Fallstudie Die 38jährige Klientin kam am 12.05.2004 das erste Mal zu mir. Sie hätte, laut ihrer Aussage, keine akuten Beschwerden. Sie möchte eine entspannende Sitzung zum Abschalten und Wohlfühlen. Nach ihrer Angabe ist sie ein bißchen abgespannt. Die Klientin redet nicht viel und wirkt eher verschlossen. Ich hatte den Eindruck das im Hintergrund Probleme bestehen, bin aber nicht näher darauf eingegangen. Nach der Sitzung wurden private Probleme von der Klientin bestätigt. (Scheidung). Weiters hätte sie auch zeitweise Magenprobleme, aber im Moment nicht akut. Die Klientin wollte nicht vor mir über ihre privaten Probleme sprechen. Wichtig ist zuerst die Vertrauensbildung und der behutsame Umgang. Nicht ausfragen, nicht drängen, wird von allein sprechen wenn ihr danach ist. Anamnese: Erster Eindruck: Die Klientin macht einen sehr gepflegten Eindruck. Sie bewegt sich eher langsam und vorsichtig. Die Gesichtsfarbe ist blaß. Die Lippen ebenfalls blaß. Die Augen sind klar und machen einen wachen Eindruck. Die Haare sind dünn. Die Atmung ist eher flach und in die Brust. Anscheinend ist Kontrolle für sie sehr wichtig. Sie macht einen wachen und interessierten Eindruck. Ist neugierig wie die Behandlung verläuft. Die Schultern hängen und sind etwas nach vorne gerichtet. Sie wirkt leicht gebeugt. Soziales Umfeld: Die Klientin wurde erst kürzlich geschieden. Sie hat ein Kind und lebt als alleinerziehende Mutter. Keine Angabe zum Alter des Kindes. Das Kind dürfte aber im Schulalter sein. Das Fehlen eines Lebenspartners wird, von der Klientin, zeitweise als belastend empfunden. Die Beziehung zur Mutter ist sehr gut. Die Mutter leidet allerdings an einer fortgeschrittenen Krebserkrankung. Dadurch ebenfalls Belastung der Tochter. Nimmt sich Zustand der Mutter sehr zu Herzen. Auch hieraus ergibt sich eine psychische Belastung. Zu ihrer weiteren Verwandtschaft gab die Klientin bei der 1. Befragung keine Angaben. Nach weiteren Behandlungen erzählte die Klientin von sich aus über die zunehmenden Problemen mit ihrem Bruder. Das angespannte Verhältnis macht sie sehr traurig. Nach dem Tod der Mutter ( siehe 14. Behandlungsprotokoll) dürfte der Beziehungsstreit mit dem Bruder eskaliert sein. Grund: Regelung der Hinterlassenschaft. Klientin hat erzählt das sie Angst davor hat. Befragung: Bei der Befragung war die Klientin sehr verschlossen und wollte nicht über ihre Probleme sprechen. Ich habe sie dazu auch nicht weiter befragt. Sie hat später von sich aus begonnen über die Belastungen zu sprechen. Ich habe lediglich darauf hingewiesen das die Befragung zur Erstellung eines Gesamteindrucks wichtig ist und das natürlich auf die Wünsche des Klienten Rücksicht genommen wird. Bei der 1. Sitzung wollte sich die Klientin auch nicht ausziehen. Bei späteren Sitzungen war das kein Problem mehr. Zudecken genügt. Die Klientin schläft gut und tief. Sie kann sich nicht an Träume erinnern. Die Arbeit wird nicht als Belastung empfunden und macht ihr Freude. Sie ist derzeit in der Ausbildung zum Lebens- und Sozialberater und muß viel lernen. Die physische Belastung ist nicht sehr hoch. Sie betreibt gelegentlich Freizeitsport, gab aber keine näheren Angaben welche Sportart bevorzugt wird. Zur Ernährung befragt, gab sie an alles zu essen. Sie hat keine Vorlieben, aber eine Abneigung gegen saure Speisen. Sie trinkt keinen Alkohol und ist Nichtraucherin. Die Verdauung wird als normal bezeichnet. Bei näherer Befragung stellt sich heraus das der Stuhl aber eher weich ist. Wurde als gerade noch geformt bezeichnet. Der Zustand besteht schon seit längerer Zeit und wurde deshalb als normal empfunden. Der Harn ist hellgelb. Harndrang ca. 3/Tag. Sie ist nicht müde nach dem Essen. Die Klientin hat Verlangen nach Wärme, da ihre Hände und Beine immer kalt sind. Sie nahm zum Zeitpunkt der Anamnese keine Medikamente. Erst nach ca. einem Jahr wurde bei der Klientin Helicobacter diagnostiziert und vom Arzt medikamentös behandelt. Die Klientin hatte auch keine Operationen. Zum Befragungszeitpunkt gab sie an das sie zeitweise einen nervösen Magen hat und ein Druckgefühl spürt. Ein Unwohlsein bei dem sie immer tief atmen muß, damit die Beschwerden besser werden. Bei der Menstruation gibt es keine Auffälligkeiten. Keine Krämpfe, kein PMS, das Blut ist unauffällig und wurde als normal bezeichnet. Die Klientin schwitzt nicht übermäßig und hat auch keine Allergien. Die einschneidenden Ereignisse der letzten Zeit sind die erst kürzlich durchgeführte Scheidung, das Leben als alleinerziehende Mutter und die Krankheit der Mutter. All diese Belastungen dürften die Magenprobleme verursachen. Die Klientin hat derzeit keinen Lebenspartner und lebt allein mit ihrem Kind. Sie hat keine Probleme mit dem Kind. Die Beziehung zur Mutter ist sehr gut, aber durch die Krankheit der Mutter (Krebs) belastet. Sie gab keine näheren Angaben zu ihren Geschwistern. Später stellte sich heraus das es ein angespanntes Verhältnis zum Bruder gibt. Da die Klientin sehr verschlossen ist, habe ich sie nicht zur Sexualität befragt um sie nicht zu verunsichern. In der körperlichen Befundung stellt ich fest das der Kopf und der Oberkörper warm sind. Die Beine und Arme sind kalt. Die Atmung ist flach und eher schnell. Es bestehen Blockaden im Hals- und Lendenbereich. Dort ist ein deutlicher Temperaturunterschied feststellbar. Die Haut ist blaß und am Rücken elastisch. Der Grundtonus am restlichen Körper ist eher weich. Die Haut ist stellenweise trocken. Die Kopfhaare sind dünn und halten oft nicht. Sie hat keine Ödeme. Während der Behandlung bestand zu Beginn eine starke Kontrolle. Sie konnte sich aber im Laufe der Sitzung immer mehr entspannen und hat Vertrauen gefaßt. Zudecken ist sehr wichtig. Ich hatte den Eindruck das die Klientin bei der 1. Behandlung fast in Tränen ausgebrochen wäre. Sie hat das aber unterdrückt. Ich habe sie nicht darauf angesprochen. Die Spannungen haben sich in späteren Sitzungen gelöst. Sie hat öfter geweint und auch einmal einen Lachkrampf bekommen den sie sich nicht erklären konnte. Sie hat das aber nicht als belastend empfunden. Ist laut Aussage von Klient einfach passiert. Bei der 1. Sitzung habe ich in Zen-Technik auf der Rückseite und am Kopf gearbeitet. Strokes waren nicht möglich, da die Klientin angezogen blieb. Hat sich erst bei nachfolgenden Sitzungen ausgezogen. Aussage der Klientin: die Sitzung war eine ganz tolle Erfahrung. Sie hat sich lang nicht mehr so wohl gefühlt. Nach der Sitzung haben wir uns noch etwas unterhalten und die Anamnese vervollständigt. Manche Punkte die oben angeführt sind, wurden erst nach der Behandlung besprochen. Die Zungendiagnostik zeigt den Zustand bei der 19. Behandlung. Der Zungenkörper ist blaß, die Ränder und die Spitze sind nicht rot. Auf der Zunge finden sich Zahnabdrücke. Sie hat einen weißen, dünnen, stellenweise durchsichtigen Belag. Die Kapillaren sind nicht geschwollen. Diagnose: Bei der Klientin herrscht eine allgemeine Qi- und Blutschwäche vor, wobei die meisten Probleme im Verdauungsbereich auftreten. Die psychische Belastung (Krankheit der Mutter und Scheidung) verursacht durch dauernde geistige Beschäftigung den Fülle-Zustand im Kopf. Hier kann eine Shen-Belastung die das Blut verbraucht angenommen werden. Allerdings zeigt sich auf der Zunge keine Shen-Belastung (Spitze nicht rot). Die Zunge mit blaßem Zungenkörper und weißem bis durchsichtigen Belag weisen auf eine Kälte und Qi-Mangel-Struktur hin. Ebenfalls die dünnen und blaßen Lippen. Bei der 1. Befragung gab die Klientin an, dass sie Magenprobleme hätte. Die Verdauung funktioniert ebenfalls mangelhaft. Dies zeigt eine Ma- und Milz-Qi-Schwäche an. Der Stuhl ist weich. Die Klientin hat auch eine Abneigung gegen saure Speisen. Sie hat Druckgefühl im Magen und muß dieses tief wegatmen. Hinweis auf zeitweise rebellierendes Ma-Qi. Vor der 19. Sitzung stellte sich eine Infektion mit Helicobacter heraus. Der pathogene Einfluß schädigt zusätzlich das Ma-Qi und dürfte Ma-Hitze verursacht haben. Da sie vom Arzt medikamentös behandelt wird, zeigt sich eine Besserung der Beschwerden die auch auf der Zunge durch den dünnen bis durchsichtigen weißen Belag zu erkennen sind. Durch die herabgesetzte Verdauungsfunktion kann Blut nur unzureichend nachgebildet werden. Die restlichen Organe werden ebenfalls unzureichend versorgt. Die Milz kann die Feuchtigkeit im Körper nicht ausreichend regulieren. Zahnabdrücke auf der Zunge. Das Leber-Qi stagniert ebenfalls. Symptom dafür sind kalte Extremitäten. Es besteht eine Stagnation von Qi und Blut zeitweise im Nackenbereich, massiver jedoch im Lendenbereich. Betroffen ist davon vorwiegend der Blasenmeridian. Die Stagnation wird noch durch den Umstand verstärkt, dass sich die Klientin nicht, oder nur sehr schwer entspannen kann. Weiters dürften auch bereits die Nieren belastet sein aufgrund der Schmerzen im Lendenbereich. Die Klientin hat auch im Hintergrund Existenzängste. Die Versorgung mit Qi für die Nieren ist auch durch Stagnationen im Bereich des Blasenmeridians herabgesetzt. Am stärksten ausgeprägt und damit Ansatzpunkt für die Behandlung ist die Verdauungsproblematik. Weiters ist die Stagnation im Rückenbereich nicht unwesentlich für die weitere Versorgung des Nierenmeridians. Am wichtigsten ist jedoch, das die Klientin Vertrauen fast und sich entspannen kann, die Sitzungen als angenehm empfindet und so langsam auf die anstehenden Probleme eingegangen werden kann. Es wurde mit der Klientin auch vereinbart, mehrere Sitzungen durchzuprobieren um die angenehmste herauszufinden. Behandlungskonzept: Ziel: Stagnation im Halsbereich und Lendenbereich auflösen Magen, Milz und Niere stärken Entspannen und Runterholen Zu Beginn der Behandlung ist es wichtig Vertrauen aufzubauen und für Entspannung zu sorgen. Da von der Klientin eine angenehme Sitzung gewünscht wurde, habe ich für die erste Sitzung Zen-Technik auf der Rückseite des Körpers gewählt. Der Kopf wurde ebenfalls in Zen-Technik behandelt. Zum ersten weil die Klientin sich nicht ausziehen wollte und weil Rhythmus sehr wichtig für die Entspannung ist. Die Rückseite ist ein guter Zugang um Vertrauen aufzubauen und die Klientin kann sich an meine Hände gewöhnen. Darüber hinaus kann man dabei sehr gut auf die Stagnationen einwirken und soviel Energie wie möglich auf die Beine und Füße ziehen. (Damit auch Nieren-Meridian wieder ins fließen kommt). Der Kopf eignet sich ebenfalls sehr gut zum Loslassen. Bei der ersten Sitzung bestand zu Beginn eine starke Kontrolle der Klientin. Im Laufe der Sitzung konnte sie sich immer mehr entspannen. Die Atmung hat sich vertieft. Der hohe Grundtonus im Nacken-Schulter-Bereich und im Lendenbereich hat auch nachgelassen. Die Beine sind wärmer geworden. Als Abschluß jeder folgenden Sitzung wurden neben den feinenergetischen Punktverbindungen viele Striche auf den Beinen gemacht. Bl und Gb nach unten, Yin-Seite (vorwiegend MP und Ni) nach oben. Nach der 1.Sitzung befragt gab die Klientin an das sich der Rücken angenehm anfühlt. Sie kommt ab jetzt regelmäßig. Die Sitzung war eine ganz tolle Erfahrung. Weitere Behandlungen fanden eher unregelmäßig in einem 2 bis 4wöchigem Abstand statt. Je nachdem wie ihr Dienst das zuließ, oder ob Beschwerden auftraten. Bei den ersten 3 Sitzungen wurde in Zen-Technik gearbeitet. Die Vorderseite wurde mit und ohne Brustbereich durchgeführt. Die Klientin hat sich auch ab der zweiten Sitzung bis auf die Unterwäsche ausgezogen. Sie empfand das als angenehmer. Ab der vierten Sitzung wurde in Tiefer Shiatsu Technik gearbeitet. Zuerst auf der Rückseite, später auch auf der Vorderseite und in Seitenlage. Für die Klientin stellte sich die Bauchlage (arbeiten auf der Rückseite) als die angenehmste Lage heraus. Die Arbeit am Kopf wurde bei fast jeder Sitzung durchgeführt und wurde als der angenehmste und entspannendste Teil der Sitzungen empfunden. Die Rückenbeschwerden verbesserten sich. Sie unterliegt jedoch noch Schwankungen je nach Zustand der psychischen Belastung. Wenn sie wieder viel nachdenkt und sich nicht so gut entspannen kann werden die Symptome wieder schlechter. Bei der 19. Behandlung wurde vor der Arbeit am Rücken (Tiefes Shaitsu), eine Meridianmassage auf dem Ma- und MP-Meridian durchgeführt, mit dem Ziel die beiden Meridiane zusätzlich ins fließen zu bringen. Im Laufe der Sitzungen hat sich auch der psychische Zustand verbessert. Die Klientin konnte wieder lachen und gab an das sie mit ihrem Leben jetzt viel besser zurecht kommt. Der Eindruck den sie auf mich gemacht hat änderte sich dahingehend, dass sie viel offener wirkte und auch wieder Lebensfreude entwickelte. Die Magenprobleme sind ebenfalls besser geworden und nach der ärztlichen Behandlung ganz verschwunden. Sie hat zurzeit wieder eine partnerschaftliche Beziehung die ihr ebenfalls hilft ihre zuvor belastende Situation zu meistern. Einen Rückfall in die angespannte Struktur gab es zum Zeitpunkt des Todes der Mutter. Das angespannte Verhältnis zum Bruder belastete zusätzlich. Laut Klientin habe ihr die Shiatsu-Behandlung auch in dieser Situation sehr geholfen. Weiters wurde empfohlen sich zum Essen Zeit zu nehmen und zu genießen. Viel zu trinken und scharf gewürzte Speisen aber auch Rohkost und Milchprodukte eher zu meiden. Die Behandlungen werden nach Bedarf weiter fortgesetzt. Sie haben aber zunehmenden Charakter einer entspannenden Behandlung zum Wohlfühlen.