Kritiken zu Ilanith Magarshag-Rieggs und Frank Römmeles

Werbung
Kritiken zu Ilanith Magarshag-Rieggs und Frank Römmeles
"sündenvergebmaschine" von half past selber schuld in den FFTKammerspielen, Düsseldorf
Selbstgemachtes Theater
„half past selber schuld“ spielen ihre "Sündenvergebmaschine" im FFT
(Claudia Blum)
„Ein Gesamtkunstwerk" ist es, in dem "alles zueinander passt". So
beschreiben Ilanit Magarshak-Riegg und Frank Römmele alias "Sir ladybug
beetle" ihr neuestes Werk "Die Sündenvergebmaschine". Es ist ein
"Absurdical in sieben Phasen", das die beiden Düsseldorfer Künstler unter
dem Namen "half past selber schuld" im FFT auf die Bühne bringen.
Erzählt wird eine schräge Neuauflage der Schöpfungsgeschichte. Da gibt
es Pflanzen, Tiere, Menschen, Maschinen und das unvermeidliche Chaos,
in dem sie alle enden.
Dabei ist es dem Duo besonders wichtig, dem Zuschauer Freiräume zur
eigenen Interpretation zu lassen. Nicht umsonst wird das Stück als
Bühnencomic bezeichnet, denn wie bei einem Comic muss sich der
Zuschauer das vorstellen, was zwischen den Bildern passiert. Dass diese
Tatsache mitunter die verschiedensten Reaktionen hervorruft, begeistert
die beiden Künstler umso mehr. An einen Comic erinnert auch das bunte
Bühnenbild, das genau wie Text, Musik und schrille Perücken aus
Pappmaché von den Künstlern selbst angefertigt wurde - ein
Gesamtkunstwerk eben.
Angefangen hat alles 2001, als die aus Israel stammende Komponistin und
der deutsche Autor und Comiczeichner, die nun seit 5 Jahren als „half
passt selber schuld“ auftreten, das Hörspiel „sündenvergebmaschine“
produzierten. Es folgten eine Auszeichnung als Hörspiel des Monats von
den ARD-Anstalten und der Akademie der darstellenden Künste im April
2001 sowie zahlreiche Auftritte.
Nach einem Auftritt im Foyer des FFT entschloss man sich, von der
Filmstiftung NRW gefördert, ein Theaterstück auf die Beine zu stellen.
Teile einer früheren Performance der beiden Künstler wurden dabei
ebenso eingebaut wie die von Ilanit Magarshak-Riegg. eigens für das
Stück komponierte Musik, verschiedene Trickfilme und Schattenspiele.
Die Premiere im Oktober 2002 wurde ein großer Erfolg, das Stück von
Kritikern als "schrill-bunte Collage aus Bühne und Film, Monty Python und
Fritz Lang, Trash und Independent Rock" (Rheinische Post) gelobt. Nach
10 erfolgreichen Aufführungen im letzten Jahr wird die
"sündenvergebmaschine" nun im Rahmen der Düsseldorfer Sommerspiele
wieder gezeigt.
Schöpfungsgeschichte neugeschrieben
Die „sündenvergebmaschine“ von half past selber schuld am FFT
Düsseldorf (Annette Graefe)
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Allgemein bekannt. Falsch
gedacht. Am Anfang stehen grüne birkenähnliche Pflanzen, Pangolan und
Alefant und dann kommt der Mensch. Aber nicht nackt wie „Gott ihn
schuf“, sondern pink und schrill gekleidet wie eine Comicfigur. Die „Krone
der Schöpfung“ betet die Leinwand an und lässt sich unangenehme Wörter
chirurgisch entfernen. Beobachtet von kleinen braunen Würmern, denen
es bei der rasanten Entwicklung dieses Geschlechts ganz unheimlich zu
Mute wird. Schöpfungs-, Menschheits- und Kulturgeschichte werden neu
geschrieben.
Zeitreise zur Geburtsstunde der Welt: Schwarz gekleidet wie der Tod führt
der Erzähler in der „sündenvergebmaschine“ des Künstlerduos half past
selber schuld zurück zum Anfang. Das farbenfrohe Bühnencomicspektakel
zeigt in 90 Minuten den Aufstieg einer Kultur bis zu ihrem Niedergang und
karikiert dabei auf komisch-nachdenkliche Weise die zeitgenössische
Gesellschaft. Da werben die Wissenschaftler: „wir machen Euch untötbar
zu 99,8 %. mit uns könnt ihr schneller leben.“ und ein Stimme murmelt:
„sorg für mich. ach, bitte, bitte, sorg für mich.“ Eine hochentwickelte
Gesellschaft zwischen wissenschaftlichem Wahnsinn und kindlichem
Wunsch nach Geborgenheit.
Bereits zum zweiten Mal wird die „sündenvergebmaschine“, die eigentlich
als Hörspiel produziert wurde, am FFT Düsseldorf aufgeführt. Das naiv wie
von Kinderhänden gestaltete Bühnenbild und dessen laienhaft-niedliche
Umstellung durch den in schwarzem Gymnastikanzug gehüllten
Unsichtbaren (Pourya Kalantarzadeh) verleiht dem Stück seinen Charme.
Denn die professionell nachgeahmten ruckartigen Bewegungen der
„Comic“-Figuren, der wohlüberlegte, poetische Text und die aufwendigen
Musikcollagen verhindern dabei, dass die Inszenierung in albernen
Klamauk abrutscht.
Ilanit Magarshak-Riegg und Frank Römmele alias Sir ladybug beetle sind
half past selber schuld. Seit 1998 arbeiten sie zusammen und sind von
den ARD-Anstalten für die „sündenvergebmaschine“ zum Hörspiel des
Monats April 2002 gewählt worden. Das Künstlerduo schafft es auch auf
der Bühne musikalische Einlagen, Trickfilme, Schattenspiele und Poesie zu
einer eindrucksvollen Einheit zu verbinden, der es weder an einer
Intention noch an einem Konzept fehlt, auch wenn die Künstler das in
ihren Interviews gern behaupten.
Reizüberflutung in Pink
„Die Sündenvergebmaschine“- ein Bühnencomic von half past selber
schuld im FFT Düsseldorf (Elena Kohlbecher)
Ein Bühnencomic? Was ist das? - Vielleicht erstmal ein anderer Einstieg.
Der erste Kontakt: ein Flyer oder ein Plakat. Vorrangige Farbe: Pink. Ein
Rahmen mit einem Bild von zwei Personen. Die eine winkt superfröhlich in
die Kamera. Der andere guckt irgendwie extrem ängstlich zur Seite. Beide
tragen Perücken aus Pappmaché. Schrill.
Wie ist der Gesichtsausdruck nun aber zu bewerten? - Die abgebildeten
Personen sind Ilanit Magarshak-Riegg und Sir ladybug beetle, alias „half
past selber schuld“. Im Juli dieses Jahres war die Wiederaufnahme ihrer
„sündenvergebmaschine – ein absurdical in sieben phasen in den
Düsseldorfer Kammerspielen zu sehen.
Alle Charaktere des Stücks werden von den beiden Künstlern dargestellt.
Einzige Hilfe: der Unsichtbare. Sonst machen sie fast alles allein:
Bühnenbild, Musik, Text, Regie - fast alles eben. „Half past selber schuld“
wollen wohl eher ein Gesamtkunstwerk schaffen, als ein Theaterstück.
Und so ist das Forum der FFT Kammerspiele schon mit pinken Kulissen
bestückt. Die Bühne dagegen ist leer und schwarz. Einzig neben der
Bühne ist ein schwarz-weißes, tumorartiges Gebilde befestigt, aus dem
später vier Würmer rausgucken und erzählen. Nach Beginn des Stücks
jedoch ist nichts mehr so schwarz und leer. Bunte Pilze fahren hoch. Man
denkt an LSD. Die Leinwand zeigt schrille Videoinstallationen. Man denkt
an Monty Python. Das Bühnenbild reisst mit. Immer mehr Details tauchen
auf. Eine riesige Schildkröte kriecht hinein; die Pilze verwandeln sich in
graue Hochhäuser; eine Bar mit vier Hockern und Bier; ein
Operationssaal. Und nichts ist wirklich echt oder wirkt real - ein Comic
eben. Mittendrin: Schwester Beate, die Jugend von heute, ein Kinogänger
oder der Totgucker, dazwischen der schwarzgekleidete Erzähler, der ein
wenig an den Sensemann erinnert. Ständig der Kontrast zwischen bunt
und grell und eben schwarz, grau und dunkel. Wie dieses Stück auf den
Zuschauer wirken soll, bleibt leider ungewiss. Traurig? Nachdenklich?
Erleichternd?
Geklärt ist ein Glück, was ein Bühnencomic ist, und das ziemlich gut.
Viel Zeit vergangen, viel Zeit verplempert, viel Zeit verschlafen...
Unter der Regie von half past selber schuld ist aus der
„sündenvergebmaschine“ ein farbenfrohes, fantasievolles, multimediales
Spektakel entstanden. (Franziska Krebs)
„Ich habe eine Zeitmaschine erfunden [...] und (boing) waren die
Menschen weg.“ - Das Theaterstück „die sündenvergebmaschine“ von
Ilanik Magarshak-Riegg und Frank Römmele braucht dafür keine
Zeitmaschine. Das Künstlerduo „half past selber schuld“ hat bereits 2001
ein gleichnamiges Hörspiel veröffentlicht und bekam dafür die
Auszeichnung Hörspiel des Monats. Beide sind auch an der Theaterfassung
für so gut wie alles verantwortlich. Sie führen Regie, komponieren die
Musik, schreiben die Texte und, wie soll es anders sein, spielen sie auch
alle sichtbaren Rollen. Wer sich für wirre Musik (Magarshak-Riegg) und ein
skurriles Bühnenbild interessiert, wäre hier richtig. Aber wer tut das
schon!
Half past selber schuld haben gottgleich auch in 7 Tagen die
Schöpfungsgeschichte umgeschrieben, doch die einzigen Gründe warum
man sich überhaupt diese Stück ansehen sollte, sind das Bühnenbild und
die Musik. Doch auch hier wäre weniger mehr gewesen. Die permanentpenetrante Videoinstallation im Hintergrund zerstört den guten Eindruck,
den Musik und Bühnenbild machen könnten.
Die Kulissen (Herbert Willems, half past selber schuld) und Kostüme sind
comichaft bunt. Es ist interessant zu sehen, wie sich einzelne
Bühnenutensilien verwandeln z.B. eine überdimensionalen Schnecke in
einen Berg mit Häusern oder der „Erzähler“ in die „Jugend von Heute“.
Aufgepeppt durch einen folkloristisch-schrillen Soundteppich wirkt die
Szenerie surreal. Das alles reicht aber dem Duo anscheinend noch nicht
aus, sie reizen das Publikum mit ständigen Wiederholungen und
übertriebenen bis überdrehten Aktionen auf der Bühne. Es wäre besser für
Römmele, wenn er sich ausschließlich dem theoretischen Teil widmete und
das Schauspielern einem Profi überlassen würde.
Am Ende des Stücks ist viel Zeit vergangen. Manche haben sie
verplempert, andere verschlafen, Dritte haben ihre Zeit besser genutzt.
Außerirdische Würmer & Plastikperücken gegen
Gedankenkontrolle durch das Fernsehen
"Die Sündenvergebmaschine" - ein verwirrender, surrealistischer
Bühnencomic (Luise Lorenz)
„Alarmglocken läuten auf der ganzen Welt. Gedankenkontrolle, kranke
Superhelden, ich. das Gefühl, einen Planeten aus der Umlaufbahn zu
stossen. Bluten.“
Verwirrt ist man als Zuschauer der „Sündenvergebmaschine“ wiederaufgenommen in den Kammerspielen/FFT Düsseldorf - nicht nur bei
Sätzen wie diesem, sondern fast die gesamten anderthalb Stunden lang.
Mehr Kunstwerk als Theaterstück ist der selbsternannte, erste
„Bühnencomic“- laut und bunt in Szene gesetzt von dem dreiköpfigen
Düsseldorfer Ensemble „Half past selber Schuld“. Premiere feierte das
Stück bereits im Oktober 2001, wurde aber aufgrund des großen Erfolges
diesen Sommer noch mal in das Programm aufgenommen.
Der Handlungsstrang ist schwer zu fassen. In sieben Phasen werden,
mehr oder weniger philosophisch, Fehler der Menschheit aufgezeigt und
kritisch beleuchtet. Das Leben auf der Erde wird von schlangenartigen
Wesen eines anderen Planeten erforscht und beobachtet. Als das Projekt
aufgrund der Kontrolle von Wissenschaft, Maschinen und den Medien über
das Leben und Handeln der Menschen zu gefährlich wird, brechen die
Außerirdischen ihre Untersuchung ab und ziehen sich zurück. Am Ende der
Geschichte steht „Gott“ in Schwarz vor den Zuschauern und beschließt das
Stück mit den Worten: „Dass ich euch liebe, das macht mich so traurig und dafür hasse ich euch.“
Eine Leinwand, auf der mal bunte Comicstripes, mal Schattenschnitte
ablaufen, ist der zentrale Bühnenhintergrund. Davor spielt sich reges
Geschehen ab, es tauchen immer wieder neue Requisiten auf, die Formen
und Farben haben. Das Leben auf der Bühne ist hektisch, teilweise
undurchsichtig. Es wird gesungen, gerannt, performed. Auffallend sind die
Kostüme der beiden Hauptdarsteller Ilamit Magashark Riegg und Sir
Ladybug Beetle. Sie sind entstellend geschminkt, tragen harte
Plastikperrücken mit unnatürlichen Frisuren. Die Farben Rosa, Schwarz
und Gelb dominieren. Da unnatürliche Ausdrucks- und
Betonungsschwerpunkte, Gesang und Performance im Vordergrund
stehen, ist eine Beurteilung der schauspielerischen Leistung unmöglich.
Philosophische Aspekte und kritische Ansätze sind durchaus erkennbar,
jedoch in der Umsetzung oft undurchsichtig, zu schnell oder teilweise
einfach nur nervtötend. Der Zuschauer erlebt, wie gesagt eine andauernde
Verwirrung, die nicht selten durch das schnelle Fortlaufen des Stückes
verursacht wird, nach Sätzen, die eigentlich erst einmal still verarbeitet
werden müssten. Nachdem den Zuschauern „Gott“ seine abschließenden
Worte mit auf den Weg gegeben hat, folgt ein verhaltendes, immer noch
verwirrtes Klatschen und wir alle glauben „half past selber schuld“ hatte
Recht mit: „ihr wisst nichts. ihr wisst nichts. nichts wisst ihr, ihr wisst
nichts.“
Schnell(er) (er)leben
half past selber schuld zeigt die „sündenvergebmaschine“ in den
Kammerspielen (Verena Meis)
Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. In den Kammerspielen
(FFT Düsseldorf) nicht: Bei „half past selber schuld“ ist zwar im Anfang
auch das Wort, aber auch Jazz, Trash, Sesamstraße und Independent
Rock existieren neben lampion-ähnlichen „Pappbirken-Pflanzen“ und
ekelhaft-süßen Wissenschaftler-Würmer in ihrem gelb-braunen
Stachelapfel, der in diesem Fall nicht von Eva gegessen wird. Es existiert
zunächst nur ein Erzähler und nicht Gott. Dieser hat „eine Zeitmaschine
erfunden“ und folglich tauchen wir in eine neue Version der
Schöpfungsgeschichte ein.
Schon erfolgreich im September 2002 in den Kammerspielen uraufgeführt,
wurde die „sündenvergebmaschine“ von half past selber schuld im
Rahmen der Reihe „start up“ im Juli dieses Jahres wieder aufgenommen.
Das „Absurdical in sieben Phasen“ basiert auf dem gleichnamigen Hörspiel
des deutsch-israelischen Künstlerduos bestehend aus der Komponistin und
Musikerin Ilanit Magarshak-Riegg und dem Autor und Comiczeichner Frank
Römmele alias Sir ladybug beetle.
In ihren schrill-schrägen Kostümen hampeln die beiden Akteure als
„Todgucker“ oder „Jugend von heute“ über die Bühne, bringen
Handpuppen wie den „Ideenwerfer“, die von Unsterblichkeit träumenden
„Wissenschaftler“ oder den letzten „Pangolan“ zum Sprechen und beten
die Fernsehleinwand an, die ihnen den Krieg mit lautem „Ratatatat“
präsentiert. Existierte in der 2. Schöpfungsphase noch die PappSchildkröte, so entpuppte sie sich schon in der 3. Phase als
multifunktionell und formierte sich zu menschenvollen
Hochhausschluchten um: „Ach, Menschen, man muss sie alle liebhaben.“
Half past selber schuld treiben ihre Zuneigung so weit, dass sie ComicRoboter samt Mensch, Tier und Birken in einem chaotischen Lichtgefunzel
untergehen lassen. Doch das Ende ist gleichzeitig Anfang: Der Zuschauer
erlebt in schnell rasenden 90 Minuten ein Mosaik aus Musik, Text, Film,
Comic und Theater, das ihn in den Bann des schnellen Lebens zieht und
am Ende die Schöpfungsgeschichte wieder von Neuem starten lässt, denn
unsere Sünden werden ja vergeben... Oder etwa nicht?
Noch zu sehen vom 8. bis 10. August in den Kammerspielen /FFT. Infos :
www.halfpastselberschuld.de.
Na dann: Gute Nacht!
„Die Sündenvergebmaschine“ von half past selber schuld im FFT. Sünden
werden nicht vergeben – selber schuld! (Daniel Myslinski)
Dunkelheit. Windgeräusche ziehen durch den Raum. Eine gespannte,
leicht befremdliche Atmosphäre voller Erwartungen des Zuschauers. Der
Erzähler tritt endlich auf und berichtet: Eine Zeitmaschine habe er
erfunden. Sie rausche noch ein bisschen, aber sonst sei sie okay.
Bei der „Sündenvergebmaschine“, als Wiederaufnahme im Forum Freies
Theater, handelt es sich in erster Linie um eine Bühnenadaption des
gleichnamigen Hörspiels von half past selber schuld. Gefördert durch die
Filmstiftung NRW wurde es 2002 im Deutschlandfunk gesendet und just
zum Hörspiel des Monats April gekürt. Das „zwischen naiv-ironischem
Kinderhörspiel und opulent inszenierter Höroper“, so die Jury des
Hörspielpreises, schwankende Audioerlebnis wurde von dem Künstlerduo,
bestehend aus der israelischen Komponistin und Musikerin Ilanit
Magarshak-Riegg und Frank Römmele, alias Sir Ladybug Beetle,
verantwortlich für die textliche Komponente, visuell aufgearbeitet und zur
„Bühnenoper“ entwickelt. Zur Premiere im Oktober entstand somit „wohl
eins der seltsamsten Stücke, die in Düsseldorfs freier Theaterszene
aufgeführt werden“, so Niels Ewerbeck, Leiter des FFT. Beim Hörspiel noch
durch weitere Musiker und Sprecher unterstützt, sind die Protagonisten
von half past selber schuld nun auf sich selbst gestellt, die Musik kommt
vom Band. Die Düsseldorfer Künstler, schlagen sich bei ihrer ersten
Theater-„Show“ bravourös, überzeugen und fesseln den Blick der
Zuschauer. Die immer passende Musik unterstützt Bild und
Stimmungslage, auch wenn die aufgebauten Emotionen ad absurdum
geführt werden.
Gezeigt wird, wie auf ihrer Homepage bereits zu lesen ist, „Die Entstehung
und der Untergang einer Welt, die der unseren sehr ähnlich ist.“ Das von
der Presse als „Schöpfungsgeschichte“ betitelte Werk ist jedoch eher mit
der Göttlichen Komödie in Verbindung zu bringen. So wie Dante das
Weltbild seiner Gegenwart, des 14. Jahrhunderts beschreibt, legen auch
half past selber schuld einen Versuch einer solchen Deskription nieder,
und somit ist dies nur ganzheitlich erfassbar. „Wir möchten möglichst viele
Kunstrichtungen miteinander verbinden“, so Römmele; ein
Gesamtkunstwerk in Stilrichtungen wie in Darbietungsformen. Allerdings
wäre es auch über ein halbes Jahrtausend nach Dante nicht unpassend,
den Zuschauer als modernen Vergil über dem Eingang lesen zu lassen:
„Lasst alle Hoffnung fahren, die ihr hier eintretet“. Sehr kritisch ist die auf
der Bühne dargebrachte Konfrontation mit der Welt. Kritisch, jedoch nicht
unrealistisch. So bleibt zwar ein bitterer Nachgeschmack, den man mit
nach Hause nimmt, wie lange er anhält, ist jedoch offen.
Der Erzähler tritt auf und berichtet: Dass er sie liebe, obwohl sie so seien,
- ja, dafür hasse er sie sehr. Und dass er sie liebe, weil sie so seien, - das
hasse er an sich noch mehr. Eine nachdenkliche, stark befremdliche
Atmosphäre voller Einsicht des Zuschauers. Windgeräusche ziehen durch
den Raum. Dunkelheit.
(1.-3. und 8.-10. August, 21 Uhr, Kammerspiele Düsseldorf,
www.halfpastselberschuld.de)
Generalabsolution für Jedermann?
„Die Sündenvergebmaschine“ im FFT (Dagmar Podzun)
Erzählt wird die „Sündenvergebmaschine“ von einem Zeitreisenden.
Gezeigt wird in dem musikalischen Science-Fiction Bühnencomic die
Schöpfungsgeschichte in sieben Phasen - garantiert schräg und knallbunt.
Das „Absurdical“, das im Forum Freies Theater schon im letzten Jahr mit
großem Erfolg aufgeführt wurde (Premiere Oktober 2002), kehrte im Juli
dieses Jahres wieder nach Düsseldorf zurück.
Das Künstlerduo „half past selber schuld“, Illanit Magarshak–Riegg und
Frank Römmele alias Sir Ladybug-Beetle, das hier am Rhein zu Hause ist,
bleibt auch mit diesem Werk seinem Namen treu: Buch, Musik, Regie,
Darsteller und zusätzlich die Beteiligung an weiteren Bereichen, wie
Trickfilm, Schattenspiel, Puppen und Kostümen – all das haben sie selbst
realisiert. Bei so viel geballter Kreativität ist es nicht überraschend, dass
„half past selber schuld“ von der Akademie der Darstellenden Künste und
von den ARD-Anstalten für das gleichnamige Hörspiel - die Vorlage des
Bühnenstücks - ausgezeichnet wurde.
Ihre Arbeitsweise scheint den Künstlern aber nicht nur Erfolg zu bringen,
sondern auch Spaß zu machen; so planen sie für die Zukunft sogar die
Produktion eines eigenen Trickfilms, nachdem sie mit der
„Sündenvergebmaschine“ Gelegenheit hatten, in diesem Genre zu
arbeiten. Es soll aber weiterhin dabei bleiben, dass Frank Römmele vor
allem für Texte und graphische Gestaltung zuständig ist und Illanit
Magarshak-Riegg für die Musik. Diese verschiedenartige künstlerische
Herkunft ist es vielleicht auch, die es diesen beiden erst ermöglicht, ohne
Theatererfahrung ein Stück von solcher Komplexität – und dies in jeder
Hinsicht - zu verwirklichen.
Auch wenn hier wohl jeder seine Sünden wieder mit nach Hause nimmt,
ließen sich die Kritiker schon im vergangenen Jahr zu wahren
Lobeshymnen hinreißen, die dem Zuschauer versprachen:“...nach diesem
psychedelischem Höropern-Trip fühlt man sich zwar nicht geläutert, aber
clean und ein bißchen so wie Gott, als er sah, was er geschaffen hatte,
und fand, dass es gut war.“ (Süddeutsche Zeitung)
Noch zu sehen vom 8. bis 10. August in den Kammerspielen/FFT. Infos
unter www.halfpastselberschuld.de.
Die Schöpfungsgeschichte - mal anders
half past selber schuld und das FFT inszenieren ein völlig absurdes
Bühnencomic, mit ganz viel Farbe. (Helena Polewsky)
Sie: Grelle, pink geschminkte Wangen und Lippen, ein rosa Kleidchen, wie
es jedes Mädchen einmal für seine Barbiepuppe haben wollte und eine
rosa-rot gekringelte “Haar”-Perücke. Er: nicht ganz so schrill wie sie, im
dunklen “Anzug”, dafür aber mit schwarz-gelber Original Elvis-Frisur und
wunderbar breiten Kotletten. Wer sie sind? Gute Frage!
In diesem Outfit sind sie zunächst die beiden Hauptdarsteller des völlig
bunten und schrägen Bühenencomics “Die Sündenvergebmaschine”, das
am 18 Juli 2003 seine zweite Premiere in den Düsseldorfer Kammerspielen
des FFT feierte. Gleichzeitig sind sie die Autoren dieses Absurdicals, die
Bühnenbildner und die Kostümentwerfer, und für die passende Musik zum
Stück sind sie auch verantwortlich. So gesehen: Alle Fliegen mit einer
(bzw. zwei) Klatsch(en).
Zusammen nennen sie sich “half past selber schuld” - einzeln Frank
Römmele alias Sir ladybug beetle und Ilanit Magarshag-Riegg. 2001
veröffentlichte das multitalentierte Künstlerduo “Die
Sündenvergebmaschine” zunächst als Hörspiel, bevor sie es 2002 in
Zusammenarbeit mit dem FFT das erste Mal auf die Bühne brachten.
Sicherlich erfuhr ihre Arbeit damit eine ganz neue Perspektive. Und diese
sollte radikal sein, provozieren und zum Nachdenken anregen - deshalb
vielleicht die flippigen Comic-Farben im Gegensatz zu der eher düsteren
und gesellschaftskritischen Story.
Beschrieben wird die Schöpfungsgeschichte - mal etwas anders. Erzähler
ist ein Zeitreisender (Sir ladybug beetle in schwarzer Kutte), der sich an
den “Anfang” zurückversetzt. In sieben äußerst skurrilen Phasen erlebt er
mit den Zuschauern und vier wurmartigen (Handpuppen-)Geschöpfen, wie
unsere heutige Welt entsteht. Es beginnt mit “birkenähnlichen Pflanzen”,
die Tiere folgen, “sie essen sich und andere und kacken”. In Phase drei
folgt schließlich das “intelligente Leben”. Jedoch schneiden die Menschen
nicht wesentlich besser ab. Eine laut-schräge Szene folgt der anderen Fernsehen, Wissenschaft Gentechnologie - wie soll da von der „Jugend von
heute“ noch viel zu erwarten sein!?
Fraglich bleibt zumindest, ob die “Sündenvergebmaschine” alle Vergehen
der Schöpfungsgeschichte vergibt. Denn ganz eindeutig ist das
Schlusswort nicht; “und dass ich euch liebe, weil ihr so seid, - das hass´
ich an mir noch mehr.”
Eine kunterbunte Reise durch die Zeit
Allroundtalente half past selber schuld stellen ihre
„Sündenvergebmaschine“ vor. (Maike Rose)
Schrill, schräg, schreiend – treffende Attribute für die bunte Welt, in die
das Publikum gleich zu Beginn des knalligen Bühnencomics „Die
Sündenvergebmaschine – ein Absurdical in sieben Phasen“, eintaucht.
Premiere in den Kammerspielen/FFT Düsseldorf am 18.7.03: Wir befinden
uns in der ersten Phase der Entstehung einer Kultur, in der sich die Flora
entwickelt. Zu unserer Linken stecken vier wurmartige Wesen ihre Köpfe
aus den Löchern einer bunt gewölbten Wand. Im Chor teilen sie uns ihre
Beobachtungen mit und schon können wir auch live miterleben, wie zwei
liebevoll gestaltete Papp-Birken beispielhaft heranwachsen und sich zu
voller Größe entfalten. Phase zwei kann beginnen – eine riesige
Schildkröte schiebt sich ins Bild: die Tierwelt entsteht!
In weiteren fünf Phasen bevölkern Menschen und schließlich
Wissenschaftler diesen seltsam fremden und doch so bekannten Planeten.
Maschinen fordern eine Revolution und alles versinkt im Chaos um am
Ende vielleicht einen neuen Anfang zu finden.
Half past selber schuld, das sind die israelische Komponistin und Musikerin
Ilanit Magarshak-Riegg und der deutsche Autor und Comiczeichner Frank
Römmele alias Sir ladybug beetle, zeigen in dieser Inszenierung ihr Talent
zum Tausendsassa! Den Großteil der Figuren stellen sie selbst dar und
kaschieren den Rest mit witzigen Puppen. Der Zuschauer hat allerlei zu
tun: Einerseits dem versförmigen, wortspielreichen Text zuhören,
andererseits die vielen Facetten der unterschiedlichsten und teilweise
urkomisch anmutenden Requisiten betrachten oder auch die vielen
Zeichentrick-Einspieler auf der Leinwand im Hintergrund auf sich wirken
lassen, welche meist nach Monty-Python-Manier zusammengeschnitten
sind und perfekt in Szene gesetzt werden.
Egal, ob man sich das Stück als reine Unterhaltung ansieht oder den
tieferen Sinn der Entstehung einer Kultur bis zu den Gründen ihres Verfalls
sucht – alles scheint möglich und Langeweile ist bei diesem Projekt ein
Fremdwort. „Die Sündenvergebmaschine“ hat ihre Wirkung nicht verfehlt!
Reinzeichnung oder Überzeichnung?
„die sündenvergebmaschine“ – das Bühnencomic im FFT (Nadine Vollmer)
„Wir nehmen betrunkenen Kindern ihre Waffen weg“, plärrt es aus den
Papp-Ordnungshütern – da lacht das Publikum. Das einzige Mal herzhaft.
Denn sonst bleibt dafür gar keine Zeit. Zu rasant stürzen die Eindrücke
auf den Zuschauer ein, als dass er einmal bei einem Bild verweilen könnte
ohne den Anschluss zu verpassen.
Die „sündenvergebmaschine“ des deutsch-israelischen Künstlerduos „half
past selber schuld“ (Ilanit Margashak-Riegg und Frank Römmele alias Sir
ladybug beetle), wurde im Juli dieses Jahres in den Kammerspielen/FFT
wieder aufgenommen. Die Bühnenfassung basiert auf dem gleichnamigen
Hörspiel, das im April 2002 von der Akademie der Darstellenden Künste
und der ARD zum Hörspiel des Monats gewählt wurde.
Die „sündenvergebmaschine“ ist laut, schrill, bunt, nachdenklich,
wahnsinnig und wundervoll. Ein Erzähler schildert die Neuauflage der
Kulturgeschichte von ihrer Entstehung bis zu ihrem Untergang, indem er
einen Blick auf skurrile Figuren, wie Wissenschaftler, Würmer, den Tod
aus Budanikki, die Jugend von heute oder Schwester Beate wirft. Soweit
der grobe Inhalt. Gespielt wird mit allem, was die Spielzeugkiste so
hergibt: knallbunte Kostüme mit Pappmaché-Perücken, ein aufwendig
gebasteltes Bühnenbild, Scherenschnitt, Trickfilme, Sprechblasen, Puppen,
Bauchreden, Lichteffekte und hochkomplexe musikalische Untermalung
von dem zum Fußwippen anregenden Bass bis zur betrübt stimmenden
Klarinette – Reinzeichnung durch Überzeichnung. Und „half past selber
schuld“ sind Regisseure, Darsteller, Komponisten, Dichter, Zeichner,
Maler, Bastler und Kostümschneider – sehr überzeugend und - geholfen
werden durfte nur da, wo sie selber nicht mehr weiter konnten, sagen sie.
Und ihre Intention? Ganz unkritisch scheinen die Aussagen nicht zu sein,
wenn z.B. der Fernseher verehrt und doch verabscheut wird oder die
Wissenschaft die Biologie für ersetzbar hält. Die Interpretation überlassen
„half past selber schuld“ dennoch gerne ganz dem Zuschauer – auch eine
Art sich seine künstlerische Freiheit zu bewahren.
Der Zuschauer jedenfalls befindet sich in einem Hin und Her der Gefühle.
Die Eindrücke strömen auf ihn ein und lassen ihn mal lachen und mal sich
ganz schlecht fühlen. Die Absolution jedoch bekommt am Ende jeder
erteilt: „Und dass ich euch liebe, obwohl ihr so seid – ja, dafür hass‘ ich
euch sehr. Und dass ich euch liebe, weil ihr so seid – das hass‘ ich an mir
noch mehr.“ Amen.
Herunterladen