Seit dem Neolithikum, vor etwa 10 000 Jahren, hat der Mensch mit der Domestikation von Tieren und Pflanzen massiv in die Natur eingegriffen. Die Veränderung natürlicher Habitate beschleunigte sich mit zunehmendem Populationswachstum. Das exponentielle Ansteigen der Weltbevölkerung und die inzwischen erreichten Bevölkerungsdichten in den verschiedenen Regionen hat zu massiven Umweltproblemen geführt. Seit jeher ist das Verfahren gleichgeblieben. Kreuzung ist aber nur zwischen eng verwandten Pflanzen möglich. Also ist auch die Anzahl der Gene, die übertragen oder ausgetauscht werden können, begrenzt. Es kann nur ein Gen in eine Weizenpflanze hineingekreuzt werden, das bereits in irgend einem anderen Weizen vorkommt. Für die herkömmliche Kombinationszüchtung ist daher die genetische Vielfalt innerhalbeiner Art bzw. Gattung sehr wesentlich. Die alten Landsorten haben hier eine ganz wichtige Rolle eingenommen. Die Gentechnik ermöglicht es nun, die Artgrenzen zu überschreiten und gänzlich neue Eigenschaften in eine Pflanzenart hineinzubringen. Gene aus Bakterien, Viren, Insekten und höheren Tieren und natürlich auch aus verwandten und nichtverwandten Pflanzen können gentechnisch in die neue Pflanze übertragen werden. Verfahren: a)Mit Hilfe der Totipotenz: Bei sehr vielen Pflanzenarten ist es möglich, irgendein Gewebestück der Pflanze (Blatt, Wurzel etc.) im Labor auf einem künstlichen Nährboden wachsen zu lassen. Die Gewebe entwickeln dabei zunächst einen Zellhaufen, bei dem alle Zellen gleich sind. Hier hat noch keine Zelle ihre spezifische Aufgabe übernommen. Mit Hilfe von Pflanzenhormonen können daraus in mehreren Schritten wieder ganze Pflanzen entstehen. Diese Eigenschaft der Pflanzen, daß aus einer beliebigen Einzelzelle wieder eine ganze Pflanze entwickelt werden kann, wird Totipotenz genannt. Sie ist in der Gentechnik sehr nützlich: Durch die Totipotenz der Pflanzenzellen ist es möglich, irgendeine Pflanzenzelle gentechnisch zu verändern und anschließend aus der veränderten Zelle wieder eine ganze Pflanze herzustellen. b)Mit Hilfe der Ti-Plasmide: Schon seit langem ist bekannt, daß Pflanzen Krebsgeschwüre bekommen können. Bei bestimmten Pflanzen ist der Verursacher dieser Krebsgeschwüre oder Gewebewucherungen ein Bodenbakterium, das Agrobakterium tumefaciens. Es schleust Teile seines Erbmaterials in die Pflanzenzellen ein (sogenannte „tumorinduzierende“ Ti-Plasmide). Diese Ti-Plasmide werden nun als Gentransporter genutzt, um fremde DNA in die Pflanzen-DNA bestimmter Pflanzen einzuschleusen. Damit die Pflanzen jedoch keine Krebsgeschwüre mehr bilden, wurde die Informationen zur Geschwürbildung aus dem Plasmid entfernt. c)Mit Hilfe von Chemikalien und Elektroschocks: Viele wichtige Pflanzen, z.B. alle Getreidearten, können mit diesem System allerdings nicht gentechnisch verändert werden. Dafür wurden aber inzwischen andere Methoden gefunden. Zum Beispiel können Pflanzen auch gentechnisch verändert werden, indem die DNA direkt in die Pflanzen hineingebracht wird. Dabei ist vor allem die starke Zellwand der Pflanzenzelle im Weg. Aber auch hier gibt es einen Weg. Die Zellwand wird von der Pflanzenzelle abgelöst. Die nackten Zellen können jetzt mit einer Lösung der neuen DNA-Stücke zusammengemischt werden und mit Hilfe von Chemikalien oder Elektroschocks dazu gebracht werden, die DNAStücke aufzunehmen. Die Erfolgsraten dieser Technik sind jedoch gering. Denn ist die DNA einmal in der Zelle, muß sie auch noch zum Pflanzengenom in den Zellkern gelangen. Und auf diesem Weg muß sie noch einmal eine Hülle, nämlich die Kernmembran, durchqueren. c)Mit Hilfe der Genkanone Vielversprechender ist da die Methode der sogenannten DNA-Partikel-Kanonen (Genkanonen). Winzig kleine Gold- oder Wolframkügelchen werden außen mit der Fremd-DNA beschichtet. Anschließend werden die intakten Zellen mit diesen Kügelchen bombardiert. Man hofft, daß die Kügelchen auf ihrem Weg durch die Zellen die DNA verlieren bzw. abstreifen und die DNA dann in das Pflanzengenom eingebaut wird. Die Erfolgsraten sind mittlerweile ganz gut. Transgene Pflanzen werden für die folgenden Anwendungsbereiche entwickelt: Der Einsatz gentechnischer Methoden in der Pflanzenzucht verfolgt sehr vielfältige Ziele. So werden zum Beispiel Pflanzen gegen Unkrautvernichtungsmittel oder Schädlinge widerstandsfähig gemacht. Weiters gibt es Versuche in Richtung Ertragssteigerung, Erhöhung der Lagerfähigkeit, Verzögerung des Reifeprozesses von Früchten und verbesserte Widerstandsfähigkeit gegen Kälte, Frost oder Trockenheit, wobei sich letztere Versuche als schwierig zu realisieren erweisen. Eine Zielsetzung, die erst in den nächsten Jahren bedeutsam werden dürfte, ist die Veränderung der Zusammensetzung einer Pflanze in ihren Inhaltsstoffen. Bislang wurde ein Antrag in 2001 auf Zulassung gemäß der Novel Food-Verordnung. eingebracht. Dabei handelt es sich um Sojabohnen mit erhöhtem Ölsäuregehalt (wird in weiterverarbeiteter Form, hauptsächlich als Öl, verwendet). Auch der Einbau von Süßgeschmack in manche Pflanzen, wie beispielweise Kakao, ist Gegenstand von Forschungsprojekten. Insgesamt sind weltweit bisher mehr als 60 Pflanzenarten gentechnisch verändert worden. Ertragssteigerung durch Optimierung der Widerstandskraft bzw. Schädlings- und Krankheitsresistenz sowie Herbizidtoleranz Ein bekanntes Beispiel für die Ertragssteigerung durch Schädlingsresistenz ist der „Bt-Mais“. Maispflanzen können von einer Mottenart, dem Maiszünsler, befallen werden. Dieser Maiszünsler legt seine Eier in den Stamm der Maispflanze, die geschlüpften Larven fressen das Innere des Stammes und die Pflanze knickt um. Der Maiszünsler kann durch Spritzen des Getreides mit dem biologischen Pflanzenschutzmittel „Bacillus thuringiensis“ bekämpft werden. Das Bakterium produziert ein Gift, das den Maiszünsler tötet. Die Information für die Produktion dieses Giftes (das „Bt-Gen“) wurde jetzt vom Bakterium in das Genom der Maispflanze übertragen. Dadurch kann die Maispflanze das Insektengift jetzt selbst produzieren. Sie ist damit gegen einen Befall durch den Maiszünslers geschützt (solange der Maiszünsler nicht unempfindlich gegen das Gift wird). Gleichzeitig wurde dem Mais noch eine Herbizidtoleranz, d.h. eine Verträglichkeit für ein Unkrautvernichtungsmittel, eingebaut. Und schließlich auch noch eine bakterielle Antibiotika-Resistenz, um die gentechnisch veränderten Maiszellen isolieren zu können. Die neue Maispflanze enthält also drei bakterielle Fremdgene: das Insektenresistenzgen, das Herbizidtoleranzgen und das Antibiotikaresistenzgen. Nur: Die ständige Präsenz des Insektengiftes in der Pflanze könnte sehr bald zu einer Resistenz der Schadinsekten, aber auch von anderen Insekten gegenüber diesem Gift führen. So kann das biologische Pflanzenschutzmittel „Bacillus thuringiensis“ sehr schnell seine Wirkung verlieren und muß wieder durch chemische Pflanzenschutzmittel ersetzt werden. Anpassung an extreme Umweltbedingungen (Hitze, Kälte, Trockenheit, übersäuerte Böden, Salzböden), sodaß ein Anbau auch in klimatischen Randzonen möglich ist. In subtropischen Regionen ist die Trockenheit ein ganz besonderes Problem. Bewässerung führt oftmals zu einer zusätzlichen Versalzung des Bodens. Das Wachstum vieler Hochleistungspflanzen wird in diesen Regionen dadurch unmöglich. Die Produktion bestimmter kleiner Moleküle kann für eine Pflanze den Salzboden verträglich machen. Zu diesem Zweck wurden z.B. einer Tabakpflanze bakterielle Gene eingeführt, die zu einer vermehrten Produktion solch kleiner Moleküle führte und damit die Tabakpflanze salzresistent machte. Nur: In vielen Regionen gibt es bereits Pflanzen, die größere Trockenheit oder salzigere Böden vertragen. Sie entsprechen jedoch nicht den Kriterien heutiger Hochleistungssorten (z.B. haben sie einen geringeren Ertrag). Inwieweit tatsächlich überall der Anbau von Hochleistungssorten notwendig und sinnvoll ist, bleibt dahingestellt. Optimierung der Lagerungs- und Transporteigenschaften von Obst und Gemüse, das dadurch langsamer verdirbt Ein sehr bekanntes Beispiel für die Verbesserung der Lagerungs- und Transporteigenschaften ist die „Flavr-Savr“-Tomate, die sogenannte Anti-Matsch-Tomate. Bei ihr wurde mit Hilfe der Gentechnik ein Protein, das für das Weichwerden der Tomate verantwortlich ist, ausgeschaltet. Dafür wurde das normale „Matschprotein“-Gen umgekehrt (als Spiegelbild bzw. antisense-DNA) gentechnisch in das Tomatengenom eingebaut. In der Tomate gehen jetzt Bild und Spiegelbild zusammen und blockieren einander. Die Information zur Bildung des „Matschproteins“ ist blockiert, es wird nicht mehr gebildet, die Tomate bleibt dadurch länger fest. Nur: Andere Inhaltsstoffe werden wie zuvor abgebaut, vor allem die Vitamine. Eine feste, rote Tomate ist also keine Garantie mehr für eine gesunde Tomate. Veränderung der Pflanzeninhaltsstoffe zur Qualitätsverbesserung Ein Beispiel ist die Verbesserung des Nährwertes von Samen. Samen fehlen häufig einige essentielle Aminosäuren (z.B. Lysin, Methionin und Cystein), die für die menschliche und tierische Ernährung wichtig sind. Durch den Einbau neuer Gene kann die Pflanze (z.B. Getreide) dazu gebracht werden, neue Proteine zu bilden, die sehr viele dieser essentiellen Aminosäuren enthalten. Nur: Neue Proteine können zu Allergien führen. Eine bisher verträgliche Pflanze kann durch den gentechnischen Eingriff für einige Menschen unverträglich werden. Es wird daher im Zuge der Sicherheitsbewertung solcher Lebensmittel geprüft, ob die Ausgangsstoffe zu Allergien führen können. Produktion von pharmazeutischen Proteinen, also von nichtpflanzlichen Inhaltsstoffen Ein Beispiel hierfür ist die Antikörperproduktion in transgenen Tabakpflanzen. Antikörper sind Eiweißstoffe, die den Körper gegen Fremdstoffe immun machen (z.B. Impfstoffe). Die Gene für bestimmte Antikörper wurden mit Hilfe des Bodenbakteriums Agrobakterium tumefaciens in Tabakpflanzen eingeschleust und dort in das Tabakgenom eingebaut. Die Gene enthielten die Information für eine besonders starke Antikörperproduktion. Und tatsächlich produzierten anschließend die Tabakpflanzen funktionstüchtige Antikörper, die medizinisch einsetzbar sind. Nur: Medikamentenpflanzen sind nicht mehr für den üblichen Konsum geeignet. Bei einer ungewollten Übertragung des Fremdgenes auf andere Tabakpflanzen werden diese für den Konsum ungeeignet. Die Novel-Food-Verordnung (EG) Nr. 258/1997 Die Freisetzungsrichtlinie gilt nur, solange die gentechnisch veränderte Pflanze kein Lebensmittel ist. Ab dem Zeitpunkt, zu dem sie als Lebensmittel auf den Markt kommen soll, gilt die Novel-Food-Verordnung. Nach jahrelangen Verhandlungen wurde zwischen der EU-Kommission, dem EUMinisterrat und dem Europaparlament ein Kompromiss erzielt, der die Zulassung, das Inverkehrbringen und die Kennzeichnung von neuartigen Lebensmitteln regelt.