1 Reisebericht Argentinien-Chile 1.1.2003 So, nun habe ich das erste Mal Zeit und Musse euch von meiner Reise zu schreiben, in einem Park auf einem Baenklein im Schatten eines Baumes, bei knapp 30ºC. Herrlich, ich hab auch schon die 1. Art getwitscht...und was wohl? Den Spatz! Nicht etwa einen suedamerikanischen Verwandten, nein, den hundskomunen Hausspatz (Passer domesticus), hier eingefuehrt und jetzt ueberall. Fantastisch diese standortfremden Aussetzungen. Wahrscheinlich hat er auch gleich ein paar hundert endemische Arten verdraengt. Daneben habe ich auch schon die Strassentaube identifiziert. Bravo, hat sich ja gelohnt diese Reise, suuuper. Nun aber mal von vorne weg. Meine Reise begann am Morgen des 31. Dezembers. Anders als bei meiner Reise nach Rom - dort habe ich alles vorher verdraengt und war dann im Zug in Luzern ploetzlich geschockt, als mir die Tragweite der Reise bewusst wurde - habe ich mich ziemlich gut vorbereitet und war am Morgen vor der Abreise ziemlich nervoes. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie ich mich auf dieses Himmelfahrtskommando habe einlassen koennen. Sobald ich dann aber im Zug war, habe ich mich beruhigt. Dann gings los. Zuerst nach Paris, dort war ich noch nie...schoen diese Stadt, aber so unterirdisch...so untertag, fand ich (vielleicht war mein Aufenthalt nicht ganz representativ fuer die Stadt). Ich hab nur kurz Salut und Aurevoir gesagt und bin Richtung Madrid abgeflogen. Dort verflog dann das Gefuehl des Eingeschuechtertseins angesichts der grossen Fremde fast vollstaendig, und ich hab frohen Mutes und voller Tatendrang mein Flugzeug bestiegen (fast angstfrei!). Im Flugzeug hab ich dann auch Neujahr gefeiert, mit Champagner und meinem neuen Compañero Hugo, einem Chilenen, der in Madrid arbeitet um seine Familie durchzubringen. Stolz hat er mir Fotos seiner Tochter und seines Sohnes gezeigt und mir noch ein paar gute Tips mit auf den Weg gegeben. 2 Jetzt bin ich also unter diesem Baum und warte auf meinen Bus nach Mendoza, 1000 km und 17 Stunden Busfahrt westlich von Buenos Aires. Fuer heute ist Buenos Aires also nur Durchgangsstation... 3.1.2004 Die Busfahrt durch die Pampa, der Heimat der Gauchos, der Ñandus und des argentinischen Fleisches habe ich erstaunlich gut ueberstanden. Der Bus war ziemlich bequem, hatte WC (eher unappetitlich) und Kaffee. Waehrend der letzten 100 km vor Mendoza haben wir ein Weingut nach dem anderen passiert. Mendoza ist die Weinhauptstadt Argentiniens, vielleicht sogar Suedamerikas. Goennt euch doch in der naechsten Zeit mal einen argentinischen Wein, der kommt hoechstwahrscheinlich aus dieser Gegend. In Mendoza hatte ich leider nicht allzu viel Zeit um mich umzusehen. Die Stadt ist sehr gruen und fussgaengerfreundlich, kurz: wirklich angenehm. Heute morgen gings dann weiter Richtung Uspallata und spaeter Puente del Inca, an die chilenische Grenze ins Herz der Anden. Im Bus hab ich einen "speziellen" franzoesischen Weltenbummler kennengelernt, der quasi nur reist, keine Bleibe hat und seine Broetchen mit dem Verkauf von Steinen (z.B. Opale) verdient. Dabei reist er astrologischen Linien nach. Damit verhaelt es sich folgendermassen: es gibt fuer jedes Geburtsdatum verschiedene geografische Linien, die durch einen Himmelskoerper bestimmt werden. Die Linie der Abwechslung und Ausschweiffung z.B. verlaeuft bei ihm entlang der brasilianischen Kueste von Sued nach Nord. Das ist seine Uranus Linie. Die Sonnenlinie fuehrt nach Caracas, sie steht fuer einen Wechsel. Deshalb moechte er sich in der naechsten Zeit in Caracas niederlassen und eine Familie gruenden. In der naechsten Zeit reist er aber nach Salta weil er dort durch Jupiter good vibrations hat. So lernt man Neues. Meine Linien haben mich also jetzt nach Puente del Inca gebracht, wo ich auch die Nacht verbringen werde. Dieser Ort befindet sich auf ca. 2700 m und ist umgeben von 6000ern. Wer wissen moechte wie es hier aussieht, der erinnere sich an "Seven Years in Tibet", der wurde naemlich hier in Uspallata gedreht. Vor ca. 2 h habe ich mich auf den Weg gemacht zum Dach von Amerika, dem Aconcagua, mit 6920 m der hoechste Berg der westlichen Bild 1: Der Aconcagua rechts im Hintergrund. Hemisphaere (Bild 1). Und hier liege ich jetzt, den Berg vor mir an der Laguna de los Horcones (eher ein Teich) und erhole mich von den ueberwaeltigenden Eindruecken dieser Kulisse und vom Schock, den mir vorhin mit Gepaeck beladene Mulis im Galopp, angetrieben von 2 irren Gauchos, beigebracht haben, als sie mich zu ueberrollen drohten. Es waren zwar nur 2 Reiter und 4 Mulis, aber sie galoppierten und wieherten wie 1000 (Bild 2). 3 Diese Muli Gang ist deshalb auch beruechtigt und gefuerchtet in der Gegend (Uebrigens ist die Bezeichnung "Muli" unter Mulis verpoent, sie bevorzugen den Anglizismus "challanged horse"). Alles was mir jetzt noch fehlt zum perfekten Erlebnis, ist ein Kondor ... aber ich will ja nicht so gierig sein ... Bild 2: Muli Gang. Aconcagua im Hintergrund. Kleiner Nachtrag: Ich glaub, ich hab eben einen Kondor getwischt (kein Scherz). Es kann fast nichts anderes gewesen sein. 5.1.2004 Ungeplanterweise bin ich heute in San Rafael, einer wunderschoenen Stadt mit etwa 80´000 Einwohnern im Nirgendwo, einer Stadt voller Baeume, Autos aus den 70ern und 80ern, Fahrraedern und schwangeren jungen Frauen ... dafuer ohne Touristen, McDonalds, grossen Supermaerkten oder Postkarten mit Stadtmotiven. Ich fuehle mich wirklich wie ein Exot hier. Aber erst mal der Reihe nach. Nach der Wanderung zum Aconcagua hab ich in Puente del Inca in einem gemuetlichen Refugio uebernachtet. Dort habe ich ein paar argentinische Studenten kennengelernt, die mich in die Geheimnisse des argentinischen Nationalgetraenkes (Mate, eine Art Tee) einweihten und mir das Nationalkartenspiel beizubringen versuchten (Truca) ... was sie nicht ganz geschafft haben, weil man dazu einen IQ von ca. 180 braucht (was mich ja eigentlich praedestinieren wuerde ... ehm ... weiss nuemm) und ich konnte fleissig mein spanisch ueben. Am naechsten Morgen hab ich mir dann definitiv die Kondore abgeholt und auf Film gebannt und zwar gleich 2 Stueck (Bild 3). Bild 3: Vier auf einen Streich, allerdings in Sued-Chile. Dann gings wieder zurueck nach Mendoza wo ich nur knapp meinen Bus Richtung San Rafael erwischt habe. Ich habe unvorsichtigerweise nur ca. 1 h Reserve in Mendoza eingeplant. Das waere beinahe zu wenig gewesen, weil erstens der Bus etwa eine halbe Stunde zu spaet kam und zweitens - und damit haette ich einfach rechnen sollen - der Bus nach 2/3 des Weges zu brennen begonnen hat. Ein aufmerksamer Automobilist hat unseren Fahrer darauf aufmerksam gemacht. Der Brandherd an den Bremsen des Hinterrades (das waer 4 lustig geworden in Anbetracht des Gefaelles) wurde schnell lokalisiert und das Feuer mit 3 Feuerloeschern (eher eine Art Pulversprueher) schnell geloescht. Die Situation war nicht wirklich dramatisch. Nachdem ich schon Angst hatte, die Nacht in einem Wuestenkaff zu verbringen, wurden wir von einem Bus eines Konkurrenzunternehmens gratis nach Mendoza transferiert. Anschliessend ging’s wie erwaehnt nach San Rafael, wo ich gestern einen relativ lustigen Abend fuer mich hatte. Ich hab naemlich in einem Restaurant Pizza und einen Wein fuer 4 Pesos (ca. 1.80 sFr.) bestellt. Ich hab noch gefragt, wieviel das waere, hab ihn aber nicht verstanden und den Wein dann einfach bestellt. Ich hab natuerlich nicht gerechnet, dass er gleich mit einer ganzen Flasche kommt. Da sass ich nun mit einer riesigen Pizza florentinischen Ausmasses (Tomi, Mats und Reto wissen was das heisst) und einer Flasche Wein (und noch nicht mal einem Schlechten) und dem Spruch meiner Mutter, dass man das was man bestellt auch isst. Der langen Rede kurzer Sinn, ich bin dann einige Zeit spaeter ziemlich gut beieinander durch die jetzt noch gemuetlichere Stadt mit den noch huebscheren schwangeren jungen Frauen ins Hotel gewatschelt. Exkurs 1: Preise in Argentinien Ich hab nun schon einige Tage hinter mir und habe eine kleine Uebersicht ueber die Preise bekommen. Mein Lonely Planet wurde noch vor der Krise im Herbst '01 geschrieben und ich habe dadurch einen guten Vergleich mit der Situation von vor 2-3 Jahren. Im Durchschnitt haben sich die Preise fuer Reisen, Hotel und Camping etwa um das 3-fache reduziert, nimmt man die Dollarpreise als Referenz. Da der Dollar im Vergleich zum sFr. auch verloren hat, ist es im Vergleich zum Franken noch mehr. In meinem LP steht noch, dass Argentinien teurer ist als Chile, inzwischen ist es hier ziemlich viel billiger...und das bei einer meist noch immer besseren Infrastruktur. So schlimm also die Wirtschaftskrise fuers Land ist, als Tourist profitiert man im Moment davon. So hab ich z.B. fuer das Hotelzimmer in einem sehr gemuetlichen Hotel mit freundlichen Besitzern inklusive Fruehstuck knapp 8 Franken bezahlt. D.h. jetzt muss man nach Argentinien kommen!! 8.1.2004 Am naechsten Tag bin ich ueber Neuquen nach Zapala gereist, einer kleinen nicht sehr schoenen Stadt, von der aus ich zum Nationalpark Laguna Blanca reisen wollte. Dieses Gewaesser beherbergt viele Wasservoegel und vor allem die groesste Kolonie von Schwarzhalsschwaenen in Argentinien. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass es zu dieser Lagune nur einen Bus pro Tag gibt, der am Abend hin und am Morgen wieder zurueck faehrt. Als man mir dann noch gesagt hat, dass der Bus fuer die Rueckreise evtl. voll ist und der Bus fuer die Hinfahrt einen Schaden hat und sie mir nicht sagen koennen, wann und ob er kommt, hab ich die ganze Idee des Parkbesuches frustriert aufgegeben. Schliesslich bin ich mit ziemlich uebler Laune nach Junin de los Andes gereist, nachdem ich einen Tag in diesem Zapala mit Warten verbracht habe. 5 In Junin, der Hauptstadt des Lachsfischens, hab ich dann spaet Nachts noch eine sehr schoene Unterkunft gefunden. Gut gestaerkt bin ich am naechsten Morgen Richtung Nationalpark Lanin und dem Lago Paimun aufgebrochen. Schon waehrend der Autofahrt entlang wunderschoener glasklarer Fluesse, tiefblauer Seen und schneebedeckter Berggipfel (Bild 4) war ich wieder bester Dinge. Bild 4: Der Lago Paimun im Lanin Nationalpark. Ich hab am Paimunsee mit Blick auf den Lanin mein Zelt aufgestellt und die Bergkulisse genossen. Viele nennen den Lanin den schoensten Berg Argentiniens (Bild 5). Dieses ganze Gebiet war frueher die Heimat der Mapuche Indianer und es hat noch immer Indianer Siedlungen hier. Die Anwesenheit der Mapuche zeigt sich noch in vielen Gesichtern und den Namen von Seen, Bergen und Ortschaften. Bild 5: Der Lanin. Nach einer kurzen Wanderung und einem Bad im erstaunlich warmen See wurde ich von Leuten aus Buenos Aires zu einem Cordero Festmahl, d.h. Lamm ueberm Grill eingeladen. Das konnte ich dann kaum ablehnen. Ich hab mir ja schon vorher vorgenommen, bei solchen Gelegenheiten auch mal in ein totes Tier zu beissen (Bild 6). Bild 6: Die von Juan (mitte) organisierte Cordero-Orgie nimmt ihren Anfang... 6 Das Fleisch selber fand ich dann nicht allzu gut, ich war aber noch nie ein grosser Lammesser. Dafuer war der Mate diesmal besser. Nachdem ich mich zum Fruehstuck sowie zu einer Partie der Boca Juniors habe einladen lassen (solche Einladungen nimmt man am besten an, auch wenn sie dann nicht allzu ernst zu nehmen sind), habe ich mein Zelt abgebrochen und bin nun auf dem Weg nach San Martin de los Andes. 13.1.2004 Die naechste Nacht habe ich in San Martin de los Andes verbracht. Viele nennen dieses Oertchen den schoensten Bergort Argentiniens (mein Fuehrer), der nach dem Vorbild schweizer Alpenzentren gebaut wurde. Ich empfand allerdings eine grosse Abneigung gegen dieses Staetchen nach meiner Ankunft um 1:30 Uhr nachts und nach einer ca. eineinhalb stuendigen Suche nach einem Zimmer. "Estamos completos" war die haeufigste Antwort, die ich bekam. So um 3 Uhr hab ich mich entschlossen per Taxi zu einem Camping zu fahren, wo ich dann ziemlich entnervt mein Zelt aufgestellt hab. Am naechsten Morgen hat mir San Martin sein schoenes Gesicht gezeigt ... trotzdem hab ich aus meiner Kraenkung heraus beschlossen, sofort ins Hinterland abzuduesen um an einem See zu zelten. Die naechsten zwei Tage war ich an der chilenischen Grenze zuerst in Hua Hum am wunderschoenen Lago Lagar, dann am Lago Queni. Beide Orte sind ziemlich abgelegen und man kommt nur mit langsamen Bussen u.v.a. zu Fuss voran. Am Lago Queni wurde mir wiedermal ein Abendessen spendiert, diesmal vegetarisch, wieder von Studenten der UBA, die hier ueberall zu sein scheinen ... und ich musste wiedermal Auslaendern bestaetigen, dass wir tatsaechlich ein riesiges Militaer haben und praktisch jeder ein Gewehr zuhause hat. Am 11. gings dann von San Martin nach Bariloche auf der beruehmten Ruta de los siete Lagos. Die Fahrt fuehrt durch wunderschoene Taeler entlang unberuehrter Straende und blauer Seen. Ab und zu wurde die Reise unterbrochen durch auf der Strasse stehender Kuehe. Ich hatte gehofft, dass die Zimmersituation in Bariloche sich etwas besser presentieren wuerde als in San Martin und bin vor Ort schnell auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Nachdem ich wiederum ca. ein Dutzend Unterkuenfte abgeklappert habe, entschloss ich mich diesmal schneller den Camping aufzusuchen. Nachdem dann dieser auch voll war, hab ich mich die Nacht schon im Busbahnhof verbringen sehen ... waere da nicht mein irrer Taxifahrer gewesen. Er hatte mir schon auf der Fahrt zum Campingplatz gesagt, er haette in einer Vision gesehen, dass es fuer mich ein Plaetzchen haben wuerde. Als es sich nun getaeuscht sah, geriet er in eine Art Raserei oder innere Verzueckung. Er stellte das Zaehlgeraet ab, begann noch mehr vor sich hinzureden und hat immer wieder wiederholt, er werde mir jetzt eine Unterkunft finden. Er wuesste auch den einen oder anderen Geheimtip. Sonst koenne ich bei ihm uebernachten, ich muesste dann einfach am Morgen wieder mit ihm in die Stadt. Ich habe in dem Moment nicht daran gezweifelt, dass er das ernst gemeint hat. Tatsaechlich hatten wir schon bei der 2. Unterkunft ein Bettchen gefunden. Das war knapp. Nachdem wir uns auf 15 Pesos fuer alles geeinigt hatten, ist er wieder abgedampft in die dunkle Nacht seiner irren Vorstellungswelt ... jaja, mein Taxifahrer, ein Engel in der Nacht. 7 Wiederum nachtragend beschloss ich, dieses Bariloche zu verlassen und stattdessen ins Hippienest El Bolson zu reisen. El Bolson hatte dann auch tatsaechlich seine Reize und war durchdrungen von guten Energien (so stehts zumindest in meinem Fuehrer). Ich hab auch schnell eine gemuetliche Unterkunft in einem Zimmer mit 2 anderen Schweizern gefunden. Wir haben dann zu dritt eine kleine Exkursion in den Nationalpark Lago Puelo gemacht (Bild 7), gemuetlich und ausgiebig zu abend gegessen und uns darauf geeinigt, am naechsten Morgen nach Esquel zu reisen. Davon soll die naechste Geschichte erzaehlen. Bild 7: Der Lago Puelo im gleichnamigen Nationalpark. 18.1.2004 In Esquel hab ich meinen Plan den Nationalpark Los Alerces zu besuchen kurzerhand ueber Bord geworfen und mich entschlossen, meine beiden Reisegefaehrten zu verlassen und an die Atlantikkueste zur Peninsula Valdes zu reisen, d.h. Richtung Hitze, Sandstrand und Meer. Nachdem ich eine gemuetliche Herberge gefunden habe, hab ich eine 1-taegige Exkursion von Puerto Madryn nach Valdes besucht. Ich bin mit ca. 20 anderen Exkursionsteilnehmern mit einem kleinen Bus um 7 Uhr losgefahren. Schon auf der Hinfahrt habe ich eine Herde Nandus (so eine Art Strauss), sowie meine ersten Guanakos gesehen (so eine Art Lama, Bild 8). Bild 8: Guanakos auf Peninsula Valdes. Anschliessend haben wir uns von einem Boot aus die marine Fauna vorgenommen, zuerst durften wir aber noch etwas schnorcheln. Was fuer eine Freude ... ich habe einen riesigen (zwischen 30 cm und 4 m langen) Polychaeten gesehen. Wieder auf dem Boot haben wir uns einer kleinen Seeloewenpopulation bis auf wenige Meter genaehert (hat sie bestimmt nicht gestoert. Vielleicht war die Fuetterung mit Pommes Frites, die ich noch uebrig hatte nicht ideal ... der Bootskapitaen hat aber gemeint, die Tiere werden 8 sich in den naechsten Tagen bestimmt erholen, dann wuerde auch der gruenliche Auswurf und der Blutfluss aus der Nase verschwinden), ihnen zugehoert und sind ihnen auch geruchsmaessig nahe gekommen (Bild 9). Bild 9: Der Seeloewe riecht etwas streng. Ein Glueck, dass diese Tiere so haeufig ins Wasser gehen um sich zu waschen. Anschliessend gings weiter zu einer Population Seelefanten. Wir haben die Tiere allerdings nicht lange beobachtet, es kam uns Wichtigeres dazwischen. Einer der Exkursionsteilnehmer hat uns naehmlich ploetzlich auf einen schwarzen Schatten im Wasser aufmerksam gemacht. Nur wenige Sekunden spaeter zerschnitt ein schwarzes Schwert die Gischt der Wellen und ein Orka tauchte ca. 150 m von der Kueste entfernt aus dem Wasser auf, kurz spaeter noch einer (Bild 10). Bild 10: Orkas auf der Suche nach einem Happen. Das hat dann sogar unsere Fuehrerin aus dem Konzept gebracht. Orkas kommen v.a. ab Februar in diese Region um sich an den jungen Seeloewen und -elefanten guetlich zu tun. Es wurde mir aber schon gesagt, dass, wenn man viel Glueck hat, evtl. welche in Punta Norte, ca. 60km noerdlich von unserem Standort sehen kann. Wo wir waren, hat sie aber niemand erwartet. Unter den vielen Besuchern brach eine regelrechte Panik aus und gleich Hordenweise rannten die Leute auf die andere Seite des Huegels, von dem aus man den Eingang in eine Lagune ueberschauen konnte. Leider waren sie schneller. Nachdem sich die zersplitterte Gruppe wieder gefunden hatte, begab man sich zum naechsten Standort, einer Kolonie Magellanpinguine. Ich konnte diese putzigen Tierchen aus etwa 1 m Entfernung beobachten ... die haben Nerven wie Drahtseile (man beobachte die stoische Ruhe der Elterntiere, Bild 11). Bild 11: Bettelnde Jungvoegel. Den rechts gehts nichts an. 9 Dort hab ich dann die beiden Orkas nochmals gesehen. Insgesamt eine super Exkursion waehrend der einige Biologentraueme wahr wurden. Am naechsten Tag hab ich mich fuer einen Tauchgang in Puerto Madryn angemeldet. Waehrend des Tauchgangs hab ich nicht wahnsinnig viel gesehen, weil sich meine ortsunkundige Tauchfuehrerin vertaucht hat und uns zuerst vom schoenen Teil in einen oeden Teil gefuehrt hat und dann dort im Kreis herum. Hat aber trotzdem viel Spass gemacht. Am Abend gings Richtung Sueden, nach Trelew, wo ich das beruehmte Paleontologische Museum besucht habe. Anschliessend weiter Richtung Comodoro Rivadavia, ca. 100 km durch das patagonische Nichts. Nichts ist vielleicht etwas wenig. Es hat Sand, Graeser und Buesche, dazu viele Schafe und ab und zu Nandus und Guanakos ... und einen unendlichen Himmel. Der Himmel, so sagen die Einheimischen, ist das Beste an Patagonien, es gaebe nirgens sonst einen so weiten Himmel. Jetzt sitze ich eben hier in C. Rivadaviia, es ist 3.10 Uhr und ich versuche die Zeit mit viel Kaffee und dem Schreiben am Bericht totzuschlagen bis mich mein Bus um 5.30 Uhr nach Perito Moreno, wieder zurueck an die Anden bringt Exkurs 2: Charles Darwin Darwin ist hier praktisch allgegenwaertig. Er hat ja nicht nur die Kueste mit der Beagle abgesegelt, sondern auch an Land ausfuehrliche Studien durchgefuehrt. So gibt es denn auch Darwin Strassen, viele Anektoten in den Reisefuehrern, Hinweise auf seine Arbeiten und an einem gewoehnlichen Kiosk kann es vorkommen, dass man neben den Kaugummis ein Taschenbuch findet von Charles Darwin mit dem Titel "El Origen de las Especies". Auch der Kapitaen der Beagle, Fitz Roy, hat es zu Ehren gebracht indem man eine Ortschaft und eines der wichtigsten Bergmassive nach ihm benannt hat. 23.1.2004 Von Perito Moreno aus wollte ich eigentlich in den gleichnamigen Nationalpark, aber da es keine oeffentlichen Verkehrsmittel auf dieser Strecke gab, musste ich den Plan aufgeben. Ich bin dann halt einen Tag in diesem kleinen, rel. haesslichen Ort geblieben, in dem das Auffallendste die unzaehligen streunenden Hunde waren. Nach einem Tag Aufenthalt bin ich in einer 11 stuendigen Busfahrt auf der legendaeren Ruta 40 Richtung Sueden in den Nationalpark Los Glaciares und dort in die Trekkermetropole El Chalten gereist. Diese Strasse fuehrt den Anden entlang bis nach Feuerland, besteht aus Sand und Schotter und ist in diesem Zustand fuer groessere Busse unpassierbar. Wir unternahmen unsere Reise in einem kleinen Bus, ausgestattet mit genuegend Reserveraedern und Benzin (Bild 12). 10 Bild 12: Oeffentliches Verkehrsmittel auf der Ruta 40. So nach Reisehaelfte gabs gluecklicherweise einen kurzen Halt bei einer Ansammlung von Barracken und einem "Restaurant" im Nirgendwo. In diesem Restaurant hatte es einen Fernseher, der sogar lief. Und zwar wurde zuerst eine Zusammenfassung der spanischen und italienischen Fussballiegen gezeigt und anschliessend ein laengeres Interview ... mit wem? Crespo? Veron? Saviola? Nein, mit Julio Hernan Rossi und seinem Triunfo en Suiza. Immer wieder gabs Trainingsszenen vom FCB mit all den bekannten Gesichtern zu sehen. Ich rutschte schon ganz aufgeregt auf dem Stuhl hin und her und wollte allen mitteilen, was sie selber lesen konnten: das ist Basel, das ist Basel ... bis ich den Zubi sehe, wie er einen rein bekommt. Das hat mir wirklich zu denken gegeben. Da faehrt man auf die andere Seite des Globus, ans Ende der Welt quasi, wo sich Fuchs und Nandu gute Nacht sagen, wo sie nicht mal wissen wo die Schweiz liegt ud ich muss mir immer noch das Gesicht dieses Zubi ansehen ... Ich hab auf dieser Reise noch die eine oder andere interessante Bekanntschaft gemacht, den Rat augeschnappt, Spanisch lerne man am besten mit einer jungen Dame ... man muesse sich aber rechtzeitig abzuseilen wissen (nach der Einladung ins Elternhaus) und bin dann gut durchgeschuettelt in El Chalten angekommen, so um Mitternacht. Dort hab ich gleich nochmals Bekanntschaft gemacht mit einer hoeheren Macht, die uns schon seit einigen Tagen aus Westen kommend begleitet hat: dem Wind, einem permanenten, 24 h blasenden, dem auffaelligsten Merkmal des hiesigen Klimas, vom Pazifik her ueber die Anden pfeiffend. Wenn man Glueck hat, ists nur ein laues Lueftchen, wenn nicht hat man Muehe aufrecht zu stehen. Gutes Wetter heisst hier mehr oder weniger soviel wie wenig Wind. Ich hab dort insgesamt 3 Naechte campiert und ich nehms vorweg, mein Zelt hat sich wacker gehalten (im Gegensatz zu anderen), auch wenn ich manchmal Angst hatte, dass es mir gleich um die Ohren fliegt. Weshalb geht man eigentlich dort hin, werdet ihr euch vielleich fragen? Wegen dem Fitzroy! Einem der erhabensten Bergwunder der Anden (mein Fuehrer) ... und dem Cerro Torre. Das sind nicht einfach Berge, die durch die Andenfaltung entstanden sind, sondern es sind die Dornen und Stacheln der Hoelle selbst, die sich da kilometerweit durch die Erdoberflaeche gebort haben und bis weit ins 20 Jh. hinein jeder Besteigung trotzten. Ich wusste, dass es schwierig sein wuerde sie zu sehen, weil sie meist vom grauen Rauch der Hoellenschlunde umgeben sind. Die erste Wanderung zum Cerro Torro hab ich mit 2 Italienern gemacht und war einfach fantastisch. Leider hat 11 das i-Tuepfchen gefehlt: freie Sicht auf den Cerro (Bild 12B). Bild 12B: Gegend um den Cerro Torre und den Fitz Roy. Das Wetter wurde im Verlauf des Tages schlechter und ich kam gerade noch vor dem Regen ins Zelt. Am naechsten Tag hab ich mich trotz Regen entschlossen, zu einem hoeher gelegenen Zeltplatz am Fitzroy zu wandern. Diese Wanderung war dann weniger toll, v.a. wegen dem Wetter. Gegen Abend hat der Fitzroy sein Geheimnis wenigstens teilweise gelueftet und die Sicht auf die suedlichen Spitzen freigegeben. Am naechsten Tag war das Wetter immer noch recht schlecht und ich bin den Heimweg zurueck nach El Chalten angetreten, ohne den Fitzroy und den Cerro Torre wirklich gesehen zu haben. Trotzdem ist diese Region ein Traum fuer jeden Wandersfreund! Wiederum in einem Minibus bin ich weiter Richtung El Calafate gereist, 220 km suedlich. Gleich nach der Abfahrt segelte uns im Gegenwind ca. 20 m ueber Boden und ca. 100 m entfernt ein Condor entgegen. El Calafates liegt ca 2700 km von Buenos Aires entfernt und verdankt seine Popularitaet einer einzigen Sehenswuerdigkeit, die auch noch 80 km entfernt ist: dem Perito Moreno Gletscher (Bild 13 u. 14, sowie Bild am Anfang des Berichts), mit einer Laenge von 30 km und einer Breite von teilweise ueber 5 km 5 x groesser als der Aletsch ... ausserdem waechst er! Seine 2.5 km breite Zunge verschwindet im Lago Argentino, wo z.T. 70 m hohe Eistuerme unter Donnergrollen ins Wasser stuerzen. Bild 13 und 14: Hochhaus-hohe Eistuerme. . Morgen reise ich nach Chile in den Torres del Paine Nationalpark ... und darauf freu ich mich schon wahnsinnig. 12 1.2.2004 Meinen 6 taegigen Ausflug nach Chile habe ich hinter mir und mache jetzt hier in Ushuaia noch einige Tage Rentnerferien. Ich war insgesamt viereinhalb Tage im Torres del Paine. Die Tour fing gut an, ich habe mich gleich am ersten Abend verlaufen und anstatt einer 4 stuendigen Wanderung war ich nach 1 Stunde bereits an dem Zeltplatz, den ich erst am nachsten Tag erreichen wollte, suuper. Ich bin wiederum blind wie ein Maulwurf an allen Wegweisern (wahrscheinlich rot vor gruener Vegetation) vorbei gewandert. Im nachhinein war das aber ganz gut, denn am naechsten Tag hats fast nur geregnet, so dass ich die meiste Zeit in meinem Zelt gehockt bin. Als der Regen etwas schwaecher wurde und weil das Zelt ungemuetlich nass wurde, hab ich mich entschlossen doch noch eine kleine Wanderung zu den Torres zu unternehmen. Natuerlich sah man ausser Nebel wieder mal nichts ... nochmals suuuper. Wie schon in Los Glaciares. Meine Stimmung war denn auch nicht gerade toll und hat sich auch am naechsten Tag nicht gebessert, genauso wie das Wetter. Ich bin ca. 20 km zu meinem naechsten Zeltplatz gewandert, hab das Zelt aufgestellt, bin dann zum Punkt der Panoramaaussciht gewandert und wieder: Nebel! Bild 15: Eindruecke... Wie durch ein Wunder hat sich das Wetter waehrend der Nacht gebessert und die Wanderung am 3. Tag war dann einfach super (Bild 15). Entlang des Lago Grey, an den Fuss des Gletschers Grey. Eine wahnsinns Kulisse (Bild 16). Der Gletscher war im Gegensatz zum Perito Moreno praktisch Touristen frei. Am Abend hab ich mich auf einen Felsen vor den Gletscher gesetzt, eine Pfeife geraucht und lange einfach die Licht- und Schattenspiele, welche die Sonne mit den Wolken vollfuehrte, genossen (Bild 17). Bild 16: Links der Lago Grey, im Hintergrund der Gletscher Grey. 13 Bild 17: ohne Worte.... Auch der naechste Tag brachte schoenes Wetter und eine wunderschoene Wanderung, waehrend der ich praktisch keiner Menschenseele begegnet bin. Dabei hab ich auch wunderschoene Ansichten der Cuernos (Hoerner), der eigentlich schoensten Gebirgsformation, gesehen (Bild 18 u. 19). Bild 18: Cuernos von nah... Am Abend gings nach Puerto Natales, wo ich 2 Naechte bei der freundlichen Teresa im Hospedaje Teresa verbrachte und mich von den anstrengenden Tagen erholen konnte. Dann gings zurueck nach Argentinien ueber die Magellanstrasse nach Feuerland, genauer nach Ushuaia, der suedlichsten Stadt der Welt, ca. 3000 km suedlich von Buenos Aires, am Beagle Kanal (Bild 20 u. 21). Bild 19: Cuernos von fern... 14 4.2.2004 Meine Reise neigt sich langsam dem Ende. Bild 20 und 21: Der Beagle Kanal. Auf diesen Wegen segelte einst der Heilsbringer... Morgen fliege ich nach Buenos Aires und ein anderer Abschnitt meines Abenteuers beginnt. Vorerst werde ich aber eine weitere Nacht in Ushuaia verbringen. Von Ushuaia aus hab ich in den letzten Tagen den einen oder anderen Tagesausflug gemacht. Eine der Exkursionen fuehrte zuerst auf die Estanzia Harberton, einer ehemaligen Schaffarm, traumhaft am Beaglekanal gelegen, mit einem Umschwung von der groesse des Schweizer Nationalparks (Bild 21). Bild 21: Unberuehrtes Land am Ende der Welt. Anschliessend haben wir eine Pinguinkolonie mit ca. 6000 Magellanpinguinen besucht (Bild 22). In dieser Kolonie hatte es genau einen Koenigspinguin (niemand weiss, wie er dort hingekommen ist. Jedenfalls war er stadtbekannt) und ca. 10 Paerchen Papuapinguine. Die letzten beiden Arten kommen sonst praktisch ausschliesslich in der Antarktis vor (oder in Zoos). Daneben gabs verschiedene Kormoranarten zu bestaunen, sowie die akrobatischen Flugmanoever der Albatrosse. Bild 22: Viele Pingis... Heute war ich dann vor allem in Ushuaia und hab ausgespannt zum Abschluss meiner Reise. 15 Rueckblickend ist die Zeit rasend schnell vergangen. Es war wirklich eine schoene, erlebnisreiche und intensive Zeit. Das einzige, was manchmal gefehlt hat, war gute Gesellschaft... Chregi