Sprichwörter Man darf dem Tag nicht vor dem Abend dankbar sein

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Sprichwörter
Man darf dem Tag nicht vor dem Abend dankbar sein
Und soll das Schicksal nicht für alles loben.
Ein Gutes kommt niemals allein,
und alles Unglück kommt von oben.
Die Peitsche liegt im Weine.
Die Wahrheit liegt beim Hund.
Morgenstund hat kurze Beine.
Lügen haben Gold im Mund.
Ein Meister nie alleine bellt.
Vom Himmel fallen keine Hunde.
Dem Glücklichen gehört die Welt.
Dem Mutigen schlägt keine Stunde.
Fred Endrikat (1890-1942)
1. Einführung
Das Thema meiner Hausarbeit ist Sprichwörter im Polnischen, Russischen und
Deutschen und auch ihre Form, ihre Ähnlichkeit und Übersetzung. . Jede von 3 Sprachen
zeichnet aus durch einen großen Reichtum an Sentenzen, goldenen Gedanken, Aphorismen,
Redewendungen und Ähnlichen. Welche Eigenschaften unterscheiden also Sprichwörter von
den anderen sprachlichen Erscheinungen? Die Popularität dieses kleines Genres der Folklore
ist nicht zufällig: Sprichwörter werden als Unterstreichungen oder Bekräftigung des
Wahrheitsgehalts einer Aussage zitiert und bringt uns dazu, über den besonderen Sinn des
Gesagten nachzudenken. Genau deshalb werden sie oft von Sprachpflegern und Rhetorikern
verwendet, von Journalisten in Zeitungsüberschriften, von Folkloristen und Philologen.
Am Anfang möchte ich eine Definition vom Professor Krzyzanovski einführen. Er hat
ein Wörterbuch Deutsche und Polnische Sprichwörter geschrieben. („Nowa księga przysłów i
wyrażeń przysłowiowych polskich“) Professor Julian Krzyzanovski hat hier eine sehr
treffende Definition, meiner Meinung nach, gegeben: „Allegorie, Bildhaftigkeit, erzieherische
Aussage, Allgemeingültigkeit in der Zeit und Universalität“. Das können wir wirklich an
volgeneden Beispielen beobachten:
Besser ein Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach
Lepszy wrobel w garsci, niz kanarek na dachu
Лучше синица в руку, чем воробей в небе
Diese Beispiele zeigen uns auch den Bau des Sprichwortes. Sprichwort besteht normalerweise
aus einem Satz, der eine geschlossene und markante Ganzheit darstellt und leicht zu merken
ist. Oft hat auch Sprichwort eigene Reimform.
Die Sprichwörter im Polnischen, Russischen und im Deutschen erfreuen sich heute zwar nicht
mehr so großen Beliebtheit wie z.B. im 19. Jahrhundert, aber sie sind in vollen bzw.
modifizierten Formen (Sprichwortparodien, -paraphrasen, -anspielungen usw.) fast auf jeder
Ebene der menschlichen Tätigkeit (Belletristik, Presse, Werbung, Politik) anzutreffen.
2. Arten der Sprichwörter (nach Prof. Kosta)
Es gibt nach Professor Kosta 5 Arten von Sprichwörtern. Bei der Systematisierung
habe ich mich in erster Linie auf die polnische Variante des Sprichwortes bezogen und dafür
jeweils den Analog auf Deutsch und Russisch gegeben.
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2.1. Formbetonte Sprichwörter
1. Sprichwörter mit Doppelung eines Wortes
(Pl) Bieda nie hańbi, ale hańba bieda (+)
(Dt) Armut ist kein Sünde/Schande (-)
(Ru) Бедность не порок (-)
Hier haben wir nur in der polnischen Variante Wiederholung von Wort „hańbi“. Deutsche
und Russische Variante haben dafür eine Totale Äquivalenz und die polnische Variante
unterscheidet sich auf der syntaktischen Ebene von den 2 Analogen.
(Pl) Wszystko dobre, co się dobrze kończy. (+)
(Dt) Ende gut, alles gut. (+)
(Ru) Конец - всему венец. (-)
Hier haben wir Doppelung vom Wort „dobre“ in der polnischen Variante und in der
deutschen Variante Doppelung vom Wort „gut“. Alle 3 Analogen vom Sprichwort haben
maximale Äquivalenz.
2. Sprichwörter mit paronomasiologischer Struktur. „Paronomasie (auch Paranomasie;
griechisch „para“ – bei, neben; „onoma“ – Name; also altgriechisch – Wortumbildung.
Auch Annominatio) ist eine rhetorische Figur. Als Spielart des Wortspiels verbindet die
Paronomasie Wörter miteinander, welche semantisch und etymologisch nicht
zusammengehören, sich jedoch im Klang ähneln. Oft haben die sich ähnelnde Wörter
gegensätzliche – zumindest unterschiedliche – Bedeutung“.
(Helmut Glück)
Beispiele:
- Zwischen Verlegenheit und Verlogenheit (K.Kraus)
- mehr gunst- als kunstbeflissen (K.Kraus)
- Vom Volk der „Dichter und Denker“ zu dem der „Richter und Henker“ (K.Kraus)
Wie Paronomasie in den Sprichwörter klingt, zeigen die folgenden Beispiele:
(Pl) Jaka praca, taka płaca (+)
(Dt) Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert(-)
(Ru) Каков работник, такова и плата (-)
In dem Beispiel beobachten wir Paronomasie nur in der polnischen Variante: praca –
płaca. Alle 3 Analoge haben maximale Äquivalenz.
3. Sprichwörter mit Klangspiel
(Pl.) Co zapisane piórem, nie wyrąbie toporem (+)
(Dt.) Was man mit der Feder niederschreibt, kann man mit keinem Beil auskratzen (-)
(Ru.) Что написано пером, то не вырубишь топором.(+)
Polnische und Russische Variante haben den Klangspiel. Es oft so bei den Sprichwörtern,
dass die Polnische und die Russische Varianten sich mehr an einander ähneln, als mit dem
deutschen Analog. Das hängt bestimmt damit zusammen, dass es zwei slawischen Sprachen
sind und deswegen ist das Sprichwort in den beiden Sprachen in gleicher Form bekannt.
4. Antisprichwörter. Es gibt noch eine Variante von den formbetonten Sprichwörtern,
davon erzähle ich ein bisschen später in meiner Arbeit.
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2.2. Nichtformbetonte Sprichwörter
(Pl) Kto szuka, ten znajdzie
(Dt) Wer sucht, der findet
(Ru) Кто ищет, тот всегда найдет
Alle 3 Sprichwörter weisen hier totale Äquivalenz auf. Wenn wir ein totale Äquivalenz
sehen, dann handelt es sich oft um biblische Motive oder Sprichwörter, die aus dem
Lateinischen kommen und in fast allen Sprachen existieren.
(Pl.) Kto pod kim dołek kopie, sam weń wpadnie
(Dt.) Wer dem Anderen Grube gräbt, fällt selbst hinein
(Ru.) Не рой другому яму, сам в нее и попадешь
Hier haben wir im Polnischen und im Deutschen maximale Äquivalenz und in dem
Russischen erscheint ein Imperativ – Unterschied auf der syntaktischen Ebene.
3. Struktur der Sprichwörter
In den meisten Sprichwörtern liegt eine Implikation zugrunde. Eine Implikation (von
lateinischen „implicare“ – verwickeln) bezeichnet bildungssprachig die Einbeziehung einer
Sache in eine andere; ein mitgemeinter, aber nicht explizit ausgedrückter Bedeutungsinhalt.
(Pl.) Poczatek dobry, polowa roboty
(Dt.) Guter Anfang ist halbe Arbeit
(Ru.) Доброе начало полдела откачало
Полпесенки спела, полдела сделала
Почин дороже рубля
(Quelle: Aristoteles)
Die logische implikative Formel besteht aus zwei Teilen: „conditio“ (wenn) und
„consequentia“ (dann), wobei der erste das Auftreten des anderen nach sich zieht. Manchmal
gibt es Sprichwörter mit logischen Ellipsen, wo entweder der erste oder der zweite Teil der
Implikation eliminiert wird. Die Bedeutung dieses Teils bleibt jedoch in gedanklichen
Hintergrund, wie in dem folgenden Beispiel:
(Pl.) Nie pchaj palca miedzy drzwi
Gdy się pchaj palca między drzwi, to ...
(Dt.) Zwischen Tür und Angel stecke keine Hand
Wenn man die Hand zwischen Tür und Angel steckt, …
Die Bedeutung des Sprichwortes wird einerseits durch seine logische Struktur und
andererseits durch seinen Gebrauch mitbestimmt, der eng mit dem Absicht des Autors
zusammenhängt. Der Sender, sowie Übersetzer hat zur Wahl mehrere sprachliche und
aussersprachliche Mittel, die die Bedeutung des Sprichwortes modifizieren.
a) indirekt (d.h. ohne Veränderung seiner grammatisch-lexikalischen Struktur)
b) direkt (d.h. durch Veränderung seiner grammatisch lexikalischen Struktur)
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4. Indirekte Modifikation
4.1.Die Wahl einer stilgerechten Sprichwortvariante
(Pl.) Doswiadczenie wszystkiego nauczy/rozumu dodaje
(Dt.) Die Erfahrung lehrt alles
Übung macht den Meister
Erfahrung ist die beste Lehrmeisterin
Es ist kein meister vom Himmel gefallen.
Kein meister wird geboren.
(Ru.) По выучке мастера знать
Чему учился, тому и пригодился
Der Übersetzer hat die Wahl zwischen z.B. bildlichen und nicht bildlichen Variante,
grammatisch vollständigen und transformierten Variante eines Sprichwortes. Das hängt vom
Kontext und Situation ab, dabei spielen auch aussersprachliche Faktoren eine Rolle, wie
soziale Herkunft, Ausbildung, emotionale Einstellung zum Gegenstand.
4.2. Die Stellung des Sprichwortes im Text
Das Sprichwort ist ein anerkanntes Mittel der Rhetorik. Seine Stellung in einem Text zieht
bestimmte semantische Konsequenzen nach sich. Das Sprichwort steht normalerweise
entweder am Anfang vom Text oder am Ende. Im ersten Fall wird ein Zusammenhang
zwischen dem Sprichwort allgemeinen Weisheit und dem Ereignis im Text ermittelt.
Sprichwort am Anfang kann eine ansagende, argumentative, ermahnende oder
verallgemeinernde Funktion haben. Am Ende eines Textes bildet es einen Übergang vom
einzelnen zum allgemeinen, von der Praxis zur Theorie. Es betont die Aussage der
Schlussfolgerungen, die anhand der Analyse von Einzelfällen gezogen wurden. So erfüllt es
am Ende eine synthetisierende, eine zusammenfassende, eine akzentuierende, eine
moralisierend-didaktische oder eine beurteilende Funktion. Diese Bemerkung bezieht sich auf
die Sprichwörter, mit denen eine konkrete Situation kommentiert wird.
Außer in der Anfangs- bzw. Endposition kann das Sprichwort auch an anderen Stellen eines
Textes erscheinen.
5. Direkte Modifikation
5.1. Die Anpassung des Sprichwortes an poetische Texte
In einem Gedicht spielen natürlich poetische Merkmale eine große Rolle (Reim,
Rhythmus), wie z.B. in Hamlet
(En.) Rashly, and prais’d by rashness for it
(Pl.) Co nagle, to po dyable
Dieselben Sprichwörter verhalten sich in einem Prosastück anders als in einem Gedicht, das
einen festgelegten metrischen Aufbau hat, dem auch das Sprichwort anpassen muss.
(Dt.) Den Esel kennt man an den Ohren, und an den Worten den Toren
(Pl.) Po czym poznać głupiego?
Po mowie ego.
Aber: (Głupiego łacno poznać: sam się wyda.)
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5.2. Die Modifizierung der Bedeutung eines Sprichwortes (Antisprichwörter)
Die Sprichwörter im Polnischen, Russischen und Deutschen sind heute nicht mehr so
verbreitet und oft gebräuchlich, als im 19. Jhr. Natürlich die Lebensweise der Menschen hat
sich seit Jahren geändert, deswegen passen auch viele Sprichwörter nicht mehr in die
Wirklichkeit (aber im Dorfmillieu werden die immer gern gebraucht), trotzdem darf, an nicht
über das Aussterben dieser Sprachform nicht reden. Sie werden viel gebraucht in Propaganda
und Werbung. Es handelt sich vielmehr über um Verwandlungen von den Sprichwörtern.
Manche Sprichwörter werden in der Tat allmählich aus dem alltäglichen Sprachgebrauch
ausfallen, weil sie ihre Aktualität verloren haben oder die Bilder nicht mehr deutlich sind.
(Pl.) Chlop to juczne bydle; nie treba mu dawac owsa, bo wierzgnie
(Dt.) Bauer und Stier sind ein Tier
a) unter Einsatz von sprachlichen Mitteln (Substitution, Erweiterung, Intonation und
Kontamination - Vermischung, Verschmutzung)
Die ursprüngliche Bedeutung eines Sprichwortes kann individualisiert, ironisiert(das passiert
oft), verfremdet oder parodisiert oder sogar verneint werden.
(Dt.) Morgenstunde ist aller Laster Anfang
Morgenstunde hat Gold im Munde
Müssigang ist aller Laster Anfang
(Pl.) Kto rano vstae, ten caly dzien chodzi niewyspany
Kto rano wstaje, temu Pan Bog daje.
(Ru.) Кто рано встает, тот ходит целый день невыспавшись
Кто рано встает, тому бог подает
b) durch die Konfrontation mit einem Kontext oder einer Situation, die vom üblichen
Gebrauch des Sprichwortes abweicht.
(Dt.) „Ohne Fleiß kein Preis“
(Pl.) Bez pracy nie ma kolaczy
(Ru.) Без труда, не вытянеш рыбку из пруда
Dieses Sprichwort bedeutet etwas ganz anderes im Mund eines tüchtigen Schülers als eines
Diebes.
c) unter Einsatz von aussersprachlichen Mitteln, darunter Gestik, Mimik.
6. Bildliche und Unbildliche Varianten der Sprichwörter
Die Bedeutung des Sprichwortes ist metaphorisch, d.h. ähnliches Prinzip bei der
Bezeichnungsübertragung zwischen Erscheinungen im Sprichwort und in der Realität. Also
die Sprichwörter beschreiben keine konkreten, sondern potentielle Zusammenhänge, sowohl
bildliche, als auch unbildliche. So kann man sagen, dass die sprichwörtliche Bedeutungen
allgemein geltend sind, wie Krikman schreibt, und Gerd Friedhof macht eine logische
Formulierung daraus, dass Sprichwort verallgemeinernde Implikation ist.
Unbildlich:
(Pl.) Z malych przyczyn nieraz wielki skutki
(Dt.) Kleine Ursachen, große Wirkungen
(Ru.) От одного слова, дa на век ссора
Bildlich:
(Pl.) Z malej iskierki bywa wielki ogien.
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(Dt.) Von einem Funken kommt ein großes Feuer.
(Ru.) От малой искры, да большой пожар.
In den beiden Fällen beziehen sich die Sprichwörter auf dasselbe, aber das bildliche drückt
dies – im Gegensatz zum unbildlichen indirekt aus.
Die Sprichwörter beruhen auf der Erfahrung und Beobachtung von realen Zusammenhängen,
sind also eine Art Verallgemeinerung. Sie helfen das Geschehen und die Erlebnisse zu
systematisieren, um sich auf Bevorstehende vorzubereiten. Sie gelten zu Recht als
„Lebensweisheiten“, denn sie erfassen fast alles, was wir erleben oder erleben können, selbst
wenn sich die einzelnen Erfahrungen widersprechen.
(Dt.) Wohlgetan überlebt den Tod.
Wohltaten schreibt man nicht in den Kalender.
(Dt.) Geld regiert die Welt.
Geld macht nicht glücklich. Geld allein macht nicht glücklich.
(Pl.) Pieniądze szczęścia ne dają.
(Ru.) Не в деньгах счастье.
Sprichwörter, die keinen Analog in den anderen Sprachen haben, kann man in anderen 4
Gruppen einteilen:
a) Nationale Sprichwörter, die sowohl in den Hochsprachen, als auch in den Dialekten
bekannt sind:
(Dt.) Alte Kirchen haben dunkle Fenster
(Pl.) Czym chata bogata, tym rada
b) Nur in einigen Dialekten auftretende Sprichwörter:
(Dt.) En ald Krust hilt Hus. (Das Niederdeutsche, Seiler, F., s. 41)
(Pl.) Jak sie cygón doparzi do kóni, to go ani dioboł nie dogóni. (Das Teschinische,
Krzyżanowski, J., Bd. 1, s. 345)
c) Ausgestorbene Sprichwörter:
(Dt.) Mit geru scal man geba infahan, ort widar orte. (Das älteste in deutscher Sprache
belegte Sprichwort aus dem Hildebrandslied, Seiler, F., s. 67)
(Pl.) Quando się łyka drą tunc ea drzy. (Das älteste urkundlich belegte Sprichwort im
Polnischen, Kucała, M., s. 419)
d) Sprichwortparodien, - paraphrasen, -ironisierungen usw. die oft Internationalismen
betreffen:
(Dt.) Hunde die beißen, können nicht bellen. (Mieder, W., Bd. 2, s. 67)
(Pl.) Góra z górą się nie zejdzie, ale usta z ustami schodzą się łatwo. (Krzyżanowski, J., Bd.
1, s. 722)
7. Zur Abgrenzung der Sprichwörter von sprichwortverwandten Formen
Sowohl im Deutschen und Russischen als auch im Polnischen gibt es eine Reihe von
besonderen Ausdrücken, die den Sprichwörtern sehr ähnlich sind – so genannte
sprichwortverwandte Formen. Die Verwandtschaft zwischen ihnen und den Sprichwörtern
beruht sich darauf, dass sie nur einige der für Sprichwörter charakteristischen Merkmale
besitzen. Ihre vor allem strukturelle Ähnlichkeit mit dem Sprichwort geht manchmal so weit,
dass sie damit gleichgesetzt und in die Sprichwortlexika aufgenommen werden.
So unterscheidet man folgende Formen:
7.1. Sagwörter (Wellerismen). Im Gegensatz zu den Sprichwörtern haben die Wellerismen
zwei Sender: einen außersprachlichen (meistens handelt es sich hier um ein Sprichwort) und
einen sprachlichen, wobei der im Sagwort beim Namen genannt wird.
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(Dt.) „Man muss einen alten Pelz nehmen, dass man einen neuen damit kaufen kann“ – sagte
die junge Magd und heiratete einen alten Mann.
„Die genaue Nennung des sprachlichen Senders in Sagwörtern – die ihnen einen dialogischen
Charakter verleiht – steht im Widerspruch zur Feststellung, dass die Sprichwörter
monologisch sind.“ (Iwona Bartoszewicz, Analoge Sprichwörter im Deutschen,
Niederländischen und Polnischen, 1994, s.14)
7.2.Wetterregeln. Sie beschreiben Zusammenhänge, die zwischen bestimmten
Wettererscheinungen bestehen.
(Pl.) Kiedy na Małgorzatę kropi, siano się źle skopi.
Die Wetterregeln erfüllen nur eine wettervorhersagende Funktion. Die Sprichwörter
dagegen sind imstande mehrere Funktionen in verschiedenen Kontexten auszuüben.
(Dt.) Stecke deine Hand nicht zwischen Tür und Angel.
(Pl.) Nie pchaj palca między drzwi.
(Ru.) Не суй пальца между дверей.
Dieses Sprichwort kann – je nach dem Kontext und der Situation – eine warnende, ansagende,
moralisierende, didaktische oder andere Funktion übernehmen. Die Wetterregeln können nur
eine wettervorhersagende Funktion haben.
7.3. Ausrufe
(Dt.) Da liegt der Hund begraben!
(Pl.) Tu jest pies pogrzebany!
(Ru.) Здесь собака зарыта.
Zwar weisen Ausrufe die für die Sprichwörter typische Satzform auf, aber sie haben
keine anderen, die das Sprichwort charakterisierenden Merkmale. L. Röhrich zählt die
Ausrufe zur Gruppe der starren phraseologischen Verbindungen.
Die Ausrufe unterscheiden sich von den Sprichwörtern vor allem dadurch, dass bei
ihnen keine logische Grundstruktur festzustellen ist. Ihre Bedeutungen sind zwar
methaphorisch, aber man kann ihnen außer der verzierenden keine andere Funktion
zuschreiben.
7.4. Werbeslogans.
(Dt.) Prüfe hier, prüfe da, kaufe dann bei C&A!
(Pl.) Cukier krzepi.
LOTem bliżej.
Die Werbeslogans ahmen, in manchen Fällen getreu, die sprichwörtlichen Strukturen,
ihre Kürze und Bündigkeit nach. Manchmal liegt ihnen die logische Struktur der Implikation
zugrunde.
(Pl.) Cukier krzepi.
„Jeżeli je si cukier, to on krzepi.“
Die Werbeslogans sind aber nicht allgemeingeltend, denn sie beziehen sich in der Regel auf
bestimmte Elemente der Wirklichkeit (Namen der Firmen: C&A, Kaufhalle, LOT, Lufthansa;
Warenbezeichnungen cukier.
7.5. Aphorismen, Sentenzen, Maximen, Zitate.
Zu den untersuchten Phrasen gehören auch Zitate, Sentenzen u.a., die durch ihren
allgemeinen Gebrauch zu Sprichwörtern geworden sind. In einigen Fällen ist es zur
Ausbreitung ihrer Bedeutung auf Geschehnisse aus anderen Lebensbereichen gekommen. So
sind Formeln imstande, das Prinzip der Allgemeingültigkeit zu erfüllen.
(Dt.) Alle Wege führen nach Rom.
(Pl.) Wszystkie dorogi prowadzą do Rzymu.
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(Ru.) Все дороги ведут в Римю
Unterschiede zwischen Maximen, Sentenzen, Aphorismen, Apophethegmata,
Priamelen, Gnomen sind fließend. Wenn man sich beim Charakterisieren der einzelnen
sprichwortverwandten Formen nur auf das semantische bzw. strukturelle Kriterium stützt,
kann man keine überzeugende Klassifikation vornehmen. In der letzten Konsequenz kann das
Gefahr sein, dass unterschiedliche Erscheinungen mit einem Begriff bezeichnet werden. Die
modernen methodologisch – terminologischen Vorschläge der Sprichwortbeschreibung, die
auf Resultate der Forschungen in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen basieren (Logik,
generative Transformationsgrammatik, Poetik), liefern keine Beweise dafür, dass eine
Abgrenzung des Sprichwortes von sprichwortverwandten Formen einen praktischen Sinn hat.
8. Die sprichwörtlichen Internationalismen
Die sprichwörtlichen Internationalismen im Deutschen, Polnischen und Russischen
haben in vielen Fällen gemeinsame Quellen:
8.1. Die philosophischen, rhetorischen, historischen Schriften und die Dichtung antiker
Autoren. Die griechischen und lateinischen Texte haben sich im Mittelalter und in der
Renaissance, also in den Epochen, als sich die Nationalsprachen herausgebildet haben, einer
großen Beliebtheit erfreut und sie galten als ein für den Schulunterricht besonders geeigneter
Stoff. Die lateinischen und die griechischen Sprichwörter dienten als Übungsmaterial beim
Erlernen der klassischen Sprachen. Ihr moralischer und didaktischer Inhalt half, den Schülern
im Mittelalter die Gesetze und die Sittenlehre sich besser einzuprägen.
Quelle: Saevius ventis agitatur ingeneus populus. (Horatius, Ep. 2)
(Dt.) Hohe Bäume fangen viel Wind.
(Pl.) Wysokie drzewa najprędzej wiat łamie.
(Ru.) Гроза бьет по высокому дереву.
8.2. Die Bibel. Die ersten nationalen Bibelübersetzungen haben einen großen Einfluss auf die
gegenwärtige Form der biblischen Sprichwörter im Deutschen, Polnischen und Russischen
ausgeübt. Es sind Lexika der biblischen Sprüche entstanden, die dann in Predigten gebraucht
wurden.
Quelle: Corripit Deus quem diligit. (Sprüche 3, 12)
(Dt.) Wen Gott lieb hat, den züchtigt nicht er.
(Pl.) Kogo Pan Bóg miłuje, tego nawiedza.
8.3. Die vor allem für didaktische Zwecke bearbeiteten Sprichwortlexika. Besondere
Verdienste sind Erasmus von Rotterdam zuzuschreiben, der im Jahre 1500 die erste Fassung
seines berühmten Werkes Adagiorium Collectanea veröffentlicht hat. Seine Sprichwörter hat
er aus den Werken, die den antiken Autoren zugeschrieben sind, und aus der Bibel ausgewählt
und mit einem moralisierenden Kommentar versehen.
Quelle: Amicorum communia omnia. (u.a. Cicero, De officiis 1,16,51; Erasmus, Adagia
1,1.1)
(Dt.) Unter Freunden ist alles gemein.
(Pl.) U przyjaciół wszystkie rzeczy wspólne.
8.4. Prosa und Dichtung. Im Mittelalter und in der Renaissance findet sich in den meisten
literarischen Werken eine große Fülle von Sprichwörtern, die manchmal sogar den Hauptstoff
bildeten. Daraus sind Dialoge gebaut worden, wie z.B. in Salman und Morolf.
Quelle: Qui iuum canem vult perdere, per rabieni imponit , illi nomen (Salman und Morolf,
87b, in: Singer, S., 1944, S.42)
(Dt.) Wenn man den Hund schlagen will, so hat er Leder gefressen.
(Pl.) łacno o przyczynę, kto chce bić chudzinę.
Zur Internationalisierung der Sprichwörter aus den oben genannten Gruppen kam es
unter Bestimmten Voraussetzungen:
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a)
Die an Sprichwörtern reichen Werke sind hauptsächlich in lateinischer Fassung
erschienen, was sie den gebildeten Schichten in ganz Europa zugänglich gemacht
hat;
b)
Eine besonders wichtige Etappe im Prozess der Internationalisierung und zugleich
der Nationalisierung von Sprichwörtern bildet der Gebrauch ihrer übersetzten
Formen in der nationalen Literatur und in der Predigt.
Die folgenden Faktoren haben dabei den Prozess der Internationalisierung stimuliert:
a) Ein Sprichwort kann erst dann einen breiteren Bekanntheitsgrad erreichen, wenn es
eine schriftliche Form hat;
b) Die in lateinischen Fassungen erschienenen Werke haben überall Nachahmer und
Übersetzer gefunden, oder man hat wenigstens versucht, für die lateinischen
Sprichwörter einheimische Entsprechungen zu finden;
c) Die Sprichwörter aus den Lexika, die als Lehrbücher für die klassischen Sprachen
gedacht waren, sollten im Mittelalter auswendig gelernt werden.
9. Zu der Frage der „nationalen Charakter“ der Sprichwörter fremder Herkunft
Unter den analogen Sprichwörtern im Deutschen, Polnischen und Russischen gibt es
keine, die national spezifisch sind.
Im Falle dieser Sprichwörter müsste man dabei entscheiden, ob größere nationale
Unterschiede in der Lexik überhaupt in Frage kämen. Die Lebensbedienungen und –weisen,
sowie die allgemein akzeptierten moralischen Verhaltensnormen sind im Deutschen,
Polnischen und Russischen im Wesentlichen gleich. «Eine Analyse der Lexik der nationalen
Varianten analoger Sprachwörter liefert jedenfalls keine überzeugende Beweise für den
Einfluss des Nationalen auf das Internationale." („Analoge Sprichwörter im Deutschen,
Niederländischen und Polnischen. Eine konfrontative Studie“, Wrocław, 1994) Nur in einem
der seltenen Fälle, im Sprichwort: Roma non fuit una die condita. Ist die fremde
Stadtbezeichnung Roma durch die einheimische ersetzt worden.
(Dt.) Lübeck ist in einem Tag gestiftet, aber nicht in einem Tag gebaut.
(Pl.) Nie od razu Kraków zbudowany.
(Ru) Москва не сразу строилась.
Über dieses Sprichwort gibt es aber auch eine andere Meinung. Das Sprichwort „Москва не
сразу строилась“, das konkrete historische Assoziationen hervorruft, wird in der Sammlung
von Šanskij, Zimin, Filippov folgendermaßen beschrieben: „ О том, что сразу ничего не
делается. Собств. Русск. Из первонач. „Москва не вдруг строилась». Возможно,
влияние франц. Paris ne s’est pas fait en un jour… (Шанский, Зимин, Филиппов, 2000.
«Опыт этимологического словаря русской фразеологии», 128)
Unbestritten widerspiegelt sich die Tatsache, dass Moskau über einen langen Zeitraum
hinweg gebaut wurde und ständig weiter wächst (Шанский, Зимин, Филиппов, 2000.
«Опыт этимологического словаря русской фразеологии», 165-166). Die Parallele, zu der
die russische Variante durch slawische und nichtslawische Sprichwörter geworden ist, und
deren areales Kontinuum zeugen nicht von Entlehnungen oder von einer eigenständigen
„nationalen“ Bildung, wie das u.a. von den genannten Autoren behauptet wird, sondern von
einer alten „Nationalisierung“ eines internationalen allgemeinen Konzepts. Dieses Sprichwort
wird so schon lange in anderen slawischen und nicht slawischen Sprachen verwendet, jedoch
nicht mit der Komponente Moskau, sondern mit der Benennung anderer großer oder sehr alter
Städte:
(Ukr.) Київ вiдразу не збудували
(Tsch.) Za rok také Praha vystavĕna nebyla
(Weißrus.) Не за дзень Вiльня становiлася
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(Pol.) Nie od razu Kraków (Warszawa) zbudowany. Nie jednego roku Rzym
zbudowano. Nie jednego Rzym zbudowano roku
(Slow.) Ni na en dan sezidan Zagreb usw. (A. Koszewska, E. Kierzkowska, E.
Kowalik, A. Ledwon, H. Walter, „500 gebräuchliche russische Sprichwörter mit ihren
deutschen und polnischen Parallelen”, Greifswald, 2006, 18)
In der europäischen Parömiologie ist dieses Sprichwort eines der am meisten
verbreiteten Parömien überhaupt. Man meint gar, es sei „in allen europäischen
Sprachen vorhanden, jedoch dominiert die Variante mit der Komponente „Rom“ (A.
Koszewska, E. Kierzkowska, E. Kowalik, A. Ledwon, H. Walter, „500 gebräuchliche
russische Sprichwörter mit ihren deutschen und polnischen Parallelen”, Greifswald,
2006, 18), die im Französischen bereits seit dem Jahre 1190 fixiert ist. Auch im
Belgischen, Estnischen, Finnischen, Deutschen, Englischen Ungarischen,
Italienischen,
Litauischen,
Norwegischen,
Polnischen,
Portugiesischen,
Rätoromanischen, Rumänischen, Schottischen, Spanischen, Schwedischen und
anderen Sprachen ist sie bekannt. Die Namen verschiedener großer Städte, die zur
Basis der entsprechenden Sprichwörter geworden sind, sind vielfältig: Aachen (im
Niederländischen und Friesischen), Kraków (im Polnischen und Weißrussischen),
Eger (im Ungarischen), Gent (im Niederländischen), Lübeck (im Deutschen), Lviv (im
Ukrainischen und Polnischen), Paris (im Französischen), Prag (im Tschechischen),
Vilnus (im Weißrussischen), Warschau (im Polnischen), Washington (im
amerikanischen Englisch), Zagreb (im Slowenischen), Samora (im Portugiesischen
und Spanischen). Diese Varianten eines allgemein-europäischen Sprichwortes
demonstrieren das Allgemeine in den Vorstellung verschiedener Völker darüber, dass
das Erbauen großer Städte große Anregungen und viel Zeit erfordert. So kommt es,
dass selbst in Sprichwörtern mit national markierten Elementen häufig typologisch
oder genetisch Universelles anzutreffen ist.
10. Sprichwort im Kontext
Mit dem Problem der analogen Sprichwörter wird man bei zwei Anlässen konfrontiert:
a) beim Übersetzen der in einem Text oder in einem Lexikon auftretenden Sprichwörter oder
b) Beim Zusammenstellen der mehrsprachigen Sprichwörterlexika.
Mich interessiert in meiner Arbeit ausschließlich die Übersetzung im Text oder Lexikon. In
der parömiologischen Literatur verbreitet sich die Meinung, dass die Bedeutung des
Sprichwortes erst durch seinen Kontext aktualisiert wird. Untersuchungen von den Werken
von Shakespeare und Cervantes und deren Vergleich mit den deutschen Übersetzungen
bestätigen diese These.
1)In vielen Fällen hat man es mit solchen Sprichwörtern zu tun, die nur in der
Ausgangssprache bekannt sind. Es empfiehlt sich, bei der Übersetzung den
„sprichwörtlichen“ Charakter zu bewahren, den man vor allem mit der Metaphorisierung der
sprichwörtlichen Bedeutung verbindet. Dort, wo es möglich ist, sollen der Original und seien
zielsprachige Entsprechung übereinstimmen.
Die lexikalische Übereinstimmung zwischen den ausgangs- und zielsprachigen
Sprichwörtern ist dort besonders erforderlich, wo der Autor eines Textes bewusst nach
bestimmten Bildern greift, um gewisse stilistische Effekte zu erzielen. Diese Bemerkung trifft
somit ausschließlich für die Fälle zu, wo der lexikalische Aufbau eines Sprichwortes durch
den Autor als relevant angesehen wird und zur Verwirklichung seiner künstlerischen
Konzeption beiträgt.
2) In den Literarischen Werken, insbesondere aber in der Dichtung, werden Sprichwörter
künstlerisch bearbeitet. Das trifft vor allem zu ihrem rhythmischen Aufbau zu. Dazu gehören
11
z.B. Paraphrasierung, Ironisierung, Parodierung. Gegebene Sprichworte, so wie auch seine
üblichen Varianten sollen dem Leser aber bekannt sein.
11. Übersetzungstypen von Sprichwörtern
Die meisten Übersetzer unterscheiden 3 Übersetzungstypen:
1) Es ist erforderlich in der Zielsprache solche Entsprechung zu finden, die mit dem
ausgangssprachlichen Sprichwort
sowohl in der Bedeutung, als auch lexikalisch und
syntaktisch übereinstimmt.
2) Wenn es aber in der Zielsprache keine Entsprechung gibt, so nimmt man eine Variante, die
wenigstens mit ihrer Bedeutung übereinstimmt.
3)Den dritten Übersetzungstyp bilden wörtliche Übersetzung des Sprichwortes. Der
Übersetzer sollte danach streben, die grammatisch-stilistischen Merkmale des Originals zu
berücksichtigen. Obwohl es sich meistens um solche Sprichwörter handelt, die keine
Entsprechungen in der Zielsprache haben, soll der Übersetzung doch erkennbar machen, dass
es sich um ein Sprichwort handelt.
12. Äquivalenz
Traditionell wird in der Translatologie die Beziehung zwischen dem Ausgangstext (dem
„Original“) und dem Zieltext (dem Translat) als Äquivalenz bezeichnet. Darüber, wie diese
Beziehung genau aussehen sollte und welcher „Wert“ denn „gleich“ zu erhalten sei, wird
allerdings viel und lebhaft diskutiert.
In den folgenden Beispielen habe ich mich hauptsächlich auf die polnische und deutsche
Variante des Sprichwortes konzentriert und dazu die russische Variante gegeben.
1.Totale Äquivalenz: „1:1 Entsprechung auf der Ausdrucksebene und auf der Inhaltsebene“.
(Kade 1968, 60)
(Dt.) Ander Land, andere Leute.
(Pl.) Inny kraj, inni ludzie
(Ru.) Что край, то обычай
Totale Äquivalenz im Polnischen und Deutschen. Aproximative Äquivalenz bei der
Russischen Variante.
(Dt.) Wer auf dem Wagen ist, kann auch leicht darunter kommen.
(Pl.) Kto bywa na koniu, bywa i pod konem
(Ru.) Кто бывал на коне, бывал и под ним
In allen 3 Sprachen weist sich totale Äquivalenz auf.
2. Aproximative Äquivalenz: Der Bedeutungsumfang in AS kann größer oder kleiner sein, als
in ZS. Auf der Inhaltsebene besteht daher kein 1:1 Verhältnis, sondern 1: Teilentsprechung.
(Kade, 1968, 81)
(Dt.) Viel Rauch, wenig Feuer.
(Pl.) Wiecej dymu niz plomienia.
Wiele halasu o nic
(Ru.) Много шума, мало дела
(Dt.) Alte Pferde haben Steife Beine.
(Pl.) Starego Konia juz nie ujezdzisz.
(Ru.) (На старом коне далеко не уедешь.)
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Polnische und Deutsche Variante weisen eine aproximative Äquivalenz, In der Russischen
Sprache wird es nur übersetzt, da es keine Entsprechung gibt (Nulläquivalenz)
3. Nulläquivalenz: 1 : 0-Entsprechung auf der Ebene der Parole.
(Dt.) Ist das Fest vorbei, kommt wieder Erbsenbrei
(Pl.) (Gdy swieta mina, znow beda kluski ze slonina)
(Ru.) (После праздников всегда приходят будни)
(Pl.) Dobrego syna nigdy Bog nie zapomina.
(Dt.) (Einen guten Sohn vergisst der Herrgott nicht)
(Einen guten Sohn lässt der Herrgott nicht im Stich)
(Ru.) (Хорошего сына бог не забудет)
Hier beobachten wir in allen 2 Beispielen eine Nulläquivalenz sowohl in der polnischen
Sprache, als auch in der Russischen.
Hier habe ich einige sehr interessante Beispiele gefunden. Sie stammen aus dem ältesten
Genre der Volksliteratur, nämlich aus dem Märchen.
13. Beispiele
1. Erstes Beispiel ist aus dem polnischen Märchen „Jeż“. Es handelt sich um eine Königliche
Familie. Der König ist im Wald verlaufen und fragte den Igel, ob er dem König den Weg in
sein Schloss zeigen könnte und versprach ihm dafür seine Tochter. Der Igel zeigte ihm den
Weg und kam nun am nächsten Tag die Königstochter zu heiraten. Alle 6 Töchter haben nur
gelacht und abgesagt und nur die siebente Tochter hat zugestimmt und gesagt:
(Pl.) Tylko siódma córka spojrzała ząmyślona na jeża i powiedziała „Ojcze, obiecawszy,
obietnicy dotrzymaj, nawet jeżeli złożono ję tylko jeżowi“ (Jeż)
(Dt.) Nur die siebente Tochter schaute den Igel nachdenklich an und meinte: "Vater, ein
Versprechen ist Versprechen, auch wenn man es nur einem Igel gegeben hat.
(Ru.) Только седьмая дочь, задумчиво посмотрев на ежа, сказала: « отец, обещал, да
думай исполнить, даже если ежу пообещал»
2.
Nächstes Beispiel stammt auch aus dem polnischen Märchen. So lautet Name des Märchens.
Es handelt sich um die Schildkröte, die immer zu langsam war. Wenn ihre Oma hat ihr
Aufgaben gegeben hat, hat sie immer den gleichen Satz sagt. Und eines Tages musste sie ihre
freunde zu ihrem eigenen Geburtstag einladen und als sie nach Hause kam und alle
eingeladen hat, war der Geburtstag schon vorbei.
(Pl.) Kto sie nazbyt spieszy, pozniej dojedzie
(Ru.) Поспешишь - людей насмешишь
(Dt.) Eile mit Weile.
Hier in allen 3 Sprachen haben wir eine maximale Äquivalenz. Polnische Variante sagt, dass
„wer eilt, der kommt zu Spät“ und russische Variante klingt „wer eilt, der bringt die
Menschen zum Lachen.
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3.
Dieses Beispiel habe ich in dem russischen Märchen „Гуси – Лебеди“ gefunden. Es handelt
sich darum, dass das Mädchen ihren Bruder sucht und unterwegs fragt, ob jemand ihn
gesehen hat. Und so kommt sie zum Ofen und fragt nach der Auskunft.
(Ru.) Девочка: « Печка, скажи, в какую сторону полетели дикие лебеди?»
Печка ей отвечает: « А, ты помоги мне, съешь мои калачи, я тебе скажу»
Девочка: «Почему я должна тебе помогать? Они подгорелые»
Печка: «Нужда научит калачи есть!»
Sehr interessant hier ist das russische Sprichwort, weil sie im direkten und auch im
übertragenen Sinn in dem Märchen existiert und auch so zweideutig verstanden werden kann.
Im direkten Sinne wird gemeint, dass das Mädchen, wenn sie unbedingt die Wahrheit über
ihren Bruder wissen möchte, muss sie die „Kalatschi“ essen, ob es ihr schmeckt oder nicht.
Im übertragenen Sinne wird mit dem Sprichwort gemeint, dass im Not tut man alles. Das wäre
dann eine bildliche Variante des Sprichwortes. Genau so gut existiert im Russischen die
unbildliche Variante: «Нужда заставит пойти на все». Natürlich interessant, dass hier mit
dem Bild und mit dem Sinn gespielt wird. Außerdem gibt es andere Varianten dieses
Sprichwortes im Russischen, wie z.B.:
„Нужда научит кузнеца сапоги тачать“
«Нужда научит богу молиться»
«Нужда закона не знает»
«Нужда железо ломает»
Wie wir sehen können, gibt es in der Russischen Sprache mehrere Varianten des Sprichwortes
–so wie bildliche, als auch unbildliche. Natürlich hier ist auch klar, warum sich der Autor für
die Variante mit Kalatschi entschieden hat. Weil es sehr gut vom Sinn passt.
Die Polnische Variante klingt so:
(Pl.) Dziewczynka: „Piecu, nie możesz mi powiedzieć, dokąd te dzikie łabędzi poleciąły?“
Piec odpowiedział: „Pomożesz mi, to wtedy tobie powieno.“
Dziewczynka: „ Dlaczego mam tobie pomóc? Ja nie wiem wogóle jak to zrobić“
Piec: „Komu bieda dokuczy, ten sie modlić nauczy.“
Die Deutsche Variante:
(Dt.) Mädchen: "Ofen, kannst du mir nicht sagen, wo die wilden Schwäne hingeflogen sind?"
Der Ofen antwortete: "Hilfst du mir, dann sag ich es dir.“
Mädchen: „Warum soll ich dir helfen? Ich weiß gar nicht wie das geht.“
Ofen: „ Not lehrt arbeiten “
Die beiden Varianten unterscheiden sich dafür von dem Russischen Sprichwort.
Was auch sehr interessant ist, dass die deutsche und in die polnische Übersetzung verlieren
das Sujet mit den Kalatschi. Und es wird nur als Hilfe übersetzt.
Polnische und Deutsche Variante des Sprichwortes sind sich sehr ähnlich und weisen eine
Aproximative Äquivalenz auf. Das polnische Sprichwort kann man wörtlich übersetzen: „Wer
in Not kommt, der lehrt beten“. Im Deutschen gibt es dafür auch einen Analog „Not lernt
beten“. Bei der deutschen Übersetzung wird aber die unbildliche Variante bevorzugt. Das
Sujet mit dem „Beten“ wird weggelassen, anscheinend, da die Kirche nicht so stark in
Deutschland verbreitet ist. Oder vielleicht wurde die Übersetzung aus dem Russischen
gemacht, was eher wahrscheinlich ist. Bei der polnischen Variante wird auf die Kirche und
Stärke des Glaubens bei den Menschen ein Akzent gemacht. Das ist hier eine bildliche
Variante und, meiner Meinung nach, sehr passend.
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Im Deutschen gibt es auch mehrere Varianten des Sprichwortes:
„Not lehrt beten“
„Not lehrt schaffen“
„Not lehrt schwimmen“
„Not lehrt aus der hand trinken“
Und die polnische Varianten zu demselben Sprichwort:
„Komu bieda dokuczy, ten się modlić nauczy”
„ Bieda pracować nauczy”
Wie wir sehen in jeder Sprache existiert eine Variante, die totale Äquivalenz aufweist, aber
der Übersetzer oder in dem Falle anscheinend das Volk, (da die Märchen am meisten nur im
Munde überliefert wurden) wählt die Variante, die den Menschen des Landes vom Charakter
und Sinn näher ist.
14. Schlussbemerkung
Sprichwörter wandern von einem Volk zum nächsten und deshalb finden wir den 3 Sprachen
eine Vielzahl von Lehnsprüchen, von Entlehnungen aus anderen Sprachen:
(Rus.) Нечего на зеркало пенять, коли рожа крива
(Dt.) Schimpf nicht auf den Spiegel, wenn du ein schiefes Gesicht hast.
Schmäh den Spiegel nicht, wenn schief dein Angesicht.
Es steckt nicht im Spiegel , was man im Spiegel sieht.
(Pl.) Nie ma co narzekać, gdy gęba krzywa.
Mein Ziel war die Sprichwörter in den 3 Sprachen zu betrachten, Informationen über
die einzelnen Sprichwörter zu sammeln und über die Herkunft einzelner Sprichwörter.
Außerdem habe ich versucht, Besonderheiten im Sprichwortgut der einzelnen 3 Völker zu
beobachten und hier kurz darzustellen. Wie man am besten die Sprichwörter übersetzt und
wie die im täglichen Leben existieren und im Kontext übersetzt werden, anhand den
beispielen aus den Märchen.
Es gibt noch mehr zu sagen und zu erforschen bei den Sprichwörtern, da es ein sehr
umfangreiches Gut ist, was uns von mehreren Generationen hinterlassen wurde, als Gabe, als
Geschichte, als Erinnerung an alten Zeiten, an Gute und Böse an Manieren usw.
Das Sprichwort spricht
Scharf und milde, grob und fein,
Vertraut und seltsam, schmutzig und rein,
Der Narren und Weisen Stelldichein:
Dies alles bin ich, ich will sein,
Taube zugleich, Schlange und Schwein!
(Friedrich Wilhelm Nitsche)
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