemius und M. soleus. Beide Muskel inserieren am Tuber calcanei und sind Voraussetzung für die starke Hebelwirkung die bei der Tarsalgelenksstreckung entsteht und es Katzen ermöglicht „… sehr schnell aus der geduckten Lauerhaltung zu starten …“ (Vollmerhaus und Roos 2001). Der M. gastrocnemius ist zweigelenkig und dessen Streckwirkung ist teilweise mit der Streckung des Kniegelenkes verbunden. Er besteht aus 2 Muskelköpfen, die ihren Ursprung am distalen Femur haben. Mit anderen Muskeln ist M. gastrocnemius in der Lage durch eine Kniegelenksstreckung die Tragsäule zu stabilisieren und vor dem Einknicken zu schützen. Der M. soleus ist eingelenkig, unabhängig von der Kniegelenksstellung und hat seinen Ursprung am Caput fibulae und ist beim Hund nicht vorhanden (Vollmerhaus und Roos 2001). Der Calcaneus artikuliert mit dem Talus und dem Os tarsale quartum (nicht, wie beim Hund, mit der Fibula). Bei der Tarsalgelenksstreckung halten u.a. die plantaren Ligamenta (Ligg. tarsi plantare) den Calcaneus und Talus in Position, so dass die Hebelwirkung der M. gastrocnemius- und M. soleus-Kontraktion zur Tarsalgelenksstreckung führt. Die Ligg. tarsi plantare sind das Lig. plantare longum, das Lig. calcaneoquartale plantare und das Lig. calcaneocentrodistale plantare (Vollmerhaus und Ross 2000 b). Traumatisch bedingte Rupturen dieser Bandstrukturen an der Zugseite des Tarsus führen durch Distraktion zur Subluxation im proximalen Intertarsalgelenksbereich. Klinisch weicht der Befund der starken Schmerzhaftigkeit von vergleichbaren Verletzungen des caninen Tarsus ab. Demnach zeigen betroffene Hunde unterschiedlich starke plantigrade Seite 8 Tarsalgelenksstellungen, Schwellung und mittelgradigen Schmerz (Piermattei 2006). In unserem Fall war eine geringgradige Instabilität im Gelenk tastbar. Die Kniegelenksstreckung führte nicht wie bei der gesunden Gliedmaße zur zunehmenden Streckung des Tarsalgelenkes. Mit Hilfe der klinischen Untersuchung konnte eine Calacaneussehnenruptur ausgeschlossen werden. Die oft auch als Achillessehne bezeichnete Calcaneussehne besteht aus den Sehnen des M. flexor digitalis superficialis (Insertion: plantar 2.Phalanx), der gemeinsamen Sehne der Musculi (Mm.) gracilis, biceps femoris und semitendinosis (Insertion: medial Tuber calcanei) und der eigentlichen Achillessehne (Sehnen der Mm. Gastrocnemius und soleus (M.triceps surae)) (Scott und McLaughlin 2008). Bei Rupturen dieses Sehnenbereiches kommt es zu einer plantigraden Tarsalgelenkstellung und zu Schwellungen im Rupturbereich. Bei der körperlichen Untersuchung konnte keine Schwellung oder Zusammenhangstrennung der Calacneussehne festgestellt werden. Die differentialdiagnostisch mögliche Fraktur des Calcaneus konnte röntgenologisch ausgeschlossen werden. Berichte über die Therapie feliner Tarsalgelenkssubluxationen sind sehr selten. Nach Scott und McLaughlin (2008) bestehen folgende Therapieoptionen: äußere Schienung für 4 bis 6 Wochen mit Hilfe eines Cast- oder Schienenverbandes, Fixation mit einem Pin der durch den Calcaneus und den 4.Tarsalknochen getrieben wird, Kreuzspickung durch den betroffenen Gelenksbereich und einer zusätzlichen Sicherung mit je einer Cerclage medial und lateral um die Pin-Enden und eine Arthrodese nach Versagen einer der zuvor beschriebenen Therapieoption. Voss (2003) empfiehlt die partielle Tarsalgelenksathrodese zur Behandlung der intertarsalen Subluxation bei Katzen. Bei Hunden mit plantarer intertarsaler Luxation, werden die kalkaneoquartale Arthrodese oder partielle Arthrodese des Gelenkbereiches empfohlen (Ernst 2012). Seite 9 Nach den pathologischen Veränderungen durch Ruptur der Ligg. tarsi plantare, die die Subluxation verursachten, scheinen konservative Behandlungen durch äußere Schienung wenig erfolgversprechend. Da die Distraktionskräfte, die bei Belastung des tarsalen Streckmechanismus entstehen, ein heilen der rupturierten Bänder unter Schienung der distalen Gliedmaße kaum ermöglichen (Muir und Norris 1999). Wir entschieden für die Therapie zu Bandnähten und deren Stabilisierung. Dazu wurde ein Pin antegrad durch den Tuber calcanei bis in das Os tarsale quartum getrieben und eine achter-tourige Cerclage durch die Basis des Calcaneus und durch das Os tarsale quartum geführt. Diese Konstruktion hat das Ziel die Zugkräfte zu neutralisieren, die die Heilung der genähten Ligg. tarsi plantare durch belastungsabhängige Distraktion behindern würden. Weiterhin war für die Entscheidung zu dieser Therapieform die geringe Invasivität der chirurgischen Intervention ein wichtiges Kriterium. Alternativ wäre eine partielle Tarsalgelenksathrodese als Behandlung möglich. Dieses erheblich invasivere Verfahren ist unserer Meinung nach als ultima ratio bei Therapieversagen indiziert. Mit der zusätzlichen Abstützung des Tarsalgelenkes durch Anbringen eines transartikulären Fixateur externe soll eine weitere temporäre Ruhigstellung des Gelenkbereiches erreicht werden. Da die plantare intertarsale Subluxation eine seltene Erkrankung bei der Katze darstellt, sind nur Daten zur Therapie dieser Subluxation von Hunden verfügbar. Danach ist das Therapieverfahren der Wahl beim Hund die partielle Arthrodese des Tarsalgelenkes (Schulz 2009). Scott und McLaughlin (2008) fassen mögliche Behandlungsoptionen für die Katze zusammen. Ein Vergleich dieser Verfahren in Bezug auf den Therapieerfolg liegt in der Literatur nicht vor. So konnte nur auf Grund pathophysiologischer Plausibilität und eigener chirurgischer Erfahrung entschieden werden. Da die Katze als athletisches Lebewesen in ihrer Bewegung für den Sprung auch die besondere Funktionalität des Sprunggelenkes benötigt (Vollmerhaus und Roos 2000a, 2001b, 2001) sollte die chirurgische Therapie das Ziel haben, Seite 10 mit geringer Invasion annähernd normale funktionale Verhältnisse wiederherzustellen. Da der Patient noch in der Rekonvaleszenzphase ist, kann über das endgültige Therapieergebnis noch nichts ausgesagt werden. Seite 11 Literaturverzeichnis Ernst, Theresa Sophie, 2012, Karpal- und Tarsalgelenksarthrodese bei Hund und Katze Behandlungen und Ergebnisse in den Jahren 1996 bis 2010. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der tiermedizinischen Doktorwürde der Tierärztlichen Fakultät der LudwigMaximilians-Universität München (2012). S.37. Köstlin, Roberto, 2012, Vortrag Small Animall Surgery Kurs Improve International Frankfurt/Main. S.37. 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R: Weichteilschwellung und geringgradig Weitung des Gelenkspaltes im proximalen Intertarsalgelenksbereich. Seite 16 Abbildung 3 Medio-laterale Röntgenabbildung: R) Subluxation der proximalen intertarsalen Gelenkreihe bei gestrecktem Kniegelenk und provozierter Tarsalgelenksbeugung. L) Physiologische Tarsalgelenksstellung bei gestrecktem Kniegelenk und provozierter Tarsalgelenksbeugung Seite 17 Abbildung 4 Postoperative Röntgenaufnahme. Seite 18