Infogr af ik An ä st h es i e Eingriffe ohne Schmerzen Krank sein kann schmerzhaft sein, heilen ebenfalls. Die Anästhesiologie handelt davon, den Körper während eines medizinischen Eingriffs unempfindlich für Schmerzen zu machen und gleichzeitig seine Vitalfunktionen aufrecht zu erhalten. Dieser Überblick zeigt einige Möglichkeiten, Funktionsweisen und Herausforderungen. Fachgebiet Mit Vielen Facetten Inhalationsanästhesie Allgemeinanästhesie Balancierte Anästhesie Intravenöse Anästhesie Anästhesie Spinalanästhesie rückenmarksnah Periduralanästhesie Regionalanästhesie peripher Plexusanästhesie Einzelnervenblockade Die Anästhesie greift an verschiedenen Stellen des menschlichen Körpers an. Die „Balancierte Anästhesie“ kombiniert durch Lunge aufgenommene (inhalierte) Narkose­gase mit z. B. in Wasser gelösten und dann injizierten (intravenös zugeführten) Substanzen. Wie eine narkose wirkt Mehr als 165 Jahre nach der ersten Narkose ist die genaue Wirkung von Narkotika noch nicht vollständig entschlüsselt. Sie wird zurzeit von zwei Theorien beschrieben: Biochemische Theorie Wirkung auf Proteinfunktionen: direkt Wirkungsweise: spezifisch Primärer Angriffsort: Rezeptoren Wirkung auf Proteinfunktionen: indirekt Wirkungsweise: unspezifisch Primärer Angriffsort: Zellmembran Membran im Normal­zustand bei Ablauf eines Aktionspotenzials Nervenzelle Neurotransmitter Biophysikalische Theorie Natrium umhüllt von Wassermolekülen Ionenkanal Opioid Zellmembran Impuls Rezeptoren kein Impuls Nervenzelle Die biochemische Theorie (Protein- und Rezeptoren­ theorie) konzentriert sich darauf, wie Narkotika auf Proteinrezeptoren wirken und so gezielt die Funktion von Neurotransmittern beeinflussen. Beispiel Opioide: Sie hemmen die Weiterleitung von Neurotransmittern und leiten so den Schmerzimpuls nicht weiter. 28 Membranexpansion unter Einwirkung von Narkotika (Ionenkanäle blockiert; keine Aktionspotenziale möglich) Die biophysikalische Theorie (Lipidtheorie) beschreibt, wie fettlösliche (lipophile) Substanzen die Öffnung von Ionenkanälen in Membranen physikalisch verengen: Die Natriumionen diffundieren, umhüllt von Wassermolekülen, durch den geöffneten Ionoenkanal (links). Narkotika verengen einerseits den Ionoenkanal, führen andererseits aber auch zu einem Gasbläschen an seinem Ausgang (rechts). Dadurch wird die Diffusion von Natriumionen verhindert. Drägerheft 390 | 2 / 2 012 Rückenmark Hohlnadel mit Katheter Lendenwirbel Bandscheibe Bewusstlosigkeit Wachheit tio n X ak Spinalanästhesaie Sedierung er Lendenwirbelsäule Periduralanästhesie Eine Herausforderung für die Anästhesie besteht u. a. darin, die Medikamente zur Sedierung/Hypnose, Analgesie und Muskelrelaxierung auf jeden Patienten genau zu titriern. Die Medikamente sollen im Körper optimal und für die gewünschte Dauer wirken – ohne mögliche Nebenwirkungen, die beispielsweise den Blutdruck negativ beeinflussen können. Injektionsbereich bei lumbaler PDA und Spinalanästhesie Raum mit Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) DIE DOSIERUNG MACHT‘S Int Periduralanästhesie Injektionsbereich bei thorakaler PDA Brustwirbelsäule harte Rückenmarkshaut PATIENT Nervenfasern Analgesie Relaxierung Muskeln paralysiert Kreuzbein X Schmerzfreiheit Hämodynamischer Einfluss ILLUSTRATIONEN: PICFOUR; ALLE ANGABEN NUR SCHEMATISCH BZW. GRÖSSENORDNUNGSMÄSSIG. AUFWACHEN, OHNE SICH ÄUSSERN ZU KÖNNEN SO FUNKTIONIEREN ANÄSTHESIE UND NARKOSE Die Anästhesiologie ist die Lehre unter anderem von Narkoseverfahren. Diese schalten unter einem Eingriff die Schmerzempfindung aus – entweder lokal oder auch allgemein. Den weltweit ersten Lehrstuhl für dieses Fach richtete Mitte der 1930er-Jahre die University of Oxford ein. u Lokalanästhetika greifen an sensiblen Endorganen und Nerven an, beeinflussen jedoch kaum das zentrale Nervensystem. u Die Allgemeinanästhesie hingegen hemmt vorübergehend und reversibel das zentrale Nervensystem. Mangelnde Narkosetiefe tritt nur bei einer bis zwei von 1.000 Anästhesien ein. Dieses Restrisiko lässt sich verringern, indem man etwa Begleiterkrankungen berücksichtigt. Kommt es dennoch zu einer intraoperativen Wachheit („Awareness“), so werden unterschiedliche Wahrnehmungen unterschiedlich häufig („Prävalenz“) festgestellt – siehe Tabelle. Neuartige Drug-Displays, wie SmartPilot View von Dräger, zielen darauf ab, dieses Restrisiko noch weiter zu senken. Wahrnehmungen während intraoperativer Wachheit Prävalenz +++ Weltweit werden jährlich etwa 230 Millionen Anästhesien durchgeführt. +++ Viele Länder sind mit ausgebildeten Anästhesisten unterversorgt: In Afghanistan arbeiten bei einer Bevölkerung von 32 Millionen derzeit 9 Anästhesisten. Zum Vergleich: Im Vereinigten Königreich stehen für 64 Millionen Einwohner etwa 12.000 Anästhesisten zur Verfügung. +++ DRÄGERHEFT 390 | 2 / 2012 Geräusche 85–100 % visuelle Sinneseindrücke 27–46 % Angst 78–92 % Hilflosigkeit 46 % Operationsdetails 64 % Lähmung 60–89 % Schmerz 41 % 29