Chronisch protrahierte Krisen

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Krise und
Krisenintervention
Burnout
Psychohygiene
Stressverarbeitung
Mag. Dr. Andreas Olbrich-Baumann
Einleitung
Dieses Skriptum ist eine Zusammenfassung mehrerer Bücher zu den Themen Krise und
Krisenintervention (Sonneck, 2000), Stressverarbeitung (Stollberg, 2004) und Organisationspsychologie
(Weinert, 2000) sowie einiger Forschungsarbeiten (Olbrich-Baumann, 2007).
Aspekte von Krisen





Krisenanlass
Subjektive Bedeutung
Krisenanfälligkeit (psychische Erkrankungen, unverarbeitete Krisen)
Reaktion der Umwelt
Krisenverlauf
Ad Krisenanlass:
Katastrophen- und Massenbelastungen: Politische und rassistische Verfolgungen, Kriegswirren, Unwetter,
Bergwerks-, Eisenbahnkatastrophen etc.
Individuelle Belastungen: Schicksalsschläge oder Situationen des normalen Lebensablaufs.
Sie können hauptsächlich eine Ebene der menschlichen Identität treffen, immer jedoch mit weiterer
Wirksamkeit auf die beiden anderen Ebenen:
a. die körperlich-biologische Ebene: Pubertät, Klimakterium, chronische Erkrankungen
b. psychische Ebene: seelische Konflikte
c. soziale Ebene: Ereignisse, die z.B. durch Rollenveränderungen oder Statusverlust gekennzeichnet
sind, wie bspw. Scheidung, längere Arbeitslosigkeit, Tätigkeit als Gastarbeiter.
Ziel der Krisenintervention: Hilfe zur Selbsthilfe!
Hilfe zu Selbsthife zu
 Aktiver
 Konstruktiver Bewältigung
 Innovativer
 Selbstständiger Entscheidungs- und
 kompetenter Handlungsfähigkeit
Der Betroffene muss sich in seiner Krise akzeptieren, und selbst zu Lösungen und Bewältigungsstrategien
kommen. Krisenintervention ist die Unterstützung der eignen Fähigkeiten des Betroffenen.
Nicht der Ersatz von Verlorenem und die Verleugnung der schmerzlichen Realität, sondern die Stützung,
das Mitgefühl (Empathie) sowie die Ermutigung, Gefühle von Trauer, Schmerz, Feindseligkeit,
Aggressionen wahrzunehmen und zu zeigen ist die Funktion des Helfers.
Dieses Ziel muss kurzfristig realisierbar sein.
2
Traumatische Krise
Krisenanlässe: plötzliche, meist unvorhergesehene Schicksalsschläge (Krankheit, Invalidität, Tod eines
Nahestehenden, Trennung, Kündigung)
Erste Reaktion: Krisenschock (dauert wenige Sekunden bis 24 Stunden)
Reaktionsphase: Tage bis Wochen dauernd: Periode der affektiven Turbulenz: Apathie, tiefste
Verzweiflung, Depressivität, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Feindseligkeit, Aggression, Wut, Trauer.
Phase schließt auch Zeiten der Entlastung mit ein. Inkl. Bearbeitung und Neuorientierung.
In
dieser
Phase:
Möglichkeit
der
Fehlanpassung:
Chronifizierung,
Alkoholund
Medikamentenmissbrauch, Ausbruch einer Erkrankung, psychischen Zusammenbruchs, Auftreten von
Suizidalität.
1. Phase – Schockphase: Die Wirklichkeit wird ferngehalten. Äußerlich kann man geordnet
erscheinen, innerlich ist alles chaotisch, später existiert oft keine Erinnerung an diese Zeit. Der
seelische Aufruhr führt zu ziellosen Aktivitäten (Toben) oder, wenn der Rückzug (Regression)
sehr groß ist, zu einem Zustand der Betäubung, d.h. es besteht keine Kommunikation mit der
Realität.
2. Phase – Reaktionsphase: Die Konfrontation mit der Realität ist unvermeidlich. Man versucht
die Wirklichkeit so adaptiv wie möglich zu integrieren, unter Einsatz psychischer
Abwehrmechanismen.
Besonders
häufig
sind:
Verdränguingsphänomene,
Verleugnungstendenzen, starke Abhängigkeitswünsche, Rationalisierung der Ereignisse, sozialer
Rückzug mit selbstzerstörerischen Tendenzen (Alkohol- und Medikamentenmißbrauch). Die
Reaktion ist primär eine emotionale, wenn unterschiedlichste Gefühle mit ungeahnter Intensität
auftreten. Fixierungsgefahr besteht, wenn intrapsychische Konflikte aktiviert werden.
Chonifizierungsgefahr besteht, wenn die äußeren Hilfsstrukturen (soziale Umwelt) unbefriedigend
sind oder überhaupt soziale Isolation eintritt. Durch die Reflexion des Krisenanlasses und seiner
Konsequenzen kommt es zur
3. Phase – Bearbeitungsphase: Allmählich löst man sich von Trauma und Vergangenheit;
Interessen tauchen auf, Zukunftspläne werden geschmiedet. Während sich die Reaktionsphase
relativ scharf von der Schockphase absetzt, gehen Reaktionsphase und Bearbeitungsphase nicht
nur kontinuierlich ineinander über, sondern wechseln einander auch immer wieder ab. Es ist
sowohl für den Hilfesuchenden als auch für den Helfer wichtig zu wissen, dass in den ersten
Wochen einer Krise zwar die Bearbeitung des Krisenanlasses und seiner Konsequenzen möglich
ist und auch wesentliche Linderung bringt, dass diese Zeiten der Erleichterung jedoch immer
wieder vom neurelichen Aufflackern der Reaktionsphase unterbrochen werden, wenn auch im
weiteren Krisenverlauf abgeschwächt und seltener.
4. Phase – Neuorientierung: Das Selbstwertgefühl ist wieder aufgerichtet, neue Beziehungen
werden aufgenommen und gehalten. Insgesamt wurde Lebenserfahrung gewonnen.
3
Veränderungskrise (Caplan, 1964)
Konfrontation mit der Veränderung,
 wenn diese nicht in das Leben integriert werden kann, kommt es zum Gefühl des Versagens
(Ansteigen von Druck und innerer Anspannung)
 zum Mobilisieren innerer und äußerer Hilfsmöglichkeiten (starke innere Not -> Bereitschaft,
Hilfe anzunehmen sehr groß)
 Wenn die Hilfe adäquat war -> Krise bewältigt
 Wenn die Hilfe nicht adäquat war -> entweder Rückzug und Resignation oder zur
Chronifizierung oder zum Vollbild der (traumatischen) Krise.
Auf Veränderungskrisen kann man sich vorbereiten!
1. Phase: In Konfrontation mit dem problematischen Ereignis bleibt das gewohnte
Problemlösungsverhalten (persönliche Fähigkeiten und Strategien, übliche Hilfsmittel)
wirkungslos und führt zum Aufkommen von Spannungen und Unbehagen.
2. Phase: Der Betroffene erlebt, dass er die Belastung nicht bewältigt, d.h., er erlebt sich als
Versager; sein Selbstwertgefühl sinkt, während die Spannung steigt.
3. Phase: Der innere Druck führt zur Mobilisierung aller inneren und äußeren
Bewältigungskapazitäten: Ungewohntes, Neues wird getan (der Betroffene wendet sich z.B. an
eine Beratungsstelle), eventuell wird die Situation anders eingeschätzt. Diese Anstrengung kann zu
folgenden Reaktionen führen: entweder
a. Zur Bewältigung der Krise oder
b. Zum Rückzug aus der Situation, wobei die Ziele aufgegeben werden und ein Gefühl der
Resignation erhalten bleibt. In der Deutung dieses Vermeidungsverhaltens als
Lösungsstrategie liegt die Gefahr der Chronifizierung.
c. Wenn die Anstrengung zu keinem Ergebnis führt, weil weder Bewältigung noch Rückzug
möglich waren, entwickelt sich in der
4. Phase das Vollbild der Krise mit unerträglicher Spannung. Äußerlich kann der Betroffene oft
noch geordnet wirken, während innerlich durch Verzerrung und Verleugnung der Wirklichkeit
sowie Rückzug aus der Kommunikation Konfusion und Desorganisation, inneres Chaos
entstehen („Nervenzusammenbruch“): Der Betroffene ist rat- und orientierungslos; entweder
sind Verhalten und Äußerungen ungesteuerte, ziellose Aktivitäten (Schreien, Toben,
Suizidhandlungen) zum Zweck der Spannungsabfuhr, oder man ist innerlich „gelähmt“, was
Denken, Fühlen und Handeln erfasst. Letzlich hängt man von den Interaktionen und Reaktionen
der Umwelt (Bezugspersonen, zufällige oder professionelle Helfer) ab. Diese Phase sieht praktisch
gleich aus wie die Reaktionsphase der traumatischen Krise mit allen charakteristischen Gefahren
wie Ausbruch einer Krankheit, Substanzmissbrauch, Chronifizierung und Fixierung sowie
suizidales Verhalten.
5. Phase: Bearbeitung des Krisenanlasses, der Veränderung und ihrer Konsequenzen und
Belastungen.
6. Phase: Neuanpassung. Entwicklung neuer Anpassungsstrategien an die veränderte Situation.
Veränderungskrisen können in jeder Phase beendet werden, falls der Krisenanlass wegfällt oder will
Lösungsstrategien bzw. Bewältigungsvermögen entwickelt werden.
4
Chronisch protrahierte Krisen
Chronifizierte Krisen entstehen, wenn Veränderungskrisen durch Vermeidungsverhalten oder destruktive
Bewältigungsmuster gelöst werden bzw. wenn traumatische Krisen in ihrem natürlichen Verlauf in der
Reaktionsphase festgefahren sind, weil keine Bearbeitung stattgefunden hat, sondern schädigende
Strategien eingesetzt wurden.
Menschen in chronischen Krisen zeigen ein stark ausgeprägtes Vermeidungsverhalten: Sie scheuen
Kontakte und vermeiden insbesondere jedwede Anstrengung, die zu einer Veränderung führen könnte.
Ihre Aktivität erschöpft sich häufig in Klagen und Anklagen.
Chronisches Krankheitsverhalten:
 Mangelnde Selbsthilfemöglichkeiten, Passivität und Hilflosigkeit
 Medizinische Interventionen müssen unmittelbar zur Verfügung stehen
 Fehlende Veränderungsmotivation bei vordergründiger Kooperation
 Persistieren der Beschwerden durch das Verhalten der Umgebung
 Vermeidungsverhalten
 Abgabe der Verantwortung
 Konsequenzen für die Leistungsfähigkeit, sozialer Rückzug
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Posttraumatische Belastungsstörungen
Faktoren, die Entstehung und Verlauf der posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen:
 Intensität und Dauer der traumatischen Erfahrung
 Vulnerabilität
 Copingstrategien
 Reaktion der Umwelt
Von einer posttraumatischen Belastungsstörung spricht man erst dann, wenn die Symptome über einen
Zeitraum von mehr als einem Monat andauern.
1. Symptome der Übererregung: Es besteht ein Zustand von seelisch-körperlicher Alarmierung,
verbunden mit Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen und übertriebenen
Schreckreaktionen. Als Ausdruck des Versuchs, sich gegen eine befürchtete Gefahr zu wehren,
kann es zu unkontrollierten Wutausbrüchen kommen.
2. Intrusive Symptome: Es fehlen zusammenhängende verbale Erzählungen. Stattdessen sind die
traumatischen Erinnerungen in Form von Körpersensationen, intensiven Gefühlen und
deutlichen Bildern gespeichert, die scheinbar in keinem Zusammenhang zueinander stehen. Es
kann zu sogenannten Flash-backs kommen.
3. Konstriktive Symptome: Psychische Erstarrung, Stumpfheit und Anhedonie sind die Reaktion
auf das Ereignis, das als furchtbare Niederlage empfunden wird. Vermeidung jeglichen Kontakts
und/oder Aktivität. Die Folge können depressive Verstimmungen sein. Gefühle von Isolation,
Entfremdung, Lähmung, ebenso Schuld- und Schamgefühle können zu Alkohol- und
Drogenmissbrauch, selbstverletzenden Verhalten und zu Suizidgedanken oder –handlungen
führen. In Beziehungen dominiert die Angst vor Kontrollverlust und damit verbunden die
Unfähigkeit, sich vertrauensvoll an jemanden wenden zu können. Dies führt häufig zur
Vermeidung jeglicher Nähe. Andererseits haben traumatisierte Menschen auch oft
Schwierigkeiten Grenzen zu setzen und geraten daher unter Umständen in Situationen, in denen
sie neuerlich zu Opfern werden.
Schuld- und Schamgefühle werden zu zentralen Themen der traumatisierten Person. Schuldgefühle
gipfeln in Selbstvorwürfen und Selbstanklagen. Sie können als Abwehr des Gefühls, einer
unerträglichen Situation hilflos ausgeliefert gewesen zu sein, verstanden werden.
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Krisenintervention
Krisenintervention ist jene Form psychosozialer Betreuung und Behandlung, die sich mit Symptomen,
Krankheiten und Fehlhaltungen befasst, deren Auftreten in engerem Zusammenhang mit Krisen steht.
Allgemeines Interventionskonzept:






4.1.







4.1.
Beziehung
Emotionale Situation / spezifische Gefahren
Aktueller Anlass
Soziale Situation / vorhandene Hilfsmöglichkeiten
Weiteres Vorgehen
Beendigung
Allgemeine Prinzipien der Krisenintervention:
Rascher Beginn
Aktivität
Methodenflexibilität
Fokus: aktuelle Situation / Ereignis
Einbeziehung der Umwelt
Entlastung
Zusammenarbeit
Interventionsschwerpunkte:
In der Schockphase liegt der Interventionsschwerpunkt auf guter, allgemeiner Betreuung. Man darf den
Betroffenen bei starkem Schock nicht allein lassen, da auf diese Phase unweigerlich die Reaktionsphase
mit ihren affektiven Turbulenzen und den damit verbundenen Gefahren folgt! Wesentlich ist die
Vermittlung eines Gefühls der Geborgenheit (warme Getränke, Körperkontakt herstellen: Hände halten,
Umarmen, etc. schlafen lassen). Gefühle müssen sich frei äußern dürfen, nicht durch vernunftmäßige
Bearbeitung hemmen.
Reaktionsphase: Der Betroffene soll möglichst viel über das Ereignis und seine Gefühle erzählen
können, dadurch werden sie konkreter. Üblicherweise „verbotene“ Gefühle (z.B. Wut, Enttäuschung über
einen Verstorbenen) können zugelassen, erkannt und akzeptiert werden. Wenn Angst und Verzweiflung
nicht als krankhafte Reaktion im Raum bleiben, sondern verstanden werden können als adäquater
Ausdruck für chaotische, verwirrende Gefühle, Protest, Hilflosigkeit und Leere, verlieren sie an Dramatik
für den Klienten. Die Konfrontation mit der Realität soll unter behutsamem Stützen erfolgen, den
Verleugnungstendenzen und Realitätsverzerrungen muss entgegengetreten werden. Auch gezielte
Regression (Krankenstand, Medikamente) kann für die Konfontation nützlich sein. Sachliche Information,
oftmals wiederholt, ist notwendig.
7
4.1.
Der Erstkontakt
Menschen in Krisensituationen ist die wichtigste Hilfe Interesse und Aufmerksamkeit eines anderen
Menschen, der sich Zeit für sie nimmt, der Gelengheit zum Sich-Aussprechen und Angehört-Werden gibt
und der Schwierigkeiten und Gefühle ernst nimmt.
Bei Fremden: „Ist Ihnen etwas zugestoßen“, „Hallo – was machen S’ denn? Kommen S’ – erzählen Sie mir doch, was
passiert ist!“
Bei Nahestehenden: „Geht’s dir nicht gut, willst du mit mir darüber reden?“, „Ich habe den Eindruck, es geht dir nicht
gut; können wir darüber sprechen?“, „Du bist so still, was ist los?“
Das erste Gespräch ist ein strukturiertes Gespräch, das auch direktive Sequenzen enthalten kann. Es wird
vom Helfer aktiv geführt, insoweit er einerseits notwendige Informationen erhalten und bestimmte Ziele
erreichen will, andererseits aber dem Klienten Zeit und Raum geben will zur Entfaltung seiner
persönlichen Art, sich in seiner Krise darzustellen.
Die Arbeit, die in diesem Gespräch von Klient und Helfer geleistet wird, bezieht sich auf:
 Die Beziehung zueinander
 Den Inhalt
 Die therapeutischen Interventionen
 Die direkte Unterstützung und Vermittlung von Hilfen und
 Das weitere Vorgehen.
Diese Bereiche sind nicht immer scharf zu trennen, weil sie miteinander verflochten sind oder
voneinander abhängen.
Leitgedanken für dieses und alle weiteren Gespräche:
Selbsthilfemöglichkeiten des Klienten fördern: Zunächst stellen wir fest: Was kann der Klient in welchen
Bereichen, was tut er gerne trotz seiner Depressionen, Sorgen und Ängste, und halten diese seinem
Hilflosigkeitsgefühl entgegen. Dann ermutigen wir ihn, das zu tun, was ihm jetzt besonders gut täte oder
helfen könnte. Besonderes Augenmerk legen wir dabei auf aktive und kommunikative Wünsche.
Passivität und das daraus erwachsende Hilflosigkeitsgefühl des Klienten sollen durch die Aktivität des
Helfers nicht gefördert werden. Dadurch würde das Gefühl des Versagens verstärkt und das
Selbstwertgefühl weiter verringert werden. Auch wenn der Zustand des Klienten depressiv, suizidal oder
chaotisch ist, besteht nicht deshalb die Notwendigkeit, dem Klineten alle Initiative und Tätigkeiten
abzunehmen und an seiner statt durchzuführen.
Abhängigkeit des Klienten vom Helfer soll nur soweit notwendig gewährt, in keinem Fall jedoch gefördert
werden.
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Die Struktur des Erstgesprächs:
 Primäres Anliegen des Klienten
 Information über
o Ereignis + Folgen + Betroffene + Anlass (heute?): Fakten + Emotionen
o Befinden: physisch (Schlaf, Ernährung, Beschwerden) + psychisch (Gefühle,
Realitätsempfinden, Kommunikationsfähigkeit, Selbstwertempfinden,
Denkfähigkeit, Affizierbarkeit, Aktivität, Entscheidungsfähigkeit,...)
o Früheres ähnliches Ereignis und Befinden
o Fähigkeiten / Möglichkeiten des Klienten (Hinweise auf Aktivität, Autonomie,
Selbstwert, soziale Integration)
o Mögliche Gefahren für Leben, Gesundheit, Existenz
 Problemerfassung feststellen, ordnen, auswählen
 Erfassung des Beziehungsnetzes
 Hilfsplan: klar vereinbaren Was – Wann – Wer – Wie
o Krisenmanagement: abhängig vom aktuellen Zustand und den möglichen
Gefahren (z.B. Krankenstand, Zeitstrukurierung, Nicht-Alleinsein-Organisieren,
vorübergehender Wohnungswechsel, Medikamentenverschreibung, Notdienste
und Notrufe, sichere Erreichbarkeit des Helfers, Spitalsaufnahme, Kurz-Urlaub,
Schutzmöglichkeiten, Selbsthilfe-Möglichkeiten, vorübergehende Entlastungen,
gezielte Ablenkung,...)
o Problembearbeitung
 Beiziehung von Informationen, Personen, Ressourcen
 Veränderung der Umstände, Person, Beziehung
 Entwicklung von (neuen) Strategien
 Zusammenfassung – Abschluss
o Entlastung – Beruhigung – Hoffnung?
o Beziehung Klient – Helfer
o Zusammenfassender Kommentar
o Ergebnis des Gesprächs aus Klienten-Sicht:
o Eventuell Wiederholen von Erkenntnissen – Entscheidungen – Vereinbarungen
(je akuter der Zustand, desto wichtiger)
 Bei Weiterleitung an andere: Begründung – Vermittlung – Nachkontakt
 Bei weiterer Zusammenarbeit: Inhalt, Sinn, Ziel – Setting – Erreichbarkeit
 Nächster Termin
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Jede Krise ist eine Belastung – jede Krise ist eine Chance
Unsere unmittelbaren Ziele sind:
 Beziehung zwischen Klient und uns herstellen.
 Seine schwere Symptomatik erleichtern
 Problembewältigung einleiten: Wir verhelfen dem Klienten dazu, Widersprüchlichkeiten zu
erkennen, das Problem zu definieren, dessen gefühlsmäßige und reale Bedeutungen zu erfassen
und sich für eine Veränderung zu entscheiden. Diese soll durch zielgerichtetes, dem Klienten
zumutbares und mögliches Verhalten sofort begonnen werden.
Unsere übergeordneten Ziele sind:
Der Klient soll
 Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl entwickeln
 Entscheidungsfähigkeit wieder erreichen,
 alternative konsturktive Verhaltensweisen finden und erproben.
Der Klient soll sein Leben aktiv selbst gestalten, er soll von passiv-abhängigem zu aktiv-autonomem
Verhalten finden.
Interventionsschema für traumatische Krisen:




Schock: Ich bin bei dir
Reaktion: wahrnehmen, ermutigen, einordnen, verstehen
Bearbeitung: Konfrontation mit Krisen-Anlass & Konsequenz
Neuorientierung: „loslassen“
Interventionsschema bei chronischen Krisen:









Informationen, Aufklärung, Beratung
Wiedererwerben von Vertrauen in die eigene Kompetenz und in die Funktionstüchtigkeit des
eigenen Körpers
Wiedererwerben von Vertrauen in die psychische und soziale Funktionstüchtigkeit
Abbau von Schon- und Vermeidungsverhalten im sozialen und körperlichen Bereich
Umgang mit Gefühlen und kritischen sozialen Situationen
Aufgeben der Krankenrolle
Erlernen von Entspannung
Kritischer Umgang in der Inanspruchnahme von medizinischen Hilfen, Medikamenten und
Suchtmitteln
Rückfallprophylaxe
Interventionsschema bei posttraumatischen Belastungsstörungen:







Bennenung des Unrechts, Parteilichkeit
Transparenz und Offenheit
Wahrung von Autonomie und Entscheidungsfreiheit
Strukturiertes Vorhgehen
Nonverbale Techniken
Ressourcen nützen
Angehörige einbeziehen
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Phasen der therapeutischen Begleitung:
1. Phase: Stützung und Sicherheit: Das Herstellen äußerer und innerer Sicherheit ist vorrangig.
Dabei hilft eine vertrauensvolle, tragfähige Beziehung zum Therapeuten. Die Gegenwart steht im
Mittelpunkt der Intervention. Das Erleben eigener Autonomie und Entscheidungsfähigkeit sowie
von Kontrolle über das eigene Leben ist ein entscheidender Schritt der Therapie. Zur
Stabilisierung zählt auch die gründliche Information und Aufklärung über die Art und den Sinn
der Symptome. Das Vorgehen ist Ich-stützend und lösungsorientiert. Die Ressourcen der
traumatisierten Person werden aktiv unterstützt. Eine Überflutung der Betroffenen mit
traumatischen Material soll aktiv verhindert werden, z.B. durch antidissoziative Techniken wie
z.B. Grounding (Erden, Fest-am-Boden-Stehen).
2. Phase: Erinnern und Rekonstruktion: Erst wenn ausreichende Ich-Stabilität erreicht ist,
frühestens aber acht Wochen nach dem Ereignis, kann mit dem genauen Erinnern und der
Rekonstruktion des Traumas begonnen werden.
3. Phase: Neuorientierung: Es erfolgt eine Neubewertung der eigenen Lebensvorstellungen, der
eigenen Identität und Lebensziele. Neues wird ausprobiert, neue Beziehungen werden geknüpft.
Im besten Fall kann an das Leben vor dem Trauma wieder angeknüpft werden. Es ist dies ein
Schritt vom „Opfer“ zum „Überlebenden“.
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Das BELLA-System
(Sonneck, 2000)
Beziehung – Emotionale Situation – Linderung der Symptome – Leute einbeziehen – Ansatz zur Problembewältigung
Beziehung aufbauen
Schaffe einen einladenden Anfang
Höre dem Klienten aufmerksam und einfühlsam zu
Vermittle dem Klienten, dass du ihn ernst nimmst und
dass du dir seiner Schwierigkeiten bewusst bist
Grüß Gott! Ich bin...
Wollen Sie Platz nehmen?
Was kann ich für Sie tun?
Ich kann gut verstehen, dass das für Sie ein Problem ist!
Wollen Sie mir mehr erzählen?
Ich sehe, es fällt Ihnen schwer, darüber zu reden!
Erfasse die Situation
Befasse dich
Mit den Gründen des Kommens
Mit dem Krisenanlass und den davon unmittelbar
Betroffenen
Mit der derzeitigen Lebenssituation des Klienten (auch
mit dem Hier und Jetzt)
Mit möglichen Veränderungen durch die Situation
Was hat Sie bewogen, gerade heute zu kommen?
Seit wann genau geht es Ihnen so schlecht?
Hat dieses Ereignis Einfluss auf andere Lebensbereiche?
Was glauben Sie, wird sich durch dieses Ereignis in
Ihrem Leben ändern?
Linderung der schweren Symptomatik
Gehe auf die emotionelle Situation des Klienten ein
Panik
Depression
Suizidrisiko erhellen
Versuche den Klienten
Zu entlasten
Ordnen zu lassen
Durch Übungen zu entspannen
Falls notwendig, medikamentös zu
helfen
v.a. bei Suizidgefahr!
Sie haben erwähnt, dass es Ihnen nicht gut geht – wie
äußert sich das?
Wie, glauben Sie, wird es weitergehen?
Wenn Ihnen zum Weinen zumute ist, tun Sie es?
Welche Dinge sind Ihnen jetzt am wichtigsten?
Wollen Sie versuchen, dieses Gefühl in einem Ton zu
äußern?
Leute einbeziehen, die unterstützen
Versuche, Hilfssysteme des Klienten von ihm einsetzen
zu lassen
Wenn notwendig, auch Hilfssysteme wie
Selbsthilfegruppen und Institutionen
Gibt es jemanden, mit dem Sie darüber reden können?
Es gibt da eine Selbsthilfegruppe, die sich mit diesem
Problem besonders befasst!
Ansatz zur Problembewältigung finden
Verhilf dem Klienten
Das eigentliche Problem zu definieren
Widersprüchlichkeiten zu sehen
Die gefühlsmäßige und reale Bedetung des Problems zu
erfassen
Welchen Grund gibt es, dass es Ihnen dadurch so
schlecht geht?
Sie sagen auf der einen Seite, dass ... und auf der
anderen Seite, dass...
Wenn das Problem so gelagert ist, welche
Konsequenzen hat das dann?
Glauben Sie, können Sie das verwirklichen, was wir
gerade erarbeitet haben?
....Wie?
Sich für eine Veränderung entscheiden
12
Krisen von Patienten im Krankenhaus
1. Ein Teil jener Patienten, die einen Suizidversuch unternahmen, ist weiter selbstmordgefährdert.
2. Bestimmte Probleme, besondere Lebensumstände und belastende Lebenssituationen zwingen den
Patienten, diese Probleme durch körperliche Beschwerden und Symptome zu äußern. Im
Hintergrund dieser Beschwerden stehen nicht selten psychosoziale Krisen.
3. Erlebnisse, Reaktionen und Verarbeitung von körperlichen Erkrankungen, Untersuchungen,
Diagnosen, Behandlungsmaßnahmen sowie der Einfluss des „Heilmilieus“ führen häufig zu
psychischen Alterationen.
4. Bei bestimmten somatischen Therapien, die zu psychischen Beschwerden führen:
Besondere Eingriffe, Operationen und belastende Behandlungen
Somatische Behandlungen, die direkt zu psychischen Alterationen führen können (z.B.
Cortisontherapie).
Ad 1. Patienten nach Suizidversuch
Man weiß heute aus einer Reihe epidemiologischer Untersuchungen, dass etwa zehn Prozent jener
Personen, die einen Suizidversuch unternehmen, innerhalb der nächsten zehn Jahre durch Selbstmord
sterben. Man erkennt daraus, dass ein relativ geringer Prozentsatz nach dem Suizidversuch weiter
suizidgefährdert ist (Sonneck, 2000, S. 140!). Sehr häufig handelt es sich bei Suizidversuchen um den
Ausdruck direkter Konflikte, die oft bereits durch die Suizidhandlung bzw. die damit verbundenen
Konsequenzen einer raschen, wenn auch häufig nicht sehr dauerhaften Lösung zugeführt werden.
Ad 2. Psychosoziale Krise
Generell scheint es, als ob viele Menschen ihre psychischen und sozialen Probleme nur durch körperliche
Beschwerden und Symptome äußern könnten. Man weiß heute, dass mehr als die Hälfte jener, die in ein
Krankenhaus eingewiesen wurden, kurz vor der Einlieferung unter einem erheblichen Druck standen. Ein
Gespräch über die Ereignisse, die in letzter Zeit vor der stationären Aufnahme erfolgten, kann hier
klärend wirken, wobei man jedoch erkennen muss, dass der Konflikt auch häufig nicht bewusst sein kann.
Ad 3. Reaktionen auf körperliche Erkrankungen und Diagnosen
Das unmittelbare Erleben von organischen Erkrankungen und Symptomen und die Auseinandersetzung
mit ihnen führen oft zu psychischen Beschwerden. Setzt eine schwere Störung vitaler Funktionen oder ein
Schmerzanfall plötzlich und unerwartet ein, dann fühlt sich der Betroffene ohne Schutz von Anpassungsund Verleugnungsmechanismen unmittelbar mit dem Einbruch von Krankheit konfrontiert.
Prozesse mit längerem Krankheitsverlauf, der den Kranken zwischen Hoffnung und Verzweiflung
schwanken lässt und zu einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen zwingt, so
entwickeln sich die seelischen Reaktionen komplizierter:
Nach anfänglicher Panik versucht der Patient sich häufig zu isolieren, beginnt dann mit dem Schicksal zu
hadern, zeigt Gefühle von Ärger und Neid, fasst gute Vorsätze und versucht mit seinem Schicksal zu
handeln. Plötzlich überfällt ihn in der Erkenntnis des unaufhaltsam nahenden Todes eine große
Traurigkeit über alles, was er verliert und an unerledigten Lebensproblemen zurücklässt. Dem Akzeptieren
des Todes folgt eine letzte Phase – knapp vor dem Tod -, eine Phase in der es praktisch keine Gefühle
mehr gibt, also keine Einengung der Gefühle, sondern den Verlust der Gefühle und der Dynamik sowie
der Affekte.
Auswirkungen von Untersuchung, Behandlung, Krankheitsmilieu: Rund die Hälfte reagiert auf diese
Situation mit Angst bzw. massiver Furcht und dem Gefühl der Existenzbedrohung; nur rund ein Fünftel
fühlt sich in der Klinik geborgen. Der Rest ist leicht ängstlich und hat gemischte Gefühle.
13
Häufig beobachtbare Veränderungen beim chronisch
Kranken (Gerber, 1986):
Persönlichkeit
Verhalten
Somatische Störungen
Schmerzverhalten
Psychomotorische Verlangsamung
Reizbarkeit
Hypochondrie
Depressivität
Fordernd-manipulativ
Suchtentwicklung
Sekundärer Krankheitsgewinn
Schlechte Kooperation
Soziale Isolation
Schlafstörungen
Obstipation
Adipositas
Appetitstörungen
Absinken der Schmerzschwelle
Auffallend ist der Suizid relativ kurz (Wochen bis Monate) nach der Entlassung aus dem Krankenhaus.
Solche Ereignisse sind nicht unbedingt ein Zeichen der Hoffnungslosigkeit, die durch den
Krankenhausaufenthalt eventuell vermehrt wurde, sondern häufiger durch die Umstellung nach einem
längeren Krankenhausaufenthalt und die damit verbundenen Probleme bedingt.
Darum sollten wir den Patienten vor der Entlassung unbedingt fragen, wie er sich seine unmittelbare Zukunft vorstellt.
Krisen und Suizidgefährdung
Ob eine Krise Anlass zu einem Suizid führt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab:
1. Krisenanlass
2. Von dessen subjektiver Bedeutung für den Betroffenen
3. Von seiner Krisenanfälligkeit und
4. Von der Reaktion der Umwelt
5. Hilfsmöglichkeiten, die der Betroffene selbst hat und
6. Das Maß seiner sozialen Integration
Einige Zahlen:
Auf 100.000 Einwohner kommen 20 Suizide pro Jahr (Litman, 1970):
30% aller Suizide werden von Depressiven verübt (bei Erweiterung der Diagnose auf unspezifisch
affektive Gefühlszustände: 50%);
30 % Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängige;
40% der Selbstmörder sind über 60 Jahre alt.
Strukturierung des Umgangs mit „Suizidalität“:
Suizidgedanken sind, ähnlich wie auch andere suizidale Phänomene, nicht immer unbedingt Ausdruck
einer misslichen Situation und/oder eines misslichen Zustands. Es handelt sich offenbar nicht selten um
ein (gedankliches) Ausloten der eigenen Grenzen, der eigenen Möglichkeiten und Variationen im
menschlichen Leben.
Eine Prävention der Suizidgedanken erscheint nach dem vorher Gesagten wenig sinnvoll. Viele Menschen
können bereits akzeptieren, dass die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Suizid zum Leben
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dazugehört. Viele haben auch gelernt, dass diese Gedanken nicht verwerflich, nicht verboten und nicht ein
Zeichen von Minderwertigkeit sind.
Suizidankündigung / Suizidhinweise: Darunter sind bekanntlich nicht nur offene Mitteilungen zu
verstehen, sondern auch sehr versteckte Andeutungen und Aktionen, die uns daran denken lassen, dass
der Betroffene sich mit Suizidimpulsen herumschlägt.
Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr
Gegenüber könnte an Selbstmord
denken, bitte fragen Sie Ihn danach!
Suizidversuch: Suizidversuche werden in erster Linie von jungen Menschen unternommen. Intervention
umfasst die körperliche Behandlung, Untersuchung, um allenfalls Fälle mit psychiatrischen Krankheiten
ausfindig zu machen bzw. pathologische Milieus aufzudecken und Krisenintervention.
Patienten nach einem Suizidversuch erwarten primär, dass man mit ihnen darüber spricht!
90% der auf Entgiftungsstationen arbeitenden Mitarbeitern fühlen sich durch die Befassung mit
Menschen nach Suizidversuchen überfordert. Die Einstellung zum Patienten hängt interessanterweise sehr
vom Vergiftungsgrad ab. Von jemandem, der schwer vergiftet ist, wird üblicherweise angenommen, dass
es ihm auch mit dem Suizidversuch ernst war. Leichtere Vergiftungen hingegen werden als sogenannte
„demonstrative Selbstmorde“ nicht beim Namen genannt und nicht beachtet.
Das weitere Schicksal von Menschen nach versuchtem Suizid:
Wir wissen sicher, dass
1. etwa 20-30% in den nächsten 10 Jahren einen weiteren Suizidversuch unternehmen werden;
2. 10% in den nächsten 10 Jahren an einem Suizid sterben werden
3. die höchste Suizidgefahr im ersten Halbjahr nach dem Suizidversuch besteht
4. der Grad der objektiven vitalen Lebensbedrohung kein Maß für die weitere Suizidgefährdung ist;
5. ein erhöhtes Suizidrisiko bei Patienten besteht, die bereits in psychiatrischer Behandlung waren,
sei es wegen Alkohol, Medikamenten- oder Drogenabhängigkeit, sei es aufgrund depressiver, aber
auch schizophrener Erkrankungen
6. etwa 10% der Suizidversuche, die in Allgemeinkrankenhäusern nach Suizidversuch behandelt
werden, durch psychotische Erkrankungen charakterisiert sind.
15
Die Einschätzung der Suizidalität
In aller Regel geht der suizidalen Handlung eine suizidale Entwicklung voraus (Pödlinger, 1968).
1. Erwägung
2. Abwägung
3. Entschluss
Psychodynamische
Faktoren:
Direkte
Suizidankündigungen:
Hilferufe als Ventilfunktion
Kontaktsuche
Suizidhandlung
Indirekte Suizidankündigungen
Vorbereitungshandlungen:
„Ruhe vor dem Sturm“
Aggressionshemmung
Soziale Isolierung
Das Präsuizidale Syndrom (Ringel, 1953):
1. Einengung
a. Situative Einengung
b. Dynamische Einengung mit einseitiger Ausrichtung der Apperzeption, Assoziation,
Affekte, Verhaltensmuster und mit Reduktion der Abwehrmechanismen
c. Einengung der zwischenmenschlichen Beziehungen
d. Einengung der Wertewelt
2. Gehemmte und gegen die eigene Person gerichtete Aggression
3. Selbstmordphantasien
Ad 1. Einengung: Es entwickelt sich eine situative Einengung, also eine Einengung der persönlichen
Möglichkeiten, die als Folge von Schicksalsschlägen oder eigenem Verhalten eintritt. Gravierender ist
jedoch das Einengungsgefühl, das gleichsam am Übergang zur Einengung der Dynamik steht. Die
dynamische Einengung zieht sich auf die Apperzeption und Assoziation sowie auf Affekte und Verhalten.
Die affektive Einengung bewirkt meistens ein ängstlich-depressives Verhalten, fehlende affektive
Resonanz, fehlendes affektives Mitschwingen, am Höhepunkt der affektiven Einengung eine „auffällige
Ruhe“. Ferner beobachtet man Einengungen der Wertewelt und Einengungen und Entwertungen
zwischenmenschlicher Beziehungen, was bis zum Verlust der Umweltbeziehungen gehen kann.
Ad 2. Gehemmte Aggression: Ob diese Hemmung auf eine spezifische Persönlichkeitsstruktur, auf
spezielle psychische Erkrankungen oder auf fehlende oder sehr problematische zwischenmenschliche
Beziehungen zurückgeht, ist therapeutich außeroderntlich wichtig.
Ad 3. Selbstmordphantasien: Werden solche Phantasien aktiv intendiert, sind sie lediglich ein Alarmsignal.
Drängen sie sich jedoch passiv auf und konkretisiert sich die Art und Durchführung der Suizidhandlung,
besteht höchste Gefahr. Die Kombination von Suizidgedanken mit affektiver Einengung (fehlende
affektive Resonanz, mangelndes affektives Ansprechen) weist deutlich auf Suizidalität hin.
16
Fragen an suizidale Patienten:
Suizidalität
Vorbereitung
Ankündigungen
Einengung
Haben Sie schon daran gedacht, sich das Leben zu nehmen
Denken Sie bewusst daran oder drängen sich derartige Gedanken,
auch wenn sie es nicht wollen, auf? (sich passiv aufdrängende
Gedanken sind gefährlicher!)
Haben Sie schon über Ihre Absichten mit jemandem gesprochen?
(Ankündigungen immer Ernst nehmen!)
Haben sich Ihre Interessen, Kontakte zu anderen etc. gegenüber
früher reduziert?
Besondere Aspekte im Umgang mit Suizidgefährdeten








Suizidalität als sinnvolles Notsignal akzeptieren und als Ausdruck dieses bestimmten Menschen
in dieser bestimmten Situation verstehen.
Zu Suizidgefährdeten aktiv Kontakt aufnehmen, sich um ihn bemühen
Suizidgefährdeten so akzeptieren, wie er ist – die Möglichkeit geben, seinen Weg zu finden; das
heißt auch, ihn nach Gründen, Folgen Risiken, Vor- und Nachteilen, Wünschen etc. fragen und
ihn damit konfrontieren.
Die immer vorhandene Ambivalenz gegenüber Leben und Tod aufgreifen, unter Umständen
auch aufzeigen; Erfahrung: Suizidgefährdete wollen nicht unbedingt tot sein, sondern so (wie
jetzt, wie bisher) nicht weiterleben.
Für Suizidgefährdete beständig und zuverlässig sein (Ihr Zentralproblem: Angst vor VerlassenSein, Angst vor Nicht-erwünscht-Sein); daher: möglichst kein Betreuerwechsel, frühzeitige
Urlaubsplanung und Besprechung (auch von Unterstützungsmöglichkeiten).
Verdeckte Aggressionen nicht direkt ansprechen, sondern dem Suizidgefährdeten aktiv die
Möglichkeit schaffen, über erlittene Enttäuschungen, Kränkungen, Herabsetzungen, über
erlittenes Unrecht, u.Ä. sprechen zu können, um so aggressive Gefühle bewusstseinsfähiger,
spürbarer und tolerierbarer werden zu lassen.
Selbstwertgefühl stärken (bei Suizidalität stark vermindert): alles tun, damit Klient eigene
Fähigkeiten und Leistungen als solche erkennen kann; nicht unüberlegt an seiner Seite handeln;
anregen, eigene Bedürfnisse ernst zu nehmen
Helfer sollen nicht:
Verharmlosungstendenzen des Klienten mitmachen
Verallgemeinern – beurteilen – diskutieren
Vorschnell trösten
Vorschnell positive Seiten einer Situation aufzeigen
Vorschnell Veränderungsmöglichkeiten suchen
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24 Leitpunkte zum Telefongespräch mit suizidalen
Personen
1. Nimm jeden Selbsttötungshinweis am Telefon ernst!
2. Ein Lebensmüder am Telefon hängt noch am Leben, sonst hätte er nicht angerufen!
3. Suizidales Verhalten ist häufig ein (letzter) Versuch, mit einem Mitmenschen zu reden, und sei er
noch so anonym.
4. Suizidale Äußerungen müssen aktives Zuhören auslösen.
5. Suizidenten sehen häufig schwarz/weiß. Sie erwarten daher in den meisten Fällen eine eindeutige
Kommunikationsstruktur (z.B. Vater-Kind)
6. Die gefährlichen Höhepunkte einer suizidalen Krise dauern nur wenige Stunden. Befürchte nicht,
dass du dir zuviel vergibst, wenn dich (als letzter) ausnutzen lässt.
7. Wenn du selbst mit deinen suizidalen Gedanken und Wünschen im Reinen bist, dann kannst du
angstfrei mit den suizidalen Bestrebungen des anderen umgehen.
8. Zeige Sorge um den anderen, aber keine Angst vor den Worten und Vorhaben des anderen.
9. Vermeide ängstlich-wohlgemeinte Umschreibungen. Sage statt „Suizid“ – „Du willst dich
umbringen.“ Oder statt „Tabletten nehmen“ – „Du willst dich vergiften“.
10. Suizidale Anrufer schwanken ambivalent zwischen Leben und Tod. Verdeutliche diese
Ambivalenz und verstärke sie, so dass der andere sich noch einmal beide Alternativen überlegen
muss.
11. Versuche den anderen beim Namen zu nennen, das schafft die erste persönliche Beziehung.
12. Wer sich das Leben nehmen will, hat ein recht darauf, dir mit persönlichen Forderungen und
ungereimten Gedanken auf die Nerven zu fallen.
13. Überlasse dem anderen die Art, in der er mit dir sprechen möchte. Ist er sachlich – sei du
sachlich; ist er technisch, sei du technisch; ist er weich, sei du auch weich.
14. Lass dich nicht in seine Hoffnungslosigkeit hineinziehen, sondern hinterfrage sie durch
vorsichtige Modifikation seiner Behauptungen.
15. Vermeide direkte Warum-Fragen, die den anderen in die Ecke drängen.
16. Versuche den anderen zu Mini-Aktionen anzuregen. „Wir müssen lange miteinander sprechen,
wollen sie nicht etwas ans Telefon holen (zu trinken, zu rauchen), wollen Sie sich nicht
hinsetzen?“
17. Versuche den anderen auf ihm noch wichtige Personen anzusprechen. Falls er wirklich keine hat,
biete dich als solche an.
18. Versuche zu ergründen, welche der fünf wichtigsten Lebensbereiche (Selbst, Arbeit, soziale
Beziehungen, Religion und Liebe, Sex, Partnerschaft) noch am ehesten Auftrieb verleihen
können.
19. Rege den anderen an, Fantasien über seine Zukunft zu entwckeln, aber nimm ihm diese Arbeit
nicht ab.
20. Lass dich nicht von logischen Schlussfolgerungen überzeugen wie „darum muss ich mich
umbringen“. Wandle sie um in „deshalb könnten Sie sich (in absehbarer Zeit, unter bestimmten
Umständen, wenn diese und jene Möglichkeiten nicht mehr offenstehen) vergiften“.
21. Frage indirekt nach Wohngegend, Arbeitsstelle, Arbeitskollegen etc., aber nur, wenn du die
Adresse herausfinden musst.
22. Sage dem anderen, wie gut du es findest, mit ihm zu sprechen.
23. Versuche eine Abmachung zu erreichen, dass der andere, bevor er sich umbringt, nocheinmal
dich anruft – und zwar erst, nachdem er die von ihm vorgeschlagenen Alternativen ausprobiert
hat.
24. Habe keine Angst davor, dass sich manche Menschen ihr letztes menschliches Recht nehmen, auf
das auch du – zumindest in Gedanken – wohl nicht verzichten möchtest.
18
Arbeitsbelastung
Arbeit ist nicht immer lustig. Die Belastungen, Sorgen und Probleme der Arbeit hängt man zuhause nicht
wie den Arbeitsmantel in die Garderobe, sondern man trägt sie die ganze Zeit mit sich. Der lange Arm der
Arbeit erstreckt sich in die Freizeit und stiehlt Ihre Zeit.
Was soll man tun? Hier setzt die Psychohygiene ein. Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit
geeigneten Verhaltenweisen in Belastungssituationen.
Die Ziele der Psychohygiene:



4.1.
Bestehende Belastungen sollen vermindert oder ganz abgebaut werden.
Die Reaktion auf unveränderbare äußere Umstände soll geändert werden, so dass diese Umstände
nicht mehr als übermäßig belastend erlebt werden.
Belastungen durch den Umgang mit anderen (Kollegen und Klienten) soll vorgebeugt werden.
Belastungen
Im Arbeitsalltag der Pflege und Betreuung alter Menschen treten sehr viele verschiedene Belastungen auf,
die in der entsprechenden Situation nicht einmal bewusst wahrgenommen, sondern erst im nachhinein
durch ihre Auswirkungen sichtbar werden. Folgende Belastungen sind typisch:
Belastungen, sie aus dem Aufgabenbereich entstehen





Der größte Teil der Arbeitszeit wird auf die Grundversorgung defizitbedingter Bedürfnisse alter
Menschen verwendet. Für nicht-medizinisch-pflegerische Bedürfnisse bleibt deshalb wenig Zeit
(Gespräche führen, auf den anderen emotional eingehen).
Erfolgserlebnisse sind selten. Die pflegerische Arbeit hat als Ziel, das normale Funktionieren des alten
Menschen zu gewährleisten oder wiederherzustellen.
Altenpflege besteht also überwiegend im Abbau oder Ausgleich von Defiziten. Auf Dauer wird aber
durch das Erreichen des Normalzustands kaum Erfolg erzielt.
Erfolge im herkömmlichen Sinne – etwas Überdurchschnittliches wird erreicht – sind im Bereich der
Altenpflege nur Ausnahmen.
Man konzentriert sich auf Problembereiche und Grenzsituationen - Krankheit, Behinderung, Sterben,
Tod. Die Konzentration auf Problembereiche ist belastender als die Konzentration auf angenehme
Dinge.
Pflegehelfer, Heimhilfe und DGKP haben Handlungsalternativen zwischen zwei extrem gegensätzlichen
Reaktionsmöglichkeiten zur Auswahl, wenn sie mit den Problemen alter Menschen konfrontiert werden:
Auf der einen Seite können sie sich mit den Problemen zu sehr identifizieren und sie zu den ihren
machen. Auf der anderen Seite nehmen sie diese Probleme nicht wahr und verdrängen sie. Abbildung 1
veranschaulicht die beiden Extreme.
Identifikation mit den
Problemen
Verdrängung der
Probleme
Abbildung 1. Die Reaktionsmöglichkeiten des Pflegepersonals auf die Probleme des Klienten.
Im folgenden Abschnitt soll nun schrittweise eine Problemlösung erarbeitet werden, um mit der kritischen
Situation besser umgehen zu können.
Problemsituationen zeichnen sich vor allem durch emotionale Belastungen aus. Sie werden zuerst als
unangenehmer Zustand empfunden, für dessen Änderung momentan keine Lösung vorliegt. Häufig
bringen Situationen selbst diffuse Gefühle mit sich, so dass man gar nicht weiß, was man genau fühlt. Die
19
erste Phase der Orientierung dient daher vor allem der Strukturierung des Problems. Im Allgemeinen
werden problematische Situationen wie folgt beschrieben:
20







Die Situation ist belastend.
Die Situation wird gemieden.
Die Situation erzeugt Ängstlichkeit.
Die Situation erzeugt Unsicherheit.
Die Situation erzeugt Unzufriedenheit.
Die Situation erzeugt negative Emotionen (Ärger, Gereiztheit).
Die Situation erzeugt unüberlegtes, panikartiges Handeln.
Probleme gibt es nicht nur in spezifischen Situationen sondern auch mit ganz bestimmten Personen. Hier
kann sich folgendes zeigen:
 Man ist gegenüber ganz bestimmten Personen gehemmt.
 Man hat Abhängigkeitsgefühle.
 Man kann mit der anderen Person überhaut nicht auskommen.
In einem ersten Schritt sollen Sie die Situation, in der das Problem belastend ist, beschreiben. Benennen
Sie außerdem die Personen, die von diesem Problem betroffen sind. Verwenden Sie hierfür das folgende
Protokollblatt.
Situation, in der das Problem belastend ist und davon betroffene Personen:
Abbildung 2. Protokollblatt zur Situationsbeschreibung.
Im zweiten Schritt wird nun der IST- Zustand geklärt. Vor allem die Gefühle und Gedanken, die in dieser
Problemsituation auftreten, sind hier von Interesse. Schreiben Sie die Gefühle und Gedanken über sich
und andere in der Problemsituation auf. Halten Sie genau fest, wann die Problemsituation auftritt und
wodurch sie hervorgerufen wird (Verwenden Sie hierfür das Blatt 2).
21
Meine Gefühle und Gedanken über mich und andere in der Problemsituation :
Abbildung 3. Protokollblatt zum Gefühlszustand in der Problemsituation
Im dritten Schritt definieren Sie die Erwartungen an den Zielzustand. Folgende Fragen sollten Sie sich
nun stellen: Was will ich? Worüber würde ich mich freuen? Wann wäre ich zufrieden? Tragen Sie ihre
Erwartungen in das Protokollblatt 3 ein.
Meine Erwartungen an den Zielzustand:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Abbildung 3. Protokollblatt zu den Erwartungen
Im vierten Schritt stellen Sie die Barrieren zusammen, die Sie an der Erreichung des Zielzustands hindern.
Tragen Sie diese Hindernisse in das nächste Protokollblatt ein.
22
Barrieren, die mich am Erreichen des Zielzustands hindern:
Abbildung 4. Protokollblatt für die Barrieren.
Im fünften Schritt werden konkrete Handlungsmöglichkeiten für die Erreichung des Zustands gesucht.
Mittels Brainstorming sollen zuerst alle möglichen Handlungsvarianten gesammelt werden. Schreiben Sie
in das nächste Protokollblatt alle möglichen Lösungsvorschläge, die Ihnen spontan einfallen, egal ob sie
realisierbar sind oder nicht.
Lösungsmöglichkeiten:
Abbildung 5. Protokollblatt für Brainstorming
Sortieren Sie nun alle Lösungsmöglichkeiten aus dem letzen Protokollblatt heraus, die Ihnen
persönlich als praktikabel erscheinen und tragen Sie diese in das nächste Protokollblatt ein.
Ausgewählte Lösungsmöglichkeiten:
Abbildung 6. Protokollblatt für die ausgewählten Lösungsmöglichkeiten.
Nun überlegen Sie bitte die Folgen für die einzelnen Lösungsmöglichkeiten und schreiben Sie diese in das
nächste Protokollblatt.
23
Nr.
Lösungsmöglichkeit
Folgen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Abbildung 7. Protokollblatt zur Abschätzung der Folgen.
Als letzten Schritt bewerten Sie bitte die Folgen. Nachdem Sie dies getan haben und die
Lösungsmöglichkeit angewandt haben, bewerten Sie bitte nochmals, ob ihre Lösung effektiv war. Dieser
letzter Schritt, der leider sehr oft vergessen wird, stellt eine wichtige Basis dar, um für zukünftige
Probleme eine effektive Handlungsmöglichkeit zu haben oder eine ineffektive Handlungsmöglichkeit von
Beginn an auszuschließen.
24
Burnout
Der Begriff „Burnout“ wurde das erste Mal von Herbert Freudenberger, einen Psychoanalytiker,
eingeführt, der ihn zur Beschreibung des psychischen und physischen Abbaus von meist ehrenamtlichen
Mitarbeitern von Hilfsorganisationen verwendete. Heute ist dieser Begriff sehr populär geworden, in sehr
vielen Fällen aber nicht zutreffend. Im folgenden Abschnitt wird kurz der Verlauf des Burnouts nach
Freudenberger beschrieben.
Die vorgestellte Einteilung unterscheidet sich von anderen vor allem durch die Anzahl der Phasen.
Maslach, eine weitere sehr bekannte Burnout-Spezialistin, verwendet meist nur eine vierstufige Einteilung,
die aber die Symptome und Entwicklung nach Freudenberger enthält.
4.1.
Der Verlauf von Burnout
Freudenberger teilt die Entwicklung des Burnouts in 12 Phasen ein, die im folgenden kurz beschrieben
werden.
Stadium
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Charakteristik
Der Zwang sich zu beweisen
Verstärkter Einsatz
Subtile Vernachlässigungen eigener Bedürfnisse
Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
Umdeutung von Werten
Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme
Rückzug
Beobachtbare Verhaltensänderungen
Depersonalisation/Verlust des Gefühls für die eigenen Persönlichkeit
Innere Leere
Depression
Völlige Burnout-Erschöpfung
Für jede Anfangsphase ist es charakteristisch, dass man erhöhtes Engagement zeigt und durch hohe
Arbeitsintensität und lange Arbeitszeiten hochgesteckte Ziele zu erreichen versucht. Die Folgen sind
meist physische aber auch psychische Erschöpfungszustände. Da man nach der Anfangsphase nur sehr
schwer zurückstecken „will“, reduziert man die Arbeitsstunden nicht.
Nun beginnt die Phase der „Lustlosigkeit“ – die Arbeit wird zunehmend als mühevoll und
unangenehm erlebt. Man teilt die Klienten in gute, schlechte und lästige. Die berufliche Situation färbt
auch schön langsam auf den privaten Bereich ab. Man stellt sich nun die Fragen „Warum macht mir der
Beruf keinen Spaß mehr?“, „Warum bin ich nicht mehr so leistungsfähig?“.
Veränderungen werden bemerkt. Hat man sich selbst verändert, oder liegt es an der Umwelt? Die
Klienten werden als zusehends schwieriger empfunden, auch die Zusammenarbeit im Team wird
konfliktbehafteter. Die Führung wird als inkompetent gesehen und die neuen Mitarbeiter sind „natürlich“
unfähiger. Die Ansprüche wachsen und man glaubt, durch eine Gehaltserhöhung oder durch eine
Beförderung würden sich diese Probleme von allein lösen. Auch körperlich „tut“ sich einiges: Man fühlt
sich schlapp und krank.
Die „Krankheiten“ sind „wirkliche“ Krankheiten und „sicherlich keine Einbildung“. Daher geht man
zum Arzt. Hier wird zwar festgestellt, dass es gar nicht so arg ist (Gott sei Dank!), aber meistens bekommt
man zur Prophylaxe trotzdem ein Medikament verschrieben.
Die Motivation sinkt zusehends. Für komplexe Probleme werden ganz klare, meistens sehr simple
Lösungen vorgeschlagen und realisiert (Hausverstand! Erfahrung!). Es gibt immer einen Schuldigen, wenn
Probleme auftreten. „Diese(r) Böse muss entfernt werden, dann wird alles wieder gut!“. Das Gleiche gilt
für Patienten (sie werden auch zunehmend als störend, vielleicht sogar als unerträglich empfunden).
Die Gefühle verflachen sich. Die Welt wird wie durch einen Wattebausch gefiltert wahrgenommen.
Man kann sich nicht mehr richtig über Geschenke freuen, man kann sich aber auf der anderen Seite auch
nicht wirklich über Negatives ärgern. Man fühlt Unbehagen, die Ursachen dafür bleiben aber unerkannt.
Da jede Aktivität als anstrengend erlebt wird,und man „eigentlich nur seine Ruhe haben möchte“,
25
reduziert man den Kontakt zu seinen Freuden und Bekannten. Fortgehen, Partys, Kino – wird man
nachholen, wenn man sich besser fühlt, oder wenn „mehr Zeit ist“. Das geistige Leben reduziert sich auf
das Fernsehprogramm zum Einschlafen.
Die Zweifel werden immer akuter: “War meine Berufswahl die richtige?, “Bin ich überhaupt für
diesen Beruf geeignet?“, „Was bin ich überhaupt wert?“, „Warum lebe ich eigentlich?“ Die
psychosomatischen Reaktionen können sehr oft nicht von „richtigen“ Krankheiten unterschieden werden.
Je nach Disposition können Krankheiten im Herz-Kreislaufsystem, Gastrointestinalbereich oder
Hauterkrankungen auftreten.
26
Meine persönliche Stressreaktion
Verhalten – Was tue ich?
Ich werde hektisch, planlos, kopflos, fahrig
Ich werde körperlich aggressiv (z.B. knalle Türen zu)
Ich werde verbal aggressiv (laut werden, schimpfen)
Ich beschuldige andere
Ich greife zu Alkohol
Ich trinke Kaffee
Ich rauche
Ich gerate in einen Kaufrausch
Ich esse zuviel
Ich nehme ein Schmerz/Schlaf-/Beruhigungsmittel
Ich ergreife radikale Maßnahmen / treffe vorschnelle Entscheidungen (z.B.
Beziehung beenden
Ich werde ungeduldig/rege mich über Kleinigkeiten auf
Ich gebe auf oder flüchte aus der Situation
Ich bekomme einen ungeheuren Bewegungsdrang (Zappelig, ruhelos)
Ich ziehe mich zurück / sage gar nichts mehr
Gedanken – Was denke ich?
Meine Gedanken sind angstvoll.
Konzentration/Gedächtnis lassen nach.
Ich fixiere mich auf das Problem (grübeln, sich sorgen).
Ich bemitleide mich selbst (Warum passiert das immer mir?)
Ich resigniere (Da kann man halt nichts machen)
Ich empfinde meine Umwelt als feindlich (Die wollen mich fertig machen)
Ich mache mich selbst schlecht / sehe mich als Versager
Ich dramatisiere, sehe schwarz (Das ist eine Katastrophe)
Ich verallgemeinere (Das passiert mir jedes Mal)
Ich wünschte, ich wäre woanders / jemand anderer.
Ich sage mir, „Du musst!“
Ich langweile mich.
Mir wird alles egal
Ich fühle mich hilflos, verlassen überfordert.
Ich werde neidisch/eifersüchtig.
Ich ärgere mich.
Ich stelle Entscheidungen infrage / möchte sie rückgängig machen (Hätte ich
doch...)
Ich entwickle Rachegedanken.
Ich fühle mich schuldig.
27
Körper – was fühle ich?
Ich presse die Zähne oder Lippen zusammen.
Meine Augenmuskeln verspannen sich.
Ich ziehe die Schultern hoch.
Mein Nacken verspannt sich.
Mein Rücken schmerzt.
Ich bekomme Herzstechen oder Brustschmerzen
Mir bricht der Schweiß aus (besonders Stirn und Hände).
Mein Puls beschleunigt oder ich kriege Herzrasen.
Ich bekomme Atemnot.
Ich atme flach.
Ich atme schnell.
Ich halte die Luft an.
Ich bekomme Schmerzen im Magen-Darm-Bereich
Ich bekomme Durchfall, Verstopfung, Harndrang
Ich bekomme Kopfschmerzen
Meine Stimme ist belegt oder mein Hals ist trocken (Schluckbeschwerden,
Räuspern usw.).
Ich spüre einen starken Bewegungsdrang (mit den Beinen wackeln,
Fingertrommeln usw.).
Ich bekomme Kreislaufprobleme (Schwindel, weiche Knie usw.)
Ich bin ganz benommen.
Ich zittere.
Mir wird kalt.
Ich habe ein Gefühl der Enge (besonders in Brust und Kehle).
Ich bekomme Hitze- oder Kältewallungen.
Ich erröte.
Mir wird übel.
Ich sehe nur verschwommen.
In meinen Ohren pfeift es.
Es juckt mich.
28
4.1.
Präventive Maßnahmen gegen Burnout:
Burnout kann verhindert werden! Im folgenden lernen Sie einige Tipps & Tricks kennen, die sich für die
Vorbeugung und vor allem für die Psychohygiene bewährt haben. Bei Einhaltung dieser Regeln, werden
Sie erkennen, dass die Arbeit wieder Spaß machen kann und auch Ihre Umwelt wieder „ etwas von Ihnen
hat“.
Setzen Sie sich realistische Ziele.
Die Ziele sollen erreichbar sein und nicht mehr als eine Zeitspanne von einem
Jahr umfassen.
Hören Sie auf, andere verändern zu wollen.
Versuchen Sie, andere so zu akzeptieren wie sie sind. Lassen Sie sich nicht
Versprechen geben, die unrealistisch sind (Auch wenn es so schwer fällt: Hören
Sie auf, an das Christkind zu glauben!) .
Trennen Sie zwischen Arbeit und Freizeit.
In der Freizeit sollen sie sich mit gänzlich anderen Dingen beschäftigen. Seien
Sie kreativ (malen, basteln, musizieren, tanzen, singen, stricken, häkeln, lesen,
Kinogehen, Theater, Sport betreiben).
Pflegen Sie Ihre Sozialkontakte.
Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für Familie und Freunde. “Schmeißen“ Sie
doch wieder einmal eine Party!
Lernen Sie bewusst zu trödeln.
Lassen Sie sich Zeit! Manches geht in der Langsamkeit schneller! Lernen Sie
auch zu trödeln und akzeptieren Sie diese Zeit als Notwendigkeit für das
psychische Gleichgewicht.
Lernen Sie, mit Ihrer Macht, aber auch mit Ihrer Machtlosigkeit
umzugehen!
Im Umgang mit sozial Schwächeren besitzen Sie Macht. Diese wird von den
Betroffenen stärker wahrgenommen als von Ihnen. Akzeptieren Sie auch, dass
Sie über manche Verhaltensweisen bzw. Umstände keine Kontrolle haben.
Machen Sie ihre Grenzen deutlich!
Zeigen Sie den anderen, bis wohin Sie Ihren Klienten begleiten. Grenzen sind
wichtig! Trennen Sie auch Berufliches von Privatem (Geben Sie Ihrem
Klienten nicht Ihre private Telefonnummer oder Adresse bekannt!).
Machen Sie bewusst Urlaub!
Urlaub dient der geistigen und körperlichen Regeneration, versuchen Sie alles
zu vermeiden, was Sie an den beruflichen Alltag erinnert.
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Anspannung – Entspannung
Diese Übung leitet sich aus der progressiven Muskelentspannung (PME) nach Jacobson ab,
die sich bis in den heutigen Leistungssport hinein durchgesetzt hat. Die Grundüberlegung der
progressiven Muskelentspannung ist, dass wir das Loslassen der Muskelspannung am
leichtesten erlernen, wenn wir zuvor für mehrere Sekunden eine Anspannung unserer
Muskeln deutlich wahrnehmen konnten.
1. Anspannung (sieben Sekunden)
Wählen Sie einen Körperteil aus – möglichste einen, der Ihnen als sicheres Anzeichen für
Stress dient. Spannen Sie den betreffenden Körperteil fünf Sekunden lang an. Vergessen
Sie dabei das Atmen nicht. Verstärken Sie die Spannung noch mehr.
2. Entspannung (sieben Sekunden)
Lassen Sie nun los. Spüren Sie den Unterschied zwischen der jetzigen Entspannung und
der vorangegangenen Anspannung.
3. Vertiefung (sieben Sekunden)
Mit jedem Ausatmen fällt zusätzlich Spannung von diesem Körperteil ab. Verweilen Sie
mit Ihrer Aufmerksamkeit bei der Entspannung und prägen Sie sich dieses Gefühl genau
ein.
Absolvieren Sie insgesamt mindestens drei Durchgänge.
30
Meine Hilfen in schwierigen Situationen
Ich kann
Mir selbst Mut zusprechen
Innerlich langsam bis zehn zählen
Tief durchatmen und seufzen
Um Rat oder Unterstützung bitten
(Kollegen/Freunde etc.)
Eine Pause einlegen
Einen gefühlsmäßig positive besetzten
Ort aufsuchen
Nach sachlicher Information suchen
Einen Freund anrufen
Etwas ganz anderen tun und so auf
neue Gedanken kommen
Mir Bewegung schaffen (Spaziergang,
Gymnastik, Erledigungen,
Firmenrundgang, Garten, Hund usw.)
Aufräumen (Schreibtisch, Ablage,
Haushalt, usw.)
Humor beweisen
Beruhigende Musik hören / das Radio
einschalten
Bummeln gehen
Ich kann
Ein Entspannungsbad nehmen
Für heute Feierabend machen
Sport betreiben
Einen Beruhigungstee trinken
Tagebuch führen
Einen Brief an einen Vertrauten
schreiben
Mich selbst verwöhnen (Essen gehen,
mein Lieblingsgetränk genießen)
Mit meinem Partner zärtlich sein
Einmal richtig ausschlafen
In die Sauna (ins Solarium, zur
Massage gehen).
Eine schöne heiße Dusche oder eine
Wechseldusche nehmen
Mich so richtig ausheulen
Einen lustigen Film sehen / ein
Theaterstück besuchen.
Mich kreativ betätigen (Malen,
Schreiben, Handwerken usw.)
Meiner privaten oder beruflichen
Lieblingsbeschäftigung nachgehen.
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Die Supermann-Übung
1.
Vorbild wählen:
Denken Sie an eine beliebige wiederkehrende Stress-Situation.
Kennen Sie eine Person, von der Sie glauben oder wissen, dass Sie diese Situation mit
Leichtigkeit bewältigt?
Schließen Sie die Augen und gehen Sie die Situation in allen Einzelheiten durch.
Was denkt ihr Vorbild?
Wie fühlt sich diese Person?
Wie verhält sie sich?
Nehmen Sie sich für die drei Fragen je zwei Minuten Zeit.
2. Anregungen holen:
Was können Sie von dieser Person lernen? Achten Sie darauf, dass...
die Anregungen zu Ihrem persönlichen Stil passen.
was Sie sich vornehmen, auch realistisch ist. Planen Sie in kleinen Schritten: Was können
Sie auf jeden Fall umsetzen?
3. In den Alltag übertragen:
Üben Sie das Verhalten, die Gedanken und die Gefühle in Ihrer Vorstellung ein.
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