1 Heroische Eddalieder (Mitschrift G. Rothlauf) http://www.univie.ac.at/skandinavistik/Lv/ledda2 auch über Homepage Nedoma erreichbar Benutzer: nedoma Passwort: Le2-her Einführung Begriffsdefinitionen 1. Was ist die Lieder-Edda? Was sind Eddalieder? Was sind eddische Lieder? 2. Wie sehen diese Lieder aus (formale /poetologische Charakterisierung) 3. Was sind Heldenlieder? 1. Liederedda- Eddalieder-eddische Lieder historischer Hintergrund: Island war selbständig bis ins späte 13. Jh., dann unter Norweg. Herrschaft, ab Ende des 15.Jh. Teil der Kalmarer Union, aus der sich Schweden im 16. Jh. herauslöste, Norwegen 1814Island blieb bis 1944 dänisch ( Unabhängigkeit durch Volksabstimmung) hochrangige Kulturgüter- v.a. Handschriften, die im 17./18. Jh. auf Island wieder entdeckt wurden, kamen nach Kopenhagen und wurden erst im 20. Jh. zurück erstattet. 1971 Rückgabe von Codex Regius und Flateyjarbók an Island Name “Edda” unklar, mehrere Deutungsversuche, alle unbefriedigend 1. edda ( altisl.) Urgroßmutter- weit hergeholt 2. óðr ( altisl.) Wut, Diskussion,Ekstase 3. Oddi: Gehöft in SW-Island –Entstehungsort? lautliche Problematik 4. edere ( lat. herausgeben): edo edidit – geht lautlich nicht auf Snorra-Edda ( = Prosa-Edda = jüngere Edda) Snorri Sturluson ( 1178/79-1241) nur die Snorra-Edda wird in mittelalterlicher Handschrift so bezeichnet- um 1220 entstanden Handbuch für junge Dichter zur Wissenserweiterung und Unterhaltung- Verständnis von alten Gedichten- zur Wortschatzerweiterung enthält nordische Mythen und Heldensagen stofflich starke Berührungen mit Liederedda Hauptteile in Prosa + Skaldenstrophen- eine Art Sekundärliteratur- 1. Rezeptionsstufe Liederedda ( = ältere Edda = Sæmunduredda) Name ist Gelehrtenirrtum Brynjólfur Sveinsson u.a. Gelehrte des 17.Jh. hielten die Liedersammlung des Codex regius für die Vorlage der Snorra-Edda und schrieben sie Sæmundur Sigfússon zu- aber damals haben etliche Texte noch gar nicht existiert Handschriften: 1. Handschrift : Codex regius ( = R) relativ kleine und schmucklose Handschrift 2 19-19,4 cm hoch, 13-13,4 cm breit Signatur GKS = Den gamle kongelige samling 1643: Brynjólfur Sveinsson (Bischof und Handschriftensammler) – unklar, wo R vorher war 1662: in königl. Bibliothek unter Frederik III, der diese gründete Der Codex regius wurde um 1270 von einem einzigen Schreiber geschrieben 45 Blätter in 6 verschiedenen Lagen. Zwischen 4.und 5. Lage ist eine Lücke, die eine ganze Lage umfasst Der überlieferte Teil ist offenbar vollständig R umfasst 2 Teile: mythologischer und heroischer Teil- in Handschrift markiert durch besonders große Anfangsbuchstaben: Vọluspá und Helgakviða Hundingsbana in fyrri Die einzelnen Lieder haben ebenfalls größere Buchstaben 11 mythologische = Götterlieder 18/19 Heldenlieder + 2 kurze Prosastücke Abfolge mythologischer Teil 1. Visionsdichtung = Echatologische Dichtung Vluspá 2. Lieder mit Figuren aus der höheren Mythologie 3 Lieder über Odin: 1 Lied über Freyr: 4 Lieder über Thor 2 Lieder über Wesen aus der niederen Mythologie Abfolge Heldenlieder Ordnung nach Stoffkreisen mit Tendenz zur chronologischen Reihenfolge 3 Lieder über Helgi: Helgakviða Hundingsbana in fyrri Helgakviða Hiọrvarðssonar Helgakviða Hundlinsbana in ọnnor 7 Lieder + 1 + Lücke Sigurd-Stoff: ( Nr. 15-21 auf Liste Nedoma) entsprechen 1. Teil des mittelhochdeutschen Nibelungenlieds: Jugend, Drachenkampf, Brynhild, Tod 9 Lieder ( Nr. 22- 30) entsprechen 2. Teil des Nibelungenlieds- Untergang der Nibelungen 1 Lied Rache an Ermanerich = Jörmunrek Hamðismál Datierung durch Scheibfehler und Art und Weise des Umgangs mit dem Platz entsteht der Schluss, dass ein oder mehrere schriftliche Grundlagen vor 1240 existiert haben müssen Gustav Lindblad: Thesen zu Vorstufen: palliographische und orthographische Unterschiede zwischen mythologischem und heroischem Teil → 2 getrennte Sammlungen, die (zum ersten Mal??) im Codex Regius zusammengeführt worden sind Abschriften von einzelnen / paarweisen Liedern zur Mythologie → eine Sammlung, die die Vorstufe zum Codex regius ist Die Heldenlieder sind homogener Vorlage muss um 1200/1210- jedenfalls vor 1240, gewesen sein 2. Handschrift A Anfang 14. Jh. AM = Arnamagnäische Handschriftensammlung 3 Árni Magnússon: isländischer Gelehrter, Professor in Kopenhagen, ca. 1702-1712: sammelt auf Island Handschriften 2 Fragmente: 1. Teil: 6 Blätter, die in sich doppelt fragmentarisch sind – es fehlt etwas am Beginn und am Ende und mittendrin ( Blatt 1 beginnt mitten in Hárbarðslióð) Balders Träume nur hier überliefert Verlust nach Blatt 2- Abbruch in Skirnismál, Vafþrúðnismál, bricht ab in Vọlundarkviðaursprünglicher umfang nicht feststellbar- waren es nur mythologische oder auch heroische Lieder? kein Ordnungsprinzip bei der Reihenfolge feststellbar Lieder aus R und A sind Eddaliedern u.a. andere ähnliche Lieder, die mitunter als Anhang in Edda-Handschriften stehen:Lieder in eddischem Stil =eddische Lieder= Edda minor Jedes Eddalied ist eddisch- aber nicht jedes eddische Lied ist ein Eddalied überliefert u.a. in Flateyjarbók, Snorra-Edda, 5 mythologische Lieder in einer PapierHandschrift des 17.Jh.--- s. Auflistung Materialien 2 2. formale/ poetologische Charakteristika der Eddadichtung gebundene, poetische Sprache im engeren Sinn- also Verse keine „Lyrik“ (Lyrik wird charakterisiert als Gefühlsausdruck, ist eine Umsetzung der Gemütsbeschaffenheit des Dichters) Stil: viele Eddalieder sind erzählend oder monologisch Die Lieder wählen aus- keine durchgehende Erzählung, sondern Schilderung von markanten Passagen innerhalb des Stoffs- Handlung wird in Monologen (Verwendung der direkten Rede) erzählt. Die verbindenden Passagen (z.B. bei Schauplatzwechsel) sind nur knapp, ohne erklärende Details „ doppelseitige Ereignisbilder“ (A. Heusler): episch- dramatisch: einerseits hochstilisierte Reden, andererseits verbindende Passagen → damalige Zuhörer müssen mit Geschichten vertraut gewesen sein, hatten also einen anderen Rezeptionshorizont als wir heute- wir haben ein anderes „ kulturelles Gedächtnis“ Vieles, was in Eddaliedern angedeutet ist, wird in Snorra-Edda ausgeführt. Snorra-Edda ist 1. Stufe der Rezeption- alte Stoffe werden fixiert und erklärt eddische Lieder sind also Literatur in Versen, in Strophen Vers (von lat. vertum = gedreht, gewunden) Wiederkehr von bestimmten sprachlichen Besonderheiten akzentuierte = betonte Silben (Hebungen) = Metrum → Rhythmus Sprechgrenzen (Verse im engeren Sinn) Der Rhythmus wird durch andere klangliche Elemente unterstützt 4 Form: Charakteristisches für Eddalieder: 1. Text in Strophen (= Textblöcke) Strophen in einzelnen Verszeilen, welche in sich zweigeteilt sind (Zwischenraum) 2. Stabreim = Alliteration = Anreim Gleichklang des Anlauts- Lautreim ( Endreim = Silbenreim) Stabreim unterstützt Merkprozess nur bei Sprachen mit Initialakzent wie das Altnordische u.a. germanische Sprachen im Altnordischen reimen untereinander: gleiche Konsonanten alle Vokale st, sp, sk (nur st mit st usw) 3. Versmaß =Metrum ( S. M3 5.) quantitativ 2 Hauptmetren finden in Eddaliedern Verwendung: fornyrðislag ( “Altredemetrum”, von orð =Wort) charakteristisch für erzählende Lieder (ältere Heldenlieder und erzählende mythologische Lieder: Vluspá) setzt direkt den altgermanischen Stabreimvers fort eine Strophe besteht normalerweise aus 4 (3-6) Langzeilen 2 Langzeilen bilden eine syntaktische Einheit jede Langzeile besteht aus 2 Kurzzeilen: Anvers und Abvers jeder Kurzvers hat 2 Hebungen, meist auf “sinnschweren” Wörtern ( Substantive, Adjektive, Pronomina- kann auch in zusammengesetzten Wörtern sein) und die normale Satzbetonung entspricht in etwa der Betonung im Vers→ 4 Hebungen/Vers Alliteration: im Anvers alliteriert entweder 1. Hebung, 2. Hebung oder beide mit der 1.Hebung des Abverses die 2. Hebung des Abverses alliteriert nie Die Silbenfüllung /Silbenzahl pro Vers ist einigermaßen frei- es werden also nicht Silben gezählt. 3-7 Silben/Vers, meist 4 oder 5 Silben größere Schwankungen bei Silbenzahl eher bei älteren Liedern, jüngere Lieder sind eher regelmässig Beispiel Hamðismál Mat3/6 Die erste Strophe- sticht heraus- später zum Rest des Liedes hinzugefügt? “Weinen der Alben” bedeutet am Morgen ( wegend er aufgehenden Sonne, die die Alben versteinern lässt) ljoðaháttr ( “Liedermetrum”, “Spruchmetrum”) Die Annahme, dass Verwendung ursprünglich in Zaubersprüchen, ist nicht gesichert v.a. in mythologischen Eddaliedern, Spruchdichtung, Wissensdichtung ( rein dialogische Dichtung ist seltener als das fornyrðislag- ca. ¼ der Eddalieder Strophe: 4 Zeilen Wechsel von Langzeile und Vollzeile ( = nicht in sich gegliedert, 2 alliter. Hebungen = 2 rhythmisch akzentuierte Silben) oft noch eine zusätzliche Hebung- aber das ist Interpretationssache 5 Regularien sind bei diesem Versmaß lockerer- manchmal eine Langzeile und mehrere Vollzeilen oder 6 zeilige Strophen ( 3 Langzeilen, 3 Vollzeilen) Entstehung und Überlieferung von Eddaliedern Dichter: anonym Alter: unterschiedlich Problem: die altisländische Sprache war sehr konservativ und bietet daher keine Datierungshinweise Entstehung der Eddalieder zwischen 8./9. Jh (Konstitution des Altnordischen) und 13. Jh (Codex Regius) Zur Datierung gibt es unterschiedliche Meinungen (als Kriterien wurden jeweils Stoff, Metrik, Themen, usw. herangezogen) bei Alter ist der Gesamttext der vorliegenden Lieder gemeint (mit ev. kleinen Umarbeitungen/Ergänzungen) die ältesten Lieder sind wohl 300 Jahre vor der Niederschrift entstanden - mytholog. Lieder und ältere Heldenlieder Überlieferung: mündlich poetische Form verhinderte das “Zersingen” Vọluspá: 66 Strophen Atlakviða : 43 Strophen jeweils durchschnittlich 4 Zeilen- Menge ist unproblematisch zu merken stoffliche Gegenstücke in anderer altgermansicher Literatur, aber in der Form sind die Eddalieder einzigartig. andere germanische Lit: v.a Großformen: Beowulf ( altenglisch) 3182 Verszeilen Nibelungenlied (mhdt, B-Version) 2376 Strophen – ung. 9500 Verszeilen “epischer Bedarf” (Ausdruck von Heiko Uecker) wird in Island mit Prosa (Sagas) gedeckt Andreas Heusler versucht, an Hand der Eddalieder das idelatypische altgermanische Heldenlied zu rekonstruieren- postuliert es als gesamtgermanisches Gemeingut zur Völkerwanderungszeit- keine Überprüfung dieser Idee möglich wegen mangelnder Quellen. 3. Heldensage-Heldendichtung Konkreter Beginn in Zeit und Raum ( wann und wo begann Mythos) nicht feststellbar bei den Stoffen, auch nichts über die Veränderungen im Lauf der Zeit- Grund dafür: keine andere Überlieferung als aus dem norddeutrschen Raum, keine Vergleichsmöglichkeiten der Quellen, keine Stoffgeschichte. Wurzeln in der Völkerwanderungszeit Ausgestaltung desselben Substrats in verschiedenen Literaturen Begriffsdefinitionen: Sage- Saga- Heldensage- Heldendichtung etymologisch Saga und Sage gleich: etwas Erzähltes (altisländisch) Saga literarische Gattung, literarisch geformte Geschichte, produktiv im 12.-14. Jh. auf Island. Variation von Kurzgeschichte, Biographie, realistischer Roman 6 nüchterner Erzählstil, unterbrochen von direkter Rede ( in moderner Zeit: Familiensaga Forsythe-Saga) Sage volkstümliche mündliche Überlieferung, teilweise mit phantastischem Touch. Gibt es bei allen Völkern, zu allen Zeiten. Ständige Umgestaltungen und Umdeutungen entsprechend der jeweiligen Kultur, Tradition und Zeit. Ein bestimmtes historisches Ereignis bzw. eine Person → Sage Im Laufe der Zeit entstanden Verbände, Sagenkreise, mit planer Chronologie Volksmärchen (VM) –Sage (S) bzw. Heldensage (HS) Sage hat höheren Authentizitätsanspruch, knüpft an in Raum und Zeit wirklichen “merkwürdigen” Anlass an - zunehmende Ausschmückung und Umgestaltung - historischer Kern nur mehr schwer erkennbar Volksmärchen kein historischer Kern Sage : Phantasie führt nicht zu Grenzüberschreitung der realistischen Welt - trotz magischer rund mythischer Elemente bleiben die diesseitige und die jenseitige Welt getrennt ( in Volksmärchen Vermischung) Volksmärchen: Happy End –Stereotyp Heldensage: tragisches Ende manche Motive treten in beiden Gattungen auf Heldensage- Heldendichtung: Bezeichnung erst in moderner Zeit beinahe universelle Phänomene Gilgamesch-Epos: älteste Heldensage: 3. Jahrtausend vor Chr in Uruk, Zyklus sumerischer und babylonischer Dichtungen, fragmentarische Überlieferung seit 2. Jahrtausen v.Chr. Bylinen: jüngstes Beispiel, “Erzählungen von wirklichem Geschehen”, mündliche tradierte epische Heldendichtungen, 5-600 Verse mit Zäsur in Mitte, fixiertes Gerüst Formelbestand, Struktur- Sprechgesang zu Saiteninstrument, in mehreren Varianten. Sängerin Mafa Krukowa gemeinsam mit Heldensage: starkes Traditionsbewusstsein und archaischer Wortschatz Unterschied zu Heldensage: Form, Umfang, Improvisationstechnik in Vortrag produktiv ab 10./11.Jh in Kiew bis 20. Jh. Held-Heros Heros = gr. tapferer Held, Halbgott hat bestimmte Eigenschaften- kann dadurch sichtbar machen, was den Menschen prinzipiell möglich ist- Leitbild der menschlichen Ereignisse mögliche Motive in Heldensagen: Heldentaten durch überdurchschnittliche Ausstattung ( psychisch und physisch) besondere Abstammung, teilweise von Göttern (Herkules) bedrohte Jugend Kampf mit Ungeheuern Verbannung- siegreiche Rückkehr Erringen von schönen Frauen besonderer Tod charakteristisch ist die bewunderungswürdige Tat, aus der sich das Heldenhafte manifestiert Streben nach persönlicher Ehre und Nachruhm in vielen Dingen vorbildhaft 7 Tugenden sind je nach Zeit, Kultur, Gesellschaft anders (Körperkraft, Geschicklichkeit, List – Odysseus) – entsprechend den Idealen der jeweiligen Gesellschaft Heldensage hat wenig Interesse an unproblematischen Taten, wichtig sind Verwicklungen, Konfliktsituationen, in die die Protagonisten oft geradezu hineinstolpern und sie dann lösen müssen Ende des Heldenlebens meist tragisch germanische Helden oft durch Übermut,Überheblichkeit, Präpotenz charakterisiert- manchmal tun sie das Rewelwidrige und Unvernünftige Helden handeln nie nach Bequemlichkeit oder Vorteil Verhältnis Heldensage- aussertextliche Realität meist konkreter historischer Anknüpfungspunkt Heldensage ist keine getreue historische Überlieferung, keine Dokumentation von Fakten Heldensage hat wenig Interesse an chronikalem Bericht in schriftloser Gesellschaft hat sie die Funktion von Überlieferung und wird dann auch für wahr bgehalten “heroic age” besonderes Zeitalter, irgendwann in Vorzeit griechische HS: trojanische Kriege germanische HS: Völkerwanderungszeit Beginn Völkerwanderung mit Hunneneinfall in Osteuropa im Jahr 375. Ostgotenreich (Ukraine-Baltikum-Ural-Schwarzes Meer) wird zerstört, König Ermanaricus begeht Selbstmord Ende: Eroberung Norditaliens durch Langobarden 568 = Ende der Wanderbewegung der Germanen. Fast alle Heldensagen-Stoffe sind an Personen und Ereignisse dieser Zeit gebunden. Beispiel Untergang des 1. Burgunderreichs am Mittelrhein (um Worms) durch hunnische Truppen → Untergang durch Attila (Atlakviða) Enthistorisierung (Umdeutung des histor. Kerns) Personalisierung ( skandinavischen Eddalieder): Konflikte, Kriege usw. zwischen Völkern→Auseinandersetzung zwischen Einzelpersonen, Völkerschlachten → Zweikämpfen ursprüngliche Ereignisse sind nur mehr Matrix Tendenz, innere Zusammenhänge , intertextielle Begegnungen zwischen Heldensagen herzustellen → Protagonsiten werden zu Zeitgenossen Þiðreks saga af Bern 3 Personen aus 3 Jahrhunderten treten gleichzeitig auf: plane Chronologie Ermenrich (Ermanarich, † 375) Dietrich v. Bern (Theoderich, † 526) Atli, Etzel (Attila, † 453) “Heldensagenenzyklopädie”, enthält sozusagen alle germansichen Heldensagen aus Norddeutschland und Norwegen, alle Helden agieren miteinander Heldensage- Heldendichtung Heldensage: ungeformte Überlieferung im heroic age der Völkerwanderung. keine Belege-aber es muss sie gegeben haben. Heldendichtung: poetisch geformte Heldensage 1. schriftlich fixierter Beleg ist Hildebrandslied ca. 810/820 in Althochdeutsch Ende der produktiven Phase ist Þiðreks saga af Bern 13./14.Jh. (altnordisch, die mittelhochdt. Dietrichepen etwas später) 8 Tacitus: Germania, Ende 1. Jh. berichtet von Liedenr, die Germanen über Herkules singen “interpretatio romana” fremde Kultur wird mit eigener Kultur ( der Römer) verglichen und danach benannt- es war ein anderer Germanen-Held und nicht Herkules Dichtung aus Völkerwanderungszeit ist nicht erhalten! Konkrete Ausformung als Dichtung veränderte sich in Form, Stil, Sprache, Thema... erhaltene Texte sind Produkte ihrer Zeit, also die Nachfolge altgermanischer Dichtungen Überlieferungswege Die Heldensagenfabeln werden internationalisiert- d.h. die Sagen wandern und werden nicht dort aufgezeichnet, wo sie entstanden sind Beispiel: Hamðismál - Hunneneinfall 375 in Osteuropa auch Beispiel für Personifizierung (2 Brüder gegen Ermanerich) Wolfgang Haubrichs: 2 Aufsätze über Wanderwege der Heldensagen-Fabeln (Mat.5): anschaulich, aber simplifizierend unklar ist beispielsweise der Ursprung der Sage von Wieland dem Schmied Nicht die Wanderwege, sondern die durch die zufällig erhaltene Überlieferung bekannten Zwischenstadien werden dargestellt! Zur Zeit der Völkerwanderung bis ins 8. Jh. war die dialektale Aufgliederung (Gotisch, andere ostgermanische Sprachen, Anglofriesisch, andere westgermanische Sprachen, Althochdeutsch, Altsächsisch, Nordgermanisch) wahrscheinlich nicht sehr weit fortgeschritten, man hat einander noch verstanden. Mangels Quellen ist aber unklar, wie diese Kommunikation verlaufen ist (Semikommunikation so wie in Skandinavien heute, Dolmetscher ???) In älteren Heldenliedern sind poetische Lehnwörter aus dem Süden (von Skandinavien aus gesehen) Beispiel: Vọlundarkviða Strophe 2 Svanhil dró ( von draga): im Sinn von “tragen” verwendetin westgermansichen Sprachen und Gotisch beduetet das auch “tragen”, (als Fossil aus Vorform beibehalten) im Altisländischen “schleppen, ziehen” Heldenlieder sind nur in jeweils in einer einzigen Ausführung erhalten! Die Art der Transmission (Weitergabe) ist daher nicht beurteilbar. Besprechung der Lieder erfolgt nach intra- und intertextuellen Kriterien (Struktur, darstellungsweise), nicht nach Reihenfolge im Codex Regius! Probleme der Textkonstitution und Übersetzung s. Mat. 4 1. Textkonstitution 1. 1. Faksimile: Abbildung vom Originaltext, durchgehender Text, nur ausnahmsweise Interpunktion, Abkürzungen 1. 2. Transliteration aufgelöster diplomatischer Text mit allen Besonderheiten der ursprünglichen Schreibweise, nur Abkürzungen sind aufgelöst (kursiv) und Wortgrenzen ersichtlich 1.3. normalisierter Text in Langzeilen und Kurzzeilen gesetzt , orthographisch, Anmerkungen im kritischen Apparat (auch Hinweis auf Fehler im Originaltext) 9 2. Übersetzungen nach 2 Prinzipien: Übernahme von möglichst viel Form, Poesie ins Neuhochdeutsche- also von Alliterationen, Rhythmus → starke Veränderungen des altisländischen Textes Übersetzung Wort für Wort → Poetizität geht verloren Übersetzungen sind nur Annäherungen (s. Beispiele) Hintergrundinfo zur Vọlsunga saga entstanden wahrscheinlich Mitte 13. Jh. also nahe an den Eddalider relativ alte Vorzeitsaga nur in einer alten Handschrift von um 1400 erhalten (und einige neuere) umfasst die Genealogie mehrerer Geschlechter der Sippe der Völsungen, deren Stammvater Odin ist- u.a. Leben und Sterben von Sigurd, Untergang von Gunnar am Hunnenhof – entspricht also in etwa dem Nibelungenlied, hat aber Vorgeschichte Ein großer Teil der Vọlsunga saga ist eine Prosaparaphrase der eddischen Heldenlieder, der Handlungsverlauf folgt ziemlich genau der Abfolge im Codex Regius – man kann daher auf den Stoff der im R. bestehenden Lücke schliessen teilweise sind ganze Wendungen aus der Edda prosaisch eingearbeitet. Atlakviða 1. Überlieferung und Überlieferungszustand 1.1. Textgrundlage und Überlieferung in Handschrift nur im Codex Regius in Vọlsunga saga (Kap. 33-38) verarbeitet zusammen mit der Atlamál 1.2. Liedtitel Überschrift steht mit roter Tinte im Codex Regius: Atlakviða inn grœnlænzka Atla = gen. von Atli kviða = erzählendes Lied “ grönländisch” ist wahrscheinlich Irrtum eines Abschreibers, der dies vom 2. Atlilied übernommen hat. Die Atlamál ist wohl wirklich auf Grönland entstanden. Titelfigur ist Atli, Protagonist ist Gunnar, aus derssen Gesichtswinkel das Geschehen geschildert wird. Gunnar verfügt- zusammen mit seinem Bruder Họgni- über einen unermesslichen Reichtum ( von Sigurd). 1.3. Textumfang 43 Strophen vor dem roten Liedtitel steht ein kurzer Prosatext, der das Geschehen zusammenfasst: Gunnars und Họgnis Schwester Guðrun ist mit Atli verheiratet, der Vater der Geschwister heisst Giúki. Guðrun rächt ihre Brüder, “ wie es berühmt geworden ist”. Sie erschlägt die gemeinsamen Söhne und dann Atli, steckt die Kriegshalle in Brand und die ganze Gefolgschaft kommt um. 2. Datierung Die Atlakviða gehört zu den vier alten Eddaliedern: Atlakviða ( Codex Regius ) Vọlundarkviða (Codex regius mythologischer Teil) Hamðismál (Codex Regius) 10 Hlọðskviða (Lied von Hlọð) In Edda minorica Sie bilden eine eng umgrenzte Gruppe mit folgenden Gemeinsamkeiten: 1) Importe aus dem südlichen (kontinentalen) Europa 2) Entstehungszeit vor 1000 (9,10. Jh.) Indizien zur Alterbestimmung: formale Unregelmässigkeiten : Metrum und Strophengliederung: Anzahl der Langzeilen/Strophe schwankt je regelmässiger Versmaß und Strophenbau sind, desto jünger ist das Lied hohe Frequenz an “Füllwörtern” of, um gehen auf wetgermanische Verbalpräfixe zurück, sind aus metrischen Gründen beibehalten, haben aber keine weitere Funktion und können bei Übersetzung vernachlässigt werden, Relikte je mehr, desto älter ist der Text ( aber es ist auch gewollter sprachlicher Archaismus denkbar) Lehnwörter aus westgermanischen Sprachen deuten auf südliche Herkunft und hohes Alter der Lieder (dró) altertümlich anmutender Erzählstil und Darstellungsweise (doppels. Ereignislied) 3. Darstellungsweise Andreas Heusler: doppelseitiges Ereignislied episch- dramatisch keine komplette Ereignisdarstellung einer Fabel, Konzentration auf wesentliche Szenen, die durch direkte Rede (Monologe u.v.a. Dialoge) herausgehopben werden aus der Erzählung Abfolge epischer Teile (Erzählung) und Rede (dramatisch) Stoff wird verkürzt wiedergegeben, das betrifft die Hintergrundinfos (Nebenpersonen, Nebenschauplätze, verbindende Passagen, Schauplatzwechsel, Details..) Den mittelalterlichen Rezipienten war das alles gegenwärtig und bekannt, wir brauchen zum Verständnis Parallelüberlieferungen straffe Struktur lässt wenig Platz für erklärende Zwischentexte- Abfolge von “ruckweise aufeinanderfolgender Szenen”, “springender Stil” (Heusler) Versmaß: fornyrðislag 4. Struktur und Inhalt typischer Plot für Heldenlieder: Einleitung optional (fehlt in Atlakviða) I Provokation, Anstiftung zur Tat: hvọt II: Auszug und Fahrt (Schauplatzwechsel) III Untergang des /der Protagonisten optional: Epilog in Atlakviða drei Gelage in Königshallen. Nach Alois Wolf ist das eine wiederkehrende Situation, von der das Geschehen seinen Ausgang nimmt- eine Erzählschablone typisch: Alkohol, Lärm, Feier, Waffen I) Provokation Str. 1 Gunnars Halle- es kommt ein Bote Atlis 11 Hinweis auf vergangene Zeiten (Prologfunktion) Verhältnis zwischen den Gjúkisten und Atli ist nicht das beste ( 2. Str.) auffallend in dieser ersten Hallenszene : es fehlen die Hochstimmung und das kriegerische Element ( kein Hinweis auf Waffen oder Krieger) Str. 1 vermittelt einen friedlichen Eindruck, aber in Str. 2 erfolgt Hinweis auf das kommende Unheil (Gefolgsleute fürchten Zorn der Hunnen, Bote spricht mit kalter Stimme) Bote sagt, Atli habe ihn ausgesandt, um die beiden (= Gunnar und Hgni) einzuladen, und zählt Geschenke auf, die sie bekommen sollen (Waffen, Pferde, die Gnitaheide, den Myrkviðr = Grenzwald zwischen Hunnen und Burgunden, Ufer des Dnjepr usw)- auf ersten Blick großzügig, aber eigentlich Provokation, weil Mit Gaben werden prinzipiell niedriger Stehende verpflichtet Knefröd, der Bote, hat nichts mitgebracht, sondern redet nur offenbar sind versprochene Geschenke nicht ernst gemeint- die Gnitaheide besitzt Atli nicht, die Ufer des Dnjeprs sind sein Kerngebiet, das er sicher nicht verschenken will Gunnar braucht die Geschenke gar nicht, hat genug von allem Atli sucht wohl krigerische Auseinandersetzung, erwartet seine Schwäger zum Kampf Gunnar antwortet dem Boten nicht, sondern spricht zu Hgni (er habe ja genug, brauche die Geschenke nicht...) Hgni weist auf den Ring von Gudrun mit Haar des Heidebewohners=Wolfshaar, signalisiert Gefahr alle am Hof raten ab, aber Gunnar will reisen, denn “sem konungs skylði” ( wie es einem König geziemt) und af móði stórum (aus großer Gemütsbewegung: Zorn, Mut ,Übermut...) keine weitere hvt (Aufreizung) notwendig Bote verschwindet aus der Geschichte, hat seine Aufgabe erfüllt Gunnar ahnt, dass er und sein Bruder nicht zurückkehren werden II) Fahrt nur Str.13- Schauplatzwechsel III) Untergang hier verdoppelt: 1. Untergang Gunnars und Hgnis 2. Untergang Atlis, seiner Kinder und seines Gefolges 2. Hallenszene- Gelage am Hunnenhof, bei dem alle Bier trinken, nur Atli trinkt Wein (etwas Besseres) Gudrun ist kaum betrunken, bemerkt als erste die Ankunft der Brüder und meint, sie wären besser mit einem Heer gekommen, aber Gunnar sagt, es sei zu spät, die Niflungen zu sammeln Hunnen nehmen Gunnar gefangen, den Freund der Burgunder (Synonym mit Niflungen verwendet)- er whrt sich nicht, aber Hgni tut das . Das Lied sagt nicht explizit, dass auch er gefangen genommen wird, das ist logisch. Hortforderung. Atli bietet Gunnar an, sich freizukaufen mit dem Hort. Dieser verlangt erst das Herz Hgnis, bekommt das Herz des feigen Dieners Hjalli serviert, erkennt es, beim zweiten Mal wird Hgni getötet (lacht, während ihm Herz aus Brust geschnitten wird). Gunnar ist nun der einzige, der Versteck für Schatz kennt, schweigt und triumphiert damit sachlich über Atli. Gunnar wird in einen Schlangenhof geworfen, weist Atli darauf hin, dass er Eide bricht. Prosastück Dráp Niflunga erläutert mehr: Gunnar schlägt mit Zehen eine Harfe, alle Schlangen schlafen ein ausser einer Natter, die ihn in die Leber sticht und damit tötet. 12 Motiv auch in Kunst- Beispiel Taufbecken von Norum. (Heldentod Gunnars-Christus???) Nibelungenlied: Hagen stirbt nach Gunther, welcher ziemlich blass gezeichnet ist. Beispiel für unterschiedliche Rezeption des Sagenstoffes. Hunnen ziehen zurück an den Hof- 3. Hallenszene, gelage, alle trinken nun Wein. Gudrun hat zwischenzeitlich die gemeinsamen Söhne Erpr und Eitli getötet und serviert Atli ihre Herzen mit Honig (Reziprozität der Rache). Atli ist waffenlos, betrunken, unvorsichtig- sie erschlägt ihn mit Schwert und zündet Halle an, in der alle Gefolgsleute (Budlungen: Vater Atlis = Budli) und Schildmädchen (Walküren) umkommen. Epilog Str. 43 Nie hat eine Frau je wieder so ihre Brüder gerächt- Hinweis auf Tod Gudruns Prosa vor der Guðrúnahvt: Gudrun stürzt sich in suicidaler Absicht ins Meer, versinkt aber nicht, wird an Land getrieben bei König Jonakr, 3. Ehe, Söhne sterben bei Rachetat. Mat.7- 14 mündliche Überlieferung nur bei fixem Wortlaut über Jahrhunderte denkbar- Beweis dafür ist, dass traditionelle Wortformeln belassen werden, auch wenn sie poetisch stören: vin i valhllo, reiði sáz þeir Húna keine Aliteration v-r Grund: Lautgesetz aus 9.Jh. : Wegfall von v ursprgl. vreiði Reparieren wäre leicht gewesen! Beweis für Alter! Atlamál ist jünger, denn Stabreim mit rengði (ursprgl. vrengði) d.h. entstanden nach diesem Lautgesetz! 5. historische Grundlagen In Atlakviða sind 2 historische Ereignisse vereint: a) Untergang der Burgunder b) Tod des Hunnenkönigs Attila Untergang der Burgunder frühes 5. Jh. 406,407n (-13) geht der ostgermanische Stamm der Burgundionen über den Mittelrhein und setzt sich linksrheinisch bei Worms fest (archäolog. Funde) Expansionsversuch oder Ausweichen vor den Hunnen nach NW König Gundicharius 436 vom weströmischen Statthalter Aetius geschlagen, kurze Zeit Frieden. Aetius hat exzellente Kontakte zu den Hunnen, die entweder alleine oder zusammen mit ihm dann den Burgundern eine katastrophale Niederlage mit enormen Verlusten zufügen. Reste der Burgunder südl. des Genfer Sees (Burgund /Frankreich), Puffer zwischen den Franken im NW und den Ostgoten im Süden nach Tod des Ostgotenkönigs Theoderich 526 wird das 2. Burgunderreich nach militärischen Auseinandersetzungen Franken eingegliedert Gesetzesentwurf im 2. Burgunderreich (König Gundbad) in 2. erweiterter Fassung als Lex Burgundiones niedergeschrieben. Vgl. Namen, die als Vorfahren von König Gundobad darin erwähnt sind- Mat 9- 17! 13 Hgni /Hagen ist wohl erst später eingefügt worden- normalerweise gleicher Anfangsbuchstaben in Sippe! Tod Attilas a) Jordanes: Gothengeschichte: (Beginn 6.Jh) referiert den Historiker Priscus: Attila ist am Morgen nach Hochzeit mit germanischer Nebenfrau Ildico gestorben am Blutsturz (Alkoholexzess) b) Marcellinus Comes: (6.Jh) Attila wurde von Frau erstochen- manche sagen auch Blutsturz 2 unabhängige historische Fakten werden in Zusammenhang gebracht Ild-ic-o Kriemhild: direkter Zusammenhang ist umstritten Plot: Ehefrau tötet Mann aus Rache Atlakviða: enspricht in etwa inhaltlich dem zweiten Teil des Nibelungenlieds (3 Brüder: Gunther,Gernot, Giselher, Könige der Burgunder, 1. Gefolgsmann Hagen, Einladung von Schwester Kriemhild, die in 2. Ehe mit Attila verheiratet ist, an den Hunnenhof. Sie fahren mit prächtigem Gefolge die Donau hinab, die Burgunder sind in der Minderheit, aber tapferer als die Hunnen, weren nach einer langwierigen Saalschlacht aufgerieben bis auf Gunther und Hagen. Kriemhild fragt den Hagen nach dem Schatz, der ihr als Erbin von Siegfried zusteht. hagen verlangt Tötung Gunthers und ist nun der letzte, der weiss, wo der Hort im Rhein liegt, schweigt und wird auch getötet. Nibelungenlied ist eine Stufe weiter weg von den historischen Fakten als die Atlakviða: die Frau tötet nicht den Mann, sondern die Brüder als Rache für den 1. Ehemann. 6. Themen der Lieder und Interpretation 2 Typen von Heldenliedern: registrierende Heldenlieder: Historischer Bezug wird mehr oder weniger ungebrochen dargestellt problematisiernde Heldenlieder: identischer Handlungsverlauf, aber das Heldische wird aus späterer Zeit reflektiert- erscheint in problematischem Licht. Zuordnung erfolgt nach heutigem modernem Textverständnis Atlakviða: registrierendes und idealisierendes Lied: Text hat Aspekte von Beispielhaftigkeit und Vorbildlichkeit (wie soll man etwas machen) Str. 9 : Gunnar nimmt Einladung an “ wie es einem König geziemt” Str.19: Hgni erschlägt mehrere Feinde: “ so soll sich der Kühne der Feinde erwehren” Str. 31: Gunnar in Schlangengrube:”So soll Ringspender = Fürst Gold gegen Männer behaupten” Wort “soll” Atlakviða billigt Gudruns Verhalten – keine weitere Frau hat je so gehandelt Viele Interpretationsmöglichkeiten in der Forschung zur Frage: warum hat Gunnar Einladung (Provokation) angenommen? keine Festlegung- Diskussionen! Beispiele 1) persönliches Opfer aus Ehr- und Pflichtgefühl (Karola Gottsmann 1973) Gleichsetzung vwerlust des Schatzes = Verlust der Herrschaft über Burgund Gunnar ist sich über automatische Folge der Ereignisse klar: Verweigerung des Horts → Tod → Rache der Schwester → Tod Attilas Gunnar beschützt dadurch sein Volk vor den Hunnen Diesen Gedanken kann man aber nicht am Text festmachen 14 2) Übermut, heroische Hybris Gunnar handelt- unter Alkoholeinfluss- aus der Situation heraus, ohne nachzudednken af moði stórum kann heißen: Zorn, Mut, aber auch Übermut Gunnar nimmt entsprechend dem Heldentum die Konsequenzen seines Handelns aus Selbstüberschätzung auf sich 3) unsterblicher Ruhm/Nachruhm (Otto Gschwantler) so genannte Trutzstrophen (Verweigerung Hort-Herausgabe) sind gestaltungstechnischer Höhepunkt des Liedes Havamál: „der Nachruhm stirbt nie“ zweimal das Adjektiv mærr = glänzend, berühmt im Zusammenhang mit Gunnar (vor Entscheidung für die Einladung vor Trutzrede)- Text gibt Bezug her Atlamál Alter: jünger : Ende 12./Anf. 13. Jh. in HS unmittelbar auf Atlakviða folgend- dazwischen ist eine Prosaüberleitung: “Dies wird genauer erzählt im grönländischen Atlalied” beide Atlilieder sind nur im Codex Regius überliefert Die Handlung ist deckungsgleich von Einladung bis zur Vernichtung Atlis in Atlamál mehr Personen, mehr szenische Auftritte Kommentare des Erzählers- reflektierend, Gedanken der handelnden Personen werden offengelegt (was für ein doppelseitiges Ereignislied unzulässig ist) Heusler: “Hang zur Verinnerlichung” de Vries: Dichter versteht die Figuren des Heldenlieds nicht mehr, transponiert sie auf sein Niveau ( das des 13. Jh.) Atlamál ist sozusagen die zweite , bereits deutlich beeinflusste Auflage wesentliche Unterschiede der beiden Lieder in Atlamál sind Burgunderkönige grundsätzlich freundlich gegenüber Atli (Str. 5)kein Gedanke an Betrug Die Warnungen ( Str. 29 / bei Krause 27) werden von Gunnar nicht beachtet- er schätzt Situation falsch ein Gjukungen ziehen nicht unbewaffnet, sondern bewaffnet mit Gefolge ( 10 Begleiter)kämpfen einen Tag lang gegen die Übermacht der Hunnen Hort spielt keine besondere Rolle- Hauptsache ist Rache (alttestamentarisch anmutend)- Rächer schadet sich selbst mit der Rache (Str. 2 Selbstvernichtung aus mangelnder Klugheit) “Alle haben Schande erlitten” ( Atli, Str. 102/99) Gudrun kommt wegen ihrer unbotmässigen Rache an Atli nicht gut weg- Kritik vom Erzähler an ihrem Handeln, an ihrem Doppelspiel Atlamál ist nicht tragisch im eigentlichen Sinn. Der Untergang aller liegt v.a. im Fehlverhalten Gudruns- aus mittelalterlicher christlicher Sicht beurteilt. Die Atlamál erzählt, wie man nicht sein soll- führt negatives Beispiel auf Hamðismál Guðrunarhvt (Aufreizung Gudruns) steht unmittelbar vor Hamðismál in HS 15 zwischen Atlamál und Guðrunarhvt kurze Prosapassage: Gudrun geht zum Meer, will sich umbringen, geht aber nicht unter, sondern wird an Land geschwemmt (Land König Jonakrs), heiratet Jonakr, bekommt Söhne Hamdir (Hamðir) und Sörli (Srli) und Erp /Erps), Tochter Svanhild (Svanhildr) aus 1. Ehe mit Sigurd wächst dort auf, heiratet Jörmunrek (Jrmunreks)- der hat aus 1. Ehe Sohn Randver (Randvér), sein Berater Bikki intrigiertdieser schlägt Randver vor, Svanhild als Geliebte zu nehmen, und informiert den König darüber- der lässt Sohn aufhängen und Svanhild von Rossen zertreten. in Völsungensaga andere Variante: Randver soll für seinen Vater Jörmunrek die Svanhild werben, Bikki meint, die Jungen würden doch besser zusammenpassen- was diesen auch so erscheint- ob etwas zwischen ihnen passiert ist, bleibt unklar, aber das Ende der beiden ist gleich- nur hat Svanhild die stechenden Augen des Vaters Sigurd geerbt und die Rosse scheuen vor ihr zurück, erst mit Sack über dem Kopf wird sie zertrampelt. 1. Überlieferung und Überlieferungszustand 1.1.Textgrundlage und Überlieferung in Handschrift nur im Codex Regius eine zentrale Passage ( 1. Hälfte der Str. 28) in Völsungensaga zietiert, ohne Quellenangabe Snorra Edda: Geschichte Text der Hamðismál an manchen Stellen unklar- wird durch die beiden anderen Texte verständlich- diese haben aber nicht den gleichen Quellenwert, sind schon eine 1. Rezeptionsstufe, interpretierende Wiedergabe 1.2.Liedtitel in Codex Regius vor Str 1 in Rot- am Ende: das wird das alte Hamdirslied genannt ( in Hamðismál forno)- aber kein Hinweis auf jüngeres Hamdirslied Hamðis= Genetiv von Hamðir = Sohn Gudruns aus 3. Ehe mál = Sprache, Äusserung, Erzähltes, Rede.... Lied (immer Plural!) 1.3.Textumfang 31 Strophen, mittelkurz 2. Datierung alt: 9./10.Jh. 3. Darstellungsweise typisches doppelseitiges Ereignislied – epische Teile und dramatische direkte Rede fornyrðislag 4. Struktur und Inhalt Prolog Str.1 Einleitung Provokation hvt 2-10, am Hof Jonakrs Fahrt – verhängnisvolles Intermezzo Str. 11-17 auf dem Weg Untergang 18-31 - am Hof Jörmunreks Prolog: Mat. Bl. 3/6 düster, betrüblich, Vorzeichen des Unglücks, weg in Destruktion Provokation 16 Mat Bl. 10/22: Gudrun reizt Söhne zur Rache für Svanhilds Tod auf Gudruns Worte und Antwort der Söhne z.T. wortwörtlich in Guðrunarhvt wieder zu finden ( dort nach Provokation bis inkl. Str. 8 ohne Übergang Rückblick auf Leben Gudruns- dieses Lied hat also 2 stofflich unterschiedliche Teile- Darstellung eher aus der Perspektive Gudruns, im Hamðismál aus Sicht der Söhne) Mat 10/24 Schilderung des Geschehens in Str 3 : Svanhilds Tod- Wiederholungen, genaue Beschreibung der Pferde erste Hälfte der Str. 3 Sachinformation, zweite Hälfte ist eigentlich überflüssig- extreme Variationen in den Wiederholungen (todbringende Pferde in unterschiedlichen Farben, zugeritten) Gudrun entwirft ein diffiziles Bild Gudrun ist die Repräsentantin eines heroischen Geschlechts. logische Reaktion auf Tod von Svanhild → Rachetat durch Söhne, die als einzige vom Geschlecht übrig sind- zusätzliche Aufforderung an Söhne ist eigentlich überflüssig in Guðrunarhvt noch viel direkter- Vorwurf an Söhne archaisches Racheprinzip. Allen ist klar, dass die Rache-Ausführung das Ende des heroischen Geschlechts bedeutet. Gudrun vergleicht sich mit Baum ohne Äste. (Str. 5) Alois Wolf: Studie über Gestaltungskerne: Macht der hvt ist die persönliche Macht von hetzende Frauen Frau als Aufreizerin, als Hetzerin: typisch für Heldendichtung, auch in Sagas im Zentrum einer typischen hvt steht eine Frau, in der die Rache Gestalt annimmt- sie wirkt auf den Mann ein, der ein ausführendes Organ der Rache ist von der Logik der Dichtung her ist das ein machtvoller Zwang. Hamdir inn hugomstori (Str.6) = der Hochherzige, Beherzte, Mutige s. Mat 10/ 25 hugr = Sinn, Gesinnung, Mut, Gemüt, Denken, Seele, … schwierig bei Übersetzung Seine Antwort auf Gudruns Hetze: heroisches Tun hat auch Schattenseiten, verweist auf 1. Tod von Sigurd 2. dass sie sich mit der Tötung von Atlis Söhnen selbst am meisten geschadet hat Sörli ist der Kluge, Besonnene (Str 9 und 10) „er hatte einen klugen Verstand“ leistet aber keinen Widerstand, kein Wortwechsel mit Gudrun- obwohl er weiß, dass er todgeweiht (feigr) ist Gudrun eilt lachend zur (Waffen) Kammer Guðrunarhvt: Gudrun stattet Söhne mit lang herabhängenden Panzern aus genauere Erläuterungen zu Rüstgungen in Völsungensaga und Snorra Edda Fahrt 7 Strophen Str. 11: bereit zum Schnauben (vor Wut)- hvt zeigt also die gewünschte Wirkung Völsungensaga: Hamdir „wir werden Schmähungen nicht mehr hinnehmen, so hart wie wir angestachelt worden sind“ mehr als bloßer Ortswechsel- verhängnisvolles Intermezzo Str. 12 á stræti (auf der Strasse) laut Codex Regius 2 Begegnungen mit Halbbruder –von anderer Mutter- Erp (nach Prosa vor Guðrunarhvt, Völsungensaga und Snorra Edda Bruder. Verwandtschaftsverhältnisse widersprechen sich im Codex Regius in Prosa vor der Guðrunarhvt und Hamðismál. In Snorra Edda ist Erp Gudruns Lieblingssohn) 17 Erp sagt frech, er wolle Feiglingen nicht den Weg weisen- Hamdir und Sörli reagieren nicht darauf Str 13/14 erneute Begegnung mit dem „sehr Schlauen, Listigen, Verschlagenen“- der „braune Knirps“ will Hilfe leisten „wie ein Fuß dem anderen“- Sörli und hamdir fragen sich, was das denn soll holdgroin- Fleisch angewachsen 2 Hebungen, Alliteration mit hnd) Die meisten Herausgeber verändern Strophenreihenfolge und schieben Str. 12 nach hinten zwischen 14 und 15-dann ergibt das Sinn- erst die Ablehnung des Hilfsangebots veranlasst Erp zum Beschimpfen der Brüder Die Brüder erschlagen Erp „zur Freude der Hexe“- eigentliche Ursache für die Untat bleibt unklar (Übermut, gekränkte Ehre…?) typ. springender Stil unheilvolle Vorzeichen (Leiche Randvers am Galgen) irritieren Brüder nicht auf Weg zu König Jörmunreks Hof (intratextueller Verweis auf kommendes Geschehen) Untergang ab Str. 18 typisches Gelage am Hof Jörmunreks: Alkohol, Lärm, „bierheitere Männer“, aufgeräumte Stimmung, rauschhafte Vermessenheit (Gestaltungskern= handlungsprägender Erzählablauf) Jörmunrek reagiert auf Meldung, dass 2 schwer bewaffnete Männer gekommen sind, übermütig- will sie festnehmen und hängen (Str.21) Türsteherin warnt Hamdir und Sörli vor den 10.000 Goten ohne Übergang liegen Jörmunreks Goten in ihrem eigenen Blut „ins Feuer geworfene Füße und Hände Jörmunreks“ (sie haben ihm die Gliedmassen abgeschlagen) Str. 24 Konstruktionsfehler in Vers 7 und 8- keine Alliteration im Anvers Mischkonstruktion- Wechsel von Akkusativ zu Dativ (orfit = geworfen verlangt Dativ) Annahme: Überlieferungsfehler, der aus Respekt vor altem Wortlaut nicht mehr repariert worden ist Jörmunrek erkennt schlagartig die Besonderheit der Rüstung und fordert seine Leute auf, die Brüder zu steinigen, weil kein Stahl beißt (brüllt wie ein Bär) In Guðrunarhvt dazu Andeutungen in Völsungensaga und Snorra Edda deutliche Info, dass Gudrun Rüstungen entsprechend vorbereitet hat letztere Texte: kein Gelage Völsungensaga: Hamdir und Sörli treten vor Jörmunrek und greifen ihn sofort an Snorra-Edda: Überfall auf schlafenden Jörmunrek Ragnarsdrápa (Skaldengedicht aus 9. Jh, sichere Datierung, skáld Bragi Boddason) Stoff der Hamðismál: Jörmunrek erwacht bei Angriff und fällt in Bierfass Skaldendichtung- Saga- Eddalieder: 3 poetische Hauptgattungen der altnordischen Literatur Darstellungsweise der Völsungensaga und Snorra Edda ziemlich entfernt von Heroic- bereits 1. Rezeption, -3 Möglichkeiten a) Textinterpretation b) anderes poetisches Formulierungsverfahren → besseresVerständnis c) verschiedene Variationen einer Fabel und daher Differenzen? 18 in Str. 28 zentraler Ausspruch in Hamðismál (in Völsungensaga: 2x: in Prosa erzählt und eine Halbstrophe, in Snorra Edda in Prosa): “Der Kopf wäre ab, wenn Erp noch leben würde”- so konnte aber Jörmunrek noch den Befehl zur Steinigung geben” Völsungensaga: “aber sie erkennen dies zu spät” Bei 3 Rächern wäre das nicht passiert Str. 30 “Gut haben wir gekämpft”- aber beide sterben: Sörli an Giebelwand, Hamdir hinter dem Gebäude besondere Kleidung im Namen angedeutet: Hamdir - Hemd Sörli- Waffen, Rüstung ( ahdt saro) Prosanachsatz: Ende des alten Hamdirlieds (ein neues ist aber nicht bekannt) 5. historische Grundlagen Tod von Ermanerich 375 : findet nicht expressiv in Hamðismál statt, ist aber wegen der Verwundungen zu erwarten. beschrieben in lateinischen Histiographien 1. Amianus Marcellinus ( ca 330-ca 400) zeitgenössischer Bericht Ostgoten= Greuthungis Ermanerich begeht beim Herannahen der Hunnen Selbstmord 2. Jordanes Getica 6.Jh. bezieht sich auf Cassiodor , der eine verloren gegangene Gotengeschichte geschrieben hatkein eigener Quellenwert Hermanericus herrscht über ( u.a.) den treulosen Stamm der Rosomonen und lässt ein politisches Exempel statuieren, indem er Sunilda, die Frau des aufrührerischen RosomonenAnführers, von Pferden zerreissen lässt. Sie wird gerächt von ihren Brüdern Sarus und Ammius- fügen ihm Schwertwunde zu, er siecht dahin, daher können die Hunnen siegen. Ermanerich stirbt bald darauf. Jordanes bewahrt den Hunnenangriff, aber sagenhafte Umbildung 2 Brüder rächen eine Frau politisches Motiv, keine Eifersucht führt zur Tötung der Frau auch antigotische Tendenz bemerkbar 3.Quedlingburger Annalen um 1000 knapp, wichtig, deutscher Raum keine Hunnen 3 Brüder: Hemidus (=Ammius), Serila (=Sarus) , Adaccarus (=Odoaker, der den letzten weströmischen Kaiser besiegt hat und dann über Italien herrscht, bis ihn Theoderich d.Gr. ermordet) Namen der Brüder sind konstant s. Mat. 13/ 31 politische Konstellation der Völkerwanderungszeit→ Verwandtschaftsbeziehung politische Konflikte → Sippenkonflikte ganze Völker → Schicksal der Anführer historischer Tod des Ermanerich 375 unter rätselhaften Umständen, ungeklärt Heldensage: keine Abbildung der historischen Realität- kein Platz für die Hunnen 19 Wanderung der Fabel Ursprung in SO-Europa (gotisches Umfeld) im Frühmittelalter im kontinental-germanischen Bereich literarische Ausformung auf Island : Sagenzitat in Ragnarsdrápa und Hamðismál stufenlose Loslösung von historischen Grundlagen- Sagenfabel bildet sich heraus, wird mit Figuren, die der Gattung entsprechen, angereichert. Hermann Schneider: Heroisierung der Geschichte 6. Themen der Lieder und Interpretation Gudrun und Jörmunrek: Verkörperung von typisch heroischer Gesinnung, typisch heroischer “Übermut” bzw.- laut Otfried von Weißenburg- “geschwollener Mut” Hamdir und Sörli : nur bedingt Übermut: Hamdirs Hinweis auf Auswirkungen von heroischem Tund (Sigurd, Söhne Atlis)- in Str. 8: Gudrun habe sich selbst geschadet- man sollte dem anderen den Tod bereiten, nicht sich selbst Sörli ist gefühlsbetonter ( 3x Weinen), resigniert, will sich nicht mit Mutter auseinander setzen beide haben unheroische Einstellung, verstehen den Sinn der Rache nicht Sörli greift, als sie im Steinhagel in Königshalle stehen, Hamdir verbal an und wirft ihm unbedachte Worte bei Erps Tötung vor- Hamdir habe nur Mut, aber nicht Klugheit (manvitz = Verstand, Str 29 ) aber es ist auch alter heroischer Pathos vorhanden: Str. 30 Hamdir: wir haben großen Ruhm erlangt- aber nicht aus heroischem Drang, sondern weil sie ihr Schicksal akzeptieren (Disen,Schicksalsfrauen) In der Hamðismál sind auch unheroische/lehrhafte Elemente- Kritik am Heldentum alten Schlages problematisierendes, reflektierendes Lied (nicht registrierendes) formal, stilistisch und im Handlungsverlauf sicher 9. Jh. Bei der Überlieferung wurde aber an “verdorbenen” poetischen Stellen nicht eingegriffen und nichr repariert Frage: Wann kamen diese unheroischen Elemente ins Lied? War die thematische Transposition, der Sprichwort-Einschub (Ruhm – wie Hávamál) eine spätere Bearbeitung? Wurde eine hochmittelalterliche Moral aufgepfropft? Uneinigkeit in Forschung Guðrunarhvt steht im C.R. vor Hamðismál 21 Strophen- also kurzes Lied umfasst Ermanerich-, Sigurd- und Burgunderuntergang-Sage 2 Bestandteile (Stoff, Struktur, Thema) 1. Teil Str.1-8: Hvtteil entspricht zum Teil wortwörtlich der Hamðismál ( s. Mat.10/23), hier geschildert aus der Perspektive der Gudrun, nicht aus der der Söhne 20 2. Teil: Gudrun hält einen elegischen Rückblick auf ihr Leben und ihre beiden Ehen mit Sigurd und Atli, erwähnt zweimal Svanhild (als liebstes der Kinder und dass sie von Pferden zertrampelt worden ist) Alter: jung, 12./13. Jahrhundert: Indiz: elegischer Ton “ heroische Elegie” Gerhard Kreuzer: Ich-Gedicht mit wehmütiger Grundstimmung Lieder der 2. oder späterer Ebenen, nicht erzählend im eigentlichen Sinn, beleuchten das, was von anderen Liedern bereits bekannt ist, aus anderem Gesichtspunkt. Gudrun ist eine vom Schicksal geschlagene heroische Figur Heusler: “Entstofflichung der Sagenereignisse” Sage ist nur eine Folie der Situation, Erzählung ist nicht der Hauptzweck Heusler: “Situationslied” (Gegensatz zu doppelseitigem Ereignislied) 1 Schauplatz, 1 Augenblick, 1 Situation Lyrik Hlðskviða = Hunnenschlachtlied 1. Überlieferung und Überlieferungszustand 1.1.Textgrundlage und Überlieferung in Handschrift nicht im Codex Regius schliesst sich aber in Darstellung, Stil, Stoffgrundlage an die älteren Lieder der Edda an Lied im eddischen Stil. In Edda Minorica von Heusler und Wilhelm Ranisch überliefert in Fornaldarsögur Behauptung in RGA falsch (“zu Korpus der Edda zu rechnen” und “in den meisten Ausgaben/Übersetzungen”) Erst ab 4. Auflage der Ausgabe Neckel-Kuhn enthalten und in den darauf basierenden späten Übersetzungen von Krause und von Hehny) überliefert in: Saga Hervarar og Heiðreks konungs - Saga von Hervör und Heidrek eine alte Fornaldarsaga, 13. Jh., keine genaue Datierung möglich Krause/Neckel: Kapitel 10-12 ältere Ausgaben der Heidreks saga Kap. 11-13 Vorzeitsagas = Fornaldarsgur altisländische Prosaliteratur, spielt in Vorzeit, wird in Untergattungen eingeteilt je nach Grad der Fiktionalität am wenigesten phantastisch sind Heldensagas (Stoffe aus nordgermanischer Heldensage) z.B. Völsungensaga, Hervarasaga Prosa mit eingeschobenene poetischen Passagen- Vers-Prosa-Mischungen in Islandsagas oft Skaldenstrophen, in Vorzeitsagas oft eddische Strophen → Eddica minor. Verhältnis Prosa- Strophen komplex: oft ältere Strophen, darum herum später Prosa 2 Möglichkeiten bei Hervarasaga: a) größter Teil der Strophen als solche übernommen, kleiner Teil in Prosa aufgelöst ( → besserer Zusammenhang des Stoffs) b) nur Teil der Fabel versifiziert, stark sprunghaft- Redaktor der Saga ergänzt Geschichte in Prosa wegen Erklärungsbedarf 21 Hervara-saga: 4 Werkteile, zusammengehalten durch die Geschichte eiens Königssgeschlechts mit einem fluchbeladenen Schwert namends Tyrfingr (Dingsymbol) jeder Abschnitt hat ein älteres Lied als Ausgangspunkt: • Heiðreks gátur (Rätsel Heidreks) • Hjálmans Sterbelied • Hervrlied • Hljðskviða keine besonders hochstehende Erzählkunst Überlieferung der Hervara Saga in 3 Fassungen: • R: Mitte 15. Jh, in 1 Handschrift in einem Codex Regius in Kopenhagen • U: Mitte 17. Jh. 2 Handschriften: Handschrift Uppsala und Arnamagnäische Sammlung • H: Hauksbók, steht U nahe- ohne Hunnenschlachtlied Hunnenschlachtlied fast vollständig in U, aber Str 1 fehlt, statt Str. 2 Prosa, Str. 3 und 5 fehlen- es fehlen also 3,5 Strophen R: Str 1-5 und 8-10 danach bricht Text ganz ab Vgl. Mat. 14/36 1.2.Liedtitel Hunnenschlachtlied: deutsche Forschung Hltskviða: in älteren Handschriften, die schon Rezeption/Interpretation sind- daher fraglich, ob dies der authentische alte Titel ist (Kuhn: “Der Name ist jung”) 1.3.Textumfang Neckel-Kuhn: 34 Strophen - einige Passagen fehlen also Heusler-Ranitsch: Edda minorica: nur 29 Strophen- haben 5 Strophen als nicht authentisch ausgeschieden 2. Datierung alt, 9./10. Jh. 3. Darstellungsweise doppelseitiges Ereignislied größtenteils fornyrðislag, einige wenige Verse unregelmässig und überladen (8 Silben statt 37 in Str. 11) Begleitprosa ist quantitativ und qualitativ ausgeprägt- hoher Stellenwert- alte Motive in Prosa umgesetzt 4. Struktur und Inhalt folgt im Prinzip dem üblichen Bauplan Provokation- Transfer- Untergang, aber durch mehrfachen Schauplatzwechsel und mehrere Figuren komplizierter und unruhiger 0. Einleitung (Prosa, Str. 1): Person Hlöds 1. Fahrt 1 (Prosa 1/2Str. 2) 2. Provokation ( Str. 3-14, Prosastücke) 3. Fahrt II (Prosa, 14/15) 4. Intermezzo I ( Str. 15-16) 5. Fahrt III (Prosa16/17) Hof Humlis Hof Angantys Hof Humlis 22 6. Untergang I Hervör: (Prosa 16/17 , Str 17, Prosa 17/18) Schlachtfeld 1 7. Fahrt IV: Ormar (Prosa 17/18) 8. Intermezzo II (Str. 18-26) Hof Angantys 9. Fahrt V ( Prosa 26/27) 10. Untergang / Str. 27-34 und Prosastücke) Schlachtfeld II ( Dúnheiðr) 0. Einleitung (Prosa, Str. 1): Person Hlöds Hof Humlis Bereits in einem früheren Kapitel der Saga ist Hlöd vorgestellt worden: Der Gotenkönig Heidrek hat nach einem Sieg über die Hunnen die Tochter von König Humli, Prinzessin Sifka, geraubt, sie aber nach einem Jahr in schwangerem Zustand an den Hof ihres Vaters zurück geschicht. Sohn Hlöd wächst am Hof des Großvaters auf. Hlöd ist ein gut aussehender Mann. Heidrek hat ausserdem den legitimen Sohn Agantyr. In Prosa unmittelbar vor Beginn des Hunnenschlachtlieds nochmals kurze Zusammenfassung dieser Geschichte. Str.1 Vorstellung von Hlöd, der angeblich mit Waffen, Rüstung und Pferd geboren worden ist, was Dichter der Saga bezweifelnd kommentiert (“das ist alte Rederei”). 1. Fahrt 1 (Prosa 1/2 Str. 2) Zwischenprosa: Heidrek ist gestorben, Agantyr hat Reich übernommen. Hlöd erfährt dies und will im Guten die Hälfte des Erbes fordern Hlöd fährt vom Hunnenland, von Osten, ins Gotenland 2. Provokation ( Str. 3-14, Prosastücke) am Gotenhof ist Gelage zum Gedenken von Heidrek. Hlöd spricht mit Türsteher (typische Nebenfigur), um seinen Halbbruder zum Gespräch zu bitten. Hlöd ist bereits zweimal ( Str 2 und 4) als Heidreks Erbe bezeichnet worden. Prosa-Zwischentext: Agantyr legt Rüstung und Waffen an und tritt Hlöd entgegen (schlechtes Vorauszeichen) Lärm (typisch!), weil alle das Gespräch hören wollen Agantýr begrüsst Hlöd in Str. 6 Mat. 15/39: Hlöd sagt seinen Anspruch –das halbe Erbe- dann Wechsel von Dativ in Akkusativ ( will er nun alles?) Grenzwald Myrkvið ( auch in Atlakviða), schönes Grab an Volksstrasse/Hauptverkehrsstrasse (Sinn unklar), schönen Stein vom Gestade des Dnjeproder von Person? (Runenstein, Bildstein, Gedenkstein...???), Hälfte der Rüstungen, Land usw erinnert an Aufzählung der Atlakviða Agantyr lehnt diese Forderung in anschiessender Prosa (Alter unklar) ab, weil sie nicht rechtmässig sei, bietet aber großzügigen Ausgleich an ( 1200 Krieger+ Pferde+ Knechte, Schätze, 1/3 des Landes und Volkes), wobei er Hlöd nicht als Erben anerkennt. Zwischenprosa- Auftritt von Gizur, dem uralten Ziehvaters Heidreks, dem das Angebot übergroß erscheint für den Sohn der Magd (doppelt aufgeführt mit Wortumstellung), den Bastard, der auf Haufen sass, während der König die Erbschaft regelte beleidigt also Sifka, eine Königstochter, als Þý- leibeigene Magd- das entspricht Beleidigung von Brünhild als (eigen)diu im Frauenstreit des Nibelungenlieds Ausgesprochene Hvt 23 2. Fahrt II (Prosa 14/15) Neckel- Kuhn und nachfolgende Übersetzungen unterschlagen hier einige Prosasätze Hlöd regt sich natürlich über Beleidigung auf, nimmt das Angebot Agantyrs nicht an, weil er sich ja dadurch auch als Sohn einer Magd erklären würde, und fährt heim an den Hunnenhof. 4. Intermezzo I ( Str. 15-16) Hlöd erzählt dies Humli, der ebenfalls zornig wird und Vorbereitungen für einen Feldzug ankündigt 5. Fahrt III (Prosa 16/17) Hunnenheer zieht ins Gotenreich durch den Grenzwald Myrkvið- auf der anderen Seite liegen die großen Siedlungen und weiten Ebenen der Goten (laut Zwischenprosa) 6. Untergang I Hervör: (Prosa 16/17 , Str 17, Prosa 17/18) Schlachtfeld 1= Festung, die Hervör, Schwester Angantys und ihr Mentor /Ziehvater Ormarr befehligen Hunnen nehmen Festung ein, Hervör stirbt dabei, 7. Fahrt IV: Ormar (Prosa 17/18) Ormarr entkommt und flieht zum Gotenhof 8. Intermezzo II (Str. 18-26) am Hof Angantys erzählt Ormarr von Niederlage “ganzes Gotenland überströmt vom Blut der Männer” Agantyr sagt, sein Gefolge sei nicht übermässig zahlreich Gizuirr will Hunnen Kampf anbieten und Schlachtplatz und Tag vereinbaren 9. Fahrt V ( Prosa 26/27) Gizurr reitet zu den Hunnen 10. Untergang ( Str. 27-34 und Prosastücke) Gizurr wiederr bei den Goten, sagt Untergang voraus “feigr” = todgeweiht vereinbartes Schlachtfeld ist Dúnheiðr Im Liedtext nichts vom Hergang der Völkerschlacht- aber breit in Prosa 32/33- Frage: hinzugefügt oder ursprünglich? ähnliche Kampfdarstellungen auch in anderen Fornaldarsagas- wahrscheinlich Werk des Sagadichters Agantyr hat doch noch ansehnliches Heer zusammenbekommen, aber Hunnen haben doppelt so großes- 8 Tage lang Schlacht- Goten haben den Vorteil, dass andauernd neues Kriegsvolk kommt Goten gehen zu entscheidenden Angriff, Agantyr mit Schwert in 1. Reihe- Konfrontation der Halbbrüder, (Mat 16/43): Schildburg öffnet sich, Hlöd fällt , auch König Humli Hunnen flüchten, Goten erschlagen noch Flüchtlinge in den letzten beiden Strophen beklagt Agantyr, dass Högni nicht sein Angebot angenommen hat- beide seien nun verflucht wegen Bruderkampf 5. historische Grundlagen Namen deuten auf Völkerwanderungszeit, aber keine Personennamen, sondern Ethnonyme (Volksnamen), Hydronyme (Flussnamen), Toponyme (Ortsnamen) – alles stark “ gotisch” gefärbt 24 in antiker Überlieferung: Greutungi →Ostro-goti →Ostgoten nhdt gris: “Sand,-Geröllbewohner” Tervingi → Vesi-, Visi- goti → Westgoten engl tree: “Baumlandbewohner” Grýtingar (Hunnenschlachtlied) entspricht Greutungi Tyrfinger (Schwert) entspricht Tervingi (Volksname → Sachname, Erklärung für Hinweis auf das Teilen) á stðum Danpar Fluss- oder Genetiv Personennamen got. *Danapr Dnjepr an den Ufern des Dnjepr stað, staðir mit Gen. Personennamen: üblich im Altnordischen á Dúnheiðr Duna- Donau (Don wenig wahrscheinlich Tanais> Don kurzes a kann nicht u werden) Harvarð-fjll: (in einer Strophe in Hervara Saga direkt vor Beginn des Hunnenschlachtliedes) : Karpaten: lautverschoben k→ h, p→b Name ist also früh ins Germanische gekommen Gebiete der Ostgoten vor und während der Hunnenzeit werden beschrieben: vom Dnjepr (Ostgoten bis zum Tod Ermanerichs) zu den Karpaten (4./5.Jh) bis zur Donau (pannonische Ostgoten bis Mitte 5. Jh.) Angriff der Hunnen im Hunnenschlachtlied spiegelt die Vorstösse der historischen Hunnen wieder verschiedene historische Abwehrkämpfe der Goten→ ein literarischer Abwehrkampf aus mehreren historischen Schlachten wird eine literarische Personifizierung von historischen Ereignissen: Bruderkampf als Motiv keine konkrete Verknüpfung mit einem bestimmten historischen Ereignis nachgewiesen, obwohl es Versuche dazu gab: a) zweitägige Schlacht auf den Katalaunischen Feldern 45: römisch-germanische Koalition unter Aetius gegen Hunnen und verbündete Germanen (Gegenargument: Ostgoten waren mit Hunnen verbündet) b) diverse kleinere Siege der Ostgoten gegen die Hunnen (das sind aber keine denkwürdigen Ereignisse!) Figurennamen geben keine Hinweise auf Historisches keine Nennung von Atli . Ist Hunnenschlachtlied vor Attila entstanden? (434-453) typisch für mittelalterliche Literfatur ist Zyklenbildung- notfalls durch Ansippung (Hamdir und Sörli- Gudrun)- das wäre schwieirg für das Hunnenschlachtlied. Hat es deshalb keinen Platz im Codex Regius gefunden? Spekulation Weder in Völsungensaga ( Prosaparaphrase des Codex regius) noch in Snorra-Edda ist Hunnenschlachtlied-Stoff erwähnt (aber auch kaum die Vlundarkviða) Überlieferungswege: 2 Möglichkeiten: a) über deutschen Bereich nach Skandinavien (wie Atlakviða u. Ermanerichs Tod) b) durch Goten selbst über Ostsee in den Norden Hunnenschlachtlied ist die einzige poetische Ausformung dieser Sage In englischem Kataloggedicht aus 10. Jh. Widsip (Weitfahrer) Aufzählung von Namen, die denen des Hunnenschlachtlieds entsprechen (Mat. 16/ 45) 25 6. Themen der Lieder und Interpretation vordergründig : persönlicher Konflikt Allgemein: Interesse am Fortbestand des gotischen Reichs Gegensatz: Emotion (Agantyrs Bindung an Halbbruder Hlöd) – politische Notwendigkeit bei Germanen waren oft nur eheliche Kinder erbberechtigt, das galt aber nicht immer und nicht überall, in manchen Gesetzen haben auch uneheliche Söhne einen gewissen Erbanspruch (bei Langobarden 1/3 gegenüber 2/3 für eheliche) in verschiedenen germanischen Sozietäten bis ins 12. Jh. treten sogar illegitime Söhne die Herrschaft nach Vater an ( Theoderich der Große) d.h. Hlöd ist nicht absolut vermessen ( wie Klaus von See meint), sondern rechtlichen Grauzone Höfler: Gizurr = Personifizierung Odins- dies ist aber aus Text nicht beweisbar in Literatur auch andere alte Mentoren (Hildebrandt in Dietrichssaga) Gizurr ist einmal als Odinsnamen überliefert Behauptung: Mangel an heroischem Geist- Angantyr ist in keinem Konflikt, Kampf gegen Hlöd ist nur harte Pflicht aber auch Hamdir und Sörli handeln aus heroischen Ehrenkodex heraus, dem auch Angantyr folgt Hunnenschlachtlied zeigt Doppelperspektiven: das narrative Geschehen wird aus der Sicht der Goten gezeichnet Protagonist Hlöd ist der Widersacher des eigentlichen Protagonisten Angantyrs- das passt nicht zusammen- denn danach müsste Angantyr untergehen. Hlöd versucht, das Beste aus seiner Situation zu machen- sein Handeln ist aber keine “heroische Vermessenheit” (von See) Probleme bei Ausgestaltung dieses alten Stoffs durch Schablonen darauf deutet auch der häufige Schauplatzwechsel- strukturelle Verdopplung heroische Thematik führt zu einer Doppelperspektive Thema Tötung des Halbbruders auch in Hamdismál Schlussworte Angantyrs – Schlussworte Hamdis Helmut Rosenfeld: Goten nehmen ihre Ostgebiete nach dem Sieg über die Hunnen nicht mehr in Besitz wegen des Brudermordes, der Unheil bedeutet – das ist aber im Text nicht feststellbar! Es war ja auch kein Mord, sondern ein Kampf! Die Hervara Saga lässt Angantyr noch lange über das Gotenland herrschen moralisierendes Lied (letzte beiden Strophen): am Ende hat Hlöd nichts davon gehabt, dass er das Angebot nicht angenommen hat- problematisierendes Heldenlied, aber Tendenz nicht stark ausgeprägt ( aber ganz sicher ist es kein registrierend- idealisierendes Lied) der häufige Schauplatzwechsel sorgt für eine unruhige Struktur 26 Vlundarkviða 1. Überlieferung und Überlieferungszustand 1.1.Textgrundlage und Überlieferung in Handschrift im Codex Regius Beginn der Einleitungsprosa auch in Handschrift A, die plötzlich abbricht nur orthographische unbedeutende Unterschiede zwischen beiden Handschriften HS A umfasst nur mythologische Lieder, im Codex Regius steht sie als vorletztes mythologisches Lied Hehny lässt sie dort, Krause stellt sie an den Anfang der Heldenlieder Vlund ist kein Mensch , sondern ein Albe Mat 17/46 Alben sind übernatürliche Wesen, etwas indifferent, eine Art Zwerge (laut Snorra-Edda), beschäftigen sich gerne mit Schmiedearbeiten und leben oft in Höhlen unter der Erde. Elf(e) Lehnwort aus dem Englischen ælf (altengl.)- alb, alp ( althochdt.) Alptraum --- Alben sind nicht nur freundliche Wesen! Etymologie nicht ganz klar (indische kunstfertige Wesen?) Wieland/ Vlundr ist einziger namentlich bekannter Albe in der altisl. Überlieferung Vlundr = *Wēlandaz = Wielant (mhdt) keine 100%iger lautliche Übereinstimmung, aber das kommt bei Heldennamen öfter vor (Aufsatz von Andreas Heusler) 1.2.Liedtitel Überschrift vor Einleitungsprosa: von Vlund vor Liedtitel: von Vlund und Niðuð Titel Vlundarkviða für Verbund von Prosa+ Lied erst in späteren Handschriften- daher ist es unklar, ob er alt ist 1.3.Textumfang 41 Strophen Einleitungsprosa ist ziemlich umfangreich, liefert Hintergrund und teilweise Vorausschau, aber das Lied alleine ist komplett und verständlich auch zwei weitere kurze Prosastücke innerhalb des Liedes sind für das Verständnis nicht notwendig. 2.Datierung 9./10. Jh. 3.Darstellungsweise doppelseitiges Ereignislied im fornyrðislag 4. Struktur und Inhalt Mat. 17/ 47 Sonderstellung- die Handlungsschablonen wurden offenbar über eine bestehende Fabel “darübergestülpt”, Plot Provokation- Fahrt- Untergang passt nicht. Sekundäre Heroisierung einer unheroischen Fabel 27 machtbeladene Gegenstände ( typisch für Heldenlieder) werden nur anzitiert /gestreift: Schatz: in Str 13 und 14 Hinweis auf Sigurdsaga (Pferd Grani, Rhein) Schwert: ( Str 17) keine Einzelheiten dazu Ring : grössere Bedeutung- Unheil ? (Ring zerbricht, Bödvild will ihn von Völund reparieren lassen)- aber Ring verschwindet dann aus Geschichte . Interpretationen (Glücks- oder Unheilsring) nicht aus Text belegbar wenig Hallenszenen, nur zweimalige Erwähnung ohne besondere Beschreibung (kein Lärm, Gelage usw.) Fahrt nicht genau beschrieben, blasse Hvt, kein Untergang des Protagonisten Kombination von 2 Fabeln, die unmittelbar aufeinander folgen. Sprunghafte Darstellung 1. Schwanenfraufabel (Einleitungsprosa, Str. 1-5) 2. Rachefabel (Einleitungsprosa, Str.6.41) 2.1. Völunds Gefangennahme ( Str. 6-15) 2.2. Lähmung (Str 16-17, Prosa) 2.3. Zwangsarbeiten ( Prosa 17/18, Str.18-19) 2.4. Rachetaten ( Str. 20-28) 2.5. Flucht (Str. 29-41) Wolfstäler Wolfstäler Hof Niduds Sävarstad (Insel) Sävarstad Hof Niduds 1. Schwanenfraufabel Es geht um die temporäre Ehe zwischen drei Männern und 3 Schwanenfrauen (weltweit verbreitetes Märchenmotiv in unterschiedlichen Variationen!) in Einleitungsprosa und im Lied (nur kurz angerissen), bildet Auftakt für die Kerngeschichte 3 Brüder entwenden badenden Walkyren (valkyrja= weibliches übernatürliches Wesen, das gefallene Krieger am Kampfplatz für Walhall auswählt) ihr Schwanengewand und hindern sie dadurch am Wegfliegen, heiraten sie: Slagfiðr + Schwanenweiss, Egill +lrun und Vlund + Hervr leben 7 Jahre zusammen, aber schließlich entfliehen die Walküren. Während die Brüder sich auf die Suche machen, bleibt Völund wartend zu Hause und schmiedet immerzu Ringe (Mat 17/48). Frage: Warum Verbindung Schwanenfraufabel- Rachefabel? Parallelen: Gefangenschaft (Frau- Völund) Flugfähigkeit (Frau- Völund) Flucht durch Flug 2 sexuelle Verhältnisse- 2 Verbindungen zu Ring Kontraste: schöne heimelige Idylle (Wolfstäler) - brutale Unterdrückung (Hof Nidungs) In keinem anderen der Wieland/Völund- Texte gibt es diese Verbindung- das weist darauf hin, dass die beiden Fabeln später zusammengefügt worden sind und die Schwanenfraugeschichte nicht ursprünglicher Bestandteil der Wielandgeschichte ist. 2. Rachefabel Im Ausgang ist Völund das Objekt der Handlung, wandelt sich aber zum Subjekt (im Laufe von 2.3. Zwangsarbeiten) 28 Einleitungsprosa: König Nidund ist grausam, gewalttätig, hat zwei namenlose Söhne und Tochter Bödvild (Bðvildr) König Nidund weiss von Völunds Schätzen (unklar bleibt, woher die Schätze kommen und woher der König davon weiss), zieht mit Gefolgschaft in die Wolfstäler, durchsucht in Abwesenheit Völunds seine Behausung, findet 700 Ringe und entwendet einen. Völund stellt bei seiner Rückkehr das Fehlen dieses Ringes sofort fest und glaubt, seine Frau sei zurückgekehrt. 2.1. Völunds Gefangennahme: Völund schläft ein und wird gefangen genommen: er erwacht “willenlos” und gefesselt (Str. 11, Mat 17/49) 2.2. Lähmung : Dialog König- Völung, König bezichtigt Völund des Diebstahls. Die Fahrt an den Königshof wird nicht beschrieben Nidund behält Völunds Schwert, schenkt den Ring seiner Tochter Hvt durch Nidunds namenlose Frau, der Völund nicht geheuer ist. Sie wird mehrfach als kunning (kundig, mit besonderen, übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet) beschrieben Königin ist die Gegenspielerin Völunds auf metaphysischer Ebene, König Gegenspieler auf physischer Ebene. typische hetzende Frau- Nidund in Str. 31 “ kalt sind deine Ratschläge” (Mat 17/50) Königin stiftet in Str 17 (Mat 18/51) zur Tat an: Zähnefletschen, Augen wie Schlangen...zerschneidet ihm Sehnen und setzt ihn auf das Seegestade aber Hvöt bleibt blass Man durchschneidet Völunds Sehnen und setzt ihn auf Insel, wo ihn nur König Nidund besucht. 2.3. Zwangsarbeiten : Völund arbeitet unablässig auf Insel Sävastad. In Str 18/19 beklagt Völund den Verlust von Schwert und Ring Völund bereitet dem Nidund vél (doppeldeutig) a) Kunstfertigkeit- kunstfertiges Gerät b) Kunstfertigkeit- List- Hinterlist etymologisches Spiel mit Namen Völund- vél 2.4. Rachetaten: Söhne Nidunds kommen zu Völund, er schickt sie weg und bestellt sie für den nächsten Tag heimlich, tötet sie durch Köpfen (durch Kiste oder Schwert? Mat 18/52), Schädelknochen →Trinkbecher für König Nidund (Motiv auch in Atlamál und Bericht von paulus Diaconus, 8.Jh., über die Gepidenprinzessin Rosamunde und den Schädel ihres Vaters, aus dem zu trinken sie der siegreiche Alboin zwingt) Augen →Edelsteine für Königin, Zähne → Brustschmuck für Bödvild Bödvild kommt wegen Ringreparatur, wird betrunken gemacht, schläft ein (Vergewaltigung nicht einzeln beschrieben, aber sie ist danach schwanger) 2 Rachetaten für 2 Verluste Völunds ( Freiheit und Besitz)- keine heroische Tat! 2.5. Flucht folgt unmittelbar, keine Beschreibung, warum Völund fliegen kann Mat. 18/29 einmalig in Eddagedicht: “V. kvad” fit: altisl. Tierfüsse (Wolfspfoten, Raubvogelklauen, Schwimmhäute) auch Vermutung, dass Lehnwort vittek (Fittich)- aber da hätte ein Eingriff in überlieferten Text erfolgen müssen 29 Interpretation: Fliegen eine Eigenschaft, die an den Ring gebunden ist??? kein Nachweis, nur Spekulation Szenenwechsel-Königspaar besorgt über Ausbleiben der Söhne Völund spricht zuerst mit König und lässt ihn schwören, dass er Völunds Frau und Nachkommen innerhalb der Halle nichts tun wird- Eid nicht expressis verbis ausgeführt, wird vorausgesetzt Völund verkündet in Str 34-36 seine Rachetaten. Nidund hat keine männlichen Nachkommen mehr, sein Enkel ist zugleich Sohn Völunds und wird den geraubten Schatz bekommen. Völund fliegt davon. Königstochter hat Schlussworte: Schreckenszeit auf Insel, die nie hätte sein sollen. 5. historische Grundlagen keine Parallelen (Namen, Orte, Ereignisse) aus Völkerwandeurngszeit bekannt Schwanenfabel ist weltweit bekanntes Märchen 2 Möglichkeiten: a) Wielandsage hat keine historische Matrix b) Sage hat sich von sehr früher Überlieferungsstufe entfernt Klaus von See: Die Wieland-Sage war schon von Anfang an stark enthistorisiert Eugippinus: Vitae Sancti Severini Kap. 8 (christlicher Autor, Anhänger Severins ung. 465- nach 533, “Landschaftsschriftsteller” für OÖ/NÖ: Ufer-Noricum). grauzsame böse Rugierkönigin Giso lässt barbarische =germanische Goldschmiede gefangennehmen und für sich arbeiten. Diese erpressen Freilassung durch Geiselnahme und Bedrohung des Königssohnes Fredericus. Giso sieht ihre Untaten ein. Zusammenhang Wielandsage- Eugrippinus unwahrscheinlich, zu vage Übereinstimmungen, kein Beweis für Historizität Otto Jiricek: (Buch über deutsche Heldensagen, Bd. 1, 1898) umgekehrter Einfluss ist nicht auszuschliessen. Bei mittelalterlichen (Heiligen)Vitae waren Ausschmückungen/Ergänzungen üblich. Überlieferung der Wielandsaga viele Quellen: selbständige Texte, Erwähnungen (intertextuelle Referenzen), Bilddokumente (älter als literarische Überlieferung, ca 700/800) Wieland der Schmied war im Mittelalter überall bekannt: Kontinent, England, Skandinavien Þiðreks saga af Bern: Velent- Niðungr ( abweichende Lautgestalt der Namen) um 1270 ( gleichzeitig mit Codex regius niedergeschrieben), am Hofe von König Hákon Hákonarsson in Bergen, Norwegen “niederdeutsche Literatur in altnorwegischem Gewand” Rache und vorhergehende Episoden, in denen Velents Fähigkeiten thematisiert werden. Velent ist ursprünglich Höfling, der bei Schwierigkeiten wundersame Taten begeht (U-Boot, Statue, Schwert), sein Bruder Egill muss Tell-Schuss machen (Apfel vom Kopf des Sohnes), schiesst Vögel, aus deren Federn sich Velent ein Fluggerät (Flygill- nur einen!) macht. Velent ist eine Art Karrierist, der in Konflikt mit der Hierarchie und dem König selbst gerät. Deor (Deors Klage) altengl. 2.H. 10. Jh. (ältester lit.Beleg) Velund und Baduhild: in je einer Strophe wird ihr Schicksal ( vorübergehendes Unglück) beklagt, keine Handlungsschilderung neuisl. völundr = Appelativ für kunstfertigen handwerker, völundarhús = Labyrinth 30 Bilddokumente: Franks Cascet ( Runenkästchen von Auzon) um 700 linke Vorderseite: durch Blattornamente geteilte 3teilige Abbildung: kleine Gestalt erwürgt Vögel (jagender Königssohn?), Frauengestalt mit Gefäss(?), Wieland mit gebeugten Knien (Lähmung?), Frauenfigur , die etwas gibt/bekommt (Becher/Ring?), Zange umfasst etwas (Kopf?), kopflose Gestalt Bildstein von Ardre VIII: 8./9.Jh. ( Odin auf Sleipnir- Hamdismál mit 1 Bruder?) Szene aus Wielandsage: Schmiede mit Rasendach und 2 Zangen und 2 Hämmern, 2 kopflose Körper, weggehende weibliche Figur, Vogel (= Wieland? Gestaltwandel?) Parallelen zu antiker Überlieferung: Dädalos ( Gefangener von Minos auf Kreta) kann entfliegen, sein Sohn Ikarus kommt der Sonne zu nahe Schmiede: gr. Hephaistos (will Athene vergewaltigen)- röm. Volcanus nur einzelne Ähnlichkeiten, eher sek. Beeinflussungen 6. Themen der Lieder und Interpretation Schmiedekunst – Macht und Feuer- Wissen, Kenntnis des Geheimnisses der Metallverarbeitung und Know how der Waffenherstellung > Schmied hat in vielen archaischen Gesellschaften weltweit eine besondere Stellung (wohnt oft ausserhalb der Societät- Sävasted!) Hochachtung und Respekt- Furcht und Magie zentrales Thema ist in diesem Lied die Rache ( typ. Heldendichtung)- aber: Protagonist begeht keine heroische Rache, sondern unheroische, niedrige, feige Rache (Mord an Kindern, Vergewaltigung) Die typischen heldischen Ideale wie Ehre und Treue spielen keine Rolle. Völund ist kein König /Königssohn, der nach heroischen Werten handelt. kein innerer Konflikt kein Untergang des Protagonisten Alois Wolf: “unkönigliche Nicht-Untergangsfabel”, die heroische Aspekte hat, aber keine Heldensage im eigentlichen Sinn ist- nur Annäherung ( motivische Details, Wortmaterial: Last Granis, Verweis auf Rhein) merkmalneutrales Lied ( weder idealisierend noch problematisierend). Völund ist kein Mensch! Moral “Vergreife Dich an Alben nicht” ( ähnlich: Griminsmál: Odin siegt über Geirröd) Die Sigurdlieder werden im Folgenden- ebenfalls wie der Sagenkreis um Helgi- zusammengefasst behandelt. Der Sigurd-Sagenkreis ist der umfangreichste Komplex von Heldenliedern (Nr. 15-23 und Lücke von 1 Lage = 8 Blättern) zu Beginn ein Prosastück : Fra dauda Sinfjtla – Vom Tod Sinfjötlis (Überschrift im Codex Regius) stellt Übergang zwischen Helgi-und Sigurdliedern her, indem berichtet wird, dass König Sigmund, der Sohn Völsungs, insgesamt 3x verheiratet war und 3 Söhne hat: Sinfjötli von 31 seiner Schwester (Inzest), Helgi von Borghild und Sigurd von Hjördis. Sigurd und Helgi sind also Halbbrüder. Grípisspá - die Weissagung des Gripir ziemlich junges Lied, 13. Jh. Gripir ist Onkel von Sigurd, der sonst nirgends vorkommt Sigurd sucht Gripir auf und bittet ihn, sein Schicksal vorauszusagen, was dieser auch tut. Das Lied fasst den inhalt der darauf folgenden Lieder zusammen 53 Strophen im Dialog Die Gripisspá ist- ebenso wie die Guðrunarhvt (Monolog)- ein Standortlied ( ein Augenblick, ein Schauplatz, eine Situation) deutlich Heldendichtung aus 2. Hand, reflektiert Bekanntes aus anderen Liedern- aus zeitlicher Distanz nochmals aufgerollt. Jung-Sigurd- Dichtung: Reginsmál, Fáfnismál, Sigrdrifomál (Reginlied, Fafnirlied, Rede der Sigrdrifa = „Erweckung der Walküre“- monologische Rede der Walküre) stark mit Prosa durchmischt. Im Codex Regius zu einem Ganzen zusammengefasst. Keine Liedtitel, bei Prosastücken Überschriften zur Orientierung “Reginsmál” : Titel von Sophus Bugge 1877 (Eddauasgabe) Fafnismál und Sigrdrifomál: junge Papierhandschriften Sigrdrífa = Siegtreiberin Hans Kuhn: “Eddastück von Sigurds Jugend” Unklarheiten in Handlungsfolge, Metrik, unterschiedliche Versmaße- „ziemlich verwirrend“ Felix Genzmer hat neu geordnet und ergänzt- geht dabei zu weit- rekonstruierende Übersetzung ohne Rücksicht auf Textbestand Klärung durch andere Überlieferungen: Vlsunga saga, Snorra Edda, Þiðreks saga af Bern im Nibelungenlied erfährt man von Jung-Sigurds Taten nur in Str 97 (Hortgewinn) und 100 (Drachenkampf)- Vermutung: Akzent sollte auf Kriemhild liegen 3 Themenkomplexe: Vaterrache Drachenkampf und Schatz-Erwerb Erweckung der Walküre Stein von Ramsund erzählt Geschichte vom Drachenkampf und Hort: Sigurd ersticht Fafnir, brät sein Herz, steckt Finger (mit Blut) in Mund, versteht Meisensprache (Vögel sprechen über Hinterlist Regins und raten, diesem zuvorzukommen), Sigurd tötet Regin, belädt Pferd Grani mit Schatz. Unklar ist ein Tier: Wolf (Familiensympathietier der Völsungen) oder Otter (wird von Loki erschlagen, Götter müssen Busse zahlen,indem sie mit Gold Balg ausstopfen und von aussen verhüllen, Gold von Zwerg Andwari erpresst inklusive Zauberring, den der Zwerg verflucht, der verhüllt letztes Barthaar, Fafnir erschlägt Vater Hreidmar, will nicht mit Bruder Reginn teilen, verwandelt sich in Drachen und legt sich auf Gold bzw. verbirgt es in festem Haus auf Gnitaheide). Otter passt besser zum Verlauf der Geschichte, Wolf besser zum Bild Reginsmál: Vorgeschichte des Drachenhorts- Reginn stachelt Sigurd zur Drachentötung auf, aber dieser will zuvor noch den Tod seines Vaters an den Hundlingssöhnen rächen. 32 Fáfnismál: Drachentötung in Kurzprosa- danach 22 Strophen langer Dialog sterbender Fáfnir-Sigurd: Fáfnir kvað - dann Zwischenüberschrift Fra dauda Fáfnis Als erstes fragt Fáfnir nach Sigurds Namen... Meisen erzählen von der in einer von Flammen umgebenen Burg auf dem Hindafjall schlafenden Walküre (Odin hat sie mit Schlafdorn gestochen, weil sie in einem Kampf den Tod des Falschen verursacht hat) Sigrdrífomál: “Siegtreiberin” Sigurd überwindet Feuerwall, schneidet mit Schwert Rüstung der Walküre auf, sie belehrt ihn über alles Mögliche- sehr heterogenes Material plötzlicher Abbruch in Str. 29- Beginn der Lücke In Übersetzungen Ergänzung der Sigrdrífomál -Strophen 29-37 aus neueren Papierhandschriften, deren Quelle unklar ist, da das in der Völsungensaga vorhandene Ende (Verlobung mit Eiden ) fehlt.- es kann daher keine direkte Abschrift sein. In kontinentaler Überlieferung fehlt Sigrdrífa Die Darstellungsweise der drei Lieder ist gleich: doppelseitig angelegt, die Handlung wird in den Prosastücken erzählt (Einleitungen und Zwischenprosa), die Lieder selbst sind in direkter Rede und umfassen Belehrrungen- sind also eine Art Wissensdichtung. idealisierend-referierend Gegensätze innerhalb der Lieder- vielleicht gab es ältere Lieder davor Reginsmál: a) einleitendes Prosastück: Vorgeschichte: Regin ist zu König Hjalprek gekommen und hat Erziehung von Sigurd übernommen b) Zwischenprosa 12/13 und 13/14: Sigurd ist zu Regin gekommen und bleibt bei ihm Fáfnismál: a) Str. 18 Fáfnir liegt auf dem Gold b) Prosa nach Str. 44: Sigurd holt nach Tötung des Drachens das Gold aus einer Art befestigtem Schatzhaus Sigurd ist anfangs ein unerfahrenener, junger Mann, ein “Dümmling” mit großen Körperkräften und geringem Intellekt, der beispielsweise die Hilfe der Meisen benötigt. Diese sprechen das intellektuelle Defizit an. Im Dialog mit der Walküre und mit Fáfnir ist er dann aber wendig und ebenbürtig. Sigurd ist ein positiver Held- mutig und klug. Die Jung-Sigurdlieder sind ein Sammelsurium, in dessen Verlauf Sigurd an Reife gewinnt. Die Lieder der Lücke In den Papierhandschriften gibt es keine Hinweise auf Lieder der Lücke- daher können sie nicht Abschriften vom Codex Regius sein. Viele Spekulationen, bisher keine Beweise für irgendwelche Theorien. Andreas Heusler: postuliert 1902 in einem langen Aufsatz 2 kurze Lieder, die er *Falkenlied und *Traumlied nennt, und ein langes Sigurdlied, da das letzte Sigurdlied Sigurðarkviða in skamma heisst, (mit 71 Strophen) zieht Heusler den Schluss, es müsse ein längeres Sigurdlied gegeben haben: *Sigurðarkviða in meiri. 33 Einigkeit unter den Forschern herrscht nur darüber, dass die Llücke viel Platz bietet. Inhalt: Rekonstruktion aus der Völsungensaga, wo Walküre Brynnhildr heisst. Sigurd bestätigt seine Verlobung mit Brynhild, die auch eine menschliche Seite hat und die Tochter Budlis und damit die Schwester Atlis ist, am Hofe Budlis. Er reitet zum Hofe Gjukis, der mit seiner Frau Grímhildr drei Söhne namens Gunnar, Högni und Guttorm ( in unterschiedlicher Schreibweise) hat. Gudrun träumt 1. von einem Falken, Traumdeutung durch Grimhild.- Königssohn wird kommen. 2. von erlegtem Hirsch und einem Wolfsjungen, das sie mit Blut bespritzt und fährt zu Brynhild, die den Traum deutet als Vorausschau der Geschehnisse. Das ist die Substanz für das Heuslersche Falken- und Traumlied. Grimhild gibt Sigurd einen Zaubertrank, woraufhin er Brynhild vergisst und Gudrun heiratet. Gunnar, Högni und Sigurd schwören sich Treueeide. Gunnar wirbt um Brynhild, die nur den zum Mann nehmen will, der die Feuerwansd durchreiten kann. Grani geht nur unter Sigurd- Gestaltentausch- Sigurd in der Gestalt Gunnars kommt zu Brynhild, wird ihr erster Mann. Bei Frauenstreit erfährt sie die Täuschung, Brynhild ist nun “ohne Freude” und fordert Gunnar zur Rache auf. (erpresst ihn mit Drohung, ihn zu verlassen und zu Vater zurück zu gehen und dort dauernd zu schlafen). Gunnar wird traurig. Da er Sigurd den Treueeid geschworen hat, muss Guttorm dazu aufgestachelt werden ( Fleisch von wilden Tieren- übernimmet deren Eigenschaften) “Erwachsenen- Sigurdlieder” (Ausdruck Nedoma) Brot af Sigurðarkviðo setzt mit Gespräch Gunnar- Högni über Tötung Sigurds ein. Str 4 Sumir- sumir- sumir : Guttorm erhält Tierfleisch- erinnert an Zaubersprüche Sigurðarkviða in Skamma: schildert das Geschehen lapidar und kurz. Varianten von Sigurds Tod: ( in Prosa nach Brot aufgezählt) draussen: Brot af Sigurðarkviðo , Nibelungenlied, Þiðreks-Saga im Bett schlafend (verwerflich!) Sigurðarkviða in skamma, Vælsungen Saga, Snorra-Edda auf Thing: Guðrunarkviða in nnor Guttorm stirbt durch Schwert, das ihm Sigurd sterbend nachwirft. Sigurd, Guttorm und Brynhild, die Selbstmord begeht, werden verbrannt (letztere auf anderem Scheiterhaufen). Gudrun heiratet in 2. Ehe Atli, der ihren Brüdern eine Einladung schickt… Darstellungsweise: Handlung in Prosa, Dialog in Liedern nach Sigurds Tod stehen die Frauen im Zentrum Alter: Brot : 11. Jh. oder älter: ist zwar doppelseitiges Ereignislied, stellt aber Psychologisches dar (Frauen) und liegt daher nahe an jüngeren Liedern Sigurðarkviða in Skamma: letztes Sigurdlied, durch 1. Gudrunlied von Brot getrennt nach Heusler ist Skamma jung (Mangel an Narrativität, psycholog.Schilderungen der Gefühle) Die Erwachsenen-Sigurdlieder stellen keine Einheit dar. Die Titel sind neuzeitlich (19./20.Jh) 34 nicht Sigurd steht im Mittelpunkt, sondern v.a. die Frauen Die 3 Gudrunlieder und Brynhilds Heerfahrt: eddische Elegien im engeren Sinne: Leben wird rückblickend geschildert Historische Grundlagen der Sigurdlieder Sigurd-Dichtung lässt sich schlecht verorten. Es werden keine großen denkk-/merkwürdigen Ereignisse geschildert. Drachenkampf und Erweckung der Walküre sind nicht historisch, Vaterrache, Schattzerwerb sind wahrscheinlich sekundär in die Lider gekommen. Frauenstreit kommt öfter vor, auch die Ermordung von Helden. In der Forschung gibt es kein abschliessendes Urteil. 3 Versuche für histor. Zusammenhang: a) Gregor von Tours: Historiae (nach 573): merowingisches Frankenland 566 oder 567: Sigibert I, Teilkönig von Austrasien, heiratet westgotische Prinzessin Brunhild, sein bruder hilperich I heiratet deren Schwester, verlässt sie aber und lässt sie töten wegen der Konkubine Fredegunde. Brunhilde treibt Sigibert zur Rache an, dieser wird durch Initiative Fredegundes aber heimtückisch ermordet. Hilperich wirdmöglicherweise auf Initiative Brunhildes getöte-... usw. Derartige Geshcichten sind üblich bei Merowingern. Brunhilde: nur Namensgleichheit, steht auf falscher Seite im Vergleich zur Sage. histor. Zusammenhang unwahrscheinlich b) Tacitus Annales (nach 110) Theorie von Franz Josef Mone 1830, später von Otto Höfler Arminius der Cherusker= Sigfried . Schlacht im Teutoburger Wald 9/10 n. Chr. , schlägt Römer Varus. Arminius ist latein ischer Name, seine Verwandetn heissen Sigris...- Segfridus? Arminius stirbt durch ein Mordkomplott seiner Verwandten Höfler: Drachenkampf = chiffrierte Varusschlacht Tacitus: “ noch heute besingen ihn die Barbaren” sehr vage Konstruktion: Dreiecksverhältnis fehlt Höfler setzt Ort der Varusschlacht bei Knetterheide (= Gnitaheide) an, aber nach neueren Ausgrabungen (nach Höflers Tod) war sie in kalkriese/Niedersachsen- zwischen den Orten liegen 90 km c) Prokop von Caesarea: De bello Gothico (550) Andreas Heusler Im italienischen Ostgotenreich: Anführer Wraja (Neffe des abgesetzten Gotenkönigs) hat sich für neuen König Ildibot eingesetzt. Wrajas Frau behandelt Könisgfrau im Bad herablassend, Ildi bot lässt Wraja töten, wird bald darauf selbst getötet. Frauenstreit keine Übereinstimmung der Namen historisches Ereignis war bei den Goten- unklar, warum Dichtung es woanders hin verlegt. Keiner ausser Arminius ist ein strahlender Held-aber bei ihm gibt es eine grosse narrative Diskrepanz zur Saga. Für den Siegfried/Sigurd-Sagenkreis wird angenommen, dass es mehr als nur einen Ursprung gegeben hat. Verschmelzung historischer Personen mit dme Sagen-Archetypen des Helden möglich. 35 Helgilieder am Beginn des heroischen Teils der Edda, mit extremem Großbuchstaben abgesetzt (wie Beginn der mythologischen Lieder). Helgakviða hirvarðssonar 2 Generationen: Hirvarðr + Frau und seinem Sohn Helgi + Sváva (Walküre) Form: Konglomerat von poetischen Teilen in 2 Versmassen unde Prosaeinschüben mit narrativer Funktion Motive: Brautwerbung und Rache Hirvarðr schwört, er wolle nur die schönste bekannte Frfau heiraten Brautwerbung durch Boten persönliche Brautwerbung Brautraum (Brautwvater getötet) persönliche Brautwerbuing mit beiderseitigem Einverständnis (Helgi) Die Rache ist stets gerecht Sammelsurium von übernatürlichen Figuren (Walküren, Riesinnen, trollfrauen, Tierverwandlungen...) Heusler: “Mosaik aus nordischen und fremden Steinen” - ausgeprägte intertextuelle Referenzen Helgi stirbt in Zweikampf, seine Walküre Sváva eilt herbei ( Mat. 24 /67) Helgi sagt, sie solle seinen Freund heiraten, was sie aber ablehnt. Prosatext nach Lied: Helgi und sváva werden wiedergeboren. Die beiden Lieder von Helgi dem Hundingstöter rahmen dieses Lied ein. Einlöeitungsprosa vor 2. Helgi-Hundingsbana-Lied: “Von den Völsungen”: Helgi Hundingsbana ist Sohn von Sigmund und Halbbruder von Sigurd uind damit ein Völsung- genealogische Verbindung. “König Sigmund und Verwandte heissen Völsungen oder Ylfingen” (vermutlich ursprünglicher Name, von ulf= Wolf. In Völsungensaga sind 1. Lied und Teil des 2. Liedes verarbeitet Helgakviða Hundingsbana in fyrri in Codes Regius als “Vlsungenkviða” bezeichnet Biographie Helgis Form: in sich geschlossenes Lied ohne Prosa, 56 Strophen 9 ungewöhnlich ausführliche Strophen über Helgis Jugend Reihe von Schlachten: Helgi tötet Hunding, gegen den Vater Sigmund in Schlacht verloren und dabei den Tod gefunden hat, und seine Söhne, er tötet auch den “ungeliebten Verlobten” von sváva und gewinnt die Walküre vor Kampf senna (Astreitgespräch) zwischen Helgis Halbbruder Sinfjötli und Bruder des Verlobten viele poetische Umschreibungen doppelseitig angelegt (abgesehen von senna) Happy End Mat 24/69 36 “budlungr” = Fürst: Sipüpenbezeichnung, appellatorische Verwendung ( von Budli = Vater Atlis- aber kein Zusammenhang mit ihm) Helgi bekommt rote ringe (Gold) und das mächtige Mädchen (Walküre), Sieg und Land Alter: mittelalt, 11. Jh. Helgakviða Hundingsbana in nnor Form: Vers-Prosa –Gemisch Stoff: Sammelsurium aus verschiedenen Vorlagen mit schlechten Prosa- Verbindungen der Strophen, die teilweise komplett übernommen wurden. 2. Lied zitiert ganze Passagen aus 1. Lied. Walküre heisst Sigrun Lied endet mit Helgis Tod durch Dagr, Bruder Sigruns, dem Helgi das Leben im Kampf geschenkt hat, ihren Vater und die anderen Brüder hat er bei Kampf mit Verlobtem, auf dessen Seite sie standen, getötet. Dagr bricht den Treueeid, den er Helgi geschworen hat, leiht sich von Odin einen Speer und tötet damit Helgi. Helgi kehrt wieder in seinen Grabhügel und verbringt eine Nacht mit Sigrun. Sie stirbt danach aus Kummer ( Rückkehr ist bekanntes Motiv in europäischen Volkssagen, nach Klaus von See “Leonoren-Motiv”) Schlussprosa ( Mat 22/70: In heidnischer Zeit war Glaube an Wiedergeburt- das ist Altweiberglaube. Es heisst, dass die beiden wiedergeboren wurden als Helgi Haddingeschaden und Kara, Halfdans Tochter. Karalied ist nicht überliefert! Saga aus dem 17. Jh. erzählt von diesem Paar und einer Schlacht am Vänarsee Alter: Klaus von See: jung, 13. Jh. : Redaktion aus verschiedenen Überlieferungen Historisches: Sagenkern historisch schwer fassbar nicht in Völkerwandeurngszeit Ortsnamen größtenteils Phantasie, die wenigen realen Ortsnamen deuten auf Ostseeraum nur Spekulationen zur Überlieferungsgeschichte Gleich ist: Figur des Helgi, Walküre, Schlachtenserie Hildibrands Sterbelied in Edda minorica (Ausgabe Heusler und Ranisch) Titel nicht überliefert 5 ½ Strophen in Åsmundar saga kappabana ( Saga von Asmund dem Kämpentöter) Förnasldarsaga 13./14.Jh. Asmund und Hildibrand sind Halbbrüder, die sich aber nicht kennen, zwei große Kämpfer, die schlöieslsich gegeneinander kämpfen, wobei Hildibrand tödlich verwundet wird und ein Sterbelied spricht Mat 25/71. “Da liegt de rliebe Sohn..” bezieht sich auf Schild, auf dem alle von Hildibrand Getöteten verzeichnet sind. Seinen Sohn hat er ohne Absicht getötet. ( In Prosa vor dem Sterbelied berichtet.) Zweikampf wird auf Halbbruder übertragen erinnert an ahdt. Hildebrandslied (um 830: Mat. 25/72) Hildebrand und Sohn Hadubrand begegnen sich zwischen zwei Heeren (Dietrich von BernOdoaker) 37 d.h. Dietrich-Sage ist Voraussetzung gewesen, Hildebrand ist Dietrichs Ratgeber und Waffenbruder doppelseitig, Dialog über 50 Verse Hildebrfand kommt nach 30 Jahren Kampf in der Ferne nach Hause, wird von Sohn zu Zweikampf herausgefordert, versucht ihn zu vermeiden, akzeptiert schliesslich das Geschick (Mat. 25/72) Kampfschilderung, Abbruch nach Str. 68 Hildebrand ist kein klassischer Held im althochdeutschen Hildebrfandlied, will Unheil verhindern und heroischen Automatismus- reflektierend problematisierend Hjalmars Sterbelied ebenfalls in Edda minorica überliefert in Hervara saga und in rvar- Odds saga (Saga vom Pfeil-Odd) : beides Förnaldarsagas, 13./14.Jh. Lied selbst wahrscheinlich 12. Jh. Dreicecksverhältnis: schwedische Prinzessin Ingibjörg , Hjálmar und sein Waffengefährte Odd einerseits- Agantyr und 11 weitere Berserker-Brüder andererseits Odd tötet 11 Berserker Hjalmar und Agantyr (mit SchwertTylfingr): Hjalmar tötet Agantyr, stirbt aber an seinen wunden, Ingibjörg stirbt auch ( 2 Varianten: Selbstmord oder Kummer) sterbender Protagonist hält Rückschau ( monologische Elegie). Nicht Taten sondern lyrische Erinnerungen an die schwedische Heimat im Gegensatz zum kampfschauplatz, an früher- jetzt, Liebe- leid... 8 bzw 12 Strophen, in der Reihenfolge teilweise unterschiedlich, fest stehen Str. 1, 2 und die letzte Strophe (Mat. 25/73): Rabe und Adler