4 Suchthilfe - Salto Suchthilfe Salzgitter

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ROGEN- UND
SUCHTHILFE gGMBH
Die Gesellschafter der
Drogen- und Suchthilfe
gGmbH
Bezirksverband
Braunschweig e. V.
Verein zur Förderung
der Drogen- und
Suchthilfe e.V.
Rahmenkonzeption
Telefon:
05341/1885975
1885976
Fax:
05341-1885991
email:
Suchthilfe.Salzgitter
@web.de
Bankverbindung:
Volksbank Braunschweig
Kto-Nr.: 6971520000
BLZ: 27090077
Steuernummer:
51/200/25125
Handelsregister:
Amtsgericht Braunschweig
HRB 9716
Suchtberatungsstelle Salzgitter
Berliner Straße 78
38226 Salzgitter
Sitz der Gesellschaft und
Gerichtsstand:
Salzgitter
Geschäftsführer:
Klaus-Dieter Pauly
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Seite
1.
1.1
1.2
1.3
Institution Suchtberatung
Trägerschaft
Finanzierung
Das Leitbild
3
3
3
3
2.
Die Suchtberatung als Facheinrichtung
in Salzgitter
4
3.
3.1
3.2
4
4
4
3.2.1
3.2.2
Die Klientel
Personenkreis
Beschreibung der Ursachen, Entwicklung und Bedeutung von SuchtErkrankung
Alkoholabhängigkeit
Drogenabhängigkeit
4.
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.7.1
4.7.2
Suchthilfe
Definition von Gesundheit und Krankheit
Was will (Sucht-)Therapie ?
Wichtige Lern- und Verhaltensschritte in einer Suchttherapie
Ethische Grundsätze
Grundsätzliche Ziele
Grundsätzliche Handlungsleitlinien
Qualitätssicherung
Qualifikation und Weiterbildung der Mitarbeiter
Qualitätssicherungsverfahren
7
7
7
8
8
9
12
12
12
12
5
Aufgabenbereiche aus Mischfinanzierung
(Kommunale- und Landesmittel)
Suchtprävention
Niedrigschwellige Kontaktaufnahme und Hilfen
Kontaktaufnahme, Akuthilfe und Beratung
Ambulante Entwöhnung von Cannabiskonsumenten
Kooperation und Vernetzung
Förderung und Unterstützung der Selbsthilfe
Besondere zielgruppenspezifische Hilfen
13
6
Aufgabenbereiche aus Landesfinanzierung
Substitut-gestützte Psycho-/Sozialtherapie
21
21
7
Aufgabenbereiche aus Drittfinanzierung
Ambulante Rehabilitation gemäß EVARS
23
23
8
8.1
8.2
Aufgabenbereiche ohne derzeitig ausreichende Finanzierung
Straßensozialarbeit
Arbeit an Szenebrennpunkten
24
24
24
9
Ausführliche Einzelkonzepte, Vertragstexte
26
9.1
Konzept zur Durchführung von Maßnahmen zur Behandlung betäubungsmittelabhängiger Straftäter gemäß §35 BtMG/§36 BtMG
Behandlungsvertrag Ambulante Rehabilitation nach EVARS
Behandlungsvertrag Naltrexon-gestützte ambulante Rehabilitation
Kooperationsvertrag Substitutionsbehandlung
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
9.2
9.3
9.4
5
5
14
16
16
18
19
20
21
2
Vorwort
Die Ausschreibung der Stadt Salzgitter, zur Neuregelung der kommunalen Suchtarbeit in der
Veröffentlichung vom 13.11.03, für den gesamten Bereich der kommunalen Sucht- und
Drogenarbeit, der Suchtprävention sowie die psychosoziale Beratung, Patienten- und
Angehörigenbetreuung und die Arbeit mit Multiplikatoren, bezieht sich auf ein kommunales
Finanzierungsvolumen von 100.000.- € .
Das vorliegende Rahmenkonzept der Drogen- und Suchthilfe gGmbH beinhaltet das gesamte
Angebot, das auf dem Hintergrund der geplanten Finanzierung realisierbar erscheint.
 Der Aufgabenbereich der Suchtprävention wird durch einen Personalkostenzuschuss
finanziert, der zu gleichen Teilen von der Kommune und dem Land Niedersachsen
getragen wird. Eine Kürzung des kommunalen Zuschusses für die Suchtprävention zieht
eine Kürzung der Landesmittel nach sich.
 Die Psycho-/Sozialtherapie Substituierter wird durch eine Personalkostenfinanzierung des
Landes übernommen.
 Die Ambulante Rehabilitation trägt sich ausschließlich aus Mitteln der Krankenkassen und
Rentenversicherungsträger, wobei eine personelle und fachliche Mindestausstattung der
Suchtberatungsstelle erforderlich ist, um in diesem Bereich tätig werden zu können.
In unserem Rahmenkonzept haben wir die verschiedenen Finanzierungsarten den
entsprechenden Arbeitsbereichen zugeordnet.
Der von der Stadt Salzgitter ausgeschriebene Leistungskomplex gliedert sich im Punkt 5.
dieses Rahmenkonzeptes.
1.
Institution Suchtberatung
1.1
Trägerschaft
Der Drogen- und Suchthilfe gGmbH beteiligt sich an einer gemeinnützigen Gesellschaft, die
das Ziel hat, als freier, gemeinnütziger Anbieter eine Suchtberatungs- und
Suchtbehandlungsstelle in Salzgitter zu betreiben.
1.2
Finanzierung
Der Betrieb der Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstelle finanziert sich im Wesentlichen
durch




1.3
Kommunale Zuschüsse der Stadt Salzgitter
Zuschüsse des Landes Niedersachsen
Einnahmen aus Rehabilitationsmaßnahmen
Spenden und Bußgeldern
Das Leitbild
Der Drogen- und Suchthilfe gGmbH erbringt in den von ihm betriebenen Einrichtungen im
Bereich der Suchthilfe Leistungen, die sich an einem humanistischen Leitbild orientieren. Das
Zusammenleben der Menschen erfordert soziale Partnerschaft, Aufmerksamkeit und
Verantwortung. füreinander. Wir bemühen uns, unserer Klientel aufrichtig, solidarisch, tolerant
und lebensbejahend zu begegnen. Aus der Anerkennung der Würde jedes Menschen
erwächst die Forderung nach Chancengleichheit. Aus der Verantwortung für sich selbst und
für den Mitmenschen entwickelt sich die Solidarität in der Gemeinschaft. Die erbrachten
Leistungen orientieren sich darüber hinaus am aktuellen Stand der Suchtforschung und
werden kontinuierlich weiterentwickelt und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft.
3
2.
Die Suchtberatungsstelle als Facheinrichtung in Salzgitter
Die Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstelle Salzgitter versteht sich als Facheinrichtung
für die Beratung und Behandlung von Menschen, die direkt oder indirekt unter den Folgen
eines Suchtmittelkonsums bzw. einer Abhängigkeitserkrankung leiden. Die rechtlichen
Grundlagen bilden dafür



ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Stadt Salzgitter und des Vereins zur
Förderung der Suchthilfe, bzw. der zu gründenden gGmbH
das Niedersächsische Psych. KG.
die diversen Richtlinien für die einzelnen Arbeitsbereiche
Der Einsatz und die enge Kooperation verschiedener Berufsgruppen (Sozialarbeiter/pädagogen, Psychologen, Ärzte) ist notwendig, um der Komplexität der Suchterkrankung
Rechnung zu tragen.
Methoden der Qualitätssicherung und der Reflektion des professionellen Handelns
(Benchmarking/Supervision) gehören zum Standard, um im Umgang mit dem Klientel flexibel
und innovativ zu sein. Der Beratungs- und Behandlungsverlauf der Klientel wird schriftlich
dokumentiert. Die einzelfall- und einrichtungsbezogenen statistischen Daten werden mit dem
EBIS-System oder mit einem damit kompatiblen System dokumentiert.
Die Suchtberatungsstelle übernimmt auch die Aufgabe der Koordination der Suchthilfe im
Einzugsbereich Salzgitter über die Kooperation und Vernetzung mit allen Personen und
Institutionen, die mit Suchterkrankungen mittelbar und unmittelbar zu tun haben. Die
Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstelle sieht sich in der Verantwortung, die
Öffentlichkeit, Politik und einzelne Institutionen auf Veränderungen im Bereich von
Suchterkrankungen und Handlungsbedarf im Bereich der Versorgung suchtgefährdeter und
suchtkranker Menschen aufmerksam zu machen und pragmatische Handlungsstrategien für
die Lösung von Problemen anzubieten.
3.
Die Klientel
3.1
Personenkreis
Die Klientel der Suchtberatungsstelle umfasst:




3.2
von legalen und illegalen Suchtstoffen gefährdete und abhängige Menschen
Angehörige und wichtige Personen des sozialen Umfeldes von Suchtkranken
Personen, die beruflich mit Suchtkranken zu tun haben
Personen, die sich über Wirkungen und Auswirkungen des Suchtmittelkonsums
informieren wollen
Beschreibung der Ursachen, Entwicklung und Bedeutung der
Suchterkrankung
Wir gehen davon aus, dass süchtiges Verhalten sich in vielen Formen bei jedem Menschen
ausbilden kann. Die Vorstufe zur Sucht ist die Gewöhnung an bestimmte Verhaltens- und
Reaktionsweisen auf alltägliche Situationen, d. h. wir handeln und reagieren nicht bewusst
und kreativ, sondern unbewusst und schematisch. Diese Form der Alltagsbewältigung durch
gewohnheitsmäßiges Verhalten und Konsumieren erspart uns die Mühe, uns jeder Situation
neu zu stellen und führt zu Entlastung, Trägheit, Bequemlichkeit und Stagnation in der
Persönlichkeitsentwicklung.
Die Grenze von gewohnheitsmäßigem und süchtigem Verhalten zur Sucht ist fließend.
Süchtiges Verhalten äußert sich neben dem Konsum von Suchtstoffen auch in
Verhaltensweisen wie Eifersucht, Sehnsucht, Streitsucht. Sucht ist der durch
Wiederholungszwang, Kontroll- und Realitätsverlust gekennzeichnete Endpunkt eines
bestimmten Verhaltens- und Konsummusters und führt zur Zerstörung der körperlichen und
psychischen Gesundheit sowie zu großen Spannungen und zur Zerstörung von gesunden
4
Beziehungen im sozialen Gefüge eines Süchtigen. Süchtiges Verhalten und Sucht hat in
jedem Fall für den betroffenen Menschen das Ziel, eine positive Wirkung zu erzielen, ihn zu
entlasten, euphorisch zu stimmen, zu beruhigen, zufrieden zu machen usw., wobei die
negativen, suchtbedingten Begleiterscheinungen nicht ernst- und wahrgenommen werden.
Stoffgebundene Suchtmittel, z. B. illegale Drogen, Alkohol und verschiedene Medikamente
haben die Eigenschaft, innerhalb kurzer Zeit das Empfinden des Konsumenten zu verändern.
Je nach gewünschter Wirkung entwickeln sich verschiedene Konsummuster und Suchttypen.
Schmerzliche Empfindungen in verschiedenen Lebenskrisen erhöhen die Bereitschaft,
Suchtmittel zu konsumieren. Die Bewältigung von Lebenskrisen und Leidempfindungen will
gelernt sein, sie erfordert im Inneren des Menschen Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein,
Aktionshunger und Kreativität, also die Fähigkeit, Leid, Krisen und eigene Impulse
wahrzunehmen und den Mut, aktiv mit der eigenen Persönlichkeit in Erscheinung zu treten. In
Elternhaus, Schule, Beruf, Partnerschaft entwickelt sich das sogenannte Rolleninventar eines
Menschen, d. h. er lernt in verschiedenen Rollen nach außen alltägliche Situationen immer
wieder neu und neue Situationen angemessen zu leben und sich zu behaupten.
3.2.1
Alkoholabhängigkeit
Alkohol steht als „legales“ öffentlich beworbenes Suchtmittel jedem danach verlangenden
Menschen überall zur Verfügung, solange er ihn bezahlen kann. Daraus ergibt sich, dass
Alkohol als allgemein akzeptierter Suchtstoff zu zahlreichen Anlässen ritualisiert konsumiert
wird. Typische Auslöser für einen Alkoholkonsum sind darüber hinaus
 Alkohol erleichtert die Aufnahme von sozialen Kontakten
 Alkohol bringt ein Gefühl von Beruhigung und Entspannung
 Alkohol enthemmt, macht mutig, locker und gesellig
 Alkohol inspiriert, macht kreativ und aktiv
 Alkohol bekämpft negative Emotionen und erleichtert die Flucht aus Problemsituationen
Insbesondere Personen, die den Alkohol mit seinen Nebenwirkungen „gut vertragen“ und bei
denen eine individuelle konsumfördernde Lebenssituation vorliegt, geraten schrittweise in eine
Alkoholabhängigkeit



Wohlstandsalkoholismus – unbegrenzter Konsum als Zeichen des Wohlstands
Elendsalkoholismus – Ausstieg und Flucht aus der Gesellschaft (Berber etc.)
Problemtrinken – Flucht vor der Auseinandersetzung mit Problemen
Alkoholismus ist gekennzeichnet durch






Konsumzwang
Kontrollverlust
Entzugserscheinungen
Toleranzsteigerung
Zerstörung der äußeren und inneren Strukturen, Verwahrlosung
Entstehung bzw. Verstärkung psychischer Begleiterkrankungen
Nach Jellinek unterscheidet man folgende Alkoholikertypen





3.2.2
Alpha Trinker – Konflikt- und Erleichterungstrinker ohne Kontrollverlust
Beta-Trinker – Gelegenheitstrinker mit regelmäßigem, missbrauchenden Alkoholkonsum
(Gesundheitsschäden)
Gamma-Trinker – abhängiger Alkoholkonsum mit totalem Kontrollverlust
Delta-Trinker – Gewohnheits- oder Spiegeltrinker mit seltenem Kontrollverlust
Epsilon-Trinker – episodisch exzessiver Trinker oder Quartalssäufer
Drogenabhängigkeit
Insbesondere junge Menschen sind in Umbruch- und Krisensituationen gefährdet,
Problemlösungsstrategien in Abgrenzung zur Erwachsenenwelt mit Hilfe von illegalen
5
Suchtstoffen zu entwickeln, mit deren Wirkung sie sich gefühlsmäßig ihrer Situation
gewachsen fühlen. Sie befinden sich während der Pubertät in einem Rollenkonflikt zwischen
nicht-mehr-Kind-sein und noch-nicht-Erwachsener-sein, den sie umso leichter bewältigen
können, wenn sie in ihrer Kindheit ein positives Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen entwickelt
und nach außen aktiv, kreativ und in bezug auf Verwirklichung ihrer Wünsche in sozialen
Beziehungen konstruktiv zu handeln gelernt haben.
Wurde ein Kind in seinem Aktionshunger und der Entwicklung eines positiven Gefühls zu sich
und anderen gestört, z. B.
 durch traumatisierende Bedingungen und Erfahrungen in Kindheit und im Elternhaus
 durch physischen wie psychischen Missbrauch
 durch latente, sich manifestierende Konflikte zwischen den Eltern
 durch Suchterkrankungen und psychische Erkrankungen der Eltern
 durch Überfürsorge usw.,
dann wird es Angst entwickeln, die es in seiner Entwicklung und in seiner Bereitschaft, Neues
auszuprobieren, stark einschränkt. Es wird als eigener „Emotionalmechaniker“ versuchen, sich
selbst mit Suchtstoffen statt mit Begegnung, Kommunikation oder einer kreativen
Lebensgestaltung ein gutes, angstfreies Lebensgefühl zu verschaffen. Je früher ein junger
Mensch damit beginnt und je länger er damit fortfährt, sich durch den Konsum von
Suchtstoffen gefühlsmäßig zu manipulieren, abzuschirmen und nach außen hin
handlungsfähig zu machen, desto schwieriger wird es, aus der Kindheit verdrängte und
abgespaltene und gegenwärtige Konfliktsituationen nüchtern zu begegnen und neue und
pragmatische Lösungswege zu gehen. (Folgen: Rollenmangelsyndrom, Rollenatrophie).
Der Freundeskreis Jugendlicher und junger Erwachsener bekommt eine zunehmende
Ersatzfunktion für familiäre Beziehungen. Hier wird bisher gelerntes Verhalten ausprobiert und
der
Versuch unternommen, die in der Familie entstandenen Defizite und Konflikte auszugleichen.
Die Konsumgewohnheiten des sozialen Umfeldes (Freunde, Arbeitskollegen) prägen das
Konsumverhalten einzelner. Beziehen sich die Konsumgewohnheiten auf Suchtmittel und
deren Missbrauch, entsteht erheblicher direkter und indirekter Anpassungsdruck,
Gruppenzwang. Mitmachen bedeutet dann oftmals „In“ zu sein, sich ab-, ausgrenzen kann
bedeuten, „out“ zu sein. Somit scheint der Wunsch nach befriedigenden
zwischenmenschlichen Beziehungen, Zuwendung, Anerkennung und Geborgenheit durch den
z. B. drogenkonsumierenden Freundeskreis einen nicht unerheblichen Einfluss auf
Erstkonsum und die eventuelle Fortsetzung dieses Verhaltens auszuüben. Innerhalb eines z.
B. drogenkonsumierenden Freundeskreises seinen Platz gefunden zu haben und die damit
verbundene Anerkennung zu erhalten, gibt insbesondere unsicheren und labilen Jugendlichen
Sicherheit und Halt.
Der gemeinsame Suchtmittelkonsum sowie die Beschaffung des Suchtmittels in der
Drogenszene kann insbesondere für labile und gestörte Persönlichkeiten als Ersatz für
defizitär erlebte familiäre Beziehungen gesehen werden. Auch hier kommt es zu einem von
der Droge bestimmten Rollenentwicklungsprozess zum Drogenabhängigen oder auch „Junkie“
oder „Fixer“, einer gesellschaftlich nicht akzeptierten, ausgegrenzten Rolle, die ein bestimmtes
Denken, Verhalten, Fertigkeiten zum Überleben am Rande der Gesellschaft beinhaltet.
Bisherige sozial akzeptierte funktionierende Rollen, wie z. B. die des Schülers,
Erwerbstätigen, Freundes, Ehepartners lösen sich vollständig auf und stehen oft auch nach
Aufgabe des Drogenkonsums nur rudimentär für den Versuch, sich in die Gesellschaft zu
integrieren und zu rehabilitieren zur Verfügung. Die Beschaffung, Finanzierung und der immer
häufigere und steigende Konsum und „Genuss“ des Suchtstoffes wird zum Lebensmittelpunkt,
die „Realität“ d.h. die körperliche Gesundheit, die Fähigkeit der Psyche zur Grenzziehung
gegenüber schädlichen Einflüssen und zur Entwicklung von Lust und Wünschen und die
Beziehungen zu Menschen im sozialen Netz verschwindet in einem vernebelten
drogenbestimmten Wechselbad aus Suchtdruck, Entzugsangst, Drogenkonsum unter
verheerenden hygienischen Bedingungen, Rausch, Todesnähe, Angst vor Inhaftierung usw..
6
4
Suchthilfe
4.1
Definition von Krankheit und Gesundheit
Die Gesundheit eines Menschen im ganzheitlichen Sinn gründet sich auf die Stabilität seiner
 körperlichen
 psychischen
 sozialen
 existenziellen
Befindlichkeiten, die in der Lage sind, die vielfältigen inneren und äußeren Belastungen
auszugleichen. Eine ganzheitliche Gesundheitsgestaltung zielt darauf ab, jede dieser
Gesundheitsbefindlichkeiten durch entsprechende Aktivitäten zu stärken und zu unterstützen.
Ein wichtiger Aspekt des ganzheitlichen Verständnisse von Gesundheit und Krankheit ist der
Ordnungsaspekt. Der Mensch lebt in Lebensräumen mit vorgegebenen Ordnungen und
Gesetzmäßigkeiten, die ihn körperlich, psychisch, sozial und existentiell fordern und
befriedigen. Bei deren Nichtbeachtung können Unordnungen, Konflikte und Krankheiten
entstehen.




4.2
Körperliche Ordnung: Bewegt sich unsere Ernährung und Lebensweise innerhalb der von
unserer Körperbiologie vorgegebenen Ordnungen und Bio-Rhythmen, die durch die
Evolution geprägt wurden, leben wir gesund. Der Konsum von Suchtstoffen führt dem
Körper in großer Menge Körpergifte zu und stresst ihn durch suchtbedingte
Folgeerkrankungen. Es kommt zu keiner Regeneration.
Psychische Ordnung: Verfügen wir über ein ausreichendes Selbstwertgefühl und ein
positives, lebensbejahendes Denken, so ist unsere Psyche in Ordnung und in der Lage,
Probleme rechtzeitig zu erkennen kreative Lösungen zur Bewältigung von Krisen zu
entwickeln und durchzusetzen. Bei einer Suchterkrankung entwickelt sich die Psyche
nicht weiter, Konflikte, Spannungen werden mit dem Suchtmittel abgewehrt, verdrängt, auf
die Umgebung projiziert. Ungelöstes vor sich herzuschieben hält die psychische
Unordnung aufrecht, verbraucht Lebensenergie und macht krank.
Soziale Ordnung: Ein wichtiger Aspekt ist das Gefühl der Zugehörigkeit zur Gesellschaft,
die Anteilnahme, die Übernahme von Pflichten und Verantwortung, Gewürdigt zu werden.
Ein Suchtmittel bindet den Suchtkranken in einer Weise an sich, so dass ale anderen
sozialen Beziehungen und Verpflichtungen nachrangig sind, die sozialen Bindung werden
vergiftet, belastet, zerstört. Am Ende steht der soziale Tod.
Existenzielle Ordnung: Hat der Mensch ein Vorstellung davon, was der Sinn seines
Lebens ist, nimmt er Anteil und Einfluss auf die Gestaltung gesunder Lebensbedingungen
in der Gesellschaft, so sorgt er in gesunder Weise für sich. Ein Suchtkranker verliert durch
sein Suchtmittel die Besinnung, ist nur mit sich beschäftigt.
Was will (Sucht-)Therapie?
Wir verstehen Heilung im Rahmen der Suchttherapie als einen teils bewusst gesteuerten, teils
unbewusst ablaufenden Prozess, der in einer Konfliktsituation ein altes, nicht mehr
zeitgemäßes Gleichgewicht in ein neues, angemesseneres Gleichgewicht überführt. Im Fall
einer Suchterkrankung läuft dieser Prozess oft über viele Jahre, in denen der Patient über
Versuch und Irrtum lernt, sein Verhalten wahrzunehmen, zu verändern und darüber langsam
komplexere Persönlichkeitsstrukturen zu entwickeln.
7
Die Phasen des Anpassungs- und Integrationsprozesses (n. Krüger, S 25)
Pha
se
1.
2.
3.
4.
5.
Struktur
Energie
Organisationsfun Verhalten bzgl. Sucht
ktion
stabile, alte Bindungsenergie
Ich-Funktionen
Spannungen, Ängste, Konflikte werden
Struktur
durch Suchtmittelkonsum erfolgreich
und befriedigend gesteuert
Erwärmungs Überschussenergi Abwehrmechanis Spannungen, Ängste und Konflikte
- und
e
men
treten trotz Suchtmittelkonsums immer
Konfliktphas
mehr zutage, werden aber aktiv
e
abgewehrt. Handlungsimpulse werden
unterdrückt
Instabilitätsp freie
Interaktionsfunktio Spannungen, Ängste und Konflikte und
hase
Handlungsenergie nen
der Suchtmittelkonsum führen zur
Beeinträchtigung der Gesundheit. Der
Leidensdruck und die Bereitschaft, die
Probleme aktiv zu bekämpfen steigt.
Handlungsimpulse werden freigesetzt
und führen zu Verhaltensänderungen
komplexere, Bindungsenergie
Ich-Funktionen
Die Handlungsimpulse und die
neue
Verhaltensänderungen haben zu einem
Struktur
befriedigenderen Umgang mit den
Spannungen, Ängsten und Konflikten
geführt
Erwärmungs Überschussenergi Abwehrmechanis Die neue komplexere Struktur erstarrt,
- und
e
men
dient der Abwehr von Problemen – es
Konfliktphas
kommt in der Folge z. B. zum Rückfall
e
und erneuter Abhängigkeit etc.
Usw.
4.3
Wichtige Lern- und Verhaltensschritte in einer Suchttherapie
Aktive Integration in normale, suchtfreie soziale Bezüge
Aktive Abgrenzung gegenüber der Sucht und dem Suchtmilieu
Die Einsicht entwickeln, dass persönlicher Einsatz, Wille, Verzicht notwendig sind
Die eigene Sucht als Krankheit begreifen, Sorge und Sorgfalt für sich entwickeln
Sich auf Hilfe einlassen, Kontakt zu neuen Ideen, Lösungen zulassen
Sich Hilfe holen, den Wunsch entwickeln, die Situation zu steuern
Wahrnehmen der eigenen instabilen Situation
Ende
Beginn
4.4
Ethische Grundsätze




Jeder Mensch, der direkt oder indirekt von einer Suchtkrankheit betroffen ist,
hat Anspruch auf individuelle und fachkundige, umfangreiche Beratung und unmittelbare
Hilfe, Begleitung und Weitervermittlung an die Fachdienste in Not- und Krisensituationen.
hat Anspruch auf Verschwiegenheit
bedarf einer aufmerksamen, unvoreingenommenen, wertschätzenden, stützenden und
fördernden Haltung durch die Mitarbeiter der Suchtberatungsstelle. Dennoch erfordert die
Schwere einer Suchterkrankung, immer auf der Basis von Wertschätzung, professioneller
Erfahrung / Begründbarkeit und unter Berücksichtigung der Belastbarkeit des Klienten,
8
auch von den Mitarbeitern die Übernahme abgrenzender, konfrontierender, kritisierender,
sanktionierender Rollen, um suchtkranke Klienten in den vielen Facetten ihrer
suchtkranken Verhaltensmuster zu begrenzen und hartnäckige Abwehrstrategien gegen
eine Veränderung zu erschüttern



4.5
hat Anspruch auf Geduld, Hilfe und Ermutigung, auch wenn er schon mehrfach
Hilfsangebote abgelehnt
hat Anspruch auf Selbstbestimmung bei der Behandlungsplanung und –durchführung
hat Anspruch darauf, dass der Mitarbeiter ihm in Vorbild- und Hilfs-Ich-Funktion begegnet
und ihm, individuelle Persönlichkeitsfunktionen vorlebt, die zur Überwindung einer
Suchterkrankung notwendig sind (äußerlich und innerlich Grenzen ziehen können,
strukturiert zu handeln, eine aktive und kreative Haltung gegenüber Problemen
einzunehmen, Störungen des eigenen Wohlbefindens, Konflikte offen anzusprechen,
Lockerheit und Humor, Leichtigkeit und Aufmerksamkeit für Mitmenschen usw.).
Grundsätzliche Ziele
Das Hauptziel von Suchtarbeit ist es, einen suchtkranken Menschen zu befähigen, seine
Gefühle, seine Gedanken und Bewertungen und sein Verhalten derart steuern zu können,
dass er alternativ zur Einnahme eines Suchtstoffes ein anderes suchtfreies Verhalten wählt.
Dieses Ziel ist in der Regel Ergebnis eines längeren Ausstiegprozesses, der von vielen
Rückfällen, Fehlern, Behandlungsabbrüchen, Neuanfängen, Lernschritten, Einsichten und
Fortschritten begleitet war. Gerade die Fähigkeit, diesen schwankenden Prozess durchlebt
und aktiv überwunden zu haben, lässt starke Persönlichkeiten entstehen, die beziehungsfähig,
kreativ und konfliktfähig geworden sind.
Je nachdem, wie stark ein Suchtkranker bereits durch sein Konsumverhalten körperlich,
psychisch und sozial in Mitleidenschaft gezogen ist, sind vor dem Abstinenzziel eine Reihe
von Teilzielen zu erreichen, beginnend mit der Lebenserhaltung, der gesundheitlichen,
psychischen und sozialen Stabilisierung, der kritischen Konfrontation und Auseinandersetzung
mit der Suchtpersönlichkeit, dem Abgrenzen gegenüber Suchtstoff und Drogenszene, der Umund Neugestaltung der Verhaltens- und Denkmuster usw..
Jeder Abhängige soll aufgrund einer genauen Anamnese- und Diagnosestellung in seiner
Persönlichkeit und individuellen Lebens- und Suchtgeschichte, sowie seiner individuellen
Störung oder Erkrankung wahrgenommen werden und eine fachgerechte, ihm angemessene
Unterstützung erhalten.
9
Rollenentwicklungsprozesse bei drogenabhängigen Suchtkranken
Zieltyp in Bezug
Somatische Ziele
auf
Rollenentwicklung

Körperliche
vom abstinenten
Gesundung und
Patienten zu
Normalisierung des
suchtfreien
drogenfreien
Zustandes
gesellschaftlich
akzeptierten Rollen
Vom
Suchtmittelabhängi
gen zum
abstinenten
Patienten



Körperliche
Spannungs- ,
Unruhezustände
und Suchtverlangen
ohne
Drogengebrauch zu
überwinden
Körperliche Klarheit
wahrnehmen,
Gesundheit,
Sexualität genießen
Aufnahme
sportlicher
Aktivitäten
Psychische Ziele



Eigenständiges
bewusstes
Wahrnehmen und
konstruktives
Umgehen mit
Gefühlen und
Stimmungen
Lernen, Gefühle und
Stimmungen durch
Kommunikation und
Begegnung und ohne
Suchtstoffe und
Rückzug zu steuern
Kennen lernen,
Wahrnehmen und
Kontrollieren der
eigenen typischen
Reaktionsweisen
Soziale Ziele










Rollenentwicklung
vom
Drogenabhängigen
zum med.
gestützten
Patienten




Unterdrückung des
Entzugssyndroms
Sedierung und
Dämpfung von
Unruhezuständen
Stärkung des
Immunsystems
Behandlung
suchtbedingter



Psychotherapeutische 
und psychiatrische
Behandlung von

Persönlichkeitsstörung
und psychischen
Erkrankungen

Sedierung und
Dämpfung von
Stimmungsschwankun
gen
Integration in gesellschaftlich
akzeptierte soziale
Zusammenhänge
Verantwortungsübernahme für
Eltern, Kinder, Partner etc.
Befriedigende soziale Kontakte
Angemessener, kreativer
Kommunikationsstil
Abschied von der Drogenhilfe
Kooperation und
Vertrauensverhältnis zum
Therapeuten
Veränderung der
Sorgenkind/Schwarzes-SchafRolle in der Ursprungsfamilie
und im jetzigen sozialen
Umfeld
Aufbau und Pflege
konstruktiver suchtfreier
sozialer Beziehungen
Verantwortungsübernahme für
sich und andere,
Eigenständigkeit
Dauerhafte Sicherung der
Integration in das
Erwerbsleben
Aktive Freizeitgestaltung
Kooperation und Vertrauen zu
Therapeuten
Lernen, in der Patientengruppe
einen eigenen Standpunkt zu
vertreten
Auseinandersetzung, Lösung
und Distanzierung von
suchtfördernden und
belastenden Beziehungen
(Drogenszene, psychische
Ziele bzgl. des
Suchtmittelkonsums







Durchzuführe
nde Maßn.
Kontrolle über
Suchtverhalten
verinnerlichen
Sucht ist ein Randthema
geworden
Abschluss
Selbsthilfegrup
pe
Dauerhafte Abstinenz
Abgrenzung zu
Drogenkonsumenten
Verzicht auf den Konsum
legaler Suchtstoffe
Ambulante und
stationäre
Rehabilitation
Verzicht auf den
Beigebrauch und
persönliche Distanzierung
von legalen und illegalen
Suchtstoffen außer dem
Substitut
Kritische
Auseinandersetzung mit
dem eigenen Bedürfnis
nach Betäubung
Methadongestützte
Psycho/Sozialtherapie
10
Folgeerkrankungen


Steigerung des
Antriebs
Steigerung der
Fähigkeit, Gefühle
wahrzunehmen, zu
steuern und zu regeln





Zieltyp in Bezug
Somatische Ziele
auf
Rollenentwicklung

Planung und
Vom
Vorbereitung der
Drogenabhängigen
Entgiftungsbehandlu
mit Leidensdruck
ng/Herstellung der
Abstinenz
zum
Drogenabhängigen
mit
Handlungsperspekt
ive
Vom mehrfach
beeinträchtigter
Drogenabhängigen
in Notsituation zum
medikamentös
stabilisierten
drogenabhängigen
Patienten




Psychische Ziele



Unterdrückung des

Entzugssyndroms
Entlastung des
Körpers von
toxischen
Substanzen

Med.
Notfallversorgung
von Wunden und
Instabilitätszustände 
n
Minderung weiterer
Chronifizierung,
suchtbedingter
kranke Elternteil etc.)
Integration in das
Erwerbsleben
Gründung eines eigenen
Haushaltes
Aufbau, Pflege und Genuss
suchtfreier Beziehungen
Aktive Freizeitgestaltung
Erlernen eines angemessenen
Sozialverhaltens

Soziale Ziele
Entschluss zur
Vorbereitung, Planung der
Entwöhnung vom Substitut
Ziele bzgl. des
Suchtmittelkonsums
Ermutigung zur

aktiven Veränderung
des Lebens
Stärkung zur
Abgrenzung von

bisherigen süchtigen
Denk- und

Verhaltensweisen
Stärkung von IchFunktionen gegenüber
Angst und Vermeidung
Unterstützung und Ermutigung 
zum Abgrenzen gegenüber
Droge und Drogenmilieu und
destruktiven Beziehungen

Entwicklung einer Perspektive
zur sozialen Integration
Gewöhnung an die Übernahme
von Aufgaben und
Verantwortung
Stärkung der
nichtsüchtigen
Persönlichkeitsanteile
Planvolles, pragmatischen
Hinarbeiten auf die
Therapie trotz bestehender
Drogenabhängigkeit und
Beschaffungsstreß


Anbindung an soziales Netz

Entlastung gespannter sozialer
Beziehungen
Vermeidung sozialer
Ausgrenzung durch
Inhaftierung
Vermeidung des sozialen
Todes
Überwindung von
Einzelkämpfertum und Isolation
Begrenzung des
politoxikomanen
Suchtmittelkonsums auf
einen medikamentösen
Ersatzstoff
Entlastung von
psychischen Alarmund
Ausnahmezuständen(
Angst, Panik)
Vermeidung von
Suiziden und
Chronifizierung von
Depressionen
Verbesserung des
Antriebs, der
Stimmung, der
Wahrnehmung



Durchzuführe
nde
Maßnahme
Beratung und
Therapievermit
tlung
NotfallSubstitution
11

Folgeerkrankungen
Verbesserung des
körperlichen
Allgemeinzustandes
12
4.6
Grundsätzliche Handlungsleitlinien

Die Begegnung zwischen Klient und Mitarbeiter muss von gegenseitiger Wertschätzung
und Respekt vor der Würde des Menschen geprägt sein.

Das Setting von Behandlungen wird durch Behandlungsverträge geregelt, in denen
Klienten und Mitarbeiter ihr Einvernehmen über Dauer, Umfang, Ziele, Rechte und
Pflichten dokumentieren. Ob ein Behandlungsvertrag zustande kommt, wird im
wesentlichen davon abhängen, ob die Mitarbeiter aufgrund der Erkenntnisse über das
Ausmaß der Suchterkrankung und der bestehenden psychosozialen Bedingungen eine
Indikation stellen können und eine Kostenübernahme für die Maßnahme gewährleistet ist.

Für die Mitarbeiter besteht eine Schweigepflicht und ein Zeugnisverweigerungsrecht. Die
Klienten und Patienten unterliegen ebenfalls der Schweigepflicht im Bereich der
Gruppentherapie über alle Belange der Mitpatienten.

Im Bereich der Suchttherapie dürfen keinen legalen und illegalen Suchtstoffe (incl. THC
und Alkohol) außer speziell eingesetzten Ersatzmedikamenten konsumiert werden.

Hauptfeld der therapeutischen Arbeit ist die Gruppenarbeit.

Ohne die Kooperation des Klienten und die Übernahme und Erledigung von Aufgaben und
Aufträgen durch den Klienten können Behandlungspläne nicht umgesetzt werden.
4.7
Qualitätssicherung
4.7.1
Qualifikation und Weiterbildung der Mitarbeiter
Um qualifizierte Beratungsarbeit und Therapie leisten zu können, nehmen alle
MitarbeiterInnen der Beratungsstelle an fachspezifischen Fort- und
Weiterbildungsmaßnahmen teil. Neben wöchentlich stattfindenden Teamsitzungen und
kollegialer Supervision findet regelmäßig Supervision mit einem externen Supervisor statt.
4.7.2
Qualitätssicherungsverfahren
Die Suchtberatungsstelle nimmt kontinuierlich an wissenschaftlich gesicherten
Qualitätsmanagementverfahren mit dem Ziel teil, die eigene Arbeit transparent zu machen,
Stärken und Schwächen zu erkennen und mit anderen Einrichtungen Erfahrungen, Ideen usw.
zu kommunizieren. Hierdurch sollen die Arbeit effektiver gestaltet, die Kunden optimal versorgt
und die Mitarbeiterzufriedenheit gesteigert werden.
13
5. Aufgabenbereiche und Arbeitsfelder der Suchtberatungsstelle
Suchtberatungsstelle
Salzgitter
Prävention
Kontaktaufnahme,
Akuthilfe
und
Beratung
Kunden
Vorbeugung /
Erkennen der
Gefährdung
Aktivierung des
sozialen Umfeldes,
Stärkung
individueller
Ressourcen
Schadensminimierun
g, Krankheitseinsicht
und
Behandlungsplanung
und -vorbereitung
Schulen
Vereine
Kranken
kassen
Kinderg
ärten
Suchtgefährdete
Menschen
Suchtmittelkonsumenten
Angehö
rige,
Lehrer,
betriebl.
Suchtkr
ankenh
elfer,
Bewähr
ungshel
fer
Suchtkranke
Entgiftung Substitution
Therapie
E
Umgestaltung der
Verhaltensmuster,
Entwicklung neuer
suchtfreier Rollen
Patienten
Angehör
ige
Abschluss der Therapie
Förderung und
Unterstützung der
Selbsthilfe
Kooperation und
Vernetzung
Vermittlung in
Selbsthilfe /
Weiterbildung
Ehemalige
Patienten
Sicherung der
Erwerbstätigkeit der
Mitarbeiter
Betriebliche Suchtkrankenhilfe
Medizinische und
psych. Versorgung
Subst.- Ärzte, Psychiater
Arbeitsprojekte
Ämter der Stadt, z. B. Sozialamt
Entkriminalisierung
Bewährungshilfe
Weiterentw. der
psychosozialen
Versorgung
AK Sucht und Sozialpsych. Verbund
Selbsthil
fegruppe
n/
Freundes
kreise
14
5
Aufgabenbereiche aus Mischfinanzierung (kommunale und Landesmittel)
5.1
Suchtprävention
Arbeitsbereiche:
 Präventionsarbeit mit Kindern und Jugendlichen
 Präventionsarbeit mit Multiplikatoren
 Präventionsarbeit mit Eltern
 Präventionsarbeit mit Angehörigen
Beschreibung:
Generell meint Suchtprävention vorbeugendes Handeln zur Vermeidung suchtbedingter
körperlicher und psychosozialer Beeinträchtigungen insbesondere bei Kindern und
Heranwachsenden. Eine Suchterkrankung ist nicht allein aus der Verfügbarkeit und der
pharmakologischen Wirkung einer Substanz erklärbar. Von entscheidender Bedeutung sind
vielmehr biographische und soziale Aspekte, die bei Vorliegen unzureichender individueller
Ressourcen im Umgang mit äußeren Belastungsfaktoren zur Entwicklung einer
Suchterkrankung führen können. Dementsprechend ist es wenig sinnvoll, im Rahmen
präventiver Maßnahmen allein die Droge in den Vordergrund zu stellen und damit die
Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen wie individuellen biografischen Bedingungen
von Sucht zu vernachlässigen. Wir legen daher neben der Aufklärung über Sucht- und
Abhängigkeitsentwicklung vermehrt unser Augenmerk auf die Förderung individueller
suchtfreier Lebensbewältigungsstrategien und versuchen, suchtpräventiv auf gesellschaftliche
Institutionen einzuwirken.
Im Bereich der legalen „Drogen“ (Alkohol, Nikotin) halten wir eine Abstinenzforderung für nicht
angemessen, sondern fördern eine selbstgewählte Abstinenz, einen
verantwortungsbewussten Konsum und alternatives Verhalten zum Suchtmittelkonsum. Im
Bereich illegaler Drogen zielt unsere Arbeit auf Abstinenz dieser Mittel. Wegen des hohen
Abhängigkeitspotentials und der Ansiedlung des Drogenkonsums in einem subkulturellen
Milieu ohne soziale Kontrollmechanismen stellen diese Substanzen eine Suchtgefährdung für
Heranwachsende dar. Suchtprävention muss möglichst frühzeitig ansetzen und langfristig
angelegt sein, d. h. sie sollte im Kindergarten beginnen und in der Schule fortgesetzt werden.
Grundsätzlich gibt es bei der suchtpräventiven Arbeit mit Kindern und Jugendlichen die
krankheitsvermeidende und die gesundheitsfördernde Herangehensweise.
Krankheitsvermeidung zielt auf die Analyse, die Auseinandersetzung und den Abbau
belastender Konflikte durch angemessene Verhaltensweisen, also nicht durch
konfliktvermeidendes Rückzugs- und Suchtverhalten. Gesundheitsförderung legt den Fokus
nicht auf die Belastungen und Konflikte, denen ein junger Mensch ausgesetzt ist, sondern
bietet über die Vermittlung positiver, aktiver, kreativer und freudiger Lebenserfahrungen
direkte Alternativen zum Suchtmittelkonsum an.
Gesellschaftspolitisch möchten wir zumindest einen Teil der Öffentlichkeit für das
gesellschaftlich bedeutende Thema Sucht sensibilisieren, was insbesondere die verdrängte
erhebliche Bedeutung des Alkohols als generelles Suchtmittel im Vergleich zu den oft
vielbeachteten aber von der Zahl her eher unbedeutenden illegalen Drogen betrifft.
Zielgruppe Kinder/Jugendliche:
 Schulen
 der offenen Jugendarbeit
 in Vereinen und Verbänden
Ziele:
 Erwerb sozialer Kompetenz
 Reflexion eigener Normen und Werthaltungen
 Stärkung des Selbstwertgefühls durch Wahrnehmung und Wertschätzung der eigenen
Gefühle/Bedürfnisse
15

Sensibilisierung der Wahrnehmung im Hinblick auf eigene Abhängigkeiten, eigenes
Konsumverhalten und Missbrauch von Suchtstoffen




Vermittlung sinnerfüllter und erlebnisintensiver Aktivitäten, Förderung der Kreativität
Stärkung der Kontakt-, Entscheidungs- und Konfliktfähigkeit
Informationsvermittlung zu den Themen „Sucht, Abhängigkeit, Drogen“
Erleichterung der Kontaktaufnahme zur Suchtberatungsstelle
Leistungsumfang:
 Arbeit mit Schülern im Rahmen von Projekttagen
 Erlebnispädagogische Maßnahmen
 Einzelveranstaltungen oder Projekte mit Jugendgruppen
 Vermittlung von suchtgefährdeten Kindern und Jugendlichen an die Drogenberatung
 Informationsveranstaltungen
 Elternabende
Zielgruppe Multiplikatoren:
 in Schulen und Kindergärten
 in der Jugendhilfe
 in der offenen Jugendarbeit
 in Vereinen und Verbänden
 in Betrieben
Ziele:
 Reflexion eigenen Verhaltens in Konfliktsituationen
 Kompetenzerweiterung beim Umgang mit suchtgefährdeten Schülern/Jugendlichen,
Mitarbeitern
 Kompetenzerweiterung bei der Planung und Durchführung von internen Projekten zur
Suchtprävention
 Verankerung suchtpräventiver Sichtweisen in der Schulstruktur/Betriebsstruktur
 Erweiterung des Informationsstandes zu suchtspezifischen Themen
 Entwicklung suchtpräventiver Konzepte in Kindergärten
 Kompetenzerweiterung bei der Planung und Durchführung suchtpräventiver
Veranstaltungen
Leistungsumfang:
 Informationsveranstaltungen für Lehrer und Erzieher
 Beratung von einzelnen Mitarbeitern oder Teams aus Einrichtungen der offenen
Jugendarbeit, der Jugendhilfe, von Vereinen und Verbänden
 Unterstützung bei der Entwicklung und Durchführung neuer Projekte
 Beratung der Personalführung in Betrieben
Zielgruppe Eltern:
Ziele:
 Informationsvermittlung zu den Themen „Missbrauch und Abhängigkeit von Suchtstoffen“
 Informationen über Hilfsangebote (z. B. Selbsthilfe, Beratungsstellen, Behandlung)
 Reflexion eigenen Konsum- und Missbrauchsverhaltens
 Auseinandersetzung mit der Elternrolle im Hinblick auf die Vorbildfunktion
 Erleichterung der Kontaktaufnahme zur Suchtberatungsstelle
 Kompetenzerweiterung im Umgang mit suchtgefährdeten Kindern
Leistungsumfang:
 Gestaltung von Elternabenden an Schulen und Kindergärten
 Gesprächsabende für Eltern
 Vermittlung betroffener Eltern an die Suchtberatungsstelle
16
5.2
Niedrigschwellige Kontaktaufnahme und Hilfe
Arbeitsbereiche:



Niedrigschwellige Kontaktaufnahme
Niedrigschwellige Hilfen und Beratung
Niedrigschwellige Vermittlung
Beschreibung:
Niedrigschwellige Angebote in der Suchtkrankenhilfe orientieren sich im wesentlichen an den
Bedürfnissen des Suchtkranken in den Bereichen Hygiene, Gesundheit, Nahrung, Kleidung
und Aufenthaltsmöglichkeiten. Spritzentausch und die Kondomvergabe ist eine
prophylaktische Maßnahme zur Vermeidung der Übertragung suchttypischer infektiöser
Erkrankungen, wie AIDS, Hepatitis C, usw.. Diese Angebote zielen vordringlich nicht auf
eine Veränderung des Suchtverhaltens beim Suchtkranken ab, sondern sollen sich für den
Suchtkranken schadensminimierend und lebensverlängernd auswirken, ihn an das
Hilfesystem anbinden und die Öffentlichkeit vor süchtigen Begleitumständen bewahren.
Niedrigschwellige Maßnahmen erfordern erhebliche personelle und materielle Ressourcen,
die sich suchtverlängernd auswirken können. Diese Angebote sollten daher möglichst
räumlich getrennt von den Beratungs- und Behandlungsangeboten einer
Suchtberatungsstelle vorgehalten werden, weil unterschiedliche Zielgruppen angesprochen
werden.
Einige in der niedrigschwelligen Suchtkrankenhilfe entwickelte Ideen lassen sich in einer
Beratungsstelle sinnvoll einsetzen (siehe unten). Im wesentlichen werden wir aber versuchen,
mit Kooperationspartnern (z. B. Wohlfahrtsverbände, soziale Initiativgruppen etc.) außerhalb
der Beratungsstelle entsprechende Angebote zu nutzen und zu schaffen, um die
entsprechenden Klientinnen für weiterführende Maßnahmen zu motivieren. Grundsätzlich
erhält jeder dieser Klientinnen das Angebot zu Beratungsgesprächen in der
Suchtberatungsstelle.
Zielgruppe: chronisch mehrfachgeschädigte Suchtkranke
Ziele:
 Schadensminimierung und Verbesserung der hygienischen, gesundheitlichen Situation
 Vermeidung weiterer sozialer Ausgrenzung und Anbindung an das Suchthilfesystem
 Entschärfung von süchtigen Begleitumständen
 medizinische Behandlung von suchtbedingten Folgeerkrankungen
 Vermeidung von Infektionen (Hepatitis, HIV) und anderen Erkrankungen
 Motivierung für weiterführende Maßnahmen
Leistungsumfang:
 Anonymer und kostenloser Spritzentausch
 Kondomvergabe
 Vermittlung zu Notunterkünften, Duschgelegenheiten, Essensausgabestellen,
Kleiderkammern
 Kooperation mit anderen Anbietern niedrigschwelliger Angebote
 Vermittlung in medizinische Behandlung
 Information über Behandlungsmöglichkeiten, Rechte und Leistungsansprüche
17
5.3
Kontaktaufnahme, Akuthilfe und Beratung
Arbeitsbereiche:
 Sprechstundenbereitschaft
 Krisenintervention
 Beratung
 Betreuung
 Therapievermittlung
Beschreibung:
Noch vor telefonischen und persönlichen Sprechstundenkontakten sind terminlich vereinbarte
Beratungsgespräche die häufigste Form der Kontaktaufnahme von Suchtmittelkonsumenten und
Personen, die direkt und indirekt von Suchtproblemen betroffen sind, zu den Mitarbeitern der
Suchtberatungsstelle. In Ausnahmefällen gibt es auch eine Aufsuchende Beratungsarbeit der
Suchtberatungsstelle in Justizvollzugsanstalten, Krankenhäusern, sowie Hausbesuche.
Oftmals haben sich über Jahre die Probleme aufgestaut und haben aktuell zu einer massiven
Krisensituation geführt, die die Beratungssuchenden nicht mehr ignorieren können und
bewältigen wollen. So umfasst die Beratungsarbeit auch Kriseninterventionsmaßnahmen zur
Vermeidung unmittelbar zu erwartender körperlicher, psychischer und sozialer Schäden, wie
z. B. die Einweisung in die Psychiatrie, die Abwendung einer bevorstehenden Inhaftierung,
Überweisung zu Ärzten, Organisation von Wohnraum etc.)
Das Beratungsgespräch darf nicht als eine Erteilung von Ratschlägen verstanden werden. Es
beginnt damit, dass der Berater in der Begegnung mit dem Klienten dessen Probleme und
Sorgen mit professioneller Distanz anhört, wahrnimmt und auf dem Hintergrund seines
Erfahrungs- und Wissensvorsprunges und seines emotionalen Abstandes sich ein
umfassendes Bild von der Problematik macht. Die Beratungsstrategie wählt der Berater
spontan und kreativ in der Begegnung mit dem Klienten auf dem Hintergrund seiner
professionellen Erfahrung und Ausbildung unter Berücksichtigung der aktuellen Fähigkeiten
und der Belastbarkeit des Klienten.
Zunächst kann die Vermittlung von Information zu sozialen und juristischen Schwierigkeiten wichtig
sein. Um den Klienten dabei behilflich zu sein, für sein aktuelles Problem eine
Lösungsstrategie und ein Lösungsverhalten zu entwickeln, reicht in der Regel kein einmaliges
Beratungsgespräch mit Informationsinhalten aus. Es entwickelt sich eine regelmäßige
Betreuung mit einem einstündigen Gespräch pro Woche. Der Klient braucht Zeit, Raum, eine
gute Gesprächs- athmosphäre und die Begegnung mit dem Berater, um sich seiner Situation
bewusst zu werden, zu reflektieren und Gedanken, Ideen, Impulse zu entwickeln. Der Berater
versucht darüber hinaus, beim Klienten die Krankheitseinsicht zu wecken, dass es sich bei
seinem aktuellen (Sucht-)Problem um ein tieferliegendes Lebensthema/-trauma handelt, dass
einer längerfristigen therapeutischen Behandlung bedarf. Diese Vorstellung ist in der Regel
unbequem und angstbesetzt und es bedarf einer klaren eindeutigen Antwort des Beraters, um
dem Klienten bei der Entwicklung einer Behandlungsmotivation und bei dem notwendigen
Verlassen des gewohnten vergifteten Weges zu ermutigen und zu überzeugen, das
Suchtverhalten, das Suchtmittel und das süchtige Umfeld aufzugeben.
In dieser Phase spielt auch die Einbeziehung des sozialen Umfeldes des Klienten eine große
Rolle, wenn dieses ausreichend konstruktiv und zur Mitarbeit überhaupt bereit ist, um den
Betroffenen auch von dort aus zu signalisieren, dass man eine gemeinsame Strategie
entwickeln will und tragen will, die längerfristig die Aufgabe seines Suchtverhaltens ermöglicht.
Denn oftmals hat der Suchtkranke als „Sorgenkind“ eine zentrale Rolle in der Familie, die auf
psychodynamischen Ebenen über das Problem Sucht das Umfeld und die aktuell von den
Familienmitgliedern gelebten co-abhängigen Rollen aktiviert. Wird er gesund, sind auch alle
anderen Mitglieder des Umfeldes zum Umdenken und zur Neuorientierung ihres Lebens
gezwungen. Wir sind in diesem Rahmen bemüht, in offener Auseinandersetzung mit allen
Beteiligten, Wege zu erarbeiten und auch aufzuzeigen, die zur Suchtmittelfreiheit führen
können, machen aber gerade in dieser Phase immer wieder die Erfahrung, dass das den
Süchtigen umgebende System ihn nicht wirklich aus seiner Sündenbock-/Sorgenkindrolle
entlässt.
18
Ist in diese Dynamik Bewegung gekommen und entscheidet sich der Klient für eine
Behandlung, so fordern wir während der Therapievermittlung die aktive Übernahme aller mit der
Vermittlung in eine Behandlungseinrichtung notwendigen Aufgaben durch den Klienten, der
dabei unsere Unterstützung erhalten kann. Diese Arbeitsweise ist natürlich arbeitsintensiver
und für alle Beteiligten unbequemer als eine fürsorgerische Tätigkeit, die dem Klienten die
Arbeit abnimmt und an ihm vorbei organisiert. Über die Art und Weise, wie gut und wie schnell
der Klient seine Aufgaben erledigt, wird immer wieder deutlich, wie wichtig ihm der
eingeschlagene Weg ist. Darüber hinaus beginnt er sich mit dem Lösungsweg zu identifizieren
und bereitet sich so auf ähnliche Anforderungen in der Therapie vor (Pünktlichkeit,
Zuverlässigkeit, Eigenverantwortung etc.)
Zielgruppe Suchtkranke und deren Bezugspersonen
Ziele:
 Hilfe zur Selbsthilfe/Stärkung der Selbstheilungskräfte
 Sicherung der psychosozialen Grundbedürfnisse
 Verhinderung von körperlichen Folgeschäden
 Berufliche Stabilisierung und/oder Wiedereingliederung
 Sicherung und Besserung der sozialen Umgebung und des familiären Umfeldes
 Verhinderung von sozialer Desintegration
 Einsicht in die Grunderkrankung
 Akzeptanz des eigenen Behandlungsbedarfes
 Akzeptanz des Abstinenzzieles
 Konstruktive Bearbeitung von Rückfällen
 Verhinderung von Selbst- und Fremdgefährdung
Leistungsumfang:
 Gute Erreichbarkeit zielgruppengerechte Öffnungszeiten, offene Sprechstunde,
Telefonbereitschaft während der Öffnungszeiten, Internetpräsenz
 Bedarfsgerechte Sprechstunden in Krankenhäusern und JVA
 Erstinformation
 Aufzeigen von Hilfemöglichkeiten
 Personenzentrierte Hilfeplanung
 Aufsuchende, begleitende und beratende Hilfen
 Beratungsangebote in Form von: Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppenangeboten
 Personenbezogene Betreuung unter Berücksichtigung medizinischer, psychologischer,
sozialer und rehabilitativer Aspekte
 Vermittlung von Hilfen im psychosozialen Bereich (Arbeit, Wohnung, soziale Kontakte)
 Begleitung und Unterstützung in Krisensituationen, Vermittlung in die Akuthilfe der
Krankenhäuser und des sozialpsychiatrischen Dienstes
 Vermittlung und Vorbereitung von Behandlungs- und Reha-Maßnahmen, Anbindung an
entsprechende Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe und begleitende Betreuung
 Auf den Einzelfall abgestimmte Koordination der therapeutischen, rehabilitativen und
sozialen Hilfen
 Zusammenarbeit und begleitende fallbezogene Beratung für beteiligte Institutionen
 Hilfen im Anschluss an stationäre Behandlungs- und Reha-Maßnahmen
 Anbindung an Selbsthilfegruppen
5.4
Ambulante Entwöhnung von Cannabiskonsumenten
Beschreibung
Bemerken Eltern, Lehrer, Arbeitgeber rechtzeitig den Cannabis-Konsum und wenden sich
rechtzeitig an die Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstelle, so bietet diese ihnen neben
der Beratung, wie sie sich weiter gegenüber den Suchtmittelkonsumenten verhalten können,
sogenannte Dreimonatsentwöhnungsprogramme an. Diese umfassen regelmäßige
Beratungsgespräche für den Suchtmittelkonsumenten, sowie ein kostenpflichtiges
Urinkontrollprogramm. Die Konsument wird über die möglichen schädlichen Konsequenzen
eines fortgesetzten Suchtmittelkonsums informiert, erhält Hinweise zur Verhaltensänderung
19
und es wird abgeklärt, ob er noch zur Abstinenz fähig ist, oder ob eine weitegehende
suchttherapeutische Behandlung notwendig ist. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist
nachgewiesen, insbesondere dann, wenn das soziale Umfeld den Cannabiskonsumenten zur
Teilnahme verpflichtet und ihm empfindliche Nachteile bei Behandlungsabbruch oder –
verweigerung drohen.
Zielgruppe Eltern von Cannabiskonsumenten
Ziele:
 Stärkung der elterlichen Rolle gegenüber dem drogenkonsumierenden Kind
 Übernahme der elterlichen Führsorge, Verantwortung und Durchsetzung der elterlichen
Ziele und Ansprüche gegenüber dem drogenkonsumierenden Kind
 Überwindung von Co-Abhängigkeit und Vermeidungsverhalten
 Überwindung innerfamiliärer und sonstiger suchtfördernder Konflikte
Leistungsumfang:
 Beratung über Suchtmittel und Suchtdynamik
 Beratung und Behandlung bzgl. Der Elternrolle
 Kontrollinstrument Drogenscreening
Zielgruppe Cannabiskonsumenten
Ziele:
 Stärkung der Einsicht und Behandlungsmotivation
 Entgiftung und Entwöhnung vom Cannabis
 Stabilisierung der Abstinenz
Leistungsumfang
 Beratung über schädlichen Cannabis-Missbrauch
 Beratung über Möglichkeiten der Entwöhnung vom Cannabis
 Suchttherapeutische Hilfestellung und Begleitung bei der Entgiftung
 Drogenscreening zum Abstinenznachweis gegenüber den Eltern, dem Arbeitgeber
 Weitere Therapieplanung bei gescheiterter Entgiftung
5.5
Kooperation und Vernetzung
Arbeitsbereiche:
Zusammenarbeit von Suchtberatung
 und Medizin bei Substitution und Therapie
 und Kollegen und fachkundiger Öffentlichkeit im Arbeitskreis Sucht, im
Sozialpsychiatrischen Verbund, in der Regionalkonferenz Sucht
 und Sozialamt (Hilfen zu Arbeit) bei beruflichen Rehabilitation
 und Eltern- und Angehörigenkreis Salzgitter e. V.
 und Bewährungshilfe bei der Durchführung von Bewährungsauflagen
 und den Justizbehörden bei Behandlungen gemäß §35/36 BtMG
 und den regionalen und überregionalen stationären Behandlungseinrichtungen
 und den Suchtkrankenhelfern und medizinischen Diensten der Betriebe
 und den Kostenträgern von Rehabilitationsmaßnahmen
 und Selbsthilfeabstinenzgruppen
Beschreibung:
Der Missbrauch von Suchtmitteln und die Suchterkrankung wirken sich sowohl im direkten
persönlichen Umfeld als auch in weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens aus. Um eine
angemessene Versorgung und Hilfestellung der Bevölkerung diesbezüglich sicherzustellen,
bedarf es einer engen Abstimmung und Zusammenarbeit aller beteiligten Institutionen und
Personen. Um neben der optimalen Nutzung der Ressourcen und der Vermeidung von
Doppelversorgungen zu einem reibungslosen und schnellen Nutzen vorhandenen
Sachverstandes zu gelangen, ist eine engmaschige Kooperation zwischen einzelnen
Einrichtungen und eine umfassende Nutzung der Hilfen und Angebote unabdingbar.
20
Zielgruppe niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser, stationäre
Behandlungseinrichtungen , Krankenkassen und Rentenversicherungsträger,
Bewährungshilfe und andere Justizbehörden, Behörden, Apotheker, Betriebe,
Kirchengemeinden etc.
Ziele:
Sicherung und Verbesserung der psychosozialen Struktur und Versorgung von Suchtkranken
durch
 eine fortzuschreibende Bestandsanalyse
 eine optimale Nutzung und Vernetzung vorhandener Ressourcen
 Nutzung von Synergieeffekten
 Vermeidung von Doppelversorgungen
 Qualitätssicherung und –kontrolle
 eine den regionalen Erfordernissen entsprechende Entwicklungs- und Bedarfsplanung
 Sicherstellung einer flächendeckenden, möglichst gemeindenahen Versorgung
 Beseitigung von Versorgungsdefiziten in der Region
 Einbeziehung aller relevanten Einrichtungen und Institutionen
 Information und Aufklärung der Öffentlichkeit
 Einbeziehung von Angehörigen, Betroffenen und Selbsthilfeinitiativen
Leistungsumfang:
 Zusammenarbeit mit allen beteiligten Institutionen und Personengruppen und anderen
Anbietern von Hilfen, z. B. Mediziner, Bewährungshelfer, Sozialarbeiter des Sozial- und
Jugendamtes, des Sozialpsychiatrischen Dienstes etc.
 Fachliche Beratung (z. B. für Einrichtungen der Jugendhilfe, Bewährungshilfe, Betriebliche
Suchtkrankenhilfe etc.)
 Aktive Mitarbeit in lokalen Fachgremien, wie dem Sozialpsychiatrischen Verbund,
Arbeitskreis Sucht, Präventionsräten)
 Institutionsübergreifende Einzelfallarbeit, Versorgungsplanung, Fallkonferenzen (nur bei
Vorliegen von Schweigepflichtsentbindungen)
 Zusammenarbeit mit überregionalen Koordinierungsstellen (NLS, DHS)
5.6
Förderung und Unterstützung der Selbsthilfe
Beschreibung:
Die Selbsthilfe suchtkranker Menschen hat im Bereich der Alkoholtherapie bei der
Überwindung der Abhängigkeit eine lange Tradition mit großen Erfolgen. Im Bereich der
Drogenhilfe gibt es eine entsprechende Tradition bei den in jeder größeren Stadt bestehenden
Eltern- und Angehörigenkreises Drogenabhängiger.
Mitarbeiter der Suchtberatungsstelle sind unregelmäßig Gäste bei den
Gruppenbesprechungen, bieten Seminare zur Selbsterfahrung und Weiterbildung an,
begleiten neue interessierte PatientInnen und Angehörige in die diversen Kreise und bieten in
Krisensituationen Einzelfallhilfe an. Angehörigenkreise stellen bezüglich der erfolgreichen
Behandlung der Suchterkrankung ähnlich wie die Einbeziehung sozialer Bezugssysteme in die
Therapie eine große Chance dar, die Verstrickungen von Abhängigkeit und Co-Abhängigkeit
in einem suchtkranken Bezugssystem aufzulösen und Kraft und Energie für suchtfreie
Lebenswege freizusetzen. Durch die Selbsthilfe widmen Angehörige seit einer langen Zeit der
Rettungs-, Kontroll- und Aufopferungsversuche für den Süchtigen einmal wieder sich selbst,
schaffen für sich Entlastung, Kraft und Perspektiven eines distanzierten Umganges mit dem
drogenabhängigen Kind/Partner etc..
Neben der Weitervermittlung in Selbsthilfegruppen fördern die Mitarbeiter der Suchtberatungsund Suchtbehandlungsstelle auch die Ausbildung ehemaliger PatientInnen zu ehrenamtlichen
Suchtkrankenhelfern. Voraussetzung hierfür ist eine stabile mehrjähriger Abstinenz. Diese
Suchtkrankenhelfer sind in der Regel in die Therapiegruppen integriert, um dort ihre eigenen
Erfahrungen mit einzubringen.
21
Zielgruppe:
 Aus der Behandlung erfolgreich entlassene Suchtkranke
 Eltern- und Angehörige von Suchtkranken
Ziele:
 Förderung und Aktivierung der Selbsthilfe
 Veränderung co-abhängigen Verhaltens
 Einbindung sozial isolierter Betroffener, Entlastung und Selbstfindung im Kreise einer
Peergroup, Überwindung des Einzelkämpfertums
 Vertretung der Interessen Suchtkranker und deren Angehörigen in der Öffentlichkeit
 Darstellung der Suchtproblematik aus betroffener Sicht in Öffentlichkeit, Suchtprävention
 Unterstützung der professionellen Hilfe
Leistungsumfang:
 Vermittlung und Anbindung betroffener Angehöriger in Selbsthilfegruppen
 Betreuung und fachliche Beratung der Selbsthilfekreise
 Professionelle Unterstützung bei auftretenden Krisen
 Einbindung in Projekte der Beratungsstelle (Prävention, Gremienarbeit, Veranstaltungen)
 Weiterbildungs- und Selbsterfahrungsangebote
 Begleitung der ortsansässigen Selbsthilfegruppen / Freundeskreise
 Förderung und Initiierung von Ausbildungen zu Suchtkrankenhelfern
5.7
Besondere zielgruppenspezifische Hilfen
Beschreibung:
Zielgruppenspezifische Hilfen werden zum einen aus den Bedürfnissen des Klientels, das
bereits Kontakt zur Beratungsstelle hat, von den Mitarbeitern der Beratungsstelle nach Bedarf
entwickelt. Des Weiteren können diese Angebote gemacht werden, um spezifische
Zielgruppen, die nicht im Kontakt mit der Beratungsstelle stehen, für diese zu interessieren. In
der Suchtarbeit haben sich Angebote für Angehörige, MigrantInnen, Frauen, Teilnehmer von
Beschäftigungsprogrammen etc. als sinnvoll erwiesen
Zielgruppe:
 Interessierte KlientInnen der Beratungsstelle
 Mögliches Klientel der Beratungsstelle
Leistungsumfang
 Besondere Hilfen in Kooperation mit anderen Fachstellen
 Bedarfsabhängige Angebote für Angehörige, Frauen Migranten und Arbeitslose
6
Aufgabenbereiche aus Landesfinanzierung
Substitut gestützte Psycho-/Sozialtherapie
Beschreibung:
Derzeit werden in Salzgitter ca. 60 chronisch-mehrfachabhängige Drogenkonsumenten von
niedergelassenen Ärzten mit den Drogenersatzstoffen Metadon, Polamidon und Subutex
behandelt. Die Betäubungsmittelverschreibungsordnung und die von den Kassenärztlichen
Vereinigungen umzusetzenden AUB-Richtlinien schreiben eine Begleitbetreuung durch eine
Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstelle vor. Wir streben diesbezüglich mit allen zur
Substitution berechtigten Ärzten die Übernahme dieser Aufgabe auf der Grundlage von
Kooperationsverträgen an.
Über die Verbindung von Substitution und Therapie ist eine hohe Anbindung und Haltequote
von Patienten möglich. Diese orientiert sich bei uns bzgl. der Verbindlichkeit für Klienten, des
22
Therapieanspruches, des Abstinenzzieles und der Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter
an der ambulanten Rehabilitation nach EVARS.
Die zu behandelnden substituierten Klienten sind aufgrund der Länge ihrer
Drogenabhängigkeit körperlich, psychisch und sozial massiv und chronisch geschädigt,
sodass im Durchschnitt eine zwei- bis dreijährige, im Einzelfall noch darüber hinausgehende
Therapiezeit notwendig ist, bis der substituierte Klient sich gesundheitlich, psychisch und
sozial soweit stabilisiert und entwickelt hat, dass er die Wiederherstellung der Abstinenz mit
Aussicht auf Erfolg in Angriff nehmen kann und will.
Aufgrund der individuell sehr verschiedenen körperlichen, psychischen und sozialen
Schädigung und aufgrund des Veränderungspotentials der substituierten Drogenabhängigen
unterscheiden wir vier Zielrichtungen von Substitutionsbehandlung
Art der Substitution
Erhaltungssubstitution
Dauer
Unbegrenzt
Notfallsubstitution
Ca. 6 Wochen
Wiederherstellungssubstitution 1 Jahr
Übergangssubstitution
0,5 Jahr
Entgiftungssubstitution
Ca. 6 Wochen
Zielgruppe
Drogenabhängige mit chronischen Erkrankungen
(Hepatitis C, AIDS, Krebs)
Drogenabhängige in Notfallsituationen
Drogenabhängige mit schweren suchtbedingten
und psychischen Erkrankungen, zur
Wiederherstellung der Voraussetzungen für eine
Entwöhnungsbehandlung
Drogenabhängige, die einen Therapieplatz
nachweisen können bis zum Therapieantritt
substituiert werden
Drogenabhängige, die aus familiären oder
beruflichen Gründen nicht stationär entgiften
wollen
Trotz der massiven Vorschädigungen sind wir nicht bereit, in mitleidige Fürsorge oder mutlose
Stagnation zu verfallen, sondern unterstützen intensiv jeden Substituierten, solange er sich
mehr oder weniger erfolgreich bemüht, seine Situation zu verbessern. Andernfalls halten wir
es für sinnvoller und auch notwendig, dass der Klient „noch eine oder mehrere Runden dreht“,
um ihn den Ernst und die Perspektivlosigkeit seines Lebensstils deutlich werden zu lassen. Im
Interesse rehabilitierbarer Patienten müssen therapieunwillige Abhängige, die auch
längerfristig auf den Beigebrauch von Suchtstoffen nicht verzichten wollen von der
Substitutionsgestützten Psycho-/Sozialtherapie ausgeschlossen werden.
Grundsätzlich ist dieses Arbeitsfeld in sich paradox, denn man gibt einem Suchtkranken einen
Suchtstoff mit dem Ziel, ihn von gerade diesem günstigstenfalls zu entwöhnen. Darüber
hinaus soll die Behandlung aber auch Patienten ansprechen und schadensminimierend
erreichen, die gar nichts gegen ihre Sucht unternehmen wollen oder sich ein drogenfreies
Leben nicht vorstellen können und wollen.
Im Verlauf der Therapie spielt neben Interventionen zur Umgestaltung und Neuorientierung
des Rolleninventars der Klienten die Verhaltenstherapie eine große Rolle. Die Patienten sind
in ihrer normalen Lebensführung destruktiv und desorientiert und entwickeln für viele
notwendige konkrete Aufgaben der Lebensorganisation keinen Antrieb. Sie stagnieren in
Ängsten und flüchten in somatisierende Abwehrstrategien, statt zu handeln. Deshalb erhalten
sie über therapeutische Interventionen die erforderliche Information, Klarheit, Orientierung,
Ermutigung und den Impuls, Angst und Stagnation in bezug auf konkrete Aufgaben zu
überwinden. Hier bietet die Gruppenarbeit Raum für Unterstützung, Orientierung, Kritik und
kommunikatives und soziales Training. Gruppenarbeit hat sich wegen der hohen
Szenebindung und sozialen Kontrolle durch Szenemitglieder als nur bedingt erfolgreiche
Methode der Behandlung erwiesen und sollte nur bei Substituierten eingesetzt werden, die
sich bereits gegenüber ihrer Droge und anderen Drogenkonsumenten abgegrenzt haben.
Soll es im Bereich von Substitutionstherapie zu Erfolgen kommen sind zwei Prämissen zu
beachten:
 Die Vergabe des Substitutionsmittels ist an vertraglich fixierte Pflichten und
Gegenleistungen des Klienten zu koppeln (eine Kontrolle der Kooperation des
23

Klienten und möglichst direkte kritische und/oder sanktionierende Reaktion auf
mangelnde Compliance ist notwendig).
Jeglicher Beigebrauch von Suchtstoffen inkl. Alkohol, Cannabis und suchtpotenter
Medikamente (Diazepam, Doxepin) verhindert das Erreichen des Hauptlernzieles der
Therapie. Über die innerliche wie äußerlich erfolgreiche Abgrenzung gegenüber dem
Gebrauch von Suchtstoffen außer dem Ersatzstoff, soll der Substituierte sich in der
Lebensführung und der Übernahme suchtfreier Verhaltensweisen neu orientieren und
weiter entwickeln.
Wegen des Vorliegens gesundheitlicher, psychiatrischer, sozialer Schädigungen bei den
substituierten Klienten legen wir Wert auf eine enge Kooperation auf der Basis gegenseitiger
Schweigepflichtsentbindungen zwischen Substitutionspraxis/Allgemeinmedizin,
Psychotherapie/Psychiater und Suchttherapie/Drogenberatung.
Zielgruppe chronische mehrfachabhängige Drogenkonsumenten
Ziele:
 Lebenserhaltung in Notfallsituationen
 Verbesserung bzw. Wiederherstellung der physischen und psychischen Gesundheit und
der Fähigkeit, an einer stationären Entwöhnungsmaßnahme mit Erfolg teilnehmen zu
können
 Abgrenzung und Lösung von der Drogenszene, destruktiven Beziehungen und dauerhafte
Reintegration in drogenfreies soziales Umfeld (dauerhafte Integration in das
Erwerbsleben)
 Entwicklung von Fähigkeiten zur abstinenten Lebensführung
 Stärkung der Fähigkeit der Abgrenzung zur Droge (Rückfallprophylaxe)
 Erlernen von konstruktiven und angemessenen Verhaltensweisen zur Problem- und
Krisenvermeidung (Rückfallprophylaxe und Krisenintervention)
 Stärkung der psychischen Belastbarkeit
 Einübung sozialer Muster und Normen
Leistungsumfang:
 Anamnese, Diagnose- und Indikationsstellung
 Förderung der Änderungsmotivation
 Abschluss eines Therapievertrages, Erarbeitung von individuell zugeschnittenen
Behandlungszielen
 Vermittlung
 Behandlungsplanung, insbesondere Motivation und Vorbereitung der schrittweisen
Entwöhnung vom Substitut, Vermittlung in stationäre Entgiftung und Entwöhnung
 Regelmäßige Einzel- und Gruppentherapie
 Maßnahmen zur Vermeidung des Beigebrauchs von Suchtstoffen (Durchführung eines
Urinkontrollprogramms zur Kontrolle des Beigebrauchs von Suchtstoffen, Bearbeitung und
Sanktionierung des Beigebrauchs, z. B. Auflagen zur stationären Entgiftung vom
Beigebrauch etc.)
 Vermittlung und Hilfen bei der Beschaffung von Wohnraum, Arbeit, Weiterbildung und bei
juristischen Problemen und bei der Entschuldung
 Durchführung von Freizeitmaßnahmen
 Berufsübergreifende Zusammenarbeit mit substituierenden Allgemeinmedizinern und
Psychiatern (Organisation, Diagnose, Fallarbeit etc.)
 Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Straftätern gemäß §35/36 BtMG
7
Aufgabenbereiche aus Drittfinanzierung
Ambulante Rehabilitation gemäß EVARS
24
Beschreibung:
Ambulante Rehabilitation und Nachsorgebehandlungen nach den
Empfehlungsvereinbarungen der Renten- und Krankenversicherungsträger zur Rehabilitation
Suchtkranker (EVARS) wird Suchtkranken angeboten, bei denen folgende Voraussetzungen
gegeben sind:
 Abstinenzfähigkeit
 Intaktes stabilisierendes soziales Umfeld
 Ausreichende Integration in soziale Bezüge (Arbeit, Ausbildung etc.)
 Ausreichende psychische Belastbarkeit (psychische Erkrankungen sind kontraindiziert)
Die ambulante Rehabilitation ermöglicht die Behandlung einer Suchterkrankung am Wohnort
des Suchtkranken. Er kann, im Gegensatz zur mindest 6wöchigen Abwesenheit bei einer
stationären Entwöhnungsmaßnahme, weiterhin seiner Arbeit nachgehen und bei seiner
Familie bleiben. Während diese Form der Behandlung im Bereich des Alkoholismus bereits
seit Jahren Standart ist, galt sie bei Drogenabhängigen lange Zeit als nicht durchführbar.
Innerhalb dieser Zielgruppe aber gibt es Personen, die trotz Drogenabhängigkeit sozial
integriert leben und abstinenzfähig sind. Mit einer durchschnittlich 18-monatigen Behandlung
lassen sie sich, bei günstigem Verlauf, von ihrer Drogensucht rehabilitieren.
Bevor eine ambulante Rehabilitation einsetzt, klären wir in Zusammenarbeit mit
kooperierenden Allgemeinmedizinern und Psychiatern, inwieweit somatische und psychische
Komorbiditäten bzw. psychische Störungen und Erkrankungen der substanzbezogenen
Störung beim Suchtkranken vorhanden sind. Diese fallbezogene Zusammenarbeit bezieht
sich auch während der weiteren Behandlung auf jeden Klienten je nach Bedarf und
Auffälligkeit der Störungen.
Die Therapie findet im wesentlichen in Gruppen statt, in denen durch therapeutische
Interventionen Fähigkeiten wie Soziale Kompetenz, Kommunikations- und
Problemlösefertigkeiten, der Umgang mit Stress-, Konflikt- und Risikosituationen erarbeitet
werden. Gruppen bieten in ihrer interaktionalen Dynamik die Möglichkeit, die vorhandenen
Beziehungsstörungen und Beziehungsfähigkeiten im Umgang mit anderen
Gruppenteilnehmern zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Die Therapeuten versuchen, die
Erstarrung der Patienten auf destruktive und ungesunde drogengeprägte Wertsysteme,
Glaubenshaltungen und suchtgeprägtes Rollenverhalten zu analysieren, deutlich zu machen
und gezielt umzugestalten und zu verändern. Dem Patienten soll so die Möglichkeit gegeben
werden, sich in neue Rollen zu wagen und neues Rollenverhalten im sozialen System Gruppe
zu erlernen
Zielgruppe Suchtkranke
Ziele:
 Erhaltung einer dauerhaften Abstinenz durch einen inneren wie sich auch äußerlich
vollziehenden Abgrenzungsprozess gegenüber dem Suchtmittel und anderen
Suchtmittelkonsumenten
 Weitergehende Behebung oder Ausgleich körperlicher und psychischer Störungen
 Wiederherstellung oder Sicherung der Erwerbstätigkeit
 Erreichung einer möglichst dauerhaften Wiedereingliederung in Arbeit, Beruf und
suchtmittelfreie soziale Beziehungen
 Entwicklung von suchtfreiem angemessenem Rollenverhalten und von Rollenflexibilität
innerhalb der Ursprungsfamilie und im weiteren sozialen Umfeld
Leistungsumfang:
 Anamnese
 Diagnose und Indikationsstellung
 Förderung der Änderungsmotivation
 Erarbeitung von gemeinsamen Behandlungszielen
 Behandlungsplanung
 Durchführung der Behandlung, Intervention
 Abschluss des therapeutischen Prozesses
 Kontrolle, Evaluation
 Vermittlung in Selbsthilfe
25
8
Aufgabenreiche und Arbeitsfelder ohne derzeitig ausreichende
Finanzierung
Aufgabenbereiche:
 Straßensozialarbeit
 Arbeit an Szenebrennpunkten
Beschreibung:
Straßensozialarbeit sucht suchtkranke KlientInnen in ihrer Lebenswelt auf der Straße auf. Sie
soll insbesondere Kontakte zu Personen aufbauen, die von den Beratungsstellen nicht erreicht
wurden. Durch kontinuierliche Präsenz bauen Straßensozialarbeiter ein Vertrauensverhältnis
zu den Betroffenen auf, bieten Orientierungshilfe und zeigen Handlungsmöglichkeiten. Der
Aufgabenbereich der Straßensozialarbeit umfasst neben Kontakt-, Informations- und
Beratungsdienste in verschiedenen Szenebereichen, die soziale Betreuung der KlientInnen in
Krisen- und Notsituationen sowie gesundheitspräventive Maßnahmen.
Zielgruppe: Personen mit substanzbezogenen Störungen, die ihren Lebensmittelpunkt
auf der Straße haben und nicht in Kontakt mit einer Beratungsstelle stehen
Ziele:
 Kontaktaufnahme, Motivierung
 Zugang zum Hilfesystem ermöglichen
 Vermittlung notwendiger Hilfen (Soforthilfe)
 HIV/AIDS/Hepatitis-Prophylaxe
 Schadensminimierung
 Informationsgewinnung über aktuelle Entwicklungstendenzen in der Szene
26
9
Ausführliche Einzelkonzepte, Vertragstexte
9.1
Konzept zur Durchführung von Maßnahmen zur Behandlung
betäubungsmittelabhängiger Straftäter gemäß §35 BtMG/§36 BtMG
Die Suchtberatungsstelle Salzgitter behandelt betäubungsmittelabhängige
Straftäter gemäß den Richtlinien des Runderlasses des Niedersächsischen
Sozialministeriums vom 2.4.1997 im Rahmen der Ambulanten Rehabilitation
(s. 7.) und der Substitutionsgestützten Psycho-/Sozialtherapie (s. 6). Beide
Maßnahmen verfolgen das Ziel betäubungsmittelabhängige Menschen in
bezug auf eine drogenfreie Lebensweise psychisch und körperlich zu
stabilisieren, zu rehabilitieren und sozial zu integrieren.
Betäubungsmittelabhängige Menschen, die an einer Ambulanten
Rehabilitation bzw. Substitutionsgestützten Psycho-/Sozialtherapie
teilnehmen, erklären sich mit damit einverstanden, dass die
Suchtberatungsstelle Salzgitter unter Aufhebung der Schweigepflicht den
Richtlinien des Runderlasses des Niedersächsischen Sozialministeriums und
des Siebten Abschnittes des Betäubungsmittelgesetzes (§35 Abs. 4 BtMG und
§36 Abs. BtMG nachkommt.
Die Suchtberatungsstelle Salzgitter ist eine vom Land Niedersachsen
anerkannte „Fachstelle für Sucht und Prävention“ und beschäftigt das
entsprechend qualifizierte Fachpersonal und arbeitet mit anderen Fachkräften,
Einrichtungen und öffentlichen Einrichtungen zusammen.
Für die Dokumentation der Arbeit mit betäubungsmittelabhängigen Straftätern
kommen die in der Suchtberatungsstelle angewandten Instrumente zur
Anwendung:
 Führung von KlientInnen-Akten
 Patfak-/Ebis-Statistik System mit der Termindatenbank
27
9.2
Behandlungsvertrag Ambulante Rehabilitation nach EVARS
BEHANDLUNGSVERTRAG
zwischen der Suchtberatungsstelle Salzgitter
und
Herrn / Frau
(PatientIn)
____________________________________________________
Geburtsdatum:
____________________________________________________
Anschrift:
____________________________________________________
Kostenträger:
____________________________________________________
wird nachfolgender Behandlungsvertrag geschlossen:
§ 1 Vertragsgegenstand
Der/die PatientIn beauftragt die Suchtberatungsstelle Salzgitter mit der Durchführung
einer ambulanten Entwöhnungsbehandlung in Form von Einzel- und
Gruppentherapie.
§ 2 Behandlung
Der Behandlungsvertrag wird zunächst für einen Behandlungszeitraum von 18
Monaten abgeschlossen. Die Einzel- bzw. Gruppentherapie findet einmal
wöchentlich nach Terminvereinbarung statt. Nichteinhaltung der
Therapievereinbarungen führen zum Abbruch der Maßnahme.
§ 3 Rechte und Pflichten
28
Folgende Bedingungen werden an die PatientInnen gestellt:
-- Suchtmittelabstinenz aller legalen und illegalen Suchtstoffe und Stimulanzien
(außer Nikotin und Koffein)
-- alleinige medizinische Versorgung in der kooperierenden Arztpraxis
-- Schweigepflichtentbindungen mit allen systemrelevanten Personen und Institutionen
-- Bereitschaft zu unregelmäßigen Drogenscreening
-- Einzeltherapie
-- Gruppentherapie
-- Familien- und Angehörigenarbeit
-- Peergruppenarbeit
Eine kontinuierliche und verantwortliche Teilnahme an den Behandlungseinheiten
wird für die Dauer der ambulanten Therapiemaßnahme erwartet. Der/die PatientIn
verpflichtet sich die vereinbarten Gesprächstermine einzuhalten. Terminabsagen
sollten nur in dringenden Fällen, spätestens 24 Std. vor den vereinbarten
Gesprächsterminen erfolgen. Bei Nichteinhaltung der Gesprächstermine,
Regelverstößen oder bei auffallenden Kontakt zur Drogenszene kann der Ausschluß
aus der Entwöhnungsbehandlung erfolgen.
§ 4 Verschwiegenheit
Der/die PatientIn unterliegt der Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Dies betrifft alle
Tatsachen und Vorgänge, die während der Therapiemaßnahme, vor allem in der
Gruppentherapie, bekannt werden. Diese Verpflichtung gilt auch über die
Therapiezeit hinaus.
§ 5 Schweigepflichtsentbindung gemäß §35/36 BtMG
Ich bin damit einverstanden, dass die Behandlungseinrichtung gemäß §35 Abs. 4
und §36 Abs. 5 BtMG mit den Vollstreckungsbehörden zusammenarbeitet und
entbinde entbinde sie von der Schweigepflicht
Salzgitter, den
____________________________
(Unterschrift PatientIn)
Wir erklären uns mit diesem Vertrag einverstanden.
__________________
Datum
_____________________ ______________________
TherapeutIn
PatientIn
29
9.3
Behandlungsvertrag Naltrexon-gestützte ambulante Rehabilitation
VERTRAG
Behandlung mit Naltrexon in der Ambulanz der Suchtberatungsstelle Salzgitter
Naltrexon ist ein Medikament, das jede Opiatwirkung aufhebt; unter seiner Wirkung sind Heroin, LevoMethadon und alle anderen Opiate wirkungslos. Dieses Wirkungsprinzip befreit manche
Heroinabhängige vom „Stoffhunger“. Ein Teil der Opiatabhängigen kann auf diesem Weg abstinent
werden, weil bei ihnen das Verlangen nach Opiaten nachlässt.
Die Vertragsgrundlage bezieht sich auf die Vorlage der Georg-August-Universität Göttingen,
Arbeitsgruppe Suchtforschung.
1.
Die Behandlung mit Naltrexon wird entweder vom Suchtkranken selbst beantragt oder vom
Betreuer (Arzt, Suchtberater) mit seinem Einverständnis vorgeschlagen. Jeder Teilnehmer
wird vom behandelndem Arzt oder seinem Stellvertreter über den zu erwartenden Nutzen und
über eventuelle Risiken aufgeklärt, was er durch Unterschrift bestätigt. Die Einnahme von
Naltrexon erfolgt dreimal wöchentlich. Jeder Teilnehmer kann die Einnahme jederzeit
beenden.
2.
Die Einnahme anderer Suchtstoffe (außer Nikotin und Koffein) muß zu Behandlungsbeginn
beendet werden. Suchtstoffe werden in Blut, Atemluft, Speichel oder Urin kontrolliert.
Patienten, die neben der Naltrexoneinnahme Alkohol trinken, illegale Drogen nehmen oder
Medikamente mit Suchtpotential konsumieren, werden nach Vorwarnung aus der Behandlung
ausgeschlossen.
3.
Es wird eine auf den einzelnen Teilnehmer abgestimmte Begleittherapie festgelegt. Das kann
heißen: allgemeinärztliche Behandlung (einschließlich Krankenhauseinweisung oder
Überweisung), Suchtberatung, Sozialtherapie, berufliche Eingliederungshilfen, Ergotherapie,
Psychotherapie. Die Teilnahme an der festgelegten Begleittherapie ist verbindlich.
4.
Für die medizinische Versorgung gibt der Patient vierteljährlich einen Krankenschein oder eine
Überweisung an den behandelnden Arzt ab. Von den Teilnehmern werden
Krankengeschichten geführt. Der Vertrag ist gleichzeitig Schweigepflichtentbindung zwischen
dem behandelndem Arzt und der Suchtberatungsstelle.
5.
Die Vergabe des Opiatantagonisten findet in der Regel 3 x wöchentlich ausschließlich in der
Arztpraxis oder Suchtberatungsstelle statt.
6.
Bei Therapieabbruch verbleiben eventuell vorhandene Restmengen des Medikamentes in der
Arztpraxis. Mit Vertragsabschluß entfällt jeglicher Rechtsanspruch auf die Herausgabe an den
Patienten. Dies gilt auch für Restmengen, die auf Privatrezept ausgestellt worden waren.
7.
Patienten, die den Mitarbeitern gegenüber tätlich werden, müssen ausgeschlossen werden.
Der Ausschluss erfolgt auch, wenn der Patient während der Behandlung dealt oder nach dem
sechsten Monat versucht, sich legale oder illegale Suchtstoffe (außer Nikotin und Koffein) zu
verschaffen. Bei Nichtinanspruchnahme der persönlich festgelegten Begleittherapie oder bei
auffallendem Kontakt zur Drogenszene kann ebenfalls der Ausschluß erfolgen.
8.
Der Ausschluss aus der Behandlung erfolgt in den unter Punkt 7 genannten Fällen sowie bei
Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz durch den behandelnden Arzt.
30
9.
Die Naltrexonvergabe soll in der Regel nach 6 Monaten beendet werden. Der Teilnehmer
verpflichtet sich weitere 6 Monate nach Absetzen des Antagonisten zur Teilnahme an
weiteren
therapeutischen Maßnahmen.
ERKLÄRUNG
Ich habe den vorstehenden Text gelesen und mit dem behandelndem Arzt oder seinem
Vertreter besprechen können und erkläre mich mit den Richtlinien der Behandlung
einverstanden.
.............................................
Behandelnder Arzt
................................................
Teilnehmer
.............................................
Suchtberatungsstelle
Salzgitter, den
31
9.4
Kooperationsvertrag Substitutionsbehandlung
Kooperationsvertrag zur Substitut-gestützten
Psycho-/Sozialtherapie
Die Suchtberatungsstelle Salzgitter
und
die medizinische Praxis von Herrn/Frau..........................................
vereinbaren hiermit, bezüglich der grundsätzlichen Zielrichtung und der praktischen
Zusammenarbeit bei der Behandlung substituierter Drogenabhängiger zu kooperieren
Rechtliche Grundlagen der Zusammenarbeit sind das BtMG, die BtMVO, die AUB-Richtlinien des
Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, sowie die Richtlinien des Niedersächsischen
Sozialministeriums zur Methadon-gestützten Psycho-/Sozialtherapie.
1. Grundsätzliche Bemerkungen
Mit der Vergabe des Heroinersatzstoffes Methadon an Drogenabhängige und die für jeden
Substituierten verbindliche Teilnahme an der substitutionsbegleitenden Psycho-/Sozialtherapie wird folgendes beabsichtigt:

es sollen Schwerst-Opiatabhängige Suchtkranke, für die aufgrund einer körperlichen, sozialen
oder psychischen Begleiterkrankung in ihrer momentanen (Not-)Situation eine
suchttherapeutische Abstinenzbehandlung nicht in Frage kommt, aus dem Kreislauf weiterer
Selbstausgrenzung und Verelendung gelöst werden. Über medizinische und psychosoziale Hilfen
werden sie schrittweise stabilisiert, an die Gesellschaft angebunden und aus dem Drogenmilieu
herausgelöst. Voraussetzungen für die Aufnahme in die Maßnahme sind neben einer chronischen
Suchterkrankung:
vorausgegangene ernsthafte Versuche, über eine suchttherapeutische Behandlung die Abstinenz
herzustellen
eine medizinische Notfallsubstitution
die Unterstützung der Vermittlung in eine stationäre Entwöhnung durch Substitution
chronische suchtbedingte Folgeerkrankungen (Hepatitis C, HIV etc.)

Es sollen Schwerst-Opiatabhängige Suchtkranke sobald wie möglich auch vom Substitut
Methadon entwöhnt und zur Abstinenz befähigt werden, um übergangslos in eine drogenfreie
ambulante oder stationäre Entwöhnungsbehandlung wechseln zu können.
2. Interdisziplinäres Behandlungskonzept und
Aufgabenschwerpunkte
Die Methadon-Substitution basiert auf einem interdisziplinären Behandlungskonzept und der
engen Kooperation zwischen Suchttherapie, Allgemeinmedizin, Fachmedizin für Psychiatrie
und Psychotherapie, mit denen jeder substituierte Drogenabhängige je nach
Behandlungsbedarf in kontinuierlichem Kontakt stehen soll. Gegenseitige
Schweigepflichtsentbindungen sind die Voraussetzung für kollegialen Austausch und die
Erarbeitung individueller Behandlungspläne in regelmäßig stattfindenden Beratungstreffen.
32
 Aufgabenschwerpunkt Medizin
Hauptaufgabe der Medizin ist die Durchführung der eigentlichen Substitutionsbehandlung
(Dosierung, Vergabe, Ausschleichen des Substitutes), die Durchführung des
Urinkontrollprogramms und die medizinische Heilbehandlung. Die zu betreuenden
Drogenabhängigen leiden zu über 90% an zum Teil suchtbedingten chronischen
Folgeerkrankungen wie AIDS, Hepathitis C, Herz- und Nierenerkrankungen,
Stoffwechselerkrankungen, Spritzenabszessen usw., die ihre eigene psychodynamische
Wirkung haben (Depressivität, Existenzängste usw.).
 Aufgabenschwerpunkt Fachmedizin für Psychiatrie
Die Fachmedizin für Psychiatrie sorgt für die psychotherapeutische und
psychopharmakologische Behandlung der substituierten Patienten. Darüber hinaus soll sich
jeder Substituierte im Verlauf der Aufnahmephase zwecks Abklärung und Diagnose möglicher
psychischer und neurologischer Nebenerkrankung zur Sucht einmal im Verlauf der
Aufnahmephase hier vorstellen, denn ca. 60% der Suchtpatienten leiden an psychischen
Erkrankungen wie sozialen Phobien, drogeninduzierten Psychosen, dem Borderline-Syndrom,
bipolaren Störungen usw. .
 Aufgabenbereich Suchtberatungsstelle
Die Suchtberatungsstelle führt die sucht- und sozialtherapeutische Behandlung der substituierten
Patienten durch. Diese sind zu einem überwiegenden Teil in der Drogenszene, in Haftanstalten, in
unvollständigen bzw. überforderten Ursprungsfamilien sozialisiert worden sind und mit einer
angemessenen selbständigen und eigenverantwortlichen drogenfreien Bewältigung des
Lebensalltags in „normalen“ sozialen Bezügen überfordert. Das in der Lebensbiografie erlernte
süchtige Rollenverhalten führt zu Konflikten bei dieser Alltagsbewältigung, die dann durch
Rückzug, Drogenkonsum , Somatisieren usw. vermieden wird. Es findet keine altersgemäße
(Rollen-) Entwicklung und Einbindung in das Erwerbsleben statt.
3. Das Suchtbehandlungskonzept für die Methadon-gestützte
Sucht- und Sozialtherapie
Grundlage des Behandlungskonzeptes ist die zwischen der Suchtberatungsstelle und dem an
einer Substitution interessierten Drogenabhängigen abgeschlossene Betreuungsvereinbarung, in
der Umfang, die Ziele der Behandlung sowie die sich hieraus
ergebenden Regeln, Pflichten und Konsequenzen geregelt sind. (siehe Anhang)
Gerade in der Aufnahmephase ist es u. E. für den Drogenabhängigen wichtig, in eine von
Den Unterzeichnern verbindlich vorgegebene Struktur mit Regeln und Sanktionen eingebunden zu
sein, um hierüber persönliches Lernen, Stärkung konstruktiver Ich-Funktionen, soziale
Umorientierung, Neuprägung, einen Rollenentwicklungsprozess vom „Junkie“ zum
„Substitutionsklienten“ zu erzielen. Eine süchtige Selbststeuerung durch den Klienten, wie
sie in vielen Einrichtungen zugelassen wird, wird abgelehnt. Ziel ist die Förderung einer
produktiven Arbeitsbeziehung zwischen Suchtkranken Menschen und Therapeuten auf der
Basis von Wertschätzung, kritischer Auseinandersetzung und Wahrung von Grenzen im
Umgang mit süchtigen Verhaltensweisen. In der Gruppenarbeit ist das Ziel die lebendige
Gruppe, die Begegnung, Auseinandersetzung, Geborgenheit, praktische Lebenshilfe usw..
bietet. Wesentlicher Inhalt der Betreuung ist die Schilderung der, bei der Alltagsbewältigung der
Klienten anfallenden Störungen, Konflikte, Wünsche, destruktiven,
aber auch konstruktiven Handlungsimpulse. Diese werden unter den verschiedenen
Blickwinkeln der Gruppenteilnehmer und Therapeuten beleuchtet. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei
die spezifische Rollenentwicklung jedes Gruppenteilnehmers, denn in der Zeit der
33
Drogenabhängigkeit und der Inhaftierung hat sich ein sehr spezifisches Rollenverhalten gebildet,
das sich auf somatischen, psychischen und sozialen Ebenen der Persönlichkeit auswirkt. In bezug
auf angemessenes und kreatives Verhalten in normalen sozialen
Situationen ist bei „Junkies“ und „Knackis“ ein ausgeprägtes Rollenmangelsyndrom
festzustellen, d. h. sie sind bis hin zur sozialen Isolation nicht in der Lage, in
Arbeitsbeziehungen, im Umgang mit der Familie, mit drogenfreien Bekanntschaften
tragfähig soziale Beziehungen aufzubauen und Konflikte einzugehen, auszuhalten und zu
bewältigen. Dies wird auch im Umgang mit Ämtern, Arbeitgebern etc. deutlich. Hier bietet die
Gruppe durch die unterschiedlichen Bewältigungsstrategien der Gruppenteilnehmer
und Therapeuten die Möglichkeit, zu lernen, in vertrauten destruktiv verlaufenen
Situationen neu zu handeln und in neuen Situationen angemessen, reflektiert und später
auch kreativ zu handeln. Es ist darüber hinaus beabsichtigt mit der aufgrund dieser
Therapieprozesse möglichen Stärkung der Ich-Funktionen, des Selbstvertrauens und
Selbstbewusstseins Mut und Kraft bei den Substituierten zu entwickeln, so dass diese
mittelfristig die Bereitschaft entwickeln auch vom Methadon zu entwöhnen.
4. Vereinbarungen zur gemeinsamen praktischen Durchführung

Die Aufnahme von Patienten ins Substitutionsprogramm
Drogenabhängige, die sich um eine Substitutionsbehandlung bewerben, haben sich vor Beginn
der Substitutionsbehandlung in der Suchtberatungsstelle vorzustellen, um neben der
medizinischen Indikation aus suchttherapeutischer Sicht abzuklären, ob eine Indikation für eine
längerfristige Substitutionsbehandlung, oder für eine kurzfristige Überbrückungssubstitution bis
zur Vermittlung in eine stationäre Entwöhnungsbehandlung gestellt werden kann. Kommt es
zwischen Suchtberatungsstelle und Drogenabhängigen zu einer Verständigung über die weitere
Suchtbehandlung, wird ein Betreuungsvertrag abgeschlossen, mit dem der Drogenabhängige zum
Substitutionsarzt geht und der Voraussetzung für die Aufnahme in die Methadon-gestützte
Psycho-/Sozialtherapie und für die Ausstellung der Bescheinigung über die Psychosoziale
Betreuung an die Kassenärztliche Vereinigung darstellt.

Verschreibung von Medikamenten
Die Kooperationspartner sind sich darin einig, dass eine Verschreibung suchtpotenter
Medikamente an die substituierten Patienten außer in akuten lebensbedrohlichen Krisen nicht
stattfindet, dies gilt insbesondere für den Wirkstoff Diazepam. Medikamente werden grundsätzlich
nicht dem Patienten mit nach Hause gegeben, sondern zusammen mit dem Substitutionsmittel
entsprechend der Tagesdosis verabreicht (Die Vergabe wird dokumentiert).

Die Durchführung des Urinkontrollprogramms
Arztpraxis und Suchtberatungsstelle arbeiten bzgl. der Organisation des Urinkontrollprogramms
eng zusammen. Die Urinkontrollen finden unregelmäßig unter Sichtkontrolle statt. Es werden im
Durchschnitt zwei Kontrollen pro Monat durchgeführt, die Kontrollen werden längerfristig im
Voraus festgelegt und nicht verschoben, wenn der Patient aus irgendwelchen Gründen nicht in
der Lage ist, eine UK abzugeben. Im Rahmen der Schweigepflichtentbindung wird die
Suchtberatungsstelle umgehend von der Arztpraxis von dem Ergebnis des Drogenscreenings
unterrichtet.

Sanktionen bei Regelverstößen
Im Falle vom Beigebrauch von Suchtstoffe incl. Cannabis und Alkohol findet eine augenblickliche
schrittweise Herunterdosierung des Substitutionsmittels bis zu dem Zeitpunkt statt, bis der Patient
durch einen erneuten UK-Befund nachweist, dass er den Beigebrauch von Suchtstoffen aufgibt.
Das gleiche gilt, wenn der Patient nicht bereit ist Urinkontrollen zuzulassen, oder nicht mehr an
der psychosozialen Betreuung teilnimmt oder Straftaten begeht oder in der
Betreuungsvereinbarung festgelegte besondere Vereinbarungen nicht erfüllt.
34

Umfang der Suchttherapie
Die Suchtberatungsstelle informiert auf der Grundlage von Schweigepflichtentbindungen
regelmäßig die Kooperationspartner über den individuellen Entwicklungsprozess der substituierten
Patienten und stellt ein dem Betreuungsvertrag entsprechenden Umfang an Suchtbehandlung
sicher.

Fachlicher Informationsaustausch, Fallbesprechungen
Die Kooperationspartner erklären ihre Bereitschaft zur Teilnahme an gemeinsamen
Besprechungen zur Fortentwicklung des Programms, sowie zu Fallbesprechungen und
Erarbeitung von individuellen Behandlungskonzepten.
.....................................................................
Unterschrift substituierender Arzt
Salzgitter, den ...........................
.....................................................................
Unterschrift Suchtberatungsstelle
......................................................................
Unterschrift Facharzt für Psychiatrie
35
36
9.4
Behandlungsvertrag psychosoziale Begleitbehandlung bei Substitution
zwischen Drogenberatung und KlientIn
Behandlungsvertrag im Rahmen der Substitutgestützten Psycho-/Sozialtherapie nach AUB
zwischen der Suchtberatungsstelle Salzgitter
und
Herrn/Frau
1
Beginn der Betreuung und max. Dauer der Betreuung
Gemäß Entscheidung der Beratungskommission der Kassenärztlichen Vereinigung in
Hannover
2
Ziel der Behandlung:
Durch das Zusammenwirken von Substitution und begleitender psychosozialer Betreuung
sollen Sie unterstützt werden, sich gesundheitlich zu stabilisieren, nicht mehr straffällig zu
werden, ohne Beikonsum auszukommen, drogenfreie soziale Beziehungen zu erhalten bzw.
aufzubauen, sowie eine zufriedenstellende Lebenssituation in den Bereichen Arbeit, Wohnung
und Finanzen zu erreichen. Die Betreuung zielt darüber hinaus auf die Entwicklung von
psychischer Stabilität und sozialer Kompetenz sowie der Fähigkeit ab, Beziehungen
befriedigend zu gestalten. Eine Aufarbeitung der individuellen Suchtbiografie ist ebenso
Bestandteil der Behandlung, wie die Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen
Lösungsstrategien. Grundlage dafür ist eine tragfähige Arbeitsbeziehung zwischen Ihnen und
dem/der Sie betreuenden MitarbeiterIn. Grundsätzliches Ziel der Behandlung ist die
Überwindung des suchttypischen Lebensstils bei ausschließlicher Abhängigkeit von Methadon
und weitergehend auch die Abstinenz vom Substitut. Hierzu bietet Ihnen die
Suchtberatungsstelle mit der ambulanten Rehabilitation die Möglichkeit einer
abstinenzstabilisierenden therapeutischen Begleitung. Zusätzlich zu diesen allgemeinen
Zielen können sowohl zu Beginn, als auch im weiteren Verlauf der Behandlung weitere
individuelle Ziele, Regeln und Auflagen vereinbart werden.
3
Pflichten des Klienten/der Klientin
Zur Erreichung der oben genannten Ziele verpflichte ich mich
 regelmäßig an der Einzel- und Gruppentherapie teilzunehmen
 regelmäßigen Kontakt zum substituierenden Arzt zu unterhalten und nachzuweisen
 das Substitut regelmäßig einzunehmen
 Medikamente nur in Absprache mit den behandelnden Ärzten einzunehmen.
 Die Medikamentenausgabe findet kontrolliert zusammen mit dem Substitut statt.
 Urinkontrollen unangemeldet zuzulassen
 Kontakt zur Drogenszene zu unterlassen.
 Verschwiegenheit über alle in der Gruppentherapie gewonnenen Informationen über MitPatientInnen zu wahren
 ärztliche Anordnungen in bezug auf die Teilnahme am Straßenverkehr zu beachten
37
4
Konsequenzen bei Nichteinhaltung des Behandlungsvertrages:
Mir ist bekannt, dass die psychosoziale Betreuung und die Substitution beendet wird
 bei dem Beikonsum von Suchtmitteln (auch Alkohol und Cannabis)
 wenn suchtpotente Medikamente ohne Absprache mit dem substituierenden Arzt
eingenommen werden
 bei fehlender Mitarbeit
 bei der Begehung von Straftaten
5
Schweigepflichtsentbindungen:
Mit meiner Unterschrift entbinde ich die Suchtberatungsstelle gegenüber folgenden Stellen
von der Schweigepflicht:
die ärztliche Substitutionspraxis:...................................................................................................
den Facharzt für Psychiatrie..............................................................................
das Jugendamt der Stadt Salzgitter:.............................................................................................
den Justizbehörden (gemäß §35/36 BtMG)…..............................................................................
Ich bin damit einverstanden, daß die über mich erhobenen Daten unter Verwendung einer
anonymen Codenummer zu statistischen Zwecken verwendet werden.
..........................................................................
Ich bin damit einverstanden, dass die Suchtberatungsstelle Kontakt zu meinen Angehörigen
aufnehmen kann, um diese zu Informationsveranstaltungen, Gesprächskreisen einzuladen.
Die Suchtberatungsstelle wahrt dabei die Schweigepflicht und gibt keine Auskünfte an die
Angehörigen.
..........................................................................
6
Zusätzliche Vereinbarungen:
Salzgitter, den .
............................................................................
(Unterschrift Betreute/er)
............................................................................
(Unterschrift Suchtberatung)
38
7
Phasen der Behandlung
Die psychosoziale Betreuung erfolgt nach einem Therapiephasensystem, daß Sie zu Anfang
der Behandlung zur Erfüllung vieler Pflichten und in großen Umfang zur Teilnahme an der
Betreuung verpflichtet. Sollten Sie sich im Rahmen der vereinbarten Ziele positiv entwickeln,
nimmt dieser Umfang an Verpflichtungen schrittweise ab und die psychosoziale Betreuung
nimmt immer mehr einen von Ihnen eigenverantwortlich selbständig gesteuerten Charakter
an, d. h. gegen Ende der Betreuung sind Sie für sich selbst und für die Aufrechterhaltung des
Kontaktes zur Suchtberatungsstelle verantwortlich. Im Falle von Regelverletzung oder dem
Nichterreichen der gesteckten Ziele sind auch Rückstufungen möglich
Phase
Zeitrah
men
Aufnahme
phase
bis ca. 3. 4xAufnahmegruppe
Monat
2xEinzelgespräch
1xArztgespräch
4xVergabekontakt Drobs
Urinkontrollprogramm
Aktive Wohnungs- und
Arbeitsuche
Therapieph ca. bis
24.
ase
Monat
Mindestumfang der
konkrete Phasenziele u. a.
Betreuung pro Monat
4xIntensivgruppe
1xEinzelgespräch
1x Arztgespräch
4xVergabekontakt Drobs
Urinkontrollprogramm
Aktive Wohnungs- und
Arbeitsuche
Ablösepha
se
ca. bis
30.
Monat
Gruppenbehandlung
nach Wunsch
1x Einzel
1xArztgespräch
4xVergabekontakt Drobs
Urinkontrollprogramm
Teilnahme am
Erwerbsleben
Nachbetreuung
ab 30.
Monat
Einzel- und
Gruppenbetreuung nach
Bedarf und individueller
Vereinbarung
1xArztgespräch
4xVergabekontakt Drobs
Urinkontrollprogramm
Teilnahme am
Erwerbsleben
kein Beikonsum (incl. THC/Alkohol)
Gründung eigener Haushalt
Tagesstrukturierung, Berufliche Orientierung,
Erlernung einer angemessenen
Konfliktbewältigung,
Integration in Behandlungsgruppe,
medizinischer Behandlung suchtbedingter
Folgeerkrankungen,
psychiatrische/psychotherapeutische Behandlung
psychischer Erkrankungen
Selbsterfahrung
Auseinandersetzung mit der individuellen Art und
Weise der Alltagsbewältigung
Auseinandersetzung mit Rollenmangelsyndromen, defiziten, Intra- und Interrollenkonflikten in
verschiedenen sozialen Bezügen und in der
Behandlungsgruppe
kritische Auseinandersetzung mit der Abhängigkeit
vom Substitutionsmittel
Eigenverantwortlichkeit und Selbststeuerung des
Substituierten im weiteren Behandlungsprozeß
schrittweise oder vollständige Entgiftung vom
Substitut
Vorbereitung einer Vermittlung in ambulante bzw.
stationäre Rehabilitation
Eigenverantwortlichkeit
Übergang in drogenfreie Behandlung
39
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