Argentinienbericht

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Reisebericht Argentinien-Chile
1.1.2003
So, nun habe ich das erste Mal Zeit und Musse euch von meiner Reise zu
schreiben, in einem Park auf einem Baenklein im Schatten eines Baumes, bei
knapp 30ºC. Herrlich, ich hab auch schon die 1. Art getwitscht...und was wohl?
Den Spatz! Nicht etwa einen suedamerikanischen Verwandten, nein, den
hundskomunen Hausspatz (Passer domesticus), hier eingefuehrt und jetzt
ueberall. Fantastisch diese standortfremden Aussetzungen. Wahrscheinlich hat
er auch gleich ein paar hundert endemische Arten verdraengt. Daneben habe ich
auch schon die Strassentaube identifiziert. Bravo, hat sich ja gelohnt diese Reise,
suuuper.
Nun aber mal von vorne weg. Meine Reise begann am Morgen des 31.
Dezembers. Anders als bei meiner Reise nach Rom - dort habe ich alles vorher
verdraengt und war dann im Zug in Luzern ploetzlich geschockt, als mir die
Tragweite der Reise bewusst wurde - habe ich mich ziemlich gut vorbereitet und
war am Morgen vor der Abreise ziemlich nervoes. Ich habe mich immer wieder
gefragt, wie ich mich auf dieses Himmelfahrtskommando habe einlassen
koennen. Sobald ich dann aber im Zug war, habe ich mich beruhigt. Dann gings
los. Zuerst nach Paris, dort war ich noch nie...schoen diese Stadt, aber so
unterirdisch...so untertag, fand ich (vielleicht war mein Aufenthalt nicht ganz
representativ fuer die Stadt). Ich hab nur kurz Salut und Aurevoir gesagt und bin
Richtung Madrid abgeflogen. Dort verflog dann das Gefuehl des
Eingeschuechtertseins angesichts der grossen Fremde fast vollstaendig, und ich
hab frohen Mutes und voller Tatendrang mein Flugzeug bestiegen (fast
angstfrei!).
Im Flugzeug hab ich dann auch Neujahr gefeiert, mit Champagner und meinem
neuen Compañero Hugo, einem Chilenen, der in Madrid arbeitet um seine
Familie durchzubringen. Stolz hat er mir Fotos seiner Tochter und seines Sohnes
gezeigt und mir noch ein paar gute Tips mit auf den Weg gegeben.
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Jetzt bin ich also unter diesem Baum und warte auf meinen Bus nach Mendoza,
1000 km und 17 Stunden Busfahrt westlich von Buenos Aires. Fuer heute ist
Buenos Aires also nur Durchgangsstation...
3.1.2004
Die Busfahrt durch die Pampa, der Heimat der Gauchos, der Ñandus und des
argentinischen Fleisches habe ich erstaunlich gut ueberstanden. Der Bus war
ziemlich bequem, hatte WC (eher unappetitlich) und Kaffee.
Waehrend der letzten 100 km vor Mendoza haben wir ein Weingut nach dem
anderen passiert. Mendoza ist die Weinhauptstadt Argentiniens, vielleicht sogar
Suedamerikas. Goennt euch doch in der naechsten Zeit mal einen argentinischen
Wein, der kommt hoechstwahrscheinlich aus dieser Gegend. In Mendoza hatte
ich leider nicht allzu viel Zeit um mich umzusehen. Die Stadt ist sehr gruen und
fussgaengerfreundlich, kurz: wirklich angenehm.
Heute morgen gings dann weiter Richtung Uspallata und spaeter Puente del
Inca, an die chilenische Grenze ins Herz der Anden. Im Bus hab ich einen
"speziellen" franzoesischen Weltenbummler kennengelernt, der quasi nur reist,
keine Bleibe hat und seine Broetchen mit dem Verkauf von Steinen (z.B. Opale)
verdient. Dabei reist er astrologischen Linien nach. Damit verhaelt es sich
folgendermassen: es gibt fuer jedes Geburtsdatum verschiedene geografische
Linien, die durch einen Himmelskoerper bestimmt werden. Die Linie der
Abwechslung und Ausschweiffung z.B. verlaeuft bei ihm entlang der
brasilianischen Kueste von Sued nach Nord. Das ist seine Uranus Linie. Die
Sonnenlinie fuehrt nach Caracas, sie steht fuer einen Wechsel. Deshalb moechte
er sich in der naechsten Zeit in Caracas niederlassen und eine Familie gruenden.
In der naechsten Zeit reist er aber nach Salta weil er dort durch Jupiter good
vibrations hat. So lernt man Neues.
Meine Linien haben mich also jetzt nach Puente del Inca gebracht, wo ich auch
die Nacht verbringen werde.
Dieser Ort befindet sich auf ca.
2700 m und ist umgeben von
6000ern. Wer wissen moechte wie es
hier aussieht, der erinnere sich an
"Seven Years in Tibet", der wurde
naemlich hier in Uspallata gedreht.
Vor ca. 2 h habe ich mich auf den
Weg gemacht zum Dach von
Amerika, dem Aconcagua, mit 6920
m der hoechste Berg der westlichen
Bild 1: Der Aconcagua rechts im Hintergrund.
Hemisphaere (Bild 1).
Und hier liege ich jetzt, den Berg vor mir an der Laguna de los Horcones (eher
ein Teich) und erhole mich von den ueberwaeltigenden Eindruecken dieser
Kulisse und vom Schock, den mir vorhin mit Gepaeck beladene Mulis im
Galopp, angetrieben von 2 irren Gauchos, beigebracht haben, als sie mich zu
ueberrollen drohten. Es waren zwar nur 2 Reiter und 4 Mulis, aber sie
galoppierten und wieherten wie 1000 (Bild 2).
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Diese Muli Gang ist deshalb auch
beruechtigt und gefuerchtet in der
Gegend
(Uebrigens
ist
die
Bezeichnung "Muli" unter Mulis
verpoent, sie bevorzugen den
Anglizismus "challanged horse").
Alles was mir jetzt noch fehlt zum
perfekten Erlebnis, ist ein Kondor ...
aber ich will ja nicht so gierig sein ...
Bild 2: Muli Gang. Aconcagua im Hintergrund.
Kleiner Nachtrag: Ich glaub, ich hab eben einen Kondor getwischt (kein Scherz).
Es kann fast nichts anderes gewesen sein.
5.1.2004
Ungeplanterweise bin ich heute in San Rafael, einer wunderschoenen Stadt mit
etwa 80´000 Einwohnern im Nirgendwo, einer Stadt voller Baeume, Autos aus
den 70ern und 80ern, Fahrraedern und schwangeren jungen Frauen ... dafuer
ohne Touristen, McDonalds, grossen Supermaerkten oder Postkarten mit
Stadtmotiven. Ich fuehle mich wirklich wie ein Exot hier. Aber erst mal der Reihe
nach.
Nach der Wanderung zum Aconcagua hab ich in Puente del Inca in einem
gemuetlichen Refugio uebernachtet. Dort habe ich ein paar argentinische
Studenten kennengelernt, die mich in die Geheimnisse des argentinischen
Nationalgetraenkes (Mate, eine Art Tee) einweihten und mir das
Nationalkartenspiel
beizubringen
versuchten (Truca) ... was sie nicht
ganz geschafft haben, weil man dazu
einen IQ von ca. 180 braucht (was
mich ja eigentlich praedestinieren
wuerde ... ehm ... weiss nuemm) und
ich konnte fleissig mein spanisch
ueben. Am naechsten Morgen hab
ich mir dann definitiv die Kondore
abgeholt und auf Film gebannt und
zwar gleich 2 Stueck (Bild 3).
Bild 3: Vier auf einen Streich, allerdings in Sued-Chile.
Dann gings wieder zurueck nach Mendoza wo ich nur knapp meinen Bus
Richtung San Rafael erwischt habe. Ich habe unvorsichtigerweise nur ca. 1 h
Reserve in Mendoza eingeplant. Das waere beinahe zu wenig gewesen, weil
erstens der Bus etwa eine halbe Stunde zu spaet kam und zweitens - und damit
haette ich einfach rechnen sollen - der Bus nach 2/3 des Weges zu brennen
begonnen hat. Ein aufmerksamer Automobilist hat unseren Fahrer darauf
aufmerksam gemacht. Der Brandherd an den Bremsen des Hinterrades (das waer
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lustig geworden in Anbetracht des Gefaelles) wurde schnell lokalisiert und das
Feuer mit 3 Feuerloeschern (eher eine Art Pulversprueher) schnell geloescht. Die
Situation war nicht wirklich dramatisch.
Nachdem ich schon Angst hatte, die Nacht in einem Wuestenkaff zu verbringen,
wurden wir von einem Bus eines Konkurrenzunternehmens gratis nach
Mendoza transferiert. Anschliessend ging’s wie erwaehnt nach San Rafael, wo
ich gestern einen relativ lustigen Abend fuer mich hatte. Ich hab naemlich in
einem Restaurant Pizza und einen Wein fuer 4 Pesos (ca. 1.80 sFr.) bestellt. Ich
hab noch gefragt, wieviel das waere, hab ihn aber nicht verstanden und den
Wein dann einfach bestellt. Ich hab natuerlich nicht gerechnet, dass er gleich mit
einer ganzen Flasche kommt. Da sass ich nun mit einer riesigen Pizza
florentinischen Ausmasses (Tomi, Mats und Reto wissen was das heisst) und
einer Flasche Wein (und noch nicht mal einem Schlechten) und dem Spruch
meiner Mutter, dass man das was man bestellt auch isst. Der langen Rede kurzer
Sinn, ich bin dann einige Zeit spaeter ziemlich gut beieinander durch die jetzt
noch gemuetlichere Stadt mit den noch huebscheren schwangeren jungen Frauen
ins Hotel gewatschelt.
Exkurs 1: Preise in Argentinien
Ich hab nun schon einige Tage hinter mir und habe eine kleine Uebersicht ueber
die Preise bekommen. Mein Lonely Planet wurde noch vor der Krise im Herbst
'01 geschrieben und ich habe dadurch einen guten Vergleich mit der Situation
von vor 2-3 Jahren. Im Durchschnitt haben sich die Preise fuer Reisen, Hotel und
Camping etwa um das 3-fache reduziert, nimmt man die Dollarpreise als
Referenz. Da der Dollar im Vergleich zum sFr. auch verloren hat, ist es im
Vergleich zum Franken noch mehr. In meinem LP steht noch, dass Argentinien
teurer ist als Chile, inzwischen ist es hier ziemlich viel billiger...und das bei einer
meist noch immer besseren Infrastruktur. So schlimm also die Wirtschaftskrise
fuers Land ist, als Tourist profitiert man im Moment davon. So hab ich z.B. fuer
das Hotelzimmer in einem sehr gemuetlichen Hotel mit freundlichen Besitzern
inklusive Fruehstuck knapp 8 Franken bezahlt. D.h. jetzt muss man nach
Argentinien kommen!!
8.1.2004
Am naechsten Tag bin ich ueber Neuquen nach Zapala gereist, einer kleinen
nicht sehr schoenen Stadt, von der aus ich zum Nationalpark Laguna Blanca
reisen wollte. Dieses Gewaesser beherbergt viele Wasservoegel und vor allem die
groesste Kolonie von Schwarzhalsschwaenen in Argentinien. Es hat sich dann
aber herausgestellt, dass es zu dieser Lagune nur einen Bus pro Tag gibt, der am
Abend hin und am Morgen wieder zurueck faehrt. Als man mir dann noch
gesagt hat, dass der Bus fuer die Rueckreise evtl. voll ist und der Bus fuer die
Hinfahrt einen Schaden hat und sie mir nicht sagen koennen, wann und ob er
kommt, hab ich die ganze Idee des Parkbesuches frustriert aufgegeben.
Schliesslich bin ich mit ziemlich uebler Laune nach Junin de los Andes gereist,
nachdem ich einen Tag in diesem Zapala mit Warten verbracht habe.
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In Junin, der Hauptstadt des
Lachsfischens, hab ich dann spaet
Nachts noch eine sehr schoene
Unterkunft gefunden. Gut gestaerkt
bin ich am naechsten Morgen
Richtung Nationalpark Lanin und
dem Lago Paimun aufgebrochen.
Schon waehrend der Autofahrt
entlang wunderschoener glasklarer
Fluesse,
tiefblauer
Seen
und
schneebedeckter Berggipfel (Bild 4)
war ich wieder bester Dinge.
Bild 4: Der Lago Paimun im Lanin Nationalpark.
Ich hab am Paimunsee mit Blick auf den Lanin mein Zelt aufgestellt und die
Bergkulisse genossen. Viele nennen den Lanin den schoensten Berg Argentiniens
(Bild 5).
Dieses ganze Gebiet war frueher die
Heimat der Mapuche Indianer und
es hat noch immer Indianer
Siedlungen hier. Die Anwesenheit
der Mapuche zeigt sich noch in
vielen Gesichtern und den Namen
von Seen, Bergen und Ortschaften.
Bild 5: Der Lanin.
Nach einer kurzen Wanderung und
einem Bad im erstaunlich warmen
See wurde ich von Leuten aus
Buenos Aires zu einem Cordero
Festmahl, d.h. Lamm ueberm Grill
eingeladen. Das konnte ich dann
kaum ablehnen. Ich hab mir ja schon
vorher vorgenommen, bei solchen
Gelegenheiten auch mal in ein totes
Tier zu beissen (Bild 6).
Bild 6: Die von Juan (mitte) organisierte Cordero-Orgie
nimmt ihren Anfang...
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Das Fleisch selber fand ich dann nicht allzu gut, ich war aber noch nie ein grosser
Lammesser. Dafuer war der Mate diesmal besser. Nachdem ich mich zum
Fruehstuck sowie zu einer Partie der Boca Juniors habe einladen lassen (solche
Einladungen nimmt man am besten an, auch wenn sie dann nicht allzu ernst zu
nehmen sind), habe ich mein Zelt abgebrochen und bin nun auf dem Weg nach
San Martin de los Andes.
13.1.2004
Die naechste Nacht habe ich in San Martin de los Andes verbracht. Viele nennen
dieses Oertchen den schoensten Bergort Argentiniens (mein Fuehrer), der nach
dem Vorbild schweizer Alpenzentren gebaut wurde. Ich empfand allerdings eine
grosse Abneigung gegen dieses Staetchen nach meiner Ankunft um 1:30 Uhr
nachts und nach einer ca. eineinhalb stuendigen Suche nach einem Zimmer.
"Estamos completos" war die haeufigste Antwort, die ich bekam. So um 3 Uhr
hab ich mich entschlossen per Taxi zu einem Camping zu fahren, wo ich dann
ziemlich entnervt mein Zelt aufgestellt hab. Am naechsten Morgen hat mir San
Martin sein schoenes Gesicht gezeigt ... trotzdem hab ich aus meiner Kraenkung
heraus beschlossen, sofort ins Hinterland abzuduesen um an einem See zu
zelten. Die naechsten zwei Tage war ich an der chilenischen Grenze zuerst in
Hua Hum am wunderschoenen Lago Lagar, dann am Lago Queni. Beide Orte
sind ziemlich abgelegen und man kommt nur mit langsamen Bussen u.v.a. zu
Fuss voran. Am Lago Queni wurde mir wiedermal ein Abendessen spendiert,
diesmal vegetarisch, wieder von Studenten der UBA, die hier ueberall zu sein
scheinen ... und ich musste wiedermal Auslaendern bestaetigen, dass wir
tatsaechlich ein riesiges Militaer haben und praktisch jeder ein Gewehr zuhause
hat. Am 11. gings dann von San Martin nach Bariloche auf der beruehmten Ruta
de los siete Lagos. Die Fahrt fuehrt durch wunderschoene Taeler entlang
unberuehrter Straende und blauer Seen. Ab und zu wurde die Reise
unterbrochen durch auf der Strasse stehender Kuehe. Ich hatte gehofft, dass die
Zimmersituation in Bariloche sich etwas besser presentieren wuerde als in San
Martin und bin vor Ort schnell auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Nachdem
ich wiederum ca. ein Dutzend Unterkuenfte abgeklappert habe, entschloss ich
mich diesmal schneller den Camping aufzusuchen. Nachdem dann dieser auch
voll war, hab ich mich die Nacht schon im Busbahnhof verbringen sehen ...
waere da nicht mein irrer Taxifahrer gewesen. Er hatte mir schon auf der Fahrt
zum Campingplatz gesagt, er haette in einer Vision gesehen, dass es fuer mich
ein Plaetzchen haben wuerde. Als es sich nun getaeuscht sah, geriet er in eine Art
Raserei oder innere Verzueckung. Er stellte das Zaehlgeraet ab, begann noch
mehr vor sich hinzureden und hat immer wieder wiederholt, er werde mir jetzt
eine Unterkunft finden. Er wuesste auch den einen oder anderen Geheimtip.
Sonst koenne ich bei ihm uebernachten, ich muesste dann einfach am Morgen
wieder mit ihm in die Stadt. Ich habe in dem Moment nicht daran gezweifelt,
dass er das ernst gemeint hat. Tatsaechlich hatten wir schon bei der 2. Unterkunft
ein Bettchen gefunden. Das war knapp. Nachdem wir uns auf 15 Pesos fuer alles
geeinigt hatten, ist er wieder abgedampft in die dunkle Nacht seiner irren
Vorstellungswelt ... jaja, mein Taxifahrer, ein Engel in der Nacht.
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Wiederum nachtragend beschloss ich, dieses Bariloche zu verlassen und
stattdessen ins Hippienest El Bolson zu reisen. El Bolson hatte dann auch
tatsaechlich seine Reize und war durchdrungen von guten Energien (so stehts
zumindest in meinem Fuehrer). Ich hab auch schnell eine gemuetliche
Unterkunft in einem Zimmer mit 2 anderen Schweizern gefunden. Wir haben
dann zu dritt eine kleine Exkursion in den Nationalpark Lago Puelo gemacht
(Bild 7), gemuetlich und ausgiebig zu abend gegessen und uns darauf geeinigt,
am naechsten Morgen nach Esquel zu reisen. Davon soll die naechste Geschichte
erzaehlen.
Bild 7: Der Lago Puelo im gleichnamigen Nationalpark.
18.1.2004
In Esquel hab ich meinen Plan den Nationalpark Los Alerces zu besuchen
kurzerhand ueber Bord geworfen und mich entschlossen, meine beiden
Reisegefaehrten zu verlassen und an die Atlantikkueste zur Peninsula Valdes zu
reisen,
d.h.
Richtung
Hitze,
Sandstrand
und
Meer.
Nachdem ich eine gemuetliche
Herberge gefunden habe, hab ich
eine 1-taegige Exkursion von Puerto
Madryn nach Valdes besucht. Ich bin
mit
ca.
20
anderen
Exkursionsteilnehmern mit einem
kleinen Bus um 7 Uhr losgefahren.
Schon auf der Hinfahrt habe ich eine
Herde Nandus (so eine Art Strauss),
sowie meine ersten Guanakos
gesehen (so eine Art Lama, Bild 8).
Bild 8: Guanakos auf Peninsula Valdes.
Anschliessend haben wir uns von einem Boot aus die marine Fauna
vorgenommen, zuerst durften wir aber noch etwas schnorcheln. Was fuer eine
Freude ... ich habe einen riesigen (zwischen 30 cm und 4 m langen) Polychaeten
gesehen. Wieder auf dem Boot haben wir uns einer kleinen Seeloewenpopulation
bis auf wenige Meter genaehert (hat sie bestimmt nicht gestoert.
Vielleicht war die Fuetterung mit Pommes Frites, die ich noch uebrig hatte nicht
ideal ... der Bootskapitaen hat aber gemeint, die Tiere werden
8
sich in den naechsten Tagen
bestimmt erholen, dann wuerde
auch der gruenliche Auswurf und
der Blutfluss aus der Nase
verschwinden), ihnen zugehoert und
sind ihnen auch geruchsmaessig
nahe gekommen (Bild 9).
Bild 9: Der Seeloewe riecht etwas streng.
Ein Glueck, dass diese Tiere so
haeufig ins Wasser gehen um sich zu
waschen. Anschliessend gings weiter
zu einer Population Seelefanten. Wir
haben die Tiere allerdings nicht
lange beobachtet, es kam uns
Wichtigeres dazwischen. Einer der
Exkursionsteilnehmer
hat
uns
naehmlich ploetzlich auf einen
schwarzen Schatten im Wasser
aufmerksam gemacht. Nur wenige
Sekunden spaeter zerschnitt ein
schwarzes Schwert die Gischt der
Wellen und ein Orka tauchte ca. 150
m von der Kueste entfernt aus dem
Wasser auf, kurz spaeter noch einer
(Bild 10).
Bild 10: Orkas auf
der Suche nach einem Happen.
Das hat dann sogar unsere Fuehrerin aus dem Konzept gebracht. Orkas kommen
v.a. ab Februar in diese Region um sich an den jungen Seeloewen und -elefanten
guetlich zu tun. Es wurde mir aber schon gesagt, dass, wenn man viel Glueck
hat, evtl. welche in Punta Norte, ca. 60km noerdlich von unserem Standort sehen
kann. Wo wir waren, hat sie aber niemand erwartet. Unter den vielen Besuchern
brach eine regelrechte Panik aus und gleich Hordenweise rannten die Leute auf
die andere Seite des Huegels, von dem aus man den Eingang in eine Lagune
ueberschauen konnte.
Leider waren sie schneller. Nachdem
sich die zersplitterte Gruppe wieder
gefunden hatte, begab man sich zum
naechsten Standort, einer Kolonie
Magellanpinguine. Ich konnte diese
putzigen Tierchen aus etwa 1 m
Entfernung beobachten ... die haben
Nerven
wie
Drahtseile
(man
beobachte die stoische Ruhe der
Elterntiere, Bild 11).
Bild 11: Bettelnde Jungvoegel. Den rechts gehts nichts an.
9
Dort hab ich dann die beiden Orkas nochmals gesehen. Insgesamt eine super
Exkursion waehrend der einige Biologentraueme wahr wurden. Am naechsten
Tag hab ich mich fuer einen Tauchgang in Puerto Madryn angemeldet.
Waehrend des Tauchgangs hab ich nicht wahnsinnig viel gesehen, weil sich
meine ortsunkundige Tauchfuehrerin vertaucht hat und uns zuerst vom
schoenen Teil in einen oeden Teil gefuehrt hat und dann dort im Kreis herum.
Hat aber trotzdem viel Spass gemacht. Am Abend gings Richtung Sueden, nach
Trelew, wo ich das beruehmte Paleontologische Museum besucht habe.
Anschliessend weiter Richtung Comodoro Rivadavia, ca. 100 km durch das
patagonische Nichts. Nichts ist vielleicht etwas wenig. Es hat Sand, Graeser und
Buesche, dazu viele Schafe und ab und zu Nandus und Guanakos ... und einen
unendlichen Himmel. Der Himmel, so sagen die Einheimischen, ist das Beste an
Patagonien, es gaebe nirgens sonst einen so weiten Himmel.
Jetzt sitze ich eben hier in C. Rivadaviia, es ist 3.10 Uhr und ich versuche die Zeit
mit viel Kaffee und dem Schreiben am Bericht totzuschlagen bis mich mein Bus
um 5.30 Uhr nach Perito Moreno, wieder zurueck an die Anden bringt
Exkurs 2: Charles Darwin
Darwin ist hier praktisch allgegenwaertig. Er hat ja nicht nur die Kueste mit der
Beagle abgesegelt, sondern auch an Land ausfuehrliche Studien durchgefuehrt.
So gibt es denn auch Darwin Strassen, viele Anektoten in den Reisefuehrern,
Hinweise auf seine Arbeiten und an einem gewoehnlichen Kiosk kann es
vorkommen, dass man neben den Kaugummis ein Taschenbuch findet von
Charles Darwin mit dem Titel "El Origen de las Especies". Auch der Kapitaen der
Beagle, Fitz Roy, hat es zu Ehren gebracht indem man eine Ortschaft und eines
der wichtigsten Bergmassive nach ihm benannt hat.
23.1.2004
Von Perito Moreno aus wollte ich eigentlich in den gleichnamigen Nationalpark,
aber da es keine oeffentlichen Verkehrsmittel auf dieser Strecke gab, musste ich
den Plan aufgeben. Ich bin dann halt einen Tag in diesem kleinen, rel.
haesslichen Ort geblieben, in dem das Auffallendste die unzaehligen
streunenden Hunde waren. Nach einem Tag Aufenthalt bin ich in einer 11
stuendigen Busfahrt auf der legendaeren Ruta 40 Richtung Sueden in den
Nationalpark Los Glaciares und dort in die Trekkermetropole El Chalten gereist.
Diese Strasse fuehrt den Anden
entlang bis nach Feuerland, besteht
aus Sand und Schotter und ist in
diesem Zustand fuer groessere Busse
unpassierbar. Wir unternahmen
unsere Reise in einem kleinen Bus,
ausgestattet
mit
genuegend
Reserveraedern und Benzin (Bild 12).
10
Bild 12: Oeffentliches Verkehrsmittel auf der Ruta 40.
So nach Reisehaelfte gabs gluecklicherweise einen kurzen Halt bei einer
Ansammlung von Barracken und einem "Restaurant" im Nirgendwo. In diesem
Restaurant hatte es einen Fernseher, der sogar lief. Und zwar wurde zuerst eine
Zusammenfassung der spanischen und italienischen Fussballiegen gezeigt und
anschliessend ein laengeres Interview ... mit wem? Crespo? Veron? Saviola?
Nein, mit Julio Hernan Rossi und seinem Triunfo en Suiza. Immer wieder gabs
Trainingsszenen vom FCB mit all den bekannten Gesichtern zu sehen. Ich
rutschte schon ganz aufgeregt auf dem Stuhl hin und her und wollte allen
mitteilen, was sie selber lesen konnten: das ist Basel, das ist Basel ... bis ich den
Zubi sehe, wie er einen rein bekommt. Das hat mir wirklich zu denken gegeben.
Da faehrt man auf die andere Seite des Globus, ans Ende der Welt quasi, wo sich
Fuchs und Nandu gute Nacht sagen, wo sie nicht mal wissen wo die Schweiz
liegt ud ich muss mir immer noch das Gesicht dieses Zubi ansehen ...
Ich hab auf dieser Reise noch die eine oder andere interessante Bekanntschaft
gemacht, den Rat augeschnappt, Spanisch lerne man am besten mit einer jungen
Dame ... man muesse sich aber rechtzeitig abzuseilen wissen (nach der Einladung
ins Elternhaus) und bin dann gut durchgeschuettelt in El Chalten angekommen,
so um Mitternacht. Dort hab ich gleich nochmals Bekanntschaft gemacht mit
einer hoeheren Macht, die uns schon seit einigen Tagen aus Westen kommend
begleitet hat: dem Wind, einem permanenten, 24 h blasenden, dem auffaelligsten
Merkmal des hiesigen Klimas, vom Pazifik her ueber die Anden pfeiffend. Wenn
man Glueck hat, ists nur ein laues Lueftchen, wenn nicht hat man Muehe
aufrecht zu stehen. Gutes Wetter heisst hier mehr oder weniger soviel wie wenig
Wind. Ich hab dort insgesamt 3 Naechte campiert und ich nehms vorweg, mein
Zelt hat sich wacker gehalten (im Gegensatz zu anderen), auch wenn ich
manchmal Angst hatte, dass es mir gleich um die Ohren fliegt. Weshalb geht
man eigentlich dort hin, werdet ihr euch vielleich fragen? Wegen dem Fitzroy!
Einem der erhabensten Bergwunder der Anden (mein Fuehrer) ... und dem Cerro
Torre. Das sind nicht einfach Berge, die durch die Andenfaltung entstanden sind,
sondern es sind die Dornen und Stacheln der Hoelle selbst, die sich da
kilometerweit
durch
die
Erdoberflaeche
gebort haben und bis weit ins 20 Jh. hinein jeder Besteigung trotzten. Ich wusste,
dass es schwierig sein wuerde sie zu sehen, weil sie meist vom grauen Rauch der
Hoellenschlunde umgeben sind. Die erste Wanderung zum Cerro Torro hab ich
mit 2 Italienern gemacht und war einfach fantastisch. Leider hat
11
das i-Tuepfchen gefehlt: freie Sicht
auf den Cerro (Bild 12B).
Bild 12B: Gegend um den Cerro Torre und den Fitz
Roy.
Das Wetter wurde im Verlauf des Tages schlechter und ich kam gerade noch vor
dem Regen ins Zelt. Am naechsten Tag hab ich mich trotz Regen entschlossen, zu
einem hoeher gelegenen Zeltplatz am Fitzroy zu wandern. Diese Wanderung
war dann weniger toll, v.a. wegen dem Wetter. Gegen Abend hat der Fitzroy sein
Geheimnis wenigstens teilweise gelueftet und die Sicht auf die suedlichen
Spitzen freigegeben.
Am naechsten Tag war das Wetter immer noch recht schlecht und ich bin den
Heimweg zurueck nach El Chalten angetreten, ohne den Fitzroy und den Cerro
Torre wirklich gesehen zu haben. Trotzdem ist diese Region ein Traum fuer
jeden Wandersfreund! Wiederum in einem Minibus bin ich weiter Richtung El
Calafate gereist, 220 km suedlich. Gleich nach der Abfahrt segelte uns im
Gegenwind ca. 20 m ueber Boden und ca. 100 m entfernt ein Condor entgegen.
El Calafates liegt ca 2700 km von Buenos Aires entfernt und verdankt seine
Popularitaet einer einzigen Sehenswuerdigkeit, die auch noch 80 km entfernt ist:
dem Perito Moreno Gletscher (Bild 13 u. 14, sowie Bild am Anfang des Berichts),
mit einer Laenge von 30 km und einer Breite von teilweise ueber 5 km 5 x
groesser als der Aletsch ... ausserdem waechst er! Seine 2.5 km breite Zunge
verschwindet im Lago Argentino, wo z.T. 70 m hohe Eistuerme unter
Donnergrollen ins Wasser stuerzen.
Bild 13 und 14: Hochhaus-hohe Eistuerme. .
Morgen reise ich nach Chile in den Torres del Paine Nationalpark ... und darauf
freu ich mich schon wahnsinnig.
12
1.2.2004
Meinen 6 taegigen Ausflug nach Chile habe ich hinter mir und mache jetzt hier in
Ushuaia noch einige Tage Rentnerferien. Ich war insgesamt viereinhalb Tage im
Torres del Paine. Die Tour fing gut an, ich habe mich gleich am ersten Abend
verlaufen und anstatt einer 4 stuendigen Wanderung war ich nach 1 Stunde
bereits an dem Zeltplatz, den ich erst am nachsten Tag erreichen wollte, suuper.
Ich bin wiederum blind wie ein Maulwurf an allen Wegweisern (wahrscheinlich
rot vor gruener Vegetation) vorbei gewandert. Im nachhinein war das aber ganz
gut, denn am naechsten Tag hats fast nur geregnet, so dass ich die meiste Zeit in
meinem Zelt gehockt bin. Als der Regen etwas schwaecher wurde und weil das
Zelt ungemuetlich nass wurde, hab ich mich entschlossen doch noch eine kleine
Wanderung zu den Torres zu unternehmen. Natuerlich sah man ausser Nebel
wieder mal nichts ... nochmals suuuper. Wie schon in Los Glaciares. Meine
Stimmung war denn auch nicht gerade toll und hat sich auch am naechsten Tag
nicht gebessert, genauso wie das Wetter. Ich bin ca. 20 km zu meinem naechsten
Zeltplatz gewandert, hab das Zelt aufgestellt, bin dann zum Punkt der
Panoramaaussciht gewandert und wieder: Nebel!
Bild 15: Eindruecke...
Wie durch ein Wunder hat sich das
Wetter
waehrend
der
Nacht
gebessert und die Wanderung am 3.
Tag war dann einfach super (Bild
15). Entlang des Lago Grey, an den
Fuss des Gletschers Grey. Eine
wahnsinns Kulisse (Bild 16). Der
Gletscher war im Gegensatz zum
Perito Moreno praktisch Touristen
frei. Am Abend hab ich mich auf
einen Felsen vor den Gletscher
gesetzt, eine Pfeife geraucht und
lange einfach die Licht- und
Schattenspiele, welche die Sonne mit
den Wolken vollfuehrte, genossen
(Bild 17).
Bild 16: Links der Lago Grey, im Hintergrund der
Gletscher Grey.
13
Bild 17: ohne Worte....
Auch der naechste Tag brachte schoenes Wetter und eine wunderschoene
Wanderung, waehrend der ich praktisch keiner Menschenseele begegnet bin.
Dabei hab ich auch wunderschoene Ansichten der Cuernos (Hoerner), der
eigentlich schoensten Gebirgsformation, gesehen (Bild 18 u. 19).
Bild 18: Cuernos von nah...
Am Abend gings nach Puerto Natales, wo ich 2 Naechte bei der freundlichen
Teresa im Hospedaje Teresa verbrachte und mich von den anstrengenden Tagen
erholen konnte. Dann gings zurueck nach Argentinien ueber die Magellanstrasse
nach Feuerland, genauer nach Ushuaia, der suedlichsten Stadt der Welt, ca. 3000
km suedlich von Buenos Aires, am Beagle Kanal (Bild 20 u. 21).
Bild 19: Cuernos von fern...
14
4.2.2004
Meine Reise neigt sich langsam dem Ende.
Bild 20 und 21: Der Beagle Kanal. Auf diesen Wegen segelte einst der Heilsbringer...
Morgen fliege ich nach Buenos Aires und ein anderer Abschnitt meines
Abenteuers beginnt.
Vorerst werde ich aber eine weitere
Nacht in Ushuaia verbringen. Von
Ushuaia aus hab ich in den letzten
Tagen den einen oder anderen
Tagesausflug gemacht. Eine der
Exkursionen fuehrte zuerst auf die
Estanzia
Harberton,
einer
ehemaligen Schaffarm, traumhaft am
Beaglekanal gelegen, mit einem
Umschwung von der groesse des
Schweizer Nationalparks (Bild 21).
Bild 21: Unberuehrtes Land am Ende der Welt.
Anschliessend haben wir eine Pinguinkolonie mit ca. 6000 Magellanpinguinen
besucht (Bild 22). In dieser Kolonie hatte es genau einen Koenigspinguin
(niemand weiss, wie er dort
hingekommen ist. Jedenfalls war er
stadtbekannt) und ca. 10 Paerchen
Papuapinguine. Die letzten beiden
Arten kommen sonst praktisch
ausschliesslich in der Antarktis vor
(oder in Zoos). Daneben gabs
verschiedene Kormoranarten zu
bestaunen, sowie die akrobatischen
Flugmanoever der Albatrosse.
Bild 22: Viele Pingis...
Heute war ich dann vor allem in Ushuaia und hab ausgespannt zum Abschluss
meiner Reise.
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Rueckblickend ist die Zeit rasend
schnell vergangen. Es war wirklich
eine schoene, erlebnisreiche und
intensive Zeit. Das einzige, was
manchmal gefehlt hat, war gute
Gesellschaft...
Chregi
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