Kritiken zu Ilanith Magarshag-Rieggs und Frank Römmeles "sündenvergebmaschine" von half past selber schuld in den FFTKammerspielen, Düsseldorf Selbstgemachtes Theater „half past selber schuld“ spielen ihre "Sündenvergebmaschine" im FFT (Claudia Blum) „Ein Gesamtkunstwerk" ist es, in dem "alles zueinander passt". So beschreiben Ilanit Magarshak-Riegg und Frank Römmele alias "Sir ladybug beetle" ihr neuestes Werk "Die Sündenvergebmaschine". Es ist ein "Absurdical in sieben Phasen", das die beiden Düsseldorfer Künstler unter dem Namen "half past selber schuld" im FFT auf die Bühne bringen. Erzählt wird eine schräge Neuauflage der Schöpfungsgeschichte. Da gibt es Pflanzen, Tiere, Menschen, Maschinen und das unvermeidliche Chaos, in dem sie alle enden. Dabei ist es dem Duo besonders wichtig, dem Zuschauer Freiräume zur eigenen Interpretation zu lassen. Nicht umsonst wird das Stück als Bühnencomic bezeichnet, denn wie bei einem Comic muss sich der Zuschauer das vorstellen, was zwischen den Bildern passiert. Dass diese Tatsache mitunter die verschiedensten Reaktionen hervorruft, begeistert die beiden Künstler umso mehr. An einen Comic erinnert auch das bunte Bühnenbild, das genau wie Text, Musik und schrille Perücken aus Pappmaché von den Künstlern selbst angefertigt wurde - ein Gesamtkunstwerk eben. Angefangen hat alles 2001, als die aus Israel stammende Komponistin und der deutsche Autor und Comiczeichner, die nun seit 5 Jahren als „half passt selber schuld“ auftreten, das Hörspiel „sündenvergebmaschine“ produzierten. Es folgten eine Auszeichnung als Hörspiel des Monats von den ARD-Anstalten und der Akademie der darstellenden Künste im April 2001 sowie zahlreiche Auftritte. Nach einem Auftritt im Foyer des FFT entschloss man sich, von der Filmstiftung NRW gefördert, ein Theaterstück auf die Beine zu stellen. Teile einer früheren Performance der beiden Künstler wurden dabei ebenso eingebaut wie die von Ilanit Magarshak-Riegg. eigens für das Stück komponierte Musik, verschiedene Trickfilme und Schattenspiele. Die Premiere im Oktober 2002 wurde ein großer Erfolg, das Stück von Kritikern als "schrill-bunte Collage aus Bühne und Film, Monty Python und Fritz Lang, Trash und Independent Rock" (Rheinische Post) gelobt. Nach 10 erfolgreichen Aufführungen im letzten Jahr wird die "sündenvergebmaschine" nun im Rahmen der Düsseldorfer Sommerspiele wieder gezeigt. Schöpfungsgeschichte neugeschrieben Die „sündenvergebmaschine“ von half past selber schuld am FFT Düsseldorf (Annette Graefe) Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Allgemein bekannt. Falsch gedacht. Am Anfang stehen grüne birkenähnliche Pflanzen, Pangolan und Alefant und dann kommt der Mensch. Aber nicht nackt wie „Gott ihn schuf“, sondern pink und schrill gekleidet wie eine Comicfigur. Die „Krone der Schöpfung“ betet die Leinwand an und lässt sich unangenehme Wörter chirurgisch entfernen. Beobachtet von kleinen braunen Würmern, denen es bei der rasanten Entwicklung dieses Geschlechts ganz unheimlich zu Mute wird. Schöpfungs-, Menschheits- und Kulturgeschichte werden neu geschrieben. Zeitreise zur Geburtsstunde der Welt: Schwarz gekleidet wie der Tod führt der Erzähler in der „sündenvergebmaschine“ des Künstlerduos half past selber schuld zurück zum Anfang. Das farbenfrohe Bühnencomicspektakel zeigt in 90 Minuten den Aufstieg einer Kultur bis zu ihrem Niedergang und karikiert dabei auf komisch-nachdenkliche Weise die zeitgenössische Gesellschaft. Da werben die Wissenschaftler: „wir machen Euch untötbar zu 99,8 %. mit uns könnt ihr schneller leben.“ und ein Stimme murmelt: „sorg für mich. ach, bitte, bitte, sorg für mich.“ Eine hochentwickelte Gesellschaft zwischen wissenschaftlichem Wahnsinn und kindlichem Wunsch nach Geborgenheit. Bereits zum zweiten Mal wird die „sündenvergebmaschine“, die eigentlich als Hörspiel produziert wurde, am FFT Düsseldorf aufgeführt. Das naiv wie von Kinderhänden gestaltete Bühnenbild und dessen laienhaft-niedliche Umstellung durch den in schwarzem Gymnastikanzug gehüllten Unsichtbaren (Pourya Kalantarzadeh) verleiht dem Stück seinen Charme. Denn die professionell nachgeahmten ruckartigen Bewegungen der „Comic“-Figuren, der wohlüberlegte, poetische Text und die aufwendigen Musikcollagen verhindern dabei, dass die Inszenierung in albernen Klamauk abrutscht. Ilanit Magarshak-Riegg und Frank Römmele alias Sir ladybug beetle sind half past selber schuld. Seit 1998 arbeiten sie zusammen und sind von den ARD-Anstalten für die „sündenvergebmaschine“ zum Hörspiel des Monats April 2002 gewählt worden. Das Künstlerduo schafft es auch auf der Bühne musikalische Einlagen, Trickfilme, Schattenspiele und Poesie zu einer eindrucksvollen Einheit zu verbinden, der es weder an einer Intention noch an einem Konzept fehlt, auch wenn die Künstler das in ihren Interviews gern behaupten. Reizüberflutung in Pink „Die Sündenvergebmaschine“- ein Bühnencomic von half past selber schuld im FFT Düsseldorf (Elena Kohlbecher) Ein Bühnencomic? Was ist das? - Vielleicht erstmal ein anderer Einstieg. Der erste Kontakt: ein Flyer oder ein Plakat. Vorrangige Farbe: Pink. Ein Rahmen mit einem Bild von zwei Personen. Die eine winkt superfröhlich in die Kamera. Der andere guckt irgendwie extrem ängstlich zur Seite. Beide tragen Perücken aus Pappmaché. Schrill. Wie ist der Gesichtsausdruck nun aber zu bewerten? - Die abgebildeten Personen sind Ilanit Magarshak-Riegg und Sir ladybug beetle, alias „half past selber schuld“. Im Juli dieses Jahres war die Wiederaufnahme ihrer „sündenvergebmaschine – ein absurdical in sieben phasen in den Düsseldorfer Kammerspielen zu sehen. Alle Charaktere des Stücks werden von den beiden Künstlern dargestellt. Einzige Hilfe: der Unsichtbare. Sonst machen sie fast alles allein: Bühnenbild, Musik, Text, Regie - fast alles eben. „Half past selber schuld“ wollen wohl eher ein Gesamtkunstwerk schaffen, als ein Theaterstück. Und so ist das Forum der FFT Kammerspiele schon mit pinken Kulissen bestückt. Die Bühne dagegen ist leer und schwarz. Einzig neben der Bühne ist ein schwarz-weißes, tumorartiges Gebilde befestigt, aus dem später vier Würmer rausgucken und erzählen. Nach Beginn des Stücks jedoch ist nichts mehr so schwarz und leer. Bunte Pilze fahren hoch. Man denkt an LSD. Die Leinwand zeigt schrille Videoinstallationen. Man denkt an Monty Python. Das Bühnenbild reisst mit. Immer mehr Details tauchen auf. Eine riesige Schildkröte kriecht hinein; die Pilze verwandeln sich in graue Hochhäuser; eine Bar mit vier Hockern und Bier; ein Operationssaal. Und nichts ist wirklich echt oder wirkt real - ein Comic eben. Mittendrin: Schwester Beate, die Jugend von heute, ein Kinogänger oder der Totgucker, dazwischen der schwarzgekleidete Erzähler, der ein wenig an den Sensemann erinnert. Ständig der Kontrast zwischen bunt und grell und eben schwarz, grau und dunkel. Wie dieses Stück auf den Zuschauer wirken soll, bleibt leider ungewiss. Traurig? Nachdenklich? Erleichternd? Geklärt ist ein Glück, was ein Bühnencomic ist, und das ziemlich gut. Viel Zeit vergangen, viel Zeit verplempert, viel Zeit verschlafen... Unter der Regie von half past selber schuld ist aus der „sündenvergebmaschine“ ein farbenfrohes, fantasievolles, multimediales Spektakel entstanden. (Franziska Krebs) „Ich habe eine Zeitmaschine erfunden [...] und (boing) waren die Menschen weg.“ - Das Theaterstück „die sündenvergebmaschine“ von Ilanik Magarshak-Riegg und Frank Römmele braucht dafür keine Zeitmaschine. Das Künstlerduo „half past selber schuld“ hat bereits 2001 ein gleichnamiges Hörspiel veröffentlicht und bekam dafür die Auszeichnung Hörspiel des Monats. Beide sind auch an der Theaterfassung für so gut wie alles verantwortlich. Sie führen Regie, komponieren die Musik, schreiben die Texte und, wie soll es anders sein, spielen sie auch alle sichtbaren Rollen. Wer sich für wirre Musik (Magarshak-Riegg) und ein skurriles Bühnenbild interessiert, wäre hier richtig. Aber wer tut das schon! Half past selber schuld haben gottgleich auch in 7 Tagen die Schöpfungsgeschichte umgeschrieben, doch die einzigen Gründe warum man sich überhaupt diese Stück ansehen sollte, sind das Bühnenbild und die Musik. Doch auch hier wäre weniger mehr gewesen. Die permanentpenetrante Videoinstallation im Hintergrund zerstört den guten Eindruck, den Musik und Bühnenbild machen könnten. Die Kulissen (Herbert Willems, half past selber schuld) und Kostüme sind comichaft bunt. Es ist interessant zu sehen, wie sich einzelne Bühnenutensilien verwandeln z.B. eine überdimensionalen Schnecke in einen Berg mit Häusern oder der „Erzähler“ in die „Jugend von Heute“. Aufgepeppt durch einen folkloristisch-schrillen Soundteppich wirkt die Szenerie surreal. Das alles reicht aber dem Duo anscheinend noch nicht aus, sie reizen das Publikum mit ständigen Wiederholungen und übertriebenen bis überdrehten Aktionen auf der Bühne. Es wäre besser für Römmele, wenn er sich ausschließlich dem theoretischen Teil widmete und das Schauspielern einem Profi überlassen würde. Am Ende des Stücks ist viel Zeit vergangen. Manche haben sie verplempert, andere verschlafen, Dritte haben ihre Zeit besser genutzt. Außerirdische Würmer & Plastikperücken gegen Gedankenkontrolle durch das Fernsehen "Die Sündenvergebmaschine" - ein verwirrender, surrealistischer Bühnencomic (Luise Lorenz) „Alarmglocken läuten auf der ganzen Welt. Gedankenkontrolle, kranke Superhelden, ich. das Gefühl, einen Planeten aus der Umlaufbahn zu stossen. Bluten.“ Verwirrt ist man als Zuschauer der „Sündenvergebmaschine“ wiederaufgenommen in den Kammerspielen/FFT Düsseldorf - nicht nur bei Sätzen wie diesem, sondern fast die gesamten anderthalb Stunden lang. Mehr Kunstwerk als Theaterstück ist der selbsternannte, erste „Bühnencomic“- laut und bunt in Szene gesetzt von dem dreiköpfigen Düsseldorfer Ensemble „Half past selber Schuld“. Premiere feierte das Stück bereits im Oktober 2001, wurde aber aufgrund des großen Erfolges diesen Sommer noch mal in das Programm aufgenommen. Der Handlungsstrang ist schwer zu fassen. In sieben Phasen werden, mehr oder weniger philosophisch, Fehler der Menschheit aufgezeigt und kritisch beleuchtet. Das Leben auf der Erde wird von schlangenartigen Wesen eines anderen Planeten erforscht und beobachtet. Als das Projekt aufgrund der Kontrolle von Wissenschaft, Maschinen und den Medien über das Leben und Handeln der Menschen zu gefährlich wird, brechen die Außerirdischen ihre Untersuchung ab und ziehen sich zurück. Am Ende der Geschichte steht „Gott“ in Schwarz vor den Zuschauern und beschließt das Stück mit den Worten: „Dass ich euch liebe, das macht mich so traurig und dafür hasse ich euch.“ Eine Leinwand, auf der mal bunte Comicstripes, mal Schattenschnitte ablaufen, ist der zentrale Bühnenhintergrund. Davor spielt sich reges Geschehen ab, es tauchen immer wieder neue Requisiten auf, die Formen und Farben haben. Das Leben auf der Bühne ist hektisch, teilweise undurchsichtig. Es wird gesungen, gerannt, performed. Auffallend sind die Kostüme der beiden Hauptdarsteller Ilamit Magashark Riegg und Sir Ladybug Beetle. Sie sind entstellend geschminkt, tragen harte Plastikperrücken mit unnatürlichen Frisuren. Die Farben Rosa, Schwarz und Gelb dominieren. Da unnatürliche Ausdrucks- und Betonungsschwerpunkte, Gesang und Performance im Vordergrund stehen, ist eine Beurteilung der schauspielerischen Leistung unmöglich. Philosophische Aspekte und kritische Ansätze sind durchaus erkennbar, jedoch in der Umsetzung oft undurchsichtig, zu schnell oder teilweise einfach nur nervtötend. Der Zuschauer erlebt, wie gesagt eine andauernde Verwirrung, die nicht selten durch das schnelle Fortlaufen des Stückes verursacht wird, nach Sätzen, die eigentlich erst einmal still verarbeitet werden müssten. Nachdem den Zuschauern „Gott“ seine abschließenden Worte mit auf den Weg gegeben hat, folgt ein verhaltendes, immer noch verwirrtes Klatschen und wir alle glauben „half past selber schuld“ hatte Recht mit: „ihr wisst nichts. ihr wisst nichts. nichts wisst ihr, ihr wisst nichts.“ Schnell(er) (er)leben half past selber schuld zeigt die „sündenvergebmaschine“ in den Kammerspielen (Verena Meis) Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. In den Kammerspielen (FFT Düsseldorf) nicht: Bei „half past selber schuld“ ist zwar im Anfang auch das Wort, aber auch Jazz, Trash, Sesamstraße und Independent Rock existieren neben lampion-ähnlichen „Pappbirken-Pflanzen“ und ekelhaft-süßen Wissenschaftler-Würmer in ihrem gelb-braunen Stachelapfel, der in diesem Fall nicht von Eva gegessen wird. Es existiert zunächst nur ein Erzähler und nicht Gott. Dieser hat „eine Zeitmaschine erfunden“ und folglich tauchen wir in eine neue Version der Schöpfungsgeschichte ein. Schon erfolgreich im September 2002 in den Kammerspielen uraufgeführt, wurde die „sündenvergebmaschine“ von half past selber schuld im Rahmen der Reihe „start up“ im Juli dieses Jahres wieder aufgenommen. Das „Absurdical in sieben Phasen“ basiert auf dem gleichnamigen Hörspiel des deutsch-israelischen Künstlerduos bestehend aus der Komponistin und Musikerin Ilanit Magarshak-Riegg und dem Autor und Comiczeichner Frank Römmele alias Sir ladybug beetle. In ihren schrill-schrägen Kostümen hampeln die beiden Akteure als „Todgucker“ oder „Jugend von heute“ über die Bühne, bringen Handpuppen wie den „Ideenwerfer“, die von Unsterblichkeit träumenden „Wissenschaftler“ oder den letzten „Pangolan“ zum Sprechen und beten die Fernsehleinwand an, die ihnen den Krieg mit lautem „Ratatatat“ präsentiert. Existierte in der 2. Schöpfungsphase noch die PappSchildkröte, so entpuppte sie sich schon in der 3. Phase als multifunktionell und formierte sich zu menschenvollen Hochhausschluchten um: „Ach, Menschen, man muss sie alle liebhaben.“ Half past selber schuld treiben ihre Zuneigung so weit, dass sie ComicRoboter samt Mensch, Tier und Birken in einem chaotischen Lichtgefunzel untergehen lassen. Doch das Ende ist gleichzeitig Anfang: Der Zuschauer erlebt in schnell rasenden 90 Minuten ein Mosaik aus Musik, Text, Film, Comic und Theater, das ihn in den Bann des schnellen Lebens zieht und am Ende die Schöpfungsgeschichte wieder von Neuem starten lässt, denn unsere Sünden werden ja vergeben... Oder etwa nicht? Noch zu sehen vom 8. bis 10. August in den Kammerspielen /FFT. Infos : www.halfpastselberschuld.de. Na dann: Gute Nacht! „Die Sündenvergebmaschine“ von half past selber schuld im FFT. Sünden werden nicht vergeben – selber schuld! (Daniel Myslinski) Dunkelheit. Windgeräusche ziehen durch den Raum. Eine gespannte, leicht befremdliche Atmosphäre voller Erwartungen des Zuschauers. Der Erzähler tritt endlich auf und berichtet: Eine Zeitmaschine habe er erfunden. Sie rausche noch ein bisschen, aber sonst sei sie okay. Bei der „Sündenvergebmaschine“, als Wiederaufnahme im Forum Freies Theater, handelt es sich in erster Linie um eine Bühnenadaption des gleichnamigen Hörspiels von half past selber schuld. Gefördert durch die Filmstiftung NRW wurde es 2002 im Deutschlandfunk gesendet und just zum Hörspiel des Monats April gekürt. Das „zwischen naiv-ironischem Kinderhörspiel und opulent inszenierter Höroper“, so die Jury des Hörspielpreises, schwankende Audioerlebnis wurde von dem Künstlerduo, bestehend aus der israelischen Komponistin und Musikerin Ilanit Magarshak-Riegg und Frank Römmele, alias Sir Ladybug Beetle, verantwortlich für die textliche Komponente, visuell aufgearbeitet und zur „Bühnenoper“ entwickelt. Zur Premiere im Oktober entstand somit „wohl eins der seltsamsten Stücke, die in Düsseldorfs freier Theaterszene aufgeführt werden“, so Niels Ewerbeck, Leiter des FFT. Beim Hörspiel noch durch weitere Musiker und Sprecher unterstützt, sind die Protagonisten von half past selber schuld nun auf sich selbst gestellt, die Musik kommt vom Band. Die Düsseldorfer Künstler, schlagen sich bei ihrer ersten Theater-„Show“ bravourös, überzeugen und fesseln den Blick der Zuschauer. Die immer passende Musik unterstützt Bild und Stimmungslage, auch wenn die aufgebauten Emotionen ad absurdum geführt werden. Gezeigt wird, wie auf ihrer Homepage bereits zu lesen ist, „Die Entstehung und der Untergang einer Welt, die der unseren sehr ähnlich ist.“ Das von der Presse als „Schöpfungsgeschichte“ betitelte Werk ist jedoch eher mit der Göttlichen Komödie in Verbindung zu bringen. So wie Dante das Weltbild seiner Gegenwart, des 14. Jahrhunderts beschreibt, legen auch half past selber schuld einen Versuch einer solchen Deskription nieder, und somit ist dies nur ganzheitlich erfassbar. „Wir möchten möglichst viele Kunstrichtungen miteinander verbinden“, so Römmele; ein Gesamtkunstwerk in Stilrichtungen wie in Darbietungsformen. Allerdings wäre es auch über ein halbes Jahrtausend nach Dante nicht unpassend, den Zuschauer als modernen Vergil über dem Eingang lesen zu lassen: „Lasst alle Hoffnung fahren, die ihr hier eintretet“. Sehr kritisch ist die auf der Bühne dargebrachte Konfrontation mit der Welt. Kritisch, jedoch nicht unrealistisch. So bleibt zwar ein bitterer Nachgeschmack, den man mit nach Hause nimmt, wie lange er anhält, ist jedoch offen. Der Erzähler tritt auf und berichtet: Dass er sie liebe, obwohl sie so seien, - ja, dafür hasse er sie sehr. Und dass er sie liebe, weil sie so seien, - das hasse er an sich noch mehr. Eine nachdenkliche, stark befremdliche Atmosphäre voller Einsicht des Zuschauers. Windgeräusche ziehen durch den Raum. Dunkelheit. (1.-3. und 8.-10. August, 21 Uhr, Kammerspiele Düsseldorf, www.halfpastselberschuld.de) Generalabsolution für Jedermann? „Die Sündenvergebmaschine“ im FFT (Dagmar Podzun) Erzählt wird die „Sündenvergebmaschine“ von einem Zeitreisenden. Gezeigt wird in dem musikalischen Science-Fiction Bühnencomic die Schöpfungsgeschichte in sieben Phasen - garantiert schräg und knallbunt. Das „Absurdical“, das im Forum Freies Theater schon im letzten Jahr mit großem Erfolg aufgeführt wurde (Premiere Oktober 2002), kehrte im Juli dieses Jahres wieder nach Düsseldorf zurück. Das Künstlerduo „half past selber schuld“, Illanit Magarshak–Riegg und Frank Römmele alias Sir Ladybug-Beetle, das hier am Rhein zu Hause ist, bleibt auch mit diesem Werk seinem Namen treu: Buch, Musik, Regie, Darsteller und zusätzlich die Beteiligung an weiteren Bereichen, wie Trickfilm, Schattenspiel, Puppen und Kostümen – all das haben sie selbst realisiert. Bei so viel geballter Kreativität ist es nicht überraschend, dass „half past selber schuld“ von der Akademie der Darstellenden Künste und von den ARD-Anstalten für das gleichnamige Hörspiel - die Vorlage des Bühnenstücks - ausgezeichnet wurde. Ihre Arbeitsweise scheint den Künstlern aber nicht nur Erfolg zu bringen, sondern auch Spaß zu machen; so planen sie für die Zukunft sogar die Produktion eines eigenen Trickfilms, nachdem sie mit der „Sündenvergebmaschine“ Gelegenheit hatten, in diesem Genre zu arbeiten. Es soll aber weiterhin dabei bleiben, dass Frank Römmele vor allem für Texte und graphische Gestaltung zuständig ist und Illanit Magarshak-Riegg für die Musik. Diese verschiedenartige künstlerische Herkunft ist es vielleicht auch, die es diesen beiden erst ermöglicht, ohne Theatererfahrung ein Stück von solcher Komplexität – und dies in jeder Hinsicht - zu verwirklichen. Auch wenn hier wohl jeder seine Sünden wieder mit nach Hause nimmt, ließen sich die Kritiker schon im vergangenen Jahr zu wahren Lobeshymnen hinreißen, die dem Zuschauer versprachen:“...nach diesem psychedelischem Höropern-Trip fühlt man sich zwar nicht geläutert, aber clean und ein bißchen so wie Gott, als er sah, was er geschaffen hatte, und fand, dass es gut war.“ (Süddeutsche Zeitung) Noch zu sehen vom 8. bis 10. August in den Kammerspielen/FFT. Infos unter www.halfpastselberschuld.de. Die Schöpfungsgeschichte - mal anders half past selber schuld und das FFT inszenieren ein völlig absurdes Bühnencomic, mit ganz viel Farbe. (Helena Polewsky) Sie: Grelle, pink geschminkte Wangen und Lippen, ein rosa Kleidchen, wie es jedes Mädchen einmal für seine Barbiepuppe haben wollte und eine rosa-rot gekringelte “Haar”-Perücke. Er: nicht ganz so schrill wie sie, im dunklen “Anzug”, dafür aber mit schwarz-gelber Original Elvis-Frisur und wunderbar breiten Kotletten. Wer sie sind? Gute Frage! In diesem Outfit sind sie zunächst die beiden Hauptdarsteller des völlig bunten und schrägen Bühenencomics “Die Sündenvergebmaschine”, das am 18 Juli 2003 seine zweite Premiere in den Düsseldorfer Kammerspielen des FFT feierte. Gleichzeitig sind sie die Autoren dieses Absurdicals, die Bühnenbildner und die Kostümentwerfer, und für die passende Musik zum Stück sind sie auch verantwortlich. So gesehen: Alle Fliegen mit einer (bzw. zwei) Klatsch(en). Zusammen nennen sie sich “half past selber schuld” - einzeln Frank Römmele alias Sir ladybug beetle und Ilanit Magarshag-Riegg. 2001 veröffentlichte das multitalentierte Künstlerduo “Die Sündenvergebmaschine” zunächst als Hörspiel, bevor sie es 2002 in Zusammenarbeit mit dem FFT das erste Mal auf die Bühne brachten. Sicherlich erfuhr ihre Arbeit damit eine ganz neue Perspektive. Und diese sollte radikal sein, provozieren und zum Nachdenken anregen - deshalb vielleicht die flippigen Comic-Farben im Gegensatz zu der eher düsteren und gesellschaftskritischen Story. Beschrieben wird die Schöpfungsgeschichte - mal etwas anders. Erzähler ist ein Zeitreisender (Sir ladybug beetle in schwarzer Kutte), der sich an den “Anfang” zurückversetzt. In sieben äußerst skurrilen Phasen erlebt er mit den Zuschauern und vier wurmartigen (Handpuppen-)Geschöpfen, wie unsere heutige Welt entsteht. Es beginnt mit “birkenähnlichen Pflanzen”, die Tiere folgen, “sie essen sich und andere und kacken”. In Phase drei folgt schließlich das “intelligente Leben”. Jedoch schneiden die Menschen nicht wesentlich besser ab. Eine laut-schräge Szene folgt der anderen Fernsehen, Wissenschaft Gentechnologie - wie soll da von der „Jugend von heute“ noch viel zu erwarten sein!? Fraglich bleibt zumindest, ob die “Sündenvergebmaschine” alle Vergehen der Schöpfungsgeschichte vergibt. Denn ganz eindeutig ist das Schlusswort nicht; “und dass ich euch liebe, weil ihr so seid, - das hass´ ich an mir noch mehr.” Eine kunterbunte Reise durch die Zeit Allroundtalente half past selber schuld stellen ihre „Sündenvergebmaschine“ vor. (Maike Rose) Schrill, schräg, schreiend – treffende Attribute für die bunte Welt, in die das Publikum gleich zu Beginn des knalligen Bühnencomics „Die Sündenvergebmaschine – ein Absurdical in sieben Phasen“, eintaucht. Premiere in den Kammerspielen/FFT Düsseldorf am 18.7.03: Wir befinden uns in der ersten Phase der Entstehung einer Kultur, in der sich die Flora entwickelt. Zu unserer Linken stecken vier wurmartige Wesen ihre Köpfe aus den Löchern einer bunt gewölbten Wand. Im Chor teilen sie uns ihre Beobachtungen mit und schon können wir auch live miterleben, wie zwei liebevoll gestaltete Papp-Birken beispielhaft heranwachsen und sich zu voller Größe entfalten. Phase zwei kann beginnen – eine riesige Schildkröte schiebt sich ins Bild: die Tierwelt entsteht! In weiteren fünf Phasen bevölkern Menschen und schließlich Wissenschaftler diesen seltsam fremden und doch so bekannten Planeten. Maschinen fordern eine Revolution und alles versinkt im Chaos um am Ende vielleicht einen neuen Anfang zu finden. Half past selber schuld, das sind die israelische Komponistin und Musikerin Ilanit Magarshak-Riegg und der deutsche Autor und Comiczeichner Frank Römmele alias Sir ladybug beetle, zeigen in dieser Inszenierung ihr Talent zum Tausendsassa! Den Großteil der Figuren stellen sie selbst dar und kaschieren den Rest mit witzigen Puppen. Der Zuschauer hat allerlei zu tun: Einerseits dem versförmigen, wortspielreichen Text zuhören, andererseits die vielen Facetten der unterschiedlichsten und teilweise urkomisch anmutenden Requisiten betrachten oder auch die vielen Zeichentrick-Einspieler auf der Leinwand im Hintergrund auf sich wirken lassen, welche meist nach Monty-Python-Manier zusammengeschnitten sind und perfekt in Szene gesetzt werden. Egal, ob man sich das Stück als reine Unterhaltung ansieht oder den tieferen Sinn der Entstehung einer Kultur bis zu den Gründen ihres Verfalls sucht – alles scheint möglich und Langeweile ist bei diesem Projekt ein Fremdwort. „Die Sündenvergebmaschine“ hat ihre Wirkung nicht verfehlt! Reinzeichnung oder Überzeichnung? „die sündenvergebmaschine“ – das Bühnencomic im FFT (Nadine Vollmer) „Wir nehmen betrunkenen Kindern ihre Waffen weg“, plärrt es aus den Papp-Ordnungshütern – da lacht das Publikum. Das einzige Mal herzhaft. Denn sonst bleibt dafür gar keine Zeit. Zu rasant stürzen die Eindrücke auf den Zuschauer ein, als dass er einmal bei einem Bild verweilen könnte ohne den Anschluss zu verpassen. Die „sündenvergebmaschine“ des deutsch-israelischen Künstlerduos „half past selber schuld“ (Ilanit Margashak-Riegg und Frank Römmele alias Sir ladybug beetle), wurde im Juli dieses Jahres in den Kammerspielen/FFT wieder aufgenommen. Die Bühnenfassung basiert auf dem gleichnamigen Hörspiel, das im April 2002 von der Akademie der Darstellenden Künste und der ARD zum Hörspiel des Monats gewählt wurde. Die „sündenvergebmaschine“ ist laut, schrill, bunt, nachdenklich, wahnsinnig und wundervoll. Ein Erzähler schildert die Neuauflage der Kulturgeschichte von ihrer Entstehung bis zu ihrem Untergang, indem er einen Blick auf skurrile Figuren, wie Wissenschaftler, Würmer, den Tod aus Budanikki, die Jugend von heute oder Schwester Beate wirft. Soweit der grobe Inhalt. Gespielt wird mit allem, was die Spielzeugkiste so hergibt: knallbunte Kostüme mit Pappmaché-Perücken, ein aufwendig gebasteltes Bühnenbild, Scherenschnitt, Trickfilme, Sprechblasen, Puppen, Bauchreden, Lichteffekte und hochkomplexe musikalische Untermalung von dem zum Fußwippen anregenden Bass bis zur betrübt stimmenden Klarinette – Reinzeichnung durch Überzeichnung. Und „half past selber schuld“ sind Regisseure, Darsteller, Komponisten, Dichter, Zeichner, Maler, Bastler und Kostümschneider – sehr überzeugend und - geholfen werden durfte nur da, wo sie selber nicht mehr weiter konnten, sagen sie. Und ihre Intention? Ganz unkritisch scheinen die Aussagen nicht zu sein, wenn z.B. der Fernseher verehrt und doch verabscheut wird oder die Wissenschaft die Biologie für ersetzbar hält. Die Interpretation überlassen „half past selber schuld“ dennoch gerne ganz dem Zuschauer – auch eine Art sich seine künstlerische Freiheit zu bewahren. Der Zuschauer jedenfalls befindet sich in einem Hin und Her der Gefühle. Die Eindrücke strömen auf ihn ein und lassen ihn mal lachen und mal sich ganz schlecht fühlen. Die Absolution jedoch bekommt am Ende jeder erteilt: „Und dass ich euch liebe, obwohl ihr so seid – ja, dafür hass‘ ich euch sehr. Und dass ich euch liebe, weil ihr so seid – das hass‘ ich an mir noch mehr.“ Amen.