Anästhesiologische Betreuung

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Anästhesiologische Betreuung
Alexander Brinkmann, Peter Steffen, Florian Wagner
1. Allgemeines
Die anästhesiologische Betreuung vor, während und unmittelbar nach einer
Operation stellt einen integralen Bestandteil eines erfolgreichen
chirurgischen Eingriffs dar.
Die folgenden Kapitel geben einen Überblick zur präoperativen Beurteilung
und postoperativen Betreuung durch den Anästhesisten und stellen die
Grundlagen und wichtigsten Aspekte einer Allgemein- („Vollnarkose“) und
Regionalanästhesie („Teilnarkose“) vor.
2. Präoperative Vorbereitung
2.1 Anamnese und klinische Untersuchung
Die Erhebung der anästhesierelevanten Anamnese umfasst neben bekannten
Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme und Allergien vor allem Fragen
zu früheren Operationen, Narkosen sowie Besonderheiten und
Komplikationen im Rahmen der Vornarkosen. Bei geplanten Eingriffen
sollte eine präoperative Nüchternheit von 6 Std. (klare Flüssigkeiten bis 4
Std.) eingehalten werden, um Regurgitation und Aspiration bei der
Narkoseeinleitung zu verhindern.
Die klinische Untersuchung gegliedert nach Organsystemen setzt sich aus
Inspektion, Palpation, Perkussion und Auskultation zusammen. Der
körperliche Untersuchungsbefund schließt die Messung des Blutdruckes, der
Sauerstoffsättigung, Ausschluss von Beinödemen und die Inspektion
potentieller Einstichstellen bei geplanter Regionalanästhesie mit ein.
Kardiozirkulatorische und pulmonale Erkrankungen sind von besonderer
Bedeutung. Die myokardiale Situation sollte in Anlehnung an die
Klassifikation der Herzinsuffizienz nach der New York Heart Association
(NYHA) beurteilt werden:
NYHA I
NYHA II
NYHA III
NYHA IV
Anamnese:
Vorerkrankungen,
Medikamente,
Allergien,
frühere
Operationen und Narkosen,
Eine Nüchternheit von 6 Std. (klare
Flüssigkeiten 4 Std.) sollte eingehalten
werden, um Regurgitation und
Aspiration
währen
der
Narkoseeinleitung zu verhindern.
Die klinische Untersuchung gliedert
sich nach Organ-systemen und
umfasst:
 Inspektion
 Palpation
 Perkussion
 Auskultation
NYHA-Klassifikation
(kardiale Beschwerden):
 I keine
 II > 1 Stockwerk
 III < 1 Stockwerk
 IV Ruhebeschwerden
keine Beschwerden bei großer Belastung,
Beschwerden bei höheren Belastungen (> 1 Stockwerk),
Beschwerden bereits bei leichteren Belastungen (< 1 Stockwerk),
Kardiale Vorerkrankungen:
Beschwerden in Ruhe.
In Bezug auf Herz und Kreislauf sollte im Weiteren auf das Vorliegen von
Hypertonie,
Hypotonie,
koronare
Herzkrankheit,
Herzinfarkt,
Rhythmusstörungen, Herzvitien, und Myokarditis geachtet werden. Bei den
Atmungsorganen sind rezidivierende Infekte, chronische Bronchitis, Asthma
bronchiale, Lungenemphysem, Lungenfibrose, Pneumonie, TBC und
Tumorerkrankungen wichtig. Besonders bei einem geplanten regionalen
Anästhesieverfahren sollte ein bereits präoperativ vorliegendes
neurologisches Defizit dokumentiert seien. Zerebrale Gefäßerkrankungen,
Apoplex, Schädel-Hirm-Trauma, Hirntumoren, Epilepsie und Erkrankungen
des Rückenmarks sind ebenso als anästhesierelevant einzustufen. Aus dem
 Hypertonie, Hypotonie
 KHK, Myokardinfarkt
 Herzvitien
 Rhythmusstörungen
 Myokardititis
Pulmonale Vorerkrankungen:
 COPD, Asthma
 Pneumine, TBC
 Tumorerkrankungen
Andere Vorerkrankungen:
 Zerebrovaskuläre
Erkrankungen
2
 Niereninsuffizienz
Bereich der endokrin-metabolischen Krankheitsbilder kommt der Adipositas
 Diabetes mellitus
und der Refluxkrankheit eine besondere Bedeutung zu. Im Weiteren sollte
 Adipositas
auf
Diabetes
mellitus,
Niereninsuffizienz,
Leberund
 Leberinsuffizienz
Nebennierenerkrankungen sowie auf eine Myasthenia gravis und auf
Myopathien geachtet werden.
Die Untersuchung der Kopf-Hals-Region ist für den Anästhesisten von Hinweise für eine
unverzichtbarer Bedeutung, weil sich daraus Hinweise auf eine schwierige Intubation:
 Eingeschränkte Mundöffnung
möglicherweise erschwerte Maskenbeatmung und Intubation ableiten
und Reklination
können. Im Rahmen der Inspektion gilt es Malformationen (kleiner
 Kurzer, dicker Hals
Unterkiefer, fliehendes Kinn), Tumoren oder aber das Vorliegen einer
 Mallampati III
großen Struma zu dokumentieren. Bei adipösen Patienten und Trägern eines
 Desolater Zahnstatus
 Malformationen Kiefer
Vollbartes kann bereits die Maskenbeatmung erheblich erschwert seien.
 Große Zunge
Eine Einschränkung der Reklination in der HWS und der Mundöffnung (< 4
 Vollbart
cm, kritisch), wie z.B. bei Ankylose des Kiefergelenkes oder Abszessen im
Mundbereich kann die Intubation u.U. erheblich beeinträchtigen. Die
Untersuchung des Mund- und Rachenraumes schließt den Zahnstatus
(Prothesen, lockere Zähne), die Größe und Beweglichkeit der Zunge
(Makroglossie) sowie den hinteren Rachenraum mit ein. Zur Beurteilung
von Intubationsschwierigkeiten hat sich im Weiteren die Klassifikation nach
Mallampati (Abb 1.Duale Reihe Anästhesie, Seite 29) bewährt.
2.2 Anästhesierisiko, operative Dringlichkeit
Zur Beurteilung des Risikoprofils hat sich das Schema der American Society
of Anesthesiologists (ASA) bewährt. Hier zeigt sich eine enge Korrelation
zur perioperativen Mortalität (1.Woche).
ASA I:
Normaler gesunder Patient
(außer der chirurgischen Erkrankung gesund),
ASA II: mit leichter Systemerkrankung
(z.B. gut eingestellte(r) Diabetes mellitus, Hypertonie),
ASA III: Schwere Systemerkrankung mit Leistungsminderung
(z.B. KHK, COPD),
ASA IV: Schwere Systemerkrankung mit konstanter Lebensbedrohung
(z.B. Polytrauma, Schock),
ASA V: Moribunder Patient, der mit oder ohne OP die nächsten 24 Std.
voraussichtlich nicht überlebt (z.B. fulminante Lungenembolie).
Die operative Dringlichkeit eines Eingriffes bestimmt die Zeit, die verbleibt,
um einen Patienten auf die Operation vorzubereiten. Man unterscheidet:
1. Elektive Eingriffe (Vorbereitungszeit Wochen bis Monate),
2. Geplante, bedingt dringliche Eingriffe (z.B. Malignome, Zeit Tage),
3. Dringliche, organerhaltende Eingriffe (z.B. Ileus, Zeit Stunden),
4. Notfall- bzw. Soforteingriffe (Schwere Blutung, Zeit Minuten).
Das perioperative Risiko wird somit nicht nur durch Begleiterkrankungen
sondern wesentlich durch die zugrundeliegende und zum operativen Eingriff
führende Erkrankung determiniert
Risikoklassifikation
nach
dem
Schema der American Society of
Anesthesiologists (ASA):
 ASA I normal, gesund
 ASA II leichte
Systemerkrankung
 ASA III schwere
Systemerkrankung
 ASA IV konstante
Lebensbedrohung
 ASA V moribunder Patient,
der mit und ohne Therapie die
nächsten 24 Std.
voraussichtlich nicht überlebt
Dringlichkeit
des
operativen
Eingriffs:
 Elektive Operation
 Bedingt dringliche OP
 Dringliche OP
 Notfall-OP
3
2.3 Weiterführende Untersuchungen
Bei unauffälliger Anamnese und ohne wesentlichen pathologischen
Untersuchungsbefund (Alter < 40, ASA I-II) sind zunächst keine
weiterführenden Untersuchungen notwendig. Routinemäßig wird im Alter >
45 Jahre ein 12-Kanal-Ruhe-EKG und > 75 Jahre eine Röntgen-Thorax
(a.p., seitlich) durchgeführt. Die Notwendigkeit für weitere apparative
Untersuchungen (Spirometrie, BGA, Belastungs-EKG, Herzecho,
Koronarangiographie u.v.m.) sowie Laboranalysen (Blutbild, Blutgruppe,
Kreuzblut, Natrium, Kalium, Kreatinin, Quick, PTT u.v.m) ergeben sich
durch spezifische Vorerkrankungen sowie durch die Art und den Umfang
der geplanten Operation.
2.4 Auswahl des Anästhesieverfahrens
Bei nichtnüchternen Patienten, Laparotomien, Thorakotomien, Adipositas
per magna und Bauchlagerungen kann auf eine Allgemeinanästhesie mit
endotrachealer Intubation nicht verzichtet werden. Bei anderen Operationen
ist unter Umständen eine Gesichtsmaske (Dauer < 30 Min.) oder eine
Kehlkopfmaske ausreichend. Traumatologische- und orthopädische
Eingriffe werden häufig in rückenmarksnaher oder peripherer
Regionalanästhesie durchgeführt. Bei großen thorakalen und abdominellen
Operationen
werden
heute
auch
Kombinationsnarkosen
(Allgemeinanästhesie und thorakale Peridualanästhesie) durchgeführt.
2.5 Anästhesieaufklärung und Einwilligung
Eine Einwilligung zur Narkose ist zwingend erforderlich, da ansonsten
strafrechtlich der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist. Das
Aufklärungsgespräch, das zwingend dokumentiert werden muss, sollte
folgende Punkte beinhalten:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Ablauf des Anästhesieverfahrens,
Erläuterung alternativer Verfahren (Vor- und Nachteile),
Erklärung typischer Risiken und Komplikationen,
Ergänzende Information und Verhaltensmaßregeln
(Nahrungskarenz bei Erwachsenen mindestens 6 Std., Nikotinkarenz),
medikamentöse Prämedikation,
Maßnahmen in der Einleitung,
Transfusion von Blutprodukten,
postoperative Maßnahmen im Aufwachraum,
Schmerztherapie,
ggf. Nachbeatmung und Intensivbehandlung.
2.6 Medikamentöse Prämedikation
Die Prämedikation bezeichnet die medikamentöse Vorbereitung des
Patienten auf die Anästhesie und Operation. Heutzutage gilt als vorrangiges
Ziel die Anxiolye und Stressreduktion. Dieses kann mit einer Sedierung
Weiterführende Untersuchungen:
 Labor
 Rö-Thorax
 EKG
 Spirometrie
 Belastungs-EKG
 Herzecho
Anästhesieverfahren:
 Allgemeinanästhesie
 Inhalationsanästhesie
 TIVA
 Regionalanästhesie
 Rückenmarksnah
 Peripher
Anästhesieaufklärung und
Einwilligung:
 Ablauf des AN-Verfahrens
 Alternativen
 Risiken
 Verhaltensmaßregeln
(z.B.
Nüchternheitsgebot)
 Transfusion von
Blutprodukten
 Postoperative Betreuung
(AWR, Schmerztherapie,
Intensivstation)
Medikamentöse Prämedikation:
 Anxiolyse und
Stressreduktion
 Benzodiazepine
 Midazolam (kurzwirksam)
 Flunitrazepam
(langwirksam)
4
verbunden seien, die unter bestimmten Bedingungen vermieden werden
sollte (z.B. Schlaf-Apnoe-Syndrom, respiratorische Globalinsuffizienz,
Myasthenia gravis, 1. Trimenon, Säuglinge < 6 Monate, komatöse und
verwirrte Patienten). Die heute zur Prämedikation am häufigsten verwandte
Substanzgruppe sind die Benzodiazepine. Man teilt diese Substanzklasse
nach ihre Wirkdauer ein:
 Dikaliumclorazepat
(unltralangwirksam)
1. Kurzwirksame (HWZ 1-4 Std.) z.B. Midazolam,
2. Mittellangwirksame (10-18 Std.) z.B. Lorazepam,
3. Langwirksame (20-40 Std.) z.B. Flunitrazepam,
4. Ultralangwirksame (40-100 Std.) z.B. Dikaliumclorazepat.
Die Prämedikation wird überwiegend oral appliziert.
3. Gefäßzugänge
Die Anlage eines sicheren Venenweges ist eine unerlässliche Voraussetzung
zur Durchführung einer Narkose.
Periphere Zugänge:
 Handrücken, Unterarm
 V. basilica
 V. cephalica
 V. jugularis externa
3.1 Periphere Zugänge
Die Anlage einer Venenverweilkanüle erfolgt nach Maßgabe der
anatomischen Verhältnisse im Bereich des Handrückens, des Unterarmes
oder der Ellenbeuge (V. basilica, V. cephalica). In bestimmten Situation
werden die V. jugularis externa oder Venen am Fußrücken bzw. im
Knöchelbereich (z.B. Säuglinge, Kleinkinder) punktiert. Infusionslösungen
mit einer Osmolalität über 800 mosmol/l sollten nicht über eine periphere Zentrale Zugänge:
 V. jugularis interna
Vene appliziert werden, um Venenreizungen und Thrombophlebitiden zu
 V. subclavia
vermeiden.
3.2 Zentrale Zugänge
Bei chirurgischen Eingriffen bei denen mit größeren Flüssigkeits- bzw.
Blutverlusten gerechnet werden muss oder aber bei Notfallpatienten im
Schock ist die Anlage eines zentralvenösen Katheters (ZVK) indiziert. Über
unterschiedliche Zugangswege (Abb. 2 Atlas Anästhesie, Seite 147 Mitte)
wird die Katheterspitze in die V. cava superior platziert. Der ZVK
ermöglicht die Messung des zentralen Venendrucks, zentralvenöse
Blutgasanalysen, kontinuierliche Katecholamintherapie, langfristige
Infusionstherapie und eine hochkalorische parenterale Ernährung.
Um eine Infektion im Bereich des Punktionsortes sowie eine lebensbedrohliche Keimverschleppung über den Katheter in die Blutbahn zu
verhindern, sollte die Anlage eines ZVK grundsätzlich unter strengen, Komplikationen ZVK:
sterilen Kautelen (Desinfektion, steriler Kittel, Handschuhe, Haube und
 Blutung, Hämatom
Mundschutz) erfolgen. Die Lage Kontrolle erfolgt mittlerweile über eine
 Pneumothorax
intraatriale EKG-Ableitung (Abb 3Taschenatlas, Seite149 oben). Bei einem
 Nervenverletzung
 Katheterfehllage
unsicheren Ergebnis oder einer Punktion der V. subclavia
 Katheterinfektion
(Pneumothoraxgefahr) sollte weiterhin eine radiologische Lagekontrolle
 Thrombenbildung
durchgeführt werden.
5
Punktions- oder katheterbedingt können folgende Komplikation nach
Anlage eines ZVK auftreten:
1. Blutungen und Hämatome besonders nach akzidenteller arterieller
Punktion,
2. Pneumothorax (vor allem V. subclavia),
3. Nervenverletzungen (Plexus brachialis, Ganglion stellatum,
N. phrenicus),
4. Katheterfehllagen (intravasal, extravasal, intrakardial),
5. Schlingenbildung
6. Katheterinfektion
(per continuitatem oder hämatogen, Gefahr der Sepsis),
7. Thrombenbildung (Embolie, Gefäßverschluss).
4. Monitoring
Trotz aller heutigen apparativen Hilfsmittel ist die Grundlage der
Einschätzung der Narkose und des Patienten die klinische Überwachung mit
Hilfe von Inspektion, Palpation, Perkussion und Auskultation.
4.1 Apparatives Basismonitoring
Basis-Monitoring:
 EKG
 Nichtinvasive
Blutdruckmessung
 Pulsoxymetrie
 Kapnographie
 Relaxometrie
Das Basismonitoring für jede Form der Anästhesie umfasst:
1. EKG (Ableitung II),
2. Nichtinvasive Blutdruckmessung (in der Regel automatisiert),
3. Die transkutane Messung der Sauerstoffsättigung mit Hilfe der
Pulsoxymetrie (Kombination aus spektrophotometrischer Oxymetrie
und Plethysmographie).
Bei Durchführung einer Allgemeinanästhesie mit Hilfe eines
Narkosebeatmungsgeräres werden zusätzlich der endtidale PCO2
(Kapnometrie, Infrarotabsorptionstechnik) und weitere Beatmungsparameter
(Inspiratorische Sauerstoffkonzentration, Atemvolumina, Atemwegsdrucke,
Compliance,
inspiratorische
und
endtidale
Messung
der
Anästhesiegaskonzentration) registriert. Bei jedem relaxierten Patienten in
Allgemeinanästhesie sollte eine Relaxometrie (wiederholte elektrische
Reizung eines peripheren gemischten Nervens [z.B. N. ulnaris, N. facialis]
und Registrierung der motorischen Reizantwort) durchgeführt werden.
4.2 Ergänzendes Monitoring
In Abhängigkeit vom Gesundheitszustand des Patienten, der Invasivität und
Dauer des operativen Eingriffs und der zu erwartenden Flüssigkeits- und
Volumenverschiebungen wird ein ergänzendes apparatives Monitoring
etabliert.
Allgemein:
1. Körpertemperaturmessung (Haut-, Kern-[oral, ösophageal, rektal] und
Erweitertes Monitoring:
 Körpertemperatur
 Labor (z.B. BGA)
 Diurese
 EEG (BIS-Monitoring)
 EKG, V5-Ableitung
 Invasive Blutdruckmessung
 ZVD
 Rechtsherzkatheter
6
Bluttemperatur,
2. Laboruntersuchungen (z.B. Blutbild, Na, K, Ca, Mg, Leber- und
Nierenwerte, Quick, PTT, Blutgasanalyse [arteriell, gemischtvenös],
3. Diurese (Dauerkatheter, Sammelsystem)
 TEE
Zerebral:
1. EEG (BIS bispectral analysis)/ evozierte Potentiale,
2. Zerebrovenöse O2-Sättigung,
3. Zerebrale Durchblutung [Spezielle Katheter, transkranielle
Dopplersonographie]
Kardiozirkulatorisch:
1.EKG-V5-Ableitung (ST-Streckenanalyse, Arrhythmieüberwachung),
2. Invasive, Blutdruckmessung (arterielle Kanüle, A. radialis,
A. femoralis),
3. Zentraler Venendruck (ZVK),
4. Pulmonalarterielle Drucke, Herzzeitvolumen (Rechtsherzkatheter),
Herzvolumina und Kontraktilität (TEE transösophageale
Echokardiographie.
Allgemeinanästhesie
 Bewusstlosigkeit
 Analgesie
 Muskelrelaxation
5. Allgemeinanästhesie
Die Allgemeinanästhesie oder Narkose besteht aus den drei medikamentös Narkosevorbereitung
 Anlegen des Monitorings
induzierten Komponenten Bewusstlosigkeit, Analgesie und Muskelre i.v. Zugang +
laxation. Es resultieren unter anderem eine Amnesie und Areflexie.
Elektrolytinfusion
 Präoxygenierung
5.1 Allgemeinanästhesie wie funktioniert das?
Die Einleitung einer Narkose umfasst folgende Schritte:
Vorbereitung:
Der prämedizierte Patient liegt in Rückenlage und nach Anlegen des
Monitorings, sowie eines i.v. Zugangs und Anschluss einer
Elektrolytinfusion wird mit der Präoxygenierung begonnen, um die O2Reserve des Patienten zu erhöhen.
Narkoseinduktion/ aufrechterhaltung
 Opiat
 Hypnotikum
 Ggf. Muskelrelaxanz
Induktion:
Die Narkose wird im Anschluss an die Gabe eines Opiats durch Injektion
eines Hypnotikums induziert. Nach Eintreten des Bewusstseinsverlust und
erloschener Spontanatmung wird eine Maskenbeatmung durchgeführt. Die
weitere Beatmung kann nun über die Gesichtsmaske, über eine
Larynxmaske (LAMA) oder über einen Endotrachealtubus fortgeführt
werden. Für eine Intubation wird dabei zusätzlich ein Muskelrelaxanz
injiziert, um eine Erschlaffung der Kehlkopf- und Stimmbandmuskulatur zu
erreichen.
Narkoseaufrechterhaltung:
Während des operativen Eingriffs wird die erforderliche Narkosetiefe durch
kontinuierliche Zufuhr eines Inhalationsanästhetikums bzw. eines
Hypnotikums aufrechterhalten. Die kardiorespiratorischen Messwerte, sowie
Narkoseausleitung, bei
 Erholung der
Muskelrelaxation
 Wiederkehr von
 Bewusstsein
7
ein evtl. verwendetes EEG-Monitoring geben Aufschluss über die
Narkosetiefe. Dosierung und Nachinjektion der Opiate und
Muskelrelaxanzien erfolgen nach Bedarf.
 Schutzreflexe
 Spontanatmung
Narkoseausleitung:
Zum Ende der Operation wird die vollständige Erholung der
Muskelrelaxation mittels Relaxometrie überprüft. Bereits vor Beendigung
des operativen Eingriffs wird die Narkose durch Reduktion des
Maskennarkose
Inhalationsanästhetikums bzw. Hypnotikums abgeflacht. Nach Wiederkehr
des Bewusstseins und ausreichender Spontanatmung kann unter
Überwachung der Vitalfunktionen die Extubation erfolgen.
Der kardiorespiratorisch stabile Patient kann nun in den Aufwachraum
verlegt werden.
5.2 Allgemeinanästhesietechniken
Larynxmaske
Maskenarkose
Eine Maskennarkose ist nur geeignet für kurze Eingriffe (< 30min) und
nüchterne Patienten. Der Vorteil einer Maskennarkose ist eine geringere
Invasivität, die Möglichkeit der Spontanatmung des Patienten, sowie der
Verzicht auf eine Muskelrelaxation. Ungünstig ist dagegen der fehlende
Aspirationsschutz.
Larynxmaske (LAMA)
Die so genannte LAMA stellt eine supraglottische Atemwegshilfe dar und
bietet gegenüber der konventionellen Maske folgende Vorteile: Maske muss Indikation für ITN
 Aspirationsgefahr
nicht gehalten werden, bessere Dichtigkeit, längere Narkosezeiten bis etwa
 Längeren Eingriffen
90 min möglich.
 Seiten-/Bauchlage
Durch die Verwendung einer LAMA wird ein höherer Aspirationsschutz als
 OP im Kopf-/Halsbereich
bei einer Maskennarkose gewährleistet; der höchste Aspirationsschutz kann
 Thorakale + abdominelle
Eingriffe
allerdings nur durch eine Intubation mittels Endotrachealtubus erreicht
werden. Das Einführen der LAMA erfolgt oral nach Präoxygenierung in
tiefer Narkose und unter Reklination des Kopfes.
Intubationsnarkose (ITN)
Bei einer ITN erfolgt die Beatmung während der Anästhesie über einen
Endotrachealtubus. Der Tubus bietet den höchsten Schutz vor Aspiration
und wird deshalb bei aspirationsgefährdeten Patienten, wie z.B. nicht
nüchternen Patienten eingesetzt. Des Weiteren stellen u.a. längere operative
Eingriffe, Eingriffe in Seiten- oder Bauchlage, sowie Operationen, die eine
Körperhöhle, den Kopf - oder den Halsbereich umfassen eine Indikation für
eine ITN dar. Die erforderliche Muskelrelaxation zur Intubation, sowie eine
mögliche Zahn-, Kehlkopf- und Stimmbandverletzung sind die wesentlichen
Nachteile dieser Technik.
Nach Präoxygenierung erfolgt die orotracheale Intubation beim relaxierten
Patienten in tiefer Narkose unter Lagerung des Kopfes in
„Schnüffelstellung“ (verbesserte Jackson-Position) durch direkte
Laryngoskopie. Bei adäquater Sicht auf die Stimmbandebene erfolgt das
behutsame Einführen des Tubus in die Trachea und Blockung des Cuffs. Die
Sichtverhältnisse bei der Laryngoskopie können mit der Einteilung nach
8
Cormack und Lehane beschrieben werden.
Inhalationsanästhetika
 N2O
 Halothan
 Enfluran
Abb. 3 Laryngoskopiebefund, Einteilung nach Cormack und Lehane (Ausschnitt
 Isofluran
aus AINS Band 1, S. 350, Abb.4.34)
 Desfluran
 Sevofluran
 Xenon
5.3 Pharmakotherapie
5.3.1 Inhalationsanästhetika
Zu den Inhalationsanästhetika zählen die gasförmigen Substanzen N2O und
Xenon sowie die volatilen (flüchtigen), halogenierten Anästhetika Halothan,
Enfluran, Isofluran, Desfluran und Sevofluran.
Inhalationsanästhetika passieren die Alveolarschranke der Lunge, lösen sich
im Blut und verteilen sich von dort aus in die Körpergewebe. Durch
Reduktion der Aktivität der Zellen im ZNS, v.a. in der Formatio reticularis
kommt es zum Zustand der Allgemeinanästhesie. Die Tiefe einer
Inhalationsnarkose wird von der Konzentration der Anästhetika im ZNS
bestimmt, die über die Blutkonzentration des Narkotikums direkt von
seinem Partialdruck in den Alveolen abhängig ist. Daher lässt sich die
Steuerung der Narkosetiefe über die Veränderung der Konzentration des
Narkotikums in den Alveolen und damit in der inspirierten Luft realisieren.
Die verschiedenen Inhalationsanästhetika lassen sich anhand der
Steuerbarkeit und der Wirkstärke unterscheiden. Maßgebend für die
Steuerbarkeit ist die Löslichkeit der Anästhetika die durch den Blut-GasVerteilungskoeffizienten beschrieben werden kann. Zwischen der
Wirkstärke eines Anästhetikums und der Fettlöslichkeit besteht ein linearer
Zusammenhang, d.h. je besser die Löslichkeit desto potenter ist das
Inhalationsanästhetikum und desto geringer ist die alveoläre Konzentration,
die für das Erreichen einer definierten Narkosetiefe notwendig ist. Der so
genannte MAC-Wert (minimale alveoläre Konzentration) charakterisiert die
anästhetische Potenz der Inhalationsanästhetika. Er bezeichnet diejenige
Konzentration des Gases bei der 50 % aller Patienten auf die Hautinzision
nicht mehr mit Abwehrreaktion reagieren.
Heutzutage werden v.a. Desfluran und Sevofluran aufgrund ihrer guten
Steuerbarkeit in der Anästhesie verwendet. Sevofluran hat gegenüber den
anderen modernen Inhalationsanästhetika den Vorteil der fehlenden
Atemwegsreizung und kann deshalb auch zur inhalativen Narkoseeinleitung
v.a. bei Kindern verwendet werden.
Alle Inhalationsanästhetika stellen einen Trigger für die Maligne
Hyperthermie (MH) dar, und sollten deshalb bei Disposition zur MH nicht
angewendet werden. Des Weiteren können sie Auslöser für postoperative
Übelkeit und Erbrechen (PONV) sein.
Unterscheidung anhand
 Steuerbarkeit
 Blut-Gas-Verteilungskoeffizient
 Anästhetiusche Potenz
 MAC-Wert = diejenige
Gas-Konzentration bei der
50% aller Patienten auf
eine Hautinzision nicht
mehr mit Abwehrreaktion
reagieren
Trigger für Maligne Hyperthermie
Auslöser von PONV
Propofol
 Induktionshypnotikum
 Komponente der TIVA
9
5.3.2 Hypnotika
Diese Substanzen werden zur Sedierung, zur Narkoseeinleitung und als
Komponente der Total Intravenösen Anästhesie (TIVA) verwendet.
Propofol
Thiopental
 Induktionshypnotikum
mit
schnellstem
Wirkbeginn,
deshalb Verwendung bei der
RSI
Propofol ist ein in Sojabohnenöl gelöstes Phenolderivat und stellt das am
häufigsten verwendete Einleitungshypnotikum dar. Des Weiteren wird es
zur Sedierung, sowie aufgrund seiner guten Steuerbarkeit als hypnotische
Komponente der TIVA verwendet.
Dosierung
Einleitung: altersabhängig 1-2,5 mg/kg KG (Bolus), bzw. Plasma-/Effektkonzentration 2-5 µg/ml (TCI)
Aufrechterhaltung: 2-6 mg/kg KG/h (Perfusor), bzw. Plasma-/Effekt- Etomidat
 Geringe Kreislaufdepression,
konzentration 2-5 µg/ml (TCI)
Thiopental
deshalb Verwendung bei
Patienten mit höhergradiger
myokardialer
Insuffizienz
oder Schockzustand
Thiopental zählt zu den Barbituraten und zeichnet sich durch den schnellsten
Wirkbeginn unter den Hypnotika aus. Aus diesem Grund wird es zur so
genannten "Rapid sequence induction" (RSI) bei Patienten mit erhöhter
Aspirationsgefahr (z.B. Ileus) verwendet.
Dosierung
S-Ketamin
Einleitung: altersabhängig 4-6 mg/kg KG
 Mäßige hypnotische Wirkung
 Zusätzlich
anlagetische
Thiopental
wird
aufgrund
starker
Kumulation
nicht
zur
Wirkung
ohne
AtemNarkoseaufrechterhaltung verwendet.
Etomidat
depression
 Sympathomimetische
Wirkung
Etomidat ist ein in Sojaöl gelöstes Imidazolderivat und zeichnet sich im
Vergleich zu den anderen Hypnotika durch seine geringe
kreislaufdepepressive Wirkung aus und findet deshalb bei Patienten mit
höhergradiger
myokardialer
Insuffizienz
oder
Schockzuständen
Anwendung.
Dosierung
Einleitung: 0,2-0,3 mg/kg KG.
Aufgrund einer Störung der Cortisolsynthese ist das Medikament nicht zur
Narkoseaufrechterhaltung geeignet.
S-Ketamin
Opioide wirken durch Interaktion mit
spezifischen Opioidrezeptoren
S-Ketamin ist ein Phenzyklidinderivat und wirkt als Antagonist am NMDARezeptor und besitzt eine nur mäßig hypnotische Wirkung. Allerdings
Unterscheidung der einzelnen Opioide
zeichnet sich Ketamin durch eine zusätzlich analgetische Wirkung und eine durch
sympathomimetische Wirkung aus. Die analgetische Wirkung führt im
 Rezeptoraffinität
Vergleich zu den Opioiden zu keiner Depression der Atemfunktion. In
 Pharmakokinetik
Kombination mit Benzodiazepinen wie Midazolam kann S-Ketamin zu
Kurznarkosen beim spontanatmenden Patienten eingesetzt werden. Des
Weiteren kann es zur Reduktion der anderen Hypnotika und wegen seiner
positiven kardiovaskulären Eigenschaften als zusätzliches Medikament zur
10
Narkoseeinleitung kardiovaskulärer Risikopatienten verwendet werden.
Dosierung
Einleitung: 1 mg/kg KG
Analgesie: 0,25 mg/kg KG
Einteilung
nach
analgetischer Potenz
 Morphin
 Alfentanil
 Fentanyl
 Remifentanil
 Sufentanil
steigender
5.3.3 Opioide
Opioide vermitteln ihre Wirkung durch Interaktion mit spezifischen
Opiodrezeptoren. Die in der Anästhesie verwendeten Opioide wirken als
Agonisten bevorzugt am µ-Rezeptor. Die einzelnen Opioide unterscheiden
sich durch unterschiedliche Rezeptoraffinität und pharmakokinetische
Eigenschaften (Tab. 1 (AINS Band 1 Tabelle 3.16). Neben den gewünschten
analgetischen und sedierenden Eigenschaften werden auch die
unerwünschten Nebenwirkungen über die Opioidrezeptoren vermittelt. Die
wichtigsten Nebenwirkungen sind:
Zentrale Atemdepression, zentrale Vagusstimulation, Auslösung von
Übelkeit und Erbrechen, Muskelrigidität, Bronchokonstriktion
Morphin findet aufgrund seiner langen Anschlagschlagszeit kaum
Anwendung in der heutigen Anästhesie. Alfentanil wird v.a. für kürzere
Eingriffe verwendet und zeichnet sich durch eine schnelle Anschlagszeit
aus. Sufentanil hat die höchste analgetische Potenz. Fentanyl ist das am
häufigsten verwendete Opiat in der Anästhesie, allerdings kommt es bei
repetitiver Gabe zu einer ausgeprägten Kumulation, was in einem steilen Muskelrelaxanzien
 Depolarisierende MR
Anstieg der kontext-sensitiven HWZ zum Ausdruck kommt. Remifentanil
 Succinylcolin:
schnellste
dagegen verfügt aufgrund seiner speziellen Metabolisierung durch
Anschlagszeit,
deshalb
unspezifische Esterasen über die kürzeste kontextsensitive HWZ. Die
Verwendung bei RSI
Wirkdauer dieses ultrakurzwirksamen Opiats ist unabhängig von der
Infusionsdauer und wird heutzutage in Kombination mit den anderen
Opiaten v.a. am OP-Ende verwendet um bis zur Hautnaht eine adäquate
Analgesie ohne anschließende Atemdepression zu gewährleisten.
5.3.4 Muskelrelaxanzien
Hauptwirkort der Muskelrelaxanzien ist die motorische Endplatte mit
Acetylcholinrezeptoren. Sie führen zu einer Blockade der neuromuskulären
Übertragung und bewirken damit eine reversible Lähmung der
Skelettmuskulatur.
5.3.4.1 Depolarisierende Muskelrelaxanzien (dMR)
 Nicht depolarisierende MR
 Steroidderivate
(z.B.
Rocuronium)
 Benzylisochinoline
(z.B.
Atracurium)
 Toxiferine
(z.B.
Alcuronium)
Succinylcholin
Succinylcolin bewirkt beim Besetzen des ACh-Rezeptors eine Muskelkontraktion, eine Kalium-Freisetzung und hält den Rezeptor bis zum Abbau
besetzt und kann damit nicht antagonisiert werden.
Vorteile von Succinylcholin sind die schnelle Anschlagszeit von 40-60s und
die kürzeste Wirkdauer von 7-12 min. Damit wird es vor allem zur
sogennannten RSI bei Patienten mit erhöhter Aspirationsgefahr, wie z.B. Unterscheidung anhand
 Chemischer Struktur
Patienten mit hohem Dünndarm-Ileus eingesetzt. Die wichtigsten
 Wirkdauer
Nebenwirkungen von Succinylcholin sind Hyperkaliämie, Bradykardie,
11
verlängerte Wirkung bei atypischer Cholinesterase oder Pseudocholinesterase-Mangel, Trigger für Maligne Hyperthermie.
Aufgrund dieser ungünstigen Eigenschaften von Succinylcholin werden
heutzutage außer zur Ileus-Einleitung und ggf. bei schwierigem Atemweg
vor allem die nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien in der Anästhesie
eingesetzt.
 Anschlagszeit
 Metabolisierung
5.3.4.2 Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien (ndMR)
Einteilung nach chemischer Struktur:
1. Steroidderivate: z.B. Rocuronium, Pancuronium
2. Benzylisochinolinderivate: z.B. Atracurium, Mivacurium
3. Toxiferinderivat: Alcuronium
Einteilung nach Wirkdauer:
1. Kurzwirksam: z.B. Mivacurium
2. Mittelkurzwirksam: Atracurium, Rocuronium
3. Langwirksam: z. B. Pancuronium
Allgemeinanästhesieverfahren
 Inhalationsanästhesie
 TIVA
 Balancierte Anästhesie
 Kombinationsanästhesie
Die einzelnen nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien unterscheiden sich
neben der chemischen Struktur und Wirkdauer durch eine unterschiedliche
Anschlagszeit und Metabolisierung. Aus diesem Grund muss bei der
Auswahl des Muskelrelaxans eine evtl Nieren- oder Leberfunktionstörung
des Patienten berücksichtigt werden. Des Weiteren spielt die Dauer des
operativen Eingriffs eine Rolle bei der Wahl des Muskelrelaxans.
5.4 Allgemeinanästhesieverfahren
Neben den Risikofaktoren, Vorerkrankungen des Patienten beeinflusst die
Dauer, die Lokalisation und das Ausmaß des operativen Eingriffs die
Auswahl des Narkoseverfahrens. Es werden folgen Arten der Vollnarkose
unterschieden:
5.4.1 Inhalationsanästhesie
Einleitung und Aufrechterhaltung der Narkose erfolgt lediglich mit einem
Inhalationsanästhetikum. Dieses Verfahren eignet sich für kurze, nicht
schmerzhafte Eingriffe, wird heutzutage allerdings selten eingesetzt.
5.4.2 TIVA
Bei diesem Narkoseverfahren werden ausschließlich intravenöse
Anästhetika, wie Propofol in Kombination mit einem Opioid und Muskelrelaxans verwendet. Die TIVA wird v.a. bei Patienten mit PONV,
Disposition zur Malignen Hyperthermie, sowie bei laparoskopischen und Bei der Regionalanästhesie wird
intrathorakalen Eigriffen eingesetzt.
durch die gezielte Applikation von
LAs die Fortleitung von Nervenaktionspotentialen
vorübergehend
unterbunden.
Man
unterscheidet
12
5.4.3 Balancierte Anästhesie
prinzipiell rückenmarksnahe Verfahren
und peripheren Nervenblockaden
Unter balancierter versteht man die Kombination einer Inhalationsanästhesie
mit der Gabe eines Opiats zur Analgesie.
5.4.4 Kombinationsanästhesie
Bei der Kombination von Regionalanästhesie, wie z.B. einer
Periduralanästhesie oder einer peripheren Nervenblockade mit einer
Vollnarkose spricht man von einer so genannten Kombinationsanästhesie.
Lokalanästhetika (LA) führen über
eine
reversible
Blockade
der
Natriumkanäle zu einer Stabilisierung
des Ruhemembranpotentials
6. Regionalanästhesie
6.1 Wie funktioniert das?
Im Gegensatz zur Allgemeinanästhesie werden bei der Regionalanästhesie
durch
die
gezielte
Applikation
von
membranstabilisierenden
Lokalanästhetika
die
Fortleitung
von
Nervenaktionspotentialen
vorübergehend
unterbunden.
Man
unterscheidet
prinzipiell
rückenmarksnahe Verfahren und peripheren Nervenblockaden. Diese
Methoden finden sowohl für die eigentliche Anästhesie im OP als auch für
die postoperative Schmerztherapie Anwendung und werden als single-shotBlockade oder Katheterverfahren durchgeführt.
Bei den Lokalanästhetika handelt es
sich
um
schwach
basische,
aromatische Amine. Sie liegen in
wässeriger Lösung in protonierte Form
(Kation; Wirkform am Natriumkanal)
und als ungeladene Form (freie Base,
membrangängige Transportform).
6.2 Pharmakotherapie
Lokalanästhetika (LA) führen über eine reversible Blockade der
Natriumkanäle zu einer Stabilisierung des Ruhemembranpotentials (Abb. 4
Taschenatlas S.219 unten). Eine Depolarisation und Impulsfortleitung wird
damit verhindert. Dieser Mechanismus bewirkt bei A (schwach
myelinisiert)- und C Nervenfasern (nichtmyelinisiert), die für die
Vermittlung von Schmerz und Temperatur verantwortlich sind, eine
analgetische Wirkung. Die Wirkorte für eine reversible Blockade der
Nervenleitung sind:
1. Nervenendigungen in der Haut und Schleimhaut
(Infiltration-, Oberflächenanästhesie),
2. Nerven und Nervenbündel (Nerven-, Plexusblockade),
3. Rückenmark, Nervenwurzeln (Spinal-, Epiduralanästhesie).
6.2.1 Physikochemische Eigenschaften der LAs
Bei den Lokalanästhetika handelt es sich um schwach basische, aromatische
Amine. Sie liegen in wässeriger Lösung in protonierte Form (Kation;
Wirkform am Natriumkanal) und als ungeladene Form (freie Base,
membrangängige Transportform). Der Anteil beider Formen wird durch den
pH-Wert der Lösung sowie durch den pka-Wert (ist der pH-Wert bei dem
Nebenwirkungen der LAs:
 Unruhe und Schwindel
 Übelkeit und Erbrechen
 Euphorie,
Muskelzittern,
Krampfanfall,
Koma (bis
zum
zentralen
Atemstillstand).
13
Base und Kation im Verhältnis 1:1 vorliegen, substanzspezifisch) des LAs
bestimmt. Je niedriger der pka-Wert liegt desto höher ist der Anteil der Base
und somit die Penetration durch das Gewebe (schnelle Anschlagzeit).
Darüber hinaus determiniert die Lipidlöslichkeit das Penetrationsvermögen
und die Wirkstärke eines LAs.
Substanzen
Potenz
in vitro
ProteinBindung
Koeffizient Wirkdauer
Öl/Wasser Minuten
Mepivacain
Prilocain
Lidocain
Bupivacain
Ropivacain
4
4
4
16
14-16
75
55
64
96
95
0,8
0,9
2,9
27,5
9,0
 Blutdruckabfall, Bradykardie,
Rhythmusstörungen (bis zum
Herstillstand)
120
90-120
120
360-840
180-720
Tab.2 Lokalanästhetika mit kurzer bis mittellanger, langer Wirkdauer
6.2.2 Nebenwirkungen der LAs
LAs wirken ubiquitär im Körper als Natriumkanalblocker und können somit
vor allem in besonders empfindlichen Organsystemen wie dem ZNS und
dem Reizleitungssystem des Herzen zu toxischen Reaktionen führen. Zu den
zentralnervösen Reaktionen zählen: 1. Unruhe und Schwindel, 2. Übelkeit
und Erbrechen, 3. Euphorie, 4.Muskelzittern, 5. Krampfanfall, 6. Koma (bis
zum zentralen Atemstillstand). Die möglichen kardiozirkulatorischen
Nebenwirkungen
sind
durch
Blutdruckabfall,
Bradykardie,
Rhythmusstörungen bis hin zum Herstillstand gekennzeichnet. Allergische
Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock sind bei den heute
gebräuchlichen Amid-LAs eher selten
6.3 Rückenmarksnahe Verfahren
6.3.1 Spinalanästhesie
Bei der Spinalanästhesie (SPA) wird das LA unterhalb des conus medullaris
meisten auf Höhe L3/4 direkt an die Spinalnerven herangebracht. Mit
atraumatischen, mandrinarmierten Nadeln (z.B. Sprotte 24G) werden Haut,
Bandapparat des Zwischenwirbelraumes, Dura mater sowie die Arachnoidea
durchstochen. Der Liquorfluss über die Punktionsnadel zeigt die richtige
Lage im Subarachnoidalraum an. Mit geringen LA-Mengen (3-4 ml einer
0.5-2%igen LA-Lösung) wird eine schnelle und effektive motorische und
sensible Blockade erreicht. Mit Hilfe der LA-Menge, der Konzentration und
der Applikationsgeschwindigkeit lässt sich die kraniale Ausbreitung der
Anästhesie beeinflussen. Die anatomischen Orientierungspunkte der
segmentalen Innervation sind: Mamille (Th4), Xyphoid (Th6), Rippenbogen
(Th8), Nabel (Th10) und Leiste (Th12/L1).
Spinalanästhesie: Bei der SPA wird
das LA unterhalb des conus medullaris
meisten auf Höhe L3/4 direkt an die
Spinalnerven
appliziert.
Mit
atraumatischen,
mandrinarmierten
Nadeln werden Haut, Bandapparat des
Zwischenwirbelraumes, Dura mater
sowie die Arachnoidea durchstochen.
Der
Liquorfluss
über
die
Punktionsnadel zeigt die richtige Lage
im Subarachnoidalraum an. Mit
geringen LA-Mengen (3-4 ml einer
0.5-2%igen LA-Lösung) wird eine
schnelle und effektive motorische und
sensible Blockade erreicht.
14
(Abb 5, D Jankowitsch Regionalblockaden … ABW Wissenschaftsverlag
2003, Seite 277 Abb36.10b)).
Während für Eingriffe bei denen das Peritoneum tangiert wird (kleinere
Mittel- oder Unterbaucheingriffe, Sectio caesarea) eine Anästhesieausbreitung bis Th4 angestrebt werden sollte, reicht bei Operationen im
Bereich des Beckens und der unteren Extremität meistens eine Ausbreitung
unterhalb von Th10.
6.3.2 Periduralanästhesie
Im Gegensatz zur Spinalanästhesie wird der Periduralanästhesie (PDA) das
LA in den Periduralraum appliziert. Um an den Hauptwirkort (Wurzeln der
Spinalnerven) zu gelangen, muss das LA zunächst durch die Dura mater
diffundieren. Deshalb kommt es bei der PDA im Vergleich zur SPA zu
einem verzögerten Wirkeintritt (ca. 20-30 Min.). Je nach Indikation können
mit der PDA thorakale, lumbale und sakrale Segmente anästhesiert werden.
Für die PDA werden größere LA-Mengen benötigt (10-30 ml). Die
Hauptanwendungsgebiete sind heute die Geburtshilfe sowie die intra- und
postoperative Analgesie bei Eingriffen im Brust- und/oder Bauchraum und
Bereich der unteren Extremität. Für diese Anwendungen wird in der Regelt
eine so genannte Kathetertechnik durchgeführt. Dabei wird ein dünner
Katheter über eine spezielle Nadel (z.B. Tuohy 18G) in den PD-Raum
eingebracht. Über einen solchen Katheter kann ein LA kontinuierlich oder
als Bolus zugeführt werden.
Nach lokaler Betäubung des gewünschten Zwischenwirbelraumes wird die
Nadel zunächst mit Mandrin bis zum Lig. interspinale (ca. 2-3 cm) vorgeschoben. Danach wird eine Kochsalzspritze aufgesetzt. Mit leichtem
Druck auf dem Spritzenkolben wird die Nadel weiter vorgeschoben bis ein
stärkerer Widerstand (Lig. flavum) zu spüren ist. Nach Durchdringen dieser
Struktur kann das Kochsalz leicht injiziert werden („loss of resistance“Technik.
Periduralanästhesie: Bei der PDA
wird das LA in den Periduralraum
appliziert. Um an den Hauptwirkort
(Wurzeln der Spinalnerven) zu
gelangen, muss das LA zunächst durch
die Dura mater diffundieren. Deshalb
kommt es bei der PDA im Vergleich
zur SPA zu einem verzögerten
Wirkeintritt (ca. 20-30 Min.). Je nach
Indikation können mit der PDA
thorakale, lumbale und sakrale
Segmente anästhesiert werden. Für die
PDA werden größere LA-Mengen
benötigt (10-30 ml).
15
Komplikationen rückenmarksnaher
Verfahren:
 Ateminsuffizienz
 Kreislaufinsuffizienz
 Infektionen
 Hämatome
 Nervenverletzung
 Postspinaler Kopfschmerz
Abb. 6 Quelle siehe oben, Seite 311 Abb. 41.10B).
Kontraindikationen
rückenmarksnaher Verfahren:
 Gerinnungsstörung
 Therapeutische
Antikoagulation
 Schock
 Sepsis
 Infektionen i.B. d.
Einstichstelle
 Allergie gegen LAs
 Fehlendes Einverständnis
Der wird ca. 3-5 cm in den Peridualraum gelegt. Anschließend wird
überprüft ob u.U. Liquor bzw. Blut über den Katheter aspiriert werden kann.
Dieses deutet auf eine intrathekale oder intravasale Fehllage des Katheters
hin. Vor der Applikation der gewünschten LA-Gesamtmenge, die immer
fraktionierte erfolgt, muss eine Testdosis (2-3 ml LA) injizierte werden.
Sollte der Katheter die Dura perforiert haben, wird es innerhalb weniger Periphere
Regionalanästhesieverfahren Unter
Minuten zu einer typischen SPA kommen.
6.3.3 Komplikationen für rückenmarksnahe Verfahren
Zu den möglichen Komplikationen einer SPA oder PDA zählen:
1. Ateminsuffizienz (Anästhesieausdehnung oberhalb von Th1),
2. Kreislaufinsuffizienz (Hypotonie durch Sympathikolyse, Bradykardie
durch Blockade der Nn. accellerates),
3. Infektionen (epiduraler Abszess, Arachnoiditis),
4. Hämatome (epidurales Hämatom),
5. Nervenverletzungen bis zur Querschnittssymptomatik,
6. Postspinaler Kopfschmerz (lagerungsabhängiger Kopfschmerz nach
Duraperforation).
6.3.4 Kontraindikationen für rückenmarksnahe Verfahren
Zu den Kontraindikationen einer SPA und PDA zählen:
1. Gerinnungsstörungen (Quick < 50%, PTT > 40 Sek., Thrombozyten
< 100.000 Giga/L),
PNB versteht man die gezielte
Ausschaltung
der
neuronalen
Impulsweiterleitung im Bereich eines
peripheren
Nervens
bzw.
Nervengeflechtes
(Plexus)
unter
Zuhilfenahme
einer
speziellen
Stimulationskanüle
und
eines
Nervenstimulators
(Rechteckimpuls
mit 1 mA, 0.1 msec. Und 2 Hz). Durch
das Nervenstimulationsverfahren ist
nicht nur das gezieltes Aufsuchen der
Nervenstruktur möglich und damit ein
hoher
Blockadeerfolg,
sondern
ebenfalls
das
Risiko
einer
Nervenverletzung gemindert.
Plexus brachialis Die sensible und
motorische Versorgung von Schulter,
Arm und Hand wird durch den Plexus
brachialis sichergestellt. Dieser wird
aus den Rr. ventralis der Spinalnerven
von C5-Th1 gebildet.
16
2. therapeutische Antikoagulation,
3. Schock,
4. Sepsis,
5. Hirndruck,
6. Infektionen im Bereich der Einstichstelle,
7. Allergie gegen LAs und
8. Fehlendes Einverständnis des Patienten.
6.4 Periphere Regionalanästhesieverfahren
Plexus lumbosacralis Die sensible
und motorische Versorgung des Beines
und Fußes erfolgt über den Plexus
lumbosacralis (Th12/L1-S3/4) der den
Ursprung der großen Beinnerven
darstellt. Die Hauptnerven sind der N.
femoralis (L2/4, M. quadizeps) und der
N. ischiadicus der sich aus N. peroneus
(L4-S2, Dorsalextension und Eversion
am Fuß) und dem N.tibialis (L4-S3,
Plantarflexion,
Inversion)
zusammensetzt.
Unter peripheren Nervenblockaden (PNB) versteht man die gezielte
Ausschaltung der neuronalen Impulsweiterleitung im Bereich eines
peripheren Nervens bzw. eines Nervengeflechtes (Plexus) unter
Zuhilfenahme
einer
speziellen
Stimulationskanüle
und
eines
Nervenstimulators (Rechteckimpuls mit 1 mA, 0.1 msec. und 2 Hz). Durch
das Nervenstimulationsverfahren ist nicht nur das gezieltes Aufsuchen der
Nervenstruktur möglich und damit ein hoher Blockadeerfolg, sondern
ebenfalls das Risiko einer Nervenverletzung gemindert. Das Auslösen von
Muskelkontraktionen im Kennmuskel des zu blockierenden gemischten
Nervengeflechtes bei einer Stromstärke von ≥ 0.3 mA zeigt die
ummittelbare Nähe der Kanülenspitze zum Nerven an. Es werden in der
Regel ca. 20-40 ml LA benötigt, um eine ausreichende Nervenblockade im
Bereich der oberen oder unteren Extremität zu erreichen.
Aufwachraum
6.4.1 Plexus brachialis
Die sensible und motorische Versorgung von Schulter, Arm und Hand wird
durch den Plexus brachialis sichergestellt. Dieser wird aus den Rr. ventralis
der Spinalnerven von C5-Th1 gebildet. Die Blockade kann interskalenär im
Bereich des Halses, infraclaviculär und axillär erfolgen. Die Hauptnerven
der oberen Extremität sind:
1. N. axillaris (C5, M. deltoideus),
2. N. radialis (C5-Th1, Strecken im Ellenbogen- und Handgelenk,
Strecken der Finger, Supination)
3. N. musculocutaneus (C5/6, M biceps brachii),
4. N. medianus (C6-Th1, Unterarmbeuger; Pronation) und
5. N. ulnaris (C8-Th1, Ulnarflexion, Fingerbeugung 3-5).
6.4.2 Plexus lumbosacralis
Die sensible und motorische Versorgung des Beines und Fußes erfolgt über
den Plexus lumbosacralis (Th12/L1-S3/4) der den Ursprung der großen
Beinnerven darstellt. Der Plexus lumbalis wird aus den ventralen Wurzeln
der oberen 4 Lumbalnerven gebildet (ca. 50% plus Th12). Der Hauptnerv ist
der N. femoralis (L2/4, M. quadizeps), N. obturatorius (L2/4,
Adduktorengruppe), N. cutaneus femoris lateralis (L2/3, rein sensibel). Der
Plexus sacralis setzt sich zusammen aus Fasern des 4. und 5. Lumbalnerven
und den sakralen Segmenten 1-4. Der Hauptnerv ist der N. ischiadicus der
Der AWR stellt das Bindeglied
zwischen OP-Bereich und Allgemeinoder Intensivstation bzw. ambulanter
Tageschirurgie dar. Hier sollten alle
Überwachungsund
Behandlungsmodalitäten
der
Intensivmedizin
gewährleisteten
werden
bis
die
körpereigenen
Regulationsmechanismen
wieder
vollständig hergestellt sind. Die
Aufgaben
der
Aufwacheinheit
umfassen somit:
 Gerinnungsstörung
 Klinische, apparative und
laborchemische Überwachung
der Patienten
 Prophylaxe von
Komplikationen (z.B.
Übelkeit und Erbrechen,
Schmerzen usw.)
 Therapie von Komplikationen
(z.B. kardiozirkulatorische
und respiratorische
Komplikationen).
17
sich aus N. peroneus (L4-S2, Dorsalextension und Eversion am Fuß) und
dem N.tibialis (L4-S3, Plantarflexion, Inversion) zusammensetzt. Der N.
femoralis wird in der Regel unterhalb des Leistenbandes aufgesucht. Beim
N. ischiadicus unterscheidet man proximal (trangluteal, anterior und
subtrochantär) und distale (oberhalb und unterhalb des Kniegelenkes)
Zugangswege. Bis auf wenige verfahrenspezifische Ausnahmen sind die
Komplikationen und Kontraindikationen wie bei rückenmarksnahen
Verfahren einzuschätzen.
7. Aufwachraum
Der Aufwachraum (AWR) stellt das Bindeglied zwischen OP-Bereich und
Allgemein- oder Intensivstation bzw. ambulanter Tageschirurgie dar. Hier
sollten
alle
Überwachungsund
Behandlungsmodalitäten
der
Intensivmedizin gewährleisteten werden bis die körpereigenen
Regulationsmechanismen wieder vollständig hergestellt sind.
Die Aufgaben der Aufwacheinheit umfassen somit:
1. Die klinische, apparative und laborchemische Überwachung der
Patienten,
2. Prophylaxe von Komplikationen (z.B. Übelkeit und Erbrechen,
Schmerzen usw.)
3.Therapie von Komplikationen (z.B. kardiozirkulatorische und
respiratorische Komplikationen).
Die Informationen bei der Übergabe des Patienten sollten folgendes
umfassen:
1. Daten zur Person,
2. Eingriff und Narkose
3. Intraoperative Komplikationen,
4. Vorerkrankungen,
5. Spezielle Risiken,
6. Postoperative Medikation (z.B. Analgesie, antiemetische Therapie).
Die allgemeinen Maßnahmen nach Übergabe des Patienten beinhalten die
Überwachung der Vitalfunktionen, Sauerstoffapplikation, Lagerung,
Infusionstherapie, Blutwiedergewinnung und Aufarbeitung, Bluttransfusion,
medikamentöse Therapie, Wärmeapplikation, Bilanzierung, Ableitung von
Körperflüssigkeiten (Drainagen, Magensonde, Urinkatheter) und
Verlaufsdokumentation.
Zerebrale und respiratorische Probleme in der postoperativen Phase sind
häufig auf einen Überhang von Narkosemedikamenten zurückzuführen.
Kardiozirkulatorische Komplikationen entstehen hingegen meistens im
Zusammenhang mit Schmerzen, Unterkühlung, Hypoxämie, Hyperkapnie
und Imbalancen des Blut- und Plasmavolumens. Im AWR erfolgt
grundsätzlich das bereits oben beschriebene Basismonitoring, das ggf. durch
erweiterte Maßnahmen ergänzt werden muss.
Zu den typischen und häufigsten Komplikationen in der postoperativen
Phase zählen:
Kriterien für die Verlegung des
Patienten aus dem AWR:
 Wacher und kooperativer
Patient
 Stabile Vitalfunktionen
 Schmerzfreiheit
 Unauffällige Wund- und
Verbandverhältnisse
 Keine ungeklärten
Komplikationen
 Regionalanästhesie
rückläufig.
18
1. Hypo- und Hyperthermie mit oder ohne Muskelzittern,
2. Übelkeit und Erbrechen,
3. Schmerzen,
4. Überhang von Narkosemedikamenten.
Störungen der Wärmehomöostase treten nahezu regelhaft nach großen,
langdauernden Eingriffen auf. Muskelzittern, das bei Hypothermie aber auch
bei normothermen Patienten nach Inhalationsanästhesien beobachtet wird,
kann mit Pethidin bzw. Clonidin behandelt werden. Bei ca. 20-40% der
Patienten tritt postoperativ Übelkeit und Erbrechen auf. Die Stimulation des
Brechzentrums in der Medulla oblongata kann durch Anästhetika, Opioide,
Schmerzen aber auch durch den operativen Eingriff bedingt sein.
Therapeutisch kommen z.B. Metoclopramid, Serotoninantagonisten und
Dimenhydrinat zur Anwendung. Mit relevanten postoperativen Schmerzen
muss in ca. 1/3 der Patienten im AWR gerechnet werden. Die
medikamentöse Behandlung wird ausführlich im Kapitel Schmerztherapie
erläutert.
Zur Verlegung aus dem AWR auf eine periphere Pflegeeinheit müssen
folgende Kriterien erfüllt sein:
1. Stabile Vitalfunktionen,
2. Wacher und kooperativer Patient,
3. Schmerzfreiheit,
4. Keine Nachblutung,
5. Keine ungeklärten Komplikationen und
6. Regionalanästhesie rückläufig.
8. Klinisches Beispiel
Ein 60 jähriger Patient wird von der allgemeinchirurgischen Abteilung mit
einem Pankreaskopf-Ca mit Duodenal-Stenose zur Narkosevorbereitung für
eine geplante pp-Whipple-OP in der Anästhesieambulanz vorgestellt. Der
Patient klagt neben rezidivierenden Oberbauchschmerzen und Gewichtsabnahme über Übelkeit und Refluxbeschwerden. Körpergewicht: 70 kg bei
einer Körpergrösse von 178 cm. Des Weiteren gibt der Patient einen gut
eingestellten arteriellen Hypertonus unter Betablocker-Therapie an. Die
körperliche Untersuchung zeigt einen unauffälligen Herz-Lungen-Auskultationsbefund. Die mitgebrachten kardiologischen Befunde ergeben eine
normale linksventrikuläre Funktion, keine Herzvitien in der Ruhe-Echokardiographie, unauffälliges Ruhe-EKG, sowie eine gute Belastbarkeit in
der Ergometrie. Außer einer Transaminasenerhöhung zeigen sich im
Routinelabor Normalbefunde.
Der Patient wird für eine Kombinationsanästhesie, d.h. eine
Intubationsnarkose mit RSI kombiniert mit einer thorakalen
Periduralkatheter-Anlage (PDK), eine invasive Blutdruckmessung, sowie
eine ZVK-Anlage und den damit verbundenen Risiken und Komplikationen
aufgeklärt.
Am Vorabend der OP erhält der Patient 20 mg Dikaliumclorazepat, sowie
40 mg Pantoprazol und am OP-Morgen den Betablocker in gewohnter
19
Dosierung, 7,5 mg Midazolam, sowie 40 mg Pantoprazol. Im Narkoseeinleitungsraum erfolgt nach Anlegen des Monitorings, sowie Infusion von
500 ml Kristalloidlösung die Anlage des PDK in Höhe Th 7/8. Nach
unauffälliger Testdosis mit 3 ml Mepivacain 1 % wird die PDA schrittweise
mit weiteren 12 ml Mepivacain 1 % aufgespritzt. Nach ausreichender Präoxygenierung über 3 min, anschließender Präcurarisierung mit 5 mg
Rocuronium erfolgt die Narkoseeinleitung als RSI (wegen Aspirationsgefahr) mit 25 mg S-Ketamin, 350 mg Thiopental und 100 mg
Succinylcholin. Nach 40 s wird der Patient ohne Maskenbeatmung durch
direkte Laryngoskopie intubiert und eine Magensonde eingelegt. Im
Anschluss erfolgt die Anlage der arteriellen Kanüle, des ZVKs und sowie
eines Blasenkatheters.
Das oben beschriebene Anästhesieverfahren ermöglicht, trotz der Invasivität
des großen Oberbaucheingriffes, ein zeitgerechtes und unbelastetes
Erwachen aus der Narkose. Die Peridualanästhesie gewährleistet eine
perfekte intra- und postoperative Analgesie. Dadurch kann auf die
Applikation von nebenwirkungsreichen Opioiden intra- und postoperativ
überwiegend verzichtet werden.
Die komplette Fassung dieses Manuskriptes mit weiteren interessanten Illustrationen erscheint
demnächst in der 3. überarbeiteten Auflage des Taschenbuches
Chirurgie (Duale Reihe)
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