Legemandalas und Legebilder als handlungsbezogene Zugänge in Schule und Gemeinde Seitdem der Tiefenpsychologe Carl Gustav Jung (1875 - 1961) das Mandalamotiv als eine unbewusste Konstellation in der menschlichen Seele aufzeigte, wird dem Vorkommen dieser Bilder in unterschiedlichen Kulturen wieder Aufmerksamkeit entgegengebracht. Mandalas finden sich nicht nur in östlichen Religionen, sondern ebenso in Amerika und Afrika. In der christlichen Tradition sind sie am bedeutendsten im frühen Mittelalter belegt, meist mit Christus in der Mitte und den vier Evangelistensymbolen an den Kardinalpunkten. Im gleichen Mandalatypus finden sich bereits Jahrtausende früher ägyptische Ordnungsbilder. Ihre Neuentdeckung hat mittlerweile zu einer fast inflationären Ausbreitung geführt. Es gibt Malmandalas zu allen möglichen und unmöglichen Themen und Gelegenheiten. Mit dem eigentlichen Sinn von Mandalas hat dies nichts mehr zu tun und es führt leider dazu, dass ein sinnvoller Zugang zu Mandalas erschwert wird. Insofern ist eine Auseinandersetzung mit diesem Thema dringend angeraten. Was heißt eigentlich „Mandala“, und was ist ein „Mandala“? Das Wort stammt aus dem Sanskrit, der Sprache der altindischen Literatur, und bedeutet wörtlich „Kreis“; die tibetischen Übersetzungen geben das Wort bald mit „Zentrum“, bald mit „das Umgebende“ wieder. Ihren Ursprung hat die Mandalaform jedoch nicht in religiösen Kulten, ihr Ursprung liegt in der Natur. Gehen Sie doch einmal durch den Garten oder über eine Wiese. Schauen Sie sich nach Margeriten oder Sonnenblumen um, vielleicht ist eine Dahlie oder eine Rose voll erblüht. Da liegt ein gefällter Baum, die Jahresringe am durchgeschnittenen Baumstamm laden Sie zum Verweilen ein. Gehen Sie weiter und werfen einen Stein ins ruhige Wasser und schauen den Kreisen zu, die das Wasser zieht. Da wandert eine Schnecke mit ihrem Haus an Ihnen vorbei, sehen Sie sich das Haus doch einmal näher an. Schneiden Sie eine Tomate oder Kiwi auf und betrachten Sie das Muster. Wenn Sie diesen Beschreibungen nachgehen, entdecken Sie Mandalas: Pflanzen, Bilder und Gegenstände, die aus der Mitte erwachsen, auf eine Mitte hin orientiert sind. Die ganze Schöpfung ist voller Bilder, die um eine Mitte gestaltet sind. Denken Sie an die Planetenbahnen, an Fotografien der Erde, die aus Raumschiffen gemacht wurden, aber auch an Atommodelle und Zellbilder. Was wir da in der Natur entdecken, hat in Bild und Form auch Einzug in die Gestaltung unserer Umwelt genommen. Besuchen Sie einmal verschiedene Kirchen, vor allem solche im gotischen Baustil, aber auch ganz moderne, und schauen Sie nach gestalteten runden Fenstern, Deckenbildern und Mosaiken im Fußboden. Auch der Grundriss der Kirche selbst oder der eines Kreuzgangs kann das Gefühl des Erbauers für die Ordnungsstrukturen der Welt verraten. Oder zu Hause. Vielleicht haben Sie selbst ein Rundkreuz mitten in einem Kreis, oder einen Brotteller, auf dem z. B. um eine Ähre in der Mitte die Bitte steht: „Unser tägliches Brot gib uns heute“. 1 Andreas Nicht, Pi Villigst, interne Tagungsmaterialien Wenn wir uns aufmerksam umschauen, können wir viele solcher Mitte-Bilder um uns herum entdecken. Zur Weihnachtszeit z. B. sind es der Adventskranz und die Strohsterne am Weihnachtsbaum, die Sterne überhaupt, die uns in spielerischer Weise in dieses Abbild hineinnehmen. Apropos Spiel: Auch viele Spiele gestalten sich um die Mitte. Erinnern Sie sich noch an Ringelreihen, Plumpsack, Katz und Maus, Blinzeln und viele andere? Das Spiel im Kreis hatte und hat seine eigene Qualität. Wenn man mit Tagungsteilnehmerinnen und Teilnehmern nach des Tages Tagungsarbeit zum gemütlichen Teil übergeht und den Raum aufsucht, in dem Bier, Wasser, Saft und Rotwein fließen ist es oft die erste Gruppenhandlung, die Tischordnungen aufzulösen und einen Kreis oder etwas ähnliches zu bilden, auch wenn der in der Regel einen so großen Durchmesser hat, dass die Kommunikation mit jedem Punkt auf der Kreislinie bzw. jedem Teilnehmer nicht möglich ist. Was macht nun ein Mandala genau aus? Nach Maschwitz (a.a.O. S.8 ) können vier Grundsätze benannt werden: - Das Mandala hat eine eindeutige Mitte, die Ziel und Ursprung des Bildes ist; - die Formen sind entweder in Kreisen um die Mitte angeordnet und/oder gehen strahlenförmig von ihr aus. - Es verbindet Quadrat und Kreis, ebenso die zielgerichtete gerade Linie und die in sich zurückführende Kreislinie. - Das Mandala ist nicht nur eine Fläche, sondern Abbild eines Raums. - Mandalas sind nicht darauf angelegt, auf Dauer zu bleiben, wie z.B. gemalte Bilder. Sie sind flüchtig und auf Einmaligkeit angelegt. Deutlich wird dies insbesondere an den bunten Sandmandalas buddhistischer Mönche, die gleich nach Fertigstellung wieder zusammengefegt werden. Auch zu unserem Legemandala, das Sie vorhin erlebt haben, gehört der Aufhebungsprozess, das Ausblasen der Kerzen dazu. Insofern sind Mandalas auch ein gutes Beispiel für Trennungs- und Trauerprozesse, frei nach dem Motto: Alles hat seine Zeit, festhalten hat seine Zeit, Loslassen hat seine Zeit. Die Gestaltung der Mitte ist abhängig von der Lebenshaltung des einzelnen, der persönlichen Glaubensaussage, der Definition der eigenen Mitte bzw. der Absicht des Mandala-Anleiters. Wie Sie sehen oder sehen werden, setze ich oft auch Themen, Schwerpunkte oder Bibeltexte in die Mitte. Meist ist meine Mitte die Jesuskerze oder eine Kombination von christlichen Symbolen. Religiöse Mandalas rücken ihr religiöses Symbol, ihr Bild bzw. eins ihrer Bilder von Gott in den Mittelpunkt. D. h. ein Mandala ist auch eine geeignete Form Gottesbilder, im Sinne der christlichen Tradition möglichst viele Bilder von Gott, ansatzweise auszudrücken bzw. erfahren zu lassen. Es ist auch, wenn es entsprechend gestaltet ist, ein Stück weit Glaubensbekenntnis. Insofern ist es eine Möglichkeit, eine eigene Stellungnahme abzugeben, ohne zu sehr einzuengen. 2 Andreas Nicht, Pi Villigst, interne Tagungsmaterialien Was macht Mandalas insgesamt interessant für Schule und Religionsunterricht bzw. für den Einsatz in der Gemeindearbeit? Mandalas fördern den leiblichen Spannungsausgleich In Übungen mit Kindern und Erwachsenen erlebt man mit Mandalas erstaunliche Körpererfahrungen: Mehrmals verschwanden während des Gestaltens Kopfschmerzen oder andere Formen der Verspannung, wie Schulter- und Nackenschmerzen. Kinder, die körperlich eher überspannt und überdreht waren, wurden ruhiger und gleichzeitig gesammelt. Erstaunlich ist auch, dass Kinder, die eher zum Schlaffsein neigen, also Unterspannung hatten, Kraft und Energie aufbauten. Es geschieht nach unserer Wahrnehmung durch die Arbeit mit Mandalas ein Spannungsausgleich. Wer mit der Eutonie (einer Form der Körperarbeit) vertraut ist, würde diesen Zustand beim Gestalten eines Mandalas als eutonisch (d. h. wohlgespannt) bezeichnen. Erfahrungen insbesondere auch in der Schule für Geistigbehinderte zeigen, dass hyperaktive SchülerInnen beim Mandalalegen ruhiger werden und inaktive SchülerInnen dazu neigen, selbst aktiv zu werden. Mandalas schenken Strukturen der inneren und äußeren Ordnung Wer ein Mandala gestaltet, hält sich an eine vorgegebene Ordnung und gestaltet innerhalb dieser äußeren Strukturen frei sein Bild. Es geschieht also eine innere Bewegung zwischen Freiheit/Individualität und Ordnung/gemeinsamer Vorgabe. Welches Maß an Kreativität dies ermöglicht, wird deutlich, wenn eine Gruppe ein Mandala gestaltet. Die persönlichen Variationen sind so vielfältig, dass es auch in großen Gruppen keine gleichgestalteten Bilder gibt. Oft ist nicht einmal mehr der gleiche Ausgangspunkt, die gemeinsame Grundstruktur zu erkennen. Die persönliche Entfaltung wird erstaunlicherweise durch den offenen Rahmen gefördert und getragen. Vergleiche der Ergebnisse mit entsprechend klarem und durchschaubarem Erziehungsverhalten liegen nahe. Klare Regeln, Strukturen und Vorgaben, die Räume zur Eigengestaltung und Verantwortung frei lassen, fördern die Entwicklung von kleinen und großen Menschen. Der Vergleich geht noch weiter: Eine vertraute und hinterfragbare Struktur muss nicht starr sein, sie kann sich verändern. Grenzen können erweitert und variiert werden. Dabei kann man am Mandala besonders gut nachvollziehen, dass Veränderungen, die auf dem Vorgegebenen aufbauen, fließend sind und sich immer wieder integrieren lassen. Mandalas bieten also Gestaltungsfreiheit in Strukturen, wobei es Ihre Entscheidung ist, wieviel Struktur Sie vorgeben bzw. verlangen. Wenn Sie an mein Tuch denken, so geben die Strahlen schon eine Struktur vor, die auffordert, sich nach ihr zu richten. Auch wenn dies der einzige strukturelle Gesichtspunkt bleibt, eine klare Ordnung entsteht immer. Gruppenmandalas führen zusammen und fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl Allein die Sitzordnung, gemeinsam versammelt um ein großes Tuch, schafft eine Form von Gemeinschaft. Sie sagt aus: „Wir gestalten gemeinsam ein großes Bodenlegebild“. Es entsteht ein gemeinsamer Prozess, ein gemeinsames Produkt als Ergebnis des Legeprozesses. Ein wesentlicher Vorteil besteht jedoch darin, dass die Freiheit des einzelnen kaum beschränkt wird. 3 Andreas Nicht, Pi Villigst, interne Tagungsmaterialien Sicher, besonders gelungen ist der Prozess, wenn gegenseitige Rücksichtnahme vorherrscht, wenn man genau beobachtet wann und wie die anderen legen und sich darauf einstellt, wenn man die Teile, die weitergegeben werden behutsam mit Blickkontakt weitergibt. Aber auch gleichzeitiges Ablegen, unterschiedliche Zeitabstände müssen nicht störend wirken und im Prinzip entsteht die Rücksichtnahme aufeinander in der Situation von selbst. Darüber hinaus bin ich für meinen Teil des Legebildes, meinen Strahl, selbst verantwortlich. Ich kann meine Nähe zur Mitte, meine Nähe zu meinen Legeteilen selbst bestimmen. Dies gilt zumindest für die freiere Form von Legemandalas, wie ich sie verstehe. Insofern bieten Legemandalas das Entstehen von Gemeinschaft unter der Beachtung der Freiheit des einzelnen. Bestimmte thematische bzw. methodische Vorgaben können den Gemeinschaftsprozess unterstützen. So ist z.B. ein Gruppenmandala denkbar, in dem jeder einzelne ein Foto von sich und ein Teil, das ihm etwas bedeutet, ein Bild ein Gegenstand, etwas aus Ton Hergestelltes, auf seinen Strahl ablegt. Auch hier steht sowohl der Gruppenprozess, der Aufbau eines Gemeinschaftsgefühls, als auch die persönliche Deutung, die persönliche Bestimmung im Mittelpunkt. Mandalas führen mich in die Stille und zu mir selbst Beim Ordnen der Dinge, bei der Hingabe in den Legeprozess stellt sich Ruhe ein. Die äußere Ordnung, die entsteht, bewirkt eine innere Ordnung in mir. Aufgrund des Handlungsprozesses ist die Schwelle jedoch nicht so hoch, wie bei reinen Meditationsformen. Der Spielraum des einzelnen wie weit er sich in die Stille einlässt, ist größer. Insofern können Mandalas als Hinführung zur Meditation dienen. Meine Vorstellungen des Einsatzes von Mandalas im Religionsunterricht/in der Gemeindearbeit Ich sehe die große Chance insbesondere, wenn die Schülerinnen und Schüler bzw. Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Form vertraut sind, als Einstieg in ein Thema bzw. Übergang in ein anderes Thema: Vom Chaos zum Kosmos: Ein Chaosmandala wird zum Schöpfungsmandala Passion: Passion-/Ostermandala Angst: Angst-/Mutmachmandala Vor allem aber denke ich, dass gelegte Mandalas eine sehr geeignete Form sind, ein Thema abzuschließen und hier, wenn Sie an Symboldidaktik denken, eine Möglichkeit darstellen, die religiöse Dimension bzw. die spezifisch christliche Ausgestaltung des Symbols handlungsbezogen, auf den einzelnen abgestimmt, mit klarer Struktur und Aussage aber in der Deutung auch offen für den einzelnen, darzustellen (z. B. Passionsmandala, Angstmandala, Abendmahlsmandala, Tonmandala, Schöpfungsmandala, Weihnachtsmandala). Sie sind aufgrund ihres meditativen Charakters eine methodische Möglichkeit einer Didaktik der Stille. Eine Didaktik der Stille meint, nicht so sehr über Dinge zu sprechen, sondern sie selbst zu den SchülerInnen sprechen zu lassen, nicht so sehr „begreiflich“ machen zu wollen, sondern eine Atmosphäre des „Ergriffenseins“ zu schaffen. Wir müssen uns davon lösen, dass SchülerInnen nur dann etwas gelernt haben, wenn sie es verbalisieren können. Wenn ich die religiöse Dimension in den Dingen dieser Welt erschließen will, muss ich Bilder in der Seele erzeugen. Hierzu können Mandalas, nach allem, was ich aufgezählt habe, eine Hilfe sein. 4 Andreas Nicht, Pi Villigst, interne Tagungsmaterialien Das, was ich jetzt gesagt habe, gilt in ähnlicher Form, mit anderen Schwerpunkten, für andere Formen von Legebildern, mit denen ich mich anschließend auseinandersetzen werde. Ein Text von Thomas Ascher fasst das bisher Gesagte sehr schön zusammen: Das Mandala: ein Kreisbild. Jeder Kreis hat eine Mitte, um die sich alles dreht. Diese Wahrheit können wir in allen Mandalas finden: in der Natur und in den von Menschen geschaffenen Mandalas, in der Sonnenblume und in der Rosette eines Kirchenfensters, im Schneekristall und in der Windrose mit den Himmelsrichtungen, in der Baumscheibe und im Rad. Jedes Mandala lebt aus seiner Mitte. Die Bewegung geht von dort aus und führt auf sie zurück. Meine Gedanken können dem Weg des Mandala folgen: sie kommen von außen, kreisen um das Zentrum, nähern sich der Mitte, entfernen sich wieder und werden doch wieder zurückgeführt in die Mitte. Hier sammelt sich alles: Mit dem Muster der Blick, mit dem Blick die Gedanken und Gefühle. All meine Energien und Kräfte werden hier zusammengeführt. Hier finde ich selbst meine Mitte. Und in meiner Mitte finde ich Gott. 5 Andreas Nicht, Pi Villigst, interne Tagungsmaterialien Thomas Ascher Spiralmandalas und Labyrinthe Spiralmandalas und Labyrinthe können als Mandalasonderformen angesehen werden, für die das gilt, was wir bezogen auf Mandalas gesagt haben, die aber gestaltmäßig anderen Gesetzen gehorchen bzw. anders aufgebaut sind und didaktisch/theologisch gesehen noch andere Möglichkeiten eröffnen. Spirale und Labyrinth lassen den Weg zur Mitte bzw. aus der Mitte heraus besonders intensiv erleben. Spirale Die Spirale verbindet Linie und Kreis, Ausgang und Eingang, Anfang und Ende. Das Erleben des Spiralweges vollzieht sich in diesem Spannungsfeld. Die Mitte wird umkreist, man nähert sich ihr immer mehr, jedoch nicht auf direktem Wege. Man kommt nur auf der Spirale zur Mitte und auch nur so wieder zurück. Labyrinth Auch Labyrinthe reichen weit in die Menschheitsgeschichte zurück. Während die uns bekannten Labyrinthe aus der griechischen Mythologie meist unübersichtliche und verwinkelte Gebäude darstellen, bei denen man an vielen Weggabelungen in die Irre gehen kann und nur ein Weg zum Ziel führt, sind die christlichen Labyrinthe meist als Ein-WegLabyrinthe konzipiert. Hier führt nur ein möglicher Weg, zwar verwinkelt und auf Umwegen, aber ohne eine Abzweigung zum Ziel. Verirren kann man sich nicht, wie ein Lebensweg führt der Weg mal näher zur Mitte, dann wieder weiter weg in eine andere Richtung, aber schließlich doch zum Ziel. Bodenlabyrinthe finden sich in vielen Kirchen Europas, besonders bekannt ist das Labyrinth in der Kathedrale von Chartres. Wenn die Pilger nach langer Reise die Kirche betraten, sollte ihnen am Ende ihrer Reise das Labyrinth die Möglichkeit geben, zur Ruhe zu kommen, sich zu sammeln. Und sollte ihnen auch konkret Erfahrungen vermitteln: Umwege, mühsame lange Wege gehören zum Leben dazu; auch der längste Weg führt nach vielen Schwierigkeiten schließlich zur Mitte, zum Ziel, zu mir selbst, zu Gott. Auch in vielen Klöstern finden sich Labyrinthe, hier dienten sie insbesondere der Kontemplation, durch Abgehen des Labyrinthes zur inneren Ruhe finden. Die in den letzten zwei Jahrhunderten entstanden Gartenlabyrinthe sind in ihrer Mehrzahl Mehrwegslabyrinthe bzw. Irrgärten, die Irrwege zulassen. Möglicherweise kann ihre Beliebtheit interpretiert werden mit dem deutlicher akzentuierten Wunsch des Menschen nach freier Selbstbestimmung, nach Entscheidungsfreiheit. Spirale, Labyrinth und Mandala laden uns ein Wege von innen nach außen und von außen nach innen zu gehen, in unsere eigene Mitte und wieder heraus, in die religiöse Mitte und in die Mitte der Gruppe. Sie zwingen uns keinen Standort auf, sondern lassen uns, je nach Stimmungslage oder Situation, freien Raum. Gut ist es, wenn es gelingt, den freien Raum ausszuschöpfen, innen, außen und dazwischen. 6 Andreas Nicht, Pi Villigst, interne Tagungsmaterialien Freie Legebilder Freie Legebilder (Bodenbilder) entsprechen in bezug auf Handlungsorientierung, Einbeziehung möglichst vieler Sinne und Anschauung Legemandalas. Sie sind in ihrer Form jedoch freier, keinen Ordnungskriterien unterworfen und ausschließlich durch das Thema und/oder die Situation bestimmt. So kann ein Stuhl zum Kindheitsstuhl werden, ein Tisch zum Oster- oder Frühlingstisch und ein Tuch zum Passionsbild. Freie Legebilder können möglicherweise der kindlichen Phantasie mehr freien Raum lassen, bieten möglicherweise manchmal die Chance das Thema noch stärker zu verdichten bzw. die eigene Sicht stärker in den Mittelpunkt zu stellen und sie lassen mehr Handlungsmöglichkeiten zu. Sie beinhalten jedoch auch stärker das Risiko des Scheitern bzw. des Abgleitens in die Belanglosigkeit. Aufgrund ihrer Offenheit stellen sie höhere Anforderung an die Kreativität bzw. die mediale, methodische und inhaltliche unterrichtliche Vorbereitung. Darüber hinaus tritt der meditative Aspekt des Mandalalegens zurück. Legebilder sind eine Methode aus dem Methodenrepertoire der Religionspädagogischen Praxis (Kett-Methode). Durch die Veranschaulichung mittels Bodenbildern sollen Imaginationsprozesse und Identifikationen initiiert werden. Hierzu ist ein breites Angebot an Legematerialien, Tücher, Naturmaterialien, geometrische Formen, Figuren u.ä. zusammengestellt worden. Es herrschen Naturmaterialien vor, wenn Farben eingesetzt werden, so geschieht das entsprechend ihres Zeichen- und Symbolcharakters. Auch aus Sicht der RPP sind Bodenbilder als Veranschaulichungsprozess mehr als bloß gelegte Bilder. Die Materialien und der Prozess ihrer Anordnung werden dabei zu Trägern innerer Vorstellungen und Eindrücke. Eindrücke, die man in sich behalten kann, über die man sich aber auch in einem Gruppenprozess austauschen kann. Eindrücke, die von der Tendenz des Bodenbildanleiters abhängig sind, aber Freiräume lassen für die eigene Vorstellung, für eigene innere Bilder. Wie bei unseren gelegten Mandalas sollten auch Bodenbilder nicht einfach zerstört und weggeräumt werden, sie sollten in gleicher Weise aufgehoben bzw. aufgelöst werden, damit sie in der Erinnerung als inneres Bild erhalten bleiben. Wenn man die Möglichkeit dazu hat, sollten Bodenbilder über eine längere Zeit in der Klasse verbleiben, um den Prozess der Verinnerlichung zu intensivieren. Darüber hinaus würde sich dabei auch die Möglichkeit zur weiteren Veränderung des Bildes bieten. Als Ausgangspunkt für Boden- bzw. Legebilder können auch Bilder von Künstlern dienen, die überlegt oder weitergelegt werden. 7 Andreas Nicht, Pi Villigst, interne Tagungsmaterialien