5 Soziale Ungleichheit

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5 Soziale Ungleichheit
5.1 Der Begriff der sozialen Ungleichheit
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Definition nach Blau: soziale Ungleichheit gilt dann, wenn Gruppen von
Mitgliedern Ungleichheitsmerkmale aufweisen
Sozialstrukturelle Position bezüglich des Ungleichheitsmerkmal nennt sich
Status oder Statusposition; bei viele Merkmalen kann man auch von Niveau
sprechen (z.B. Bildungsniveau)
Defizite der Definition:
- es wird zu wenig über die in einer Gesellschaft herrschende soziale
Bedeutung von Statusdifferenzen bezüglich ungleichheitsrelevanter
Merkmale ausgesagt ( Beispiel: Einkommensungleichheit belanglos in
einer Gesellschaft wo alles kostenlos ist)
- es bleibt offen ob die Strukturen der sozialen Ungleichheit dauerhaft oder
vorübergehende Phänomene sind
Definition nach Kreckel: soziale Ungleichheit ist Ausdruck strukturell
angelegter Unterschiede in den Möglichkeiten von Akteuren, Zugang zu
erstrebenswerten Güter und sozialen Positionen zu erhalten
Klassische Ungleichheitsmerkmale (Macht, Bildung, Einkommen)
=> vertikale Ungleichheit
Klassifikationsmerkmale (Geschlecht, Nationalität)
=> Horizontale Ungleichheit
Dimensionen sozialer Ungleichheit: Ausprägung (Einkommen, Bildung)
Determinanten sozialer Ungleichheit: Ursachen (Geschlecht, Beruf, soziale
Herkunft)
Soziale Ungleichheit und allgemein anerkannte Lebensziele
Definition: Soziale Ungleichheit (nach Hradil)
Gesellschaftlich bedingte, strukturell verankerte Ungleichheit der Lebens- und
Handlungsbedingungen von Menschen, die ihnen in unterschiedlichem Ausmaß
erlauben, in der Gesellschaft allgemein anerkannte Lebensziele zu verwirklichen.
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Vermeidung von subjektivistischer (nur persönliche Ziele der Lebensplanung
und –gestaltung einzelner Akteure) und objektivistischer (allgemein
geltende, abstrakte Ziele) Definition
Allgemein anerkannte Lebensziele nach Esser: geht von der Existenz
allgemeiner menschlicher Grundbedürfnisse aus; allem Handeln liegen die
Ziele physisch- psychisches Wohlbefinden und soziale Anerkennung zugrunde
Instrumentelle Ziele: geeignete Lebensbedingungen und Ressourcen um
Grundbedürfnisse zu befriedigen
Kulturelle Ziele: Objekte, Ressourcen und Zustände, die für alle Mitglieder
einer Gesellschaft von hohem Wert sind (wirtschaftlicher Wohlstand oder gute
Gesundheit)
Institutionalisierte Ziele: erlaubte Mittel oder Ressourcen zur legitimen
Erlangung kultureller Ziele
Akteure verfolgen Zwischenziele; Unterschiede in den konkreten
Handlungsinteressen drücken sich in einer Interessenstruktur aus
Kontrollstruktur beinhaltet über welche Mittel man in welchen
sozialstrukturellen Positionen in einer Gesellschaft verfügt
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Soziale Ungleichheit verweist darauf, wo man sich innerhalb der Interessenund Kontrollstruktur einer Gesellschaft befindet
Soziale Ungleichheit und Lebenslage
Definition: Lebenslage
Gesamtheit der Handlungs- und Lebensbedingungen, die es den Menschen mehr
oder weniger gut erlauben, allgemein anerkannte Lebensziele zu verwirklichen
(Dimension sozialer Ungleichheit). Diese Bedingungen können kulturell bzw.
gesellschaftsspezifisch variieren.
Kernpunkte des Lebenslagenansatzes nach Wolfgang Voges:
a) Lebenslagenansätze als Mehrebenmodell angelegt
b) Entgegen rein ökonomischer Ansätze Anspruch auf Multidimensionalität
c) Lebenslagen stehen damit quer zu den Auseinandersetzungen um
objektive/subjektive bzw. materielle/immaterielle Dimensionen von Unter/Überversorgung
d) Lebenslagen sind sowohl Ursache als auch Wirkung bestimmten Ausmaßes
an gesellschaftlicher Teilhabe
5.2 Dimensionen sozialer Ungleichheit
Definition: Dimensionen sozialer Ungleichheit
Persönliche oder strukturbedingte Merkmale, welche die Erscheinungsformen
ungleicher Lebens- und Handlungsbedingungen (Lebenslage) der Menschen
charakterisieren.
Eine Systematik von Dimensionen sozialer Ungleichheit
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Statuskonsistenz: Akteure besitzen, bezogen auf alle Dimensionen sozialer
Ungleichheit, eine ähnlich vorteilhafte oder unvorteilhafte Statusposition.
Statusinkonsistenz: Akteure besitzen, bezogen auf manche Dimensionen
sozialer Ungleichheit, eine vorteilhafte und bezogen auf andere Dimensionen
eine unvorteilhafte Statusposition.
Modi der Statuszuweisung:
- Statuszuweisung: Statuspositionen sind durch zugeschriebene
Ungleichheitsmerkmale bestimmt, kommen Akteuren also ohne deren
Zutun zu.
- Statuserwerb: Statuspositionen sind durch zugeschriebene
Ungleichheitsmerkmale bestimmt, werden von den Akteuren durch
eigene Anstrengung und Leistung erreicht (erworben).
Vier Gruppen von Dimensionen sozialer Ungleichheit:
1) Ökonomische Dimension
2) Wohlfahrtsstaatliche Dimension
3) Soziale Dimension
4) Emanzipatorische Dimension
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1) Ökonomische Dimensionen sozialer Ungleichheit
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bezieht sich auf Aspekte, denen vorrangig Bedürfnisse nach materiellem
Wohlstand zugrunde liegen, und die Ressourcen für die Verfolgung auch
anderer allgemein akzeptierter Lebensziele beinhalten
auch „klassische“ Dimensionen sozialer Ungleichheit
hierzu zählen insbesondere (Aus-) Bildung und Wissen, Einkommen und
Vermögen
(Aus-) Bildung und Wissen
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Humankapital: Meint die kumulierten Bildungs-, Ausbildungs- und
Berufserfahrungen. Ergänzend beziehen wir zusätzlich individuelle Talente
und Fähigkeiten mit ein, die auch in anderen Kontexten die Lebenschancen
berühren.
Bezogen auf marktrelevantes durch Zeugnisse belegtes Wissen spricht
Bourdieu (1983) auch von institutionalisiertem kulturellem Kapital
Wissen: Meint hier Wissensbestände und Fähigkeiten die nicht nur dem
wirtschaftlichem Erfolg zuträglich sind, sondern auch der Befriedigung anderer
Bedürfnisse (bzw. Lebenschancen) dienen
Diese umfassenden Wissensbestände (etwa über Fußball) bezeichnet
Bourdieu als inkorporiertes kulturelles Kapital
Schulbildung ist ein zentrales Klassifizierungsmerkmal
Einkommen und Vermögen
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wichtigste Grundlage zur Befriedigung materieller und immaterieller
direkte und indirekte Auswirkungen auf zahlreiche andere Dimensionen
sozialer Ungleichheit
wichtigste Einkommensarten:
- Einkommen aus unselbstständiger Arbeit (Erwerbseinkommen)
- Einkommen aus Unternehmertätigkeit
- Einkommen aus Vermögen (Besitzeinkommen)
- Einkommen aus öffentlichen Einkommensübertragungen
(Transfereinkommen)
- Einkommen aus nicht- öffentlichen Einkommensübertragungen
Unterscheidung wischen persönlichem Einkommen und
Haushaltseinkommen
Bezogen auf Einkommensniveau seit den 1950er Jahren enormer Zuwachs
des durchschnittlichen materiellen Wohlstandsniveaus
Messung der Einkommensungleichheit:
Drei Verfahren mit Bezug auf das persönliche/ haushaltsbezogene Nettoeinkommen
bzw. das (Netto-) Äquivalenzeinkommen.
- Einkommensverteilung nach Einkommensgrößenklassen
- Einkommensanteile nach Einkommensquintile und –dezile
- Gini- Koeffizient: liegt zwischen 0 (kein Ungleichheit) und 1 (maximale
Ungleichheit)
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Äquivalenzeinkommen:
- Alte OECD- Skala: „Erste“ erwachsene Person im Haushalt wird mit 1
gewichtet, weitere Erwachsene mit 0,7und Kinder unter 16 Jahren mit dem
Gewicht von 0,5.
- Neue OECD- Skala:„Erste“ erwachsene Person im Haushalt wird mit 1
gewichtet, weitere Erwachsene mit 0,5und Kinder unter 16 Jahren mit 0,3
Interpretation:
Alte OECD- Skala:
Neue OECD- Skala:
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ein Ein- Personen- Haushalt erreicht mit 937,50€einen vergleichbaren
Lebensstandard, wie der 5-Personen-Haushalt mit 3000 €(nach alter Skala)
bei einer Personengewichtung ohne Bedarfsgewichtung betrüge das
Äquivalenzeinkommen lediglich 3000 / 5 = 600€
Lorenzkurve:
- ist eine grafische Darstellung der personellen Einkommensverteilung in der
arbeitenden Bevölkerung einer Gesellschaft
- Sie zeigt wie viel Prozent der Einkommensbezieher wie viel Prozent des
Gesamteinkommens erhalten
- Diagonale meint Gleichverteilung des Einkommens
(Gleichverteilungsdiagonale)
- gebogene Linie darunter meint die Ungleichverteilung des Einkommens, je
gebogener desto höher die Ungleichverteilung (Lorenzkurve)
Gini- Koeffizient
- Der Gini- Koeffizient ist ein Maß für Ungleichverteilung des Einkommens in
einer Gesellschaft (Maß für die „Einkommensschere“)
- ergibt sich aus dem Verhältnis der Fläche zwischen Lorenzkurve und der
„Gleichverteilungsdiagonale“ zur Fläche unterhalb der
Gleichverteilungsdiagonale
- Würde nur eine Person alles Einkommen verdienen wäre der Gini- Koeffizient
1
- Würden alle Personen das gleiche verdienen wäre der Gini- Koeffizient 0
Armutsdefinitionen
1. Absolute Armut: weniger, als zum physischen Überleben nötig ist,
bzw. eine bestimmte Versorgungsschwelle unterschritten wird
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2. Bekämpfte Armut: oder Soziokulturelles Existenzminimum:
Einkommen das unterhalb einer bestimmten Bemessungsgrenze liegt
(z. B. in Deutschland Regelsatz der Sozialhilfe; Arbeitslosengeld II)
3. Relative Armut:
•40% des Durchschnitts des Nettoäquivalenzeinkommens strenge
Armut
•50% des Durchschnitts des Nettoäquivalenzeinkommens Armut
•60% des Medians der Verteilung des Nettoäquivalenzeinkommens
Armutsrisikogrenze
Armutslücke (normalisiert): Abstand des durchschnittliche
Nettoäquivalenzeinkommens der Armen von der
Armutsgrenze (prozentual)
2) Wohlfahrtsstaatliche Dimensionen sozialer Ungleichheit
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fokussieren auf Lebensbedingungen, die nachhaltig Lebenskomfort und
soziale Sicherheit garantieren
Soziale Sicherung und Erwerbschancen
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Grad der sozialen Absicherung ist bestimmt durch die Erwerbschancen, die
Sicherheit des Arbeitsplatzes, Schutz gegen Armutsrisiken, die materielle
Absicherung im Fall von Krankheit sowie die Qualität der Alterssicherung
Gesundheitsrisiken
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je höher der sozioökonomische Status eines Individuums, desto besser ist
sein Gesundheitszustand
durch aufwendige Lebensführung geringe Krankheitsrisiken bzw. bessere
Gesundheitsversorgung gewährleistet
Arbeits-, Freizeit- und Wohn(umwelt)bedingungen
Bezieht sich auf verschiedene Gelegenheiten und Beschränkungen der Verfolgung
von Lebenschancen, welche nicht so stark den Ressourcenaspekt betonen:
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Arbeitsbedingungen wirken insbesondere durch die Arbeitsbelastungen,
aber auch durch Kreativitätsanforderungen auf die Lebenschancen
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Wohnbedingungen meinen neben den Wohnverhältnissen (z. B.
Wohnungsgröße auch die Wohnumwelt (z. B. Verkehr)
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Freizeitbedingungen sind für die Lebensführung immer wichtiger geworden,
relevant sind etwa die Freizeitmöglichkeiten (Kino, Kneipe, Konzerte).
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3) Soziale Dimensionen und soziale Ungleichheit
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hier rückt die Verfügbarkeit und persönliche befriedigende Gestaltung sozialer
Beziehungen in den Fokus der Betrachtung
Soziale Beziehungen
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Beziehungen sind eine wichtige Quelle von instrumentellen
Unterstützungsleistungen und persönlicher Anerkennung
Bezug auf Relevanz des sozioökonomischen Status der Eltern nennt man
soziale Herkunft
Unterstützungspotenzial im Elternhaus nach Bourdieu und Coleman als
soziales Kapital bezeichnet
Macht und sozialer Einfluss
In asymmetrischen Beziehungen hat der Akteur mit sozialen Einfluss/Macht mehr
Möglichkeiten seine Interessen gegenüber anderen durchzusetzen.
Max Weber:
Allgemein: "Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den
eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese
Chance beruht".
Institutionell: “Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten
Inhalts bei gegebenen Personen Gehorsam zu finden"
Personal: "Autorität" ist definiert "als durch freiwilligen Gehorsam gerechtfertigte
Macht, die auf dem als legitim geglaubten oder verstandenen Verhältnis von Befehl
und Gehorsam beruht”
Als Eliten bezeichnet man Akteure die aufgrund der mit ihren sozialen bzw.
beruflichen Positionen verbundenen formalen Befugnissen über ein hohes Maß an
Einflussmöglichkeiten (Macht) verfügen.
Macht und soziale Ungleichheit:
Soziale Ungleichheit heißt bezogen auf die Machtdimension, in sozialen Strukturen
mehr oder weniger Entscheidungsbefugnisse und sozialen Einfluss zu haben und
eine mehr oder weniger hohe Position im Herrschaftsgefüge einer Gesellschaft zu
bekleiden.
Diskriminierungen und Privilegierungen
In sozialen Beziehungen erleben wir die Ungleichbehandlung von Mitgliedern
bestimmter Bevölkerungsgruppen aufgrund von Vorurteilen, Stigmatisierungen und
Diskriminierungen, die sich oft an zugeschriebenen Merkmalen festmachen.
Soziales Prestige
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ist die soziale Wertschätzung, die jemand durch andere Menschen in einer
Gesellschaft erfährt
bezieht sich im allgemeinen auf den Beruf
stellt symbolische Dimension sozialer Ungleichheit dar
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geht einher mit sozialer Distinktion: gegenseitige soziale Wertschätzung
äußert sich auch in der Ab- und Ausgrenzung sozialer Gruppen
Prestigegruppen: Zeichnen sich durch Ähnlichkeiten im Denken, den
Einstellungen sowie den kulturellen Vorlieben und Praktiken aus
Statussymbole als ein Mittel sozialer Distinktion (nach Hradil): äußerlich
erkennbare Gegebenheiten, die den Prestigestatus eines Menschen
anzeigen, und Exklusivcharakter für bestimmte Statusgruppen haben (z. B.
Rangabzeichen, Automarken, Sportarten, Kleidung)
Da Statussymbole Ungleichheit signalisieren, können sie auch als
Machtsymbole verwendet werden. Sie dienen aber auch der Orientierung,
um Zugehörigkeit zu symbolisieren, und zur Identifizierung.
4) Selbstbestimmung und Partizipation
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steht für unterschiedliche Chancen zu individueller Selbstverwirklichung,
Emanzipation, Entfaltung von Autonomie sowie Partizipation an
gesellschaftlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen
Beispiel: Berufe, in denen Menschen dazu angehalten sind, ganz bestimmten
Verhaltensnormen zu folgen (Arbeitsbedingungen) oder in denen sogar ihre
emotionalen Regungen Vorgaben unterworfen sind.
5.3 Ursachen und Theorien sozialer Ungleichheit
Determinanten sozialer Ungleichheit
Definition: Determinanten sozialer Ungleichheit
Individuell zurechenbare Umstände und sozialstrukturelle Merkmale, welche die
Chancen beeinflussen, bestimmte Statuspositionen in den Dimensionen sozialer
Ungleichheit zu erreichen, die selbst aber keine Statusposition darstellen.
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wie für Dimensionen gilt auch für Determinanten dass sie erworben (z.B. Beruf
oder Lebensform) oder zugeschrieben (Geschlecht oder ethnische
Zugehörigkeit) sein können
Beruf
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wird als wichtigste Determinante sozialer Ungleichheit angesehen
hat wesentlichen Anteil an der wirtschaftlichen Situation von Akteuren
hängt eng mit dem „marktverwertbaren“ Humankapital zusammen
hat massiven Einfluss auf wohlfahrtsstaatliche Dimensionen (z.B.
Erwerbschancen, Arbeitbedingungen, Arbeitsplatzsicherung), auf soziale
Dimensionen (soziale Beziehungen, persönliche Macht, sozialer Einfluss) und
emanzipatorische Dimensionen sozialer Ungleichheit
Geschlecht
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unterschiedliche Berufschancen von Frauen und Männern und ungleiche
Aufteilung der Zuständigkeit für Kinder und Haushalt
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geschlechtsspezifische Unterschiede im allgemeinbildenden Schulwesen nicht
mehr vorhanden
jedoch geschlechtsspezifisch segregierter Ausbildungs- und Arbeitsmarkt
je höher der erreichte Abschluss desto weniger Frauen sind vertreten
im Durchschnitt geringeres Einkommen bei Frauen als ihre männlichen
Kollegen
aufgrund der Kinderbetreuung, die i.d.R. den Frauen obliegt, wird
gezwungenermaßen auf Vollzeittätigkeit verzichtet
in von Frauen dominierten Berufszweigen wird generell weniger verdient
Alter
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mit zunehmenden Alter nimmt in der Tendenz die Abhängigkeit von
wohlfahrtsstaatlichen Sicherungssystemen zu
gleichzeitig steigen die gesundheitlichen Risiken
durchschnittliches Nettoeinkommen im Rentenalter liegt bei knapp zwei Drittel
des Einkommens in der Erwerbsphase, jedoch keine steigende Armut bei
alten Menschen aufgrund kleiner Haushälter
Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit steigt mit dem Alter deutlich an
Wohnregion
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neben Ost- West- Unterschieden findet sich soziale Ungleichheit auch
zwischen Stadt- und Landbevölkerung
Verdienst in den ostdeutschen Bundesländern erreicht in allen
Wirtschaftszweigen nur etwa 75% des westdeutschen Niveaus
Lebensform
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eine enge Partnerschaft bietet besonderen Raum für Intimität und emotionale
Befriedigung, bringt aber auch soziale Kontrolle bzw. Hindernisse für eine
autonome Lebensgestaltung mit sich
Familie bietet sozialen Zusammenhalt und persönliche emotionale
Zuwendung, aber auch hohe zeitliche und psychische Anforderungen
Familien mit vielen Kindern und Alleinerziehende erfahren ein vergleichsweise
hohes materielles Armutsrisiko
Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund
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hoch relevante Determinante der Lebenslage
Unterscheidung zwischen eigentliche Zuwanderer und deren Kinder und
Kindeskinder
Zugehörigkeit zu der Gruppe der Zugewanderten oder der Personen mit
Migrationshintergrund hat Effekte auf alle Dimensionen sozialer Ungleichheit
Dabei auch Abhängigkeit des Herkunftslandes
Migrationskinder haben zu einem größeren Anteil ohne oder nur mit einem
niedrigeren Abschluss die Schule verlassen
Demnach häufiger nicht erwerbstätig oder von Arbeitslosigkeit betroffen
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Weitere Determinanten sozialer Ungleichheit
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fortschreitende Globalisierung
deren Folgen verändern die Gewichtung bzw. Bedeutung einzelner
Determinanten sozialer Ungleichheit
Die Eigendynamik sozialer Ungleichheit
Wechselwirkungen zwischen den Dimensionen:
1. Komplementaritätsprinzip: die verschiedenen Ungleichheitsdimensionen
verstärken sich gegenseitig (die Reichen werden immer reicher, die Armen
immer ärmer).  man kann also Statuskonsistenz erwarten
2. Dominanzprinzip: eine Ungleichheitsdimension beeinflusst alle anderen
Dimensionen (z.B. Wissen)  es ist Statuskonsistenz bezüglich aller
Ungleichheitsmerkmale zu erwarten
3. Kompensationsprinzip: Nachteile in einer Ungleichheitsdimension werden
durch Vorteile in anderen Dimensionen ausgeglichen  es ist keine
Statuskonsistenz bezüglicher aller Ungleichheitsdimensionen zu erwarten
Beispiele für Wechselwirkungen zwischen den Dimensionen
- Bildung: wirkt direkt auf Realisierung der Lebensziele, Karrierechancen,
Einkommen, Prestige etc.
- Soziale Herkunft: wirkt auf die Ressourcenausstattung, die Zugangschancen
zu attraktiven sozialen Positionen, Bildung, Beruf, Prestige sowie soziale
Beziehungen
- Einkommen: wirkt direkt auf die Realisierung der Lebensziele, Macht
Prestige, soziale Sicherheit
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es ist in der Sozialstrukturforschung umstritten, in welchem Ausmaß sich
ungleiche Lebensbedingungen von Menschen reproduzieren oder gegenseitig
verstärken
Theorien sozialer Ungleichheit
Warum Theorienvielfalt?
- Theorien sind immer eine modellhafte Vereinfachung komplexer Realität; d.h.
sie betrachten soziale Ungleichheit inhaltlich unter verschiedenen Aspekten
- Auch der Geltungsbereich der Theorien unterscheidet sich (z.B. mikro- oder
makrotheoretische Erklärung)
- Der Fokus kann z.B. auf funktionalen Aspekten, oder macht- bzw.
konfliktbezogenen Aspekten liegen
- Je nach Fokus lässt sich dasselbe Thema –z. B. Beziehung zwischen
Arbeitgebern und– nehmern – unter verschiedenen Fragestellungen
analysieren
- Je nach Fragestellung sind Theorien also mehr oder weniger gut zur Erklärung
geeignet
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1) Marxistische Theorie
Argumentation der Theorie von Marx und Engels:
- soziale Ungleichheit beruht auf ungleichen Eigentumsverhältnissen, die mit
ungleichen Machtverhältnissen einhergehen (Produktionsverhältnisse)
- Produktionsmittel-Besitzer (Kapitalisten oder Bourgeoisie) und Besitzlose, die
gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, stehen
sich als zwei Klassen gegenüber
- Es besteht ein Interessenswiderspruch (Klassenantagonismus), da die
Kapitalisten den Arbeitern einen Teil des von ihnen produzierten Mehrwertes
vorenthalten (Ausbeutung)
- Die Kapitalisten kontrollieren die gesellschaftlichen Entscheidungsprozesse im
Sinne ihrer Verwertungsinteressen
Kritik:
- Die Unterscheidung nach Besitz und Nichtbesitz von Produktionsmitteln ist zu
grob, um die mit der Industrialisierung entstehenden Klassen- bzw.
Ungleichheitsverhältnisse zu beschreiben.
- Vermengung sozialwissenschaftlicher, philosophischer und politischer
Überlegungen
- Ungenaue bzw. inkonsistente Definition zentraler Begriffe, und kausaler
Beziehungen
- fehlende (bzw. „naive“) handlungstheoretische Fundierung
2) Funktionalistische Theorie
Argumentation der funktionalistischen Ansätze:
- Soziale Schichtung bzw. Ungleichheit ist ein funktional notwendiges
Strukturmerkmal für die Stabilität eines sozialen Systems.
- Soziale Ungleichheit schafft eine Anreizstruktur, die
sicherstellt, dass alle Positionen mit den dafür geeigneten
Personen besetzt sind.
- Die Rangordnung sozialer Positionen und Aufgaben richtet sich nach ihrer
Bedeutung für Wohlfahrtsproduktion in der Gesellschaft und dem Ausmaß der
positionsspezifischen Qualifikation
- Der Rang einer Position bestimmt die mit ihr verbundene Belohnung, d. h. sie
wird durch die „Funktionalität“ der Position für die Gesellschaft bestimmt.
Kritik:
- Eine unterschiedliche Belohnung gesellschaftlicher Positionen nach ihrer
Funktionalität ist nicht die einzige Möglichkeit, alle Positionen adäquat zu
besetzen –d.h. Funktionalität erklärt nicht Einkommensunterschiede.
- Bestehende Abweichungen von einer meritokratischen (leistungsbezogenen)
Struktur des Entlohnungssystems können nicht erklärt werden.
- Es ist problematisch, von einer „Einigkeit“ über die funktionale Bedeutung
sozialer Positionen, und der mit ihnen verbundenen Entlohnung herrscht.
- Es ist empirisch widerlegbar, dass funktional bedeutsame Positionen mit
hohen Belohnungen einhergehen, und eine Knappheit an Talenten herrscht.
- Sozialer Wandel (von Ungleichheit) lässt sich nur schwer erklären
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3) Markttheoretische Ansätze
Argumentation der markttheoretischen Ansätze:
- Soziale Schichtung ergibt sich sowohl aus den Besitzverhältnissen als auch
aus der Belohnung, die auf Basis des „Marktwertes“ einer Tätigkeit
ausgehandelt wird.
- Die Belohnung richtet sich nach der tätigkeitsspezifischen Qualifikation sowie
nach Angebot und Nachfrage nach entsprechenden Bewerbern.
- Die Belohnung kann materieller, immaterieller oder symbolischer Natur sein.
- Institutionelle Regelungen sozialer Ungleichheitsverhältnisse strukturieren
zwar die Rahmenbedingungen der Märkte, spielen gegenüber den
Marktmechanismen aber eine untergeordnete Rolle.
Kritik:
- Die Fokussierung auf individuelle Aushandlungsprozesse und Ressourcen
lässt die auf Makroebene ablaufenden Strukturprozesse unberücksichtigt:
- unintendierte Handlungsfolgen (z. B. Marktversagen) können nur schwer
erklärt werden
- Klassische Ursachen sozialer Ungleichheit (z. B. soziale Vererbung, Machtund Besitzstrukturen) werden unterbewertet
- Die Annahme eines freien Spiels der Marktkräfte ist unrealistisch
- Die Modellaussagen sind oft trivial, oder lassen sich empirisch nicht
überzeugend bestätigen.
- Die Einbindung nicht-monetärer Aspekte (z. B. Macht und Prestige) ist
problematisch.
4) Austausch- und machttheoretische Ansätze
-
Soziale Ungleichheit entsteht durch ungleich verteilte Machtverhältnisse,
welche aus dauerhaften nicht symmetrischen Tauschbeziehungen resultieren.
Die Machtausübung wird vom „Unterworfenen“ im Tausch für die vom
Mächtigen erhaltenen Leistungen zugelassen und legitimiert.
Dauerhaft nicht-symmetrische Tauschbeziehungen werden durch
Institutionalisierung in stabile Machtkonstellationen überführt, die auf
indirekten Tauschbeziehungen beruhen.
Austauschtheorie: Arbeitsteilige gesellschaftliche Reproduktion basiert auf soziale
Interaktion zwischen den Akteuren einer Gesellschaft, mit dem Ziel der effizienten
Güterbeschaffung. Zwei Formen des Tauscheswerden dabei unterschieden:
- sozialer Tausch meint den Austausch immaterieller Güter, wie
Informationen, Zuneigung oder soziale Anerkennung. Letztere ist die
wichtigste Belohnungsart bei dieser Interaktionsart.
- ökonomischer Tausch meint den klar geregelten Tausch materieller
Äquivalente in einer Marktsituation. Ziel ist die effiziente Beschaffung von
Gütern. Anders, als beim sozialen Tausch werden wertäquivalente
Gegenleistungen unmittelbar getauscht.
Einseitiger Tausch: Können in Anspruch genommene Güter nicht „zurückgezahlt
“werden erwächst dem Gebenden eine relative Machtposition gegenüber dem
Nehmenden, welche – bei geltender Reziprozitätsnorm – nur durch soziale
Anerkennung ausgeglichen werden kann. Es kommt zu sozialer Ungleichheit
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Kritik:
- Das Verhältnis von Besitz/Einkommen und Macht bleibt in seinen
Auswirkungen auf soziale Ungleichheit unklar
- Über den Austausch hinausgehende Einflüsse unterschiedlicher
Ressourcenausstattungen auf soziale Ungleichheit werden unberücksichtigt
gelassen.
- Wechselwirkungen von Macht und anderen Ungleichheitsmerkmalen sozialer
Ungleichheit (etwa Prestige) werden nicht ausreichend integriert.
5) Milieu- und lebensstiltheoretische Erklärungen
Argumentation der milieu- und lebensstiltheoretischen Ansätze:
- Soziale Ungleichheit ergibt sich aus der ungleichen Ausstattung mit
ökonomischen sowie kulturellem und sozialem Kapital
- Die bestehenden auf ökonomische Ressourcen fokussierenden
Klassifizierungskonzepte müssen um soziokulturelle Kapitalien zu einem
mehrdimensionalen Konzept des „Raumes sozialer Positionen“ erweitert
werden.
- In ihrer ökonomischen Ausstattung ähnliche Klassenlagen werden anhand von
Wertehaltung und Lebensstil weiter ausdifferenziert
- Korrespondierend werden innerhalb dieser Gruppen mit dem Habitus sozial
vorkonstruierte Dispositionen und Denkmuster bezeichnet, welche die
wahrgenommenen Handlungsmöglichkeiten strukturieren (Bourdieu)
Kritik:
- Die Ansätze haben einen eher beschreibenden Charakter
- Die theoretische Herleitung der verwendeten (nicht-ökonomischen)
Klassifizierungsmerkmale kommt zu kurz
- Die Relevanz der Klassifizierungsmerkmale für soziale Ungleichheit ist oft
unklar, und empirisch nicht gut belegt –oft handelt es sich um letztlich
austauschbare gruppenspezifische Unterschiede.
FAZIT:
Insgesamt bleibt die Bedeutung der „neuen“ Klassifizierungsmerkmale und der
entsprechenden Theorien für soziale Ungleichheit umstritten
Entstrukturierungsdebatte
5.4 Strukturen sozialer Ungleichheit
Schichtungskriterien sozialer Ungleichheit
Systematik zu Prinzipien der Strukturierung sozialer Ungleichheit
- Prinzip der stratifikatorischen Differenzierung:
- Kennzeichen: begründet eine Schichtung der Bevölkerung mit
institutionellen Regeln (z.B. traditionale soziale Normen) bei Geltung des
Komplementaritätsprinzips
- Subjektive Orientierung: im institutionell- normativ Vorgegebenen
verankert.
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Prinzip der dominierenden Dimension sozialer Ungleichheit:
- Kennzeichen: begründet eine Schichtung der Bevölkerung gemäß dem
Status in einer dominanten Dimension sozialer Ungleichheit, also
Geltung des Dominanzprinzips.
- Subjektive Orientierung: durch Bedingungen der Lebenslage (Sein)
determiniert
Prinzip korrelierender Dimensionen sozialer Ungleichheit
(Schichtungskriterien):
- Kennzeichen: begründet eine Schichtung der Bevölkerung gemäß
statuskonsistenter Lebenslagen, also Geltung der
Komplementaritätsprinzips.
- Subjektive Orientierung: durch Handlungsbedingungen der Lebenslage
bestimmt.
Prinzip korrespondierender Dimensionen sozialer Ungleichheit
- Kennzeichen: begründet eine Milieudifferenzierung mit
korrespondierenden Dimensionen sozialer Ungleichheit im Sinne
„typischer Profile“ von Statuspositionen, die Statusinkonsistenzen
erlauben, und Mentalitäten bei Geltung des Kompensationsprinzips.
- Subjektive Orientierung: Mentalitäten als Kriteriumsdimensionen, nicht
(allein) durch Lebenslage determiniert
Klassen, Stände und Schichten
Definition: Der Schichtungsbegriff von Geiger
Er ist durch drei Aspekte bestimmt:
- Soziale Lagerung: Schichtungsmitglieder befinden sich objektiv in einer
ähnlichen „sozialen Lagerung“ und unterscheiden sich dadurch von anderen
Schichten in der Bevölkerung. Kriterien sind: Lebensstandard, Chancen und
Risiken, Glücksmöglichkeiten, Privilegien und Diskriminierung, Rang und
öffentliches Ansehen
- Schichtdeterminanten: Hier geht es die Position im Gefüge sozialer
Einflussstrukturen sowie um die Verfügbarkeit von Ressourcen, die den
Zugang zu bestimmten sozialstrukturellen Positionen erlauben. Kriterien sind:
berufliche Stellung, das Verhältnis zu den Produktionsmitteln und die
Ausbildung
- Schichtmentalitäten: Dazu zählen schichtspezifische Ausprägungen des
Denkens, der Mentalitäten, Werte, Interessen und Handlungsmuster
Klassen und Klassenlage
Definition: Klassenlage
Die Klassenlage meint die Positionierung in einer Klassengesellschaft. Sie ergibt sich
aus dem Ausmaß und der Art der Verfügungsgewalt über wirtschaftliche Güter und
Produktionsmittel sowie nach weiteren Kriterien, insbesondere dem Ausmaß und der
Art der Berufsqualifikation.
-
Schichtmentalität entspricht dem Klassenbewusstsein
Klassenkriterien bei Wright:
1. Besitz an Produktionsmitteln
2. Organisationsmacht
3. Qualifikation der Akteure
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Klassenmodell nach Wright
1) Bürgertum
2) Kleine Arbeitgeber
3) Kleinbürger
4) Fachlich qualifizierte Manager
5) Fachlich qualifizierte Aufsichtspersonen
6) Fachlich qualifiziere Nichtmanager
7) Fachlich teilweise qualifizierte Manager
8) Fachlich teilweise qualifizierte Aufsichtspersonen
9) Fachlich teilweise qualifizierter Arbeitgeber
10) Fachlich nicht qualifizierte Manager
11) Fachlich nichts qualifizierte Aufsichtspersonen
12) Proletarier (Arbeiterklassen)
Kritik von Hradil:
- Begründung der zwischen den zwölf Klassen herrschenden
„Ausbetungsprozesse und –verläufe“ und die gesellschaftlichen
Konsequenzen bleiben aus
- Es wäre zu klären, in welchem Verhältnis die verwendeten
Klassifizierungskriterien zueinander stehen und inwieweit sie für die
Machtverhältnisse relevant sind
- Frage nach Klassenmobilität und ob in Kriterium die anderen dominiert bzw.
ob die Kriterien unabhängig voneinander sind
Klassenlage nach Weber:
Soll typische Chance
1. der Güterversorgung
2. der äußeren Lebensstellung
3. des Lebensschicksals
heißen.
Klasse soll jede in einer gleichen Klassenlage befindlichen Gruppe von Menschen
heißen.
- Klassenlage kann durch Besitz (Besitzklassen) oder Leistung
(Erwerbsklassen) begründet sein
Soziale Klassen bei Weber
Als soziale Klassen fasst Weber Klassenlagen zusammen, zischen denen eine
Wechsle im Lebenslauf oder in der Generationenfolge leicht möglich ist:
- Arbeiterschaft
- Kleinbürgertum
- besitzlose Intelligenz und Fachgeschultheit
- Besitzende und durch Bildung Privilegierte
Innerhalb der sozialen Klassen gibt es kaum Mobilität.
Klassenschema von Erikson, Goldthorpe und Portocarero
I
Obere Dienstklasse
II
Untere Dienstklasse
III Nicht- manuell Ausführende
IVa Selbstständige mit Beschäftigten
IVb Selbstständige ohne Beschäftigte
IVc Landwirte
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V
VI
VIIa
VIIb
Arbeiterelite
Facharbeiter
Un- und Angelernte
Landarbeiter
Stände
Ständische Lage nach Weber begründet auf:
- Lebensführung
- Formale Erziehungsweise
- Abstammungsprestige oder Berufsprestige
- Ständischen Konventionen (Traditionen) anderer Art
Definition: Stand
Soziale Gruppierung, die durch gegenseitige Hochachtung, Wertschätzung und
Privilegierung ihrer Mitglieder untereinander gekennzeichnet ist.
Soziale Schicht
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als soziale Schichten bezeichnen wir Formen vertikaler und hierarchischer
Strukturierung, die nicht auf ökonomische Faktoren beruhen
dabei wird dem Prinzip der korrelierenden Schichtungskriterien gefolgt
nur wenn ein bestimmter beruflicher Status mit entsprechendem Einkommen,
Ansehen und sozialem Einfluss einhergehen, ist eine hierarchische
Schichtung möglich
Soziale Lage, Milieus und Lebensstile
Kritik der klassischen Schichtungsmodelle
-
klassische Schichtmodelle einer vertikalen Gliederung der Sozialstruktur
bilden generell die Strukturen sozialer Ungleichheit nicht hinreichend gut ab
soziale Ungleichheit habe sich zwar nicht verringert, doch ihre Strukturen
seien vielfältiger geworden
klassische Dimensionen sozialer Ungleichheit (Bildung, Geld, Macht, Prestige)
verlieren relativ an Bedeutung
Fahrstuhleffekt von Ulrich Beck: populärer Beleg für den Bedeutungsverlust
klassischer Ungleichheitsdimensionen
Soziale Lage
Definition: Soziale Lage
Gesamtheit der sozialstrukturellen Merkmale der Lebenslage (z.B. Bildung,
Einkommen, Macht und Prestige) und der sie determinierenden Faktoren (z.B. Beruf,
Geschlecht oder Nationalität).
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Milieus und Lebensstile
Definition: Soziales Milieu
Teilgruppe der Bevölkerung, deren Mitglieder bezogen auf ihre Lebenslage (objektive
Lebensbedingungen) sowie ihre Werthaltungen und Mentalitäten (subjektive
Lebenseinstellungen) ein ähnliches Merkmalsprofil aufweisen.
Hradil unterscheidet zwischen:
- Mikromilieus: die den engeren, lokalen (oder) sozialen Kontext von Personen
betreffen (etwa die Fans eines bestimmten Fußballvereins) und
- Makromilieus: die ähnlich wie soziale Schichten große Teilgruppen der
Gesellschaft beinhalten und sich durch ähnliche Vorstellungen ihrer
Lebenslage und oftmals ähnliche Lebensstile auszeichnen.
Sinus- Milieus fassen Menschen zusammen, die sich in Lebensauffassung und
Lebensweise ähneln.
Definition: Lebensstil
Spezifisches und als solches identifizierbares Muster alltäglich wiederkehrender
Verhaltens-, Äußerungs- und Interaktionsweisen von Akteuren, in denen sich –
bewusst oder unbewusst stilisiert – bestimmte, möglicherweise milieu- oder
lebensphasentypische Formen des Denkens, Wissens und Beurteilens ausdrücken.
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im unterschied zu den stabilen, ein bestimmtes Milieu prägenden
Werthaltungen ist der Lebensstil der Menschen stärker von den sich im
Lebenslauf ändernden Ressourcenausstattung abhängig, d.h. Lebensstile
verändern sich im Lebenslauf stärker als die in den Milieus verorteten
Werthaltungen
ermöglicht auch eine stärkere Berücksichtigung der Handlungs- und
Erlebnisebene der einzelnen Akteure
5.5 Soziale Ungleichheit und Lebenslauf
Grundbegriffe der sozialen Mobilität
Definition: Soziale Mobilität
Veränderungen in der Ausprägung von sozialstrukturellen Merkmalen, also
sozialstrukturellen Positionen von Individuen. Dazu gehören Veränderungen des
Wohnorts, der Lebensform, des Bildungsniveaus, des Berufs oder des Einkommens.
Typen sozialer Mobilität
1. Vertikale und horizontale Mobilität
- Vertikale Mobilität: Veränderung einer Statusposition bezüglich eines
Ungleichheitsmerkmals, also die Veränderung einer Statusposition;
Verbesserung eines Status heißt Aufstiegsmobilität, Verschlechterung heißt
Abstiegsmobilität
- Horizontale Mobilität: Veränderung der sozialstrukturellen Position bezüglich
eines Klassifikationsmerkmals, das nicht ungleichheitsrelevant ist (z.B.
Familienstand, Wohnort, Milieu)
vertikale Mobilität kann oft als Folge horizontaler Mobilität auftreten
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2. Intragenerationale und intergenerationale Mobilität
- Intragenerationale Mobilität: soziale Mobilität im Lebenslauf; unter Bezug
auf berufliche Statusveränderungen sprechen wie auch von Karrieremobilität
- Intergenerationale Mobilität: soziale Mobilität in der Generationenfolge
(Generationenmobilität); also im Vergleich von Eltern und Kindern. Zumeist
wird vertikale Mobilität (Bildungs- und Berufsstatusmobilität) betrachtet.
3. Individuelle und kollektive soziale Mobilität
- Individuelle soziale Mobilität: Soziale Mobilität von Individuen, die auf ihrer
individuellen Lebensplanung und –gestaltung beruht
- Kollektive soziale Mobilität: Soziale Mobilität, die ganze sozialstrukturelle
Gruppen, insbesondere Statusgruppen, etwa aufgrund wirtschaftlichen oder
institutionellen Wandelns erfahren
4. Strukturmobilität und Zirkulationsmobilität
- Strukturmobilität: Soziale Mobilität durch die zahlenmäßige oder inhaltliche
Veränderung der besetzbaren sozialstrukturellen Positionen
- Zirkulationsmobilität: Soziale Mobilität als Umgruppierung von Akteuren in
einem vorhandenen Pool von Positionen, und meist mit Austauschprozessen
einhergeht
horizontale berufliche Mobilität: Berufswechsel ohne Einfluss auf die vertikale
Statuspositionierung
vertikale berufliche Mobilität: Berufswechsel der ungleichheitsrelevante Merkmale
(Einkommen, Prestige) beeinflusst; kann für alle Dimensionen der Lebenslage von
Individuen betrachtet werden
Bestimmungsfaktoren sozialer Mobilität
Individualebene
1. Individuelle erworbene und zugeschriebene sozialstrukturelle Merkmale der
sozialen Lage –also Determinanten und Dimensionen sozialer Ungleichheit
(persönliche Eigenschaften, Handlungsrechte)
Strukturebene
1. Institutionelle Struktur (insb. Kontrollstruktur) in einer Gesellschaft (Relevanz
schichtbezogener Privilegien)
2. Wandel der Struktur des Gefüges sozialer Positionen (quantitative und
qualitative Änderungen; z.B. im Arbeitsmarkt)
3. Größe der auseinanderfolgenden Geburtsjahrgangskohorten (Veränderung
der Konkurrenz um Statuspositionen)
Soziale Lage und Lebenslage
- Determinanten sozialer Ungleichheit bestimmen nicht nur die Lebenslage,
sondern auch die Chancen vertikaler sozialer Mobilität.
- Das Ausmaßvertikaler sozialer Mobilität wird durch die erworbenen und
zugeschriebenen sozialstrukturellen Merkmale eines Akteurs bestimmt
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Institutionelle Rahmenbedingungen
- Die institutionelle Struktur (Kontrollstruktur) einer Gesellschaft bestimmt die
Ausgestaltung der Statuszuweisungsprozesse, und dadurch die Art und
Möglichkeiten der Statusveränderung
- Das Ausmaßvertikaler sozialer Mobilität wird durch die institutionelle Kontrolle
der Zugangsmöglichkeiten reguliert
Quantitative und qualitative Veränderungen des Gefüges sozialer Positionen
- Strukturwandel im Bildungssektor und in den verschiedenen Sektoren des
Arbeitsmarktes beeinflusst das Angebot an bzw. die Nachfrage nach
Positionen mit einem bestimmten Status
- Das Ausmaßvertikaler Mobilität wird einerseits durch die positionsspezifischen
Anforderungen, und andererseits durch die Relation von Angebot und
Nachfrage nach diesen Positionen bestimmt
Definition: Push- und Pull- Effekte
- Pull- Effekte: Sie treten auf, wenn sich in einem Bereich des Arbeitsmarkts
die Erwerbschancen von Individuen verbessern, weil die Zahl der zu
besetzenden Positionen zunimmt. In der Folge strömen zusätzliche
Arbeitskräfte in diesen Bereiche.
- Push- Effekte: Sie treten auf, wenn ein wirtschaftlicher Sektor stark
schrumpft. Da die Zahl der besetzbaren Positionen zurückgeht, verringern sich
die Erwerbs- und Karrierechancen. Immer weniger Personen können in
diesem Sektor Beschäftigung finde und werden aus ihm herausgedrängt.
Intragenerationale Mobilität: Bildungs- und Erwerbsverläufe
Meint Veränderungen der lebensverlaufsspezifische Dynamik der Zugehörigkeit zu
verschiedenen Statuspositionen:
- Einerseits: neue Vielfalt der biographischen Lebensverläufe (DeInstitutionalisierung und De- Standardisierung)
- Anderseits: hohe Stabilität der Verläufe, welche sich stark am Alter orientiert,
und hochgradig institutionell geregelt ist (Arbeitsmarkt)
Insgesamt waren und sind Lebensverläufe stark durch den Bildungsgrad bestimmt,
und werden durch die Erwerbsart geprägt.
Insgesamt ein im internationalen Vergleich eher geringes Aufkommen
intragenerationaler Mobilität (Ausnahme: Ostdeutschland).
Intergenerationale Mobilität
Soziale Vererbung von Bildung
Die Bedeutung des Elternhauses für den Bildungserfolg der Kinder begründet sich
durch:
- Ausmaßbereitgestellter materieller u. zeitlicher Ressourcen durch die Eltern
- Bildungs- und kulturelles Kapital, sowie Anregungspotential in der Familie
- soziale Beziehungen der Eltern (soziales Kapital)
- innerfamiliäre Diskriminierungsrisiken (Geschlecht, ethnische Herkunft)
- Bildungsziele der Eltern
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Bildungsziele der Eltern:
- Motiv des Statuserhalts: Eltern mit hohem (Bildungs-)Statuswollen einen
Statusverlust der Kinder vermeiden
- Geringere Opportunitätskosten: Eltern mit hohem (Bildungs-)Statusmüssen
u.a. einen geringeren Einkommensanteil in die Bildung der Kinder investieren
- Geringere Risikoaversität: Eltern mit hohem (Bildungs-)Statuswerden die
Risiken einer langen Ausbildung niedriger eingeschätzt.
- Bildungsvererbung: Im Bestreben, die „soziale Distanz“
(Ausmaßsozialstruktureller Ungleichheit) nicht zu groß werden zu lassen,
nehmen Kinder oft ähnliche sozialstrukturelle Positionen (z. B. Berufe) ein.
Soziale Selektivität: Elternhausspezifische Faktoren führen zu einer sozialen
Selektivität der Bildungsbeteiligung, und damit der Lebenschancen der Kinder; d.h.
diese werden nicht ausschließlich durch Leistung bestimmt.
Bildungsmobilität
Bildungsmobilität und –Chancen als ein zentrales Thema der Mobilitätsforschung
Einerseits: Nach wie vor soziale Selektivität der
Bildungschancen
- Andererseits: Verbesserung der Bildungschancen
durch Bildungsexpansion
Rückgang der Herkunftseffekte beim Abiturzugang, aber immer noch starke
soziale Selektion beim Hochschulzugang
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Klassenmobilität
Intergenerationale soziale Mobilität: Die Mobilitätsmatrix
Intergenerationale Mobilität bezogen auf ein Ungleichheitsmerkmal kann aus zwei
Perspektiven betrachtet werden:
- Abstromprozente: Verteilung der Kinder einer bestimmten Statusgruppe
(etwa Berufsstatus des Vaters)auf die verschiedenen Statusgruppen (etwa
eigener Berufsstatus)
Vererbungsquote: Wie viel Prozent verbleiben in der Statusgruppe
Mobilitätsquote: Wie viel Prozent verlassen die Statusgruppe
- Zustromprozente: Verteilung der Kinder, die aus verschiedenen
Stausgruppen stammen (etwa Väter mit unterschiedlichem
Berufsstatus)innerhalb einer bestimmten Statusgruppe (etwa einer
bestimmten Berufsgruppe)
Zustromprozente sagen etwas über Offenheit / Geschlossenheit einer Schicht oder
Klasse aus.
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