BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Soweit in diesem Skriptum personenbezogene Ausdrücke verwendet werden, umfassen sie Frauen und Männer gleichermaßen. Inhaltsverzeichnis Einleitung ............................................................................................... 3 Wozu BR und Gewerkschaften...................................................................4 Der Österreichische Gewerkschaftsbund ..................................................... 6 Überblick über die wichtigsten Stationen .................................................... 7 9 Fachgewerkschaften .............................................................................9 Die Errungenschaften des ÖGB seit seiner Gründung ................................. 10 Unterstützungsleistungen des ÖGB .......................................................... 13 GPA im Internet .................................................................................... 15 Die Interessenvertretungen .................................................................... 16 Die Sozialpartnerschaft .......................................................................... 19 Stufenbau der Rechtsordnung ................................................................. 21 Der Kollektivvertrag ............................................................................... 22 Die kollektive Rechtsgestaltung ............................................................... 23 Grundsätze der betrieblichen Interessenvertretung .................................... 28 Der Betriebsbegriff ................................................................................ 30 Der Arbeitnehmerbegriff ......................................................................... 32 Organe der betrieblichen Interessenvertretung ......................................... 33 Arten von Betriebsversammlungen .......................................................... 34 Der Betriebsrat ..................................................................................... 37 Betriebsausschuss ................................................................................. 38 Jugendversammlung .............................................................................. 39 Die Betriebsratswahl .............................................................................. 41 Mangelhafte Betriebsratswahl ................................................................. 44 Sitzungen des Betriebsrates.................................................................... 46 Die Betriebsratsumlage und -fonds .......................................................... 47 Sacherfordernisse.................................................................................. 48 Seite 1 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Abkürzungsverzeichnis AN Arbeitnehmer AG Arbeitgeber ASG Arbeits- und Sozialgericht AK Arbeiterkammer AngG Angestelltengesetz ArbVG Arbeitsverfassungsgesetz AZG Arbeitszeitgesetz AV Arbeitsvertrag BK Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft BR Betriebsrat BRM Betriebsratsmitglied BRS Betriebsratssitzung BRWO Betriebsratswahlordnung BV Betriebsvereinbarung BVers. Betriebsversammlung DV Dienstverhältnis GPA Gewerkschaft der Privatangestellten KV Kollektivvertrag RKV d. Ind. Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie U Unternehmer, Unternehmen UrlG Urlaubsgesetz > größer, mehr als < kleiner, weniger als ZKV f. Zusatzkollektivvertrag für … Seite 2 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Einleitung Heute existiert in Österreich mit dem ÖGB ein einheitlicher, überparteilich organisierter Gewerkschaftsbund mit 9 Gewerkschaften als Teilorganisationen. Eine rechtliche Verankerung findet die Gewerkschaftsorganisation in Österreich im Koalitionsrecht von 1870 und im Vereinsgesetz von 1867. Die betrieblichen wie auch die überbetrieblichen Mitbestimmungsmöglichkeiten und damit auch die gewerkschaftlichen Mitbestimmungsrechte sind vor allem im Arbeitsverfassungsgesetz von 1974 niedergelegt. Die im internationalen Vergleich beachtenswerte Stärke der Gewerkschaftsbewegung (1,3 Mio. Mitglieder) im politischen System Österreichs liegt in dem bereits in den 50er Jahren herausgebildeten und jahrzehntelang bewährten Modell der Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft begründet. In ihr wird jene auf gesellschaftlichen Interessenausgleich ausgerichtete Kultur der Konfliktregelung bei der Durchsetzung arbeits- und sozialrechtlicher Regelungen sichtbar, die einen nicht unwesentlichen Teil dazu beigetragen hat, dass Österreich in der Zweiten Republik auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet eine hervorragende Entwicklung zu verzeichnen hat. Bei der Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft handelt es sich um ein informelles System der freiwilligen – der parteipolitischen Entscheidungsfindung vorgelagerten – Zusammenarbeit der Verbände und Vereinigungen der Arbeitgeber (Bundeswirtschaftskammer), der Landwirtschaft (Präsidentenkonferenz, Landwirtschaftskammern) und der Arbeitnehmer (Bundesarbeitskammer und ÖGB) untereinander sowie Vertreter der Regierung. Die 1957 gegründete paritätische Kommission ist der institutionelle Kern dieser vorerst auf Lohn- und Preisfragen ausgerichteten Partnerschaft. In diesem Gremium sind die Spitzen der vier Sozialpartnerverbände sowie Mitglieder der Bundesregierung vertreten. Diese Zusammenarbeit prägt die in hohem Maß auf sozialen Frieden aufgebaute Politik in Österreich. Seite 3 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Wozu BR und Gewerkschaften? Erwartungen der Kollegenschaft: Interessen der Arbeitgeber: Wo sind Interessengegensätze? Arbeitnehmer Arbeitgeber Gemeinsame Interessen? Seite 4 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Die Interessendurchsetzung Grundvoraussetzung zur Durchsetzung der Interessen der Arbeiter und Angestellten: a) b) c) Formen der Aktion: Seite 5 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Der Österreichische Gewerkschaftsbund In über 150 Jahren gingen die Gewerkschaften einen weiten Weg. Von der Illegalität bis zur staatstragenden Kraft. Heute ist die Gewerkschaftsbewegung eine Interessenvertretung, deren Notwendigkeit und Nützlichkeit grundsätzlich allgemein anerkannt ist – auch von den Organisationen der früher „bekämpften“ Arbeitgeber, der Bevölkerung und allen politischen Parteien. Gewerkschaften in Österreich sind im gesamten Entscheidungsprozess der Sozialpartnerschaft beteiligt. Sie bilden einen zentralen Machtkörper im politischen System und tragen gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Der ÖGB besteht in seiner heutigen Form seit 1945. Er ist als Verein registriert und hat daher eigene Rechtspersönlichkeit. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. Der ÖGB ist eine überparteiliche, aber keine unpolitische Gemeinschaft. So heißt es in § 3 (1) seiner Statuten: „Der Gewerkschaftsbund ist in Verfolgung seines Zwecks zu einem kraftvollen Mitwirken am Aufbau Österreichs, zur Wahrung der Unabhängigkeit und Neutralität unseres Landes, zur Bekämpfung des Faschismus, wie jeder Reaktion und aller totalitären Bestrebungen, zur Mitarbeit an der Sicherheit des Weltfriedens sowie zum unentwegtem Kampf zur Hebung des Lebensstandards der Arbeitnehmerschaft Österreichs berufen.“ Seite 6 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Überblick über wichtige Stationen der Gewerkschaftsgeschichte Solidarisierung, Aktionen Jahr Reaktion, Ergebnis Aufstand der Wiener Schuhknechte 1722 1731 Koalitionsverbot (Handwerkspatent) Maschinenstürmer, Einzelstreiks, Fabrikskassen Revolution Gründung von Arbeiterbildungsvereine Massenkundgebung Gewerkschaftsvereine Niedergang (Fraktionskämpfe und Nationalitätenkonflikt) Einigungsbestrebungen Hainfelder Parteitag Erster Gewerkschaftskongress Zentralkommission der Freien Gewerkschafter Entstehen von 225 freien Gewerkschaften, 30 christlichen Gewerkschaften Erste Kollektivverträge Demonstrationen von 250.000 Arbeitern 1845 1848 1849 1867 1869 1870 1873 Verbot von Unterstützungsvereinen blutige Niederschlagung Verschärfung d. Koalitionsverbotes Staatsgrundgesetz 1884 1885 1886 1889 1893 Ausnahmezustand Drohendes „Sozialistengesetz“ Anarchistengesetz Versagen der internationalen Solidarität Revolution 1905 1907 1914 1918 Erster Kongress der Freien Gewerkschaften 1919 1920 Massenkundgebung der Gewerkschaften gegen Lohnabbau, Kurzarbeit und steigende Arbeitslosigkeit Streiks, Demonstrationen, Mitgliederrückgang Arbeiteraufstand, Bürgerkrieg Illegalität, Nationalsozialismus Gründung des ÖGB als Einheitsgewerkschaft 1921 1923 1929 1930 1931 Aufhebung des Koalitionsverbotes Wirtschaftskrise Allgemeines u. gleiches Wahlrecht Erster Weltkrieg Ausruf der Republik politische Demokratie Betriebsrätegesetz, Kollektivvertragsgesetz, Arbeiter-Urlaubsgesetz 8-Stundentag Arbeitslosenversicherungsgesetz Arbeiterkammergesetz Angestelltengesetz 1930 1934 Weltwirtschaftskrise Eid der Heimwehren Heimwehraufstand unter Führung Dr. Pfriemer Ausschaltung des Parlaments Niederschlagung, Austrofaschismus 1938 1945 Zweiter Weltkrieg Zweite Republik Seite 7 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Seite 8 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Seite 9 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Die Errungenschaften des ÖGB seit seiner Gründung Seite 10 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Die Errungenschaften des ÖGB seit seiner Gründung Seite 11 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Mit der Existenz mehrerer politischer Fraktionen im ÖGB wird sowohl der politisch-, weltanschaulichen Bandbreite der Gewerkschaftsmitglieder wie auch der Überparteilichkeit des ÖGB Rechnung getragen. Anerkannte Gruppierungen im ÖGB sind: Arbeitgemeinschaft für gewerkschaftliche Einheit Katholische Arbeiterbewegung Alternative und Grüne GewerkschafterInnen Die im Jahre 1996 neu beschlossene Fraktionsordnung des ÖGB legt sowohl die Rechte und Pflichten wie auch das Anerkennungsverfahren fest, wie sich Arbeitnehmergruppen im ÖGB zu Fraktionen zusammenschließen können. Seite 12 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Unterstützungsleistungen des ÖGB Der ÖGB bietet seinen Mitgliedern auch Unterstützungsleistungen an: ÖGB-Berufsschutz ÖGB-Solidaritätsversicherung Rechtsschutzregulativ Unterstützungsordnung Flex-Power Sotour-Austria Mitgliedschaft ÖGB-Berufsschutz Berufsrechtsschutz- und Berufshaftpflichtversicherung bei Personen- und Sachschäden während der Ausübung der beruflichen Tätigkeit, für die der Dienstgeber nicht haftet. Der Berufsschutz gilt für alle aktiven Mitglieder, die mehr als sechs Monate ÖGB Mitglied sind. Es besteht Versicherungsschutz bis zu € 75.000,- bei fahrlässig verursachten Personen- und Sachschäden einer dritten Person sowie bis zu € 15.000,- für Schäden, die in Ausübung der beruflichen Tätigkeit erlitten wurden. ÖGB-Solidaritätsversicherung Von der Solidaritätsversicherung können alle Personen, die mindestens drei Jahre Mitglied sind, profitieren. Im Falle eines unfallbedingten Spitalaufenthaltes (egal ob durch Freizeit oder Berufstätigkeit verursacht) von mindestens vier Tagen wird ein Spitaltagegeld bezahlt. Bei unfallbedingter Invalidität oder Todesfolge kommen je nach Dauer der Mitgliedschaft Geldleistungen und/oder Begräbniskostenbeiträge zur Auszahlung. Rechtsschutzregulativ Das Rechtsschutzregulativ ist eine Leistung des ÖGB an seine Mitglieder in Angelegenheiten, die mit dem Lehr-, Arbeits- oder Dienstverhältnis oder der Ausübung einer gewerkschaftlichen Funktion unmittelbar in Zusammenhang stehen. Bei Bedarf wird kostenlos ein Rechtsvertreter zur Verfügung gestellt, werden Gerichtsgebühren, Barauslagen ersetzt oder werden gegnerische Prozesskosten zur Gänze übernommen. Ein Antrag ist bei der zuständigen Gewerkschaft im Vorhinein zu stellen. Seite 13 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Unterstützungsordnung Um ein umfassendes Leistungsangebot zu ermöglichen, bietet der ÖGB seinen Mitgliedern unter gewissen Voraussetzungen auch: - Streik- und Aussperrungsunterstützung (nach drei Vollbeiträgen) Arbeitslosenunterstützung (nach 2-jähriger Mitgliedschaft) Sterbefallunterstützung Außerordentliche Unterstützung (bei unverschuldeter Notlage) Anerkennungsbeträge für Maturaabschluss im zweiten Bildungsweg und Studienberechtigungsprüfung (nach 3-jähriger Mitgliedschaft) Flex-Power Bereits ein Drittel der Beschäftigten in Österreich arbeiten in einem Arbeitsverhältnis, das von einer unbefristeten Vollzeitbeschäftigung mit sozialer Absicherung ziemlich abweicht. Solche Beschäftigungsverhältnisse werden im Allgemeinen als „Atypische Beschäftigungsverhältnisse“ bezeichnet. Um eine bessere soziale und arbeitsrechtliche Stellung der Betroffenen zu erreichen, bietet der ÖGB eine Reihe von Leistungen für freie Dienstnehmer und neue Selbständige an. Um die unzureichende Absicherung der atypisch Beschäftigten abzumildern, hat der ÖGB eine Zusatzversicherung für ÖGB Mitglieder entwickelt: Mit Flex-Power sind die Betroffenen kranken- und unfallversichert. Die Tarife liegen um 20 bis 30% unter den Prämien einer gleichartigen Privatversicherung. Die Berufshaftpflicht- und Berufsrechtsschutzversicherung kann kostenlos in Anspruch genommen werden. Sotour- Austria Eine Mitgliedschaft beim ÖGB bietet auch Vergünstigungen bei Urlaubsreisen und Top-Reiseangebote zu allen Jahreszeiten. Mitgliedschaft Der Mitgliedbeitrag beträgt nur 1% des Bruttolohnes bzw. Gehaltes. Der für 2007 gültige Höchstbeitrag beläuft sich auf € 24,60. Auch Arbeitslose, Studenten und Pensionisten können zu einem verminderten Beitrag ÖGB Mitglied werden/bleiben. Jedes Mitglied des ÖGB hat das Recht, über die Verwendung seiner Beiträge und über die Leistungen ausführlich informiert zu werden. Deshalb präsentiert der ÖGB jedes Jahr eine umfassende Leistungsbilanz, veröffentlicht Mitgliedsstatistiken und legt einen detaillierten Finanzbericht vor. Seite 14 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen GPA im Internet Die schnellste und bequemste Art, Informationen über die Ziele und Serviceleistungen zu bekommen, bietet das Internet. Die Homepage der GPA und bietet ein breit gefächertes Angebot an Informationen über Möglichkeiten der Weiterbildung, aktuelle Presseaussendungen und Stellungnahmen von Gewerkschaftsvertretern, rechtliche Informationen, Publikationen, Kontaktadressen, Veranstaltungen usw. Seite 15 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Die Interessenvertretungen Die Arbeiterkammer ist die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer gegenüber dem Staat und der Öffentlichkeit. Zu ihren wesentlichen Aufgaben zählen die Gesetzesbegutachtung, der Konsumentenschutz, Beratungstätigkeiten und wissenschaftliche Grundsatzarbeit. Der Österreichische Gewerkschaftsbund vertritt die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern und ist ein Verein, der aus freiwilligen Mitgliedern besteht. Nur die Einzelgewerkschaften schließen traditionell Kollektivverträge ab. Die Arbeiterkammern bilden zusammen mit den Gewerkschaften und den Betriebsräten ein starkes Gewicht gegenüber dem Staat und den Verhandlungspartnern aus der Wirtschaft. Die Kammern für Arbeiter und Angestellte wurden aufgrund jahrzehntelanger Forderungen der Gewerkschaftsbewegung 1920 gegründet und 1945 wieder errichtet. Ihnen gehören per Gesetz alle unselbständig Beschäftigten des jeweiligen Bundeslandes mit Ausnahme eines Teiles der öffentlichen Verwaltung an. Seite 16 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Die Arbeiterkammer vertritt ihre Mitglieder im Rahmen des gesetzlichen Auftrages vor allem gegenüber dem Staat und der Öffentlichkeit. Die Arbeiterkammer stellt mit ihrem Expertenstab und ihrer wissenschaftlichpolitischen Infrastruktur ein bedeutendes mit gesetzlich abgesicherten Mitwirkungsrechten (etwa beim Gesetzgebungsverfahren) ausgestattetes Instrumentarium für die überbetriebliche Mitbestimmung des ÖGB dar. Kammern der gewerblichen Wirtschaft Bundessektionen Bundeswirtschaftskammer erbe Gew ie str del u Ind an H Bundessektionen Fre m de Ve Gel nv Ve r s derk K ich r rk eh er edi e hr un tr gs un we d se n Handel Industrie Gewerbe Bundesgremien Fachverbände Fachverbände Fachverbände Fachverbände Landesinnungen Fremdenverkehr Verkehr Geld-Kredit- und Versicherungswesen Bundesinnungen 9 Landeskammern Fachgruppen Fachgruppen Landesgremien Fachgruppen Fachvertretung Die bedeutendsten gesetzlichen Interessenvertretungen auf Seiten der Unternehmer sind die Wirtschaftskammern (vormals Handelskammern). Mitglieder der Wirtschaftskammer sind alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die zum selbstständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Bergbaus, des Handels, des Geld-, Kreditund Versicherungswesens, des Verkehrs, des Nachrichtenübermittlung, der Freizeitwirtschaft und des Fremdenverkehrs berechtigt sind, ferner Holdinggesellschaften, die einem zumindest eines dieser Mitglieder angehört (§ 2 Abs. 1 und 3 WKG). Die Wirtschaftskammern sind ähnlich wie die Arbeiterkammer bundesländerweise gegliedert. Auf Bundesebene wurde die Wirtschaftskammer Österreich eingerichtet, die ebenso wie die einzelnen Wirtschaftskammern als Körperschaft öffentlichen Rechts zu qualifizieren ist und ihren Sitz in Wien hat. Hinsichtlich der Aufgaben der Wirtschaftskammern ist zwischen einem eigenen und einem übertragenen Wirkungsbereich zu unterscheiden. Im eigenen Wirkungsbereich obliegen den Kammern insbesondere die Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder, die Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens und die Förderung entsprechender Maßnahmen. Im übertragenen Wirkungsbereich haben die Wirtschaftskammern vor allem an der Verwaltung der Wirtschaft und an den das Arbeitsverhältnis oder die Seite 17 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Erhebung der wirtschaftlichen oder sozialen Lage der Arbeiter und Angestellten betreffenden Maßnahmen und Einrichtungen in den durch besondere Gesetze und Vorschriften vorgesehen Fällen mitzuwirken. Gemäß § 10 WKG sind den Wirtschaftskammern Gesetzesentwürfe besonders wichtige Verordnungen, die ihre Interessen berühren Begutachtung zu übermitteln. und zur Der ÖGB und die ihm angehörenden 9 Einzelgewerkschaften haben sich zum Ziel gesetzt, die wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Interessen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestmöglich gegenüber Arbeitgeber, Staat und Parteien zu vertreten. Seite 18 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Die Sozialpartnerschaft Die freiwillige Zusammenarbeit von Verbänden auf Seite der Regierung, der Arbeitnehmer/innen und der Arbeitgeber/innen wird in Österreich paritätische Politik der Sozialpartnerorganisationen genannt. Die Sozialpartnerschaft ist ein System der Wirtschaftspolitik, das in der ganzen Welt einzigartig dasteht. Die Paritätische Kommission ist die zentrale Gesprächsebene zwischen Regierung und Sozialpartnerorganisationen. Hier erfolgt die Diskussion über die wirtschaftspolitischen Strategien und Maßnahmen, über die Umsetzung gemeinsamer Empfehlungen und auch über allfällige Konflikte. Sie ist die Kerninstitution der überbetrieblichen Mitbestimmung. Interessenverbände Arbeitgeber/innen Interessenverbände Arbeitnehmer/innen Wirtschaftskammer Österreich Österreichischer Gewerkschaftsbund Präsidenten/innenkonferenz Bundesarbeitskammer der Landwirtschaftskammern Die Statuten des ÖGB sehen die Mitwirkung an der Erlassung von Gesetzen vor. Es ist üblich geworden, maßgebliche Verbände zur Begutachtung von Gesetzesentwürfen heranzuziehen. Im Rahmen der Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft erfolgt auch bereits im Vorfeld eine Mitsprache bei der Ausarbeitung von Gesetzen. Problemlösung und Interessenausgleich: Konflikte zwischen Arbeitgebern/innen und Arbeitnehmern/innen durch Verhandlungen lösen Stabilisierung der politischen Rahmenbedingungen Zentrale Ziele der Sozialpartnerschaft Erhöhung des Wohlstandes Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Kollektivvertragsverhandlungen Zentrale Aufgaben der Sozialpartnerschaft Vereinbarungen zwischen den Verbänden treffen Gemeinsame Führung von Verwaltungsaufgaben Beratung in Kommissionen und Beiräten Seite 19 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Die Paritätische Kommission ist der Kern der Sozialpartnerschaft Mitglieder der Paritätischen Kommission Mitglieder Bundesregierung: zB Finanz-, Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Sozialminister Bundeskanzler als Vorsitzender Vertreter der Sozialpartnerverbände WKÖ, LWK, ÖGB, BAK Vorbereitung der Beschlüsse in den vier Unterausschüssen Wettbewerbsund Preisunterausschuss Beirat für Wirtschaftsund Sozialfragen Lohnunterausschuss Unterausschuss für internationale Fragen Die Paritätische Kommission für Lohn- und Preisfragen Die Paritätische Kommission ist 1957 eingerichtet worden und gilt als Kern der Sozialpartnerschaft. Es gehören ihr Vertreter der Interessenverbände an, der Bundeskanzler der Innen-, Wirtschafts- und Sozialminister. Die Paritätische Kommission beruht auf dem Prinzip der Einstimmigkeit und der Freiwilligkeit, sie ist nicht gesetzlich verankert. Die Zuständigkeit für Preiserhöhungen wurde im Laufe der Zeit immer weiter eingeschränkt, die Lohnerhöhungen trafen von Beginn an die gesamte gewerbliche Wirtschaft. Im Rahmen dieses Systems besitzt der ÖGB z.B. Einflussmöglichkeiten in vier Unterausschüssen: Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen: Er konstituiert sich aus Experten/innen der Sozialpartnerverbände und erarbeitet Studien und Gutachten zu wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Die Bedeutung des Beirats liegt daran, dass das Wissen der Verbände den Ausgangspunkt für von den Sozialpartnerorganisationen getragenen Maßnahmen bildet. Unterausschuss für internationale Fragen: Dieser Ausschuss dient zur gemeinsamen Evaluierung internationaler Prozesse, damit die Teilnahme in internationalen Institutionen koordiniert wird. Lohnunterausschuss: Hauptaufgabe ist die zeitliche Koordinierung von hunderten jährlich abgeschlossenen Kollektivverträgen. Wettbewerbs- und Preisunterausschuss: Um überhöhte Preise infolge beherrschender Marktpositionen zu verhindern, werden z.B. Informationen von bestimmten Unternehmen eingefordert. Seite 20 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Stufenbau der Rechtsordnung EU Recht Verfassung Gesetz Kollektivvertrag Betriebsvereinb. Arbeitsvertrag Im Rechtsstaat haben die Rechtsquellen verschiedenen Rang und müssen in einem Bezugsverhältnis stehen. So können Verordnungen nur auf Grund der Gesetze erlassen werden, wobei die gesamte staatliche Verwaltung an diese generellen Normen gebunden ist (Art. 18 B-VG). Diese rechtsstaatliche Determinierung führt zu einem Stufenbau der Rechtsordnung, in dem die Entfaltungsmöglichkeit der nach geordnetem Rechtsquelle jeweils von der übergeordneten abhängig ist. Lässt eine Rechtsquelle eine für den Arbeitnehmer günstigere Gestaltung durch die nachgeordnete Rechtsquelle zu, dann hat eine Abwägung der Interessenlagen nach den Kriterien des Günstigkeitsprinzips zu erfolgen. Bei Beantwortung der Frage, wann eine nachgeordnete Rechtsquelle günstiger ist als die übergeordnete, muss prinzipiell auf das einzelne Arbeitsverhältnis abgestellt werden. Als Beurteilungsmaßstab sind aber auch nicht die subjektiven Absichten des betroffenen Arbeitnehmers, sondern objektive Kriterien heranzuziehen. Beispiel: Eine Betriebsvereinbarung sieht Jubiläumszuwendungen nach 25 Dienstjahren in der Höhe von eineinhalb Monatsbezügen, nach 35 Jahren von zweieinhalb und nach 40 Dienstjahren von dreieinhalb Monatsbezügen vor. An den Jubiläumstagen ist der Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Entgelts vom Dienst befreit. Ein späterer KV sieht eine Treuegeldzuwendung nach 30 Dienstjahren in der Höhe von 2 Monatsbezügen vor. Zufolge des KV stehen dem Dienstnehmer 2 freie Arbeitstage anlässlich des Jubiläums zur Verfügung. Ein Arbeitnehmer, der bereits in den Genuss des Jubiläumsgeldes für 25 Dienstjahre gekommen ist, verlangt nach 30 Dienstjahren das kollektivvertragliche Treuegeld. Da die BV günstiger ist als der KV, kommt die Betriebsvereinbarung zur Anwendung. Das Treuegeld für 30 Dienstjahre und die 2 freien Tage können vom AN nicht gefordert werden. Seite 21 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Der Kollektivvertrag Der Österreichische Gewerkschaftsbund und seine Gewerkschaften haben durch Beschluss des Obereinigungsamtes (jetzt Bundeseinigungsamt) vom 14. September 1947 die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt erhalten. Kollektivverträge sind schriftliche Vereinbarungen zwischen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber einerseits und der Arbeitnehmer andererseits, die zur Regelung von Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen abgeschlossen werden. Die in den jeweiligen Kollektivverträgen vereinbarten Mindestbedingungen dürfen auch mit Zustimmung des Arbeitnehmers nicht unterschritten werden; ein Verzicht auf kollektivvertragliche Mindestansprüche ist – sowohl beim Abschluss des Arbeitsvertrages als auch während der ganzen Dauer des Arbeitsverhältnisses – unwirksam. Solche Ansprüche bleiben trotz eines allfälligen Verzichts weiterhin klagbar, sofern sie zwischenzeitlich nicht verfallen oder verjährt sind. Österreich weist einen hohen Grad an kollektivvertraglicher Verrechtlichung der Arbeitsbeziehungen auf. Nahezu 95% der unselbständig Beschäftigten werden über Kollektivverträge erfasst. Kollektivverträge können auf Bundes-, Landesoder Branchenebene abgeschlossen werden. Daneben gibt es so genannte Generalkollektivverträge, die bestimmte Sozialrechte für alle Arbeitnehmer regeln. Eine der wichtigsten Aufgaben des ÖGB ist die Vereinbarung von Einzel-, Betriebs- und Kollektivverträgen mit den Arbeitgebern. Derzeit existieren 1.068 gültige Kollektivverträge. Seite 22 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Die kollektive Rechtsgestaltung 1. Der Kollektivvertrag §§ 2 – 17 ArbVG Kollektivverträge sind schriftliche kollektivvertragsfähigen Körperschaften Arbeitgeber (§ 2 (1) ArbVG). Vereinbarungen zwischen der Arbeitnehmer und der Kollektivverträge sind unverzüglich beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) zu hinterlegen, das die Kundmachung des Abschlusses des Kollektivvertrages im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ innerhalb einer Woche nach Hinterlegung veranlassen muss (§ 14 ArbVG). Weiters ist jeder kollektivvertragsangehörige Arbeitgeber zur Auflegung des Kollektivvertrages verpflichtet und muss darauf in einer Betriebskundmachung hinweisen. Der Kollektivvertrag hat eine Reihe sozial- und wirtschaftspolitischer Funktionen. Als bedeutendstes Instrument der Lohnpolitik hilft er, eine Strategie der staatlichen Anordnung von oben zu vermeiden. Die Festsetzung des Lohnes verbleibt der kollektiven und individuellen Gestaltung, wobei sich beide Formen sozialadäquat ergänzen. Der Kollektivvertrag fixiert Mindestlöhne und betreibt eine Art „lohnrechtlichen Arbeitnehmerschutz“. WER? WAS? WIE? KV-Vereinbarung WANN? FÜR WEN? WIRKUNGEN? Seite 23 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen 1.2 Rechtswirkungen des Kollektivvertrages Normwirkung § 11 ArbVG AGV ANV BWK ÖGB KV Normwirkung § 11 ArbVG Bestimmungen des KV sind für die durch den räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich erfassten Arbeitsverhältnisse, unmittelbar rechtsverbindlich. DV AG AN Außenseiterwirkung § 12 ArbVG Gemäß § 12 (1) ArbVG sind auch jene Arbeitnehmer, die nicht Mitglieder der auf Arbeitnehmerseite beteiligten Kollektivvertragsparteien sind, von den Rechtswirkungen eines KV erfasst. Damit gelten z.B. die Kollektivverträge, die vom ÖGB abgeschlossen werden, auch für gewerkschaftlich nicht organisierte Arbeitnehmer, sofern für diese nicht ein KV einer gesetzlichen Interessenvertretung gilt. ÖGB (GPA) AGV (BK) KV AG AN MITGLIEDER Außenseiterwirkung § 12 ArbVG AN NICHTMITGLIEDER Seite 24 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Nachwirkung § 13 ArbVG Normwirkung Abschluss Unabdingbarkeit Erlöschen Nachwirkung Neuer KV Nach Ablauf der Geltungsdauer eines Kollektivvertrages bleiben dessen Rechtswirkungen für Arbeitsverhältnisse, die unmittelbar vor seinem Erlöschen durch ihn erfasst waren, so lange aufrecht, als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer KV wirksam oder eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird (§ 13 ArbVG). Kollidiert die Nachwirkung eines alten Kollektivvertrags mit der Außenseiterwirkung eines neuen Kollektivvertrags, dann geht die Außenseiterwirkung vor, gleichgültig, ob der neue Kollektivvertrag günstiger oder ungünstiger ist. 2. Die Satzung §§ 18 – 21 ArbVG Durch die Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung wird diesem auch außerhalb seines Geltungsbereichs rechtsverbindliche Wirkung zuerkannt. Zweck dieses Rechtsinstituts ist es, Arbeitnehmer, die mangels Kollektivvertragsangehörigkeit ihres Arbeitgebers von keinem Kollektivvertrag erfasst werden, den Vorteil einer kollektiven Regelung zu verschaffen. Die in der Satzungserklärung als rechtsverbindlich bezeichneten Bestimmungen des Kollektivvertrags stellen die Satzung als Rechtsquelle dar und äußern dieselben Wirkungen wie ein Kollektivvertrag. Zuständig zur Satzungserklärung ist ausschließlich das Bundeseinigungsamt. Voraussetzung ist ein schriftlicher Antrag einer der beiden Kollektivvertragsparteien, der entweder alle oder nur einzelne normative Bestimmungen des Kollektivvertrags umfassen kann. Seite 25 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen 3. Der Mindestlohntarif §§ 22 – 25 ArbVG Mindestlohntarife sind vom Bundeseinigungsamt erlassene Regelungen betreffend Mindestentgelt und Mindestbeträge für den Ersatz von Auslagen. Hierbei ist auf die Höhe der Entgelte und Aufwandsentschädigungen in verwandten Wirtschaftszweigen bedacht zu nehmen. Ein Mindestlohntarif darf nur für Gruppen von Arbeitnehmern festgesetzt werden, für die ein Kollektivvertrag mangels Vorliegen von kollektivvertragsfähigen Körperschaften auf Arbeitgeberseite nicht abgeschlossen werden kann und eine Satzungserklärung nicht erfolgt ist. Der Vorrang der autonomen Rechtssetzung kommt dadurch zum Ausdruck, dass sowohl Kollektivverträge als auch Satzungen für ihren Geltungsbereich den Mindestlohntarif außer Kraft setzen. Das Verfahren zur Festsetzung von Mindestlohntarifen wird auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitnehmer, nicht jedoch der Arbeitgeber, eingeleitet. 4. Die Lehrlingsentschädigung §§ 26 – 28 ArbVG Wenn für einen Wirtschaftszweig kein Kollektivvertrag wirksam ist, hat das Bundeseinigungsamt auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber eine Lehrlingsentschädigung unter Bedachtnahme auf die für gleiche, verwandte oder ähnliche Lehrberufe geltenden Regelungen bzw. in Ermangelung solcher unter Bedachtnahme auf den Ortsgebrauch festzusetzen (§ 26 ArbVG). Ebenso wie im Falle der Satzung oder des Mindestlohntarifs wird auch die Lehrlingsentschädigung durch jeden Kollektivvertrag (ausgenommen Generalkollektivvertrag) für dessen Geltungsbereich außer Kraft gesetzt. Die Satzung besitzt diese Rechtswirkung nur dann, wenn sie selbst die Lehrlingsentschädigung beinhaltet. Seite 26 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Beispiel 1: Unterschiede der Kollektivverträge Eine Sekretärin verrichtet ihre Tätigkeit nach allgemeinen Richtlinien und Weisungen im Rahmen des ihr erteilten Auftrages selbständig. In welche Verwendungs- bzw. Beschäftigungsgruppe ist diese Sekretärin einzureihen? Aufgrund des erhöhten Arbeitsaufwandes müssen am 25.Oktober 2 und am 26. Oktober 3 Überstunden geleistet werden. Wie hoch ist die Vergütung für eine Normalarbeitsstunde bzw. für eine Überstunde. Fülle jeweils die Spalte des dir zugeteilten KV`s aus. KV`s Güterbeförderungsgewerbe Mineralölindustrie BAGS Elektrizitätsversorgungsunternehmungen (EVU) Verwendungsgruppe Gehalt der Sekretärin nach 5 DJ ohne Vordienstzeiten Normalarbeitsstunde Überstundenteiler Höhe des zu vergütenden Überstundenentgelts Verfallsfristen für die geleisteten Überstunden Seite 27 Bergwerke und Eisen erzeugende Industrie Rechtsanwälte BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Grundsätze der betrieblichen Interessenvertretung Zwischen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber eines Betriebes besteht ein Interessengegensatz: Die Arbeitnehmer sind bestrebt, ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern, und der Arbeitgeber ist an einer Gewinnmaximierung interessiert, der seine Auswirkungen darin hat, den Anteil der Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Ertrag des Unternehmens möglichst gering zu halten. Einkommen, Freizeit, Arbeitsschutz und menschenwürdige Arbeitsplatzgestaltung sind für den Arbeitgeber Kostenfaktoren, die seinen Gewinn schmälern. Diesen Gegensatz kann der einzelne Arbeitnehmer nur wenig oder überhaupt nicht beeinflussen. Das Arbeitsverfassungsgesetz gibt aber der Gesamtheit der Arbeitnehmer eines Betriebes die rechtliche Möglichkeit, eine Organisation zu bilden, die mit Mitwirkungsrechten und Befugnissen ausgestattet ist, um die oben angeführten Gegensätze zu mildern. Aufgabe der Organe der Arbeitnehmerschaft des Betriebes ist es, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb wahrzunehmen und zu fördern. Ziel der Bestimmungen über die Betriebsverfassung und deren Anwendung ist die Herbeiführung eines Interessenausgleichs zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes. Ziel der Arbeitsverfassung § 39 ArbVG: Grundsätze der Interessenvertretung AN Interessenausgleich AG Einvernehmen mit Gew./AK Organe der Arbeitnehmer tunlichst ohne Störung des Betriebes Recht auf BEIZIEHUNG der Interessenvertretung Seite 28 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Mit dieser Erklärung drückt das Arbeitsverfassungsgesetz aus, dass im Betrieb Interessengegensätze bestehen, die aber in rechtlich geordneten Bahnen ausgetragen werden sollen. Dabei sollen die Organe der Arbeitnehmerschaft des Betriebes (Betriebsrat, Betriebsausschuss, Zentralbetriebsrat usw.) bei der Verwirklichung ihrer Interessensvertretungsaufgabe im Einvernehmen mit den zuständigen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer vorgehen. Die sozialpolitische Zielsetzung des Betriebsverfassungsrechtes ist ebenso wie im gesamten Arbeitsrecht in erster Linie der Schutz der Arbeitnehmer. Dieser soll durch die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmerschaft gewährleistet werden. Die Agenden der Betriebsführung und die Verantwortung dafür verbleiben aber trotz der gesetzlichen Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber. Die Organe der Arbeitnehmerschaft sind nicht befugt, in die Führung und den Gang des Betriebes durch selbstständige Anordnungen einzugreifen. Sie haben ihre Tätigkeit tunlichst ohne Störung des Betriebes auszuüben. Zusammenarbeit Betriebsrat – Gewerkschaft Zu den wesentlichen Bestimmungen, die das Arbeitsverfassungsgesetz gebracht hat, gehört die Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Gewerkschaften. Gemäß § 39 Abs. 2 ArbVG sollen die Organe der Arbeitnehmerschaft des Betriebes bei Verwirklichung ihrer Interessenvertretungsaufgabe im Einvernehmen mit den zuständigen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer vorgehen. Zur Ermöglichung einer wirksamen Zusammenarbeit wird das Zugangsrecht der Gewerkschaften gesetzlich verankert. Seite 29 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Betriebsbegriff - Feststellung (§ 34 ArbVG) Organisatorische (technische) Einheit Antrag antragsberechtigt sind: Soviele AN als BR BR ÖGB AK Arbeits- und Sozialgericht - Feststellung Als Betrieb gilt nach dem Gesetz jede Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb deren eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht. Da der Betriebsbegriff in der Praxis immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten führt, sieht das Arbeitsverfassungsgesetz ein entsprechendes Feststellungsverfahren vor. Das Arbeits- und Sozialgericht hat auf Antrag festzustellen, ob ein Betrieb im Sinne des Gesetzes vorliegt. Der Antrag auf Feststellung, ob ein Betrieb im gesetzlichen Sinn vorliegt, kann vom Betriebsrat, weiters von so vielen wahlberechtigten Arbeitnehmern als Betriebsratsmitglieder zu wählen wären und bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses auch vom Betriebsinhaber gestellt werden. Die Gewerkschaften sind ebenfalls zur Antragstellung beim Arbeits- und Sozialgericht berechtigt. Seite 30 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Betriebsbegriff - Gleichstellung (§ 35 ArbVG) mehr als 50 AN räumliche Entfernung Eigenständigkeit Antrag antragsberechtigt sind: BR Soviele AN als BR ÖGB AK Arbeits- und Sozialgericht - Gleichstellung Unter bestimmten Voraussetzungen können Arbeitsstätten, die nicht alle Merkmale eines selbstständigen Betriebes aufweisen, einem solchen gleichgestellt werden. Somit können auch in diesen Arbeitsstätten eigene Betriebsräte gewählt werden. Die Voraussetzungen für eine Gleichstellung durch das Arbeits- und Sozialgericht sind, dass a) in der Arbeitsstätte dauernd mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigt sind, b) die Arbeitsstätte vom Hauptbetrieb räumlich weit entfernt ist und c) die Arbeitsstätte hinsichtlich Aufgabenbereich und Organisation Eigenständigkeit besitzt, die jener eines Betriebes nahe kommt. eine Diese Voraussetzungen könnten z. B. bei einer abgelegenen Großbaustelle von längerer Dauer oder bei einem relativ selbstständigen größeren Filialbetrieb gegeben sein. Der Antrag auf Gleichstellung ist beim Arbeits- und Sozialgericht zu stellen. Antragsberechtigt sind in diesem Verfahren der Betriebsrat, mindestens so viele Arbeitnehmer als Betriebsratsmitglieder zu wählen wären sowie die zuständige Gewerkschaft oder Arbeiterkammer. Seite 31 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Der Arbeitnehmerbegriff § 36 ArbVG Hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereichs Arbeitsverfassungsgesetz einen eigenen Arbeitnehmerbegriff: enthält das Arbeitnehmer im Sinne des II. Teils des Arbeitsverfassungsgesetzes sind alle im Rahmen eines Betriebes beschäftigten Personen einschließlich der Lehrlinge und der Heimarbeiter, ohne Unterschied des Alters. Für die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes ist es unerheblich, welcher Rechtstitel dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegt. Es kann sogar jegliche Rechtsgrundlage fehlen. Selbst eine Person, die einen nichtigen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, ist Arbeitnehmer im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne. Entscheidend ist allein die Tatsache der Beschäftigung. Als Arbeitnehmer gelten aber nicht: 1. In Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist (z. B. Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft); 2. leitende Angestellte, denen maßgebender Einfluss auf die Führung des Betriebes zusteht (darunter fallen nur Personen, die zumindest auf einem Teilgebiet der Betriebsführung echte Unternehmerfunktion haben); 3. Personen, die vorwiegend zu ihrer Erziehung, Behandlung, Heilung oder Wiedereingliederung beschäftigt werden, sofern sie nicht auf Grund eines Arbeitsvertrags beschäftigt sind; 4. Personen, die in Vollziehung einer Haftstrafe oder dgl. beschäftigt werden; 5. Personen, deren Beschäftigung vorwiegend durch religiöse, karitative oder soziale Motive bestimmt sind, sofern sie nicht auf Grund eines Arbeitsvertrags beschäftigt sind; 6. Personen, die zu Schulungs- und Ausbildungszwecken kurzfristig beschäftigt werden; 7. Zivildiener. Seite 32 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Organe der betrieblichen Interessenvertretung Übersicht § 40 (2) ArbVG Betriebshauptversammlung Betriebsgruppenversammlung Arbeiter Betriebsgruppenversammlung Angestellte Rechnungsprüfer Rechnungsprüfer Wahlvorstand Wahlvorstand Arbeiterbetriebsrat Angestelltenbetriebsrat Betriebsausschuss Die Arbeitnehmerschaft, das ist die Gesamtheit der im Betrieb beschäftigten Personen, ist der eigentliche Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben und Befugnisse der gesetzlich vorgesehenen Organe, in erster Linie des Betriebsrats. Die Organe der Arbeitnehmerschaft werden weder im eigenen Interesse noch im Interesse des einzelnen Arbeitnehmers, sondern im Interesse der Gesamtheit der Arbeitnehmer tätig. Dieses Prinzip kommt in der Konstruktion der einzelnen Mitwirkungsrechte, wie z. B. beim „allgemeinen“ Kündigungs- und Entlassungsschutz deutlich zum Ausdruck. Organe der Arbeitnehmerschaft sind in jedem Betrieb zu bilden, in dem dauernd mindestens 5 Arbeitnehmer über 18 Jahre beschäftigt werden. Unabhängig von dieser Arbeitnehmerzahl sind Organe der Jugendvertretung zu errichten, wenn im Betrieb dauernd mindestens 5 jugendliche Arbeitnehmer beschäftigt werden. Seite 33 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Arten von Betriebsversammlungen §§ 43, 44 ArbVG Arten von Betriebsversammlungen a) Ordentliche b) Außerordentliche Hauptversammlung Gruppenversammlung Teilversammlung Die Betriebs(Gruppen-, Betriebshaupt-)versammlung Die Betriebsversammlung besteht aus der Gesamtheit der Arbeitnehmer des Betriebes. Sind in einem Betrieb sowohl mehr als fünf Arbeiter als auch mehr als fünf Angestellte beschäftigt, so bildet jede dieser Arbeitnehmergruppen für sich eine Gruppenversammlung; beide Gruppen zusammen bilden die Betriebshauptversammlung. Die Gruppenzugehörigkeit ist gesetzlich geregelt. Das Arbeitsverfassungsgesetz enthält einen speziellen betriebs-verfassungsrechtlichen Angestelltenbegriff. Demnach zählen als Angestellte im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes nicht nur jene Arbeitnehmer, für die das Angestelltengesetz unmittelbar auf Grund ihrer Tätigkeit gilt, sondern auch jene, die mit dem Arbeitgeber die Anwendung des Angestelltengesetzes sowie des Angestelltenkollektivvertrags, der auf den Betrieb Anwendung findet, zuzüglich einer Einstufung in die Gehaltsordnung dieses Kollektivvertrags unwiderruflich vereinbart haben. Die Übertragung einzelner Angestelltenrechte an Arbeiter oder die Ernennung zum „Werksangestellten“ ohne wesentliche Änderung der arbeitsvertraglichen Stellung begründet daher nicht die Zugehörigkeit zur Gruppe der Angestellten. Lehrlinge, die zu einer Angestelltentätigkeit ausgebildet werden, zählen zur Gruppe der Angestellten, die übrigen Lehrlinge zur Gruppe der Arbeiter. Betriebsratsmitglieder gelten als Angehörige jener Arbeitnehmergruppe, die sie gewählt hat. Seite 34 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Aufgaben der Betriebsversammlung § 42 ArbVG Die Aufgaben der Betriebsversammlung sind im § 42 ArbVG taxativ aufgezählt. Es sind dies: 1. Behandlung von Berichten des Betriebsrats und der Rechnungsprüfer. 2. Wahl des Wahlvorstandes für die Betriebsratswahl; 3. Beschlussfassung über die Einhebung und die Höhe einer Betriebsratsumlage sowie über die Art und Weise der Auflösung des Betriebsratsfonds. Eine Betriebsratsumlage kann, muss aber nicht eingehoben werden. Fasst die Betriebsversammlung einen entsprechenden Beschluss, so hat sie zur Überprüfung der Verwaltung und Gebarung des Betriebsratsfonds auch Rechnungsprüfer zu wählen; 4. Beschlussfassung über die Enthebung des Betriebsrats. 5. Beschlussfassung über die Enthebung des Wahlvorstandes für die Betriebsratswahl; 6. Wahl der Rechnungsprüfer; 7. Beschlussfassung über die Enthebung der Rechnungsprüfer; 8. Beschlussfassung über die Fortsetzung der Funktion des Betriebsrats nach Wiederaufnahme eines vorübergehend stillgelegten Betriebes (§§ 42 Abs. 1 Z 8 und 63 ArbVG). Die Gruppenversammlung kann außerdem ein BR-Mitglied wegen Verlustes der Gruppenzugehörigkeit entheben. Aufgabe der Betriebshauptversammlung ist die Behandlung von Berichten des Betriebsausschusses (42 Abs. 3 ArbVG) Um vor allem in Betrieben mit großer Beschäftigtenzahl, in Schichtbetrieben oder in Betrieben, in denen auf Grund ihrer Eigenart eine gleichzeitige Anwesenheit aller Arbeitnehmer nicht möglich ist, die Ausübung der den Arbeitnehmern im Rahmen der Betriebsversammlung zustehenden Rechte zu gewährleisten, sieht das Gesetz die Abhaltung von Betriebsversammlungen in Form von Teilversammlungen vor. Die Entscheidung darüber obliegt dem Betriebsrat (Betriebsausschuss). In solchen Teilversammlungen können auch Beschlüsse gefasst werden, jedoch darf jeder Arbeitnehmer sein Stimmrecht nur in einer der Teilversammlungen ausüben. Für die Ermittlung von Abstimmungsergebnissen sind die in den einzelnen Teilversammlungen abgegebenen Stimmen zu summieren. Daneben sieht § 43 Abs. Betriebsversammlungen vor. 2 ArbVG auch außerordentliche Einberufung der Betriebs(haupt)-versammlung § 43 ArbVG Die Betriebs(Gruppen)versammlung hat mindestens zweimal in jedem Kalenderjahr, die Betriebshauptversammlung mindestens einmal in jedem Kalenderjahr stattzufinden. Sie haben außerdem binnen zwei Wochen stattzufinden, wenn Seite 35 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen - mehr als ein Drittel der in der betreffenden Versammlung stimmberechtigten Arbeitnehmer oder ein Drittel der Betriebsratsmitglieder im Falle der Betriebshauptversammlung auch dann, wenn einer der beiden Betriebsräte dies verlangt. Einberufer - § 45 ArbVG Gruppenversammlung Betriebsrat Betriebshauptversammlung Betriebsausschuss Wenn kein Betriebsrat vorhanden: der an Lebensjahren älteste AN oder soviele AN als BR-Mitglieder zu wählen sind bei mehr als 20 AN kann die freiwillige oder gesetzliche Interessensvertretung einberufen, wenn trotz Aufforderung an die in Pkt. 1 erwähnten Personen nicht innerhalb von 2 Wochen einberufen wird. Wenn es dem Betriebsinhaber zumutbar ist, können BV während der Dienstzeit abgehalten werden. Wird die BV in der Arbeitszeit abgehalten, besteht für die Arbeitnehmer ein Freistellungsanspruch für die Teilnahme. Die BV kann im Betrieb oder außerhalb abgehalten werden. Findet sie im Betrieb statt, hat der Betriebsinhaber nach Tunlichkeit die erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Die BV sind nicht öffentlich. Jede freiwillige und gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer ist berechtigt, zu allen Betriebsversammlungen Vertreter zu entsenden. Der Betriebsinhaber oder sein Vertreter im Betrieb kann nur dann an der Betriebsversammlung teilnehmen, wenn er vom Einberufer dazu eingeladen wurde (§ 48 ArbVG). Stimmberechtigung und Beschlussfassung § 49 Stimmberechtigt in einer Betriebsversammlung ist jeder betriebszugehörige AN ohne Unterschied der Staatsbürgerschaft Voraussetzung: Er/Sie muß am Tag der BV im Betrieb beschäftigt sein und das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben und darf nicht vom NR Wahlrecht ausgeschlossen sein. Stimmberechtigung und Beschlussfassung § 49 Zur Beschlussfassung ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der stimmberechtigten AN erforderlich. Für Beschlüsse ist meistens nur die einfache Mehrheit erforderlich. Sind zu Beginn der BV weniger als die Hälfte der AN anwesend, ist eine halbe Stunde zuzuwarten. (ACHTUNG: Ausnahmen beachten!) Eine Zweidrittelmehrheit ist nur für Beschlüsse über die Enthebung des Betriebsrates oder eines BR-Mitgliedes wegen Verlustes der Gruppenzugehörigkeit sowie bei Beschlüssen über die Bildung eines gemeinsamen Betriebsrats erforderlich. Die Abstimmung in der Betriebsversammlung erfolgt grundsätzlich offen durch Handheben. Für die Bildung eines gemeinsamen BR sowie bei Enthebungen ist aber eine geheime Abstimmung vorgeschrieben; in anderen Fällen dann, wenn der Vorsitzende der Betriebsversammlung dies anordnet. Seite 36 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Der Betriebsrat Voraussetzung für die Errichtung eines Betriebsrates ist, dass in einem Betrieb (im Sinne des § 34 Abs. 1 ArbVG) mindestens fünf Arbeitnehmer dauernd beschäftigt sind. Weiters kann ein Betriebsrat für gleichgestellte Arbeitsstätten mit mehr als fünfzig dauernd Beschäftigten Arbeitnehmern gewählt werden (§ 35 ArbVG). Gruppenvertretung § 40 Abs. 1, 2 ArbVG / § 1 Abs. 1 BRWO Arbeiter Angestellte mindestens 5 mindestens 5 ArbBR Sind in einem Betrieb dauernd mindestens fünf Arbeiter und fünf Angestellte beschäftigt, so ist für jede dieser Arbeitnehmergruppen ein eigener Betriebsrat zu wählen. AngBR BA Gemeinsamer BR § 40 Abs. 3 ArbVG / § 1 Abs. 2 BRWO Freiwilliges Zusammengehen Arbeiter 2/3 Mehrheit Angestellte beschließen mit 2/3 Mehrheit Die Gruppenversammlungen der Arbeiter und der Angestellten können aber (jeweils mit 2/3 Mehrheit und in geheimer Abstimmung) beschließen, für beide Gruppen einen gemeinsamen Betriebsrat zu errichten. in geheimer Abstimmung ein freiwilliges Zusammengehen Jedenfalls ist ein gemeinsamer Betriebsrat der Arbeiter und der Angestellten zu bilden, wenn nur beide zusammen oder nur eine der beiden Gruppen dauernd mindestens fünf Beschäftigte umfassen. Gemeinsamer BR § 40 Abs. 3 ArbVG / § 1 Abs. 3 BRWO kraft Gesetzes Arbeiter Angestellte Beide Arbeitnehmergruppen zusammen überschreiten die Richtzahl von fünf ArbeitnehmerInnen. Gemeinsamer BR § 40 Abs. 3 ArbVG / § 1 Abs. 3 BRWO kraft Gesetzes Arbeiter Angestellte Nur einer Arbeitnehmergruppe gehören mindestens fünf ArbeitnehmerInnen an. Seite 37 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Betriebsausschuss § 76 ArbVG In Betrieben, in denen getrennte Betriebsräte der Arbeiter und der Angestellten bestehen, bildet die Gesamtheit der Mitglieder beider Betriebsräte den Betriebsausschuss. Aufgabe des Betriebsausschusses ist die Wahrnehmung gemeinsamer Angelegenheiten. Insbesondere ist der Betriebsausschuss für die Ausübung der wirtschaftlichen Mitwirkungsrechte und für den Abschluss, die Abänderung oder Aufhebung von Betriebsvereinbarungen zuständig, deren Geltungsbereich alle Arbeitnehmer des Betriebes erfasst. Soweit die Interessen aller Arbeitnehmer betroffen sind, stehen dem Betriebsausschuss auch Überwachungs-, Interventions- und Informationsrechte sowie das Recht zur Mitwirkung an betriebsund unternehmenseigenen Schulungs-, Bildungsund Wohlfahrtseinrichtungen zu. Der Betriebsausschuss hat der Betriebshauptversammlung regelmäßig über seine Tätigkeit zu berichten. Hinsichtlich der Geschäftsführung des Betriebsausschusses enthält das Gesetz Vorschriften zum Schutz der schwächeren Arbeitnehmergruppe. So ist zwar der Vorsitzende des Betriebsausschusses aus der Mitte der Mitglieder beider Betriebsräte mit Mehrheit zu wählen, sein Stellvertreter muss aber der anderen Gruppe angehören. Wenn bei einer Abstimmung sämtliche Betriebsratsmitglieder einer Arbeitnehmergruppe (Arbeiter oder Angestellte) überstimmt werden, so ist eine zweite Abstimmung durchzuführen, in der Beschlüsse nur mit Zweidrittelmehrheit gefasst werden können (§ 77 Abs. 3 ArbVG). Wird trotz getrennter Betriebsräte der Arbeiter und der Angestellten kein Betriebsausschuss konstituiert, so können die gemeinsamen Interessen der beiden Arbeitnehmergruppen nicht entsprechend vertreten werden. Der jeweilige Gruppenbetriebsrat kann die Zuständigkeit des Betriebsausschusses in diesem Fall nur für die von ihm vertretene Gruppe wahrnehmen. Seite 38 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Jugendversammlung § 124 ArbVG In jedem Betrieb, in dem dauernd mindestens fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind eigene Organe der Jugendvertretung zu errichten. Die Jugendversammlung besteht aus der Gesamtheit der jugendlichen Arbeitnehmer des Betriebes und der Mitglieder des Jugendvertrauensrates, die nicht jugendliche Arbeitnehmer sind. Ihre Aufgaben im Bereich der Jugendvertretung entsprechen jenen der Betriebsversammlung für den gesamten Betrieb. Zur Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen Jugendvertretung und allgemeiner Betriebsvertretung ist auch der Betriebsrat berechtigt, an der Jugendversammlung mit beratender Stimme teilzunehmen. Auch die Gewerkschaften und die Arbeiterkammern haben ein Teilnahmerecht. Stimmberechtigt in der Jugendversammlung sind aber nur die jugendlichen Arbeitnehmer und die Mitglieder des Jugendvertrauensrates über 18 Jahre. Jugendvertrauensrat § 125 ArbVG Als besondere Vertretungseinrichtung der jugendlichen Arbeitnehmer fungiert der Jugendvertrauensrat. Er hat die Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer grundsätzlich im Einvernehmen mit dem Betriebsrat und in Zusammenarbeit mit den überbetrieblichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer (Gewerkschaften und Arbeiterkammern) wahrzunehmen (§ 129 Abs. 2 ArbVG). Betriebsrat und Jugendvertrauensrat sind zur gegenseitigen Beratung und Unterstützung verpflichtet (§ 129 Abs. 2 ArbVG). Das Gesetz enthält eine Reihe von Bestimmungen, durch die ein enges Zusammenwirken zwischen Betriebsrat und Jugendvertrauensrat auch rechtlich gesichert werden soll. Insbesondere besteht an den Sitzungen des Betriebsrats und des Jugendvertrauensrats ein gegenseitiges Teilnahmerecht. Die Beschlüsse des Jugendvertrauensrats sind dem Betriebsrat zur Kenntnis zu bringen und von diesem in Anwesenheit des Jugendvertrauensrats oder von ihm entsendeter Mitglieder zu beraten. Die Aufgaben des Jugendvertrauensrates werden im Gesetz beispielsweise (demonstrativ) aufgezählt. Eine der Hauptaufgaben ist die Überwachung der Vorschriften für die jugendlichen Arbeitnehmer. In diesen Angelegenheiten hat der Jugendvertrauensrat sogar ein unmittelbares Vertretungsrecht gegenüber dem Arbeitgeber. Weiters gehört die Mitwirkung an der Berufsaus- und weiterbildung zu den Schwerpunkten der Tätigkeit des Jugendvertrauensrates. Seite 39 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Im Bereich der Jugendvertretung sieht das Gesetz keine getrennten Organe der Arbeiter und der Angestellten vor. In Betrieben, in denen sowohl der Gruppe der Arbeiter als auch der Gruppe der Angestellten dauernd mindestens fünf jugendliche Arbeitnehmer angehören, sind aber die Mitglieder des Jugendvertrauensrats von jeder Gruppe getrennt zu wählen. Die Gesamtzahl der Mitglieder des Jugendvertrauensrats bestimmt sich in diesem Fall nach der Summe der von beiden Gruppen getrennt gewählten Mitglieder. Wahlberechtigt bei der Wahl des Jugendvertrauensrats sind alle jugendlichen Arbeitnehmer des Betriebes, die am Tag der Wahlausschreibung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und an diesem Tag sowie am Tag der Wahl im Betrieb beschäftigt sind. Jugendliche Heimarbeiter sind nur dann wahlberechtigt, wenn sie regelmäßig beschäftigt werden. Zum Mitglied des Jugendvertrauensrats wählbar sind alle Arbeitnehmer des Betriebes, die am Tag der Wahlausschreibung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, am Tag der Wahl mindestens sechs Monate im Betrieb beschäftigt sind und – abgesehen vom Alter – nicht vom Wahlrecht des Nationalrats ausgeschlossen sind. Die Bestimmungen über die Wahl des Jugendvertrauensrats sind jenen über die Betriebsratswahl nachgebildet. Detaillierte Regelungen sind in der Betriebsrats-Wahlordnung enthalten. Die Geschäftsführung des Jugendvertrauensrats ist in der BetriebsratsGeschäftsführung näher geregelt. Die Tätigkeit des Jugendvertrauensrats beträgt zwei Jahre. Die Rechtsstellung der Mitglieder des Jugendvertrauensrats entspricht im Wesentlichen jener der Betriebsratsmitglieder. Das Arbeitsverfassungsgesetz enthält aber Sonderbestimmungen für Mitglieder des Jugendvertrauensrats, die als Lehrlinge dem Berufsausbildungsgesetz unterliegen (§ 130 Abs. 1 ArbVG). Seite 40 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Betriebsratswahl Von der Betriebsversammlung bis zur Konstituierung EINBERUFUNG DER BETRIEBSVERSAMMLUNG VERSTÄNDIGUNG DES BETRIEBSINHABERS SOWIE HINWEIS AUF DESSEN PFLICHT ZUR ÜBERMITTLUNG DES ARBEITNEHMERVERZEICHNISSES. VORSCHLÄGE FÜR DEN WAHLVORSTAND Spätestens 2 Wochen vor der BV § 11/1 BRWO Spätestens 3 TAGE vor der BV § 11/2 BRWO BETRIEBSVERSAMMLUNG ZUR WAHL DES WAHLVORSTANDES SCHRIFTLICHE MITTEILUNG DES WAHLERGEBNISSES U. WAHLTAGES AN BETRIEBSINHABER § 12/2 BRWO BETRIEBSVERSAMMLUNG Binnen 2 Tagen nach erfolgter Mitteilung § 14/1 BRWO Binnen 3 Tagen § 15/2, § 19/1 BRWO ARBEITNEHMERVERZEICHNIS VOM DIENSTGEBER WAHLKUNDMACHUNG AUFLEGEN DER WÄHLERLISTE Binnen 1 Woche § 15/3 BRWO ENDE DER EINSPRUCHSFRIST ZUR WÄHLERLISTE ENDE DER EINBRINGUNGSFRIST FÜR WAHLVORSCHLÄGE ANTRÄGE AUF AUSSTELLUNG VON WAHLKARTEN Spätestens 2 Wo. vor dem Wahltag § 20/1 BRWO ENDE DER ÄNDERUNGSFRIST FÜR WAHLVORSCHLÄGE Spätestens bis zum Ablauf des 12. Tages vor dem Wahltag - § 21/1 BRWO AUFLEGEN DER WAHLVORSCHLÄGE Während d. letzten 3 Tage vor Beginn der Wahlhandlung § 21/5 BRWO Bis zum Ablauf des 8. Tages vor dem Wahltag § 22/1 BRWO BERATUNG U. ENTSCHEIDUNG ÜBER AUSST. V. WAHLKARTEN Spätestens am 7. Tag vor dem Wahltag - § 22/1 BRWO EINGESCHR. VERSAND DER WAHLKARTEN BZW. NACHWEISL. PERSÖNL. AUSHÄNDIGUNG Spätestens am 6. Tag vor dem Wahltag - § 22/5 BRWO BETRIEBSRATSWAHL Seite 41 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Betriebsratswahl Von der Betriebsversammlung bis zur Konstituierung BETRIEBSRATSWAHL 3 Tage Überlegungsfrist § 32/1 BRWO (Annahme des Mandats kann früher erfolgen.) KUNDMACHUNG DES WAHLERGEBNISSES § 33 BRWO Binnen 1 Monat - § 34/1 BRWO ENDE DER ANFECHTUNGSFRIST Spätestens binnen 2 Wochen nach der Wahl - § 66/1 ARBVG. EINBERUFUNG ZUR KONSTITUIERUNG Innerhalb von 8 Wochen nach der Wahl - § 66/1 ARBVG KONSTITUIERUNG Den Betriebsratswahl-Fristenrechner findet man auf www.gpa.at (www.angestellte.at/brwahl/modul1.php). Wahl der Betriebsratsfunktionäre Beispiel 2: In einem Betrieb haben zwei Listen kandidiert. Die Liste A erhielt mit 140 Stimmen drei, die Liste B mit 130 Stimmen ebenfalls drei Mitglieder. Frage: Welche Liste kann den Betriebsratsvorsitzenden stellen? Seite 42 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Beispiel 3: In einem Betrieb haben drei Listen kandidiert. Die Liste A erhielt mit 120 Stimmen drei, die Liste B mit 100 Stimmen zwei Betriebsratsmitglieder und die Liste C mit 42 Stimmen ein Betriebsratsmitglied. Bei der Abstimmung stimmen B und C gegen A, sodass Stimmengleichheit vorliegt. Frage: Wer stellt den Vorsitz? Wechsel in den Ersatz Beispiel 4: Ein aktives Betriebsratsmitglied erhält eine zeitlich begrenzte Beförderung und vereinbart mit den anderen Betriebsratsmitgliedern, dass es aufgrund der zeitlichen Belastung des Berufes vorübergehend nicht als aktiver Betriebsrat tätig sein möchte, sondern in den Ersatz wechselt und wenn die Einarbeitungsphase im neuen Job beendet ist, wieder in den aktiven Betriebsrat zurückkehrt. Frage: Ist ein solcher Wechsel vom aktiven Betriebsrat in den Ersatz möglich? Wo findest du die Rechtsgrundlage? Briefwahl: Beispiel 5: Der Wahlvorstand verschickt zeitgerecht die Wahlkarten, für jene Arbeitnehmer, die am Wahltag wegen eines Auslandsaufenthaltes keine Möglichkeit haben, im Betrieb zu sein. Das verschlossene Wahlkuvert eines Arbeitnehmers, der an diesem Tag nicht im Betrieb ist, wird am Wahltag von einem Kollegen dem Wahlvorstand übergeben. Frage: Was hat dieser zu tun? Seite 43 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Mangelhafte Betriebsratswahl Wurde die Betriebsratswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt, so hängt es von der Schwere des Mangels ab, ob diese angefochten werden kann oder ob so schwerwiegende Gründe vorliegen, dass die Wahl sogar nichtig ist. Anfechtbare Wahl gemäß § 59 ArbVG Das Arbeitsverfassungsgesetz Anfechtungsgründen, nämlich unterscheidet zwei Gruppen von 1. Wesentliche Bestimmungen des Wahlverfahrens oder leitende Grundsätze des Wahlrechts wurden verletzt und hiedurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte. 2. Die Wahl ihrer Art oder ihrem Umfang nach oder mangels Vorliegens eines Betriebes nicht durchzuführen gewesen wäre (unzulässige Wahl). Anfechtungsberechtigt sind im Pkt. 1 jede wahlwerbende Gruppe sowie die einzelnen (aktiv) wahlberechtigten und im Pkt. 2 auch der Betriebsinhaber. Anfechtungsgegner ist der Betriebsrat als Kollegialorgan. Dies gilt auch dann, wenn sich der Betriebsrat noch nicht konstituiert hat. Die Anfechtung muss binnen Monatsfrist vom Tag der Mitteilung des Wahlergebnisses an gerechnet, beim Gericht eingebracht sein. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist, ist die Geltendmachung der Mängel nicht mehr möglich. Eine mangelhafte Wahl ist dann saniert. Für den Betriebsinhaber beginnt diese Frist ab der Mitteilung des Wahlergebnisses. Beispiel: Die Bildung eines gemeinsamen Betriebsrats der Arbeiter und Angestellten wurde nicht in getrennten Gruppenversammlungen beschlossen. (EA Salzburg 18.04.1983, Arb 10.231) Nichtige Wahl gemäß § 60 ArbVG Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist dann gegeben, wenn die Mängel so gravierend sind und über die für die Anfechtung geforderte Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Wahlverfahrens hinausgehen und die elementarsten Grundsätze einer Wahl außer Acht gelassen worden sind. Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl kann jederzeit durch Klage geltend gemacht werden. Klagslegitimiert sind Wahlwerber, Wahlberechtigte, Betriebsinhaber und jeder, der ein rechtliches Interesse hat. Seite 44 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Beispiel: Die Arbeitnehmer wurden durch den Wahlvorstand telefonisch befragt, ob sie mit der Wahl einer bestimmten Person zum Betriebsrat einverstanden sind. (EA Linz 20.03.1975, Arb 9360) Mangelhafte Betriebsratswahl Anfechtung Nichtigkeit Wahlberechtigte Arbeitnehmer scheinen im Wählerverzeichnis nicht auf. Die Einberufung der Betriebsversammlung in der die Wahl beschlossen und auch durchgeführt werden soll, erfolgt derart, dass nicht alle stimmberechtigten Arbeitnehmer davon Kenntnis erlangen oder erlangen können. (OGH 29.11.1966, Arb. 8322) Der Wahlvorstand stellt in Karenz befindlichen oder wegen Präsenzdienstes, auswärtiger Arbeitsleistung, Krankheit oder Urlaub abwesenden Arbeitnehmern keine Wahlkarten aus. (EA Eisenstadt 24.11.1986 Arb 10.568) Der Anschlag der Wahlkundmachung enthält eine Frist zur Einbringung von Wahlvorschlägen, die am Tag des Anschlags bereits abgelaufen ist. (EA Wien 05.12.1985, Arb 10.464) Die Wahlzeit wird entgegen der Wahlkundmachung um eine Stunde verkürzt. (EA Linz 27.05.1975, Arb 9386) Es werden weder Wählerlisten aufgelegt noch Wahlvorschläge erstattet und die Geheimhaltung der einzelnen Wählerstimmen ist nicht gewährleistet. (OGH 31.01.1967, Arb 8347) Wahlkartenstimmen wurden in einem Sammelkuvert (VwGH 16.01.1973, Arb 9095) bzw. auf andere Weise als im Postweg übersandt. (EA Graz 14.11.1986, Arb 10.566) Der Vorsitzende eines Wahlvorstandes erklärt, ohne dem Vertreter eines Wahlvorschlages eine Frist zur Verbesserung desselben einzuräumen, den Wahlvorschlag für ungültig. (EA Wien 26.01.1979, Arb 9758) Seite 45 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Sitzungen des Betriebsrates gemäß § 67 ArbVG Der Betriebsratsvorsitzende (bei dessen Verhinderung sein Stellvertreter) hat den Betriebsrat mindestens einmal im Monat zu einer Sitzung unter vorheriger Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte einzuberufen. Darüber hinaus muss der Vorsitzende den Betriebsrat einberufen, wenn es 1/3 der Betriebsratsmitglieder, mindestens jedoch zwei Mitglieder verlangen. Kommt der Vorsitzende dieser Verpflichtung nicht nach, so kann das Arbeits- und Sozialgericht angerufen werden (§ 67 Abs. 3 ArbVG). Die Sitzungen des Betriebsrats sind nicht öffentlich. Der Betriebsrat kann aber bei Erledigung bestimmter Aufgaben auch Personen, die nicht dem Betriebsrat angehören, beratend zuziehen. Der Betriebsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Die Beschlüsse werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Beschlüsse über die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung oder Entlassung eines Arbeitnehmers können aber nur mit 2/3 Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Der Beschluss über den Rücktritt des Betriebsrats bedarf der Mehrheit der Stimmen aller Betriebsratsmitglieder. Seite 46 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Betriebsratsumlage § 73 ArbVG Die Betriebs-(Gruppen-)versammlung kann die Einhebung einer Betriebsratsumlage (höchstens 0,5 % des Bruttoarbeitsentgelts) beschließen, die vom Arbeitgeber einzubehalten und bei jeder Lohn- (Gehalts)auszahlung an den Betriebsrats-fonds abzuführen ist. Voraussetzung dafür ist ein entsprechender Antrag des Betriebsrats. Eine erleichterte Beschlussfassung ist in diesem Fall ausgeschlossen. Die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der stimmberechtigten Arbeitnehmer ist daher für das Zustandekommen eines rechtsgültigen Beschlusses stets notwendig. Der Betriebsratsfonds hat eigene Rechtspersönlichkeit. Er wird vom Betriebsratsvorsitzenden, bei dessen Verhinderung vom Stellvertreter, verwaltet. Die Mittel des Betriebsratsfonds dürfen nur zur Deckung der Kosten der Geschäftsführung des Betriebsrats und zur Errichtung und Erhaltung von Wohlfahrtseinrichtungen sowie zur Durchführung von Wohlfahrtsmaßnahmen zu Gunsten der Arbeitnehmerschaft verwendet werden. Betriebsratsfonds § 73 ArbVG Der Betriebsratsfonds bedarf keines besonderen Errichtungsaktes und keiner wie auch immer gearteten Konstituierung. Die Eingänge aus der Betriebsratsumlage, die Zuwendungen seitens des Betriebsinhabers sowie sonstige Vermögenschaften bilden unmittelbar den Fonds. Die Verwaltung des Fonds obliegt dem Betriebsrat, die Vertretung nach außen dem Vorsitzenden des BR. Rechnungsprüfer Zur Überprüfung der Verwaltung und Gebarung des Betriebsratsfonds hat die Betriebsversammlung für eine Tätigkeitsdauer von vier Jahren Rechnungsprüfer zu wählen. In Betrieben (Arbeitnehmergruppen), in denen mehr als zwei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann die Betriebs-(Gruppen)versammlung anlässlich der Wahl des Wahlvorstands für die Betriebsratswahl beschließen, die Wahl der Rechnungsprüfer zugleich mit der Betriebsratswahl durchzuführen. Die Rechnungsprüfer dürfen dem Betriebsrat nicht angehören. Die Revision der Rechtmäßigkeit der Gebarung und der Verwendung der Mittel des Betriebsratsfonds obliegt der zuständigen Arbeiterkammer. Nähere Regelungen sind in der Betriebsratsfonds-Verordnung enthalten. Seite 47 BR - was nun? Seminar für GPA-DJP BetriebsrätInnen Leiharbeiter und Betriebsratsfonds: Beispiel 6: Im Betrieb gibt es neben dem Stammpersonal zahlreiche Leiharbeiter der Leihfirma „Accent“. Der Beschäftigerbetrieb hat seit Jahrzehnten einen Betriebsrat. Dieser verwaltet den Betriebsratsfonds, der zum größten Teil von der Betriebsratsumlage (0,5 %) der einzelnen Arbeitnehmer gespeist wird. In der Leihfirma „Accent“ wurde erst ein Betriebsrat gewählt. Nunmehr wird eine erste Betriebsversammlung abgehalten. Auf der Einladung findet sich als Tagsordnungspunkt: Einhebung einer Betriebsratsumlage in der Höhe von 0,5 %. Frage: Wie ist die rechtliche Situation der Leiharbeiter in Bezug auf die Betriebsratsumlage? Sacherfordernisse § 72 ArbVG Dem Betriebsrat und dem Wahlvorstand sind zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben Räumlichkeiten, Kanzlei und Geschäftserfordernisse sowie sonstige Sacherfordernisse in einem der Größe des Betriebes und den Bedürfnissen des BR (Wahlvorstands) angemessenem Ausmaß vom Arbeitgeber unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Desgleichen hat der Arbeitgeber unentgeltlich für die Instandhaltung der bereitgestellten Räume und Gegenstände zu sorgen. Seite 48