1 von 3 Entwurf Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zum Schutz der Arbeitnehmer/innen vor Verletzungen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente (Nadelstichverordnung - NastV) [CELEX Nr. 32010L0032] Aufgrund der §§ 3, 4, 5 und 7, § 8 Abs. 2, §§ 12 und 14, § 15 Abs. 3 und §§ 41 bis 43 des Bundesgesetzes über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ASchG), BGBl. Nr. 450/1994, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2011, wird verordnet: Anwendungsbereich § 1. (1) Diese Verordnung gilt für Arbeitsstätten, auswärtige Arbeitsstellen und Baustellen im Sinn des ASchG in den Bereichen des Krankenhaus- und Gesundheitswesens, des Veterinärwesens sowie in Labors, wenn für die Arbeitnehmer/innen die Gefahr besteht, sich mit scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten zu verletzen. (2) Die Verordnung biologische Arbeitsstoffe - VbA, BGBl. II Nr. 237/1998, bleibt unberührt. (3) Arbeitgeber/innen müssen durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass auch allfällige Subunternehmer (Personen, die aufgrund eines Vertragsverhältnisses mit ihnen Dienstleistungen für das Krankenhaus- oder Gesundheitswesen, das Veterinärwesen oder für Labors erbringen), die Bestimmungen dieser Verordnung einhalten. Begriffsbestimmungen § 2. (1) Scharfe oder spitze medizinische Instrumente im Sinne dieser Verordnung sind Arbeitsmittel zur Durchführung bestimmter medizinischer Tätigkeiten, die schneiden, stechen und Verletzungen oder Infektionen verursachen können (z. B. Injektionsnadeln). (2) Spezifische Schutzmaßnahmen im Sinne dieser Verordnung sind Maßnahmen zur Vermeidung von Verletzungen oder Übertragung von Infektionen bei der Erbringung von Dienstleistungen und Tätigkeiten, bei denen für die Arbeitnehmer/innen die Gefahr einer Verletzung oder Übertragung von Infektionen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente besteht. (3) Spezifische Schutzmaßnahmen sind insbesondere 1. die Verwendung jener Arbeitsmittel, die aufgrund der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren die sichersten sind, sowie 2. sichere Methoden für die Entsorgung scharfer oder spitzer medizinischer Instrumente. Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und Festlegung von Maßnahmen § 3. (1) Bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren nach §§ 3 und 4 VbA sind alle Situationen zu erfassen, in denen Verletzungen und Kontakt mit Blut oder anderen potenziell infektiösen Stoffen vorkommen können. (2) Zu berücksichtigen sind Technologie, Arbeitsorganisation, Arbeitsgestaltung, Arbeitsbedingungen, Qualifikationsniveau, arbeitsbezogene psychosoziale Faktoren sowie der Einfluss von Faktoren der Arbeitsumgebung. Die Wichtigkeit einer gut ausgestatteten und organisierten Arbeitsumgebung ist anzuerkennen. Auf diese Weise ist festzustellen, wie Expositionen vermieden oder beseitigt werden können und welche alternativen Systeme in Frage kommen. (3) Zur Prävention von Infektionsgefahren sind aufgrund der Ermittlung und Beurteilung sichere Arbeitsregelungen einzuführen. Dazu ist ein kohärentes und umfassendes Präventionskonzept 2 von 3 einzuführen, das Technologie, Arbeitsorganisation, Arbeitsgestaltung, Arbeitsbedingungen, arbeitsbezogene psychosoziale Faktoren sowie den Einfluss von Faktoren der Arbeitsumgebung umfasst. Expositionsvermeidung § 4. (1) Die wichtigste Strategie zur Verhinderung beruflich bedingter Verletzungen und Infektionen und zur Minimierung des Risikos ist die Vermeidung von Expositionen. Arbeitgeber/innen haben die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer/innen in allen mit der Arbeit zusammenhängenden Aspekten einschließlich psychosozialer Faktoren und der Arbeitsorganisation sicherzustellen. Die in dieser Verordnung festgelegten spezifischen Schutzmaßnahmen beruhen auf dem Grundsatz niemals davon auszugehen, dass kein Risiko besteht. (2) Unter Berücksichtigung der Tätigkeit und der Risikobewertung ist das Expositionsrisiko auf ein so niedriges Niveau zu verringern, dass Sicherheit und Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer/innen angemessen geschützt sind. Wenn ein Risiko der Verletzung oder Infektion durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente besteht, gilt zur Verminderung der Exposition der Arbeitnehmer/innen zusätzlich zu § 5 VbA Folgendes: 1. Das Wiederaufsetzen der Schutzkappe auf die gebrauchte Nadel ist verboten. 2. Es sind medizinische Instrumente mit integrierten Sicherheits- und Schutzmechanismen zur Verfügung zu stellen. 3. Die Verwendung von scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten ist wenn möglich durch Änderung der Verfahren zu vermeiden. 4. Es sind sichere Verfahren für den Umgang mit scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten sowie für den Umgang und die Entsorgung von kontaminierten Abfällen festzulegen und umzusetzen. 5. So nah wie möglich an den Arbeitsplätzen, an denen scharfe oder spitze medizinische Instrumente verwendet werden könnten, sind deutlich gekennzeichnete und technisch sichere Behälter für die Entsorgung von scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten aufzustellen. Information und Unterweisung § 5. Da Maßnahmen zur Schaffung eines Gefahrenbewusstseins nur dann wirksam sind, wenn sowohl die Arbeitgeber/innen als auch die Arbeitnehmer/innen und ihre Vertreter/innen in die Pflicht genommen werden, und an Arbeitsplätzen die größtmögliche Sicherheit nur durch eine Kombination von Planung, Gefahrenbewusstsein, Information, Unterrichtung und Unterweisung sowie Schutzmaßnahmen und Überwachung erreicht werden kann, haben die Information und die Unterweisung (§ 12 VbA) der Arbeitnehmer/innen auch Regeln und Verfahren in Bezug auf Verletzungen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente zu umfassen. Dabei sind insbesondere auch folgende Themen abzudecken: 1. die richtige Verwendung von scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten mit integrierten Schutzmechanismen, 2. die Einarbeitung von neuen Arbeitnehmer/innen, einschließlich allfälliger überlassener Arbeitnehmer/innen, 3. Risiken im Zusammenhang mit Verletzungen und dem möglichen Kontakt mit Blut oder anderen potenziell infektiösen Stoffen, 4. Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung der am Arbeitsplatz üblichen Vorgehensweisen, einschließlich grundlegender Schutzmaßnahmen, sicherer Arbeitsverfahren, korrekter Verwendungs- und Entsorgungsverfahren sowie Bedeutung der Schutzimpfung, 5. Vorkehrungen gemäß § 6, 6. im Verletzungsfall zu treffende Maßnahmen, 7. die Verfahren nach § 4 Abs. 2 Z 4. Vorkehrungen für den Fall von Verletzungen § 6. (1) Arbeitgeber/innen müssen ein systematisches Verfahren festlegen, das gewährleistet, dass die Arbeitnehmer/innen jede Verletzung oder Infektion durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente und jeden ernstzunehmenden Zwischenfall, der beinahe zu einer Verletzung oder Infektion durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente geführt hätte, gemäß § 15 Abs. 5 und 6 ASchG unverzüglich den zuständigen Vorgesetzten oder den sonst dafür zuständigen Personen melden. Zur Förderung einer Kultur der Vermeidung von Schuldzuweisungen ist dieses Verfahren nicht auf individuelle Fehler, sondern auf systemische Faktoren auszurichten und ist die systematische Meldung als akzeptiertes Verfahren anzusehen. 3 von 3 (2) Arbeitgeber/innen müssen Regeln vorsehen, in denen die im Fall von Verletzungen mit scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten erforderlichen Schritte zur Versorgung verletzter Arbeitnehmer/innen festgelegt sind, wie z. B. eine Postexpositionsprophylaxe oder die notwendigen medizinischen Untersuchungen, wenn dies aus medizinischen Gründen angezeigt ist. Verletzte Arbeitnehmer/innen müssen die Möglichkeit haben, sich einer ärztlichen Untersuchung i.S.d. § 5 Abs. 1 Z 2 der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz (VGÜ 2008) zu unterziehen. (3) Im Fall einer Verletzung durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente müssen Arbeitgeber/innen prüfen, ob eine Meldung an den zuständigen Träger der Unfallversicherung gemäß § 363 ASVG zu erstatten ist. Diesem obliegt die Beurteilung, ob und gegebenenfalls welche nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Leistungen der Unfallversicherung in Betracht kommen. Förderung des Gefahrenbewusstseins § 7. (1) Die Interessenvertretungen der Arbeitgeber/innen informieren über vorhandene Unterstützungsprogramme und fördern und verbreiten bewährte Verfahren für die Prävention von Verletzungen oder Infektionen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente in geeigneter Weise, z. B. durch Veröffentlichung von guten Beispielen auf ihren Websites, in ihren periodischen Druckschriften oder in sonstigen Mitteilungen an ihre Mitglieder. (2) Zur Sensibilisierung der Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen über die mit Verletzungen oder Infektionen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente verbundenen Gefahren und erforderlichen Maßnahmen erstellen die Interessenvertretungen der Arbeitgeber/innen in Zusammenarbeit mit den Interessenvertretungen der Arbeitnehmer/innen entsprechendes Informationsmaterial und veröffentlichen dieses in geeigneter Weise. Schlussbestimmungen § 8. (1) Durch diese Verordnung wird die Richtlinie des Rates 2010/32/EU zur Durchführung der von HOSPEEM und EGÖD geschlossenen Rahmenvereinbarung zur Vermeidung von Verletzungen durch scharfe/spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor, ABl. Nr. L 134/66 vom 1. Juni 2010 umgesetzt. (2) Gemäß § 95 Abs. 1 ASchG wird festgestellt, dass von den Bestimmungen dieser Verordnung keine Ausnahme durch Bescheid zulässig ist. (3) Diese Verordnung tritt mit 11. Mai 2013 in Kraft.