Seminar: Soziale Motoriken und gesellschaftliche Räume

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Seminar: Soziale Motoriken und gesellschaftliche Räume.
WS 2004/2005
Mo. 14-16, S 2-206
Prof. Dr. Thomas Alkemeyer
Stundenprotokoll zur Sitzung vom 13.12.2004
Mangels eines Protokolls, wurde gleich zu Beginn das Referat der vorangegangenen Sitzung
fortgesetzt.
Das Referat hatte als Grundlage die Kapitel „Geschlecht und Klasse“, „Abweichung und
Veränderung“, „Symbolik und Materialität“ sowie „Raum und soziale Ungleichheit“ aus
Martina Löws Text „Raumsoziologie“ (Frankfurt/M. Suhrkamp, S.173-218).
Löw geht es in dem Text darum, die Rolle der „Strukturprinzipien“ Klasse und Geschlecht
darzustellen. Sie erläutert weiterhin die Möglichkeiten und Bedingungen, die für die
Veränderung von Strukturen nötig sind. Im folgenden Kapitel thematisiert sie die
verschiedenen Arten von Ungleichheit und setzt diese abschließend auch zu der Konstitution
von Raum in Verbindung.
Die Bedeutung der Strukturprinzipien bei Löw, sowie der Exkurs zu Bourdieus Raumbegriff
waren Themen der letzten Seminarssitzung. In dieser entwickelte sich eine Diskussion zu der
Frage, wie Martina Löw mit ihrer Darstellung von zwei Raumbegriffen bei Bourdieu seine
Vorstellung getroffen hat. Es wurde die Meinung vertreten, Bourdieu durchaus auch anders
lesen zu können.
Viele weitere Fragen an den Text ergaben sich in dieser Sitzung.
An die Thematik Klasse und Geschlecht wurde mit einem Zitat angeknüpft: Die Langlebigkeit
einer geschlechts- und klassenspezifischen Handlungspraxis und die damit einhergehende
soziale Ungleichheit basiert zu nicht unwesentlichen Anteilen auf der Verkörperung der
Strukturprinzipien. Handlungsverläufe können aufgrund dieser Einschreibung häufig trotz
besseren Wissens nicht verändert werden. (S. 176)
Dieses Zitat stellte vor die Frage, ob Löw durch Darstellung unabänderlicher Strukturen, die
Eigenständigkeit der Akteure nicht zu sehr vernachlässigte. Es wurde bezweifelt, dass
bestimmte strukturspezifische Handlungsmuster („Hol mir mal n Bier!“) nicht verändert
werden könnten und dass sie wirklich nur auf Strukturen zurückzuführen seinen und nicht
vielmehr auf persönliche Schwächen (wie Faulheit).
Herr Alkemeyer hob jedoch die Plausibilität der Theorie im Zusammenhang mit z.B.
Umweltverschmutzung hervor. Alle wüssten um die Schädlichkeit ständiger Autobenutzung,
trotzdem wäre es für einige Personen undenkbar, mit dem Fahrrad vorzufahren.
Das nächste diskutierte Zitat lautete: Mit Bezug auf Michael Mann (1986) argumentiert
Frerichs (1997), dass Frauen ein Art „Pufferzone“ zwischen der Klasse ihres Mannes und
der nächstniedrigeren Klasse bilden und damit eine wesentliche Vermittlungsleistung
erbringen. (S.174/175)
Anstoß genommen wurde bei diesem Zitat vor allem an der Unklarheit des Begriffes
„Pufferzone“, der bei Löw nicht näher geklärt wird. Nach Herrn Alkemeyers Vermutung
wurde dieser Begriff vor allem deshalb eingeführt, um darzustellen, dass das Geschlecht als
ein eigenes Strukturprinzip gelten muss und nicht der Klasse untergeordnet werden kann. Es
schafft eine eigene Struktur.
Als weitere „Pufferzone“ wurden ausländische Arbeiter für die Arbeiterklasse. Weiterhin
wurde auf die mögliche Pufferfunktion der Familie für untergeordnetete Arbeitnehmer
hingewiesen, indem sie im heimischen Bereich eine übergeordnete Position einnehmen. Im
umgekehrten Sinn kann dies für die Arbeit gelten, wenn man in der Familie wenig zu sagen
hat.
Wir kamen dann zu dem Textabschnitt, der sich mit „Abweichung und Veränderung“
beschäftigt. Kurz wurde Löws Einführung in das Thema dargestellt, indem sie die
Notwendigkeit zum Durchbrechen von Wiederholungen und Routinen dem Beispiel einer
eingewanderten algerischen Familie schildert.
An späterer Stelle wurde bezweifelt, ob die Umsiedlung in ein fremdes Land tatsächlich zur
Durchbrechung von Routinen führt. Es wurde dazu auf die typische Entstehung von
„Russenvierteln“ oder ähnlichen Siedlungen hingewiesen und damit die Frage gestellt, ob die
eigene Kultur nicht auch in einer fremden Umgebung noch aufrechterhalten würde.
Nach Löw lassen sich die Gründe für Durchbrechen von Routinen in vier Begriffe fassen:
- Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen, womit sie einen reflexiven Aspekt
anspricht.
- Fremdheit,
- Handlungsweisen anderer, die die eigenen Handlungsweisen beeinträchtigen oder
verhindern können und
- Körperliches Begehren.
Der Begriff „körperliches Begehren“ schien wiederum etwas unscharf und es wurden sowohl
die positive Konnotation genannt als auch die mögliche Interpretation als eine Art Zwang (Im
Beispiel der algerischen Familie, das „körperliche Begehren“ auszuwandern, weil sonst
weiterhin Hunger und Armut oder sogar Verhungern droht.)
Diese vier Gründe können verschiedene Folgen haben, zu denen wiederum ein Zitat gebraucht
wurde: Bei der Analyse von Raum muss demnach die Möglichkeit eines Handelns, welches
nicht aus dem praktischen Bewusstsein heraus alltägliche Gewohnheiten wiederholt, erwägt
werden. Dabei ist zwischen Veränderung von Gewohnheiten und Abweichungen bzw. kreativgestalterischem Handeln zu unterscheiden. (S. 185)
Abweichungen meinen dabei die Abwandlung bereits bestehender Routinen, wobei
Verändern das Entstehen neuer Routinen meint. Kreativ-gestalterisches Handeln geschieht in
Situationen, in denen noch keine Handlungsmuster vorliegen, sie also weitgehend neu
geschaffen werden müssen.
In diesem Zusammenhang wies Herr Alkemeyer auf die verschiedenen Bewusstseinszustände
auf unterschiedlichen Stufen der Veränderung hin. Abweichendes Handeln wird plötzlich
bewusst, während es mit zunehmender Routine wieder eher automatisch vollzogen wird.
Explizites Wissen wird im Rahmen von Routinen zu implizitem Wissen und schafft in diesser
Dynamik die Ausgangslage für weitere Veränderungen.
Nun wurde auf den Begriff der „Gegenkultur“ bei Löw eingegangen, den diese nach
Modelmog als gegen Institutionen gerichtetes Handeln bezeichnet. Ein Zitat zu diesem
Begriff lautet: Dieses gegen institutionalisierte Anordnungen gerichtete Handeln nenne ich
gegenkulturell, die in diesem Prozess konstituierten Räume, unabhängig davon, ob es sich um
einmalige Aktionen oder um regelmäßige Abweichungen handelt, gegenkulturelle Räume. (S.
185)
Ihre Definition der Gegenkultur beinhaltet ein Sich-Wenden gegen eine „Dominanzkultur“.
Die Frage stellte sich, wie sich die Dominanzkultur bestimmen ließe. Gerade im
Zusammenhang mit dem Zitat nach Löw: „Daher handeln Männer der Arbeiterklasse
ebenfalls besonders häufig gegenkulturell.“ (S. 186) stellte sich die Frage, ob denn nicht
gerade die Arbeiterklasse als Dominanzkultur gelten müsse, und wie sich so ein
„gegenkulturelles Handeln“ definieren lassen solle und vor allem, wie es auszusehen habe, wo
doch gerade die Arbeiterklasse einen großen Teil der Bevölkerung ausmache.
Herr Alkemeyer stellte als weitere Frage an den Begriff „Gegenkultur“ die Abgrenzung zu
dem Begriff „Subkultur“. Als mögliche Definition erklärte er die jeweiligen Beziehungen zur
Dominanzkultur. Während die „Gegenkultur“ die „Dominanzkultur“ als Gegenposition
braucht- sie wird regelrecht von ihr hervorgebracht- wird die Subkultur als etwas
Eigenständiges betrachtet, dem außerdem eine emphatische Konnotation anhängt. Ein
Kommilitone schlug als Unterscheidungsmerkmal die Möglichkeit der Subkultur, sich
innerhalb der Dominanzkultur „einzurichten“ vor und bezweifelte den besonderen
emphatischen Gehalt der Subkultur, auf den Herr Alkemeyer im Verweis auf mehrere
Autoren, die mit den „Subkulturen“ sympathisierten, hinwies. Es wurde auf die Unschärfe der
Trennung zwischen Gegen- und Subkulturen hingewiesen.
Herr Alkemeyer schlug den Bogen noch weiter, indem er darauf hinwies, dass nicht einmal
Dominanz- und Gegenkultur klar zu trennen, sondern immer an den Kontext gebunden seien.
Dazu nannte er ein Beispiel: Junge Männer, die sich als Machos geben bilden innerhalb der
Institution Schule eine Gegenkultur. Außerhalb dieser Institution können sie jedoch durchaus
Mitglieder der Dominanzkultur sein.
Zurück beim Text wurde die Frage nach den Gründen dafür gestellt, dass Löw den Begriff
„Gegenkultur“ einführt. Sie nutzt ihn, wie schon gesagt, im Sinne Mogelmogs, deren
Verständnis von Gegenkultur „Abweichungen und Veränderungen nicht nur als ein Ergebnis
von Reflexion, sondern auch von körperlich emotionalen Begehren“ beinhaltet (S.184).
Damit erweitert sie Giddens Verständnis von Möglichkeiten zur Veränderung, die dieser nur
in der „Reflexivität“ sieht, um den Aspekt des körperlich emotionalen Begehrens.
Herr Alkemeyer stellte hier die Frage, ob Modelmog hier die Entwicklung von Begehren in
Beziehung zum natürlichen oder zum sozialen Körper setzt. Seiner Meinung nach geht es um
den natürlichen Körper, welcher, wie bereits beschrieben, beim weiblichen Geschlecht eher
zu Begehren neigt. Damit stünden sich die „begehrende Frau“ und der Mann als
Verkörperung des Gesellschaftlichen gegenüber.
Löw argumentiert, dass je mehr „Strukturen den Körper durchdringen und Begehren formen,
wie es für die Strukturprinzipien typisch ist, desto entscheidender wird die bewusste und
absichtsvolle Reflexivität für Veränderungen, die dann jedoch in ihren Strategien auch die
Körper erfassen müssen, um habituelle Wandlungen zu ermöglichen“ (S. 187). Der Habitus
ist nach Löw etwas, das nur durch Reflexivität verändert werden kann. Körperliche Begehren
spielen dabei keine Rolle, da der Habitus gerade dazu da ist „körperliche Begehren
entsprechend der sozialen Lage“ zu kanalisieren (S.187). Zu dieser Passage wurde die Frage
gestellt, warum dies nur für den Habitus gelte, obwohl Löw zuvor betont hatte, dass alle
Bereiche von den Strukturprinzipien durchzogen sind.
Diese Tatsache führte zu der Frage, ob das körperliche Begehren nicht von den
Strukturprinzipien durchzogen sei und was es bedeuten würde, auch das körperliche Begehren
als von Strukturprinzipien durchzogen zu betrachten.
Löw führt ein Zitat von Bourdieu an, in dem er auf die Möglichkeit der Beeinflussung des
Habitus durch Reflexivität hinweist. Sie erklärt seine Argumentation für überzeugend und
nennt auch konkrete Möglichkeiten des „organisierten Umlernens“, nämlich Psychotherapie
und Supervision. Im Seminar wurde auf die Möglichkeit einer politischen Intention Löws mit
dieser Textstelle hingewiesen. Löw könnte so interpretiert werden, an dieser Stelle konkrete
Handlungsmöglichkeiten aufzuweisen. Herr Alkemeyer deutete nochmals auf die Perspektive
dieser Stelle hin. Sie zeigt aus der Akteursperspektive, wie sich der Akt sich selbst zu
verändern, politisch niederschlagen kann. Denn nach Löw ist es durch die reflexive Änderung
seiner selbst, möglich, auch Strukturen zu ändern.
In diesem Zusammenhang wurde auch Giddens kritisiert, der auf der einen Seite eben diese
Bedeutung der Reflexivität für Veränderung betont (S.186), auf der anderen Seite Reflexivität
aber auch als Grundlage für die „Kontinuität der Praktiken“ und als Grund für „Zustimmung
zur Gesellschaft“ sieht (S.188).
Als ungeklärter Begriff wurde weiterhin die „Erinnerungsspur“ in Abgrenzung zur
Habitualisierung genannt. Als Hypothese für diese Unterscheidung wurde „Erinnerungsspur“
als nicht inkorporiert verstanden.
Im Verlauf des Textes versucht Löw die Bedeutung der Reflexivität wieder zu relativieren,
indem sie nochmals auf Giddens verweist, der die „Unschärfe“ des menschlichen
Bewusstseins betont. Diese Unschärfen beziehen sich vor allem auf die unbeabsichtigten
Folgen menschlichen Handelns und die Konzeption eines intentional handelnden Subjekts.
Das Bewusstsein der Menschen ist dabei jedoch durch zwei Faktoren systematisch
eingeschränkt, nämlich durch die unbeabsichtigten Folgen und durch das Unbewusste. Das
Unbewusste bleibt in diesem Zusammenhang recht unklar und ist nach Löw auch „besonders
schwer zu untersuchen“, da es „nicht diskursiv zugänglich“ ist (S.191). Nach Löw führen
diese Feststellungen zu der notwendigen Trennung zwischen Handlungsmotivation und
Handlungsinhalt. Dieses Prinzip gilt auch für die Konstitution von Räumen, die in einem
Strom von Handlungen geschaffen werden und dabei durch reproduzierte Strukturen
gegliedert werden. Dabei lässt sich weder die Reproduktion noch die Veränderung von
Strukturen eindeutig auf die Intentionalität der Handelnden zurückführen. Sowohl intentionale
als auch unbeabsichtigte Folgen des Handelns bilden die Strukturen eines Raumes. Auf Löws
weitere Ausführungen zum Thema Raum konnte der Referent in Anbetracht der Zeit nicht
mehr eingehen.
Im Anschluss an diesen Abschnitt gab Herr Alkemeyer die möglichen Konsequenzen für die
Rolle der Bildungsinstitutionen zu bedenken, die aus Löws Darstellung der Bedeutung von
organisierter Reflexivität beizumessen sei. Wäre unter der Annahme, dass organisierte
Reflexivität eine Voraussetzung für Umlernen ist nicht die Setzung von „organisierter
Reflexivität“ als oberstem Lernziel konsequent?
Es folgte das Kapitel „Raum und soziale Ungleichheit“. Löw bezieht sich hier vor allem auf
Kreckel, von dem zu Beginn ein Zitat zur Definition sozialer Ungleichheit herangezogen
wurde: „Soziale Ungleichheit im weiteren Sinne liegt überall dort vor, wo die Möglichkeit des
Zuganges zu allgemein verfügbaren und erstrebenswerten sozialen Gütern und /oder sozialen
Positionen, die mit ungleichen Macht- und/oder Interaktionsmöglichkeiten ausgestattet sind,
dauerhafte Einschränkung erfahren und dadurch die Lebenschancen der betroffenen
Individuen, Gruppen oder Gesellschaften beeinträchtigt bzw. begünstigt werden.“ (S.211).
Kreckel unterscheidet zwei „Aggregatzustände sozialer Ungerechtigkeit“ nämlich
asymmetrischen Beziehungen zwischen Menschen und die ungleiche Verteilung von Gütern.
Die asymmetrischen Beziehungen bezeichnet er als relationale Form sozialer Ungleichheit,
die Ungleichverteilung von Gütern als distributive. Beide Formen differenziert er weiter. Für
die distributive Ungleichheit unterscheidet er zwischen einer „Reichtums-Dimension“, die
sich auf materiellen Reichtum bezieht, und einer „Wissens-Dimension“, die auf die
Verteilung von symbolischem Wissen hindeutet. Bei den relationalen Aspekten unterscheidet
er zwischen „hierarchischer Organisation“ und „selektiver Assoziation“ bei der es im
Gegensatz zur Hierarchie um eine symmetrische Beziehung zwischen Gleichen geht, die aber
für andere Ausschlusscharakter hat und die Integrierten begünstigt. Diesen vier genannten
Formen ordnet er institutionalisierte Tauschmittel zu: Reichtum- Geld, Wissen- Zeugnis,
Organisation- Rang und Assoziation- Zugehörigkeit.
Kreckel unterscheidet weiterhin die verschiedenen Ebenen von Ungleichheit in
fortgeschrittenen Staatsgesellschaften. Auf oberster Ebene sieht er aufgrund der
Rechtsordnung eine Deckungsgarantie. Auf zweiter Ebene folgen die beschriebenen
strategischen Ressourcen in Form von Reichtum, Wissen, Organisation und Assoziation und
schließlich trägt auf einer weiteren Stufe die Alltagsideologie durch ihre Prestigeordnung zu
Ungleichheit bei. Was genau die Alltagsideologie zu bedeuten hat, wurde nicht geklärt.
Über das Zitat „Raum ist eine relationale Anordnung sozialer Güter und Lebewesen an
Orten“ (S. 212), kamen wir auf die Bedeutung von Gütern für die Konstitution von Raum. Es
ergab sich, dass der Zugang zu Gütern die Voraussetzung dafür ist, sie anordnen zu können.
Hat man also keinen Zugang zu Gütern, ist man auch kaum in der Lage, zu verändern.
Typischerweise verfügen daher höhere Klassen gegenüber niedrigeren Klassen und Männer
gegenüber Frauen über bessere Möglichkeiten der Raumkonstitution. Dies basiert auf der
ungleichen Verteilung von Reichtum. Aber auch über Rang oder Assoziation kann man
Einfluss auf die Konstitution von Raum erlangen. Weiterhin spielt Wissen hierbei eine Rolle,
wobei Löw zwischen Männer- und Frauenwissen differenziert. Frauen interessieren sich nach
ihr eher für geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Fragen, Männer eher für technische
und naturwissenschaftliche. So ergeben sich für die verschiedenen Geschlechter je nach
Wissensspektrum unterschiedliche Möglichkeiten für die Mitgestaltung von Räumen. Ob ein
geschlechtsspezifischer Wissensbereich insgesamt mehr Einflussmöglichkeiten als der andere
hat, wurde nicht geklärt.
Es besteht außerdem eine Wechselwirkung zwischen der Verfügbarkeit über Geld und Macht
und der Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Die Gruppenzugehörigkeit verschafft Macht,
gleichzeitig muss aber eine gewisse Macht vorhanden sein, um in eine Gruppe aufgenommen
zu werden.
Löw schlägt vor, auch bei der Konstitution von Räumen vier Ebenen sozialer Ungleichheit zu
unterscheiden, die sich mit den bereits vorgestellten, der Reichtums-, Wissens-, Rang- und
Assoziations-Dimension decken. Es wäre zu überprüfen, wie weit Einschränkungen in einer
dieser Dimensionen Einschränkungen für die Möglichkeiten der Raumkonstitution bedeuten.
Löw hebt dann die Rolle der Syntheseleistung und des Spacings für die Konstitution von
Raum hervor. Besonders wesentlich für die Entstehung von Ungleichheit sind nach ihr die
Verknüpfungen, die ständig wiederholt werden.
Als Merkmal von Räumen nennt sie die Tatsache, dass innerhalb von Räumen Relationen
hergestellt werden. Wird dabei etwas oder jemand nicht in diese Relationen eingeschlossen,
so ist er ausgeschlossen. Räume haben immer die Differenz von „Eingeschlossen“ und
„Ausgeschlossen“ zum Inhalt.
Herr Alkemeyer stellte an dieser Stelle die Frage, was genau Löw am Raum im
Zusammenhang mit sozialer Ungleichheit interessiert. Es wurde hervorgehoben, dass für die
Konstitution von Räumen ein bestimmter Status erforderlich ist oder dass zumindest ein
gehobener Rang den Einfluss auf die Konstitution von Räumen positiv beeinflusst.
Damit ist Raumkonstituierung erstens eine Form der Machtausübung. Zweitens ist die Aspekt
der Inklusion und Exklusion interessant. Einige Räume sind so konstituiert, dass bestimmte
Menschen von vornherein davon ausgeschlossen sind und es auch immer wieder werden.
Drittens wurde die Wirkung von Atmosphäre in ihrer Realität und ihrer tatsächlichen
Wirkung hervorgehoben. Als Atmosphäre bezeichnet Löw „die in der Wahrnehmung
realisierte Außenwirkung von sozialen Gütern und Menschen in ihrer räumlichen
Anordnung.“ (S.215). Auch die Atmosphäre trägt zu einem wesentlichen Teil zu Inklusionen
oder Exklusionen bei. Die Wahrnehmung von Atmosphären ist dabei immer von den
Akteuren abhängig. Eine Schrankwand kann für einen Arbeiter und dessen Kinder der
Inbegriff einer gemütlichen Atmosphäre sein, auf andere dagegen überladen oder erdrückend
wirken. So wird die Atmosphäre der Schrankwand bestimmte Menschen aus dem
Wohnzimmer ausschließen, während andere sich gerne darin aufhalten werden.
Leider musste an dieser Stelle abgebrochen werden, da die Seminarszeit abgelaufen war.
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