Krankenbericht

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Krankenbericht
im Rahmen der Intensivklinik
in der Chirurgischen Tierklinik
der xxx
vom 17.6. – 30.7.2002
erstellt von
xxx
8. Semester
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Tierart:
Hund
Behandelnde Tierärztin: xxx
Operateur:
xxx
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Signalement:
Name:
Tierart:
Rasse:
Geschlecht:
Alter:
Gewicht:
Besitzer:
„xxx“
und
Terrier-Mischling, grau
weiblich
ca. 1 Jahr
4,5 kg
Frau xxx
Vorbericht:
Die Hündin wird am 03.06.02 zur Lahmheitsabklärung in der Chirurgischen Tierklinik vorgestellt. Nach Angaben der
Besitzerin ist sie seit zwei Monaten in Besitz und ging in dieser Zeit immer schon hinten rechts lahm. Der Vorbesitzer
hat sich anscheinend nicht um die Lahmheit gekümmert, wie lange das Tier letztendlich lahmt, ist nicht bekannt.
Allgemeine klinische Untersuchung:
Allgemeinbefinden:
munter
Ernährungszustand:
gut
Pflegezustand:
gut
Körpertemperatur:
38,5° C
Herz und Lunge sind auskultatorisch unauffällig.
Die Hündin hat den Habitus eines gesunden Tieres.
Spezielle klinische Untersuchung:
Haare/ Haut:
Das Haarkleid ist geschlossen, dicht und glänzend. Haarausfall, Juckreiz und Parasiten sind nicht feststellbar. Der
Hautturgor ist erhalten, auch ansonsten weist die Haut keinerlei Veränderungen auf.
Schleimhäute:
Die Konjunktival- und Maulschleimhäute sind rosa-rot, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen.
Lymphsystem:
Die Lnn. mandibulares, cervicales superficiales und poplitei sind nicht vergrößert und von prall-elastischer Konsistenz.
Sie sind gut abgrenzbar, verschieblich und weder vermehrt warm noch schmerzhaft.
Kreislaufapparat:
Die kapilläre Rückfüllungszeit an der Maulschleimhaut liegt unter 2 Sekunden. Die Episkleralgefäße sind nicht injiziert
und gut konturiert.
Die Herzfrequenz liegt bei 90 Schlägen pro Minute. Der Herzschlag ist kräftig, regelmäßig, gut abgesetzt und es sind
keine Nebengeräusche zu auskultieren.
Die Pulsfrequenz stimmt mit der Herzfrequenz überein. Die Pulswelle ist kräftig, regelmäßig, gleichmäßig und
symmetrisch. Die Arterien sind gut gefüllt, die Arterienwände gut gespannt.
Respirationsapparat:
Wegen des durch Aufregung bedingten Hechelns ist die Atemfrequenz nicht zu bestimmen. Die Auskultation der Lunge
ergibt keine Anzeichen einer gestörten Atemfunktion.
Der Brustkorb ist symmetrisch.
Verdauungsapparat:
Futter- und Wasseraufnahme sowie Kotabsatz sind physiologisch. Die Bauchdecke ist locker und die Palpation des
Abdomens nicht schmerzhaft. Palpatorisch ergeben sich keine auffälligen Befunde.
Bewegungsapparat:
Im Stand belastet der Hund die rechte Hintergliedmaße nur wenig. In der Bewegung ist bei allen Gangarten eine mittelbis hochgradige Lahmheit dieser Gliedmaße zu beobachten. „Cherry“ belastet das Bein meistens nicht, und wenn, dann
nur vorsichtig und die Schrittlänge ist verkürzt.
Die Zehengelenke sowie das Tarsal- und Kniegelenk der rechten Beckengliedmaße sind physiologisch gut beweglich.
Die Kniegelenke sind beidseits stabil, die Patella in situ. Beide Patellae lassen sich lediglich auf den medialen
Rollhöcker des Femurs subluxieren. Es sind keine Umfangsvermehrungen, Schmerzhaftigkeit oder vermehrte Wärme
festzustellen. Ebenfalls ist keine abnorme Beweglichkeit oder Krepitation auszulösen. Der Tibiakompressionstest ist
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negativ und es ist kein Schubladenphänomen auslösbar.
Bei Manipulationen an beiden Hüftgelenken zeigt die Hündin Schmerzen, und zwar rechts deutlicher als links. Die
Palpation der Knochen ist unauffällig. Bei der Weichteilpalpation erscheinen die Oberschenkel- und
Glutaealmuskulatur der rechten Gliedmaße geringgradig atrophiert.
Die Untersuchung beider Schultergliedmaßen ergibt keinen besonderen Befund.
Röntgenuntersuchung:
Auf der ventrodorsalen Röntgenaufnahme der gestreckten Hüftgelenke ist der Gelenkspalt des rechten Hüftgelenks
erweitert, der Femurkopf weist löcherartig aufgehellte Bezirke auf.
Diagnose:
Morbus Legg-Calvé-Perthes (aseptische Femurkopfnekrose)
Differentialdiagnosen:




Femurkopfepiphysiolyse
Osteochondrosis dissecans des Caput ossis femuris
Traumatische Femurkopfnekrose
Hüftgelenkluxation
Epikrise:
Die Ätiologie der aseptischen Femurkopfnekrose ist noch nicht geklärt. Aus unbekanten Gründen kommt es im
Wachstum zu einer Vaskularisationsstörung der Femurkopfepiphyse, wodurch das Knochengewebe zunächst normalen
Belastungen weniger Widerstand bieten kann und zunehmend nekrotisch wird. Die Folge ist eine schmerzhafte
Coxarthrose. Die Krankheit tritt typischerweise im ersten Lebensjahr bei Vertretern der kleinen Hunderassen insbesondere bei Yorkshire-, West Highland White-, Scotch-, Jack Russell- und Cairn-Terriern aber auch bei
Zwergpudeln und Maltesern auf. In ca. 20% der Fälle betrifft die Erkrankung beide Hüftgelenke.
Bei Hunden ist keine Geschlechtsdisposition bekannt (Beim Menschen tritt die Krankheit häufiger bei Jungen zwischen
drei und elf Jahren auf, nur jeder 5. Fall betrifft ein Mädchen). In der Humanmedizin wurden Störungen im
Gerinnungssystem bei Perthes-Erkrankten vermutet (z.B. eine Thrombophilie und Hypofibrinolyse); auch eine
verzögerte Knochenreifung bei kleiner Körpergröße soll typisch sein.
Die Symptome sind eine schleichende Lahmheit über mehrere Monate, oft wird die Gliedmaße schließlich gar nicht
mehr belastet. Die Bewegung der Hüfte bei der orthopädischen Untersuchung ist schmerzhaft, besonders bei Rotation
ist die Beweglichkeit vermindert. Die Veränderungen treten meistens ab etwa dem 5. Lebensmonat auf, wenn das Tier
dann lahmt, sind die Veränderungen des Femurkopfes und des Azetabulums schon sehr weit fortgeschritten.
Die Diagnose kann an Hand der Röntgenbefunde und des Vorberichts sicher gestellt werden.
Therapie:
Im Anfangsstadium der Erkrankung kann eine konservative Therapie mit Schmerzmitteln und strikter
Bewegungseinschränkung, sprich Käfigruhe über mehrere Wochen Erfolg versprechend sein. Da die Krankheit jedoch
selten in so einem frühen Stadium diagnostiziert wird, ist meist eine operative Therapie in Form der
Femurkopfhalsresektion, welche bei kleinen Hunderassen meist komplikationslos möglich ist, angezeigt. Das Ziel der
Femurkopfhalsresektion besteht in der Beseitigung des Knochenkontaktes zwischen Femurkopf und der Gelenkpfanne
der Hüfte und führt dadurch zur Beseitigung des Gelenkschmerzes. Der Resektion folgt die Ausbildung eines fibrösen,
falschen Gelenks (Pseudoarthrose). Das Narbengewebe des falsch fibrösen Gelenks trägt dann zusammen mit den
umgebenden Muskeln das Körpergewicht des Hundes. Außerdem verlagert der Patient sein Gewicht auf die
Vordergliedmaßen.
Mit der Besitzerin von „Cherry“ wird eine Femurkopfhalsresektion vereinbart, da die Krankheit für eine konservative
Behandlung schon zu weit fortgeschritten ist.
Die Operation findet am 20.6.02 statt.
Als Prämedikation wird 0,2 mg Acepromazin(Vetranquil®) intramuskulär verabreicht. Die Anästhesie wird mit 0,1 ml
Piritramid (Dipidolor®) und 3ml Propofol (Rapinovet®), jeweils intravenös, erreicht. Die Narkose wird nach Intubation
mit einem Isofluran-Sauerstoffgemisch fortgesetzt. Zur Infektionsprophylaxe erhält der Hund noch 0,5ml Cefazolin
intravenös.
Der Hund wird in linker Seitenlage auf dem OP-Tisch fixiert und die rechte Gliedmaße wird auf einem Polster gelagert.
Der Zugang zum Hüftgelenk erfolgt über kranio-lateral. Der Hautschnitt wird von oben, leicht kaudal geschwungen
über den Trochanter major bis etwa zur halben Höhe des Oberschenkels gesetzt. Die oberflächliche Faszie, Fettgewebe
und die tiefe Faszie werden am kranialen Rand des Musculus biceps femoris durchtrennt. Nach der Mobilisation und
Spreizung der Wundränder, erfolgt die Inzision der Fascia lata über dem Musculus vastus lateralis und weiter nach
proximal zwischen den Glutäus-Ansätzen und dem Musculus tensor fasciae latae. Zur Darstellung des Hüftgelenks und
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des Femurhals wird das die Gelenkkapsel umgebende Fettgewebe unter Schonung der Äste der Vena und Arteria
circumflexa femoris lateralis stumpf abpräpariert und die gemeinsame Ursprungssehne des Musculus vastus lateralis
und intermedius zur Seite verlagert.
Nach Inzision und Mobilisation der Gelenkkapsel wird der Trochanter minor bei leicht nach außen rotierter Gliedmaße
aufgesucht. Die Osteotomie erfolgt mit einer oszillierenden Säge auf einer Verbindungslinie zwischen dem proximalen
Ende des Trochanter minor und der medialen Begrenzung des Trochanter major. Nach der Durchtrennung des
Ligamentum capitis ossis femoris kann das Fragment entfernt werden. Nachdem die Osteotomie-Fläche auf scharfe
Kanten untersucht wurde wird die Gelenkkapsel mit einem langsam resorbierbaren, atraumatischen Nahtmaterial mit
rückläufigen Heften genäht. Zur Adaptation der Wundränder wird die oberflächliche Faszie mit resorbierbarem
Nahtmaterial mit Knopfheften genäht, danach erfolgt die Hautnaht mit nicht-resorbierbarem Nahtmaterial mit
Einzelknopfheften.
Nach der Operation erhält das Tier 18mg Carprofen (Rimadyl®) als Schmerzmittel subkutan.
Am nächsten Tag wird „Cherry“ von der Besitzerin abgeholt. Die Hündin soll für 10 Tage tägl. 20mg Carprofen
(Rimadyl®) per Os erhalten und vorerst nur kurz an der Leine geführt werden. Weiterhin soll sie drei Mal täglich
Physiotherapie erhalten. In zehn Tagen können die Fäden vom Haustierarzt gezogen werden, sechs Wochen nach der
Operation wird ein Kontrolltermin vereinbart.
Prognose:
In ca. 85% der Femurkopfhalsresektionen ist das Ergebnis als gut zu bezeichnen. Nach Ausbildung einer
bindegewebigen Verbindung im Gelenk haben die Tiere keine Schmerzen mehr und belasten die Gliedmaße normal.
Als Komplikation ist ein Hochstand des Femurs bekannt, wobei die Tiere die Gliedmaße nicht mehr belasten.
Das Kontroll-Röntgenbild, das nach der Operation von „Cherry“angefertigt wurde, ist zu erkennen, dass Femurkopfund Hals sauber resiziert wurden, da weder in der Operation noch im Verlauf des stationären Aufenthalts
Komplikationen auftraten, ist die Prognose quo ad restitutionem bei „Cherry“ vorsichtig bis gut zu stellen.
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