Andreas Hepp

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Andreas Hepp
Das Lokale trifft das Globale: Fernsehaneignung als Vermittlungsprozeß
zwischen Medien- und Alltagsdiskursen
(aus: Hepp, A., Winter, R. (Hrsg.) (1999): Kultur- Medien- Macht: Cultural Studies und
Medienanalyse)
Abstract:
Andreas Hepps Aufsatz behandelt die primäre Thematisierung von Fernsehtexten, die
während des Fernsehkonsums stattfindet. Er unterteilt in drei Formen der kommunikativen
Fernsehaneignung, in die, bei der die Fernsehaneignung in Bezug zur Lebenswelt des
Rezipienten gesetzt wird, jene, bei der es um das gemeinsame Erleben geht, und als dritte
Form der Fernsehaneignung geht es um die Interpretation von konsumierten Fernsehtexten.
Hepp kommt zu dem Fazit, dass verschiedenen Mustern der Kommunikation bestimmte
Funktionen zukommen.
Schlagwörter:
Primäre und sekundäre Thematisierungen; Lebenswelt; kommunikative Aneignung; Bewerten
und Lästern; Formen der kommunikativen Fernsehaneignung; gemeinsames Erleben;
Interpretation von Fernsehtexten; Katalysator der Fernsehaneignung;
Monika Klopf, Matr.-Nr. 0305810
(Einzelarbeit)
696511 VO Medienpädagogik: Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur
Univ.-Prof. Dr. Thomas A. Bauer, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft,
Universität Wien, Wintersemester 2004/2005
1
Zusammenfassung des Textes
Der Titel, den Andreas Hepp wählt (Das Lokale trifft das Globale…) kommt in dieser
Formulierung von David Morley, der bereits 1992 die verbindende Wirkung, die Gespräche
über das Fernsehen in der Aneignung von Fernsehtexten haben, feststellte.
Hepp betont nun die nicht-psychologische Fragestellung der Cultural Studies, und verweist
vielmehr auf alltägliche Handlungsabläufe, die sich beim Rezipieren von Medientexten
abspielen. Eben jene Handlungen werden in einen größeren Kontext, nämlich jenen der
Gesellschaft, gestellt, wobei die Gesellschaft dabei nicht in Individuen sondern in Gruppen
eingeteilt wird.
Dazu wird noch festgestellt, dass weder die Medientexte oder deren Produktion noch die
Praxis des Rezipierens als neutral angenommen werden können.
Als der in der Überschrift bereits angedeutete Aufeinanderprall wird nun jener zwischen zwei
Bereichen des Diskurses, jenem des „Alltagsdiskurses der Zuschauer“1 und dem
„Diskursbereich des Fernsehens“2 definiert.
Demnach sind es die Rezipienten, die sich Fernsehtexte aneignen, indem sie sie mit ihrem
eigenen Leben und ihren Erfahrungen in Verbindung bringen und Zusammenhänge
herstellen..
Hepp unterscheidet nach Püschl zwei Arten von Thematisierungen des im Fernsehen
Gesehenen, und zwar in primäre und sekundäre. Erstere wären zu verstehen als Gespräche,
die während dem Fernsehen erfolgen, zweitere meinen Thematisierungen von Fernsehthemen,
die aber zeitlich unabhängig von deren Konsum stattfinden.
Durch kurze Darstellung von zwei diesbezüglichen Studien zeigt Hepp, dass „die
kommunikative Aneignung von Fernsehen in beträchtlichem Umfang ein In-BeziehungSetzen von lebensweltlichen Werten mit medial repräsentierten Werten und Vorstellungen
ist.“3
Für Hepp stellt sich daran anschließend die Frage, wie diese Vorgänge nun tatsächlich
stattfinden, welche Muster dabei Bedeutung haben.
1
Hepp, A.: Das Lokale trifft das Globale: Fernsehaneignung als Vermittlungsprozeß zwischen Medien- und
Alltagsdiskursen. In: Hepp, A., Winter, R. (Hrsg.) (1999): Kultur- Medien- Macht: Cultural Studies und
Medienanalyse, S. 192.
2
Ebda.
3
Ebda. S. 195.
2
Einführend stellt er der Autor fest, dass die subjektiv vorhandene Wirklichkeit eines jeden
nicht per se besteht, sondern „bewahrt und sozialen Veränderungen angepaßt werden“4 muss,
was vor allem dadurch geschieht, dass man sich mit dem engsten Kreis vertrauter Personen im
Gespräch austauscht, und sich gegenseitig das Gefühl gibt, dass die persönliche subjektiv
wahrgenommene Wirklichkeit von anderen ebenso angenommen und für richtig befunden
wird. Durch die Bewertung von im Fernsehen gemeinsam gesehenen Szenen kann ein ganzes
System von Werten gebildet werden, die eben durch die Kommunikation als gemeinsam
angenommen werden dürfen.
Auch das Bewerten in gesteigerte Form- das Lästern- über Personen im Fernsehen führt zur
Bestätigung gemeinsamer Ansichten, mit dem darüber hinausgehenden Vorteil, dass die
Personen, die Opfer derartiger Lästereien werden, niemals etwas davon erfahren werden und
somit für die lästernden Personen keinerlei Gefahr einer Konsequenz besteht. Darüber hinaus
wird eben dadurch ein „Wir- Gefühl“ geformt.
Hepp definiert aufgrund seiner Beobachtungen dreierlei kommunikative Formen, die im
Kontext mit der Fernsehaneignung ablaufen, beschränkt sich dabei aber nur auf primäre
Thematisierung.
„Erstens gibt es kommunikative Muster, durch die das im Fernsehen gesehene mit der
eigenen Lebenswelt in Beziehung gesetzt, in ihr lokalisiert wird. Zweitens lassen sich
solche kommunikative Formen unterscheiden, die der Konstitution eines gemeinsamen, emotionalen Erlebens dienen. Drittens gibt es schließlich solche, durch die
Zuschauer das Gesehene deuten und interpretieren.“5
Zum ersten genannten Punkt zählen Äußerungen von Rezipienten, die die eigene Lebenswelt
zum Thema machen. Bereits genannte Faktoren wie die Stabilisierung von Werten und
Normen, die Positionierung eigener Vorstellungen in Relation zu anderen, Wir- Gefühl etc.
spielen hierbei eine Rolle. All das wird eben zum Beispiel durch Lästern über Protagonisten
oder über eine Bewertung derselben erreicht.
Zur Lebenswelt eines Individuums zählt allerdings neben dem wirklichen Alltag des
Einzelnen auch dessen Vergangenheit. Es geht also nicht um einen statischen Faktor, sondern
Hepp, A.: Das Lokale trifft das Globale: Fernsehaneignung als Vermittlungsprozeß zwischen Medien- und
Alltagsdiskursen. In: Hepp, A., Winter, R. (Hrsg.) (1999): Kultur- Medien- Macht: Cultural Studies und
Medienanalyse. S. 196.
5
,Ebda. S. 203.
3
um ein veränderbares Zusammenspiel aus Fernsehtexten und Sinnzusammenhängen für das
Individuum oder die Gruppe.
Zum zweiten Punkt, jenem des gemeinsamen Erlebens, gehören laut Hepp Faktoren wie die
gegenseitige Zusicherung der Erlebnisqualität, die sich zum Beispiel auch durch
konsumbegleitende, emotionale und spontane Äußerungen wie „ahh“ oder „igitt“ manifestiert.
Als dritter Punkt wird genannt, dass Fernseheinhalte ja niemals eindeutig sein können, und
daher der Interpretation durch den Zuseher bedürfen. Sitzt eine Gruppe vor dem Fernseher,
manifestiert sich diese Art von kommunikativen Verhalten zum Beispiel dadurch, dass die
Personen sich gegenseitig auf Wichtiges aufmerksam machen, Kontexte bilden,
Wissenslücken schließen und so weiter. All das ist darauf ausgerichtet, dass, eingebettet in
kulturellen Zusammenhängen, eine glaubhafte Interpretation des Gesehenen für jeden
Rezipienten möglich ist.
Als Fazit kann nach Hepp genannt werden, dass, ausgehend von der „These, daß die
Fernsehaneignung einen Vermittlungsprozess zwischen Alltags- und Fernsehdiskursen
darstellt“6 nun belegt ist, dass „unterschiedliche(n) kommunikative(n) Mustern spezifische
Funktionen zukommen.“7
Abschließend postuliert er:
„Durch verschiedene Äußerungen beim gemeinsamen Fernsehen stellen Zuschauer
Bezüge zwischen den ‚globalen’ Mediendiskursen und der eigenen Lebenswelt her. In
diesem Sinne kann das gemeinsame Sprechen über Fernsehen als Katalysator der
Fernsehaneignung gelten.“8
Wo liegt der Zusammenhang zur Medienpädagogik? Besprechung des Artikels9
Die postulierte Tatsache, dass Rezipienten Fernsehen konsumieren, indem sie sie mit ihrem
eigenen Leben und ihren Erfahrungen in Zusammenhänge in Verbindung bringen, ist von
medienpädagogischer Relevanz. So wird Wissen in diesem Sinne als „Anwendung von
Information“ gedeutet, es wird schematisch wenn auch unbewusst geprüft: Was gibt es bereits
6
Hepp, A.: Das Lokale trifft das Globale: Fernsehaneignung als Vermittlungsprozeß zwischen Medien- und
Alltagsdiskursen. In: Hepp, A., Winter, R. (Hrsg.) (1999): Kultur- Medien- Macht: Cultural Studies und
Medienanalyse, S. 207.
7
Ebda.
8
Ebda.
9
Vgl. im Folgenden: mündliche Äußerungen von Univ.-Prof. Th. A. Bauer in seiner Vorlesung: 69651,
Medienpädagogik: Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur, Wintersemester 2004/2005.
4
an Wissen zu dem Thema? Als nächstes wird versucht, das Wissen zu strukturieren,
Zusammenhänge zu schaffen zu bereits gewussten Dingen, das Wissen wird lokalisiert, was
soviel bedeutet wie dass es in des Rezipienten bereits existierende gedankliche Umwelt
eingebettet wird, und erst somit einen Wert bekommt. Der nun folgende Schritt ist nun jener,
der mit Hepps Analyse am ehesten kooperiert: Es geht um den Schritt, in dem nun dieses
Wissen partizipiert wird. In dem Falle der kommunikativen Handlung beim Fernsehen geht es
nun um den sozialen Austausch, wobei man sich meiner Ansicht nach über die davor
genannten Punkte austauscht: Den anderen zum Beispiel durch Bemerkungen mitteilt, was
man selbst hierzu schon erfahren hat, oder auch dem anderen durch Assoziationen hilft,
Zusammenhänge zu schaffen.
Ein zweiter Punkt ist der Begriff der Sozialisation: Es geht definitionsgemäß um das
Übernehmen von Haltungen/ Werten/ Einstellungen um sich über deren Reproduktion als
Mitglied einer Gesellschaft auszuweisen oder sich als solches identifizierbar zu machen. Auch
dies ist ein wichtiger Punkt in dem Schriftstück Hepps, der ja davon spricht, dass man durch
kurze Meldungen vor dem Fernseher sich gegenseitig über die eigenen Werthaltungen
versichert. Durch Lästern über darstellende Personen wird der selbe Effekt erzielt.
Der kurz angesprochene Aspekt der sekundären Thematisierung könnte mit der Kompensationsperspektive näher erläutert werden: Es geht bei ersterem um die Thematisierung von
Fernsehtexten, die zeitlich unabhängig von deren Konsum statt findet, bei zweiterem darum,
wie man Medien zur gesellschaftlichen Partizipation nützt, also landläufig formuliert darum,
bei Themen in der Gesellschaft mitreden zu können, davon ausgehen zu können, dass auch
andere dazu etwas sagen können, eben aus dem Grund, weil es ein Thema in Fernsehtexten
dargestellt hat. Vielleicht kann in diesem Zusammenhang auch auf die Kulturperspektive
hingewiesen werden, die etwas aussagt über Verhältnisse zwischen den Menschen- und das,
vermittelt über die Medien. Näher soll hierauf aber nicht eingegangen werden.
Kritisch wäre zu dem Artikel anzumerken, dass nirgends darauf hingewiesen wird, wie viele
Gespräche während der Fernsehrezeption von Hepp verfolgt wurden. Ausführlich erklärt sind
lediglich 2, die dann qualitativ ausgewertet wurden. Ob sich aus diesen zweien bereits ein
Fazit ableiten lässt, sei dahingestellt- außer es wurden noch andere Diskussionen genau
mitverfolgt. Natürlich erscheint logisch, was Hepp für sich quasi als „Moral von der
Geschicht`“ postuliert, aber für mich sind seine Annahmen etwas zu spärlich belegt.
5
Quellenverzeichnis:
Hepp, A.: Das Lokale trifft das Globale: Fernsehaneignung als Vermittlungsprozeß zwischen
Medien- und Alltagsdiskursen. In: Hepp, A., Winter, R. (Hrsg.) (1999): Kultur- MedienMacht: Cultural Studies und Medienanalyse. S. 191 – 213.
Bauer, Th. A.: Mündliche Äußerungen in seiner Vorlesung: 69651, Medienpädagogik:
Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur, Wintersemester 2004/2005.
Auswahl der von Hepp verwendeten Werke:
Berger, P.L., Luckmann, T. (1977): Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine
Theorie der Wissenssoziologie. 5. Auflage. Frankfurt a.M.
Bergmann, J.R. (1994): Detaillierung- Typisierung- Skandalierung: Über das (unterhaltsame)
Konstituieren von Wirklichkeit in der Klatschkommunikation. In: Bosshart, L., HoffmannRiem, W. (Hrsg.) (1994): Medienlust und Mediennutz. München, S 114- 125.
Hepp, A. (1996a): Beim Fernsehen sprechen. Medienkompetenz und die kommunikative
Aneignung von Fernsehtexten. Medien praktisch, 2, S. 20 -25.
Hepp, A. (1998): Fernsehaneignung und Alltagsgespräche. Fernsehnutzung aus der
Perspektive der Cultural Studies. Opladen.
Winter, R. (1995): Der produktive Zuschauer. Medienaneignung als kultureller und
ästhetischer Prozess. München.
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