Modale Harmonik Skript Inhaltsverzeichnis Einleitung S.2 Begriffsklärung Allgemeine Charakteristiken Analysekriterien Kapitel 1 S.5 Der Jazz zwischen 1958-1964 Modus und Diatonik modale diatonische Akkord-Progressionen modale Dramaturgie Motivik, inside-outside, instant Coloring tonal Interchange, modal Interchange Kapitel 2 S.19 Der Jazz zwischen 1964-1969 Constant Structure Chromatik Dodekaphonik / Serielle Musik Kapitel 3 S.27 Der Jazz zwischen 1969-1980 Pedals / Vamps Slash Chords alterierte Diatonik Polychords Kapitel 4 S.35 Contemporary Jazz Modale Reharmonisation Non-Diatonik Lead Sheets Discographie Literaturhinweise Einleitung S. 45 Begriffsklärung "Modal" Modale Musik und die damit verbundene definierte Ordnung von Tönen untereinander, d.h. der Bezug der Töne zu einem Hauptton, die Kraft von Spannung und Entspannung innerhalb einer Tonreihe und zwischen den einzelnen Tönen ist auf die Gregorianik zurückzuführen. Natürlich wurde lange vorher "modal" gesungen, doch Begriffe wie Modus oder Modalität gab es da noch nicht. In der Lyrik des 12.Jh. galt der "Modus" als rhythmische Definition für Silben-Modelle wie den "Jambus" (rhythmisch, 3er Gruppe) "Modus" bezieht sich also ursprünglich auf den Rhythmus. Heute verstehen wir jedoch unter "Modus" die Organisation einer Tonfolge in einer bestimmten Intervallstruktur, z.B. "dorisch". Interessant ist auch die Entwicklung des Wortes "Melodie", ursprünglich aus "Prosodie" von Aristophanes, 450 v.Chr. (griechisch: pros = dazu und ode = Gesang), (lat: accentus = ad cantus): Dazu-Gesang, Gesang zum Text. Die Prosodie bezeichnet seit der griechischen Antike die Lehre von dern gesanglichen Merkmalen der sprachlichen Laute. Diese bestehen in der melodischen Stimmbewegung und Aenderung der Tonhöhe bei der Hervorhebung einer Silbe gegenüber anderen Silben, ferner Aspiration und in der unterschiedlichen Dauer der einzelnen Silben. Wir sehen, dass das Wort die Melodie, die Wichtigkeit bestimmter Wörter den Rhythmus bestimmte. Die erste Notenschrift, die Neumen, orientierten die Sänger vor allem über den Rhythmus der Gesänge Syrischer Hymnus 3. Jh. Viderunt Omnes Codex 121 Einsiedeln "Nicht-Funktionsharmonik" Die Modale Harmonik und die damit verbundene Auflösung der strengen funktionsharmonischen Gesetzte ist auf den Impressionismus Ende des 19.Jh. zurückzuführen. Komponisten wie Debussy, Ravel, Strawinsky und später Schönberg und Messiaen lösten das traditionelle funktionale Korsett auf zu Gunsten einer freieren Klangästhetik. Dies wurde erreicht durch: • Weglassen des starken funktionalen Merkmals, dem V7 - I-Bezug. • Auflösung rhythmischer 4er und 3er Formen zu Gunsten der Polyrhythmik und Polymetrik • neue Instrumentierungstechniken die grossen Tonumfang und Virtuosität forderten • Ergänzung des Tonmaterials durch "neue" Modi und Akkordstrukturen Die Akkordprogression ist nicht mehr so an eine Tonika gebunden, sondern steht zur Tonika in einer Art Schwebezustand. Traditionelle Akkordprogressionen fallen weg oder werden durch Akkordfarben ersetzt, die einen starken Tonikabezug verwischen. Dadurch entsteht bewusst ein polyvalentes, manchmal gar diffuses Tonalitätsbild. Die Wahl der Akkorde und Akkordprogression wird von einem individuellen, impressionistischen Klangempfinden geleitet. Trotz dieser scheinbaren Ordnungslosigkeit gibt es Merkmale die in der modalen Musik bestätigt sind. Klangmalerei Debussy 1892 Prélude à l'après-midi d'un faun Strawinsky 1910 Debussy 1903 Feuervogel Satz 6 & 14 Modi l'isle joyeuse Debussy 1905 Images pour Orchestre Rythmisches Design, offene Formen Igor Strawinsky 1913 Le sacre du printemps Kapitel 1 Der Jazz zwischen 1958 - 1964 Nach1958 drängte sich im Jazz eine Neuorientierung auf. Mit der Coltrane Komposition Giant Steps schien die Funktionsharmonik an einem Endpunkt angelangt zu sein. Es musste eine neue Umgebung geschaffen werden, die das Entwickeln musikalischer Ideen ermöglicht. Mehr Freirum für die Improvisation musste geschaffen werden. Miles und Coltrane, McCoy und Elvin waren die Wegbereiter des modalen Jazz. Die harmonische Einfachheit der ersten modalen Jazzkompositionen wie So what, Milestones, Spiritual u.a. ermöglichte Miles, Platz für seine linearen Melodien zu gewinnen. Coltrane hingegen nutzte die statische Harmonik um das Tonmaterial zu verdichten und seine Sheets of Sound zu entwickeln. Milestones 1958 My favorite Things 1960 Summertime 1960 S.57 S.56 melodischer, formaler, rhythmischer und harmonischer Vergleich zum Standard Original: John Coltrane's Spiritualität und deren Einfluss auf seine Melodik: Coltrane's Spiritualität lässt 1961 - 63 die Gregorianik in seine Kompositionen einfliessen...... Spiritual 1961 Tollite Portas Gregorianik Welcome 1962 Alabama 1963 ........seine Spiritualität drückt sich ebenfalls aus in seiner Rhythmik und Melodik. Die Dreifaltigkeit, die Tri-olen und der harmonische Terzbezug Impressions 1961 Acknowledgement 1964 (a Love Supreme) S.10 Resolution 1964 (a Love Supreme) S.11