Das Interview mit Christoph Prégardien (Tenor) und Michael Gees (Pianist) geführt von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Gerresheim am 9. Mai 2008 im Rahmen des Projektes „Rhapsody in School“ Herr Thomann (Schulleiter): (das Mikrofon nehmend) Man sagt mir das geht mit, nur obwohl ich denke, dass ich den Raum auch sonst füllen würde. ,,Das geht nur mit...!” Herr Prégardien, Herr Gees, Frau von Imhoff, Herr Osada, liebe Gäste - ich sehe, dass all die Gäste sind, auch freue heute mich, hier dass ehemalige Kollegen den Weg zu uns gefunden haben; auch sie Zwei seien herzlich Vertreter begrüße ich, gegrüßt. der komme WestLB gleich nochmal auf sie zurück und liebe Schülerinnen und Schüler. Wir haben ein Schuljahr, dass sich jetzt so langsam dem Ende zuneigt, das eigentlich voll ist diesen mit Highlights, Ausdruck benutzen: Wir um mal zu haben eine Lernpartnerschaft am Anfang des Schuljahres mit der Firma Metro gegründet. Wir haben die Stadtmeisterschaften im Rudern gewonnen - nach elf Jahren wieder mal - auch ein Highlight! Stiftung dürfen, Wir ins im haben eine Leben rufen Februar diesen Jahres. Unsere Schüler waren beim Metromarathon erfolgreich, dass Mannschaften so sie 1200 hinter sich gelassen haben. Alles kleine Highlights - und jetzt haben wir ein ganz großes Highlight heute bei uns in der Aula. ,,Weltbekannter Liedsänger bei uns an der Schule!” Wir freuen uns sehr, dass es gelungen ist, im Rahmen des Schuhmann-Festes und des Projektes Rhapsody in School, einen – ja, ich darf ruhig sagen ohne Übertreibung - weltbekannten Liedsänger bei uns an der Schule begrüßen zu können: Einen Christoph Prégardien. Diejenigen, die sich in der Musikszene dieser Art ein bisschen auskennen, denen wird der Name nicht fremd sein und es erfüllt uns mit einigem Stolz, dass wir heute eine Privatvorstellung privatissime - und fast gratis, sag´ ich mal, bei uns in der Schule haben werden. Wenn ich sage fast gratis, dann betrifft das die Schule selber, aber die WestLB, die dieses Programm unter anderem auch sponsert, hat mit dafür gesorgt, dass wir heute diese Veranstaltung bei uns an der Schule haben können. Dafür nochmal ausgesprochen herzlichen Dank an die Vertreter der WestLB. Wir haben jetzt eben von Frau von Imhoff gehört, es gibt viele Konzerte, die in Schulen stattfinden und sie hat sich sehr positiv über die Organisation geäußert, mit der diese Veranstaltung vorbereitet worden ist. ,,Highlight in der Musik.” Ich nehm´ das mal nicht nur als ein Kompliment, das man so sagt, sondern, dass es auch tatsächlich so ist und leite den Dank auch an Herrn Osada weiter, der ja mit dieser Veranstaltung auch in seinem Bereich ein Highlight in der Musik heute hier begehen kann. Ich weiß , dass die Schülerinnen und Schüler auf diese Veranstaltung Unterricht gut im vorbereitet worden sind. Das heißt, das Kunstlied ist ihnen nicht so fremd, wie anderen fremd es vielleicht Oberstufenschülern sein mag. Insofern hoffe ich, dass das, was sie sich jetzt im Unterricht erarbeitet haben durch ihre Vorträge, durch ihre Anwesenheit hier auch jetzt, nochmal mit einem richtig guten praktischen Teil ergänzt wird und sie noch sicherer anschließend sein können, was für eine schöne Kunstgattung das ist. Die hat meistens einen kleinen Rahmen, nicht nur, aber auch. Insofern haben wir heute hier eine Gruppe von Schülern, die wahrscheinlich Interesse mit zuhören hohem werden, was Sie uns vortragen und Sie anschließend auch wahrscheinlich mit den Schülern über das Kunstlied sprechen werden. Vielen Dank, gekommen sind. dass sie Wenn ich jetzt gleich ganz schnell aus der Tür gehe, dann hat das was mit Unterrichtsverpflichtung tun, aber ich habe zu mir vorgestellt, dass ich am Ende der 5. Stunde dann da vorne wieder ganz still Platz nehmen werde, weil interessiert, Veranstaltung mich wie auch diese weitergehen wird. Also nochmal: herzlichen Dank und ein gutes Gelingen für Sie. Frau von Imhoff (Projekt ,,Rhapsody in School”): Ja, dann werde ich ganz kurz das Wort haben, weswegen ich aber trotzdem eben herzlich willkommen auch sagen möchte. Ganz kurz noch zwei Sätze über das Projekt Rhapsody in School. ,,Das erste Mal, dass wir Gesang in die Schulen holen!” – Rhapsody in School Wir feiern wunderschönen um schon Worte heute, im Monat Mai, mal der die ersten Dichterliebe einzuleiten, mehrere Premieren eigentlich. Das wird das erste Mal sein, dass wir Gesang in die Schulen holen. Und es freut mich ganz besonders, dass wir einen der Top-Tenöre herrlichen gewinnen mit seinem Begleiter konnten und dazu die andere Premiere ist, dass es das erste Mal in Gerresheim ist, aber es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein, denn wir haben so gute Erfahrungen gemacht im Vorfeld, dass wir bestimmt wiederkommen; wenn wir dürfen (Herr Osada und Frau Tigges: „Ja, gerne!“). Ja, dann noch eine Premiere: Es ist Veranstaltung die erste mit dem Schumannfest Düsseldorf und die Vertreterin, speziell Frau Müller-Willems, lässt sich entschuldigen. Sie hat heute Abend große Eröffnung, aber lässt grüßen und drückt die Daumen und ich denke mal, wir werden da - alle zwei Jahre ist das Schumannfest da sicherlich noch weiter zusammenarbeiten. Ich hoffe, dass viele von Ihnen am Sonntag dann auch zu der Matinee kommen beim Schumannfest. Wenn es da irgendwie Schwierigkeiten gibt mit Karten, oder jetzt heute schon jemand sagen kann, dass er hingehen möchte, soll er sich ruhig bei mir melden und dann dürfte das eigentlich kein Problem sein, am Sonntag um elf. Zu Rhapsody noch einen kurzen Satz. Rhapsody ist, wie sie wahrscheinlich alle wissen, ein Musikstück so wie Teile einer Suite oder einfach Walzer, ein Titel also für ein Musikstück. Der berühmteste Titel ist ,,Rhapsody in Blue” von Gershwin und da fand ich einfach die Kombination ganz gut - Rhapsody in School - um zu sagen, dass die Künstler auch in die Schulen kommen. Normalerweise kommt ihr in die Konzerte oder Generalproben, jetzt ist es mal umgekehrt. Der Nebeneffekt ist, Rhapsoden bei Griechen dass den die alten herumfahrende Dichter waren, schöne und die Vortragende ihre Stücke vorgetragen haben und dass es heute so etwas ähnliches ist, denn unsere Künstler spielen und singen ja nicht nur, sondern erzählen auch ein bisschen was aus ihrem Leben und dazu haben Sie gleich noch ganz viele Fragen vorbereitet, darum mache ich jetzt Schluss und gebe das Wort weiter. Herr Osada: Normalerweise kriegt Frau von Imhoff auch einen Applaus. Frau MüllerWillems vom Schuhmannfest ist nicht da, aber ihre Eltern sind da. Herr und Frau MüllerWillems. Herr Müller-Willems ist übrigens ein ehemaliger Lehrer hier bei uns. Ich darf auch die Pressevertreterin begrüßen von der Rheinischen Post: Frau Koch. Freut uns sehr, dass sie da ist. So, und auf eine Sache möchte ich noch hinweisen. Die Plakataktion, mit der wir eigentlich also die gestartet haben, Bewerbung des Schumannfestes, die hat sich heute hier nochmal gezeigt: Chris und Michi haben die Schüler also angesprüht. Das finde ich sehr nett von euch! ,,Plakataktion der in WDR- Lokalzeit.” Frau Cornelißen, unsere Kunstkollegin, und Frau Lohrer zeichnen in besonderer Form dafür verantwortlich, dass das super gut geklappt hat, wir waren unter anderem in der WDR-Lokalzeit auch wenn damit. sie Also, jetzt nicht anwesend ist, in Gedanken an Frau Lohrer und Frau Cornelißen. Danke natürlich Schüler, die an das die gemacht haben, danke nochmal an Sie, Frau von Imhoff. Das war viel Arbeit. Wir haben ungefähr zwei Monate gut für dieses Programm geschafft und mein besonderer Dank gilt natürlich Christoph Michael Prégardien Gees. Die und beiden gehen, wie ich gelesen habe, sofort nach diesem Auftritt wieder in die Probenarbeit für den Sonntag. Das heißt also, die arbeiten direkt weiter und trotz vollem Probenplan haben sie Zeit gefunden hier zu sein. Meine Herren, die Bühne gehört Ihnen! Christoph Prégardien: Ja. Das soll jetzt nicht in ein reines Konzert ausarten. Also, jetzt zur Einführung werden Michael und ich vier Stücke singen. Das erste ist „Das Fischermädchen“ und „Im wunderschönen Mai“ aus der dann Monat „Dichterliebe” und da man das nicht allein stehen lassen kann, wie ihr sicher im Musikunterricht gelernt habt. Das hört ja auf mit so einem dominantischen Akkord, da kann man nicht aufhören an der Stelle, gehen wir einfach weiter und machen auch noch die Nummer zwei und die Nummer drei aus der ,,Dichterliebe” würden wir und uns danach gerne ein bisschen mit euch unterhalten oder ihr euch mit uns, so ´rum eigentlich. Gut! (Es folgte der Liedvortrag) Michael Gees: So, kann losgehen! Dragan Milicevic: Herr Prégardien, Herr Gees noch einmal vielen Dank für diesen Auftritt auch im Namen aller Schüler. Die drei Musikkurse unserer Oberstufe haben sich in den letzten Wochen mit der Ausarbeitung von Fragen an Sie beschäftigt. Wir fangen am besten mit Kira und Alexandra an, die sich mit Privatem beschäftigt haben. Kira Poggemann: Welche Musik hören Sie privat? ,,Meistens Pop oder Rock: Grönemeyer und Sting.” Christoph Prégardien: Also, wenn ich ehrlich bin, höre ich privat kaum Musik. Wenn ich mal privat irgendwas höre, dann nur, wenn ich im Auto sitze. Dabei höre ich meistens gar nicht so recht hin. Das ist dann meistens Pop oder Rock. Was ich ganz gut finde, ist Herbert Grönemeyer und das schon ganz lange, aber ansonsten höre ich zu Hause nicht ständig klassische Musik. Wenn man sich den ganzen Tag professionell damit beschäftigt, sei es als Lehrer oder als ausübender Sänger, dann ist man froh, wenn man abends nach Hause kommt und dort ein bisschen Ruhe ist. Michael Gees: Ich höre privat sehr viel Musik. Ich weiß, was ich höre und ich weiß auch, wer mir gefällt. Ich habe auch einen Lieblingssänger, der nicht klassisch singt und zwar ist das Sting, sonst höre ich auch sehr viele eigene Sachen, wenn ich zum Beispiel Konzerte nachhöre und mir Gedanken Bockmist gebaut mache, ich schon habe. versuche ich welchen wieder Anschließend es besser zu machen. Kira Poggemann: Was machen sie in ihrer Freizeit? ,,Freizeit ist Familie.” Christoph Prégardien: Freizeit habe ich kaum. Ich habe eine Familie und seit vier Monaten eine kleine Tochter sowie drei große Kinder und das beschäftigt Moment sehr mich in im meiner Freizeit. Früher habe ich Golf gespielt und zu meiner Zeit als Schüler und im Studium habe ich Sport gemacht, was man mir heute nicht mehr ansieht. Das ist leider alles vorbei. Was ich liebe, das sieht man dann schon eher an meiner Figur, ist gut Essen. Am liebsten französische Küche und die dazu passenden Weine. Mein Hobby ist eigentlich mit Freunden zusammen Weine zu verkosten und zu trinken. Michael Gees: Mir geht es ähnlich mit Freizeit. Ich habe zwei kleine Kinder, einen Sohn der fünf Jahre alt ist und eine fast zweijährige Tochter. Mit denen verbringe ich natürlich jede freie Minute. Darüber hinaus habe ich noch einen anderen Beruf, da ich Leiter eines Kinder- und Jugendtheaters bin. Ich erhole mich in dem einen Beruf von dem anderen, also muss eins davon dann wohl Freizeit sein. Alexandra Hastenrath: Wie verbinden Sie Beruf und Privatleben? Michael Gees: Meine Lebensgefährtin ist zum Glück ganz geduldig. ,,Für Konzerte muss man sehr viel vorbereiten.” Christoph Prégardien: Meine Frau ist Klarinettistin. Insofern ist es sehr schön, als dass sie versteht, was es bedeutet Musiker zu sein. Das ist eine Sache, die man nicht einfach an die Garderobe hängt, wenn man zu Hause ankommt. Es erfordert vom Ehepartner wirklich viel Geduld, weil man, bevor man zu einem Konzert geht, sehr viel vorbereiten muss. Dies spielt sich auch viel auf psychologischer Ebene ab, das heißt, ich muss mich innerlich damit beschäftigen. Das führt dann auch manchmal dazu, dass man dann nicht mehr so dialogfreudig ist, wie das sonst der normale berufstätige Mensch ist. Er schließt das Büro ab, kommt dann nach Hause und hat normalerweise es einfacher auf das Privatleben umzuschalten. Ich will das gar problematisieren, nicht denn ich finde das sehr schön. Auch, dass ich mit meiner Frau viel über Musik reden kann und dass sie mir auch Dinge sagt, wenn sie im Konzert war. Wenn man so eine Position hat - als Künstler - und auf der Bühne steht, viele Leute, gibt die es es nicht wagen irgendwas zu kritisieren. Die Einzigen sind die Zeitungen, die ab und schreiben. zu etwas Normalerweise begegnen einem die Leute mit großen Augen und dem Motto: „Da ist jetzt der und der“. Eigentlich will ich nach dem Konzert ein ehrliches Feedback haben. Man braucht eine Person, die hinterfragt, warum man das so und nicht anders gemacht hat. In diesem Sinne ist meine Frau der richtige Ansprechpartner. Alexandra Hastenrath: Zum Abschluss: Sagt ihnen der Name „Tokio Hotel“ etwas? Christoph Prégardien: Ja. Aber ich kann wenig dazu sagen. Ab und zu lese ich etwas in Fernsehzeitschriften darüber. Eigentlich geht es an mir vorbei. Michael Gees: Mir sagt der Name natürlich auch etwas. Es gibt einen Konzertveranstalter in Gelsenkirchen, der immer noch heiß geliebt wird dafür, weil er zur Weltmeisterschaft damals 2006 ,,Tokio Hotel” in die alte Arena, in die Glückauf-Kampfbahn, also die große Schalke-Arena können, hat weil ihm holen das gelungen war. Das ist heute noch ein gewesen. riesen Ich habe Anlass diese Musik mit Bewusstsein noch nie gehört. Aber ich kenn´ den Namen. Dragan Milicevic: Kira und Alexandra, danke schön! Als Nächstes kommen wir speziell zu Ihnen, Herr Prégardien, aber keine Angst, Herr Gees, sie kommen weiteren im Laufe der Gesprächsrunde nicht zu kurz. Wir machen weiter mit Sophia und AnnCarolin. Sophia Arnold: Wir möchten Sie zuerst zu künstlerischen ihrem Werdegang befragen und zwar: Was muss man machen, um Tenor zu werden? ,,Tenöre sind cleverer als man denkt & Begabung ist nicht alles.” Christoph Prégardien: Die meisten denken, dass wir Tenöre ein bisschen kurz im Hirn wären, gibt´s ja diese Vorurteile. Von daher gesehen müsste man eigentlich in der Schule nicht gut gewesen sein, das war bei mir nicht so. Ich habe Abitur gemacht und vorher schon im Knabenchor gesungen - nach dem Stimmbruch. Bei Männern ist das ja ein bisschen anders als bei Frauen: Der Stimmbruch ist ein sehr einschneidendes Erlebnis für die Stimme, bei Frauen nicht ganz so sehr, so dass man bei Frauen früher merken kann: Ist die begabt oder nicht? Man braucht ein gewisses Maß an stimmlicher Begabung und das hat mein Chorleiter – der Breitschaft dem damaliger Mathias gehört, nach Stimmbruch, mit sechzehn, siebzehn, dass die Stimme schön war. Er nahm mich dann mit nach Frankfurt zu seinem ehemaligen Gesangslehrer und der sagte: „Ja, lassen Sie Ihre Stimme ausbilden!” – Es gibt aber auch andere Wege, um Sänger zu werden. Man kann sich irgendwie entdecken lassen. Das gab´s früher, diese Automechaniker Karriere vom zum weltberühmten Tenor. Das ist heute eher selten, weil die Konkurrenzsituation unter den Sängern sehr groß ist, dadurch dass quasi aus allen Ländern, aus der ganzen Welt die ausgebildeten Sänger nach Mitteleuropa wollen und hier ihr Geld verdienen. Somit muss man nicht nur stimmlich begabt sein, sondern auch eine gute Ausbildung haben. Wie ihr vielleicht gemerkt habt, ist Singen eine Tätigkeit, die man nicht einfach kann. Ich würde gerne später mit euch über die Frage sprechen „Was muss ein Sänger können und was ist eigentlich das Besondere am Singen?“, aber das würde im Moment zu weit führen. Sophia Arnold: Hatten Sie jemals Zweifel den Beruf des Tenors zu ergreifen? Christoph Nachdem Prégardien: ich angefangen hatte zu studieren und die ersten Erfolge hatte - auf Wettbewerben und Konzerten - nicht. Mein Lehrer hat immer sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir ein zweites Standbein haben. Ich habe 1. Semester lang Jura studiert. Ich fand das furchtbar. Als ich an der Hochschule die Aufnahmeprüfung geschafft habe und es gut lief, habe ich eigentlich nicht daran gezweifelt diesen Beruf auszuüben. Ann-Carolin Osterholt: Wie reagierten ihre Freunde, bzw. Ihre Familie auf den Berufswunsch? ,,Die waren begeistert, als die merkten, dass ich Solist werden sollte.” Christoph bin von unterstützt Eltern Prégardien: meiner gesungen, Familie worden. haben beide zwar Ich nur Meine auch als Amateure im Chor, aber ich stamme aus dem katholischen Limburg und jeder hatte in irgendwelchen Chören gesungen. Das ist etwas, das übrigens heute leider immer mehr verloren geht und was ich mit Sorge sehe. Das macht solche Organisationen wie Rhapsody in School notwendig und wichtig ist die Tatsache, dass heute eigentlich kaum oder immer Kindern weniger und von Jugendlichen gesungen wird. Bei uns war das ganz normal. Die ganze Familie war im Chor und somit hatte ich die Unterstützung für diesen Beruf natürlich gehabt. Die waren begeistert, als die merkten, dass ich Solist werden sollte. Max Eichhorn: Was war das größte Erlebnis in ihrer Karriere? Christoph Prégardien: Oh, das ist eine schwere Frage, da ich jetzt schon seit fast 30 Jahren Opern, Konzerte, Oratorien und Lied singe. Es gab so viele tolle Begegnungen. Wenn ich eins nenne, tue ich den anderen Unrecht. Für mich verbindet sich das immer mit Personen. Und mit dem, der hier neben mir sitzt, mache ich seit 1984, das sind nun auch schon 24 Jahre, zusammen Musik. Er ist zum Beispiel für mich und meine musikalische Entwicklung ungeheuer wichtig, sowie ein anderer Pianist, mit dem ich auch viel zusammen gearbeitet habe, der Andreas Staier. Aber auch Dirigenten sind für Sänger immer wichtig. Nikolaus Harnoncourt, John Eliot Gardiner oder Christian Thielemann oder wie Sie alle heißen. Das sind unterschiedliche sehr Erlebnisse, die man da hat und viele, viele wirklich ganz, ganz tolle. Ann-Carolin Osterholt: Wieso nehmen Sie beide an Rhapsody in School teil? ,,Wir sind normale ganz Menschen, nur besonders begabt.” Christoph Prégardien: Ich habe solche Veranstaltungen schon früher gemacht. Ich mache das gerne, weil ich glaube, dass erstens auf eurer Seite viele falsche Vorstellungen darüber herrschen, was das denn für Leute sind, die sich auf die Bühne stellen, im Frack oder im Anzug, und den ganzen Abend Lieder singen oder eine Oper. Es ist sehr fremd für die meisten von euch und mache das deshalb, euch das einfach ich weil ich näher bringen will, weil ich zeigen will: Wir sind ganz normale Menschen wie ihr auch, wir haben nur Ausbildung, eine wir vielleicht eine Begabung, aber eigentlich besondere haben besondere wir nicht wollen etwas Besonderes sein. Wir wollen also schon integriert sein und wollen möglichst viele auch von den sogenannten „normalen” Leuten erreichen. ,,Qualitäten wie Hingabe, Herzlichkeit, Wärme, Freundschaft, Liebe drohen im Leistungsgetöse unterzugehen.” Michael Gees: Ich mache das natürlich Grund, aus aus demselben dem ich ein Kinder- und Jugendtheater in Gelsenkirchen ins Leben gerufen habe. - Ich muss ein bisschen weiter ausholen, es ist nicht ganz leicht, das kurz zu sagen. Ich versuche es mal: Ich denke, Qualitäten dass in diesem Leistungsgetöse der Neuzeit – seit PISA gerade ja im besonders Begriff unterzugehen. allem aber sind Hingabe, Herzlichkeit, Freundschaft, – Wärme, Liebe – vor Hingabe, Meditation, die Kraft, sich zu konzentrieren. Und ich probiere ganz doll, soviel wie möglich davon zu erhalten. Das ist mein Grund, warum ich mich mit Lied beschäftige, weil Lied bedeutet. das Es idealtypisch gibt nichts Innigeres, nichts Intimeres als Lied: Musik und Text zusammengebracht. Und darum mache ich das. Max Eichhorn: Was ist Ihr Primärberuf? Tenor Sind Sie eher oder eher Gesangslehrer? Christoph Prégardien: Das ist eine gute Frage. Ich habe eigentlich wirklich zwei gleichberechtigt nebeneinander Berufe. Seit Professor an stehende 2004 bin der ich Kölner Musikhochschule und bin auch wirklich Herzen mit dem ganzen Gesangslehrer, aber genauso sehr hänge ich an meinem anderen Beruf als Sänger und versuche- mehr oder diese weniger erfolgreich beiden – Berufe miteinander zu verbinden. Das ist ja eigentlich nicht ganz so schwer. Ich habe eine Professur, die bedeutet, dass ich 18 Wochenstunden während des unterrichten bleibt Semesters muss. genügend Und Zeit, da um immer wieder auch Konzerte, Konzertreisen – auch mal hier und da eine Opernproduktion, wenn sie in Semesterferien den liegt – zu machen. Und da ich merke, – ich bin jetzt 52 – dass meine Stimme immer noch wunderbar funktioniert, sehe ich keinen Grund, jetzt schon sozusagen wesentlich zu reduzieren, was das Singen angeht. Es bringt manchmal in schwere Terminprobleme: unterrichtest mich Denn eine du ganze Woche, wie jetzt diese Woche. Von Montag bis Donnerstag, war ich abends von in morgens der bis Hochschule, heute bin ich hier, jetzt gehe ich mit Michael proben, morgen habe ich einen freien Tag, obwohl ein Schüler für eine Stunde zu mir nach Hause kommt. Aber morgen habe ich doch einen freien Tag, den muss, um ich aber mich nutzen irgendwie auch seelisch, geistig auf das Konzert am Sonntag Vormittag vorzubereiten. Ich glaube aber, ich bin kein Typ, der viel Freizeit braucht – wie Michael das so schön sagte vorhin – dein Beruf ist auch dein Hobby, so ist das bei mir auch. Sophia Arnold: Wieso Sie beide bevorzugen Schumann oder Schubert? Was gefällt Ihnen an denen? Michael Gees: Wir bevorzugen Schubert oder Schumann gar nicht … Sophia Arnold: Was gefällt Ihnen Besonders an Schubert oder Schumann? ,,Konzertveranstal ter wollen immer wieder das hören und anderes.“ nichts Michael Gees: Die beiden haben sich im Bereich Lied ganz besonders profiliert. Vor allen Dingen ein insbesondere Schubert hat ein Werkverzeichnis hingelegt von über 650 einzelnen Liedern. Das ist natürlich außerordentlich. Da kann man kaum jemals wirklich mit fertig werden, sodass er eben auf dem Programmzettel Lied-Duos naturgemäß prominent könnte ist. man Schumann Grund, eines Ähnliches von sagen. warum sehr wir Robert Aber der das im Konzertsaal so oft singen, ist noch ein anderer: Nämlich, dass die Konzertveranstalter immer wieder das hören wollen und nichts anderes und dass es fürchterlich schwierig ist, mal was ganz anderes zu machen. Der Christoph kann da auch ein Lied von singen. Kennen Sie einen Komponisten namens Yrjö Kilpinen zum Beispiel? Sagt Ihnen der was? Da bin ich gespannt. Oder nur zum Beispiel Wolfgang Rihm, sagt Ihnen das was? - Da schreien die Leute „Hallo!“, nicht: und der Konzertveranstalter schreit erst recht nicht: „Hallo!“, weil das eben heißt, Sie müssen von dem, was üblicherweise im Sie Auditorium erwarten können – 80 bis 90 Prozent der Belegung, also Auslastung – 20 bis 30 Prozent abstreichen. Zahlen Da sind schlechter, die also machen sie es nicht. So viel erst mal von mir dazu. Christoph Prégardien: Das ist nicht nur bei Kilpinen und bei Rihm so, sondern es fängt schon bei Hugo Wolf an. Selbst so ein Festival „Schubertiade“ in wie die Hohenems (Vorarlberg, Österreich), das berühmteste Liedfestival der Welt, würde ich sagen: Wenn der Chef, der heißt Gerd Nachbauer, wenn er Hugo Wolf aufs Programm setzt - Hugo Wolf ist ein Klassiker auf dem Liedgebiet – Einbußen im muss er mit Kartenverkauf rechnen. Das liegt also nicht nur an den Veranstaltern, das ist auch so ein bisschen das Publikum, was so Scheuklappen hat. Aber man muss natürlich zu Schubert und Schumann sagen – also eigentlich noch mehr zu Schubert - , das ist mit das Größte, was auf diesem Gebiet komponiert worden ist. Jetzt nicht jedes einzelne Lied, es gibt auch schwächere darunter. Mein Gott, was hat der Mann für tolle Musik geschrieben und was mich so daran berührt ist, wie genau der den Text erfasst und in Musik umsetzt, vom Klang her und vom Gesang. Das hat bei Schubert sehr große Unmittelbarkeit, Natürlichkeit. Das ist nicht gesucht und aufgesetzt und das fasziniert mich an ihm. Das fasziniert mich z. B. auch an Gustav Mahler. Da könnte man noch mehr Beispiele bringen. Max Eichhorn: Haben Sie Vorbilder? ,,Das Tolle beim Singen ist ja, wenn das einer kann, dann hört sich das völlig mühelos an. […] Und das ist natürlich nicht so einfach, wie sich das anhört.“ Christoph natürlich. Prégardien: Früher mehr Ja, als heute. Aber es gibt natürlich als lyrischer Tenor, der ich bin, da gibt es einen Namen, den muss man nennen: dann Das Wunderlich. immer ist Den Fritz werdet ihr auch kennen, der Tenor, der 1930 geboren ist und eine riesige Karriere gemacht hat in den 50er, 60er Jahren und leider 1966 schon im Alter von 35 Jahren tödlich verunglückt ist [ANMERKUNG: Wunderlich war auf dem Höhepunkt seiner Karriere - er sollte wenige Tage später sein Debüt an der Metropolitan Opera in New York geben - als er sich beim Sturz von einer Treppe einen Schädelbruch zuzog, an dem er am darauffolgenden Tag in einer Klinik in Heidelberg verstarb.] Von ihm existiert eine Vielzahl von Aufnahmen, bei denen zu hören ist, was dieser Mann für eine tolle Stimme, für eine Ausdruckskraft, für eine große Natürlichkeit beim Singen hatte. Das Tolle beim Singen ist ja, wenn das einer kann, dann hört sich das völlig mühelos an. Ein richtig guter Sänger, der klingt eigentlich so, als könntest du dich (zeigt auf einen Schüler) da jetzt auch gleich hinstellen nachmachen. Und und das das ist natürlich nicht so einfach, wie sich das anhört. Ann-Carolin Osterholt: Glauben Sie, mit ihrer Musik bei anderen Menschen etwas bezwecken zu können? Und wenn ja, was wäre das ihrer Meinung nach? Christoph Prégardien: Wenn ich auf dem Podium stehe, dann mache ich das nicht für mich selber, natürlich auch, weil es mir Spaß macht, aber natürlich will ich damit was erreichen. Nämlich: Ich will die Menschen erreichen, die unten sitzen und will denen etwas geben. Wenn Sie ins Kino gehen z. B., dann in einen guten Film, da lassen Sie sich richtig schön reinziehen. Das leben Sie emotional mit, die Freude, die Angst, den Schmerz, das Leid. Es gibt viele Leute, die heulen im Kino oder die lachen im Kino. Das geht mir auch so. Und eigentlich wünsche ich mir nur das für die Liederabende auch. Auch nicht auf dieser lauten Ebene, es Kunstform, ist die mehr nach eine innen geht. Aber sie soll die Gefühle der Menschen ansprechen. Und ich glaube, dass wir heute in einer Zeit leben, in der das – hat Michael vorhin schon anklingen lassen - ein bisschen kurz kommt. Die Beziehung zwischen den Menschen, anderen die mitteilen sich und dem zwar nicht mitteilen: „Ich hab mir jetzt gerade ´ne neue CD gekauft.“, sondern mitteilen, was wirklich wichtig ist: „Wie geht’s dir?“, „Was geht mit dir vor?“, „Was hast du im Moment für ein Problem – in der Schule, mit deinen Eltern, mit deiner Freundin und mit deinem Freund.“ Also Sachen, die wirklich, die eigentlich wichtig sind. Die ganzen Äußerlichkeiten, die heute so wichtig zu sein scheinen, sind ja eigentlich gar nicht so wichtig, wie wir immer glauben. Dragan Milicevic: Ja, danke, Herr Prégardien. Danke auch an euch. Als Letztes hören wir jetzt Johanna und Luisa, die sich jetzt speziell mit Ihnen, Herrn Gees, befasst haben. Johanna Heuser: Als Erstes wollten wir wissen, wie Sie Herrn Prégardien überhaupt kennengelernt haben. „Ihr passt janz jut zusammen, zwei.“ ihr Michael Gees: 1984! Ich war damals in einem merkwürdig sehr konstruierten Engagementsverhältnis mit der Frankfurter Oper verbunden und habe mit dem Hans-Peter Blochwitz [ANMERKUNG: berühmter Tenor – eigentl. Informatikingenieur, vor allem für Mozartpartien zusammen gemacht, bekannt] zuweilen der Liederabend hat Musik einen angeschleppt in Bad Nauheim und dann konnte er nicht, weil er erkrankt war. Dann hat er mir ganz kurzfristig den Christoph ans Herz gelegt und hat gesagt: „Der macht das auch sehr schön.“ Nun war der Christoph damals sogar so nett und ist nach Oldenburg in Oldenburg nicht weit von Bremen gefahren und wir haben uns kennengelernt, wir haben zusammen Musik gemacht. Das ging ganz gut. Dann haben wir zusammen ein Konzert gemacht. Das ging auch ganz gut. Und dann hat sein Papa nachher im Auto gesessen und hat uns so zu sich rangewunken und hat gesagt: „Ihr passt janz jut zusammen, ihr zwei.“ - Ja. Louisa Rivaletto: Dann würden wir noch gerne von Ihnen wissen, wie sehr Sie in Ihrem Metier voneinander abhängig sind. Also in ihrem Klavierspiel und ihrem Gesang. Michael Gees: Abhängig?! Ich bin natürlich abhängig davon, dass ich das gut finden kann, was der Christoph macht. Ich arbeite ja nicht nur mit Christoph zusammen, sondern zuweilen mit anderen Sängern auch. – Nicht so oft, aber schon und zwar mit Kammermusikpartnern und ich weiß, dass es die Situation für mich gibt, bei der ich mich eigentlich schäme, was deroder diejenige da auf der Bühne macht. Und dass mir das peinlich ist und dass ich nicht gerne mit auf der Bühne sitze. Und insofern ist es eine sehr große Abhängigkeit, weil die das natürlich merken, dass ich eine Fresse ziehe. Es ist mir mit dem Christoph allerdings noch nie so gegangen. In all den Jahren nicht, ich war immer stolz auf ihn – eigentlich für fast alles, was er gemacht hat. Und auch, wenn mal was nicht geklappt hat, dann eben darauf, wie er sich aus die Affäre gezogen hat oder wie er mir zum Beispiel dabei geholfen hat, mich aus der Affäre zu ziehen. Ich entsinne mich jetzt gerade an Barcelona, (grinst breit) vor Jahren. Wir hatten mittags Wein getrunken. Ich weiß, dass ich vorm Konzert nicht mittags trinken darf, auch Ich hatte nicht. gehofft, ich schlafe es weg, hatte aber nicht geschlafen, sondern kam also reichlich übermüdet und immer noch latent Bühne. betrunken auf die „Ich glaub´, wir fangen noch mal an.“ Ich habe dann Programm u.A. in diesem „Rastlose Liebe“ von Franz Schubert zu spielen gehabt – ein quirlig, quirlig schweres Stück, in dem man sich ganz gut völlig verhauen kann. Und genau das ist mir passiert und der Christoph war wirklich verratzt. Der wusste eigentlich gar nicht mehr weiter und hat sich dann breit grinsend zu mir umgedreht und gesagt: „Ich glaub´, wir fangen noch mal an.“ Ich kam mir zwar kurz vor wie ein Student, aber so war ich stolz auf ihn, weil er das so schön gemacht hat. Johanna Heuser: Dann würde uns noch interessieren, wie so ein typischer Tagesablauf bei Ihnen aussieht und wie sehr ihn vielleicht die Musik bestimmt. Michael Gees: Also, ich stehe auf um sieben. Dann esse ich, versorg´ mein Bübchen. Die Kleine geht ja noch nicht zum Kindergarten, aber der Bub´ ist jetzt fünf, der geht noch zum Kindergarten und bringe den dahin. Dann setze ich mich ans Klavier, wenn ich keine Termine habe, von neun bis schätzungsweise fahre ich ins kümmere eins. Dann Theater mich und da ums Administrative oder nehme da eben Termine wahr: Behördengeschichten, Proben oder, weiß ich nicht, je nach dem. Und dann komme ich von der Arbeit wieder, das ist jetzt ein ganz normaler Tag. Reisetage sehen anders aus, aber an normalen Tagen, an denen komme ich ich zu Hause von der bin, Arbeit wieder, kaufe ein, kümmere mich zwei Stunden um meine Kinder, bringe die ins Bett, insbesondere den Knaben, setze mich ans Klavier und übe zwei Stunden, manchmal drei. Dann ist es elf, bin ich reif. Louisa Rivaletto: Und die nächste Frage ist vielleicht ein bisschen gewagt, aber wir würden gerne wissen, warum Sie ihre Schullaufbahn damals abgebrochen haben. Michael Gees: Woher wissen Sie das überhaupt? Louisa Rivaletto: Das haben wir recherchiert. Technisch bedingte Pause, in der Michael Gees davon erzählt, wie er als ehemaliger Stipendiat am Mozarteum Salzburg mit 15 Jahren dem Druck der vorgezeichneten Wettbewerbskarriere entflieht. Er läuft fort von Schule, Hochschule und Elternhaus, sorgt durch Gelegenheitsarbeiten für seinen Lebensunterhalt, jobbt als archäologischer Helfer und fährt zwei Jahre zur See. Ein Zufall führt ihn 1974 zur Hochschule für Musik und Theater in Hannover, wo er das Studium der Komposition wieder aufnimmt und abschließt. Nun entwickelt er auf seinem individuellen Weg erstklassige pianistische Fähigkeiten, komponiert etliche Werke, wird international als herausragender Liedbegleiter von Christoph Prégardien bekannt und konzertiert weltweit, in Paris, London oder New York und Tokio. Michael Gees: So habe ich den eigenen Weg gefunden, auf eigene Faust zur Musik ohne Druck, habe mich als Komponist fortan definiert, das bin ich auch, auch wenn ich heute wenig schreibe, Noten aber für Gelegenheiten schaffe zusammenzubringen, also zu komponieren, zusammenzustellen, jetzt auch am Theater und so hat meinen Lebensweg mit einundzwanzig zum zwanzig, zweiten Mal begonnen. Johanna Heuser: Dann haben wir eben schon gehört, dass Sie nicht nur klassische Musik hören, aber wir würden gerne trotzdem wissen, was Sie an der klassischen Musik dann speziell fasziniert? „Reichtum der Möglichkeiten. Gute Musik findet sich in der klassischen Musik vergleichsweise öfter.“ Michael Gees: Der Reichtum der Möglichkeiten instrumentaler – Reichtum, Abwechslungsreichtum, Großartigkeiten, nehmen wir mal an, Richard Wagner, zu dem ich eigentlich ein eher skeptisches Verhältnis habe: Es gibt aber Musik von dem, die rüttelt mich bis in die Grundfesten durch, das ist einfach so, ich kann das nicht ändern. Mahler, bei dem mir das sehr ähnlich geht, Strauss, auch sehr ähnlich, Bruckner, falls ihr den kennt. Vor allem seine 8. Sinfonie lege ich euch dringend ans Herz. Das ist für mich größer als alles andere. Und dann gibt es eben – wir haben ihn ja schon erwähnt – Sting, beispielweise sein Lied „Moon over Bourbon Street“, das kennen Sie vielleicht. Da muss ich sagen, das ist soviel schlechter nicht, das ist zu Unrecht nicht auf dem Berühmtheitslevel gleichen oder Popularitätsverbreitungslevel, das einem beispielsweise für einen Schubert selbstverständlich geworden ist. Das sind sehr seltsame Zusammenhänge. Mich fasziniert, glaube ich, einfach gute Musik und die finde ich in der klassischen Musik vergleichsweise öfter. Louisa Rivaletto: Die letzte Frage an Sie beide zum Abschluss wäre, ob Sie das mangelnde Interesse heutigen Jugend der an klassischer Musik ärgert? Christoph Prégardien: Das Desinteresse? Was heißt ärgert? Da kann die Jugend ja nichts dafür, die Kinder, dass sie diese Musik, die sie ja nicht kennen. Das ist ja das Problem. Früher – wenn ich sage früher, dann hört sich das immer so an, als würde ich sagen: Früher war ja alles besser. Das ist natürlich nicht so, aber was musikalische Ausbildung angeht oder was Elternhäuser angeht, die mit ihren Kindern Musik machen, Instrumentalmusik, Singen, Kindergärten, in denen heute noch gesungen wird, das ist alles viel seltener, als es damals war und da muss man sich nicht wundern, dass Jugendliche im Alter von 15, 16, 17, 18 zu dieser Art Musik kein Verhältnis kannst nur Verhältnis haben. Du etwas ein was du zu haben, kennst. Es geht auch nicht darum, dass die Kinder dazu gezwungen klassische oder, werden Musik dass zu wir sollen, hören sagen, klassische Musik ist ja tausend Mal besser als die Popmusik oder sowas. Darum geht’s gar nicht. „Musikalische Kinder sind intelligenter.“ Es geht nur darum, dass man versuchen sollte, Auswahlmöglichkeiten schaffen und dass zu man Erkenntnisse nutzt, die sagen: Kinder, die sich mit klassischer Musik beschäftigen, Instrument einem die ein die in lernen, Ensemble spielen, Orchester, das kann auch ein Blasorchester größere sein, haben Lernerfolge, intelligenter, sind sind auch im sozialen Verhalten wesentlich weiter, besser, als Kinder, denen diese Möglichkeit nicht geboten wird. Und deshalb finden wir es, finde ich es sehr wichtig, dass man in frühen Jahren anfängt, die Kinder mit klassischer Musik zu konfrontieren – hört sich für mich komisch an - , aber es ihnen anzubieten. Und außerdem ist das Tradition: Musik, die eine viele Jahrhunderte alt ist und auch eine große kulturelle Errungenschaft, die Menschheit Und hat. die man muss Angst haben, dass das verloren und das darf nicht verloren gehen. Dafür kämpfen wir. Michael Gees: Ich stelle das gar nicht fest, das Desinteresse, weil es interessiert ja. Also, was wir ja beispielsweise Theater bei uns machen, im das interessiert ja. Das haben wir ja jeden Morgen, den Gott werden lässt, wir haben ja nicht nur Kinder bei uns, wir haben auch Heranwachsende bei uns. Viele Vorstellungen werden vor denen gespielt und wir haben handfest die Erfahrung gemacht, dass sie uns diese keineswegs natürlich Vorstellungen - nicht jetzt geht’s immer um Musik, sondern oft um Theater, aber zuweilen auch um Musik – und dass die uns Vorstellungen diese keineswegs auseinandernehmen zerschwätzen darüber oder oder ablachen, sich sondern dass die das ganz gut finden und wichtig. Die andere Seite ist, dass wir dann eben auf Sonntagnachmittag auch einem zuweilen Vorstellungen produzieren und dann kommt keiner von denen, die wir eigentlich erreichen wollen und dann frage ich mich immer, was ist da eigentlich los? Warum reicht das Interesse nicht so weit, das Einzelne sagen, ja, ich gehe dahin, weil ich weiß, das ist schön, was die machen und ich vielleicht sogar noch nehme einen Freund mit, also, den Ärger habe ich ehrlich gesagt noch nicht verstanden, dass dann die Trägheit da größer ist oder was weiß ich. Jedenfalls reicht das nicht dazu, um zu uns zu kommen. Obwohl es Themen sind, also ganz kurz, ich will das jetzt nicht verbreitern, wir haben aktuell einen Nathan bei uns, Lessings Nathan, haben eine sehr, sehr, sehr abgespeckte, sehr gekürzte, sehr straffe Form vorgelegt. Das betrifft natürlich Menschen genau Ihres Alters, es betrifft alle Menschen, die interkulturellen mit dem Konflikt, den interreligiösen Konflikt, den wir jetzt alle am Bein haben, täglich hautnah zu tun haben und alle sagen uns auch, ja, das Ding, das versöhnliche inspirierend hat Kraft, nach eine das der ist Seite, dass man sich einfach intimer, näher, interessierter, aufgeschlossener miteinander befassen muss: Gespeist aus Musik, gespeist aus Hingabe, gespeist aus Geist! Aus Geist, da bestehe ich darauf! Sagen die auch und dann kommen sie sonntags nicht. Den Wunsch habe ich, aber den habe ich jetzt nicht an Sie oder Ihre Kolleginnen und Kollegen gerichtet. Ich muss den weiter verfolgen! Aber vielen Dank für die Frage! Dragan Milicevic: Ja, danke an Johanna und Louisa und vielen Dank noch einmal an Sie, Herr Prégardien und natürlich auch an Ihren Begleiter, Herrn Gees und danke auch an Frau von Imhoff fürs Kommen, und ich möchte jetzt auch noch hinweisen, dass Gelegenheit für darauf jetzt die die Schüler wäre, das ein oder andere Autogramm zu ergattern. Christoph Prégardien: Ich würde gerne noch was sagen, und zwar, ihr habt das ja wunderbar vorbereitet, aber ich habe nur mal eine Frage. Bestehen vielleicht von weiter hinten noch irgendwelche Fragen? Vielleicht gibt's ja noch Leute? Wir haben ja noch Zeit, es ist ja erst 12:50 Uhr, also wenn jetzt Fragen sind, die nicht vorbereitet sind oder entstanden dieses sind im Laufe Gesprächs, dann können Sie, wenn Sie nichts dagegen haben, diese gerne stellen. Herr Müller-Willems: Ja, dann fange ich einfach mal an. Ich habe neulich eine Sendung über Christa [ANMERKUNG: Ludwig Deutsche Opern- und Konzertsängerin.] gehört, eine berühmte Sängerin und die hat zu Hause eigentlich mit ihrer Stimme nur geflüstert. Nur mit Gestik hat sie sich mit ihrem Mann damals verständigt wundere mich Und ich darüber, wie locker sie mit ihrer Stimme umgehen können. Ist das immer so oder legen sie einen bestimmten Schongang ein? „Flüstern kann nicht gut sein.“ Christoph Prégardien: Nein, ich bin da sehr unkompliziert, es gibt da sehr verschiedene viele Ansichten darüber, also es gibt Pavarotti, der hat auch gesagt, er hat zwei Tage gesprochen vorher oder nur nicht noch Spaghetti gegessen, was weiß ich. Das ist eine sehr seltsame Vorstellung. Ich habe mir gesagt, ich probiere aus, was ich kann, was meine Stimme abkann bzw. wie weit ich gehen kann. Was ich am Tag vorher brauche oder am Tag des Konzertes, ist der Vormittag. Da kann ich noch üben, da kann ich auch noch eine Probe haben, aber was mir sakrosankt [ANMERKUNG: unantastbar, heilig] ist, ist der Nachmittag, also von 14 Uhr oder so bis zum Konzert, das ist so meine Vorbereitungszeit, da brauche ich Ruhe, da muss ich mich noch mal hinlegen und dann in aller Ruhe einsingen, dass ich abends um acht fit bin. Die ganzen Sachen wie nur noch mit Schal rumlaufen, das habe ich mir abgewöhnt, weil ich gemerkt habe, ich bin nicht anfällig, also ich normal kann im auch Winter ganz draußen ´rumlaufen, wenn's dann mal richtig kalt ist, zieh ich auch einen Schal an, wenn's regnet, nehme ich einen Schirm, aber ansonsten Leben zu versuche ich ein führen, was so normal wie möglich ist. Es gibt Leute wie Frau Ludwig, die das anders handhaben, wer das braucht, okay. Wenn man keine Kinder hat und keine Familie und einen Mann, der dafür Verständnis hat, dass sie nur flüsternd durch die Gegend läuft. [flüstert] Flüstern Ich manchmal finde ziemlich gefährlich für die Stimme, das kann nicht gut sein. Dann lieber gar nichts reden und nur noch schreiben. Dragan Milicevic: Ja, sonst noch Fragen? Herr Thomann: Wie viele Konzerte geben Sie in einem normalen Konzertjahr und wie stimmen Sie das auf die Programme ab? Müssen Sie diese auch nachhaltig verändern, wie sieht das aus? „60 Abende im Jahr.“ Christoph Prégardien: Ja, das ist oft ein Problem, also, wir haben uns im Laufe der letzten 15-20 Jahre ein sehr großes Repertoire erarbeitet. Es gibt Stücke, die kommen immer wieder: Winterreise, Schöne Müllerin, Schwanengesang, auch andere Programme, die wir gemeinsam zusammengestellt haben. immer Die kommen wieder, dann doch ist es schön. Problematisch wird es, wenn zu viele Programme in zu kurzer Zeit hintereinanderkommen, dann muss man sehr genau planen, dass man, wir singen ja auswendig. Manchmal hab ich Texte da stehen, also nur die Texte, nicht Konzert, die aber, Noten ich im glaube, abrufbereit habe ich so 10-15 verschiedene Programme, die könnt ich morgen Abend singen. Sie fragten wie viele Konzerte ich im Jahr habe, ich habe das nicht gezählt. Also ich schätze mal, meine Kölner Anwesenheit sind ungefähr 100-120 Tage, also ich singe so 60 Abende im Jahr noch zusätzlich. Ulrich Wirtz: Sie haben eben noch gesagt, sie wollten uns sagen, was ein guter Sänger braucht, also was für Eigenschaften man braucht. ,,Durch Technik füllt man Säle.“ Christoph Prégardien: Nein, ich wollte eigentlich was über die technische Seite des Singens sagen. Viele wundern sich sicher, dass man singen lernen muss, also dass es ein Studium gibt, des Gesangs. Ich habe das gemerkt bei Recherchen für ein Buch, was ich geschrieben habe, für Schott [ANMERKUNG: Zweitältester und Europas größter Musikverlag mit Sitz in Mainz], eine DVD-Produktion mit Buch dabei, und da hab ich doch gemerkt, dass viele Leute völlig falsche davon Vorstellungen haben, wie schwer singen eigentlich ist, was man da alles können muss dafür. Das, was wir machen als Sänger, ist ja kein natürlicher Vorgang. Mit der normalen Stimme, so wie sie Volkslied singen, die Normalfall kann kein ja im Opernhaus füllen. Das größte Problem ist eine Stimme so auszubilden, dass sie tragfähig ist, d.h. dass das Oberton-Spektrum stimmt und dass sie groß genug ist, um z. B. die Tonhalle zu füllen. Die hat, glaube ich, 1 500 Plätze ungefähr, wenn sie mal die MET [ANMERKUNG: Gemeint ist die Metropolitan Opera in New York, einem der weltweit führenden Opernhäuser mit 3 900 Plätzen] gesehen haben in New York, ein Riesending, die hat über 3 000 Sitzplätze. Wenn du in so einem Saal stehst - da habe ich noch nicht gesungen, in der Scala [ANMERKUNG: Gemeint ist die über 230 Jahre alte Mailänder Scala, eigentlich Teatro alla Scala, die weltweit zu den wichtigsten Opernhäusern gezählt wird.] habe ich gesungen, da sind auch über 2 000 Plätze – dann denkst du, wie soll das gehen, dass du mit Stimmbändern ungefähr deinen zwei – so lang mit den [zeigt Fingern ca. 3 cm] – dass du dieses Haus füllst. Aber das funktioniert durch Technik. Das kann nicht jeder lernen, aber man kann es lernen und vermitteln. Deswegen dauert ein Gesangsstudium so lange, weil der Körper, die Muskulatur muss so trainiert werden. Das ist wirklich Hochleistungssport. ein Aus dem Publikum: Können Sie da ein Beispiel nennen, sodass man sich das etwas anschaulicher vorstellen kann? Was lernt man beispielsweise zuerst? Christoph Prégardien: Ein wichtiger Punkt ist die Atmung. Was eigentlich im Mittelpunkt steht ist der Tonansatz. Der Tonansatz heißt: Wenn ich einen Ton singe, wo spüre ich den? Viele Sänger reden von der Maske, der heißt Vordersitz. Die Stimme muss nach vorne, wenn die Stimme hinten im Hals sitzt [macht Geräusch wie Kermit, der Frosch], das ist schlecht, die muss nach vorne [singt vorne gelagerten, tragfähigen Ton]. Dann ist die Stimme schöne vorne in der Maske, nennt man das. Das ist ein Ton, der trägt sehr weit, weil er viele Obertöne hat. Aber das kann nicht jeder gleich. Wenn eine junge Frau oder ein junger Mann zum ersten Mal zum Gesangsunterricht kommt, dann muss ich erstmal checken, welche Vokale sitzen bei der/dem an der richtigen Stelle. Bei manchen ist es „e“, bei vielen das „e“ und das „i“, also die hellen Vokale, bei manch wenigen ist es das „a“. Ich weiß nicht, wie das bei euch geht, auf welchen Vokalen ihr gerne singt, wenn ihr singt. Die meisten singen eigentlich gerne auf „a“, bei „e“ und „i“ geht der Hals zu. ,,MuskelaufbauTraining“ Ich muss also mit meinen Ohren hören: Was ist gut? Und wie kann ich jetzt alle Vokale auf diese Ebene bringen, dass die an der richtigen Stelle sitzen in Kombination mit dem Atem? Den hatte ich eben auch schon genannt. Es ist ein Unterschied, ob ich einen Ton singe - ich kann das mal demonstrieren – [singt Ton, der weiter hinten gelagert ist] ein gestützter Piano-Ton, der wirklich sitzt, auf der der würde Atemsäule dann so klingen [singt gestützten Ton, der tragfähiger und deutlicher klingt] Das ist ein Ton, den hört man sofort, der wesentlich voluminöser klingt. Mit dem ersten Ton kannst du vielleicht ein Zimmer, ein Übezimmer füllen. Aber jetzt z. B. bei so einer Aula hier, das ist natürlich schon ein bisschen größerer Raum. Da musst du schon deinen Körper ein bisschen anders benutzen. Und das muss man lernen, das ist quasi ein Muskelaufbau- Training, wie Sportler oder wie auch andere Musiker das lernen müssen. Frau von Imhoff: Auch von meiner Seite aus herzlichen Dank an die beiden Künstler, aber auch an Sie alle für die Vorbereitung und Durchführung. Ich habe noch zwei Bitten: Einmal hätte ich noch gerne ein Foto gemacht, hier direkt vor den Schülern, wenn das möglich ist. Und dann würde ich ganz gerne auch noch mal wissen, weil wir soviel über Sänger gesprochen haben, gibt Ihnen auch es denn unter Sänger, die eventuell auch in der Band singen? Meldungen] [vereinzelte Ah, ja – sehr interessant! Super! Weiter so! Und Instrumentalisten? [viele Meldungen] Boah, klasse! Macht weiter so! Chronistinnen und Chronisten: Kai Becker, Thomas Bochen, Marc-André Kerber, Anastasia Przibylla, Lisa Remus – Vielen Dank!