Informationsreihe „Forschungsplatz Österreich“ Case Study Life Sciences Institut für Molekulare Pathologie IMP/Boehringer Ingelheim Wie Zellen aufräumen – ein einfacher Mechanismus könnte der Schlüssel zur Therapie unterschiedlicher Erkrankungen sein Das zum deutschen Boehringer Ingelheim Pharmakonzern gehörende Institut für Molekulare Pathologie in Wien (IMP) ist einem vollständigen Verständnis der Aufräum-Mechanismen in Zellen einen Schritt näher gekommen und damit der Entwicklung neuartiger Antibiotika. Auch tun sich neue Perspektiven für die Therapie von neurodegenerativen Krankheiten wie Morbus Parkinson oder Alzheimer auf. Über Grundlagenforschungsinstitute wie das IMP verbreitert Boehringer Ingelheim seine Wissensbasis zur späteren Entwicklung neuer Medikamente. Boehringer Ingelheim ist der größte private Finanzier von Grundlagenforschung in Österreich. Eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von Tim Clausen am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) hat ganz erstaunliche Eigenschaften bei dem Molekül DegP identifiziert: Das Molekül ist in Zellen von Organismen dafür zuständig, Proteine auf mögliche Defekte zu kontrollieren. Die Forscher stellten nun fest, dass das Molekül defekte Proteine nicht nur identifizieren und „einfangen“ kann, sondern eine Art Reparaturzentrum um sie herum errichtet, in dem je nach Schwere des Defekts das Protein entweder repariert oder aber zerlegt und damit vernichtet wird. Je nach Größe des untersuchten Proteins bildet das Molekül ganze DegP-Komplexe, die wie Käfige das Protein einkapseln. Diese Käfige sehen in etwa aus wie Fußbälle. Fußbälle allerdings, die nur in atomarer Auflösung zu erkennen sind. Clausen: „Es ist erstaunlich, dass ein Molekül so gegensätzliche Funktionen ausüben kann.“ Die Zelle betreibt deshalb einen derartig großen Aufwand um einzelne Proteine, weil sie alle Prozesse in einer Zelle vermitteln: „Defekte Proteine können eine tödliche Gefahr für die Zelle und den ganzen Organismus darstellen und genau das können wir ausnutzen, um Bakterien lahm zu legen,“ erklärt Clausen. DegP-Mechanismus ermöglicht Entwicklung neuartiger Antibiotika Unterbindet man nämlich den Kontroll- und Reparaturmechanismus, ist zum Beispiel ein Bakterium den Immunreaktionen des (menschlichen) Wirtskörpers schutzlos ausgeliefert. Die Erkenntnis des Mechanismus ermöglicht die Entwicklung einer ganz neuen Generation von Antibiotika. Die Forschungsgruppe rund um Tim Clausen wird nun untersuchen, wie der DegP-Mechanismus deaktiviert werden kann. Weitere Anwendungen bei der Therapie von Parkinson und Alzheimer 1 „Das Interessante an diesem Forschungsprojekt ist, dass sich daraus gleich mehrere neue Therapiewege für unterschiedliche Erkrankungen ergeben,“ sagt Clausen. “Weil DegP auch an der Beseitigung von Eiweißen beteiligt ist, können wir mit synthetischen Molekülen vielleicht eines Tages Neuropathien wie Alzheimer oder Parkinson heilen, denn diese Erkrankungen stehen in Zusammenhang mit nicht rechtzeitig entsorgten defekten Proteinen.“ Das IMP – exzellente Grundlagenforschung aus Wien Das Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien ist das Grundlagenforschungsinstitut des aus Ingelheim am Rhein stammenden Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim. „Als Boehringer gemeinsam mit dem amerikanischen Biotech Unternehemen Genentech das IMP in Wien gründete, ging es genau darum, hier ein Zentrum international konkurrenzfähiger Grundlagenforschung aufzubauen, um neue Erkenntnisse zu Tage zu fördern, die später für neue Therapien und neue Medikamente genutzt werden können,“ erklärt Harald Isemann, kaufmännischer Geschäftsführer des IMP. Boehringer Ingelheim hält die Eigentumsrechte an den Erfindungen des IMP. Das ist aber nicht der einzige Grund für die Investitionen. „Spitzenforschung, wie sie hier am IMP geschieht, bringt neben der Wissensgenerierung auch Kontakt und Reputation in der Scientific Community.“ Das IMP ist seit 1988 in Wien zuhause: „Die Universität und die Stadt Wien haben von Anfang den Gedanken der Entwicklung einen Life Science Clusters unterstützt,“ sagt Isemann. So kamen nach dem IMP fünf molekularbiologische Institute der Universität Wien (heute teilweise auch Medizinische Universität Wien) in die Bohrgasse im 3. Wiener Gemeindebezirk. „Der Gründungsdirektor des IMP Max Birnstiel hat damals auf die Anbindung an die Uni bestanden und das ist auch heute noch von nicht zu überschätzender Bedeutung. Die räumliche Nähe zu anderen Forschungsgruppen und Instituten birgt viele Möglichkeiten der Kooperation und des intellektuellen Austauschs. Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es auch ein PhD-Programm des Vienna Biocenter, das in dieser Form in Österreich lange einzigartig war.“ Der Standort Campus Vienna Biocenter Das IMP und die heutigen Max Perutz Laboratories bildeten den Anfang dessen, was jetzt das Campus Vienna Biocenter ist. Am Campus sind heute Forschungseinrichtungen wie das Institut für Molekulare Biotechnologie Austria (IMBA) oder das Gregor Mendel Institut ebenso zu Hause wie das Spin-off Intercell, das inzwischen börsenotiert ist, oder die 2003 gegründete AFFiRiS, die dabei ist, einen Alzheimerimpfstoff zur Marktreife zu bringen. „Die Life Sciences sind auf jeden Fall ein österreichisches Stärkefeld“, meint Isemann. „Es gibt eine sehr lange Tradition wissenschaftlicher medizinischer Exzellenz in Österreich, die allerdings mit Vertreibung der jüdischen Intelligenz ein jähes Ende gefunden hat, an die erst in den 1980er Jahren wieder erfolgreich angeknüpft wurde. Am Campus Vienna Biocenter allein haben wir jetzt 1.200 Mitarbeiter in vier wissenschaftlichen Instituten und sechs Unternehmen.“ 2 Förderung für die Life Sciences Die Stadt Wien und der Bund haben am Erfolg des Campus einen nicht unerheblichen Anteil und sind auch bereit, die weitere Entwicklung in dem sehr kompetitiven Umfeld der Life Sciences zu unterstützen: „Die Investitionskosten für Laborgeräte und Infrastruktur werden immer höher und sind in immer kürzeren Abständen zu tätigen. Das Wissenschaftsministerium und die Stadt Wien haben eine spezielle Finanzierung für Infrastruktur in Aussicht gestellt. Das ermöglicht uns, unsere Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen und macht uns für Spitzenforscher aus aller Welt attraktiv.“ Der Standort zeichnet sich aber auch durch andere Vorteile aus: „Wien ein sehr schöner und angenehmer Ort zu leben. Das ist auch Forschern außerhalb Europas bereits bekannt,“ sagt Isemann. Die Mitarbeiter des Campus kommen aus über 40 verschiedenen Nationen. Die Grundlagenforschung in Österreich wird bald durch die internationalen Forscher des neu gegründeten I.S.T. Austria, das seine Schwerpunkte ausschließlich an der Verfügbarkeit von Spitzenforschern orientiert, bereichert werden: „Ich begrüße Initiativen wie das I.S.T. Austria, das wird dem Standort noch weitere Impulse geben, sicherlich auch wirtschaftlich. Mir wäre es nur lieber, es wäre unser Nachbar,“ sagt Harald Isemann. 3 Das IMP Das IMP ist die Einrichtung für biomedizinische Grundlagenforschung von Boehringer Ingelheim und feierte soeben seinen 20. Geburtstag. Seit 2006 wird das IMP von Barry Dickson als wissenschaftlichem Direktor geleitet. Aufgrund seiner herausragenden Forschungsleistungen im Bereich der molekularen Life Sciences wurde das IMP mehrfach ausgezeichnet und zieht Wissenschaftler aus der ganzen Welt an. Am IMP sind zurzeit 14 unabhängige Forschungsgruppen tätig, die zu Themen der Zell- und Entwicklungsbiologie, Epigenetik, Neurobiologie, Immunologie etc. forschen. Die thematische Klammer um diese heterogenen Bereiche ist das Ziel, zu einem umfassenden Verständnis der biologischen Mechanismen in der Zelle zu gelangen, um die Entwicklung neuer Medikamente zu ermöglichen. Das IMP hat seit seinem Bestehen 90 Patente hervorgebracht, das sind 4 bis 5 in jedem Jahr, und rund 1.500 wissenschaftliche Arbeiten publiziert. Neben der Finanzierung durch Boehringer Ingelheim wird die Forschung des IMP von der EU und durch folgende österreichische Stellen unterstützt: den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung Österreich (FWF), die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), den Wiener Wirtschafts- und Wissenschaftsförderungsfonds (WWTF), das Zentrum für Innovation und Technologie (ZIT), die Stadt Wien und die österreichische Bundesregierung. Boehringer Ingelheim in Österreich Boehringer Ingelheim, 1885 in Ingelheim gegründet, ist eines der erfolgreichsten Pharma-Unternehmen der Welt. Boehringer beschäftigt weltweit 39.800 Mitarbeiter, 2007 wurden10,9 Mrd. Euro in den beiden Bereichen Humanmedizin und Tiergesundheit umgesetzt. Bereits 1948 gründete das Unternehmen eine Auslandsniederlassung in Wien und ist diesem Standort bis heute treu geblieben. Knapp 2.200 Mitarbeiter beschäftigt das Boehringer Ingelheim Regional Center Vienna Central & Eastern Europe. Es ist das Zentrum der Krebsforschung und eines der beiden Kompetenzzentren für die biopharmazeutische Produktion von Arzneimitteln. Boehringer produziert auch am Standort in Wien: Die Kapazitäten wurden in den letzten Jahren erweitert und 450 neue Arbeitsplätze in Wien geschaffen. Boehringer investierte in den letzten Jahren 285 Mio. Euro in Österreich. Von Wien aus koordiniert Boehringer Ingelheim 29 Märkte im Osten Europas. 2007 erzielte das Boehringer Ingelheim Regional Center Vienna Gesamterlöse von knapp 518 Mio. Euro inkl. F&E Dienstleistungen. Die Branche Boehringer Ingelheim, Eli-Lilly, Novarits, Roche ... mehr als 65 industrielle Pharmaunternehmen sind in Österreich tätig. Baxter verlegte Anfang 2008 dreiviertel der Bioscience nach Österreich und gründete die Baxter Innovations GmbH. Es gibt mehr als 170 biomedizinsiche Forschungsinstitute in Österreich, drei medizinische Universitäten und eine Vielzahl von jungen Life Science Unternehmen sowie zahlreiche spezialisierte Dienstleister, zum Beispiel im Bereich der Bioinformatik. Der Pharmamarkt in Österreich hat ein Volumen von 1,9 Mrd. Euro, mehr als 10.000 Menschen arbeiten in 4 Österreich in diesem Bereich. Die Boston Consulting Group geht davon aus, dass bis 2015 weitere 12.000 Arbeitsplätze in der Biotechnologie entstehen. Die Zentren der Life Sciences in Österreich sind die Steiermark, Tirol und Wien. Die Unternehmen sind alle aus denselben drei Gründen in Österreich: Sie finden hier 1. eine international einzigartige wissenschaftliche Basis, 2. exzellentes Humankapital und 3. eine Forschungsförderung, die besonderen Wert auf Wissenschaft/Wirtschaftkooperationen legt und unkompliziert auch ausländischen Unternehmen zur Verfügung steht. Außerdem natürlich eine Lebensqualität, die ihres Gleichen sucht. 5 Über ABA–Invest in Austria ABA-Invest in Austria ist eine im Eigentum des österreichischen Wirtschaftsministeriums stehende Betriebsansiedlungsgesellschaft. Sie berät interessierte Unternehmen kostenlos bei der Standortwahl, in arbeits- und steuerrechtlichen Fragen, hilft bei der Suche nach Kooperationspartnern und unterstützt im Kontakt mit Behörden. Interessierte Unternehmen werden von Mitarbeitern in der Wiener Zentrale und den Büros in New York und Tokio betreut. Über „Forschungsplatz Österreich“ Die internationale Marketing-Initiative „Forschungsplatz Österreich“ von ABA-Invest in Austria ist Namensgeberin für diese Informationsreihe. Ziel der Kampagne ist die Stärkung von Österreichs Image als Forschungs- und Innovationsstandort in den relevanten Zielländern Deutschland, Schweiz, Italien und Japan. Die Initiative ist strategisch so ausgerichtet, dass mit Mitteln der klassischen Werbung und Medienarbeit, mit Infomaterialien und Messeauftritten jene Bereiche von Forschung und Entwicklung in Österreich präsentiert werden, die am besten die Innovationskraft des Landes widerspiegeln. Rückfragehinweise: Mag. Hanni Grassauer ABA-Invest in Austria (Austrian Business Agency) Opernring 3, A-1010 Wien Tel. 0043 1 588 58 57; Fax: 0043 1 586 86 59 E-Mail: [email protected] Internet: www.aba.gv.at Mag. Cathren Müller communication matters Kollmann & Menasse Public Relations GmbH Kolschitzkygasse 15/14, A-1040 Wien Tel. 0043 1 503 23 30 34; Fax: 0043 1 503 24 13 E-Mail: [email protected] Internet: www.communicationmatters.at 6