1 Mythologische Eddalieder www.univie.ac.at/skandinavistik/lv/ledda1 Benutzername nedoma Passwort Le1-mel Internet-Informationen zur altnordischen Mythologie/Edda sind problematisch oft die poetisierte Simrock-Übersetzung ( wegen Alter kein Copyright) z.B. Simrock: Aelrun Altnordisch Ọlrún Wikipedia zu Codex regius: 1 Schreiber genau im Jahr 1271 ( keine Begründung dafür!), Autor Sæmunður Sigfússon ( 1056-1133-passt zeitmäßig nicht) brauchbare Links sind selten, s. oben gen. Internetadresse Einführung Begriffsdefinitionen 1. Was ist die Lieder-Edda? Was sind Eddalieder? Was sind eddische Lieder? 2. Wie sehen diese Lieder aus ( formale /poetologische Charakterisierung) 3. Was ist Mythologie 1. Liederedda- Eddalieder-eddische Lieder historischer Hintergrund: Island war selbständig bis ins späte 13. Jh., dann unter Norweg. Herrschaft, ab Ende des 15.Jh. Teil der Kalmarer Union, aus der sich Schweden im 16. Jh. herauslöste, Norwegen 1814Island blieb bis 1944 dänisch ( Unabhängigkeit durch Volksabstimmung) hochrangige Kulturgüter- v.a. Handschriften, die im 17./18. Jh. auf Island wieder entdeckt wurden, kamen nach Kopenhagen und wurden erst im 20. Jh. zurück erstattet. 1971 Rückgabe von Codex Regius und Flateyjarbók an Island Name “Edda” unklar, mehrere Deutungsversuche, alle unbefriedigend 1. edda ( altisl.) Urgroßmutter- weit hergeholt 2. óðr ( altisl.) Wut, Diskussion,Ekstase 3. Oddi: Gehöft in SW-Island –Entstehungsort? lautliche Problematik 4. edere ( lat. herausgeben): edo edidit – geht lautlich nicht auf Snorra-Edda ( = Prosa-Edda = jüngere Edda) Snorri Sturluson ( 1178/79-1241) nur die Snorra-Edda wird in mittelalterlicher Handschrift so bezeichnet- um 1220 entstanden Handbuch für junge Dichter zur Wissenserweiterung und Unterhaltung- Verständnis von alten Gedichten- zur Wortschatzerweiterung enthält nordische Mythen und Heldensagen stofflich starke Berührungen mit Liederedda Hauptteile in Prosa + Skaldenstrophen- eine Art Sekundärliteratur- 1. Rezeptionsstufe Liederedda ( = ältere Edda = Sæmunduredda) Name ist Gelehrtenirrtum Brynjólfur Sveinsson u.a. Gelehrte des 17.Jh. hielten die Liedersammlung des Codex regius für die Vorlage der Snorra-Edda und schrieben sie Sæmundur Sigfússon zu- aber damals haben etliche Texte noch gar nicht existiert 2 Mythologische Eddalieder Handschriften: 1. Handschrift : Codex regius ( = R) relativ kleine und schmucklose Handschrift 19-19,4 cm hoch, 13-13,4 cm breit Signatur GKS = Den gamle kongelige samling 1643: Brynjólfur Sveinsson (Bischof und Handschriftensammler) – unklar, wo R vorher war 1662: in königl. Bibliothek unter Frederik III, der diese gründete Der Codex regius wurde um 1270 von einem einzigen Schreiber geschrieben 45 Blätter in 6 verschiedenen Lagen. Zwischen 4.und 5. Lage ist eine Lücke, die eine ganze Lage umfasst Der überlieferte Teil ist offenbar vollständig R umfasst 2 Teile: mythologischer und heroischer Teil- in Handschrift markiert durch besopnders große Anfangsbuchstaben: Vọluspá und Helgakviða Hundingsbana in fyrri Die einzelnen Lieder haben ebenfalls größere Buchstaben 11 mythologische = Götterlieder 18/19 Heldenlieder + 2 kurze Prosastücke Abfolge mythologischer Teil 1. Visionsdichtung = Echatologische Dichtung ( Anfang und Ende der Welt) Vọluspá (Prophezeiung der Seherin) 2. Lieder mit Figuren aus der höheren Mythologie 3 Lieder über Oðin: Hávamál Vafþrúðnismál Grímnismál 1 Lied über Freyr: Skírnismál (Skirni = Diener Freyrs, Brautwerbung) 4 Lieder über Thor Hárbarðslióð (Streitgespräch Thor-Odin) Hymiskviða (Thor als Protagonist) Lokasenna (Streitrede- Loki beleidigt Götter) Þrymskviða (Thor als Protagonist) 2 Lieder über Wesen aus der niederen Mythologie Vọlundarkviða (Wieland als Albe) Alvissmál (Frage-Antwort, mytholog.Wissen, Zwerg- Thor) Abfolge Heldenlieder Ordnung nach Stoffkreisen mit tendenz zur chronologischen Reihenfolge 3 Lieder über Helgi: Helgakviða Hundingsbana in fyrri Helgakviða Hiọrvarðssonar Helgakviða Hundlinsbana in ọnnor 7 Lieder + 1 + LückeSigurd-Stoff: ( Nr. 15-21 auf Liste Nedoma) entsprechen 1. Teil des mittelhochdeutschen Nibelungenlieds: Jugend, Dracxhenkampf, Brynhild, Tod 9 Lieder ( Nr. 22- 30) entsprechen 2. Teil des Nibelungenlieds- Untergang der Nibelungen) 1 Lied Rache an Ermanerich = Jörmunrek Hamðismál 3 Mythologische Eddalieder Datierung durch Scheibfehler und Art und Weise des Umgangs mit dem Platz führt zum Schluss, dass ein oder mehrere schriftliche Grundlagen vor 1240 existiert haben müssen Gustav Lindblad: Thesen zu Vorstufen: palliographische und orthographische Unterschiede zwischen mythologischem und heroischem Teil → 2 getrennte Sammlungen, die (zum ersten Mal??) im Codex Regius zusammengeführt worden sind Abschriften von einzelnen / paarweisen Liedern zur Mythologie → eine Sammlung, die die Vorstufe zum Codex regius ist Die Heldenlieder sind homogener Vorlage muss um 1200/1210- jedenfalls vor 1240, gewesen sein 2. Handschrift A Anfang 14. Jh. AM = Arnamagnäische Handschriftensammlung Árni Magnússon: isländischer Gelehrter, Professor in Kopenhagen, ca. 1702-1712: sammelt auf Island Handschriften 2 Fragmente: 1. teil: 6 Blätter, die in sich doppelt fragmentarisch sind – es fehlt etwas am Beginn und am Ende und mittendrin ( Blatt 1 beginnt mitten in Hárbarðslióð) Balders Träume nur hier überliefert Verlust nach Blatt 2- Abbruch in Skirnismál, Vafþrúðnismál, bricht ab in Vọlundarkviðaursprünglicher umfang nicht feststellbar- waren es nur mythologische oder auch heroische Lieder? kein Ordnungsprinzip bei der Reihenfolge feststellbar Lieder aus R und A sind Eddaliedern u.a. andere ähnliche Lieder, die mitunter als Anhang in Edda-Handschriften stehen:Lieder in eddischem Stil =eddische Lieder= Edda minor Jedes Eddalied ist eddisch- aber nicht jedes eddische Lied ist ein Eddalied überliefert u.a. in Flateyjarbók, Snorra-Edda, 5 mythologische Lieder in einer PapierHandschrift des 17.Jh.--- s. Auflistung Materialien 2 2.formale/ poetologische Charakteristika der Eddadichtung gebundene, poetische Sprache im engeren Sinn- also Verse keine „Lyrik“ (Lyrik wird charakterisiert als Gefühlsausdruck, ist eine Umsetzung der Gemütsbeschaffenheit des Dichters) Stil: viele Eddalieder sind erzählend oder monologisch Die Lieder wählen aus- keine durchgehende Erzählung, sondern Schilderung von markanten Passagen innerhalb des Stoffs- Handlung wird in Monologen (Verwendung der direkten Rede) erzählt. Die verbindenden Passagen (z.B. bei Schauplatzwechsel) sind nur knapp, ohne erklärende Details „ doppelseitige Ereignisbilder“ (A. Heusler): episch- dramatisch: einerseits hochstilisierte Reden, andererseits verbindende Passagen 4 Mythologische Eddalieder → damalige Zuhörer müssen mit Geschichten vertraut gewesen sein, hatten also einen anderen Rezeptionshorizont als wir heute- wir haben ein anderes „ kulturelles Gedächtnis“ Vieles, was in Eddaliedern angedeutet ist, wird in Snorra-Edda ausgeführt. Snorra-Edda ist 1. Stufe der Rezeption- alte Stoffe werden fixiert und erklärt eddische Lieder sind also Literatur in Versen, in Strophen Vers ( von lat. vertum = gedreht, gewunden) Wiederkehr von bestimmten sprachlichen Besonderheiten akzentuierte = betonte Silben (Hebungen) = Metrum → Rhythmus Sprechgrenzen (Verse im engeren Sinn) Der Rhythmus wird durch andere klangliche Elemente unterstützt Form: Charakteristisches für Eddalieder: 1. Text in Strophen (= Textblöcke) Strophen in einzelnen Verszeilen, welche in sich zweigeteilt sind (Zwischenraum) 2. Stabreim = Alliteration = Anreim Gleichklang des Anlauts- Lautreim ( Endreim = Silbenreim) heute Verwendung beispielsweise in Werbesprache, in festen Redewendungen/Syntagmen(Jimmel und Hölle, Kind und Kegel) Stabreim unterstützt Merkprozess nur bei Sprachen mit Initialakzent wie das Altnordische u.a. germanische Sprachen im Altnordischen reimen untereinander: gleiche Konsonanten alle Vokale st, sp, sk ( nur st mit st usw) 3. Versmaß =Metrum ( S. M3 5.) quantitativ 2 Hauptmetren finden in Eddaliedern Verwendung: fornyrðislag ( “Altredemetrum”) charakteristisch für erzählende Lieder (ältere Heldenlieder und erzählende mythologische Lieder : Vọluspá) setzt direkt den germanischen Stabreim fort eine Strophe besteht normalerweise aus 4( 3-6) Langzeilen 2 Langzeilen bildne eine syntaktische Einheit jede Langzeile besteht aus 2 Kurzzeilen: Anvers und Abvers jeder Kurzvers hat 2 Hebungen, meist auf “sinnschweren” Wörtern ( Substantive, Adjektive, Pronomina) und die normale Satzbetnung entspricht in etwa der Betonung im Vers→ 4 Hebungen/Vers Alliteration: im Anvers alliteriert entweder 1. Hebung, 2. Hebung oder beide mit der 1.Hebung des Abverses die 2. Hebung des Abverses alliteriert nie Die Silbenfüllung /Silbenzahl pro Vers ist einigermaßen frei- es werden also nicht Silben gezählt. 3-7 Silben/Vers, meist 4 oder 5 Silben größere Schwankungen bei Silbenzahl eher bei älteren Liedern, jüngere Lieder sind eher regelmässig 5 Mythologische Eddalieder ljoðaháttr (“Liedermetrum”, “Spruchmetrum”) Annahme mancher Wissenschaftlich, dass ursprünglich in Zaubersprüchen- daher Zaubermetrum- das ist aber nicht gesichert v.a. in mythologischen eddaliedern, Spruchdichtung, Wissensdichtung ( rein dialogische Dichtung)- Vermittlung von mythologischem Wissen für den Rezipienten ist seltener als das fornyrðislag- ca. ¼ der Eddalieder Strophe: 4 Zeilen Wechsel von Langzeile und Vollzeile ( = nicht in sich gegliedert,2 alliter. Hebungen = 2 rhythmisch akzentuierte Silben) meist noch eine zusätzliche Hebung- aber da sist Interpretationssache Regularien sind bei diesem Versmaß lockerermanchmal eine Langzeile und mehrere Vollzeilen oder 6 zeilige Strophen ( 3 Langzeilen, 3 Vollzeilen) Einfluß von freierer Kleindichtung ( Sprichwörter, Rätsel,...) auch 2 Hebungen in einem Wort möglich Entstehung und Überlieferung von Eddaliedern Dichter: anonyme Verfasser bei allen Eddaliedern Alter: unterschiedlich Problem: die altisländische Sprache war sehr konservativ und bietetd ahe rkeine Datierungshinweise Entstehung der Eddalieder zwischen 8./9.Jh (Konstitution des Altnordischen) und 13. Jh (Codex Regius) Zur Datieurng gibt es untershciedliche Meinungen ( als Kriterien wurden jeweils Stoff, Metrik usw., herangezogen) bei Alter ist der Gesamttext der vorliegenden Lieder gemeint ( mit ev. kleinen Umarbeitungen/Ergänzungen) die ältesten Lieder sind wohl 3-400 Jahre vor der Niederschrift entstanden -mytholog. Lieder und ältere Heldenlieder- Vọluspá ist ältestes myth. Lied Überlieferung: mündlich poetische Form verhinderte das “Zersingen” Vọluspá: 66 Strophen Atlakviða : 43 Strophen jeweils durchschnittlich 4 Zeilen- Menge ist unproblematisch zu merken Frage: Reden oder Singen? Ungeklärt kein Hinweis auf musikalische Darbietung Problematik der Übersetzung s. M 4 Abbildung von Originaltext, darunter: a) Transliteration, aufgelöster diplomatischer Text 1:1 mit allen Besonderheiten- ursprüngliche Schreibweise, nur Abkürzungen sind aufgelöst ( kursiv) langes s, Längenakzente sind unregelmäßig und falsch gesetzt kleine Großbuchstaben = Doppelkonsonant N=nn i ohne Punkt, f ist unter die Zeile gerutscht durchgehender Text, nur ausnahmsweise Interpunktion 6 Mythologische Eddalieder b) normalisierter Text in Langzeilen und Kurzzeilen gesetzt Ergänzung aus einer anderen Handschrift H: „helgar“ fehlt in R- offenbar Fehler des Schreibers einheitliche Orthographie, z.B. ọ c) Übersetzungen sind schwierig- es gibt dabei 2 Prinzipien - Übernahme von möglichst viel Form, Poesie ins Neuhochdeutsche- also von Alliterationen, Rhythmus → starke Veränderungen des altisländischen Textes - Übersetzung Wort für Wort ( dabei müssen Doppeldeutigkeiten je nach Kontext übersetzt werden, manche Wörter, die nur einmal vorkommen, sind schwer verständlich) → Poetizität geht verloren Karl Simrock : eher Nachdichtung als Übersetzung, Fehler in Zeile 3 (Ich will..), Simplifizierung in Zeile 4 ( Die ältesten Sagen..) Kuhn: Bearbeitung von Simrock, Bereinigung des Fehlers (Du willst…) Häny: erklärende Nachdichtung (Zeile 3) Krauseverwendet oft Elisionen älts´te… Häny und Krause poetologisch nicht überzeugen, aber nahe am Text Darunter wortwörtliche Übersetzung von Nedoma. Besonderheiten im Altnordischen: á ( u.a. Vokale) mit Akzent = Zeichen für Länge ọ = ö-Laut, etwas anders als unser ö [ u.a. auch als Ligatur avgeschrieben] þ= stimmloser interdentaler Reibelaut ð= stimmhafter interdentaler Reibelaut œ =Ligatur, langes ö æ= Ligatur, langes ä 7 Mythologische Eddalieder 3. Was ist (nordgermanische) Mythologie? Heldendichtung: Stoff aus einer gemeingermanischen Materie, unterschiedliche poetische Ausformung, Wurzeln in einem „heroic age“ = ( bei Germanen) Zeit der Völkerwanderung mythologische Eddalieder: bei Mythen kein konkreter Ausgangspunkt feststellbar. Frage: Was ist wann gewesen, wie ist es verändert worden? Was ist gesamtgermanisch gewesen? Was ist später entstanden? Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen Die germanischen Mythen sind fast ausschließlich aus Mittelalter-Literatur überliefert. Die griechisch-römischen Mythen sind ein Produkt der späteren literarischen Systematisierung und Kategorisierung. Begriffsdefinitionen: Mythos (gr. mythos = Wort, rede, Erzähltes) Ein Mythos ist eine Erzählung über Götter und andere übernatürliche Wesen, über eine bestimmte Weltdeutung. Ein Mythos vermittelt das Weltbild und Wertesystem einer bestimmten Gesellschaft. Mythen sind traditionell gebundene Erzählungen in poetischer Form mit folgenden Charakteristika: 1. übernatürliche Wesen 2. konstanter, fixierter Handlungsablauf 3. Eingreifen der Götter in irdische Gegebenheiten> Erklärung der Welt ( Entstehung der Welt, der Götter, der Menschen, des Volks, Erklärung von Naturphänomenen, Ereignissen, Untergang der Welt) 4.zeitliche Dimension der Handlung: in grauer Vorzeit, im Einst- aber alles wird im jetzt noch als wahr angesehen- kollektives Gedächtnis der Gesellschaft 5. mehrmalige Wiederkehr: Mythen bzw. Hauptpunkte werden dramatisiert wieder aufgeführt von einer glaubenden Kultgemeinde (Messe/Abendmahl) Ritus = einmalige religiöse Handlung Ritual = Abfolge von Riten Kultus = Oberbegriff = das gesamte rituelle Leben einer bestimmten Religion- wird manchmal synonym mit Ritual verwendet Mythen haben eine vorbildhafte Funktion und vermitteln Handlungsmuster Anspruch auf Verbindlichkeit, auf Glaubwürdigkeit Variation von Mythen in nicht streng kodifizierten Religionen ( z.B. Germanen)- in doktrinären Religionen gab es ursprünglich auch Abweichungen ( 4 Evangelien), die aber später zusammengeführt worden sind. Mythologie 1. Gesamtheit der Mythen einer Gesellschaft 2. Wissenschaft von der Erforschung der Mythen Bei einer Änderung des religiösen Milieus kann die aktive Überlieferung von Mythen aufhören ( Festland nach Christianisierung) In Skandinavien sind heidnische Mythen überliefert in den Liedern der Edda, der Snorra-Edda und anderen literarischen Gattungen 8 Mythologische Eddalieder Die skandinavischen Mythen wurden erst 200 Jahre nach dem Religionswechsel schriftlich fixiert Island: 1000 ( 999) Thing-Beschluss für Christentum s. Mat. 5 síða-skipti síðr = Sitte, Gebrauch, heidnische Religion skipti = Wechsel Bericht von Arni inn fróði in der Íslendingabók gewisse heidnische Sitten waren weiter zugelassen Christentum setzte sich auf island nur zögerlich durch. Die Eddalieder sind Literatur! Das Mythenmaterial wurde verändert, möglicherweise reduziert oder ergänzt... geschrieben wurden sie in einem anderen kulturellen Milieu! 2 Fragenkomplexe 1. Warum ausgerechnet zu dieser Zeit Literarisierung? Warum keine weitere mündliche Tradieurng der Mythen? Warum wurden im 13. Jh. literarische Texte mit heidnischen Mythen niedergeschrieben? Es gibt keine evrbindliche Antwort. Antiquarisches Interesse? Versuch, bestimmte literarische Gattungen vor dem Verschwinden zu bewahren? Unterhaltung und Wissens= vermittlung (Simek)? Annahme, dass dies nur eine isländische Sondernetwicklung ist ( Meyer, Uecker) ist nicht beweisbar, da wir die germanische Überlieferung davor nicht kennen 2) Inwieweit werden heidnische Vorstellungen 200 Jahre nach der Christianisierung noch ernst genommen? Schwer beantwortbar Euhemerismus ( Euhemeros = antiker Schriftsteller) Argumentationsschema zur Verwandlung von Mythos in Geschichte Götter sind Menschen der Vorzeit, die verehrt wurden in de risländischen renaissance im 12./13.Jh. wurden eigene Kulturgüter in historiographische Entwürfe eingesetllt- daraus ergab sich eine eigenständige Kontinuität gegenüber dne Nachbarn im Süden Hauptvertreter Snorri Sturluson ( Prolog der Edda- Asen = Ei9nwanderer aus Asien, skandin avische Sprachen leiten sichd aher ab) In de rliederedda beziehen sich einige Strophen auf vorchristliche Rituale- Frage: Sind die Texte unverfälscht vond e rchristlichen Religion oder gab es da bereits Umdeutungen von heidnischen Mythen durch die christlichen Autoren? Es gibt nur Ausschnitte von Mythen. Mitunter Bestätigung durch bildliche Darstellungen Problem: Was sind die Eddalieder? Relikte von Altem oder erdichtetes Neues? ( letzteres wahrscheinlich Þrymskviða, Skirnismál) 9 Mythologische Eddalieder Die einzelnen Eddalieder Vọluspá Sigurdur Nordahl 1923: „ tiefer Denker und großer Künstler“ gibt von Erzählsubstanz viel her, religions- und kulturgeschichtliche Quelle ersten Ranges thematisiert die vorchristliche Weltsicht 1. Überlieferung 1.1. Überlieferung a. Codex Regius b. Hauksbók (Haukr Erlendson, † 1334, hat großen Teil selbst davon geschrieben, die Vọluspá wurde aber offenbar erst nach seinem Tod eingefügt. Sammlung von verschiedenen Texten: Historisches, Sagen, Sachtexte, Theologisches, Wissenschaftliches…) c. Snorra-Edda enthält beträchtliche Teile der Vọluspá- als Nacherzählung und zitierte Strophen 1.2. Liedtitel ist nur in Snorra-Edda überliefert: „ Svá segir í Vọluspá“ vọlva = Weissagerin, Seherin spá = Weissagung keine zusammenhängende Prophezeiung, sondern Einzelbilder 2. Vọluspá = Vọluspá inn skamma nach Snorri in Hyndlulíoð (eddisches Lied, s. Mat.3, mit 44 Strophen, Verbreitung von mythischem Wissen, Genealogie, in Flateyarbók) Imitation der Vọluspá, ist wahrscheinlich unabhängig vom Rest entstandne und dann eingefügt wordenenthält nichts Neues, alle Sachinformationen sind aus anderen texten bekannt. 1.3. Textumfang in Codex Regius 63 Strophen in Hauksbók: 58 Strophen in teilweise anderer Reihenfolge ( 9 weniger, 4 plus) Snorra-Edda: 28 Einzelstrophen, Prosa: Inhalt von 12 weiteren Strophen referiert, manchmal sehr nahe am poetischen Text Strophe 55 ist eine Alternativ-Strophe! 2. Datierung Die Vọluspá ist sicher älter als der Codex Regius Finnur Jónsson: Beginn des 10. Jh. Ursula Dronke: um 1000 Andreas Heusler: 1. Hälfte 11 Jahrhundert Terminus antiquem (Zeitpunkt, vor dem die Vọluspá existiert haben muss): in einem Skaldengedicht um 1065 wird deutlich Bezug auf eine Passage der Vọluspá genommen = Reflexion auf einen Prätext 3. Darstellungsweise nicht alte eddische Erzählweise ( episch, dramatisch, einzelne Szenen, Monolog-Dialog) auch nicht wie Wissensdichtung Darstellungsweise steht für sich, ist eigentümlich. Im Lied sind Bilder aufgereiht, ruhende und bewegte Bilder, Szenen von starker visueller Einprägsamkeit, durch Assoziationen aneinandergereiht, „Serienweissagungen“ 10 Mythologische Eddalieder Stef= charakteristische wiederkehrende Textteile ( Refrain) 3 Refrains s. Mat.5 Da gingen alle Götter…“ 4x wisst ihr noch mehr, und was? ca. 9 x Garmr heulte Laut vor Gniparhellir… 3 x ragna rọk reginn = Gott rọk = Entwicklung, Verlauf, Schicksal Probleme mit Textverständnis unsichere Wortbedeutung ( wenn nur in Vọluspá vorhanden) Offenheit der Texte ( Geschehen nur angedeutet) > Lied ist schwer zugänglich 4. Struktur und Inhalt Aufbau des Textes Summe der heidnischen Mythologie, in 2 Teilen erzählt: Rückschau ( im Präteritum) Entstehung der Welt Vorausschau ( im Futur) Weltuntergang und Neuanfang jeweils in 2 Teilen, darum epischer Rahmen Str. 1 und 2: Seherin (trifft Odin, erzählt in Str. 2 von ihrem Aufwachsen bei den Riesen, mit denen sie aber offensichtlich nicht den Götterhass teilt) Rückschau: Darstellung der Urzeit Str. 3-26 Vorbereitung zum Weltuntergang (Balders Tod in 37 und 38) Str. 27-43 Vorschau: Weltuntergang Str 44-58 Wiederkehr Balders Str. 59-65 Epilog/Nachspann Str. 66: Flugdrache, Seherin versinkt. Str. 3: Die eigentliche Weissagung der Seherin beginnt mit der Urzeit Teil Zeile 1: R: als Ymir lebte“ in SnE „ als nichts war“ (christlicher Einfluss?) gap ginnunga: Abgrund ähnliche Vorstellung einer zu Grunde liegenden Vorstellung einer creatio ex nihil (oder ex negativa) auch außerhalb von Skandinavien: Wessobrunner Gebet: um 800, Althochdeutsch enthält Teil eines Schöpfungsliedes. In Zeile 4 wahrscheinlich wegen Alliteration ein Wort mit Schweden (Sterne?) fast wortwörtliche Übereinstimmungen zur Vọluspá. (Erde- Oberhimmel) ist aber aus christlicher Glaubenswelt- in Zeile 7 taucht allmächtiger Gott auf, der alles andere erschafft, selbst ist er transzendent Wahrscheinlich gehen Wessobrunner Gebet und Vọluspá auf eine „Schablone“, eine germanische Formel der Urzeitschilderung zurück. Str. 4: Erschaffung der Welt Die 3 Asen (ass Pl. æsir) Oðinn, (* Woðanazz) Vili, Vé, (Stabreim oft üblich bei nahen Verwandten-Namen) Söhne des Bur, beseitigen das urzeitliche Chaos und schaffen die Mittelerde- miðgarðr. Sie erschlagen Ymir. (unklar, wo dieser sich vor der Welterschaffung aufgehalten hat).Aus Ymir entsteht die Welt. Blut → Meer u.a. Gewässer, Fleisch → Erde, Zähne → Stein, Geröll, Schädel → Himmel SnE: unter der Achsel wachsen dem schlafenden Ymir Ein Mann und eine Frau, seine Füße bekommen miteinander einen Riesensohn 11 Mythologische Eddalieder Str. 5: Himmelskörper: Bildung und Festlegung der Bahn Str. 6: Sprache – Namensgebung, Stef 1 Str. 7: Asen erstmals genannt. Sie richten sich ein (Tempelbau, Werkzeuge, Brettspiel…) „Goldenes Zeitalter“ Str. 8: Kommendes Unheil- 3 Riesenmädchen kommen aus Jotunheimen (Außer Bergelmir sind alle Riesen in Ymirs Blut ertrunken, von ihm stammen also die weiteren Riesengeschlechter) Unklar, warum sie kommen- laut Dronke: sie wollen um die Macht in der Welt, um die Weltordnung spielen (Brettspiel)- sehr spekulative Interpretation!! Auch bei Snorri keine Erklärung. Str. 9-16: Zwerge Zwergenstrophen möglicherweise später eingefügt „Rumpelstilzchen-Effekt“: wer Namen kennt, hat Macht Snorri: Zwerge sind wie Maden in Ymirs Körper entstandne, haben durch Götter Verstand und menschenähnliche Gestalt bekommen, leben aber unter der Erde und in Steinen Str. 17: Menschen Ask und Embla Snorri: Söhne Burs, 2 Baumstämme am Meeresstrand, aus denen sie Menschen erschaffen Vọluspá andere Göttertrias: Oðinn, Hœnir, Lóðurr Atem, Geist, Wärme, gestalt und Aussehen durch die Götter. Str.19: Weltesche Yggdrasil Snorri gibt Hintergrundinfo: Zweige erstrecken sich über die ganze Welt, 3 Wurzeln, darunter wohnen Asen, Reifriesen und eine ist über Niflheim= Unterwelt, es entspringt die Quelle Hvergelmir. Der Drache Niðhọgr benagt die Wurzeln. Vọluspá :Esche ist über dem Brunnen der Urd. 3 viel wissende Mädchen /Schicksalsfrauen: Urd ( die Gewordene), Verðandi ( die Werdende), Skuld ( Ursache, Schuld) Str. 21 ff: 1. Krieg ausgelöst durch die Asen. Sie versuchen mehrfach, die Zauberin Gullveig zu töten (= Personifikation der Macht des Goldes), sie ersteht wieder auf als Heiðr (Ehre), wird dann als Seherin bezeichnet, betreibt Magie, war “ die Freude shclechter Frauen” (???) Str. 23 Asen-Wanen- Thema ist unklar: Götter- Bußgeld- wer soll wem was zahlen??? a) Gleichstellung von Asen und Wanen b) b) soll nur einer der Götterarten von der anderen geopfert werden? c) sollen beide zahlen- und wenn ja, an wen? d) wird Krieg Asen-Wanen durch vergleich beendet? Str.24 : Odin schleudert Speer im Plusquamperfekt ? Schon vor 23 geschehen? Es war üblich, dass Kampf durch Speerwerfen des Anführers eröffnet wurde- hiermit wird dieser Brauch auf Odin zurückgeführt zuerst wurden alle Götter als Æsir bezeichnet- nun Trennung in Æsir und Vanir nach anderen Quellen sind die Wanen: Njọrðr, Freyr, Fryja, Ullr 12 Mythologische Eddalieder Snorri: Geschwisterehe erlaubt ( Gegensatz zu Asen)- Hinweis auf mutterrechtliche Verhältnisse Laut Simek: Fruchtbarkeitsgötter, werden von Bauern und Seefahrern angerufen- aber: Njọrðr: Meer, Feuer, Wind, Seefahrt, Fishcfang, Reichtum ( aber nicht dessen Vermehrung) Freyr: Herrscher über Regen, Sonne, Wachstum der Erde, gute Ernte Freyja: Erotik, Schönheit Ullr: Schi, Bogenschiessen also nur Freyr als typischer Vegetationsgott gezeichnet, Njọrðr zum Teil Die Wanen als Gruppe haben besondere Fähigkeiten, v .a. Weisheit (Weissagung, Zauberkunst) Snorri: 2 Texte: 1. Sn E: Götter (goð) im Krieg mit dem Volk, das Wanen heisst - Frieden- Speichel in ein Gefäß, aus dem Götter Kvasir schaffen = gesammeltes Wissen 2. Ynglinga-Saga in Heimskringla: Odin zieht mit Heer gegen Wanden, abwechselnde Siege, Geiselaustausch: von den Wanen kommen Njọrðr und Freyr und Kvasir, von den Asen Hœnir und Mimir typischer Mythos in Varianten. Was ist Urmythos??? Grund für diesen Konflikt? Vọluspá : keine Infos, wie üblich keine Zusammenhänge oder Erklärungen diverse Theorien: a) tatsächlicher Kampf- Auseinandersetzung zwischen nicht indogermanischen, mutterrechtlich organisierten, in Megalithkultur existierenden Wanenverehrern und indogermanischen Asenverehrern der Streitaxtkultur- aber obsolet- Kontinuität über 2000 Jahre??? b) Georges Domézil (Religionswissenschaftler): soziale Konflikte zwischen Kriegerkaste und Bauern- erst durch Ausgleich entsteht eine geordnete soziale und religiöse Struktur in der indogermanischen Gesellschaft alter indogermanischer, ererbter Mythos- findet parallelen in altindischer und lateinischer Mythologie (Raub der Sabinerinnen)--- aber: sehr weit entfernt!! Grundthese von D. ist aber interessant- Literalisierung von sozialen Gegebenheiten Diese Strophen sind der schwierigste Teil der ganzen Vọluspá – nur Mutmaßungen Annahme, dass Gullveig = Heiðr Wanin ist, kann hinterfragt werden, steht so nirgends Katja Schulz sieht sie als Riesin an, der Kampf findet statt zwischen einer Asen-Wanen – Koalition und den Riesen- Grund. vergeltung des versuchten Totschlags an Gullveig- dagegen fordern Götter Wiedegrutmachung für dne Schaden , den Gullveig anrichtet Schulz trennt diesen Konflikt vom Konflikt der Asen mit den Wanen was soll aber dann das Durchbrechen der Verteidigungsanlage ( durch die Wanen oder die angfreifenden Riesen?) Str. 25 und 26: Baumeistermythos SnE: Götter lassen sich Burg bauen ( alte Burg ist ja beshcädigt) von geheimnisvollem Baumeister, begrenzte Zeit ( vetr: Halb- ode rganzes Jahr), auf Rat von Loki gestatten sie dem baumeister, seinen Hengst als Hilfe zu nehmen. Als Burg fast fertig ist, verwandelt sich Loki in Stute und lenkt Hengst ab, damit dessen Herr nicht Sonne, Mond und Freya ( Frau des Oðr) bekommt. Er entpuppt sich als Riese und wird von Thor getötet 13 Mythologische Eddalieder Loki gebiert 8 beiniges Fohlen Sleipnir, das Odins Pferd wird. Ende des 1. Teiles des 1. Abschnittes Str. 27-43 Vorausahnung des Weltunterganges formal: stef 2 ( Wisst Ihr noch…) Str.28/29 Odin besucht die Seherin Odin kommt hier offenbar als Bittsteller und will Auskunft über die Welt- gleiche Augenhöhe (sonst werden Riesen durch Götter ausgebeutet) Str. 30 Walküren überirdische Kriegerinnen Str. 31-35 Balders Tod im Text wenige Referenzen und wenige szenische Einzelheiten Die Seherin sieht Balder (Balðr) bluten, dann sieht sie einen Mistelzweig, dann schießt Họðr mit dem “gefährlichen harmgeschoss” auf Betreiben Lokis auf Balder und tötet ihn, Begräbnis, Lokis Strafe ( seine Frau ist nicht froh über ihren Mann). Balder ist eine Lichtgestalt, ein heller, positiv gezeichneter Gott ( gegensatz zu anderen Göttergestalten) Baldrs drauma: Lied übwer Balder- er hat schlechte Traume, daraufhin sucht Odin eine tote Seherin in der unterwelt auf, die weissagt Snorri: Balder hat unheilvolle Träume. Odins Frau Frigg nimmt allen lebenwesne und Dingen einen Eid ab, dass sie Balder nichts chaden werden- ausser dem kleinen Mistelzweig, der ihr zu jung erscheint. Die Asen feiern eine Art Volksfest und vergnügens ich damit, Balde rmit allem möglichen zu bewerfen und zu beschiessen- nichts schadet ihm. Loki beneidet Balder, verkleidet sich als Frau und entlockt Frigg das Geheimnis . Er holt den Mistelzweig, gibt ihm dem blinden Họðr und zeigt ihm die Schussrichtung. Balder wird dadurch getötet. Loki ist vielschichtig, wird hier negativ gezeichnet. Er flüchtet auf einen berg mit einem haus mit 4 Türen, damit er Verfolger erkennen kann. Tagsüber verwandelt er sich in einen lachs in einem Fluss, wo ihn die Asen finden und mit Netz fangen wollen. Er springt darüber, Thor erwischt ihn mit der Hand, aber erst am Schwanz ( daher ist dieser schmal). Loki wird in einer Felshöhle gebracht und mit den Därmen seines Sohnes, der von seinem zweiten Sohn Vali ( zum Woilf verwandelt) getötet worden ist, gefesselt. Über seinem kopf ist eine Giftschlange. Lokis Frau fängt Gift auf, aber wnen sie die Schale leeren muss, tropft Gift auf Lokis Gesicht, er fährt zusammen und die Erde bebt. Loki bleibt so bis zum Weltuntergang. Vọluspá bringt nun einige stimmungsmalende Strophen- Beschreibung finsterer Lokalitäten des Jenseits, Drache Niðhọgr saugt Blut aus Leichen Str.40: Fenriswolf tritt auf ( s. Material 7 /12) Snorri: Erklärung für “Mondvernichter”. Die Sonne läuft vor einem Woilf davon, der sie verschlingen will, vor ihr läuft ein anderer Wolf,m der den Mond verschlingen will und dies beim Weltuntergang auch tut. Eine Alte zieht im Eisenwald Wölfe auf- der ärgste davon heisst Monagarmr = Mondverschlinger, er wird den Himmel mit Blut bespritzen. 14 Mythologische Eddalieder mythische Vorstellung der Mondfinsternin: Tier verschlingt zeitweise den Mond. Menschen haben Lärm gemacht, um Mond zu helfen. kl. Index: Indiculus superstitionum et paganiarum: Aufzähöung von ca. 30 heidnischen Gebräuchen und Aberglauben, entstanden Ende 8.Jh. nach der soeben erfolgten Missionierung der Sachsen. Unklar, ob es früher mehr als nur die Aufzählung dazu gab. Mondfinsternis wird dort vinceluna genannt ( siege, Mond! )- es ist unklar, warum hier lateinisches Wort und kein germanisches wie an anderen Stellen Vọluspá : Die bösenVorzeichen verdichten sich: Der Wolf rötet Götetrsitze mit Blut schwarzer Sonnenschein im Sommer (Vulkanausbruch??) Bild eines Galgens Die Verben drücken eine statische Szenerie aus ( stehen, sitzen)- man kann nicht entkommen ab Str. 44: 2. Abschnitt der Vọluspá - Vorausschau 1. Teil des 2. Abschnitts: ( Str. 44-57) Es kommt Bewegung, Unruhe in die Welt von ausserhalb ins Zentrum Refrain 3 ( Garm heult vor der Höhle...) noch zweimal, markiert beim dritten Mal den Übergang zum 2. teil des 2. Abschnitts ragnarọc: Die Entwicklungen, verläufe der Götter- letztes Götterschicksal ragnarøk(k)r: der Götter Dunkelheit, Finsternis- R. Wagner macht daraus Götterdämmerung jüngeres Wort, nicht in Vọluspá , nur einmal in Lokasenna und in Prosaliteratur Fußnote von Al Krause (Übersetzung ragnarọc mit Götterdämmerung) nicht korrekt Vor dem Weltuntergang sittlicher Verfall ( Brudermord, Sippen zerfallen, Inzest, Ehebruch, jeder kämpft gegen jeden, Chaos, Anarchie...) bestehende Ordnung wird aufgelöst (Blutzeit, Schwertzeit, Wolfszeit, Windzeit...) akustisches Signal: Heimdal(l)r, eine Art Wächter, bläst in sein Horn Esche Yggdrasil dröhnt, als sich der Riese (??? Loki?) befreit Verwandtschaft Surts (personifiziertes Feuer??) verschlingt Weltesche Zwerge stöhnen vor Felsentoren Refrain 3 leitet den konkreten Endzeitkampf ein Str. 50-53: Angriffsstrophen: Aufmarsch der Schaden bringenden Mächte: Riese Hrymr, Midgardschlange (erzeugt eine Art Tsunami), ein Chaoswesen (nasenbleich bzw. rostbleich- Drache, Adler??) zerreißt Leichen. Totenschiff Naglfar ( aus ungeschnitten Nägeln der Toten) kommt aus Osten mit Loki am Steuer und den Scharen des Riesen Muspell und mit dem Gierigen =Fenriswolf, aus Süden kommt der Feuerriese Surt, sie stoßen zusammen, die Natur reagiert, Felsen brechen auseinander, der Himmel spaltet sich. Str. 53, 55 und 56: Verteidigungsstrophen keine Str. 54! In Hauksbók als abgekürzter Refrain vorhanden, aber sonst nirgends. In Hauksbók eine Strophe 55 H- schwieirg zu lesende Passage, ursprünglich nur Teile entzifferbar. Anfang 50er Jahre konstituiert Jón Helgason mit techn. Hilfsmitteln die ganze Strophe, die sich als Kurzfassunbg des Weltuntergangs entpuppt.( Odins Tod, Viðar tötet Fenriswolf, um Vater zu rächen, Kampf Thors gegen Midgardschlange) 15 Mythologische Eddalieder nicht in allen Übersetzungen enthalten Dronte meint, dass 55H nicht Teil des ursprünglichen Textbestandes war. Str. 53-56: Frigg muss mitansehen, wie Odin vom Fenriswolf getötet wird. Freyr kämpft gegen Surt. Odins Sohn Viðar rächt Tod des Vaters. Thor tötet Midgarschlange, geht 9 Schritte und stirbt am Gift des Ungeheuers. Auch die Chaosmächte werden vernichtet. ragnarọc erfüllt sich Die Erde vergeht, die Sonne versinkt im Meer, die Sterne fallen vom Himmel, Flammen überall- Chaos Str 58 stef 3 2. Teil des 2. Abschnittes: neuer Anfang- Entstehung einer neuen Schöpfung Str. 59 Die Seherin tritt wieder auf. Sie sieht zum 2. Mal die Erde aus dem Meer aufsteigen Die übrig gebliebenen Asen versammeln sich und erinnern sich an das Vergangene (Str. 60), finden goldene Tafeln im Gras ( Str. 61) Str 62 ungesäte Äcker tragen Frucht. Balder kommt wieder, wohnt zusammen mit Họðr in Odins Halle. Stef 2 Str. 63 “Söhne beider Brüder” unklar Str 64: schöner Saal mit Golddach ( Paradies??) Str. 65: Der Mächtige kommt von oben (Mat. 7/15) Diese Strophe wurde in de rälteren Literatur für unecht gehalten- aber heute denken manche Forscher anders. Ein neuer Obergott ist eben notwendig. In teil 1 war Odin die treibende Kraft. Die Götter können trotz intensiver Versuche ihrem Schicksal, das ihnen bekannt ist, nicht entgehen- selbsterfüllende Prophezeiung. Die erste Göttergeneration ( Odin usw) hat Unrecht begangen, ist vorbelastet. Daher kommt Balder wieder, der gute Gott- der Idealzustand wird wieder hergestellt. Str. 66 Nachspann/Epilog Niðhọgr fliegt mit Leichen in den Flügeln über ein Feld. Nun wird sie ( die Seherin??) versinken- warum? Erschöpfung? Im text (Codex Regius und Hauksbók) steht hon = sie und nicht hann = er, wie manche Forscher übersetzen und behaupten, hon sei ein Missverständnis. Das ist aber ein Eingriff in den Text. 5. Themen und Interpretationsansätze Die Vọluspá zeigt ein ganzes Panorama von Mythen. Problematisch ist sie wegen des Substanzreichtums und der chronischen Offenheit des Textes, die Dunkelheit bewirkt. Die Bilder weisen über den Text hinaus. Der Text ist vom modernen Standpunkt aus nicht immer verständlich, mitunter wird er durch Snorri klarer. Die Vọluspá hat am meisten Forscher-Aufmerksamkeit von allen Eddaliedern bekommen. 16 Mythologische Eddalieder Frage nach der Geschlossenheit der Überlieferung. Die poetische Form der Eddalieder hat bis zu einem gewissen Grad das Zersingen, also fehlerhafte Änderungen, verhindert.- konservatorischer Aspekt. aber: was ist mit beabsichtigten( intendierten) Veränderungen? Beispiele: Str. 3 ( Mat 6/10) Codex Regius und Hauksbók: År var alda þar er dort wo... Snorri: År var alda þat er Ymir bygði oder ecci var ? Spätere Herausgeber haben Text gemischt nach verschiedenen Aspekten ( was erscheint ihnen besser passend, was wahrscheinlicher, was passt besser in Rhythmus, inhaltliche Gründe...) År var alda þat er (Snorri) Ymir bygði (C. regius und Hauksbók) Es hat sicher Textvarianten im Lauf der Überlieferung gegeben. Wir haben 3 Handschriften-Fasusngen- wie ist aber die Urfassung gewesen? Christlicher Einfluss in der Vọluspá Die thematische Grundlage ist heidnisch. Die alte nordgermanische Mythologie ist undogmatisch, kein abgeschlossenes System und die einzelnen Mythen gibt es in Varianten. Daher Aufnahme von Einflüssen von außen möglich und wahrscheinlich- auch vom Christentum. (dogmatische Religionen wie Christentum und Islam sind wenig anfällig für Einflüsse) wahrscheinlich ist die älteste Fassung der Vọluspá im 10. Jh. entstanden- in einer Zeit, in der das Christentum in Skandinavien Fuß fasste (Norwegen spätes 10. Jh. Island um 1000). Axel Olrik: Im 10. Jh. war kein Heide von christlichen Vorstellungen gänzlich unberührt. Vọluspá : konkretes Ende der Welt vorausgesagt Im damaligen Christentum bestand Endzeiterwartung. ( Apokalypse: Engel fesselt Satan = Drachen, Schlange für 1000 Jahre, dann wird er die Welt zum Kampf aufhetzen, danach jüngstes Gericht und himmlisches Jerusalem) Dronte: sieht eine riesige Palette von christlichen Einflüssen in der Vọluspá – das ist wahrscheinlich übertrieben Nedoma greift 5 Beispiele heraus (über die aber durchaus diskutiert werden kann) Bild des blutenden Balders und seiner weinenden Mutter Frigg in Str. 31 ( Jesus und Maria) Beschreibung des unterirdischen jenseits (Hölle) Heimdallr mit dem Horn ( Engel mit der Posaune beim Weltuntergang) Saal mit dem goldenen Dach ( christliche Jenseitsvorstellung) in Str. 64 Der Obermächtige in Str. 65- Wiederkehr Balders ( Wiederkehr Christi) nur in Hauksbók Die Vọluspá beschreibt aber Vorstellungen, die bereits in Wikingerzeit ( ca 800-1050; 796 Lindisfarne- 1066 Eroberung Englands durch die Normannen) existiert haben. 17 Mythologische Eddalieder Die Vọluspá ist ein Zeugnis für den heidnischen Glauben in Auseinandersetzung mit dem Christentum. Der Verfasser war wahrscheinlich kein Christ, denn sonst hätte er Christus auftreten lassen bei der 2. Weltentstehung – und nicht Balder Die Vọluspá gibt uns die Sicht des 13. Jh. auf das alte Heidentum wieder. Wie die Ur-Vọluspá genau ausgesehen hat, ist unbekannt. Wurde sie bei der mündlichen Weitergabe verändert? 13. Jh. schriftliche Fixierung- was ist bis dahin verändert worden? Was ist hinzugefügtweggelassen- umgeschrieben worden? Was ist umgedeutet worden? unterschiedliche Meinungen dazu unter den Forschern- kein Standpunkt beweisbar Gisli Sigurðsson vertritt eine ziemlich gewagte Theorie im Reallexikon , Artikel über die Vọluspá , wird erst erscheinen): jede Dichtergeneration hat die Vọluspá umgedichtet bis zur Verschriftlichung. Weitergegeben wurde sie nur durch Frauen. Sigurðsson setzt hier die literarische Figur der Vọlva mit der ausserliterarischen Person der vortragenden gleich- das ist nicht begründbar! Hávamál das erste Odinslied, folgt im Codex Regius auf die Vọluspá nach Klaus von See das nach der Vọluspá bedeutendste Eddalied 1. Überlieferung 1.1. Textgrundlage, Handschriften nur in Codex Regius 1 Str. auch in Snorra-Edda und Teile einer Strophe in einer Isländersaga 1.2. Liedtitel wird im Codex Regius als Überschrift und in letzter Strophe genannt (Nun sind die Hávamál gesagt) mál = Sprache, sprachliche Äußerung, Rede- auch Spruch, Sprichwort hár = hoch Hávi = der Hohe Hávamál = die Rede des Hohen ( = Odin) 1.3. Textumfang 164 Strophen- längstes Lied im Codex Regius wahrscheinlich wurde die Hávamál aus mehreren Liedern zusammengesetzt 2. Datierung intertextuelle Referenzen weisen auf den sekundären Charakter hin. Die Hávamál als Konglomerat von verschiedenen Texten ist nicht besonders alt die Hávamál im Codex Regius ist wahrscheinlich nicht viel älter als die Vorstufe- als Textverbund um ca. 1200 entstanden. Die einzelnen Bestandteile sind aber älter Die frühere Forschung nimmt an, dass der 1. Abschnitt, das Alte Sittengedicht, ins germanische Altertum (um 200) zurück reicht.- kein Beweis Manche Herausgeber und Übersetzer haben die Hávamál in einzelne Stücke aufgelöst und z.T. auch die Reihenfolge erheblich verändert (Lindquist)- alles sehr willkürlich 18 Mythologische Eddalieder 3. Darstellungsweise Sammlung von Lebensweisheiten und Spruchdichtungen, Sprichwörter für fast alle Lebenslagen verbunden werden diese durch einen fiktiven Sprecher namens Hávi = Odin Versmaß: Ljóðaháttr dominiert, einige Teile /Strophen im fornyrðislag Textgattung: inhaltlicher Aspekt: Sittengedicht ( Ratschläge, Regeln, Beobachtung des menschlichen Verhaltens)- keine lineare Abfolge wie bei erzählenden Liedern Form: Spruchdichtung: Sprichwörter und Ähnliches als Mitteilungen eines Sprechenden verpackt = Rahmenhandlung (charakteristisch für Sittengedicht) Die Weisheiten sind die Binnentexte des Sittengedichts Hávi = Odin- das wird erst in Strophe 111 gesagt, aber davor deutliche Hinweise- am Beginn: Gestr = Gast, Aliasname Odins Elemente zur Strukturierung der Mitteilungen Refrain Rückverweise / Vorausandeutungen (Bezug zu anderen Strophen) Exempla in Form von kleinen erzählenden Einschüben ( Odins Abenteuer mit FrauenBeweis/Beispiel für das Gesagte) Schluss-Strophe schließt den Rahmen 4. Struktur und Inhalt mehrere Komplexe - s. Mat 8 (Einteilung Nedoma, es gibt auch andere, bis zu 8 Teile) manchmal unklar, wohin eine Strophe gehört 1. Lebensweisheiten I „Altes Sittengedicht“ Str. 1-80 2. Lebensweisheiten II ( über Männer und Frauen) Str. 81-110 2.1. Weisheiten proper Str. 81- 95/96 2.2. Erstes Odinsbeispiel ( Odin von Billings mær verführt) Str. 95/96-102 2.3. Zweites Odinsbeispiel ( Odin verführt Gunnlöd) Str. 103-110 3. Lebensweisheiten III ( Loddfáfnismál) Str. 111-137 4. Rúnaþáttr Óðins Str. 138-145 5. Ljóðatal (Zauberspruch-Aufzählung) Str. 146-163 Schluss Str. 164 Heterogenität liegt in der Natur der Textgattung, nur geirnger innerer Zusmamenhalt, erweiterbar- da sgeht zu lasten der Kohärenz des Gesamttextes- nicht so geshclossen wie erzählende Lieder Altes Sittengedicht bekannteste Textpartien nach Felix Genzmer : Hávamál im eigentlichen Sinn Übergang Str. 13/14 unerwartet Gast- Verhalten soll sein: wachsames Misstrauen, abwartende Schweigsamkeit, Vorsicht, Verstand, Warnung vor übermäßigem Genuss von Essen und Trinken (Alkohol), Mittelmaß, 19 Mythologische Eddalieder Treue gegenüber Freunden, Tapferkeit, keine Leichtgläubigkeit… fixes Repertoire an Themen und Ratschlägen: Verhalten Gast- Gastgeber, Fremder- Wirt Trunkenheit das richtige Maß Freundschaft Freigebigkeit ( gegenüber Fremden und Freunden) Konjunktiv 1, „ soll“, „ möge“ Betrunkensein in Str. 12-14 deutet voraus auf 2. Odinsbeispiel „Feder des Reihers = Rausch Mit Strophe 35 geht das erste Panorama zu Ende Ab Str. 36 Perspektivenwechsel- Verhalten im eigenen Heim- Themen ähnlich wie vorher Str. 42-43 Freundschaft Str. 50: ( Mat 08/ 17) Föhre auf Hügel, --- Mann, den keiner liebt- wozu soll er lang leben? ab Str. 68 grundsätzliche Werte des Lebens Heusler: „Das höchste Gut des Lebens“ Kuhn: „Rangordnung des Daseins“ besser arm und lebendig als reich und tot Str. 76 und 77 ( Mat 08/ 18) Bedeutung des Ruhms nach dem Tod Kuhn: „Einstellung des germanischen Menschen zu Leben und Tod“ von See / Krause: Gefahr von poetisierend- ideologischer Übertragung! Interpretation: Nachruhm ist der höchste Lebenswert des Germanen wörtlich orðtirr = Wortruhm domr om dauda hvern = Urteil über jeden Toten (nicht Totenruhm) Genzmer (um 1920): „Wackerer“ wahrscheinlich wegen Stabreim, steht so nicht da- und schon gar nicht Totenruhm- deutlich Einfluss der Zeit! Texte sind sonst eher pragmatische und offenbar Regeln für einfach strukturierte Sozietätkein Hinweis auf Heroisierendes! Wenn man diese Zeilen in Google eingibt, 84 Angaben- darunter etliche neuheidnische Foren! Lebensweisheiten II Str. 80 ist Übergangsstrophe, kündigt mythischen späteren Gehalt an Quintessenz: Frauen sind unbeständig, Männer falsch auch Warnung vor Tieren und Menschen, vor denen man sich in Acht nehmen muss Str 85-87 teilweise Plattitüden – später hinzugefügt? Änderung im Versmaß Str. 82: Schiff ist zum fahren da, Schild zum Schutz.. Mädchen zum Küssen Str .84 Wankelmut der Frau beruht auf Herz-Herstellung auf Töpferscheine Str 91 „Wir „ = Männer: reden schön, wenn sie schlecht denken Str. 92 Männer sollen schön reden + Geschenke für Frauen Es folgen 2 Exempla: expliziter Hinweis auf Identität des Sprechenden als Odin Belege für das vorher Gesagte 20 Mythologische Eddalieder Tochter von Billingr kein weiterer Textbeleg über diese Geschichte Billingr gibt es zwar auch in Hauksbók als Zwerg, aber hier Riese- der zweite, Zwilling, Zwitter)Odin ist der Genarrte. will sie verführen, sitzt zuerst im Schilf, sie erscheint nicht zum Rendezvous, er geht zu ihr nach Hause, wird vertröstet, zum Schluss findet er Hündin auf Bett (Mat 08/19) grey = Hündin, aber auch feiger Hund oder Schuft als Schimpfwort Gunnlöd hütet den Dichtermet ihres Vaters Suttungr. Einziger richtiger Mythos in Hávamál Snorra-Edda: Kvasir will den Menschen sein Wissen lehren, gerät an 2 Zwerge, die ihn erschlagen und sein Blut mit Honig mischen = Dichtermet. Sie füllen es in einen Kessel und zwei andere Gefäße. Die Zwerge ermorden den Riesen Gillingr bei einer Bootsfahrt, tötet seine jammernde Frau, der Sohn Suttungr setzt sie auf eine Schäre und sie kaufen sich mit dem Dichtermet frei. Odin tötet die Knechte von Suttungs Bruder (Schleifstein)- verdingt sich als Knecht gegen Hilfe bei Metgewinnung, Suttung lehnt aber ab, Bruder + Odin bohren Loch, Odin gelangt als Schlange zu Gunnlög, beschläft sie 3 Nächte, als Dank verlangt er einen Schluck Dichtermet, trinkt jedes Mal ein Gefäß aus. In Hávamál: Str 108 (Mat 09/20) Odin hat Gunnlöd ausgetrickst . njóta :genießen /ausnützen Str. 111 Übergangsstrophe Lebensweisheit III = Loddfáfnirsmál Rede an Loddfáfnir (??) Aufzählung von Lehren und Anweisungen- im Imperativ Stef: fast alle Strophen beginnen: ich rate Dir, dass Du den Rat annimmst doppelter Rahmen Sprüche ähnlich wie die im Alten Sittengedicht + weitere Lebensbereiche (nachts nicht aufstehen, genügend Reiseproviant, keine außereheliche Beziehung, alte Freundschaften pflegen, Frauen Schönes versprechen…) nichts grundsätzlich Neues Rúnaþáttr Óðins Str. 138-145 Str. 138 ist die einzuige Strophe mit Initiale innerhalb eines Liedes – Willensbezeugung des Schreibers für die Abschnittsgliederung Selbstopfer Odins ( an Baum hängend, von Speer durchbohrt), nimmt schreiend die Runen auf, fällt hintüber Kenntnisse, Weisheit, Dichtkunst christliche Einflüsse ( Kreuzestod?) Initiationsritus? Schamanentum? Ljóðatal Aufzählung von 18 durchnummerierten Zaubersprüchen- aber nicht der Wortlaut ( christlicher Redakteur wagte dies offenbar nicht)- nur Inhalt und Zweck werden beschrieben In Str. 162 wird Loddfáfnir wieder angeredet Schluss: Strophe 164 Gruß und Segensformel Zusammenfassung: formal Spruchdichtung, inhaltlich Sittengedicht, relativ stark pragmatisch orientiert, keine heroisierenden Töne, kaum Religiöses, wenig moralisierend, wenig aus dem rechtsstaatlichen juristischen Bereich. 21 Mythologische Eddalieder 5. Themen und Interpretationsansätze In der altskandinavischen Literatur nur eine weitere Sammlung von Lebensweisheiten: Hugsvinnsmál ( Mat. 9/23) = reden des Sinnklugen/ Weisen im ljóðaháttr freie Übertragung der Disticha Catonis (Dicta Catonis) ( Mat.9/24) Diese enthalten insgesamt 144 Lebensweisheiten in zweiteiligen Sprüchen, die fälschlicherweise Cato d.Ä. zugesprochen wurden. (cato = klug, pfiffig). Sie waren im Mittelalter ein weit verbreitetes Schulbuch( Lateinunterricht und moralische Unterweisung) und wurden in fast alle Volkssprachen übersetzt. Diese lateinischen Texte waren spätestens im 12. Jh. auf Island bekannt (Verweise darauf) Die Hugsvinnsmál sind in mehr als 40 Handschriften überliefert … sehr beliebt! Sie sind keine direkte Übersetzung, sondern Bearbeitung der Disticha Catonis (teilweise Sprüche hinzugefügt, teilweise weggelassen) Beziehung /Beeinflussung Hávamál- Hugsvinsmál teilweise wörtliche Übereinstimmungen (Mat. 9/23: Mit seinem Verstand soll man nicht prahlen) ältere Forschungsansicht: Hávamál Ende 12. Jh > Hugsvinnsmál jünger Klaus von See: umgekehrter Einfluss- Hávamál Anfang 13. Jh., Hugsvinnsmál Ende 12. Jh Beziehung Hávamál- Disticha Catonis teilweise wörtliche Übereinstimmungen (Mat. 9 /24 : Beziehung Freund- List usw)- nicht in Hugsvinnsmál von See: a) direkte Beeinflussung der Hávamál durch die Disticha Catonis (das wäre dann also doppelte Beeinflussung) oder b) Schreiber der Hávamál hat eine ältere isländische Übersetzung der D.C. benutzt (diese ist aber nicht belegt) Nach dieser Theorie von Klaus von See spiegeln die Hávamál keineswegs eine autochthone, heidnisch –germanische Weltansicht und sind auch keineswegs ein Zeugnis für die Lebenseinstellung einer bäuerlichen Schicht, sondern eine mittelalterliche Rezeption von antikem und biblischem Gedankengut. Das gilt auch für das alte Sittengedicht. Auffallend: In den Hávamál kaum Interesse für Themen, die sonst in der altskandinavischen Literatur wichtig sind: Verwandtschaft, Kampf- Totschlag- Rache. Die Hávamál haben offenbar heterogene Wurzeln, die von einem oder mehreren Kompilatoren zu einem Textverbund verarbeitet worden sind. Der Anteil des nordgermanischen und /oder spätantiken Ursprung s ist ungeklärt. Vafþrúðnismál 2. Odinslied im Codex Regius 1. Überlieferung 1.1. Textgrundlage, Handschriften vollständig im Codex Regius ( eine Halbstrophe fehlt- Irrtum des Schreibers wahrscheinlich) ab Strophe 20/2 in Handschrift A Snorra-Edda: 9 ½ Strophen und inhaltlich weitere Bezüge geringe Unterschiede im Wortlaut der einzelnen Fassungen 22 Mythologische Eddalieder 1.2. Liedertitel steht im Codex Regius bei Snorri ( ungewöhnlich) nur ein Hinweis: „Und hier sagt der Riese Vafþrúðnir:“ Bedeutung: Reden des Vafþrúðnir (Riese, de rim Wissenskampf mit Odin steht) Vaf = Umwicklung, Umhüllung, gewebe ( dt. weben) þrúðnir = Kraft, Stärke Vafþrúðnir = der im verwickeln Starke ( er weiss, verwickelte Fragen zu stellen) Name kommt nur einmal in de rliste der Riesennamen vor und einmal bei Snorri 1.3. Textumfang: 55 Strophen 2. Datierung unklar a) Die Vafþrúðnismál sind ein ursprüngliches Zeugnis des vorchristlichen Weltsicht, wahrscheinlich älter als die Vọluspá – vor 1000 Indizien dafür: durchgehend heidnischer Charakter und Systematisierungstendenz der vorchristlichen heidnischen Mythologie ( typisch für spätheidnische Zeit) b) aber auch im späten 12. Jh. gab es derartige Systematisierungstendenzen im Zusammenhang mit Historisierung, Euhemerismus- Entstehung daher auch erst im 12. Jh. möglich Forscher sind sich nicht einig Simek gibt beide Möglichkeiten an Sprenger;: spätes 12. Jh. Dörner: spätes 10. Jh 3. Darstellungsweise Im Gegensatz zu den Monologen der Vọluspá und Hávamál handelt es sich um 2 Dialoge ( Odin und Frigg, Odin und Vafþrúðnir) Wissensdichtung- es geht um mythologisches Wissen keine Imperative, keine Aufforderungen- reine Wissensvermittlung Heusler: Diese Art von Gelehrsamkeit ist Kunst um ihrer selbst willen keine lineare Sammlung von Weisheiten- Rahmen um Sprechermitteilungen, die Weisheiten sind also Binnentext (auch in den Hávamál) Versmaß: fast ausschließlich ljóðaháttr Am Rand der Handschrift ab Strophe 18 Abkürzungen: o. oder o.q. für Óðinn qvað (im C.R. statt kvað) v. oder v.q. für Vafþrúðnir qvað Gisli Sigurdsson: ( im Reallexikon): vermutet daraus Aufführungspraxis mitr verteilten Rollen und Zusammenhang mit religiösen Riten- aber das ist reine Spekulation, im text keine Hinweise darauf Warum gibt es nicht gleich von Anfang an Abkürzungen??? 4. Struktur und Inhalt Mat. 10/25 Aufbau: 3 Teile (ähnliche Struktur wie Heldenlieder: Einleitung- Provokation mit Schauplatzwechsel- Konflikt mit Untergang der Protagonisten- „Action“) nur strukturelle Ähnlichkeit, keine inhaltliche: Geschehen ist nur Grundlage für „Quiz 23 Mythologische Eddalieder 1. Eingang: Gespräch Odin- Frigg ( Str. 1-4) 2. Fahrt Odins zu Vafþrúðnir (Str. 5) 3. Wissenswettstreit Odin- Vafþrúðnir ( Str. 6-55) 3.1. „Vorgespräch“ ( Str. 6-10) 3.2. Fragen Vafþrúðnirs ( Str. 11-19) 3.3. Fragen Odins ( Str. 20-43 : „erste Dinge“, Str. 44-55 „letzte Dinge“) Eingang: Gespräch Odin- Frigg zu Hause- Odin will Friggs Rat bezüglich Wissenswettstreit mit Vafþrúðnir- Frigg ist skeptisch und will ihn zu hause behalten, aber er fasst den Beschluss zu gehen und Frigg ändert unmotiviert ihre Ansicht und verabschiedet ihn mit guten Wünschen Erklärungsversuche durch Textänderung: nicht belegbar statt heima letja (zu Hause halten) * heiman *hvetia ( von zu Hause ausziehen) Fahrt Odins zu Vafþrúðnir eine einzige erzählende Strophe wegen Schauplatzänderung (Halle des Riesen) Hauptteil: Wissenswettstreit Odin- Vafþrúðnir in 3 Teilen: a) „Vorgespräch“ Odin nennt sich Gagnráð ( = Siegrater oder Gegenrater) fordert Vafþrúðnir heraus mit Frage, ob er nur klug oder ganz weise ist Gagnráð kommt als Gast, V. fragt, wer er sei und will ihn nicht wieder weglassen, wenn er nicht der Klügere ist Odin will als Gast aufgenommen werden- beleidigt den Riesen in Str. 10 als “kaltgerippt” (Wort kommt sonst nirgends vor = Böses, Kälte aus Brustraum?) b) Fragen Vafþrúðnirs Vafþrúðnir stellt Fragen zur Mythologie, die Odin natürlich beantwortet Beginn der Fragen immer gleich (Mat. 10 /26): „Sag du mir, Gagnrad, da du ja auf der Diele deine Tüchtigkeit prüfen (Mut erproben) willst..“ keine Verständnisfragen, sondern Vafþrúðnir will immer gezielt einen Namen wissen von Pferden, Grenzfluss, Schlachtfeld Vafþrúðnir fordert nun Odin alias G. auf, neben ihm Platz zu nehmen- es wird erst jetzt der Einsatz (Kopf = Leben) in Strophe 19 vereinbart c) Fragen Odins Cäsur im Codex Regius durch die Zwischenüberschrift capitulum Da das Lied in Handschrift A erst mit 2. Teil der Strophe 2 beginnt, ist unklar, ob es auch dort eine Zwischenüberschrift gegeben hat. Odin stellt zwei Serien von Fragen mit unterschiedlichen Einleitungen, die jeweils eine Halbstrophe ausmachen. 12 Fragen nach den „ersten Dingen“ 1.Serie: Sag du als erstes ( zweites usw) , wenn Dein Wissen etwas taugt und du, V., es weißt…) Str. 20-27 Schöpfung von Himmel und Erde, Mond und Sonne usw. Himmel ist „ aus dem Schädel des eiskalten Riesen“ (nicht in Vọluspá , aber bei Snorri: Ymir und in Grimnismál) Str. 28-35: Frage nach Riesen 24 Mythologische Eddalieder unzählige Winter vor der Erschaffung der Erde gab es den Riesen Bergelmir = Stammvater der Riesen ( Sohn von Thrudhelmir = Sohn von Aurgelmir) Snorri : Ymir = Aurgelmir ( von Riesen so genannt)- nur bergelmir überlebt die Blut- Sintflut nach Mord an Ymir Str. 36-43 Frage nach Wind, zu Njörd, zu Asen und Einheriern Die 12. Frage ist verfänglich: Geheimwissen (Runorm): Vafþrúðnir windet sich mit Hinweis aufs eine Weitgereistheit durch 9 Welten inkl. Niflhel metaphysische Frage- Forscher-Theorie, dass hier Wettstreit eigentlich beendet ist (Interpretation) 6 Fragen nach den „letzten Dingen“ „Viel reiste ich, viel erprobte ich, viel prüfte ich die Götter…“ Einleitung auch in Strophe 3 (Dialog mit Frigg als Odin Entschluss fasst, doch zu fahren) Fragen nach Ragnarök (wer überlebt von den Menschen? Wie kommt Sonne wieder ans Firmament? Frage nach den Mädchenscharen, die übers Meer kommen (bei den Riesen aufgewachsene Schutzgeister- keine weiteren Infos- Sinn unklar) Wer wird Odin beim Ragnarök umbringen (Fenriswolf)? Vafþrúðnir beantwortet diese Fragen- aber nicht die letzte Frage: „ Was sagte Odin dem Balder ins Ohr, als er auf den Scheiterhaufen gelegt wurde?“ Vafþrúðnir erkennt nun, wen er vor sich hat- und es ist klar, dass er den Kopf verloren hat. Die letzte Frage wird auch gestellt in der Hervara saga og Heiðreks konungs (Förnaldersaga) Ein Mann namens Gestumblindi ( = Odin) wird vom König zu einem Frageund Antwortspiel gezwungen. Wenn er verlieret, stirbt er, wenn er gewinnt, bekommt er die Königstochter Hervör – Heiðreks gátur 36 Strophen zuletzt die gleiche Frage in besserem Wortlaut ( Stabreim nicht auf Konjunktion aðr wie in Vafþrúðnismál , sondern auf Wort mit Bedeutung) Forscher nehmen an (nur Interpretationen) a) Odin hat Balder gesagt, dass er durch einen Bruder gerächt werden wird b) dass er wieder auferstehen wird nach dem Ragnarök 5.Themen und Interpretationsansätze Die Vafþrúðnismál sind eine Zusammenstellung von altem Wissen, eine Sammlung von heidnischen Glaubenswahrheiten. Die Merkstrophen sind knapp und einprägsam formuliert- als Einleitung der Fragen: feststehende Wortfolgen (Mnemotechnik!) Die Poetizität, der literarische Charakter stehen eher im Hintergrund. Die primäre Intention ist nicht Literatur, sondern Wissensvermittlung durch Einzelstrophen, die planmäßig organisiert sind, sozusagen katechetische Aneinanderreihung. Die Vafþrúðnismál haben eine andere Form als die Völuspá. Im Text bleibt trotzdem einiges offen- u.a.das Ungleichgewicht der Fragen: 4 Fragen (Vafþrúðnir) zu 18 Fragen (Odin) Dörners Theorie ( nicht belegt): Fragen sind- mit Absicht (?)- bei Überlieferung ausgefallen.> Verschiebung zu Gunsten von Odin 25 Mythologische Eddalieder Der Kopf spielt in den Vafþrúðnismál eine große Rolle: Ymirs Kopf : umspannt die ganze Welt Vafþrúðnirs Kopf: umspannt virtuell das gesamte Weltbild, das Wissen um die Welt Odin gewinnt Vafþrúðnirs Kopf! Grímnismál ist das 3. Odinslied im Codex Regius 1. Überlieferung 1.1. Textgrundlage, Handschriften vollständig in Codex Regius und HS A Snorra-Edda: 20 ½ Strophen und Namensnennung aus weiteren Strophen 1.2. Liedtitel in allen 3 Handschriften erwähnt ( bei C. regius und HS A Überschrift) Grímnir = Odin gríma= Maske grímnir = der Maskierte ( Nomen agentis) 1.3. Textumfang 54 Strophen Die ziemlich lange Einleitungsprosa hat eigenen Titel in Codex Regius ( Von den Söhnen König Hraudungs) bzw. HS A ( Von König Hraudung) 2. Datierung altes Eddalied: wahrscheinlich um 1000 -altes Mythenmaterial in Einleitung und Liedrahmen -spätheidnische Segmentierungstendenz ( oder spätes 12. Jh.? Wiederaufbereitung von heidnischem Wissen?) 3. Darstellungsweise Wissensdichtung ( mythologisches Wissen) langer Monolog Grímnirs bildet Hauptteil Gemisch von Prosa und Versen Gemisch von ljóðaháttr (herrscht vor) und fornyrðislag ( in einigen Strophen) 4. Struktur und Inhalt doppelter Rahmen: 1. Erzählung in Prosa: leitet Monolog ein bzw. schließt ihn ab- narrativer Teil 2. Rahmen im Lied: nimmt diese Erzählung auf und verarbeitet sie in direkter Rede Ia Rahmenerzählung I: Wette Odin-Frigg, Geirröd foltert Odin (Einleitungsprosa) 2a Liederrahmen I Geirröd foltert Odin (Str. 1-3) 3: Wissensdarlegung Odins (/Str. 4-50) 2 b Liederrahmen II Odin veranlasst Geirröds Tod ( Str 51-54) Ib Rahmenerzählung II Odin veranlasst Geirröds Tod (Schlussprosa) Name Geirröd: mit ö in diversen Varianten geschrieben, unklar, warum Kuhn mit o übersetzt, zumal er Knefröðr (Atlakviða) mit ö schreibt. 26 Mythologische Eddalieder Ia Rahmenerzählung I: Einleitungsprosa König Hraudung hat 2 Söhne: Agnarr (10 Jahre) und Geirröd ( 8 Jahre). Beim Fischen treiben sie ab und überwintern bei altem Paar. Der Kleinhäusler nimmt sich Geirröds an, seine Frau betreut Agnar. Im Frühling fahren wie Kinder mit einem Schiff ( unklarer Herkunft) nach hause, Geirröd stößt es ins Meer mit seinem Bruder und übernimmt als Zweitgeborener die Herrschaft nach seinem inzwischen verstorbenen Vater. Odin und Frigg sitzen auf Hlidskjalf und sehen in die welt- Agnarr ist bei Riesentochter, Geirröd herrscht und wird von Frigg als schlechter Gastgeber verleumdet. Odin zweifelt das an, Odin und Frigg wetten darum. Odin geht inkognito als Grímnir zu Geirröd, der durch eine Dienerin Friggs von einem bösen Zauberer gewarnt worden ist und ihn daher gefangen nehmen und ohne Nahrung und Wasser zwischen 2 Feuer setzen lässt (Folter) Agnarr junior (Sohn Geirröds) gibt ihm schliesslich zu trinken. Grímnir trinkt während das Feuer bereits seinen Mantel versengt. bei den Langobarden gibt es einen ähnlichen Mythos um eine Wette.(seltener Fall eines germanischen Mythos, das außerhalb der mittelalterlichen skand. Literatur erhalten ist) Paulus Diaconus: Historia Langobardorum ( Ende 8. Jh.) er betont- als guter Christ- mehrmals, dass es sich um ein lächerliches Märchen handelt Godar (romanisierende Schreibweise von Wodan- Lautersatz) gibt den Langobarden die Namen. Die Frauen der Winniler ( ihr früherer Namen) bindet sich auf Rat von Frigg vor dem Kampf gegen die Wandalen ihre langen Haare wie Bärte um. Odin schaut nach dem Aufwachen aus dem Fenster, sieht sie und ruft: „Qui sunt isti langibardi?“ Freya fordert ihn auf, denen, denen er den Namen gegeben hat, nun auch den Sieg zu geben- was er tut. Freya überlistet hier ihren Mann zu Gunsten ihrer Schützlinge. Rivalität zwischen den beiden kommt häufiger vor, auch bei Homer (Zeus-Hera) Liederrahmen I Geirröd foltert Odin (Str. 1-3) poetischer Text beginnt Wissensdarlegung Odins (Str. 4-50) mythologische, kosmische Wissensdarlegung in 47 Strophen Beschreibung von 11 (12) Götterwohnungen mit jeweils einer oder ½ Strophe, Valhọll in 3 Strophen = Halle der Toten auf dem Schlachtfeld, der im Kampf Gefallenen (R. Wagner: Walhalla unkorrekt). Focus liegt auf Valhọll. Getier Odins Anzahl der Einherier, die bei Ragnarök aus den Toren kommen hundruð altnorisch 120 oder 100- danach ergibt sich eine untershciedliche Anzahl von 540 oder 640 > ca. ½ Million Einherier) sie kämpfen gegen vitnir = Angreifer = Fenriswolf Ziege Heidrun ( spendet Met) Hirsch ( Wassertropfen vom geweih > Flüssen)Aufzählung der Flüsse- Thor muss auf dem Weg zu Yggdrasil 4 Flüsse durchwatenalle Pferdenamen aller Götter, die ebenfalls auf dem Weg zu Yggdrasil sind Beschreibung von Yggdrasil und der darin wohnenden Tiere ( EichhörnchenRatatosk transportiert als eine Art Postillon “ gehässige Worte” zwischen Adler an Spoitze und Drachen Nidhöggr, der an Wurzeln nagt) 44 Aliasnamen von Odin 27 Mythologische Eddalieder Liederrahmen II Odin veranlasst Geirröds Tod (Str 51-54) Grímnir gibt sich als Odin zu erkennen und das Ende von Geirröds Tod wird angedeutet Rahmenerzählung II Odin veranlasst Geirröds Tod (Schlussprosa) genauere Info zu Geirröds Tod: Geirröd erkennt seinen Ziehvater und will von den feuern wegholen, stolpert dabei und fällt in sein eigenes Schwert Agnarr jun. übernimmt die Herrschaft 5.Themen und Interpretationsansätze alte Forscher: die Rahmenerzählung (Prosa und Liedrahmen) wird als Kern angesehen und die Strophen 4-50 wegen des mnemotechnischen Charakters als spätere „Zutat“ erklärt. Sie vermuten zusammengesetzte Form Rahmen: mehrere Versatzstücke 1. Götterwelt 2. Motiv der feindlichen Brüder 3. in Andeutung: Essen, das auf magische Weise verschwindet Motive 2 und 3 finden sich auch in der sonstigen altisländischen und in ( spätere aufgezeichneten) Volksmärchen heutige Forschung: sieht Prosa + Lied als Einheit es gibt auch die Theorie, dass das Lied älter ist als der Prosarahmen Schamanismus (?) F.R. Schröder: Aufsatz Grímnismál und Schamanismus Der Gott zwischen den Feuern: Widerspiegelung einer Kulthandlung, Ritus Odins Monolog = Gewinnung von Wissen als Ergebnis einer schamanistischen Prozedur? (Feuer, Fasten)- in heidnischen Heiligtümern mit Odinspriestern nachgespielt? Im Mittelpunkt des Schamanismus steht die Trance = Technik der Ekstase (Trommeln, Tanz, Fasten, Drogen…)> Übergang in ein anderes Daseinsland, Seelenreise, Kommunikation mit übernatürlichen Wesen (Geistern) Schröder sieht in Odin das göttliche Urbild eines Schamanen (Theorie!) aber- es gibt keine Quellen darüber, ob Schamanismus in der germanischen Zeit eine Rolle gespielt hat! Odin spricht keine besonders visionären-ekstatische Sprache nur Beginn ist feierlich „ Das Land ist heilig“ es handelt sich um assoziierte Aneinanderreihungen, um ein offenbar bestimmtes programmiertes Konzept, in dem nicht alle aus anderen Quellen bekannten Mythen erwähnt werden ( Loki und Balder fehlen ganz) Ragnarök wird nur gestreift ohne Begriffsnennung Man kann die Grímnismál als eine Art Pittoreske der no0rdischen Götterwelt sehen, als eine rühmende Darstellung informativer + mnemotechnischer Charakter „ heidnischer Prospekt“ der nordgermanischen Religion mit Odin im Mittelpunkt Die Grímnismál ist wahrscheinlich eine spätheidnische Wissensdichtung, ein „Katechismus“ 28 Mythologische Eddalieder Skírnismál 1. Überlieferung 1.1.Textgrundlage, Handschriften Codex Regius vollständig HS A die ersten 2/3 (Abbruch nach Str. 27) Snorra-Edda: 1 Strophe ( die letzte) wird etwas abweichen zitiert- davon abgesehen Übereinstimmung in den Quellen 1.2.Liedtitel stammt aus HS A: Reden des Skírnir, Skirnierlied Im Codex Regius: Fọr Skírnis = Fahr des Skírnir Skírnir = Der Strahlende, Diener Freyrs 1.3.Textumfang 42 Strophen ( durchschnittliche Länge von Eddaliedern) 2. Datierung jung : - balladenhafter Charakter des Textes - spielerischer Umgang mit mythischen Motiven Freyr stehen viele Requisiten zur Verfügung, die sonst anderen Göttern zugeordnet sind : Hlidskjalf, Pferd geht durch Feuerwall , magisches Schwert, Ring Draupnir (Eigentum Balders), Runenzauber (Odin) Liebesbeziehung zu Riesin (Odin)> freier Umgang mit Bausteinen aus der Mythologie - Wortschatz ( entspricht dem um 1200) Einzelnes kann auch älter sein, aber die vorliegende Textform ist rel. jung 3. Darstellungsweise erstes Lied mit Handlung im Codex Regius rein dialogisch ( Ausnahme: Skírnir spricht einmal mit seinem Pferd, das nicht antwortet) Handlung wird nur im Gespräch erzählt Sprecherangaben: im Codex Regius abgekürzt am Rand, in HS A im Text aber nicht durchgehend! keine Quellen für „ dramatische Aufführung“ 3 kurze Prosapassagen (Einleitung + 2 andere) Versform: vorwiegend ljóðaháttr, einzelne Halbstrophen im fornyrðislag 4. Struktur und Inhalt 1. Eingang: Liebeskrankheit des Freyr ( Einleitungsprosa, Str. 1-9) 2. Fahrt des Skírnir ( Str. 10, Zwischenprosa) 3. Skírnir am Hofe des Gymir (Str. 11-39) 3.1. „Vorgespräch I“ Skírnir-Hirte (Str 11-13/14) 3.2. „Vorgespräch II“ Gerd- Magd (Str 13/14-16) 3.3. Gespräch Skírnir-Gerd (Str. 17-39) 4. Heimkehr des Skírnir (Zwischenprosa, Str. 40-42) 29 Mythologische Eddalieder 1. Lied des Codex Regius ohne Aufzählung von mythologischen Motiven oder Lebensweisheiten, Inhalt ist Brautwerbung 1. Liebeskrankheit des Freyr Freyr sitzt auf Hliðskíalf , erblickt Riesenmädchen Gerd, verliebt sich und wird krank vor Sehnsucht 2. Fahrt des Skirnir Übergang von Götterwelt in Riesenwelt, Skirnir spricht mit seinem Pferd, Zwischenprosa: Hof des Riesen Gymir 3. Skirnir am Hofe des Gymir: 3.1. Vorgespräch I Skirnir-Hirte Hirte sitzt auf Hügel und bewacht alle Wege. Er zweifelt am Erfolg Skirnirs. Strophe 14 unklar, wohin sie gehört. Gesprochen wird sie jedenfalls von Gerd. Es gibt Getöse. a) Kampf Hirte-Skirnir > Vorgespräch I b) Getöse bei Ankunft von Skirnir > Vorgespräch II 3.2. Vorgespräch II Gerd-Magd Gerd hat Angst, bittet den Unbekannten aber trotzdem herein 3.3. Gespräch Skirnir –Gerd entscheidendes Gespräch. Skirnir verrät seinen Namen nicht, sagt aber, dass er als Bote kommt und nicht als Todfeind. „Rumpelstilzchen-Syndrom“ Wer den Namen von jemandem kennt, hat Macht über ihn / Odin- viele Namen) Gerd soll Freyr am wenigsten von allen zuwider sein- um das zu erreichen, versucht Skirnir a) Bestechung ( 11 goldene Äpfel, Balders Ring Draupnir b) Drohung (Kopf abschlagen, Vater umbringen) c) Fluch und Zauber: Runen: Skirnir will einen Þurs ( = Namen der Þorn-Rune) ritzen und 3 Stäbe ( = Runen, nicht nur Runenstäbe). Gerd soll leiden unter Geilheit ( Argheit), Raserei (Wut) und unerträglicher erotischer Pein. Aber wenn es nötig ist, kann er diese Runen auch wieder “ausradieren”. Nun endlich gibt gerd nach. in Str. 37 Da spraktische vorgehen wird besprochen: Sie will Freyr treffen im Wäldchen Birri ( entweder Nadelbaum oder Getreide) bzw. bei Snorri auf Insel Barrey ( Snorri handelt die gesamte Skírnismål in einem Satz ab. 4. Heimkehr des Skirnir Freyr wartet vor der Tür – bedauert Wartezeit, die „ 1 Monat kürzer ist als eine halbe hý-nótt : unklarer Begriff- welche Nacht? hý : Zusammenhang mit Heirat, Hauswesen?) Zentrales Wort (7 x) im Lied ist munr = leidenschaftliches Verlangen, Liebessehnsucht ( von Freyr) 5. Themen und Interpretationsansätze „ Einer Widerspenstigen Zähmung“ - brachiale Eroberung einer Frau mit folgenden Aspekten: - starker Widerstand von Gerd steigert den Wert des Erfolgs - ein hoher Einsatz ( Bestechung, Gewaltandrohung, schwarze, in Island eigentlich verpönte Magie) steigert den Wert des „Siegespreises“ 30 Mythologische Eddalieder - Gerd wird durch ihren harten Widerstand charakterisiert und dadurch der Liebe eines Gottes würdig. In der Hierarchie Riesen-Götter ist ein sozialer Aufstieg auch nur in dieser Richtung denkbar. soziales Verhalten Freyrs entspricht der damaligen Gesellschaft/ den Heiratssitten - Werbung durch einen Stellvertreter - Brautgeld –Angebot - Hochzeit wird besiegelt, Frist zwischen Verlobung und Hochzeit wird vereinbart auch in anderen isländischen Quellen gibt es diese Ehe zwischen sozial unterschiedlichen Partnern: Hýndlulíoð: (eddisches Liet, in der Flateyarbók, Völuspá in scamma): Gerd ist Freyrs Frau Snorri: Ynglinga Saga: Gerd als Frau des Freyr, Tochter des Gymir und Mutter eines Sohnes Edda: Gerd wird zweimal bei den Göttinnen- Aufzählungen aufgeführt Der Text der Skírnismål lässt viele unterschiedliche Deutungen zu und ist noch immer spannende Diskussion für Wissenschaftler. Beispiele: vegetative Interpretation Skírnismål als archaischer vegetativer Kult? Hierós gámos = Griechisch: heilige Hochzeit ( Bräutigam von gámos) Freyr und Skírnir als Einheit ? Freyr Sonnengott, skírnir der Scheinende- aufgespalten? Gerd von garðr = Zaun > umzäunter Acker, Hof- ) Gerd als Saatgöttin, Göttin des Wachstums Himmelgott und Mutter Erde heiraten- vegetative Neubelebung, Fruchtbarkeit de r Natur. Theorie von Magnus Olsen 1909: Die Skírnismål wurde zu Frühlingsbeginn vorgetragen/ dramatisch aufgeführt zu Ehren Freyrs . (nicht belegt) Ursula Dronke: in ihrem Eddakommentar: Gerd = Erde, lebt aber im Wasser und Sonnengott Freyr sieht sie als Widerschein von sich selbst, verliebt sich in diese Spiegelung ( ??? Theorie) Hierós gámos ist im Altgriechischen (Plato, 4. Jh. v. Chr.) klar: Zeus + Hera- Hierogamie als Vorbildfunktion für die menschlichen Hochzeiten, aber nicht für Fruchtbarkeit- Zeus hat v .a. außereheliche wichtige Kinder . Hera ist Ehegattin, nicht Mutter! spätere Hierogamien bezeichnen jede Art der Hochzeit von Göttern. Problem mit dieser Interpretation: Himmelsgott war Týr, als Nachfolger eher Odin- aber nicht Freyr! Verschiebung? Bei Gerd kein Bezug zur Erde nachweisbar! Noch eine Verschiebung? >>> vegetative Bedeutung nicht nachweisbar!!! Skírnismål als Kult nicht nachweisbar!!! soziokultureller Hintergrund Lars Lönnroth: Skírnismål zeigt Ausgleich zwischen individuellem Bedürfnis (Verliebtheit) und den gesellschaftlichen Forderungen (Ehe : Verbindung zwischen 2 Familien, 2 Sippen wirtschaftliche, politische Gründe) Gegensatz romantische Liebe- Ehekonventionen Freyr unterwirft sich der Brautwerbung, Gerd erweist sich würdig für den sozialen Aufstieg Aber: warum erfolgt in der christlichen Zeit diese Projektion von Vorgängen aus der realen Menschenwelt in die Götterwelt- 31 Mythologische Eddalieder Hárbarðzlíoð erstes von 3 Thorliedern líoð = Lied 1. Überlieferung 1.1. Textgrundlage, Handschriften Codex Regius: vollständig HS A ab Strophe 19 Snorri: --1.2. Liedtitel im Codex Regius 1.3. Textumfang wurde nicht besprochen 2. Datierung nicht eindeutig, aber eher jung ( um 1200) Mixtur aus beiden Versmaßen und etwas, was entweder Prosa oder Vers sein kann kunstfertiger Charakter, gewollt künstlich- das deutet auf späte Entstehung, auf Entstehung auf Papier in einer Schreibstube. 3. Darstellungsweise Dialog zwischen Thor und einem Fährmann Hárbarð = Graubart = Odin 4. Struktur und Inhalt Fährmann will Thor nicht übersetzen, beide stehen an gegenüberliegenden Ufern Das Lied umfasst Prahlereien, Geplänkel, verbale Auseinandersetzungen Thor prahlt mit seinen Riesenkämpfen, der Fährmann mit erotischen Eroberungen Thor ist dabei der Dumme, er erkennt Odin nicht mannjafnaðr Männervergleich bekannter Szenentyp die eigenen Vorzüge werdne auf Kosten anderer hervorgehoben in Prosaliteratur /Sagas): bei gastgelagen in alkoholisierter Stimmung, eigentlich zur Unterhaltung, es kann aber zum blutigen Ernst werden hier sollen durch den Männervergleich die unterschiedlichen Charaktere gezeigt werden: Odin ist intellektuell, Thor ein Kraftprotz Dieses Lied ist auch dnekbar in einer Zeit der interaktion beider glaubensarten- kein Indiz für Glaubensverlust, daher keine zeitliche Zuordnung durch Inhalt möglich, nur aus formalen Gründen 5. Themen und Interpretationsansätze wurden nicht weiter besprochen 32 Mythologische Eddalieder Hymiskviða zweites Thorlied kviða = erzählendes Lied Hymir = ein Riese mit einem Kessel also: Lied von/über Hymir 1. Überlieferung 1.1.Textgrundlage, Handschriften Codex Regius und Handschrift A : vollständig Snorri: nicht zitiert, aber in Prosa wird der Kampf mit der Midgardschlange erzähltvermutlich gemeinsame ältere Vorlage für Snorri und Hymiskviða 1.2. Liedtitel in HS A im Codex Regius: Thor angelt die Midgardschlange 1.3. Textumfang 39 Strophen- kurz 2. Datierung eher aus heidnischer Zeit- 10. Jahrhundert oder älter Termninus antequem: 1. Grammatikal. Traktat um 1150- nicht haltbar, weil nur Textverweis, aber kein wörtliches Zitat Beweist nur, dass die Geschichte bekannt war ( auch auf Bildsteinen) 3. Darstellungsweise A. Heusler: doppelseitiges Ereignislied doppelseitig = episch-dramatisch keine lineare Erzählung, sondern zentrale Szenen sind herausgehoben durch direkte Rede, Zwischentexte/Hintergrundinformationen sehr knapp- Zuhörer kannten Fabeln offenbar Abfolge von Erzählung ( episches Moment) und Redeteilen ( dramatisches Moment) „springender Stil“ von rasch aufeinander folgenden Szenen Versmaß: fornyrðislag typisch: viele Umschreibungen = kenningar ( sg. kenning) Thor = Töter der Riesen, Herr der Böcke, Mann der Siv, Freund der Menschen... Hymir = Abkömmling der Affen Schiff = rollender Hengst Kenningar sind typische Elemente der Skaldendichtung. Skalden spielen oft auf Mythen an (Thors Fischzug). Offensichtlich wurden hier stilistische Elemente der Skaldendichtung in die eddische Dichtung übernommen. 4. Struktur und Inhalt´ 1 a Ausgangssituation Rahmen I Die Götter benötigen eine Kessel ( Str. 1-6) 2 a Verletzung von Thors Ziegenbock ( Str. 7) 1 b Beschaffung des Hymir-Kessels (Kesselholung I, Str. 1-16) 3. Angeln nach der Midgardschlange (Thors Fischzug Str.17-25) 1 c Beschaffung des Hymir-Kessels II ( Kesselholung II, Str. 26-36) 2b Verletzung von Thors Ziegenbock II ( Str. 37-38) 1 d Rahmen II Thor bringt den Kessel (Str. 39) 33 Mythologische Eddalieder Die Hymiskviða entspricht dem klassischen Bild des Heldenlieds: Provokation- Anstiftung zur Tat- Auszug- Fahrt- Untergang (in Skirnismål gutes Ende, Heimkehr Skírnirs sozusagen als Anhang). Drei Mythen sind hier ineinander verwoben worden. 1 a Ausgangssituation Rahmen I Die Götter benötigen eine Kessel Die zechlustigen Götter wollen, dass der Meeresriese Ægir (der trotzdem mit Topos Bergbewohner bezeichnet wird) und der viele Kessel hat, ihnen Bier braut. Ægir fordert sie auf, ihm einen riesigen Kessel zu besorgen. Týr weiß, dass ( sein Vater), der Riese Hymir, einen entsprechend großen Kessel hat. 2 a Verletzung von Thors Ziegenbock Mythos davon beginnt in Strophe 7 Thor = Herr der Böcke 1 b Kesselholung I Thor und Týr werden von Großmutter und Mutter Týrs empfangen, Hymir kehrt von Jagd zurück, Götter verstecken sich hinter einer Säule, die unter dem scharfen Blick des Riesen zerbirst, ebenso wie ein Dachbalken, von dem 8 Kessel fallen, von denen einer ( der passend ist) ganz bleibt. Die Götter werden mit 3 Stieren bewirtet, von denen Thor 2 aufisst, deshalb müssen sie am nächsten Tag neues Essen besorgen. 3. Angeln nach der Midgardschlange Thor reißt einem Ochsen den Kopf ab und nimmt ihn als Köder für den Fischzug. Thor hat Midgardschlange am Angelhaken, schlägt ihr mit dem Hammer auf den Kopf, die Wölfe heulen, die Erde bebt und Schlange fällt zurück ins Meer. Snorri schildert dieses Ereignis ausführlicher und etwas anders: Thors schlägt seine Fäuste an die Schiffswand, bekommt die Asenkraft und steckt seine Beine durch das Schiff bis auf den Meeresboden, schaut die Schlange scharf an, sie speit Gift, Thor ergreift seinen Hammer Mjọlnir, Hymir schneidet die Angelschnur durch und die Midgardschlange versinkt im Meer. In der Skaldendichtung verschiedene Varianten des Mythos, u.a. auch Tod der Midgardschlange, daher spielt sie dann keine Rolle bei Ragnarọk Bilddokumente: Gotländischer Bildstein ( Stein von Ardre VIII) s. Mat. 13, 8./9 Jh. Beweis dafür dass dieser Mythos sehr alt ist. 1 c Kesselholung II Hymir beginnt in seiner Halle einen Streit mit Thor. Dieser soll einen Kelch aus Glas zerschlagen und damit seine Stärke beweisen, Nach vergeblichen Versuchen verrät „ die schöne Geliebte des Riesen „ = Mutter Týrs das Geheimnis- Thor zerschlägt den Kelch an Hymirs Kopf. . Jetzt bekommt er den gewünschten großen Bierkessel. Týr kann ihn nicht tragen Thor schon (umgestülpt). Auf dem Heimweg werden die beiden Götter von einer Gruppe von Riesen bedrängt, die Thor erschlägt. Thor bewältigt alle Arbeit alleine- Týr ist nur Begleiter , seine einzige Funktion ist Hinweisgebung , wo der Kessel zu finden ist. Snorri: Mythos von Kesselgewinnung und Kelch fehlt 34 Mythologische Eddalieder 2b Verletzung von Thors Ziegenbock II Auf der Heimfahrt bleibt beim Riesen Egill ein Bock Thors halbtod liegen- Loki soll irgendwie involviert sein, aber keine nähere Erläuterung. In Strophe 38 wendet sich der Autor direkt ans Publikum , welches ja schon von der Buße dafür gehört habe. Das ist einmalig in der Liederedda! Snorri: Thor rastet auf der Fahrt nach Utgarð (von Riesen u.a. mytholog. Gestalten bewohntes Land) bei einem menschlichen Bauern. Zum Nachtmahlt schlachtet Thors eine beiden Böcke, befiehlt aber, die Knochen unversehrt zu sammeln. Der Bauernsohn zerbricht trotzdem einen Oberschenkelknochen. Am Morgen verwendet Thor Mjọlnir in einer Art Weihe über den Knochen+ Fellen der Böcke, die daraufhin auferstehen- aber einer hinkt, was Thor sehr erzürnt. Zur Busse überlässt ihm der Bauer seine beiden Kinder als Diener. Kein Kommentar zu Loki an dieser Stelle. 1 d Rahmen II Thor bringt den Kessel Ægill wird das Bier brauen und die Institution des alljährlichen winterlichen Göttergelages bei ihm ist hiermit geschaffen. 5. Themen und Interpretationsansätze Thors Fischzug ist ein altes mythologisches Thema. Kampf zwischen Ordnung (Thor) und Chaos (Midgardschlange) und Demonstration der Stärke Thors. Kesselholung: Parallele zu Odin und Beschaffung des Dichtermets Wettbewerbssituation zwischen Thor und Hymir, in der Thor überlegen ist ( er st mehr, hat größeren Köder, besseren Fang: 2 Wale sind nichts gegen das Ungeheuer) und zuletzt ist er auch noch Týr beim Kesseltransport überlegen Die entscheidende Probe (Kelch) ist keine Krafttat, sondern es ist das richtige Wissen notwendig ( eigentlich eine paradoxe Aufgabe) Mythos hat märchenhaften Charakter. Forschung: sakrale Bedeutung? G. Dumezil: postuliert einen ursprünglich indogermanischen Mythenkreis um ein Festmahl der Unsterblichkeit ( kein Beweis) Die Hymiskviða ist eine narrative Einheit, ein gut durchkomponiertes Lied. Lokasenna 3. Thor-Lied 1. Überlieferung 1.1. Textgrundlage, Handschriften Codes Regius vollständig Snorra-Edda: eine Strophe zitiert, Eingangssituation und Geschehen in einem Satz geschildert 1.2. Liedtitel im C.R. genannt bedeutet: Zankrede, Wortstreit des Loki (nicht Spottrede!) senna = Streitgespräch, Ziel ist Abwertung, Herabsetzen der anderen Person mannjafnaðr: Ziel ist Aufwertung der eigenen Person Übergänge sind fließend senna ist ein verbreiteter Gestaltungstyp, kommt aber nur einmal in der Edda vor 35 Mythologische Eddalieder 1.3. Textumfang 65 Strophen + lange Prosaeinleitung „ Von Alben und den Göttern ( C:R und Prosastück am Ende „Von Loki“ 2. Datierung rel. jung- 12. Jahrhundert Die Tatsache, dass heidnische Götter verspottet werden, bedeutet nicht, dass das Lied erst in christlicher Zeit entstanden ist ( s. auch griechische Götter im 4. Jh. v. Chr.). eventuell karnevalistische Verulkung (Michael Bachtin) Datierung erfolgt aus literaturhistorischen Überlegungen: Diese Senna ist so komplex und gut strukturiert, dass viele vermuten, sie könne nicht am Beginn der germanischen literarischen Überlieferung stehen. 3. Darstellungsweise Dialog – Sprecher werden durch Anrede oder Selbstbenennung identifiziert ljoðaháttr 4. Struktur und Inhalt Ausgang (Prosa) : Trinkgelage bei Ægill. Es fehlen Thor ( ist im Osten beim TrolleErschlagen, Balder und Loki). Grund für Lokis Abwesenheit: laut Prosa : Er hat einen Diener Ægils erschlagen und wird davongejagt, kehrt aber wieder. laut Vers: Niemand ist Lokis Freund. Bragi sagt, dass kein Ase Loki einen Platz beim Gelage anbieten würde. Loki kommt (wieder) und beschimpft der Reihe nach alle. Wer den vorher beschimpften verteidigt, ist er das nächste Opfer Lokis. Erst Thor beendet diesen Auftritt und ignoriert dabei, dass Halle des Meeresriesen eine Friedensstätte ist. Symmetrischer Aufbau: 9 Strophen, bis Loki Platz genommen hat Beschimpfungen 9 Strophen, bis Thor Loki davongejagt hat 1. Strophenhälfte: allgemeine Beschuldigungen, die in der 2. Hälfte konkretisiert werden. Vorwürfe Lokis an die männlichen Götter: Feigheit, Versagen in kritischen Situationen, Ungerechtigkeit, schwarze Magie, sexuelle Perversion Vorwürfe an die Göttinnen: Nymphomanie und Ehebruch ( Freya auch Inzest in Str. 42) Reaktion der Götter: Beschwichtigung, Drohung, Gegenvorwürfe ab Strophe 17: Loki“ Schweig du,…(Name) Als Loki Siv des Ehebruchs beschuldigt, kommt Thor als Deus ex Machina sagt dreimal „schweig, Du perverses( unmännliches, feiges ) Geschöpf“ rọgr / argr Loki verlässt unter Verwünschungen die Halle- hat also das letzte Wort- verbaler Sieger. Im Prosanachspann: Ergreifung und Fesselung Lokis s. auch Vọluspá. ( bei Snorri im Anschluss an Balders Tod) 5.Themen und Interpretationsansätze 36 Mythologische Eddalieder Die Pointe liegt darin, dass Loki Bekanntes auf böswillige Weise interpretiert. Wechsel zwischen Ebene der feierlichen Sprache und der niederen Sprache ( auch im Wortbestand)- diese Mischung führt zu einer komischen Wirkung. Manche von Loki angesprochenen mythischen Motive sind in keinen anderen Quellen zu finden. Daher ist es unklar, ob sie echte Mythenmotive sind oder vom Verfasser erfundene. Ursula Dronke meint, diese Mythensplitter deuten auf eine archaische Grundlage des Liedes hin. Nur Theorie ohne Beweis. Es wird nach menschlichen Verhaltensmaßstäben beurteilt, nicht nach denen der Götter ( bei den Wanen war Inzest akzeptiert- bei den Asen und Menschen nicht) Loki verweist oft auf Ragnarọk. Loki ist ein zwielichtiger Mittler zwischen Götterwelt und Welt der Chaoskräfte, wo er ja zuletzt landet. Die Lokasenna kann als Erklärung dafür dienen, dass er schließlich bei den Chaosmächten ist. literarische Verwandtschaft mit antiker Symposion-Literatur ? ( bis Platon zurückreichend, eine Art Götterkomödie, meist Dialoge, scherzhaft, bei Trinkgelagen). 2 Figuren : ungebetener Gast ( > Loki), zu spät erscheinender Gast (> Thor). Aber: Symposion ist als literarische Gattung bereits in der Spätantike nicht mehr produktivwarum sollte es dann in der germanischen Literatur wieder aufgegriffen werden? Þrymskviða letztes Thorlied 1. Überlieferung 1.1. Textgrundlage, Handschriften nur im Codes Regius 1.2. Liedtitel C.R. in späteren Papierhandschriften Hamarsheimt = Heimholung des Hammers ( H.C. Artmann!) 1.3. Textumfang 32 Strophen 2. Datierung spät: Stoff wird weder von Snorri noch in Skaldendichtung referiert Wortmaterial ist jung Þrymskviða zitiert andere Eddalieder 3. Darstellungsweise und 4. Struktur und Inhalt fornyrðislag doppelseitiges Ereignislied mit episch-dramatischem Charakter (Mischung von erzählenden und dialogischen Strophen) gut erzählt, straff, klar, nichts bleibt in Schwebe, Schauplatzwechsel angegeben 37 Mythologische Eddalieder 4 Szenen und Ende: Str. 1-4: Thor vermisst seinen Hammer Mjọlnir Str. 5-8: Loki erkundet in Freyas Federkleid den Verbleib von Mjọlnir und findet den Riesen Þrym, der den hammer gut versteckt hat und Freya zum Austausch fordert. Str. 9-20 In Asgard Beratung, Frea weigert sich, Thor soll als Braut verkleidet werden, Loki als seine Magd. Str. 21-32 Thor fällt unangenehm auf (Appetit, Durst, scharfe Augen)- Loki erklärt allesRotkäppchenspiel Als der Hammer der „Braut“ in den Schoss gelegt wird, tötet Thor alle Riesen 5.Themen und Interpretationsansätze komische Wirkung: Kontrast der Beschreibung der Götter zur regulären Schilderung ( die mannstolle Freya hat Angst um ihren guten Ruf, der starke Thor ist als Frau verkleidet…) Komik zuerst zu Lasten Thors, dann zu lasten der Riesen, die hereingelegt werden. Der Hammer ist ein Symbol für die männliche Kraft, Phallussymbol, aber auch Instrument für die Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Hierarchie Götter- Riesen Die Þrymskviða ist seit dem Mittelalter eines der am meisten rezipierten Eddalieder Vọlundarkviða nächstes Semester Alvíssmál 1. Überlieferung 1.1. Textgrundlage, Handschriften Codes Regius Snorra-Edda 2 Strophen ( leicht verändert) 1.2. Liedtitel C. R. „Die Rede des Alviss“ 1.3. Textumfang 35 Strophen 2. Datierung jung 12. Jh. 3. Darstellungsweise ljóðaðháttr ( + 1 Ausnahme) Wissensdichtung 4. Struktur und Inhalt Rahmen: Dem Zwerg Alviss ist Thors Tochter zur Frau versprochen, er will sie nun holen, was Thor nicht passt. Thor stellt ihm als Bedingung 13 Fragen nach diversen Dingen, Alvíss antwortet jeweils mit Bezeichnungen dafür bei Asen, Wanen, Menschen, Alben und Zwergen., ist sozusagen ein lebendes Wörterbuch 38 Mythologische Eddalieder Thor zieht das so lange hin, bis die Sonne den Zwerg bescheint, woraufhin der zu Stein wird. In letzter Strophe sagt Thor, dass er eine List gebraucht habe. (ungewöhnlich- sonst macht das Odin) 5.Themen und Interpretationsansätze Die Alvíssmál erinnern an Vafþruðnismál im bau und Verlauf, auch wörtliche Übereinstimmungen regelrechte Synonymlisten- Bezug zur Skaldenepik Baldrs drauma 1. Überlieferung 1.1. Textgrundlage, Handschriften nur in HS A 1.2. Liedtitel aus HS A in späteren Papierhandschriften Vegtamskviða (Vegtam = Deckname Odins) 1.3. Textumfang 14 Strophen 2. Datierung total unklar 3. Darstellungsweise und 4. Struktur und Inhalt fornyrðislag Str. 1-4 Einleitung: Baldr hat böse Träume, odin sattelt Sleipnir und reitet in die Unterwelt, wo er eine Völva von den Toten aufweckt und befragt ab Str. 5 Dialog Odin alias Vegtam – Völva. Sie sagt Balders weiteres Schicksal voraus ( in anderen texten ausführlicher belegt) In Str. 12 fragt Odin nach irgendwelchen Mädchen, deren Bedeutung total unklar ist- daran erkennt ihn die Völva, sie verstummt.