Artikel über Varizellen Herpes Zoster (Gürtelrose) Nach Abklingen der Varizellen persistiert das VZV in den sensorischen Spinalganglien. Diese latente Infektion kann reaktiviert werden. Die Folge ist der Zoster, eine Neuritis in einem oder in mehreren Dermatomen. Epidemiologie Zoster-Erkrankungen zeigen keine zyklischen Manifestationen über den Jahresverlauf wie die Windpocken. Das Risiko, einmal im Leben an Zoster zu erkranken ("life time risk"), wird auf etwa 10-20 % geschätzt (Croen 1991; Miller et al. 1993). Dieses Risiko nimmt mit dem Lebensalter dramatisch zu: Während man bei den 15-40-Jährigen von einer jährlichen Inzidenz von 2 auf 1000 ausgeht, muss man bei den über 65-Jährigen mit einer Vervielfachung dieser Inzidenz rechnen. Bis zum 80. Lebensjahr hat bereits einer von vier Erwachsenen eine Gürtelrose durchgemacht (Miller et al. 1993). Eine epidemiologische Untersuchung in Deutschland zeigte, dass über 60 % der Zosterfälle im Alter von über 50 Jahren auftreten (Wutzler et al. 1997). Kinder von Müttern, die in der zweiten Schwangerschaftshälfte an Windpocken erkranken, tragen ein erhöhtes Risiko, an einem Zoster zu erkranken, ohne selbst erkennbar Varizellen durchgemacht zu haben. Alle Kinder, die im ersten Lebensjahr an Windpocken erkranken, tragen ein erhöhtes Risiko, bereits im Kindesalter an einer Gürtelrose zu erkranken (Enders et al. 1994; Guess et al. 1985). Dieses frühe Auftreten eines Zoster hängt vermutlich mit dem noch in Reifung befindlichen Immunsystems zusammen, das noch keine ausreichend schützende zelluläre Immunität aufgebaut hat. Krankheitsbild Zoster linisch manifestiert sich der Zoster meistens mit Abgeschlagenheit, Fieber und Schmerzen im betroffenen Hautsegment. Innerhalb von 3-4 Tagen entwickeln sich Effloreszenzen, welche die bei den Varizellen beschriebenen Stadien durchlaufen. Eine abortive Erkrankung zeigt keine Bläschenbildung. Die Ausbreitung des Exanthems entspricht dem Versorgungsgebiet eines Hirnnervs bzw. Spinalganglions. Aberrierende Bläschen sind jedoch nicht ungewöhnlich. Am häufigsten ist der Thorax befallen, danach in etwa gleicher Frequenz der Hals, das Gesicht (Nervus trigeminus) und die Lumbosakralregion. Charakteristisch sind gruppiert angeordnete bläschenförmige Effloreszenzen auf gerötetem Grund . Auch die Schleimhäute bleiben nicht verschont. Die regionären Lymphknoten sind geschwollen. Die Schmerzen können stark und anhaltend sein. Mit Beginn der Krustenbildung lassen sie zunächst nach. Nach 2-4 Wochen fallen die Krusten ab und hinterlassen depigmentierte Narben. Die Gürtelrose verläuft im Kindesalter allgemein weniger schmerzhaft als im Erwachsenenalter. Komplikationen Bei einer starken Entzündung können die Bläschen hämorrhagisch werden (Zoster haemorrhagicus) und bei einer Superinfektion ulzerieren (Zoster gangraenosus). Bei alten Patienten oder solchen mit einer schweren immunschwächenden Grundkrankheit kann der Zoster generalisieren (Zoster generalisatus) und ist dann kaum von schweren Varizellen zu unterscheiden. Immerhin muss bei einem Drittel aller Zoster-Patienten mit einer zellulären Immunschwäche, mit einem schweren Verlauf bzw. mit einer Generalisierung gerechnet werden (Feldman et al. 1973; Gershon et al. 1979; Takahashi 1988; Heidl et al. 1989; Weller 1983) . 1 Komplikationen können sich auch durch den Sitz der Bläschen einstellen. Gefürchtet ist der Zoster ophthalmicus wegen der möglichen Keratitis und Iridozyklitis, die bleibende Sehstörungen zur Folge haben können. Der Zoster oticus betrifft das innere und äußere Ohr und geht mit heftigen Ohrschmerzen einher. Häufig kommen hierbei Fazialisparesen und Hörstörungen vor. Ebenso wie bei den Varizellen ist eine zentralnervöse Mitbeteiligung möglich. Muskelparesen sind nichts Außergewöhnliches. Enzephalitis, Myelitis und Meningitis sind - wenn auch sehr selten - zu beobachten. Eine gravierende Folgeerscheinung eines Zoster ist die postzosterische Neuralgie (PZN), z. B. als Trigeminus-Neuralgie. Grundlage ist wahrscheinlich eine chronische Neuritis, die lange Zeit (manchmal Jahre) nach Abklingen sämtlicher Hauterscheinungen andauern kann und außerordentlich schwierig zu behandeln ist. Die Patienten leiden nicht nur unter den unerträglichen, oft therapierefraktären Schmerzen, sondern vor allem auch unter der dadurch erheblich beeinträchtigten Lebensqualität. Therapie Komplizierte Zosterverläufe, insbesondere bei ungünstiger Lokalisation und unter immunsuppressiven Bedingungen, bedürfen einer virostatischen Therapie. Diese ist umso erfolgversprechender, je früher sie begonnen und konsequent durchgeführt wird. Durch eine frühzeitig begonnene virostatische Therapie kann auch die Entwicklung einer postzosterischen Neuralgie positiv beeinflusst werden (Beutner et al. 1995, Tyring et al. 1995). Die Therapie der postzosterischen Neuralgie sollte mit einem in der Schmerztherapie erfahrenen Neurologen bzw. Anästhesisten abgestimmt werden. 2